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Oberlandesgericht Celle zu der Frage der Wirksamkeit und zu den Folgen eines Widerrufs bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen über den Einbau einer neuen Wärmepumpe nebst Pufferspeicher in einem Wohnhaus

Oberlandesgericht Celle zu der Frage der Wirksamkeit und zu den Folgen eines Widerrufs bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen über den Einbau einer neuen Wärmepumpe nebst Pufferspeicher in einem Wohnhaus

vorgestellt von Thomas Ax

Für die Annahme eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrages gem. § 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB kommt es nur auf den Ort des Vertragsschlusses an; ob eine Drucksituation bestand, eine Überrumpelung des Verbrauchers erfolgte oder ob der Verbraucher nicht in der Lage war, eine hinreichend fundierte Entscheidung zu treffen, ist unerheblich.
Im Falle des wirksamen Widerrufs sind die jeweils empfangenen Leistungen zurückzugewähren, §§ 355 Abs. 3 S. 1, 357 Abs. 1 BGB. Der Verbraucher, in dessen Haus nach dem Vertrag eine Heizungsanlage eingebaut wurde, erfüllt seine Rückgewährverpflichtung dadurch, dass er dem Unternehmer den Ausbau der Vertragsgegenstände ermöglicht und diese rückübereignet:
Aus §§ 355 Abs. 3 S. 1, 357 Abs. 1 BGB ergibt sich, dass die empfangenen Leistungen unverzüglich bzw. spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren sind. Dementsprechend sind die Wärmepumpe und der Speicher nebst der verbauten Materialien zurückzugewähren.
§ 357 Abs. 6 S. 3 BGB bestimmt, dass bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers geliefert worden sind, der Unternehmer verpflichtet ist, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.
Sind die empfangenen Leistungen nicht versandfähig, ist der Unternehmer zur Abholung verpflichtet, d.h. aus der ansonsten bestehenden Schickschuld wird eine Holschuld (vgl. Palandt/Grüneberg, aaO, § 357, Rn. 7; Hönninger in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 357 BGB (Stand: 01.02.2020), Rn. 13 mwN). An der beiderseitigen Verpflichtung zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen ändert die Vorschrift im Übrigen nichts; insbesondere ist der Vorschrift keinerlei Ausschluss der Rückgewährpflicht zu entnehmen, weil etwa ein Einbau im Haus des Verbrauchers erfolgt ist.
Hat der Unternehmer das vor dem Einbau der neuen Heizungsanlage ausgebaute Altgerät nicht als Vertragsleistung im Sinne der §§ 355 Abs. 3 S. 1, 357 Abs. 1 BGB von dem Verbraucher empfangen, muss er dem Verbraucher nach wirksamem Vertragswiderruf das Altgerät nicht nach diesen Vorschriften zurückgewähren.
Oberlandesgericht Celle Urt. v. 12.01.2022, Az.: 14 U 111/21
Gründe
I.
Die Parteien sind durch einen Vertrag über den Einbau einer neuen Wärmepumpe nebst Pufferspeicher im Wohnhaus der Beklagten miteinander verbunden. Mit seiner Klage begehrt der Kläger restlichen Werklohn, mit ihrer Widerklage erstreben die Beklagten die unbedingte Rückzahlung der bislang an den Kläger geleisteten Beträge. Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Frage, ob der von den Beklagten erklärte Widerruf wirksam und der Vertrag deshalb rückabzuwickeln ist; zudem besteht Streit, ob die Beklagten die verbaute Anlage herausgeben bzw. den Ausbau gestatten müssen.
Das Landgericht hat mit am 14. Juni 2021 verkündeten Urteil, auf das gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und der erst-instanzlichen Anträge Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage hin zur Rückzahlung verurteilt, allerdings nur Zug um Zug gegen den von den Beklagten zu ermöglichenden Ausbau der Wärmepumpe und des Speichers sowie Rückübereignung derselben. Zur Begründung führt das Landgericht im Wesentlichen Folgendes aus:
Die Beklagten hätten den Werkvertrag wirksam widerrufen. Ihnen habe ein Widerrufsrecht gemäß §§ 312b Abs. 1 Nr. 1, 312g Abs. 1, 355 BGB zugestanden. Nach dem Wortlaut der VerbrRRL komme es ausschließlich darauf an, dass ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag vorliege. Dies sei hier der Fall. Ob tatsächlich eine Überrumpelungssituation vorliege, sei nicht von Bedeutung; eine möglicherweise bestehende psychische Drucksituation sei hier indes nicht auszuschließen. Die Ausübung des Widerrufsrechts unterliege keiner Motivationskontrolle. Ein Fall unzulässiger Rechtsausübung oder Verwirkung liege hier nicht vor.
Der Kläger sei allerdings nur Zug um Zug gegen die Ermöglichung des Ausbaus des Speichers und der Wärmepumpe zur Rückzahlung der vereinnahmten Beträge verpflichtet. Die Beklagten würden zwar gemäß § 357 Abs. 8 BGB keinen Wertersatz schulden. Der Kläger sei allerdings gemäß § 357 Abs. 6 S. 3 BGB berechtigt und verpflichtet, die eingebauten Geräte und Materialien auszubauen und mitzunehmen. Die Beklagten seien aus § 357 Abs. 1 BGB verpflichtet, dies zu ermöglichen und die ausgebauten Teile rückzuübereignen; ihrer Ansicht, wegen § 357 Abs. 8 BGB seien die verbauten Geräte nicht zurückzugewähren, könne nicht gefolgt werden, und auch § 94 BGB stehe dem nicht entgegen. Zur Rückgewähr der ausgebauten Alt-Geräte bzw. Wertersatz sei der Kläger dagegen nicht verpflichtet, weil es sich bei den Alt-Geräten nicht um zurückzugewährende empfangene Leistungen im Sinne der §§ 355 Abs. 3, 357 Abs. 1 BGB handele.
Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen, mit denen sie ihr erstinstanzliches Begehren jeweils weiterverfolgen, soweit sie unterlegen gewesen sind: Der Kläger begehrt weiterhin restlichen Werklohn einschließlich Nebenforderungen und die Abweisung der Widerklage; die Beklagten wenden sich gegen die Beschränkung ihres zuerkannten Rückzahlungsanspruchs auf eine Zug-um-Zug-Verurteilung.
Der Kläger wiederholt im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen und meint, das Landgericht habe zu Unrecht ein Widerrufsrecht der Beklagten angenommen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei es von entscheidender Bedeutung, ob bei Vertragsschluss tatsächlich eine Überrumpelung des Verbrauchers erfolge. § 312b BGB solle Verbraucher nur vor Fehlentscheidungen aufgrund der Gefahr von psychischem Druck sowie dem typischerweise bestehenden Informationsdefizit schützen. Ein solcher Fall liege hier nicht vor. Den Erwägungsgründen zur Verbraucherrechtsrichtlinie sei zu entnehmen, dass es darauf ankommen solle, ob der Verbraucher genug Zeit hatte, vor dem Vertragsschluss über das Angebot des Unternehmers nachzudenken. So liege der Fall hier. Zudem sei das Landgericht seinem Vortrag im Hinblick auf den ein Widerrufsrecht ausschließenden § 312g Nr. 11 BGB nicht hinreichend nachgegangen. Hinzu komme, dass der Kläger über keinerlei Geschäftsräume, in denen der Vertrag hätte geschlossen werden können, verfüge.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 14.06.2021 verkündeten Urteils des LG Hannover – 12 O 186/18 die Beklagten unter Abweisung der Widerklage gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger 5.694,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 28.03.2018 zu zahlen sowie den Kläger von der Zahlung der außergerichtlichen Kosten in Höhe von 1.171,67 € freizustellen.
Die Beklagten beantragen insofern,
die Berufung des Klägers und Widerbeklagten zurückzuweisen.
Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil gegen die Berufungsangriffe des Klägers und treten dazu dem Klägervorbringen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht entgegen.
Darüber hinaus machen die Beklagten mit ihrer eigenen Berufung geltend, das Landgericht habe zu Unrecht die Rückzahlung von einer Zug-um-Zug-Leistung ihrerseits abhängig gemacht. Sie meinen insbesondere, das Landgericht habe rechtsirrig § 357 Abs. 6 BGB angewandt; es gelte hier vielmehr § 357 Abs. 8 BGB als speziellere Norm, und diese sehe die Demontage von Werkleistungen bzw. den Rückbau nicht vor. Zudem habe das Landgericht übersehen, dass sich die ‘Verrohrung’ der Anlage nicht ohne Zerstörung der Rohre ausbauen lasse und Chemikalien durch Vermischung mit Wasser nicht mehr trennbar seien. Dem Rückgewähranspruch stehe darüber hinaus entgegen, dass die Wärmepumpe und der Speicher durch den Einbau wesentliche Bestandteile des Gebäudes geworden seien. Jedenfalls – d.h. bei Annahme einer Rückgewährpflicht – müsste der Kläger dann aber die von ihm ausgebauten Altgeräte herausgeben oder wieder einbauen bzw. hierfür Wertersatz leisten. Schließlich machen die Beklagten geltend, das Landgericht habe übersehen, dass teilweise streitig sei, welche Teile verbaut wurden; außerdem habe der Kläger zwei Versionen der Rechnung erstellt, so dass unklar sei, welche Rechnung die Grundlage für eine mögliche Rückgewähr sein soll.
Die Beklagten beantragen,
unter Abänderung des am 14.06.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover, Geschäftsnummer: 12 O 186/18, den Kläger auf die Widerklage zu verurteilen, an die Beklagten € 14.652,28 zzgl. Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.05.2018 zu zahlen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten und Widerkläger zurückzuweisen.
Er verteidigt die landgerichtliche Entscheidung gegen die Angriffe der Berufung der Beklagten. Insbesondere ist er der Ansicht, es gelte nicht § 357 Abs. 8 BGB, sondern § 357 Abs. 6 BGB. Chemikalien seien nicht berechnet worden. Wärmepumpe und Speicher seien durch den Einbau nicht wesentliche Bestandteile des Gebäudes geworden. Der Ausbau der Anlage sei im Übrigen ohne Weiteres möglich.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die zulässigen Berufungen der Parteien sind unbegründet.
A.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.
1. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zunächst Bezug genommen wird (LGU S. 4 bis 6), hat das Landgericht angenommen, dass die Beklagten den Vertrag mit dem Kläger wirksam widerrufen haben. Ergänzend und vertiefend ist Folgendes festzuhalten:
a) Widerrufsrecht, §§ 312b Abs. 1 Nr. 1, 312g Abs. 1, 355 BGB
Die Voraussetzungen der §§ 312b Abs. 1 Nr. 1, 312g Abs. 1 BGB liegen vor.
aa) Gemäß § 312g Abs. 1 BGB steht dem Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu. Nach § 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB sind außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge solche, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist.
bb) Unstreitig wurde der Vertrag zwischen den Parteien im Wohnhaus der Beklagten geschlossen, mithin nicht in einem Geschäftsraum des Klägers. Ob der Kläger überhaupt über Geschäftsräume verfügt, ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB irrelevant.
cc) Der Anwendungsbereich von § 312g Abs. 1 BGB ist eröffnet und nicht gemäß § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB in der seinerzeit geltenden Fassung vom 20.09.2013 ausgeschlossen, denn der Einbau einer Wärmepumpe und eines Pufferspeichers stellt keine erhebliche Umbaumaßnahme im Sinne dieser Vorschrift dar, die mit dem Bau eines neuen Gebäudes vergleichbar wäre (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 30. August 2018 – VII ZR 243/17 -, Rn. 16, juris [Senkrechtlift]; LG Flensburg, Urteil vom 10. Mai 2019 – 2 O 96/18 -, Rn. 29, juris [Kaltwintergarten]).
dd) Die Geltung des § 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB für den vorliegenden Vertrag scheidet nicht deshalb aus, weil dem Vertragsschluss verschiedene Gespräche vorausgegangen sind, der Termin des Vertragsschlusses wohl auf Veranlassung der Beklagten erfolgt ist, den Beklagten das Angebot des Klägers vorab vorlag usw. Auf all diese Umstände kommt es nicht an.
(1) In Erwägungsgrund 21 der Richtlinie 2011/83/EU (im Folgenden: VerbrRRL), die dem aktuellen Recht unter anderem zu außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen zugrunde liegt, heißt es zunächst wie folgt:
“Ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag sollte definiert werden als ein Vertrag, der bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers an einem Ort, der nicht zu den Geschäftsräumen des Unternehmers gehört, geschlossen wird, also beispielsweise in der Wohnung oder am Arbeitsplatz des Verbrauchers. Außerhalb von Geschäftsräumen steht der Verbraucher möglicherweise psychisch unter Druck oder ist einem Überraschungsmoment ausgesetzt, wobei es keine Rolle spielt, ob der Verbraucher den Besuch des Unternehmers herbeigeführt hat oder nicht. Die Begriffsbestimmung für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sollte auch Situationen einschließen, in denen der Verbraucher außerhalb von Geschäftsräumen persönlich und individuell angesprochen wird, der Vertrag aber unmittelbar danach in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder über Fernkommunikationsmittel geschlossen wird. Die Begriffsbestimmung für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sollte nicht Situationen umfassen, in denen der Unternehmer zunächst in die Wohnung des Verbrauchers kommt, um ohne jede Verpflichtung des Verbrauchers lediglich Maße aufzunehmen oder eine Schätzung vorzunehmen, und der Vertrag danach erst zu einem späteren Zeitpunkt in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder mittels Fernkommunikationsmittel auf der Grundlage der Schätzung des Unternehmers abgeschlossen wird. In diesen Fällen ist nicht davon auszugehen, dass der Vertrag unmittelbar, nachdem der Unternehmer den Verbraucher angesprochen hat, geschlossen worden ist, wenn der Verbraucher Zeit gehabt hatte, vor Vertragsabschluss über die Schätzung des Unternehmers nachzudenken. (…)”
Wortlaut und Systematik sind eindeutig: Satz 1 beschreibt, wie der Rechtsbegriff des außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrages definiert werden soll. Danach soll es maßgeblich nur auf den Ort des Vertragsschlusses ankommen. Satz 2 erläutert lediglich das Schutzbedürfnis des Verbrauchers bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen des Unternehmers geschlossenen werden. Es handelt sich dabei in Zusammenschau mit Satz 1 nicht um Einschränkungen dergestalt, dass außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge eine Drucksituation oder ein Überraschungsmoment erfordern. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass ausdrücklich angemerkt wird, dass es keine Rolle spiele, ob der Verbraucher den Besuch des Unternehmers herbeigeführt hat oder nicht. Zudem wird im Folgenden als Ausnahme angeführt, dass Verträge dann nicht als außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge anzusehen sein sollen, wenn der Unternehmer den Verbraucher nur zwecks Aufmaßnahme oder Schätzung aufsucht und ein Vertrag erst später in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder mittels Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen wird. Auch diese eng gefasste Ausnahme bestätigt, dass es für die Annahme eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrages nur auf den Ort des Vertragsschlusses ankommt.
(2) Hiermit korrespondiert auch Erwägungsgrund 37 der VerbrRRL, wonach bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen dem Verbraucher “aufgrund des möglichen Überraschungsmoments und/oder psychologischen Drucks” ein Widerrufsrecht zustehen soll. Darauf, ob tatsächlich ein Überraschungsmoment oder eine Drucksituation vorliegt, kommt es also nicht an.
(3) Auch Art. 2 Nr. 8 a) der VerbrRRL, in dem der Ausdruck “außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossener Vertrag” im Sinne der Richtlinie bezeichnet wird, benennt hierfür jeden Vertrag zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher, der bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers an einem Ort geschlossen wird, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist. Dies korrespondiert ebenfalls mit Erwägungsgrund 21, wie dargelegt.
(4) Dementsprechend enthält auch der Wortlaut des § 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB, mit dem Art. 2 Nr. 8 a) der VerbrRRL umgesetzt wurde und der an die Stelle des vormaligen § 312 BGB a.F. über Haustürgeschäfte getreten ist, keinerlei Einschränkung dahin, dass etwa ein Überraschungsmoment oder eine Drucksituation tatsächlich vorliegen muss. War mit § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB a.F. (bis 12.6.2014) noch eine Ausnahmeregelung für die Fälle einer fehlenden Überrumpelung vorhanden, gibt es einen solchen Ausnahmetatbestand nunmehr, im hier anzuwendenden Recht nicht mehr: Außerhalb von Geschäftsräumen können für den Verbraucher typischerweise Überraschungsmomente und Drucksituationen entstehen; nach diesem generalisierenden Prinzip kommt es auf die konkrete Überrumpelung nicht an (Staudinger/Thüsing (2019) BGB § 312b, Rn. 5). Die Verbraucherrichtlinie – insoweit greifen die Grundsätze der Vollharmonisierung – hat im Vergleich zur früher geltenden Rechtslage den Verbraucherschutz erweitert und hierbei gerade darauf verzichtet, als Voraussetzung aufzunehmen, dass der Verbraucher zum Vertragsschluss bestimmt (§ 1 HTWG) wurde (OLG München, Verfügung vom 22. Februar 2021 – 28 U 7186/20 Bau -, Rn. 18, juris). Für die Geltung des Widerrufsrechts des § 312g Abs. 1 BGB kommt es nunmehr ausschließlich darauf an, dass ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag i.S.v. § 312b Abs. 1 S. 1 BGB oder ein Fernabsatzvertrag i.S.v. § 312c Abs. 2 BGB vorliegt. Entscheidend ist nicht, dass der Verbraucher im konkreten Fall überrumpelt worden war oder nicht in der Lage war, eine hinreichend fundierte Entscheidung zu treffen; das Widerrufsrecht stellt vielmehr ein Schutzinstrument dar, das auf eine typisierte Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers abstellt, sodass es darüber hinaus auch keiner Begründung für dessen Ausübung bedarf (Staudinger/Thüsing (2019) BGB § 312g, Rn. 3 mwN). Mit der Anknüpfung an einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag ist ein Paradigmenwechsel eingetreten: Maßgeblich ist im Grundsatz nicht mehr eine besondere, für das Direktvertriebsgeschäft typische Situation, wie noch bei der Anknüpfung an ein Haustürgeschäft (Verhandlungen am Arbeitsplatz oder in der Privatwohnung), sondern allein die Vertragsverhandlung oder der Vertragsschluss außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers (Koch in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 312b BGB, Rn. 1 mwN).
(5) Die vom Kläger angeführte Rechtsprechung steht dem nicht entgegen. Aus der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30. August 2018 – VII ZR 243/17 – ergibt sich gerade nicht, dass § 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB mehr voraussetzt als den Vertragsschluss außerhalb von Geschäftsräumen des Unternehmers (vgl. BGH, aaO, Rn. 16-18, juris). Im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. April 2019 – VIII ZR 244/16 – ging es lediglich um die Frage, ob der Messestand eines Unternehmens als Geschäftsräume des Unternehmers im Sinne von § 312b Abs. 2 BGB anzusehen ist oder nicht und deshalb ein Widerrufsrecht ggf. zu verneinen wäre (vgl. BGH, aaO, Rn. 22ff., juris). Die weiteren angeführten Entscheidungen betreffen eine frühere Rechtslage und Fernabsatzverträge und geben auch sonst nichts für den Kläger Günstiges her.
(6) Die zum Teil im Streit stehenden Geschehnisse vor Vertragsschluss sind danach entgegen der Ansicht des Klägers ohne Bedeutung für die Frage, ob ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag im Sinne von § 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB vorliegt.
(7) Soweit das Landgericht ausführt, die Ausübung des Widerrufsrechts unterliege keiner Motivationskontrolle, und ein Fall unzulässiger Rechtsausübung oder Verwirkung liege hier nicht vor, wird dies vom Kläger nicht weiter angegriffen. Es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass diese Ausführungen fehlerhaft wären.
ee) Das Widerrufsrecht ist nicht im Hinblick auf § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen, weil jener Ausschluss des Widerrufsrechts Werkverträge – um einen Werkvertrag handelt es sich hier, wovon im Übrigen auch die Parteien ausgehen – nicht erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 30. August 2018 – VII ZR 243/17 -, juris; BGH, Urteil vom 20. Oktober 2021 – I ZR 96/20 -, juris).
ff) Das Widerrufsrecht der Beklagten ist auch nicht nach § 312g Abs. 2 Nr. 11 BGB ausgeschlossen, wie der Kläger wohl meint. Vertragsgegenstand sind nicht dringende Reparatur- oder Instandhaltungsmaßnahmen, sondern der Einbau einer neuen Wärmepumpe und eines Speichers. Ob sich die Beklagten ursprünglich wegen der Frage einer Reparatur der vormaligen Wärmepumpe an den Kläger gewandt hatten, ist nicht relevant, zumal dem Vortrag beider Parteien nicht entnommen werden kann, dass eine Reparatur “dringend” war. Denn dringend sind Instandhaltungsarbeiten dann, wenn sie zur sofortigen Wiederherstellung der Funktionstauglichkeit erforderlich waren und der Verbraucher darauf angewiesen war (OLG Hamm, Urteil vom 05. Dezember 2017 – I-24 U 47/17 -, Rn. 36 mwN, juris; Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Auflage, § 312g, Rn. 14), ebenso zur Erhaltung einer aktuell konkret bedrohten Funktionsfähigkeit oder Sachsubstanz (OLG Hamm, aaO). Ein solcher Fall ist hier nicht ersichtlich.
b) Widerrufserklärung, § 355 Abs. 1 BGB
Mit Schreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 09. Mai 2018 (Anlagenband Beklagte) haben die Beklagten unstreitig den Widerruf erklärt.
c) Widerrufsfrist, § 355 Abs. 2, 356 Abs. 3 BGB
Zu Recht und vom Kläger nicht weiter angegriffen hat das Landgericht angenommen, dass mangels Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist bei Ausübung des Widerrufsrechts nicht abgelaufen bzw. erloschen gewesen war.
d) Rechtsfolge, §§ 355 Abs. 1, Abs. 3, 357 BGB
Gemäß § 355 Abs. 1 S. 1 BGB sind im Falle des Widerrufs die Vertragsparteien an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden und sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren; § 357 BGB enthält weitergehende besondere Bestimmungen unter anderem für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge. Danach kann der Kläger keine weitere Zahlung der Beklagten verlangen und muss seinerseits die von den Beklagten erlangten Beträge zurückzahlen.
Wertersatz hat der Kläger im Übrigen nicht geltend gemacht, und die Verpflichtung der Beklagten zur Rückgewähr der erlangten Werkleistung hat das Landgericht ausgesprochen. Insofern macht der Kläger mithin keine Beschwer geltend bzw. ist er nicht beschwert.
2. Nach alledem erfolgte die Klagabweisung – soweit es die Nebenforderungen anbelangt, wird auf die Ausführungen hierzu im LGU verwiesen – und die Verurteilung des Klägers zur Rückzahlung der erhaltenen Zahlungen zu Recht. Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.
B.
Auch die Berufung der Beklagten ist zulässig. In der Sache hat auch diese Berufung keinen Erfolg.
1. Wegen des Widerrufsrechts, der Wirksamkeit des Widerrufs sowie die Rechtsfolgen wird zunächst auf die Ausführungen unter lit. A. verwiesen.
2. Mit ihrer Berufung wollen die Beklagten die Zug-um-Zug-Einschränkung der Verurteilung des Klägers beseitigen. Das Landgericht hat allerdings richtig entschieden.
a) Wie dargelegt, ergeben sich die Rechtsfolgen hier aus §§ 355, 357 BGB. Die Rückgewährverpflichtung der Beklagten dürfte sich zwar nicht aus § 357 Abs. 6 S. 3 BGB ergeben, wie das Landgericht womöglich meint (LGU S. 6f.). Die Vorschrift ändert jedenfalls aber nichts an der sich aus §§ 355 Abs. 3 S. 1, 357 Abs. 1 BGB ergebenden Rückgewährverpflichtung.
aa) Aus §§ 355 Abs. 3 S. 1, 357 Abs. 1 BGB ergibt sich, dass die empfangenen Leistungen unverzüglich bzw. spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren sind. Dementsprechend sind die Beklagten verpflichtet, die Wärmepumpe und den Speicher nebst der verbauten Materialien an den Kläger zurückzugewähren.
bb) § 357 Abs. 6 S. 3 BGB bestimmt, dass bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers geliefert worden sind, der Unternehmer verpflichtet ist, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können. Abgesehen davon, dass hier “die Waren” nicht zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses an die Beklagten geliefert worden sind, regelt diese Vorschrift nur die Frage des Erfüllungsortes: Sind die empfangenen Leistungen nicht versandfähig, ist der Unternehmer zur Abholung verpflichtet, d.h. aus der ansonsten bestehenden Schickschuld wird eine Holschuld (vgl. Palandt/Grüneberg, aaO, § 357, Rn. 7; Hönninger in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 357 BGB (Stand: 01.02.2020), Rn. 13 mwN). An der beiderseitigen Verpflichtung zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen ändert die Vorschrift im Übrigen nichts; insbesondere ist der Vorschrift keinerlei Ausschluss der Rückgewährpflicht zu entnehmen, weil etwa – wie hier – ein Einbau im Haus des Verbrauchers – der Beklagten – erfolgt ist.
Die vom Landgericht ausgesprochene Ausbaupflicht des Klägers belastet schließlich nur diesen, nicht die Beklagten.
b) Die von den Beklagten erhobenen Einwände gegen ihre Rückgewährverpflichtung greifen nicht durch.
aa) Wie bereits ausgeführt, ist § 357 Abs. 6 S. 3 BGB keine Ausnahme von der Rückgewährverpflichtung für den Fall eines Einbaus der Vertragsgegenstände etwa im Haus des Verbrauchers zu entnehmen. Die Ansicht der Beklagten, im Falle des Einbaus sei die Rückgewähr ausgeschlossen, findet im Gesetz keine Stütze.
bb) Auch § 357 Abs. 8 BGB steht der Rückgewährpflicht der Beklagten nicht entgegen.
Diese Vorschrift regelt die Wertersatzpflicht bei Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen sowie über die Lieferung von Wasser, Gas, Strom in unbestimmten Mengen oder Volumen oder die Lieferung von Fernwärme; § 357 Abs. 8 S. 1 BGB stellt hierbei eine Anspruchsgrundlage dar, der Verbraucher schuldet Wertersatz für alle bis zum Zeitpunkt des Widerrufs empfangenen Leistungen (vgl. u.a. Koch in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 357 BGB, Rn. 17). Der Begriff der “Dienstleistung” ist entsprechend dem europäischen Hintergrund der Norm weit auszulegen und erfasst damit auch Werkleistungen (BGH, Urteil vom 30. August 2018 – VII ZR 243/17 -, Rn. 23, juris; Koch in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 357 BGB, Rn. 17). Der sachliche Anwendungsbereich des Abs. 8 S. 1 erfasst sämtliche Leistungen nicht gegenständlicher Art (MüKoBGB/Fritsche, 8. Aufl. 2019, BGB § 357 Rn. 41). Die Vorschrift trägt damit der Tatsache Rechnung, dass Dienstleistungen bereits auf der Primärebene nicht in Natur zurückgeben werden können (BeckOGK/Mörsdorf, 1.9.2021, BGB § 357 Rn. 79).
Vorliegend hat das Landgericht dem Kläger jedoch keinen Wertersatz zugesprochen, wogegen sich die Beklagten wehren könnten. Hier geht es lediglich um die Rückgewähr derjenigen Gegenstände, die der Kläger geliefert bzw. verbaut hat. Diese können zurückgewährt werden. Sie fallen daher nicht in den Anwendungsbereich des § 357 Abs. 8 BGB. Insofern verbleibt es bei der Rückgewährverpflichtung des Verbrauchers, mithin hier der Beklagten.
cc) Dass Rohre und andere Teile beim Ausbau unter Umständen beschädigt oder gar zerstört werden, steht der Rückgewährverpflichtung ebenfalls nicht entgegen. Soweit gelieferte und verbaute Gegenstände physisch zurückgewährt werden können, verbleibt es bei der Rückgewährpflicht. Zudem belastet eine etwaige Beschädigung oder Zerstörung von zurückzugewährenden Gegenständen die Beklagten überhaupt nicht, sondern schmälert allenfalls den verbleibenden Wert der ausgebauten Anlage für den Kläger.
dd) Soweit eine physische Rückgewähr unmöglich ist, z.B. hinsichtlich verbrauchter Chemikalien, kommt eine Rückgewähr zwar nicht in Betracht. Dies wird vom Kläger allerdings auch gar nicht geltend gemacht; außerdem belastet dies die Beklagten ebenfalls nicht.
ee) Ob die Wärmepumpe und der Speicher und/oder etwaige andere Teile gemäß § 94 Abs. 2 BGB wesentliche Bestandteile des Gebäudes der Beklagten geworden sind, ist ebenfalls ohne Belang und steht der Rückgewährverpflichtung nicht entgegen. Zum einen ist zu bedenken, dass jedenfalls die Wärmepumpe und der Speicher sowie auch diverses Zubehörmaterial physisch vom Gebäude wieder getrennt werden können und, wie bereits ausgeführt, der Umstand, dass es zu Beschädigungen oder gar Zerstörungen von auszubauenden Teilen kommen kann, der Rückgewährpflicht nicht entgegenstehen. Zum anderen dient § 94 der Schaffung klarer Rechtsverhältnisse (vgl. Palandt/Ellenberger, aaO, § 94 Rn. 1 mit Rechtsprechungsnachweisen) und regelt daher das Eigentum an bestimmten Gegenständen. Der Widerruf wirkt jedoch ohnehin nur schuldrechtlich, nicht dinglich, er hebt weder den Vertrag noch etwaige Verfügungen auf, sondern beendet lediglich die beiderseitigen Leistungspflichten und gewährt einen obligatorischen Anspruch auf Rückgewähr des Geleisteten (Staudinger/Kaiser (2012) BGB § 357, Rn. 5). Unabhängig davon, ob der Verbraucher Eigentümer der erlangten Gegenstände durch Verfügung (§ 929 BGB) geworden ist oder wie hier womöglich durch Einbau in das Gebäude gemäß § 94 BGB, ändert dies daher nichts an der Rückgewährverpflichtung, die dementsprechend allerdings auch die Verpflichtung zur Rückübereignung mitumfasst.
ee) Zu Recht hat das Landgericht auch angenommen, dass die Beklagten dem Kläger nicht entgegenhalten können, dass dieser seinerseits die Altgeräte herausgeben bzw. ggf. Wertersatz dafür leisten muss, weil der Kläger insofern keine Leistungen der Beklagten im Sinne der §§ 355 Abs. 3, 357 Abs. 1 BGB empfangen hat. Jedenfalls ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Beklagten dem Kläger die Altgeräte als Teil des Vertrags überlassen haben, etwa zur weiteren Verwertung oder dergleichen. Insbesondere ist dem Auftrag (vgl. jeweils Anlagenband Kläger und Beklagte) insofern nichts zu entnehmen.
ff) Soweit die Beklagten schließlich geltend machen, es sei nicht ganz klar, welche Teile tatsächlich verbaut wurden und worauf sich die Rückgewährverpflichtung beziehe, so betrifft dies allenfalls eine Frage der Vollstreckung. Da aber nicht die Beklagten die Anlage ausbauen und zurückgeben müssen, bleibt dies unproblematisch: die Anlage einschließlich der Zubehörteile kann nur in dem Umfang ausgebaut werden, in dem sie eingebaut worden war; sind z.B. weniger Reduzierstücke eingebaut worden, als in der Rechnung des Klägers aufgeführt, können eben nur weniger ausgebaut werden. Auch dass die Beklagten zwei Versionen der Rechnung Nr. 2053 vorgelegt haben, ändert vor diesem Hintergrund nichts.
3. Danach steht im Ergebnis fest, dass das Landgericht auch hinsichtlich der Widerklage richtig entschieden hat und die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten, soweit diese erstinstanzlich unterlegen gewesen sind, ohne Erfolg bleibt.
4. Hieran ändern auch nichts die Ausführungen im Schriftsatz vom 15. Dezember 2021. Die in diesem Schriftsatz genannten Gesichtspunkte, die für die Beklagten sprechen sollen, hat der Senat bedacht und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt. Der Schriftsatz hat dem Senat daher auch keinen Anlass gegeben, die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anzuordnen (§ 156 ZPO).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 97, 100 Abs. 4 ZPO. Für das Verhältnis des jeweiligen Obsiegens bzw. Unterliegens war dabei von einem Wert der Berufung des Klägers von 20.346,29 Euro und einem Wert der Berufung der Beklagten von 14.652,28 Euro sowie mithin einem fiktiven Gesamtstreitwert von 34.998,58 Euro auszugehen (im Einzelnen zum Wert der Berufungen und zum Berufungsstreitwert s.u. Ziff. VI.).
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt für den Kläger aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, für die Beklagten aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i. V. m. § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
V.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts abweicht, so dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 ZPO.
VI.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren beruht auf § 3 ZPO, §§ 45 Abs. 1 S. 1 und 3, Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG.
Der Wert der Berufung des Klägers ergibt sich ohne Weiteres aus seinem Berufungsantrag unter Berücksichtigung des Umfangs seiner Verurteilung durch das Landgericht auf die Widerklage hin.
Für die Beseitigung der Zug-um-Zug-Verurteilung ist wegen der Beschwer auf den Wert der noch zu erbringenden Gegenleistung abzustellen (Herget in: Zöller, ZPO, 33. Auflage, § 3, Rn. 16.217 mwN). Da hier die Leistungen rückabgewickelt werden sollen, also die Beklagten dasjenige zurückgeben sollen, wofür sie vorprozessual 14.652,28 Euro bezahlt haben, ist der wirtschaftliche Wert der zurückzugebenden Anlage mit dem gezahlten Betrag zu bemessen. Der Wert der Berufung der Beklagten beläuft sich mithin auf 14.652,28 Euro
Wegen § 45 Abs. 1 S. 1 und 3, Abs. 2 GKG erfolgt allerdings keine Zusammenrechnung der Werte, weil die Ansprüche denselben Gegenstand betreffen. Der Berufungsstreitwert beläuft sich daher lediglich auf 20.346,29 Euro.

Rechtsprechungsreport Mein Hausbau

Rechtsprechungsreport Mein Hausbau

von Thomas Ax

Allgemeine Geschäftsbedingungen des Verkäufers einer Einbauküche: Kein Anspruch auf Vorauszahlung des gesamten Kaufpreises

Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers einer Einbauküche, wonach der Kaufpreis „zahlbar sofort ohne Abzug“ ist, benachteiligt den Käufer unangemessen und ist unwirksam (Anschluss an BGH, IBR 2013, 379). Die Verwendung einer (erkennbar) unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingung ist eine Vertragspflichtverletzung. Der Käufer hat daher einen Anspruch so gestellt zu werden, als hätte der Verkäufer die unwirksame Klausel nicht verwendet.
OLG Düsseldorf, Gerichtlicher Hinweis vom 09.02.2021 – 22 U 262/20

Lieferung und Montage von Treppenlift mit individueller Laufschiene ist Werkvertrag

Ein Vertrag über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts mit einer individuell erstellten, an die Wohnverhältnisse des Kunden angepassten Laufschiene ist ein Werkvertrag. Wird ein solcher Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen mit einem Verbraucher geschlossen, steht diesem ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB zu, weil der in § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB vorgesehene Ausschluss dieses Rechts Werkverträge nicht erfasst. Die werbliche Angabe eines Anbieters von Treppenliften, im Falle eines Kurventreppenlifts mit individuell geformten und an die Gegebenheiten vor Ort angepassten Laufschienen bestehe kein Widerrufsrecht des Verbrauchers, begründet Erstbegehungsgefahr für einen Verstoß gegen die Pflicht zur Information über das Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB gem. § 312d Abs. 1 und Art. 246a Abs. 2 Nr. 1 EGBGB.
BGH, Urteil vom 20.10.2021 – I ZR 96/20

Vertragsschluss geht Ortstermin voraus: Kein Fernabsatzvertrag, kein Widerruf

Haben die Parteien einen Vertrag über Gartenbauarbeiten durch schriftliches Angebot des Unternehmers und telefonische Annahme des Kunden geschlossen, ist dem Vertrag zur Vorbereitung des Angebots aber ein gemeinsamer Ortstermin vorangegangen, ist er nicht ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen. Gibt der Unternehmer Angebote regelmäßig erst nach vorhergehendem Ortstermin ab, so ist sein Geschäftsbetrieb auch nicht auf den Fernabsatz ausgerichtet. In diesen Fällen liegt kein Fernabsatzvertrag nach § 312c BGB vor.
OLG Schleswig, Urteil vom 15.10.2021 – 1 U 122/20

Keine Arbeiter auf der Baustelle: Auftraggeber kann kündigen

Eine Fristsetzung mit Kündigungsandrohung ist dann nicht erforderlich, wenn sich das Verhalten des Auftragnehmers als schwere Vertragsverletzung darstellt. Das Setzen von Einzelfristen ist dann zulässig, wenn die rechtzeitige Erfüllung des Bauvertrags ernsthaft in Frage steht und dem Auftraggeber ein weiteres Zuwarten nicht mehr zuzumuten ist.
OLG Celle, Urteil vom 29.09.2021 – 14 U 149/20

Auftraggeber muss die Ursache von Feuchtigkeitsschäden beweisen

Behauptet der Auftraggeber, der Auftragnehmer habe bei den Arbeiten zur Anbringung einer abgehängten Decke die Dampfsperre vielfach durchbohrt, so dass es zu Feuchtigkeitserscheinungen gekommen sei, muss er das darlegen und gegebenenfalls beweisen. Stehen nur zwei Durchbohrungen fest und reichen diese zur Verursachung des aufgetretenen Schadens nicht aus, ist der Beweis, dass die Feuchtigkeitserscheinungen auf mangelhafte Leistung des Auftragnehmers zurückzuführen sind, nicht geführt.
OLG Frankfurt, Urteil vom 28.10.2020 – 29 U 219/19

Lieferung und Montage von Standardtüren und -zargen: Kaufrecht

Ein Vertrag über die Lieferung und Montage von Standardtüren und -zargen ist ein Werklieferungsvertrag mit der Folge, dass Kaufrecht anzuwenden ist. Etwas anderes gilt nicht aufgrund des Einbezugs der VOB/B. Die Parteien haben kein Wahlrecht zwischen Werkvertragsrecht und Kaufrecht. Die Folge ist, dass § 377 HGB gilt.
LG Frankenthal, Beschluss vom 02.09.2021 – 8 O 162/20

Entsorgung des im Erdreich enthaltenen Mülls: Geänderte Leistung

Hat der Auftragnehmer nach dem Leistungsverzeichnis als Material Boden und Fels abzutragen und zu verwerten, stellt das Separieren und Entsorgen des im Erdreich enthaltenen Mülls keine zusätzliche Leistung i.S.v. § 2 Abs. 6 VOB/B, sondern eine geänderte Leistung i.S.v. § 2 Abs. 5 VOB/B dar. Der Auftragnehmer muss seinen Mehrvergütungsanspruch deshalb nicht vor der Ausführung ankündigen.

Die Ankündigung eines Anspruchs auf zusätzliche Vergütung (§ 2 Abs. 6 VOB/B) bedarf es nicht, wenn sie für den Schutz des Auftraggebers entbehrlich ist. Ein Verlust des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers nach unterbliebener Mehrkostenankündigung ist nicht angezeigt, wenn der Auftraggeber bei der Forderung der Leistung von ihrer Entgeltlichkeit ausging oder ausgehen musste oder wenn ihm nach Lage der Dinge keine Alternative zur sofortigen Ausführung der Leistung durch den Auftragnehmer blieb.
OLG Hamm, Urteil vom 27.03.2019 – 12 U 66/17

Defekte Kabeltrommel verwendet: Auftragnehmer haftet für Brandschaden

Auf einem Baustellenbetrieb ist eine Beschädigung der Isolation des Kabels einer Kabeltrommel regelmäßig zu erwarten. Die Beschädigung der Isolation des Kabels einer angesteckten Kabeltrommel kann zum Aufbau eines Fehlerstroms und als Folge zu einem Brandausbruch führen. Kommt als Ursache eines Brandausbruchs nur eine Schadensursache aus dem Obhuts- und Gefahrenbereichs des Auftragnehmers in Betracht, muss er – wenn er sich gegen die Inanspruchnahme auf Schadensersatz zur Wehr setzt – den Beweis führen, dass die Brandauslösung nicht auf sein pflichtwidriges Verhalten oder ein solches seines Personal zurückzuführen ist.
OLG München, Beschluss vom 10.12.2019 – 28 U 4069/19 Bau

Abnahme der Leistung durch den Rechtsanwalt des Auftraggebers

Wird in dem Schreiben eines vom Auftraggeber beauftragten Rechtsanwalts auf eine Mahnung des Auftragnehmers zur Zahlung des Werklohns die Bereitschaft zur Begleichung der Forderung zum Ausdruck gebracht, ohne dass dies von vorausgehenden Mängelbeseitigungsmaßnahmen abhängig gemacht wird, ist darin die Billigung der Leistung als vertragsgemäß und somit die Abnahme der Leistung des Auftragnehmers zu sehen.
OLG München, Urteil vom 14.12.2020 – 3 U 3130/20

Formen und Fristen der Bauabnahme

Formen und Fristen der Bauabnahme

Mit der Bauabnahme geht, rechtlich gesehen, die gesamte Verantwortung für das Bauwerk vom Bauunternehmen auf die Bauherren über. Dieser Schritt ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Entsprechend § 640 Abs.1 BGB sind Bauherren verpflichtet, das von ihnen bestellte Bauwerk abzunehmen, sobald das mit der Errichtung beauftragte Unternehmen seine vertraglich vereinbarte Leistung erfüllt hat und das Haus fertig ist. Was das Gesetz indes nicht näher vorschreibt, ist die Form der Bauabnahme, also die Art und Weise, in der Bauherren in die rechtlich verbindliche Verantwortung für das Bauwerk treten.
Dass der Gesetzgeber den Ablauf einer Abnahme nicht streng geregelt hat, machen sich nicht wenige Baufirmen zunutze, um den komplexen Rechtsakt in ihrem Sinne zu vereinfachen. Den Unternehmen spielt zudem auch das 2018 reformierte Bauvertragsrecht in die Hände. Setzt die Baufirma nach Fertigstellung des Werks den Bauherren eine angemessene Frist zur Abnahme, und verweigern die Bauherren die Abnahme ohne Angabe von Mängeln, dann fingiert das Gesetz die Abnahme als erfolgt – auch wenn wesentliche Mängel vorliegen und das Haus schlimmstenfalls gar nicht bewohnbar ist. Bauherren sollten diese Frist keinesfalls verstreichen lassen, ohne die Abnahme unter Angabe mindestens eines Mangels ausdrücklich zu verweigern.

Bei mindestens einem gemeinsamen Vor-Ort-Termin wird ein Abnahmeprotokoll aufgesetzt, das alle beim Rundgang entdeckten und die schon während der Bauphase festgestellten, aber nicht behobenen Mängel auflistet. Unter Vorbehalt aller Mängelrechte wird dieses Protokoll am Ende von Bauherrschaft und Bauunternehmen unterzeichnet. Mit diesem Protokoll sollten die Bauherren bereits Fristen zur Nachbesserung setzen – oft wird sich auf eine Gesamtfrist verständigt – und einen neuerlichen Termin zur Abnahme der Nachbesserungsarbeiten vereinbaren. Maßgeblich für die zu prüfende Fertigstellung ist dabei immer der Bauvertrag samt Baubeschreibung, die alle durch die Baufirma zu erbringenden Leistungen auflistet und auch individuelle Sonderwünsche berücksichtigt.

Doch neben der förmlichen Abnahme gibt es auch formlose, mitunter unfreiwillig vollzogene Abnahmen, die insbesondere für die Bauherren mit Risiken verbunden sind. Bauherren, vor allem im Schüsselfertigbau, sollten sich nicht mit einer von der Baufirma anberaumten “Übergabe” des Bauwerks zufriedengeben. Denn wer sich die Schlüssel für sein neues Haus aushändigen lässt, vollzieht im juristischen Sinn auch dessen Inbesitznahme und billigt damit das Bauwerk als vertragsgemäß ausgeführt, selbst wenn die Bauarbeiten noch gar nicht abgeschlossen sind.

Nicht selten drängen Bauunternehmen auch auf die Bezahlung der Schlussrechnung, ohne dass eine förmliche Bauabnahme stattgefunden hat. Doch wer die Schlussrechnung akzeptiert und bezahlt, der hat damit in der Regel den Bau offiziell akzeptiert und abgenommen. Selbst die Aushändigung von Trinkgeld an die Handwerker lässt sich, rechtlich gesehen, als formlose Bauabnahme interpretieren. Juristen sprechen in diesem Fall von konkludentem Verhalten, das beispielsweise auch dann vorliegt, wenn der Einzug in das neue Eigenheim erfolgt, bevor eine offizielle Abnahme stattgefunden hat. Spätestens nach einer kurzen Bedenk- und Prüfungszeit – für ein Einfamilienhaus maximal ein paar Wochen – gilt das Bauwerk durch schlüssiges Verhalten als abgenommen.

Bauherren riskieren mit diesen Formen einer konkludenten Abnahme, dass die noch nicht abgeschlossene Arbeiten liegen bleiben und sie im Fall etwaiger Mängel nachweisen müssen, dass die ausführende Baufirma für deren Behebung verantwortlich ist.

(Quelle: VPB)

Unternehmer nicht für den Mangel verantwortlich, wenn dieser auf Vorleistungen anderer Unternehmer zurückzuführen ist und der Unternehmer seine Prüf- und Hinweispflicht erfüllt hat

Unternehmer nicht für den Mangel verantwortlich, wenn dieser auf Vorleistungen anderer Unternehmer zurückzuführen ist und der Unternehmer seine Prüf- und Hinweispflicht erfüllt hat

Ein Werk ist auch dann mangelhaft, wenn es die vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nur deshalb nicht erfüllt, weil die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Leistungen anderer Unternehmer, von denen die Funktionsfähigkeit des Werks abhängt, unzureichend sind.
Der Unternehmer ist dann nicht für den Mangel seines Werks verantwortlich, wenn dieser auf Vorleistungen anderer Unternehmer zurückzuführen ist und der Unternehmer seine Prüf- und Hinweispflicht erfüllt hat.

Der Rahmen der Prüf- und Hinweispflicht und ihre Grenzen ergeben sich aus dem Grundsatz der Zumutbarkeit, wie sie sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls darstellt. Was hiernach zu fordern ist, bestimmt sich in erster Linie durch das vom Unternehmer zu erwartende Fachwissen und durch alle Umstände, die für den Unternehmer bei hinreichend sorgfältiger Prüfung als bedeutsam erkennbar sind.
OLG Hamm, Urteil vom 10.07.2024 – 12 U 80/22

Kein Mitverschulden des Auftraggebers bei mangelhafter Vorunternehmerleistung

Kein Mitverschulden des Auftraggebers bei mangelhafter Vorunternehmerleistung

Der Auftraggeber schuldet dem Unternehmer grundsätzlich keine Bauaufsicht und muss sich daher ein Überwachungsverschulden der von ihm eingesetzten Bauleitung nicht anspruchsmindernd als Mitverschulden zurechnen lassen.

Auch mangelhafte Leistungen des Vorunternehmers sind dem Auftraggeber regelmäßig nicht im Wege des Mitverschuldens zuzurechnen, weil der Vorunternehmer nicht als Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers einzustufen ist.
OLG Hamm, Urteil vom 10.07.2024 – 12 U 80/22

Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers nach § 6 Abs. 6 Satz 1 VOB/B

Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers nach § 6 Abs. 6 Satz 1 VOB/B

Der Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers nach § 6 Abs. 6 Satz 1 VOB/B setzt voraus, dass die Bauzeitverzögerung adäquat-kausal durch hindernde Umstände verursacht worden ist, die auf der Verletzung einer vertraglichen Pflicht durch den Auftraggeber beruhen. Umstände aus der Risikosphäre des Auftraggebers, die nicht auf einer Pflichtverletzung beruhen, genügen nicht als Voraussetzung dieses Anspruchs (Bestätigung von BGH, IBR 2006, 84; BGH, Urteil vom 21.10.1999 – VII ZR 185/98, IBRRS 2000, 0800; BGH, Urteil vom 16.10.1997 – VII ZR 64/96, IBRRS 2000, 0581). BGH, Urteil vom 19.09.2024 – VII ZR 10/24

Übergabe angepasster Bauablaufpläne ist keine Bauzeitanordnung

Übergabe angepasster Bauablaufpläne ist keine Bauzeitanordnung

Eine Anordnung i. S. des § 2 Abs. 5 VOB/B erfordert eine rechtsgeschäftliche Erklärung des Auftraggebers, mit der einseitig eine Änderung der Vertragspflichten des Auftragnehmers herbeigeführt werden soll (Fortführung von BGH, IBR 1992, 349).

Ob ein Verhalten oder eine Erklärung des Auftraggebers als Anordnung i. S. des § 2 Abs. 5 VOB/B auszulegen ist, beurteilt sich nach §§ 133, 157 BGB. Liegt eine Störung des Vertrags aufgrund einer Behinderung vor, die faktisch zu einer Bauzeitverzögerung führt, und teilt der Auftraggeber dem Auftragnehmer den Behinderungstatbestand und die hieraus resultierende Konsequenz mit, dass die Leistungen derzeit nicht erbracht werden können, liegt nach diesem Maßstab keine Anordnung i. S. des § 2 Abs. 5 VOB/B vor. Auch die Übermittlung von Bauablaufplänen stellt keine Anordnung des Auftraggebers i. S. des § 2 Abs. 5 VOB/B dar, wenn mit ihnen lediglich auf behinderungsbedingte Störungen des Vertrags reagiert wird. Dies gilt auch, wenn darin im Hinblick auf die Behinderungen und die deshalb gem. § 6 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B verlängerten Ausführungsfristen zeitliche Konkretisierungen erfolgen.
BGH, Urteil vom 19.09.2024 – VII ZR 10/24

Fertigstellung” auch bei wesentlichen Mängeln

Fertigstellung" auch bei wesentlichen Mängeln

Eine Fertigstellung setzt nicht voraus, dass sämtliche Arbeiten erbracht und alle wesentlichen Mängel behoben worden sind. Fertigstellung kann damit auch gegeben sein, wenn noch – auch wesentliche – Mängel des Werks vorliegen. Es muss nur vollständig fertig gestellt sein, ohne dass Restleistungen notwendig sind.

Ein Werk gilt als abgenommen, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat. Hat der Besteller bereits zuvor Mängel gerügt, ist es ihm im Interesse der Rechtsklarheit gleichwohl zuzumuten, im Rahmen der Abnahmeverweigerung (fort-)bestehende Mängel erneut zu rügen.

Die Abnahmewirkungen treten auch dann ein, wenn der Besteller die Abnahme zu Unrecht endgültig und ernsthaft verweigert. Der Anspruch auf Zahlung des Werklohns wird dann auch ohne (tatsächliche) Abnahme fällig, wenn der Besteller zur Abnahme verpflichtet ist. Eine Abnahmepflicht besteht allerdings nur dann, wenn das Werk keine wesentlichen Mängel aufweist.

Die Mangelfreiheit hat zwar der Unternehmer zu beweisen. Im Hinblick darauf, dass er eine negative Tatsache beweisen muss, obliegt dem Besteller eine sekundäre Darlegungslast dahingehend, dass er den behaupteten Mangel substanziiert vortragen muss.
OLG Brandenburg, Urteil vom 21.11.2024 – 10 U 131/23

LG Frankfurt/Main zu der Frage der Darlegung des Entschädigungsanspruchs aus § 642 BGB

LG Frankfurt/Main zu der Frage der Darlegung des Entschädigungsanspruchs aus § 642 BGB

vorgestellt von Thomas Ax

Ein Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB ist konkret bauablaufbezogen darzulegen. Das gilt nur dann nicht, wenn der Anspruch anders nachvollzogen werden kann.

Bei der konkreten bauablaufbezogenen Darstellung sind die tatsächlichen Ist- und geplanten Soll-Abläufe gegenüberzustellen. Dabei ist jede Veränderung vom ursprünglichen bis zum letzten endgültigen Ablaufplan zu betrachten und auszuwerten. Jede konkrete Behinderung bzw. zeitliche Veränderung ist separat im Hinblick auf die Ursache und die jeweils konkreten Auswirkungen zu beurteilen und darzulegen. Der jeweils gewonnene Ist-Plan ist als neuer Soll-Plan für die Betrachtung der nächsten Veränderungen zugrunde zu legen.
Darzulegen ist, wie der Auftragnehmer den Bauablauf tatsächlich geplant hatte, das heißt, welche Teilleistungen er in welcher Zeit herstellen wollte und wie der Arbeitskräfteeinsatz erfolgen sollte. Dem ist der tatsächliche Bauablauf gegenüberzustellen und die einzelnen Behinderungstatbestände aufzuführen sowie deren tatsächliche Auswirkungen auf den Bauablauf zu erläutern.
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 20.12.2024 – 2-31 O 156/24 (nicht rechtskräftig)

Tatbestand

Die Parteien streiten um Vergütungsfragen im Rahmen von Leistungen zur Sanierung der Heizungstechnik.
Die Klägerin, ein im Bereich Heizung, Sanitär, regenerative Energien und Klima & Lüftung tätiges Unternehmen, und die Beklagte, eine Stadt, verhandelten im Jahre 2023 über Sanierungsleistungen für die Heizungstechnik in einem Objekt, welches in der Beklagten belegen ist. Mit E-Mail vom 11.10.2023 (K 1) fragte die Vergabestelle des … bei der Klägerin an, ob man ein Angebot abgeben möchte; der E-Mail waren ein Leistungsverzeichnis und ein Plan vom 10.10.2023 für die Bauzeiten (K 2) beigefügt. Es war in der E-Mail hinterlegt: “Ein von uns erstellter grober Terminplan liegt dem Schreiben bei. Als Starttermin für die Ausführung haben wir zurzeit Ende Januar/ Anfang Februar angesetzt. Sollte dies bei Ihnen nicht möglich sein, bitten wir – bei Interesse – um Angabe, ab wann sie frühestens mit den Arbeiten beginnen können. In Abstimmung mit der Bauherrschaft sind hier Verschiebungen/ Anpassungen möglich. Die Arbeiten inkl. Inbetriebnahme der neuen Anlagen sollen jedoch vor Beginn der Heizperiode 2024 (Mitte/Ende September 2024) abgeschlossen sein (fester Endtermin).”. Die Klägerin machte sodann ein Angebot über 393.214,01 Euro (K 3), welches die Beklagte mit Schreiben vom 21.01.2024 annahm (K 4). Das Angebot enthielt z. B. die folgenden Positionen:

(…)

Es kam sodann in der Folge zu verschiedenen Umständen, die eine ungehinderte Durchführung der Leistungen nicht möglich machten, wobei die einzelnen Umstände und Auswirkungen streitig waren. Mit Schreiben vom 16.05.2024 teilte die Klägerin mit, dass eine Behinderung von 70 Arbeitstagen voraussichtlich gegeben sei, da die Arbeiten am Kessel nicht möglich gewesen seien (K 7). Sie kündigte Ansprüche an; die Klägerin erneute das Schreiben am 28.05.2024 und machte einen Schadenersatzanspruch in Höhe von 72.632,51 Euro geltend (K 8). Die Klägerin hat sodann mit Schreiben vom 06.06.2024 angezeigt, dass sie die Montagearbeiten für die Wärmepumpe Dach nicht durchführen könne, da die Bestellung nicht freigegeben worden sei. Sie kündigte Ansprüche an. Sie führte ferner aus, dass ihr Ausführungspläne fehlen würden (K 9 und 10). Es gab weitere Kommunikation über das weitere Vorgehen (K 11); die Klägerin teilte mit Schreiben vom 07.06.2024 (K 12) mit, dass sie ihre Leistungen erbringen wollen würde. Mit Schreiben vom 29.05.2024 (B 2) und 14.06.2024 (B 3) teilte die Beklagte mit, dass sie etwaige Behinderungsanzeigen zurückweise. Mit Schreiben vom 02.07.2024 hat die Beklagte erklärt, dass sie den Vertrag kündige im Sinne von § 8 III Nr. 1 VOB/B, § 5 IV VOB/B (K 14). Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 02.07.2024, dass sie der Kündigung widerspreche. Sie verwies darauf, dass sie ihre Leistung nicht in unberechtigterweise verweigert habe, sondern es Verzögerungstatbestände gegeben habe, die im Bereich der Beklagten gelegen hätten. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 22.07.2024 unter Verrechnung der nach ihrer Auffassung durch die Klägerin erbrachten Teilleistungen mit der von ihr aufgrund der Abschlagsrechnung der Klägerin vom 22.02.2024 geleisteten Zahlung in Höhe von Euro 275.249,81 die Klägerin aufgefordert, den von ihr ermittelten Betrag in Höhe von Euro 267.386,97 bis zum 31.07.2024 zurückzuzahlen (K 16). Mit Schreiben vom 28.08.2024 stellte die Klägerin sodann Schlussrechnung (K 17); die Schlussrechnung endete nach der Berechnung der Klägerin mit einem offenstehenden Restbetrag zu ihrem Vorteil in Höhe von 154.123,31 Euro; die Klägerin ermittelte hierbei den Wert der erbrachten Leistungen mit 20.040,87 Euro. Die Schlussrechnung gestaltete sich auszugsweise wie folgt:

(…)

Die Beklagte leistete unstreitig Zahlungen in Höhe von 275.249,81 Euro und ermittelte aus ihrer Sicht die erbrachten Leistungen mit brutto 7.862,84 Euro (B 4). Die Klägerin legte mit Schreiben vom 08.08.2024 (K 18) eine Übersicht von Mengenermittlungen vor; die Klägerin legte ferner ein Schreiben vor, wie sie die Mehrkosten ermittelt habe (K 20). Sie berechnete insgesamt für die Verzögerungen Mehrkosten in Höhe von 80.058,61 Euro (behaupteter Gewinn in Höhe von netto 24.123,85 Euro, baustellenstillstandsbezogene allgemeine Geschäftskosten in Höhe von 51.636,30 Euro und baustellenstillstandsbezogene Baustellengemeinkosten in Höhe von 4.298,36 Euro). Ferner ermittelte die Klägerin erhöhte Einheitspreise für sich in Höhe von 137.245,93 Euro (Anlagen K 21 und K 22). Für die Vorhaltekosten ermittelte die Klägerin einen Betrag in Höhe von 122.626,14 Euro (Anlage K 23). Die Beklagte trat sodann im August 2024 an die … heran, um aus einer Bürgschaft einen Betrag in Höhe von 267.386,97 Euro an die Beklagte auszukehren; bei der Bürgschaft handelte es sich um eine Anzahlungsbürgschaft; eine Rückzahlung der erhaltenen Leistungen der Klägerin erfolgte nicht. Die Bürgschaft endete am 30.09.2024. Die Klägerin korrigierte ihre Schlussrechnung mit Schriftsatz vom 07.11.2024 sodann mit handschriftlichen Veränderungen (Anlage K 4 zum Schriftsatz vom 07.11.2024) und betitelte nunmehr Positionen mit ca. 339.000,00 Euro als “Diverse Kosten”.

(…)

Unstreitig vertrat die Klägerin die Auffassung, dass einzelne Störsachverhalte unstreitig seien. Unstreitig hat die Klägerin hilfsweise beantragt, die Beklagte auf Zahlung zu verurteilen.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die erhobene Feststellungsklage zulässig sei. Nur durch die negative Feststellungsklage lasse sich nachvollziehbar feststellen, dass eine Inanspruchnahme der Bürgschaft nicht berechtigt sei. Die Beklagte gehe insoweit einer bekannten “Strategie” nach, um Werkunternehmer zu schädigen, dies sei missbräuchlich gewesen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Anspruch, den sie darlegt, ausreichend substantiiert gewesen sei, eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung sei nicht notwendig gewesen, da die Störsachverhalte unstreitig gewesen seien; der Bauzeitenplan aus der Anlage K 2 sei maßgeblich gewesen. Aus der Anlage K 20 (respektive zweite eingereichte K 8) habe sich nachvollziehbar ergeben, welche Mehrkosten in welcher Höhe durch die Bauablaufstörungen entstanden seien. Auch die Anlagen K 22 und K 23 hätten nachvollziehbar dargetan, welche Erhöhungen der Einheitspreise in welchem Umfang erfolgt seien. Die Klägerin behauptet, dass es zu Bauzeitverzögerungen gekommen sei, die der Beklagten zuzuordnen seien. So seien nach dem Bauzeitenplan bei in den Kalenderwochen 2 und 3 Prüfungen und Bestellungen vorzunehmen gewesen; dies sei nicht möglich gewesen, da der Auftrag erst am 24.01.2024 erteilt worden sei, auch am 26.02.2024 sei noch keine Wärmepumpe bestellt gewesen. Der Kessel sollte in der sechsten Kalenderwoche demontiert werden, dies sei aber nicht möglich gewesen, weil hierfür die Warmwasserbereitung sichergestellt sein musste; dies sei nicht der Fall gewesen. Die Klägerin habe berechtigterweise darauf hingewiesen, dass eine Baufreiheit nicht bestanden habe, eine Demontage des Kessels sei nicht möglich gewesen. Der Störsachverhalt der fehlenden Wärmepumpe Dach sei der Beklagten zuzuordnen gewesen; auch die finalen Ausführungspläne hätte die Beklagte liefern sollen, da die Klägerin so die Montageplanung nicht habe erstellen können. Ferner sei der Störsachverhalt zum Pufferspeicher (1.000 L und 1.500 L) der Beklagten zuzuordnen gewesen. Die Klägerin habe insgesamt nachvollziehbar und schlüssig abgerechnet. Die Behinderungsanzeigen seien stets ordnungsgemäß gewesen. Es liege eine freie Kündigung nach § 8 I VOB/B vor; die Schlussrechnung sei korrekt gewesen.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass der Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung eines Betrages in Höhe von Euro 267.386,97 nicht zusteht.

Hilfsweise beantragt die Klägerin,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 339.930,68 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, dass für den Bauablauf des Bauvorhabens maßgeblich ein Abstimmungsgespräch zwischen den Parteien am 21.02.2024 gewesen sei. Nach der seinerzeitigen Abstimmung war der Beginn der Bauleistung für Anfang März 2024 festgelegt gewesen; der vorherige Bauzeitenplan (K 2) sei eine Orientierung gewesen und durch das Gespräch hinfällig gewesen. Eine Bestellung der Wärmepumpen bereits Ende Februar 2024 sei nicht erforderlich gewesen, da diese auf dem Dach des Bauvorhabens … zu montieren waren und es sich bei den Pumpen um Lagerware mit einer kurzen Lieferzeit handelte. Hierdurch habe sich keine Verzögerung ergeben. Hinsichtlich der Demontage des Kessels habe keine Einschränkung vorgelegen, dies habe jederzeit durchgeführt werden können. Die Behauptungen der Klägerin zu dem zeitlichen Ablauf hinsichtlich der Demontage der Heizkessel seien ebenfalls unzutreffend. Es ist zunächst anzumerken, dass an dem Bauvorhaben zwei Kesselanlagen, und zwar ein großer Kessel mit einer Leistung von 370 KW und ein zweiter Heizkessel mit einer Leistung von 130 KW vorhanden waren. Für die Demontage der beiden Kessel und die Neumontage des Ersatzkessels mit einer Leistung von 200 KW, der anstelle des vormals größeren ersten Kessels, habe in keiner Weise eine Einschränkung bestanden. Es habe stets Demontage- und Montagefreiheit vorgelegen. Der bauliche Ablauf und die erfolgten Abstimmungen seien in den Behinderungsanzeigen falsch dargestellt gewesen. So sei zunächst der vorhandene Heizkessel mit der Leistung von 370 KW zu demontieren gewesen. Die Neumontage des Heizkessels mit der Leistung von 200 KW hätte an derselben Stelle zu erfolgen gehabt. In einem weiteren Schritt hätte der kleinere, alte Heizkessel mit der Leistung von 130 KW demontiert werden sollen, hiernach wäre die Montage der Wärmepumpen auf dem Dach vorgesehen gewesen. Erst in einem weiteren, dritten, Schritt sei die Umsetzung der dezentralen Warmwasseraufbereitung über einen elektrisch betriebenen Erhitzer vorgesehen gewesen.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 07.11.2024 (Bl. 209 ff. d. A.) Hinweise erteilt.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

A.

Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrags, der negativen Feststellung, unzulässig.

Zwar ist das Landgericht Frankfurt am Main gemäß §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG sachlich und gemäß § 29 I ZPO örtlich zuständig. Bei einer negativen Feststellungsklage kann eine Klage bei dem Gericht anhängig gemacht werden, bei dem eine Leistungsklage mit umgekehrten Rubrum anhängig wäre (OLG München NJW-RR 2010, 645; OLG BeckRS 2019, 34977). Gemäß § 29 I ZPO ist bei Streitigkeiten über das Bestehen eines Vertragsverhältnisses das Gericht des Ortes örtlich zuständig, an dem die streitige Verpflichtung erfüllt werden muss. Das Bauvorhaben und alle daraus resultierenden Ansprüche sind in (…), was im örtlich im Bezirk des Landgerichts Frankfurt am Main liegt, belegen. Maßgeblich bei einem Bau- oder Werkvertrag, wie dem vorliegenden Vertrag, ist der Erfüllungsort nach § 29 I ZPO, dort, wo die Werkleistungen zu erbringen sind, mithin vorliegend in (…) (vgl. MüKo-ZPO/Patzina, 6. Aufl. 2020, § 29 ZPO, Rn. 33, 92). Insoweit ergibt sich damit für einen etwaigen Rückzahlungsanspruch aus behaupteter Überzahlung, dessen Nichtbestehen festgestellt werden soll, dass (…) maßgeblich ist, da das Bauwerk auch für die Rückzahlungsklage maßgeblich ist (vgl. MüKo-ZPO/Patzina, 6. Aufl. 2020, § 29 ZPO, Rn. 92). Dies gilt indes auch für den Hilfsantrag auf originäre Zahlung an die Klägerin, auch diesbezüglich ist (…) maßgeblich; insoweit ergibt sich eine Zuständigkeit auch aus §§ 12, 17 I ZPO.

Auch besteht im Grundsatz ein Feststellungsinteresse nach § 256 I ZPO. Nach § 256 I ZPO ist eine Feststellungsklage zulässig, wenn das (Nicht-)Bestehen eines Rechtsverhältnisses begehrt wird, dies ist vorliegend der Fall. Bei einer negativen Feststellungsklage muss der Kläger mindestens geltend machen, dass sich aus dem Rechtsverhältnis ein Anspruch ergeben kann, sodann eine “Abwehr” gegen diesen Anspruch erfolgt (vgl. BGH KommJur 2012, 459). Dies ist insbesondere dann gegeben, wenn sich der andere Teil (mithin die beklagte Seite) eines Anspruchs berühmt und hierdurch die Unsicherheit der Rechtsposition aufseiten des Klägers ergibt (Anders/Gehle/Anders, 82. Aufl. 2024, § 256 ZPO, Rn. 33). Eine solche Situation ist gegeben, da die Beklagte gegenüber der Klägerin mitteilte, dass sie von einer Überzahlung ausgehe und über 250.000,00 Euro an bereits getätigten Zahlungen zurückfordere und insoweit die Bürgschaft, die hierfür besteht, in Anspruch nimmt. Unabhängig von der Frage, ob die Bürgschaft durch Zeitablauf nicht mehr in Anspruch genommen werden kann, ergibt sich insoweit eine unsichere Rechtsposition der Klägerin, da der Versicherer – nach Leistung im Rahmen der Bürgschaft – bei der Klägerin Regress nehmen würde. Insoweit berühmte sich die Beklagte einer durchsetzbaren Forderung gegenüber der Klägerin; der Anspruch aus Überzahlung folgt hierbei direkt aus dem Werkvertrag selbst (dazu BGH NJW-Spezial 2015, 110).

Die Feststellungsklage ist insoweit vorliegend aber subsidiärer Natur; insoweit besteht ausnahmsweise auf Seiten der Klägerin der Vorrang der Leistungsklage, sodass insoweit ein Feststellungsinteresse nicht gegeben ist. Einer Feststellungsklage fehlt grundsätzlich das Feststellungsinteresse, wenn die Klägerin dasselbe Ziel mit einer Klage auf Leistung erreichen kann (allg. Meinung, vgl. etwa BGH NJW 1984, 1118, 1119 und BGH NJW 1952, 740). Maßgeblich ist, ob der Klägerin möglich und zumutbar ist, sogleich ein Urteil zu erwirken, aus dem auch vollstreckt werden kann, und wenn so dem Feststellungsinteresse genügt ist (vgl. BGH NJW 1997, 870; NJW 2019, 661 Rn. 26; BAG NJW 2019, 919 Rn. 19 sowie BGH NJW-RR 2002, 1377, 1378; BGH NJW 2017, 1823 Rn. 14, 21; 2023, 1567 Rn. 30), um dem in der Zivilprozessordnung innewohnenden Aspekt der Prozessökonomie zu genügen.

Vorliegend begehrt die Klägerin im Wesentlichen die Feststellung, dass eine behauptete Überzahlung, die die Beklagte behauptet, nicht besteht, sodass sie die erhaltenen Vorauszahlungen in Höhe von 267.386,97 Euro nicht auskehren muss (ggf. an die Bürgin). Etwaige Mängelrechte oder vergleichbares Sekundär- oder Tertiärrecht macht die Beklagte nicht geltend. Die Klägerin hat die Schlussrechnung gestellt; auch über die Abnahme, die zumindest konkludent vorliegt, wird nicht gestritten. Die Klägerin kommt im Rahmen der Schlussrechnung zu dem Ergebnis, dass ihr ein weiterer Werklohnanspruch in Höhe von 154.123,31 Euro zusteht. Insoweit ist sie nach ihrer eigenen Auffassung nicht über-, sondern unterbezahlt, andernfalls würde die Schlussrechnung nicht mit einem Haben-Wert auf ihrer Seite schließen. Im Rahmen der Werklohnklage müsste sich das Gericht auch damit beschäftigen, ob der Klägerin ein Recht zusteht, die bereits erhaltenen 267.386,00 Euro zu behalten, mithin, dass Werkleistungen vorliegen, die den entsprechenden Vergütungsanspruch rechtfertigen. Prozessual ist dies auch kein “Kostenrisiko”, da die Werklohnklage einen geringeren Gebührenstreitwert hätte, sodass dies nicht gegen die Auffassung des Gerichts angeführt werden kann. Man mag allenfalls als Argument anführen wollen, dass man dann der Klägerin das “Recht” nehmen würde, darüber zu entscheiden, ob sie den weiteren Betrag geltend mach oder nicht – dieses Risiko wohnt dem Rechtsgedanken des Vorrangs der Leistungsklage indes stets inne und ist in der Zivilprozessordnung so angelegt. Insoweit ist es auch nicht so, dass nur über den Anspruch dem Grunde nach gestritten wird, sondern auch über den Anspruch der Höhe nach, da die Parteien auch über einzelne Punkte aus der behaupteten Überzahlung streiten, mithin über einzelne Positionen aus den Mehrkosten für den “Verzug” (wie etwa die einzelnen Vorhaltekosten oder die Steigerungen der Einheitspreise) – insoweit ist auch zivilprozessual die Feststellungsklage nicht rechtschutzintensiver, auch war der Klägerin bereits mit der Klage möglich, die einzelnen Positionen zu berechnen, zumindest aber sie dies im Ansatz getan. Es wäre daher auch zumutbar gewesen, eine Leistungsklage zu erheben, da sich ein etwaiger “Mehraufwand” im Ansehung des Sachvortrags nicht mehr stellte (zu diesem Argument Musielak-Voit-ZPO/Foerste, 21. Aufl. 2024, § 256, Rn. 12). Denn sowohl im Rechtsstreit um die negative Feststellung als auch bei der aktiven Geltendmachung wäre es im Wesentlichen wohl auf ein Sachverständigengutachten angekommen, wenn die Klage zulässig bzw. schlüssig gewesen wäre. Die aktive Leistungsklage hätte indes den prozessökonomischen Mehrwert gehabt, dass nicht nur inzidenter über die Überzahlung hätte entschieden werden können, sondern auch über die mit der Schlussrechnung behauptete weitere offene Werklohnforderung, ein weiterer Rechtsstreit wäre vermieden worden. Denn in Ansehung des Begehrens der Beklagten war a priori davon auszugehen, dass die Beklagte die auch die weiteren 154.123,31 Euro nicht zahlen wird, hat sie bereits die Bürgschaft in Anspruch genommen, um 267.000,00 Euro zu erhalten.

Hierauf hatte das Gericht bereits hingewiesen; die Klägerin hat an dem Feststellungsantrag gleichwohl festgehalten. Die Feststellungsklage ist in Ansehung des Vorrangs der möglichen und zumutbaren Leistungsklage subsidiär und insoweit unzulässig. Soweit die Klägerin im Übrigen darauf verweist, dass sich die Beklagte rechtsmissbräuchlich verhalten würde, weil sie eine ungerechtfertigte Kündigung ausgesprochen habe und die öffentliche Hand bewusst so agiere, um Unternehmen zu schädigen, verfängt dies nicht. Diese Aspekte haben auf die Unzulässigkeit der Feststellungsklage keinerlei Einfluss. Soweit die Klägerin eine rechtsmissbräuchliche Kündigung vorträgt, hätte dies doch allenfalls in materiell-rechtlicher Hinsicht auf die Höhe der ihr zustehenden Vergütung, da es sich dann um eine freie Kündigung handeln würde (§ 8 I Nr. 2 VOB/B). Insoweit sanktioniert die VOB/B eine “untunliche” Kündigung bereits damit, dass der Werkunternehmer die vereinbarte Vergütung zusteht, obwohl er die Leistungen ggf. nicht erbracht hat. Soweit die Klägerin vorträgt, dass die Beklagte sich bewusst schädlich gegenüber der Klägerin verhalten würde und eine Art Strategie der öffentlichen Hand verfolgen würde, vermag das Gericht diesem Sachvortrag nicht nähertreten zu wollen. Insoweit trägt die Klägerin keinerlei Anknüpfungstatsachen vor, um diesen Sachvortrag plausibel erscheinen zu lassen, weder werden Statistiken noch anderweitige belastbare Anhaltspunkte vorgelegt, die diese Behauptung (statistisch) falsifizieren. Dann aber liegt eine zivilprozessuale Behauptung “ins Blaue hinein” vor, die unbeachtlich ist.

Insgesamt ist die Feststellungsklage daher unzulässig.

Die hilfsweise erhobene Leistungsklage ist zulässig. Die Klageerhebung selbst darf nicht unter einer Bedingung stehen, unabhängig davon, ob es sich um eine außer- oder innerprozessuale Bedingung handelt (BGH NJW 1995, 1393). Zulässig sind Hilfsanträge, die nur für den Fall zur Entscheidung gestellt werden, dass der unbedingt gestellte Hauptantrag oder ein vorangehender Hilfsantrag keinen Erfolg haben. Das Gericht ist an die vom Kläger vorgegebene Reihenfolge gebunden (BGH NJW-RR 1989, 650; BGH NJW 2003, 3202, 3203). Insoweit hat die Klägerin keine Klage erhoben, die unter einer Bedingung steht, sondern ausdrücklich mitgeteilt, dass für den Fall, dass die Feststellungsklage abgewiesen werden würde, hilfsweise auf Leistung geklagt werde. Dies stellt einen originären Hilfsantrag dar, der unter einer innerprozessualen Bedingung gestellt und damit zulässig ist (so auch Musielak-Voit-ZPO/Foerste, 21. Aufl. 2024, § 253, Rn. 29; ferner auch MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, 6. Aufl. 2020, § 260 ZPO, Rn. 11).

B.

Die Anspruchshäufung, dadurch, dass über den Hilfsantrag zu befinden war, im Sinne von § 260 ZPO war ersichtlich zulässig, da die Anträge wirtschaftlich betrachtet ein gleichartiges Ziel verfolgen (Zahlungen behalten und ggf. mehr Zahlung erhalten). Es liegen just auch keine völlig anderen Lebenssachverhalte vor. Auch bei einer eventuellen Klagehäufung ist § 260 ZPO anwendbar.

C.

Der Klägerin steht kein Anspruch gegen die Beklagte über 339.930,68 Euro zu, weder aus Vertrag noch aus anderen Anspruchsgrundlagen wie § 642 BGB oder § 6 VI VOB/B.

I. Anspruch aus §§ 631 I, II, 650a, 632 BGB in Verbindung mit §§ 8, 14 VOB/B oder § 642 BGB oder § 6 VI VOB/B

1.

Ein solcher Anspruch besteht nicht; unstreitig ist zwischen den Parteien ein Vertrag geschlossen worden, der ein Auftragsvolumen von 393.214,01 Euro beinhaltet. Die Parteien haben im Vertrag unstreitig gestellt, dass die VOB/B maßgeblich sind, dies ist auch nachvollziehbar, handelt es sich bei der Beklagten um eine Gemeinde, die regelmäßig Bauleistungen, wie die streitgegenständlichen, ausschreiben muss nach den VOB/A. Ferner müssen dann auch die VOB/B gelten. Die Klägerin sollte dabei im Wesentlichen Leistungen für im Heizungsbereich erbringen. Dabei wurde, wie für das Bau- und Werksvertragsrecht üblich (vgl. BGH NJW 1996, 1282; BGH NJW 2006, 3413), ein Einheitspreis vereinbart (Anlagen K 3 und K 4) und eine Schätzung der abzutragenden Menge abgegeben. Insoweit ist bei einem Einheitspreis sodann im Rahmen eines Aufmaßes abzurechnen (vgl. Dauner-Lieb/Langen/Lederer/Raab, BGB Schuldrecht, 4. Aufl. 2021, § 631 BGB, Rn. 51 f.); dies gilt auch bei den VOB/B nach § 2 II VOB/B. Dabei war letztlich auch ein Bauvertrag, § 650a BGB, gegeben, da die Klägerin ersichtlich wesentliche Arbeiten zum Umbau / Wiederherstellung am Bauwerk bzw. eines Teils durchführen sollte (Installation / Sanierung des Heizungssystems). So stellen Arbeiten am Gasleitungsnetz oder an einer Klimaanlage Arbeiten am Bauwerk dar (BeckOGK-BGB/Merkle, 10.2024, § 650a BGB, Rn. 63). Dann gilt für die angedachten Arbeiten der Sanierung des Heizungssystems mit De- und Montagearbeiten der Heizkessel und der Wärmepumpen keine andere Wertung; zumindest stellen die vertraglich vereinbarten Leistungen “wesentliche Arbeiten” dar, da die Arbeiten massiv in die Baukonstruktion eingreifen (Montagearbeiten von Heizkesseln).

2.

a) Es ist aber bereits nicht nachvollziehbar, wie die Klägerin zu der Auffassung gelangt, dass ihr ein offener Anspruch in Höhe von 339.930,68 Euro als Aktivposition zusteht. Die Schlussrechnung der Klägerin endet mit einem Anspruch in Höhe von 154.123,31 Euro. Insoweit ist dies auch der Betrag, den die Klägerin in ihrer korrigierten Schlussrechnung als Anlage zum Schriftsatz vom 07.11.2024 vorgelegt hat (die zweite Anlage K 4). Insoweit kann sich dann rechnerisch nur ein Zahlungsanspruch in Höhe von 154.123,31 Euro gegen die Beklagte ergeben. Das Gericht hatte – ebenso wie die Beklagte – mitgeteilt, dass nicht nachvollziehbar ist, wie sich der Betrag in Höhe von 339.930,68 Euro unter Beachtung der eigenen (korrigierten) Schlussrechnung ergibt. So hätte eine positive Bescheidung dieses Antrags zur Folge, dass die Klägerin insgesamt 339.930,68 Euro zuzüglich 267.386,97 Euro (diesen Betrag hatte sie ja bereits erhalten), also in Summe 607.317,65 Euro erhalten würde. Die eigene Schlussrechnung geht davon aus, dass die Klägerin allenfalls insgesamt (ohne Beachtung der bereits erhaltenen Zahlungen) 429.373,12 Euro brutto erhält.

(…)

Wie die Klägerin zu der Auffassung gelangt, entgegen ihrer eigenen – im Rechtsstreit korrigierten – Schlussrechnung weitere 177.944,53 Euro zu erhalten, hat sie schlichtweg nicht dargetan. Insoweit hatte das Gericht sodann – von sich aus – die Berechnung durchgeführt, dass die Klägerin ggf. die behauptete offene Summe aus der Schlussrechnung (154.123,31 Euro) zuzüglich des Betrags aus der negativen Feststellungsklage aktiv eingeklagt wissen will (267.386,97 Euro). Indes ergibt dies einen Betrag von 421.510,28 Euro. Die Klägerin erklärte die Höhe des Leistungsantrags nicht, sie verweist für diesen Betrag laut des Schriftsatzes vom 07.11.2024 ausdrücklich auf die Addition der drei einzelnen Nettobeträge “Mehrkosten durch Bauablaufstörungen” in Höhe von 80.058,61 Euro (netto), “EP-Erhöhung” in Höhe von 137.245,93 Euro (netto) und “vergebliche Vorhaltekosten” in Höhe von 122.626,14 Euro (netto) – Bl. 235 und 236 d. A. (mithin Seiten 4 und 5 des Schriftsatzes vom 07.11.2024). Insoweit konstatiert das Gericht aber, dass die Klägerin doch unstreitig – selbst nach eigener Berechnung – Leistungen erbracht haben will, die ca. 20.000,00 Euro ausmachen (in der korrigierten Schlussrechnung alles bis zur Position Obermonteurstunden, Position 1 9 50). Unstreitig hat die Klägerin über 275.249,81 Euro an Zahlungen bereits erhalten; zieht man daher – nach der eigenen Schlussrechnung der Klägerin – die bereits erhaltenen Zahlungen von dem Wert der erbrachten Leistungen ab, verbleiben weiterhin ca. 250.000,00 Euro an Zahlungen, die die Klägerin erhalten hat. Diese wäre auf die nunmehr vorgetragenen Positionen von 80.058,61 Euro (netto), 137.245,93 Euro (netto) und 122.626,14 Euro (netto) anrechenbar. Welche Position in welcher Höhe hier verrechnet werden soll, trägt die Klägerin nicht vor. Es ist indes schlichtweg nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin bei einer offenen Verrechnung von 250.000,00 Euro und der Behauptung von 339.930,00 Euro zu dem Ergebnis kommt, dass nach Verrechnung der 250.000,00 Euro mit der offenen Position von 339.930,00 Euro weitere 339.930,00 Euro verbleiben können. Insoweit ist die Klage nicht schlüssig.

b) Unabhängig hiervon sind für das Gericht auch die drei einzelnen Positionen “Mehrkosten durch Bauablaufstörungen” in Höhe von 80.058,61 Euro (netto), “EP-Erhöhung” in Höhe von 137.245,93 Euro (netto) und “vergebliche Vorhaltekosten” in Höhe von 122.626,14 Euro (netto) nicht schlüssig und nachvollziehbar vorgetragen worden. Im Einzelnen:

aa) Die Beklagte hat die einzelnen Störsachverhalte streitig gestellt und hierzu teilweise einen völlig abweichenden Lebenssachverhalt vorgetragen. Gleichwohl hat die Klägerin dargetan (Anlage K 8 zum Schriftsatz vom 16.12.2024, Bl. 295 ff. d. A.), dass sie der Auffassung ist, dass die Störsachverhalte an sich streitig wären (“Aufgrund der zuvor aufgeführten unstreitigen Behinderungen (siehe die Aufstellung unter “2.2 Übersicht Behinderungen wird und kann auf die Darstellung einer bauablaufbezogenen Darstellung verzichtet werden, da keine Mehrkosten in Form von Personalwartezeiten und Maschinenstillstandskosten geltend gemacht werden, sondern nur Kosten, welche bei Bekanntheit zum Zeitpunkt der Kalkulation so oder so entstanden wären (sog. “Sowiesokosten”). Da es unstreitig ist, dass wir aufgrund bauseitiger Umstände unsere Leistung nicht in dem im Ursprung vereinbarten Zeitraum erbringen konnten, sehen wir uns darin bekräftigt, dass eine explizit bauablaufbezogene Darstellung unsererseits für bauseitig entstandene Behinderungsumstände nicht erforderlich ist.”). Das Gericht hatte darauf hingewiesen, dass es dies zivilprozessual anders wertet, da die Beklagte mehrfach vorgetragen hat, dass es zu Veränderungen kam, aber auch z. B. die Ausführungspläne vorgelegen haben.

Das Gericht konstatiert zunächst, dass die Klägerin für die Mehrkosten durch Bauablaufstörungen 80.058,61 Euro (netto) geltend macht. Insoweit rekurriert die Klägerin in der Klageschrift auf die Anlage K 20 (das ist zugleich die Anlage K 8 zum Schriftsatz vom 16.12.2024). Die Klägerin bezieht sich hier auf einen Anspruch aus § 642 BGB. Für einen Anspruch aus § 642 BGB müsste nach hiesiger Auffassung eine bauablaufbezogene Darstellung erfolgen (BeckOGK-BGB/Lasch, § 642, Rn. 112 unter Hinweis auf OLG Köln BeckRS 2015, 1028; OLG Köln NJW 2014, 3039 und OLG Frankfurt a. M. BeckRS 2016, 01345). Das bedeutet das Folgende: Konkrete Gegenüberstellung der tatsächlichen Ist- und geplanten Soll-Abläufe. Dabei ist jede Veränderung vom ursprünglichen bis zum letzten endgültigen Ablaufplan zu betrachten und auszuwerten. Jede konkrete Behinderung bzw. zeitliche Veränderung ist separat im Hinblick auf die Ursache und die jeweils konkreten Auswirkungen zu beurteilen und darzulegen. Der jeweils gewonnene Ist-Plan ist als neuer Soll-Plan für die Betrachtung der nächsten Veränderungen zugrunde zu legen. Der BGH hat darauf hingewiesen, dass diese Forderung auch bei Großbaustellen nicht überhöht ist, weil es dem Unternehmer zuzumuten ist, eine aussagekräftige Dokumentation zu erstellen, aus der sich die Behinderung sowie deren Dauer und Umfang ergeben. Nicht ausreichend ist grundsätzlich, wenn mehrere Pflichtverletzungen vorgetragen werden, ohne die jeweils konkrete Auswirkung darzustellen. Der BGH hat wiederholt ausgeführt, dass es zulasten des Unternehmers geht, wenn er mangelseiner ausreichenden Dokumentation der Behinderungstatbestände und der sich daraus ergebenden Verzögerungen und Auswirkungen zu einer entsprechenden bauablaufbezogenen Darstellung nicht in der Lage ist. Das gilt nur dann nicht, wenn der Anspruch anders nachvollzogen werden kann (KG BauR 2017, 1204, 1211), aber auch das ist gegenwärtig nicht der Fall. Hierzu fehlt es an Sachvortrag. Vortrag zur konkret geplanten (und kalkulierten) Bauzeit fehlt; Vortrag zum Bauablaufplan-Ist fehlt; Vortrag dazu, wie sich die behaupteten Behinderungsumstände (Kessel – 70 Tage, wobei schon nicht ersichtlich, wieso konkret 70 Tage; es ist unbekannt, welche Störung am 16.05.2024 begonnen haben soll, die Anzeige fehlt. Weshalb die Kündigung eine Verzögerung herbeigeführt haben soll, ist seitens des Gerichts nicht nachvollziehbar. Wie sich die einzelnen Verzögerungen wie auf den Bauablauf auswirkten, wird letztlich gar nicht dargetan – wenn man von der pauschalen Behauptung, dass ein Verzug vorgelegen haben, absieht. Hinsichtlich der Teilpositionen der BGK merkt das Gericht an, dass von Seiten des Gerichts nicht pauschal für jeden verlängerten Tag Materialkosten und Hilfskonstruktion, Sonderfahrten, Verschnitt und Restmaterial sowie “Zuschlag für Winterbau” allgemein (es handelte es sich nicht mehr um den Winter) verlangt werden könnten. Diese Positionen sind nach der Auffassung des Gerichts nicht pauschal als BGK einzustellen, da kein “Kleinmaterial” verbraucht wird, wenn nicht gearbeitet wird (z. B.). Ausgangspunkt für die Bestimmung des hypothetischen ungestörten Ist-Bauablaufs sind die im Bauvertrag festgelegten Ausführungsfristen sowie (falls vorhanden) ein zwischen den Parteien nach Vertragsschluss abgestimmter Vertragsterminplan und die sich hieraus ergebenden kalkulierten Leistungsansätze und Aufwandswerte. Die aus dem Vertragsterminplan bzw. der Kalkulation des Auftragnehmers abgeleiteten Ansätze können allerdings nur herangezogen werden, soweit sie baubetrieblich oder bautechnisch plausibel und realistisch sind.

Das aber beachtet die Klägerin – auch nach Hinweis – des Gerichts nicht.

Die Klägerin postuliert schlichtweg die folgenden Bauzeiten und Behinderungen. Dabei war im Angebot kein konkreter Termin hinterlegt für einen Baubeginn oder eine Fertigstellungsfrist. Auch die Annahme (K 4) vom 24.01.2024 enthält keine konkrete Angabe zu festen Terminen. Das Gericht ist nicht der Auffassung, dass der “grobe Terminplan” Vertragsbestandteil geworden ist im Sinne eines “festen Terminplans”. Dies ergibt sich schon aus der Anfrage aus der Anlage K 1. Insoweit stellt die Klägerin für den Baubeginn auf den 05.02.2024 ab (“Berechnung der Mehrkosten durch Bauablaufstörungen”) – es ist aber gar nicht ersichtlich, woher das Datum kommt (zumal die Beklagte dies bestreitet, vgl. Seite 3 der Klageerwiderung, und einen Baubeginn Anfang März 2024 vorträgt). Der Vertrag enthält hierzu keine konkrete Angabe. Auch aus dem groben Terminplan, unabhängig von dessen rechtlicher Qualifikation, ergibt sich dieser Baubeginn nicht wirklich. Es kann dahinstehen, was die Parteien in der K 6 für einen “Zwischentermin” vereinbart haben könnten, da letztlich nicht ersichtlich war, wie der Bauablauf konkret geplant war. Auch ein konkreter Bau-Ablauf-Ist wird insoweit nicht dargetan.

(…)

Auch unter Beachtung der vorgelegten Anlagen K 11 (zum Schriftsatz vom 16.12.2024), die auszugsweise wie folgt gestaltet sind, (…), ist eine bauablaufbezogene Darstellung nicht gegeben. Für das Gericht sind die angesetzten Tage, unabhängig davon, dass die Störsachverhalte streitig sind, nicht nachvollziehbar dargetan. Konkreter Sachvortrag zum Bauablaufplan-Ist fehlt ebenfalls; konkreter Sachvortrag, der sich nicht in einer pauschalen Behauptung der Tage perpetuiert, wie sich die Störung auf die Bauplanung konkret auswirkte, erfolgte nicht. Vielmehr legt die Klägerin stets nur dar, wie sich das Bau-Soll und Bau-Ist in Arbeitstagen darstellte (vgl. Seite 17 der Anlage K 8). Aber die Verschiebung selbst erklärt sie nicht. Es fehlt letztlich schlichtweg an einer konkreten Darlegung des eigentlich geplanten Bau-Ablauf-Solls, welche Störung warum in welchem Umfang zu welcher Verzögerung führte und welches geplante Bau-Ablauf-Ist sodann hieraus resultierte. In jedem Fall ist auch darzulegen, wie der Auftragnehmer den Bauablauf tatsächlich geplant hatte, das heißt, welche Teilleistungen er in welcher Zeit herstellen wollte und wie der Arbeitskräfteeinsatz erfolgen sollte. Dem ist nach den Ausführungen des OLG Köln der tatsächliche Bauablauf gegenüberzustellen und die einzelnen Behinderungstatbestände aufzuführen sowie deren tatsächliche Auswirkungen auf den Bauablauf zu erläutern (vgl. OLG Köln, Urteil vom 29.08.2019, 7 U 113/18; BGH, Beschluss vom 08.04.2021, VII ZR 216/19; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Bei störenden Ereignissen wie z. B. verspäteten Planlieferungen genügt es nicht, die Abweichung zwischen Soll- und Ist-Planlieferung darzulegen sowie die dazwischenliegende Zeitspanne als konkrete bauablaufbezogene Störungsdauer auszugeben. Vielmehr ist es erforderlich, auch die konkret auf die Baustelle bezogenen Auswirkungen der Verspätung darzustellen (OLG München, Urteil vom 26.09.2017 – 28 U 2834/09; BGH, Beschluss vom 15.01.2020 – VII ZR 249/17; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Es ist im Übrigen auch nicht ersichtlich, ob die Klägerin in der Zeit der behaupteten Verzögerung nicht andere Arbeiten hätte vorziehen können, um eine Verzögerung zu meiden (vgl. dazu Althaus/Bartsch/Kattenbusch, Nachträge im Bauvertragsrecht, 2. Aufl. 2022, Teil 3, Rn. 370).

Just all diese Umstände hat die Klägerin, ausweislich ihrer eigenen Anlage, nicht beachtet, weil sie der Auffassung ist, dass hierauf nicht ankomme.

Das Gericht verkennt nicht, dass nicht in jedem Fall eine bauablaufbezogene Darstellung notwendig ist, wenn auch ohne diese nachvollzogen werden kann, wie der Annahmeverzug des Bestellers den Vermögensnachteil verursacht hat, den der Unternehmer entschädigt verlangt (KG BeckRS 2017, 101495 Rn. 72). Insoweit fehlt es aber an einer solchen Nachvollziehbarkeit, da die Klägerin auch nicht anderweitig darlegt, wie sie kalkulatorisch zu den angesetzten Verzögerungszeiten von z. B. 70 Tagen gelangt.
Dies gilt gar unabhängig von der Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 2019, 1082 – “Gerichte sind nicht verpflichtet, umfangreiche ungeordnete Anlagenkonvolute von sich aus durchzuarbeiten, um so die erhobenen Ansprüche zu konkretisieren”), dass sich das Gericht die maßgeblichen Umstände nicht aus den Anlagenkonvoluten selbst zusammen muss. Dies mag anders sein, wenn es sich um übersichtliche, von sich heraus verständliche Anlagen sein. Dies gilt aber nicht, wenn die Partei ohne weitere Bezeichnung irgendwelche Anlagen vorlegt, die teilweise aus mehr als 20 Seiten Text mit unübersichtlichen Tabellen bestehen und nicht weiter erläutert werden.

Diese Defizite können nicht unter Anwendung von § 287 ZPO geschlossen werden, weil sie die Bauablaufbezogenheit und damit den Haftungsgrund betreffen.

Insoweit ist der geltend gemachte Betrag für das Gericht nicht nachvollziehbar. Insoweit war der Beweisantrag durch Einholung eines Sachverständigengutachtens (Seite 9 der Klageschrift) originäre Ausforschung und nicht zulässig, da der Sachverständige dann erst die Tatsachen ermittelt und in das Verfahren eingebracht hätte, die die Klägerin vortragen zu haben gehabt hätte, die der Sachverständige sodann aus technischer Sicht überprüft.

Im Übrigen macht die Klägerin ausweislich der Klageschrift und des weiteren Vortrags im Rahmen der 80.058,61 Euro auch Gewinn geltend (24.123,85 Euro); reiner Gewinn ist von § 642 BGB indes nicht erfasst. § 642 BGB gewährt eine angemessene Entschädigung. Dabei ist die angemessene Entschädigung im Ausgangspunkt an den auf die unproduktiv bereitgehaltenen Produktionsmittel entfallenden Vergütungsanteilen einschließlich der Anteile für allgemeine Geschäftskosten sowie für Wagnis und Gewinn zu orientieren. Dagegen gewährt § 642 BGB keinen vollständigen Ausgleich für die während des Annahmeverzugs nicht erwirtschaftete Vergütung (BGH NJW 2020, 1293 Rn. 47).

bb) Letztlich gilt dies auch hinsichtlich der Position “EP-Erhöhung” in Höhe von 137.245,93 Euro (netto). Denn auch bei § 6 VI VOB/B gilt im Ergebnis das, was das Gericht zuvor zu § 642 BGB ausführte, so gelten die vorherigen Ausführungen entsprechend (“bauablaufbezogene Darstellung” – Beck’scher VOB-Kommentar/Vowinckel, 4. Aufl. 2023, Teil B, VOB/B, § 6 VI, Rn. 138). Dabei ist jede einzelne Behinderung gesondert zu prüfen und unterliege einer eigenständigen Beurteilung (BGH NJW 2005, 1650, 1653). Erst wenn eine konkrete Behinderung von bestimmter Dauer dargelegt wird, kann durch das Gericht eine einschätzende Bewertung unter Berücksichtigung von § 287 ZPO durchgeführt werden, wie sich diese Behinderung auf den weiteren Bauablauf ausgewirkt und zu einer Verlängerung der gesamten Bauzeit geführt habe, weil sich Anschlussgewerke verzögert hätten (BGH NJW 2005, 1650, 1652). Die Klägerin hat nicht beachtet, dass § 6 VI VOB/B entgangenen Gewinn nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz gewährt – § 6 VI VOB/B verlangt ein Verschulden (anders als § 642 BGB; dazu Beck’scher VOB-Kommentar/Vowinckel, 4. Aufl. 2023, Teil B, VOB/B, § 6 VI, Rn. 114). Konkreter auf den einzelnen Störsachverhalt bezogener Vortrag hierzu fehlt schon. Insoweit muss die Pflichtverletzung des Beklagten ursächlich für den Eintritt der Behinderung sein, was gegeben ist, wenn der Auftragnehmer ohne die Pflichtverletzung anders – früher, schneller oder mehr – gearbeitet hätte. Diejenigen Tatsachen, aus denen die Verpflichtung zum Schadensersatz hergeleitet werden, sind als konkreter Haftungsgrund nach den Grundsätzen von § 286 ZPO nachzuweisen, da weder der Umstand, dass eine Behinderung vorliegt noch die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Behinderung einer einschätzenden Bewertung im Sinne von § 287 ZPO zugänglich sind (BGH NJW 2005, 1650, 1652; BGH NJW 2005, 1653, 1654).

Die Klägerin legt hierfür die Anlagen K 21 (Urkalkulation) und K 22 vor. Anhand dieser Anlagen ist das Begehren der Klägerin unter Umständen auch als eine Erhöhung des Einheitspreises wegen späterer Ausführung zu verstehen gewesen. Dann aber besteht ein Anspruch ebenfalls nicht, da die Klägerin zu den Voraussetzungen von § 2 III, IV oder V VOB/B überhaupt keinen Sachvortrag hält. Auch wenn man § 650b und 650c BGB bei einem VOB/B-Vertrag Anwendung finden lässt (so OLG München NZBau 2024, 753), trägt die Klägerin zu den tatsächlichen Voraussetzungen überhaupt nicht vor; mithin ob Leistungsänderungen oder technisch notwendige Änderungen zu einer Preisanpassung führten.

Es ist nicht nachvollziehbar, was genau die Klägerin bei dieser Position begehrt und weshalb sie – ohne weitere Begründung – die Einheitspreise im Vergleich zum Vertrag ändert (mithin erhöht). Aus einer Bauzeitverzögerung führt ipso iure auch kein Recht, den Einheitspreis zu erhöhen; auch zu etwaigen Preisanpassungsklauseln erfolgt kein nachvollziehbarer Vortrag. Hierzu wäre ein konkreter Sachvortrag zu halten gewesen.

Soweit die Klägerin hier die Kosten für eingekaufte Ware / Geräte und/oder eingekauftes Material geltend macht, ist das nicht nachvollziehbar dargetan; das wäre in der Schlussrechnung doch als erbrachte Leistung abzurechnen; die Klägerin geht aber ausdrücklich von der Erhöhung des Einheitspreises aus, erklärt dies aber nicht; zumal die Klägerin die ersparten Aufwendungen mit den fehlenden Warenwerten ansetzt. Augenscheinlich rechnet die Klägerin hier unter anderem die Lohnkosten ab, die nicht erspart worden seien – zugleich rechnet sie aber auch eine dritte Position in der Klage ab, die Vorhaltekosten für das Personal (also Lohnkosten). Insoweit dürften insoweit auch Doppelungen vorliegen, die nicht nachvollziehbar erklärt werden.

Insoweit war der Beweisantrag durch Einholung eines Sachverständigengutachtens (Seite 9 der Klageschrift) originäre Ausforschung und nicht zulässig, da der Sachverständige dann erst die Tatsachen ermittelt und in das Verfahren eingebracht hätte, die die Klägerin vortragen zu haben gehabt hätte, die der Sachverständige sodann aus technischer Sicht überprüft.

cc) Letztlich gilt hinsichtlich der Position “vergebliche Vorhalte” in Höhe von 122.626,14 Euro (netto); denn auch bei § 6 VI VOB/B gilt im Ergebnis das, was das Gericht zuvor zu § 642 BGB ausführte, so gelten die vorherigen Ausführungen entsprechend; eine bauablaufbezogene Darstellung fehlt. Die Klägerin legt nicht dar, weshalb die Vorhaltekosten für das Personal mit entsprechenden Lohnkosten nicht bereits durch die EP-Erhöhung teilweise mit abgegolten wären; rechnet sie dort ja auch Lohnkosten ab. Es ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin teilweise keine Parallelaufträge angibt, dann aber ein anderes Projekt als Parallelauftrag, dann aber dort “0” ansetzt (K 23).

(…)

Es ist im Übrigen auch nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin stets vom 05.02.2024 als Ausführungsbeginn ausgeht. Sie selbst hat erst am 23.02.2024 bestätigt, dass Annahmeschreiben der Beklagten erhalten zu haben (vgl. K4; … ist ausweislich der Klageschrift der Sitz der Klägerin). Wie dann zuvor Arbeiten beginnen konnten, ist fraglich.

(…)

Dies lässt sich plausibel mit dem Vortrag der Beklagten in Einklang bringen, dass erst im März 2024 mit den Arbeiten begonnen werden sollte.

Im Übrigen gelten die vorherigen Ausführungen unter aa) auch für diese Position.

dd) Der Klägerin steht auch kein weitergehender Anspruch bzw. ein “Recht zum Behaltendürfen” für die Leistungen zu, die sie als erbrachte Leistungen abrechnet – über den Betrag hinaus, den die Beklagte ermittelt hat.

Die Klägerin hat, da es sich um einen Einheitspreis handelt, mittels eines Aufmaßes abzurechnen. Gemäß § 14 II VOB/B sind die für die Abrechnung notwendigen Feststellungen dem Fortgang der Leistung entsprechend möglichst gemeinsam vorzunehmen. Bei Leistungen, die bei Weiterführung der Arbeiten nur schwer feststellbar sind, hat der Auftragnehmer sogar rechtzeitig gemeinsame Feststellungen zu beantragen. Der baubetriebliche Nachweis dieses gemeinsamen Aufmaßes erfolgt üblicherweise über ein beidseitig unterschriebenes bzw. gegenseitig anerkanntes Originalaufmaß, dem sogenannten Urdokument. Ein solches beidseitig unterzeichnete Originalaufmaß liegt der Gerichtsakte nicht bei. Die Klägerin dürfte indes nur ein einseitiges “Aufmaß” vorgenommen haben. Die Klägerin hat die erbrachten Leistungen mit großer Präzision und Genauigkeit zu dokumentieren (vgl. OLG Celle, Urteil vom 14.02.2007 – 7 U 165/02). Die Nachweisführung für ein einseitiges Aufmaß bezüglich der Präzision und Genauigkeit ist aus baubetrieblicher Sicht jedoch nicht identisch mit der Nachweisführung bei einem gemeinsamen Aufmaß. Bei einem einseitigen Aufmaß ist die andere Partei nicht beteiligt und kann daher das einseitige Aufmessen der Klägerin z.B. vor Ort nicht unmittelbar bestätigen. In der Regel sind die baubetrieblichen Anforderungen hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit bei einem einseitigen Aufmaß deutlich höher.

Grundsätzlich hat die Klägerin darüber hinaus weitere Abrechnungsunterlagen zur Erklärungsunterstützung mit den Aufmaßblättern und Stundennachweise einzureichen. Es wäre nicht die Aufgabe des unabhängigen gerichtlichen Sachverständigen diese aus baubetrieblicher Sicht üblichen Abrechnungsunterlagen für die Klägerin im Zuge des Gerichtsverfahrens zu erarbeiten. Bei den vorliegenden Aufmaßblätter der Klägerin dürfte es sich lediglich um eine Mengenermittlung handeln. Die Herkunft der dort eingetragenen Zahlenwerte kann das Gericht derzeit nicht nachvollziehen. Es fehlt aus baubetrieblicher Sicht die entsprechende Lokalisierung der Zahlenwerte, d.h. z.B. von wo bis wo genau gemessen wurde oder wie die verlängerte Vorhaltung der Baustellenrichtung belegt ist. In der VOB/C DIN 18299 Abschnitt ist als Grundsatz festgelegt: “Die Leistung ist aus Zeichnung zu ermitteln, soweit diese ausgeführte Leistung diese Zeichnungen entspricht. Sind solche Zeichnungen nicht vorhanden, ist die Leistung auf zu messen”. Somit ist das Messen nach Zeichnung (nach Plan) das Regelverfahren.

Die Lokalisierung der Zahlenwerte hat bei einem einseitigen Aufmaß – entsprechend der einschlägigen DIN-Normen – über vermaßte Abrechnungs-bzw. Aufmaßpläne. Die Angabe eines zutreffenden Maßstabes (z.B. M = 1:50) auf diese Pläne ist dann aber erforderlich, d.h. eine handschriftliche Skizze ist nicht ausreichend. In diesen vermaßten Abrechnungsplänen ist der in der Mengenermittlung angesetzte Zahlenwert eindeutig und nachvollziehbar zu kennzeichnen bzw. ggf. nachträglich händisch in diese Pläne einzutragen. In die Pläne sind die Ordnungszahlen bzw. Positionen aus der Mengenermittlung einzutragen und ggf. das Bauteil farblich oder mit einem Symbol kenntlich zu machen. Das ist der wesentliche Unterschied zwischen einem Abrechnungsplan und einem gewöhnlichen Ausführungsplan sein. Konkrete Abrechnungs-bzw. Aufmaßpläne in diesem Sinne lagen der Gerichtsakte auch nach Hinweis nicht bei.

Die Anlage K 18 ist insoweit mangels weiteren Angaben kein Aufmaß, sondern eine Mengenermittlung. Auch die vorgelegten Stundenlohnnachweise aus der K 18 sind nicht plausibel. So wird ein Stundenlohnzettel vom 26.02.2024 vorgelegt, der 2,5 Stunden Arbeit beinhalten soll; in der Anlage K 23 (“vergebliche Vorhaltekosten – Mitarbeiter”) rechnet die Klägerin ab, dass beide Mitarbeiter nicht arbeiten konnten bei dem vorliegenden Projekt (1x 8 Stunden und 1x 5 Stunden, da 3 Stunden für Parallelvorhaben abgezogen wurden). Dies gilt auch für den Stundenlohnzettel vom 21.03.2024. Das passt nicht zusammen, zumal nicht nachvollziehbar ist, was gemacht worden sein soll. Bei einem weiteren Stundenlohnzettel werden Arbeiten an einem Montag abgerechnet, obwohl als Datum der 13.03.2024 angegeben ist; das war kein Montag, wobei auch nicht verständlich ist, warum eine Baubesprechung eine vergütungsfähige Leistung darstellt.

Im Übrigen ist für das Gericht nicht nachvollziehbar und von der Klägerin hat nicht dargetan, warum in der Schlussrechnung teilweise andere Leistungen abgerechnet werden als im Angebot / im Vertrag konkret hinterlegt.

II.

Es sind auch keine weiteren Anspruchsgrundlagen wie §§ 677 ff. BGB und/oder §§ 812 ff. BGB ersichtlich.
Die Geschäftsführung ohne Auftrag und das Bereicherungsrecht würden allenfalls einen Anspruch in Höhe von jeweils ca. 20.000,00 Euro für die behaupteten erbrachten Leistungen gewähren.

Das Gericht ist weiter der Auffassung, dass ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 677 ff. BGB, gegen die Beklagten ebenfalls nicht besteht, da der geltend gemachte Betrag am Ende nicht nachvollziehbar ist und die rechtlich angezeigte Verknüpfung zu § 632 II BGB für das Gericht nicht plausibel sind. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin konkludent vorgetragen hat, dass die behaupteten Leistungen überhaupt dem mutmaßlichen oder geäußerten Willen der Beklagten entsprachen, sodass ein Fremdgeschäftsführungswille angenommen werden kann, führt die Geschäftsführung ohne Auftrag im Ergebnis dazu, dass die Klägerin eine durchschnittliche Vergütung verlangen könnte (BeckOGK-BGB/Thole, 03.2024, § 683 BGB, Rn. 45 f. – im Ergebnis handelt es sich um eine Rückbesinnung auf § 632 II BGB, LG Frankfurt am Main, Urteil vom 29.05.2024, 2-31 O 8/24). Anhaltspunkte hierfür hat die Klägerin aber nicht vorgetragen; auch die Plausibilität ist – wie zuvor dargetan – nicht gegeben.

Ein etwaiger Anspruch der Klägerin aus dem Bereicherungsrecht, §§ 812 ff. BGB, besteht gegen die Beklagte ebenfalls nicht. Ein Anspruch scheitert – wie bei §§ 677 ff. BGB – daran, dass die Beklagte das Erlangte herausgeben müsste, was hinsichtlich der “EKT” (Baumaterialien, Arbeitszeit) nicht mehr möglich wäre (so kann die Beklagte weder die geleistete Arbeitszeit noch die einzelnen Gegenstände herausgeben, da §§ 946 ff. BGB vorliegen; Gegenteiliges hat die Klägerin nicht dargetan). Insoweit müsste die Beklagte daher objektiv nach § 818 I, II BGB den Wert des Erlangten herausgeben, hierbei wird bei werkvertraglichen Leistungen auf § 632 II BGB zurückgegriffen (vgl. OLG München NZBau 2011, 487, 488). Konkreten Sachvortrag hierzu hat die Klägerin aber nicht vorgetragen; auch nicht, ob ihre Preise ortsüblich und angemessen sind; auch ist die Höhe nicht nachvollziehbar. Es gilt das zuvor Ausgeführte entsprechend.

D.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 2 ZPO.

E.

Der Streitwert wird festgesetzt auf 339.930,68 Euro. Insoweit hatte die Klägerin hilfsweise diesen Betrag als aktive Position eingeklagt. Da der Hilfsantrag durch das Gericht zu bescheiden war, war dessen Wert maßgeblich, § 45 I 2 GKG. Eine Addition mit dem Hauptantrag zu unterbleiben, § 45 I 3 GKG. Denn wirtschaftlich betrachtet, geht der Hauptantrag in dem Hilfsantrag vollumfänglich auf, da das Gericht inzidenter über die Schlussrechnung zu befinden hatte (mithin auch die Frage, ob die Klägerin überzahlt ist). Dann ist der höhere Wert maßgeblich, das war der Hilfsantrag.

Architekt muss über eigene Planungs- und Aufsichtsfehler aufklären

Architekt muss über eigene Planungs- und Aufsichtsfehler aufklären

Ein Anspruch des Bauherrn auf Schadensersatz wegen Planungs- und/oder Bauüberwachungsfehlern setzt den Abschluss eines Architektenvertrags oder zumindest die tatsächliche Übernahme der Bauaufsicht voraus (hier für die Bauüberwachung über den Bereich Rohbau hinaus verneint).
Der mit der Überwachung der Errichtung eines Rohbaus beauftragte Architekt hat auch die Herstellung der Bodenplatte/Keller einschließlich der Abdichtung zu überwachen. Dazu gehört die Aufsicht über die Ausführung von Mängelbeseitigungsarbeiten.
Dem Bauüberwacher obliegt im Rahmen seiner Betreuungsaufgabe nicht nur die Wahrung der Rechte des Bauherrn (Auftraggebers) gegenüber den Bauunternehmern, sondern auch und zunächst die objektive Klärung der Mängelursachen, selbst wenn zu diesen eigene Planungs- oder Aufsichtsfehler gehören. 
Eine Vertragsverletzung durch pflichtwidrige Unterlassung jeglicher Untersuchung und Beratung, mit der der Bauüberwacher möglicherweise die Verjährung der gegen ihn selbst bestehenden Ansprüche herbeiführt, begründet einen weiteren Schadensersatzanspruch dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche als nicht eingetreten gilt.
OLG Brandenburg, Urteil vom 01.12.2022 – 12 U 199/21