Ax Hochbaurecht

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OLG Stuttgart zu der Frage, dass eine Loslösung vom Bauvertrag grundsätzlich erst zulässig ist, wenn der andere Vertragsteil nachdrücklich und unmissverständlich auf die Folgen einer weiteren Nichterfüllung der Vertragspflichten hingewiesen worden ist und dass es einer Fristsetzung mit Kündigungsandrohung bzw. einer Abmahnung ausnahmsweise dann nicht bedarf, wenn entweder eine solche Nachfristsetzung bzw. Androhung von vornherein keinen Erfolg verspricht oder sich das Verhalten des Kündigungsgegners als eine besonders schwere Vertragsverletzung darstellt, die es dem Kündigenden unzumutbar macht, noch weiterhin mit diesem Partner im Vertrag zu bleiben bzw. den Ablauf einer durch die Abmahnung eröffneten, noch weiteren Zeitspanne abzuwarten

OLG Stuttgart zu der Frage, dass eine Loslösung vom Bauvertrag grundsätzlich erst zulässig ist, wenn der andere Vertragsteil nachdrücklich und unmissverständlich auf die Folgen einer weiteren Nichterfüllung der Vertragspflichten hingewiesen worden ist und dass es einer Fristsetzung mit Kündigungsandrohung bzw. einer Abmahnung ausnahmsweise dann nicht bedarf, wenn entweder eine solche Nachfristsetzung bzw. Androhung von vornherein keinen Erfolg verspricht oder sich das Verhalten des Kündigungsgegners als eine besonders schwere Vertragsverletzung darstellt, die es dem Kündigenden unzumutbar macht, noch weiterhin mit diesem Partner im Vertrag zu bleiben bzw. den Ablauf einer durch die Abmahnung eröffneten, noch weiteren Zeitspanne abzuwarten

vorgestellt von Thomas Ax

1. Die Kündigungstatbestände der §§ 8 und 9 VOB/B sind nicht abschließend. Vielmehr kann, abgesehen von den bereits in den §§ 8 und 9 VOB/B geregelten Fällen, sowohl der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer den Bauvertrag kündigen, wenn durch ein schuldhaftes Verhalten des anderen Vertragspartners der Vertragszweck so gefährdet ist, dass der vertragstreuen Partei die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann, §§ 241, 280 BGB.(Rn.73)

2. Eine Loslösung vom Bauvertrag ist grundsätzlich erst zulässig, wenn der andere Vertragsteil nachdrücklich und unmissverständlich auf die Folgen einer weiteren Nichterfüllung der Vertragspflichten hingewiesen worden ist. Darüber hinaus ist anerkannt, dass es einer Fristsetzung mit Kündigungsandrohung bzw. einer Abmahnung ausnahmsweise dann nicht bedarf, wenn entweder eine solche Nachfristsetzung bzw. Androhung von vornherein keinen Erfolg verspricht oder sich das Verhalten des Kündigungsgegners als eine besonders schwere Vertragsverletzung darstellt, die es dem Kündigenden unzumutbar macht, noch weiterhin mit diesem Partner im Vertrag zu bleiben bzw. den Ablauf einer durch die Abmahnung eröffneten, noch weiteren Zeitspanne abzuwarten (Anschluss BGH, 8. März 2012, VII ZR 118/10, NZBau 2012, 357 und BGH, 23. Mai 1996, VII ZR 140/95, MDR 1996, 901).(Rn.75)

3. Die unberechtigte Verweigerung der Bezahlung von Abschlagsrechnungen des Generalunternehmers durch den Bauträger eines zu errichtenden Seniorenheims kann einen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen. Wenn aber nur noch ein geringer Betrag zur Zahlung offen steht, hat der Auftragnehmer sich aber vor einer fristlosen Kündigung um eine einvernehmliche Lösung zu bemühen.(Rn.90)

Gericht:

OLG Stuttgart 10. Zivilsenat

Entscheidungsdatum:

31.01.2017

Aktenzeichen:

10 U 70/16


Gründe

I.

Randnummer1

Die Klägerin ist Bauträgerin und errichtet u.a. Seniorenwohnheime schlüsselfertig. Der Beklagte ist Insolvenzverwalter der Fa. …. Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin , die in … eine Bauunternehmung betrieb, wurde während des laufenden Rechtsstreits das Insolvenzverfahren eröffnet.

Randnummer2

Zwischen den Parteien kam im Frühjahr 2006 ein Generalunternehmervertrag über die schlüsselfertige Errichtung des Bauprojekts „ …“ zustande. Die Klägerin war beauftragt, dieses Projekt für die Betreiberin „… AG“ zu realisieren. Nach einer ersten Kontaktaufnahme im Jahr 2005 wurden in der Folgezeit verschiedene Angebotsunterlagen von der Klägerin an die Gemeinschuldnerin übersandt. Ein erstes Gespräch in den Geschäftsräumen der Klägerin in … fand am 02.03.2006 statt. Auf der Grundlage dieses Gesprächs erarbeitete die Gemeinschuldnerin das Angebotsschreiben vom 29.03.2006 ( K135a bzw. B 34).

Randnummer3

Am 30.03.2006 fand ein weiteres Gespräch in den Geschäftsräumen der Klägerin statt. Zu diesem Termin ist auf der Basis des vorherigen schriftlichen Angebots vom 29.03.2006 eine mündliche Auftragserteilung an die Schuldnerin erfolgt, die von Letzterer mit Schreiben vom 03.04.2006 (Anlage B 29) bestätigt wurde. Das Schreiben der Schuldnerin vom 03.04.2006 wurde sodann mit handschriftlicher Ergänzung der Klägerin hinsichtlich des Vertragspreises zurückgesandt. Zum Zeitpunkt 30.03./03.04.2006 war unstreitig der Leistungsinhalt festgelegt. Der mündlichen Einigung lagen die Genehmigungsplanung der Klägerin sowie 34 weitere Anlagen zugrunde (die Anlagen sind in der Auflistung B 31 als Übersicht zusammengestellt und befinden sich im separaten Anlagenordner B 33 bzw. K 135 b), die Vertragsinhalt wurden.

Randnummer4

Unter dem Datum des 02.06.2006 (Unterschrift der Schuldnerin unter den schriftlichen Generalunternehmervertrag, künftig: GUV) bzw. 27.06.2006 (Unterschrift der Klägerin unter den schriftlichen GUV) wurde die so gefundene mündliche Einigung schriftlich fixiert ( Anl. K1).

Randnummer5

Vertraglich vereinbart sind in § 4 GUV eine „pauschale Vergütung von 4.142.870,00 netto“ zzgl. ges. Mehrwertsteuer, abzüglich 3% Skonto. In § 7 GUV sind als Baubeginn „Mai 2006“ und als „Gesamte Fertigstellung und Betriebsbeginn: 29.6.2007“ vorgesehen, § 13 GUV enthält einen Zahlungsplan für Abschlagszahlungen und § 14 GUV Kündigungsbestimmungen. Zu den weiteren Regelungen des GUV wird auf Anl. K1 verwiesen.

Randnummer6

Nach teilweiser Leistungserbringung erklärte die Gemeinschuldnerin mit Schreiben vom 16.07.2007 (Anlage K 8 bzw. B 74) die außerordentliche fristlose Kündigung des Generalunternehmervertrags. Die Klägerin widersprach der Kündigung und setzte der Schuldnerin eine Frist zur Wiederaufnahme der niedergelegten Arbeiten mit Schreiben vom 20.07.2007 (Anlage K 9 bzw. B 230). Schließlich kündigte die Klägerin ihrerseits den Bauvertrag mit Schreiben vom 01.08.2007 (Anlage K 11). Eine gemeinsame Abnahme der bis dahin fertiggestellten Leistungen der Schuldnerin fand nicht statt. Ein gemeinsames Aufmaß zum Kündigungszeitpunkt wurde nicht genommen.

Randnummer7

Mit Anschreiben vom 03.08.2008 übersandte die Gemeinschuldnerin der Klägerin die Schlussrechnung über 1.199.786,81 €. Die Schlussrechnung wurde der Klägerin am 26.03.2008 zugestellt.

Randnummer8

Mit Schreiben vom 11.04.2008 (Anlage B 38) wies die Klägerin die Schlussrechnung zurück und rügte u.a. die fehlende Prüffähigkeit. Dieses Schreiben ging bei der Gemeinschuldnerin am 14.04.2008 ein (B 38).

Randnummer9

Mit der Klage hatte die Klägerin zunächst Herausgabe zweier Bürgschaftsurkunden … über 3.200.000,00 € und der … über 240.000,00 € sowie die Zahlung von Avalzinsen i.H. von 107.088,69 €, die Zahlung von Vertragsstrafe für Bauverzögerungen, Fertigstellungsmehrkosten und Mehrkosten wegen Erhöhung des Umsatzsteuersatzes sowie Kosten wegen verspäteter Rückgabe einer Bürgschaft i.H. von insgesamt 650.276,56 € verlangt sowie ergänzend Feststellung begehrt, dass die Schuldnerin verpflichtet sei, den der Klägerin aus der unberechtigten Kündigung der Schuldnerin erwachsenen Schaden zu ersetzen ( Bl. 1340 d.A.).

Randnummer10

Die Klägerin hält die Schlussrechnung der Gemeinschuldnerin für nicht prüffähig und für inhaltlich überhöht. Die Kündigung vom 16.7.2007 sei rechtswidrig gewesen. Die Klägerin ihrerseits habe den Vertrag zu Recht gekündigt, weshalb der Beklagte zum Ersatz der geltend gemachten Fertigstellungsmehrkosten und Schäden verpflichtet sei. Weitere Zahlungsansprüche stünden dem Beklagten nicht mehr zu, weshalb auch die Sicherheiten herauszugeben seien.

Randnummer11

Mit der Widerklage hat die Gemeinschuldnerin Zahlung restlichen Werklohns für die bis zum Kündigungszeitpunkt erbrachten Leistungen und Schadensersatz i. H. v. insgesamt 1.199.786,81 € verlangt. Die mit Widerklageantrag Ziff. 1 geltend gemachte Restwerklohnforderung der Schuldnerin setzt sich zusammen aus den unter Titel 1 – 4 der Schlussrechnung abgerechneten Vergütungen für bis zum Kündigungszeitpunkt erbrachte Vertragsleistungen und enthält in Titel 5 – 7 Vergütungsforderungen für Nachträge i. H. von insg. 224.060,12 €. Mit Titel 8 der Schlussrechnung werden Mehrkosten aufgrund zeitweiliger Baueinstellung im Dezember 2006 geltend gemacht (16.702,00 €), die im Zusammenhang mit der Anforderung einer Bauhandwerkersicherungshypothek erfolgt war. In Titel 9 der Schlussrechnung werden Mehrkosten infolge kündigungsbedingter Baustellenräumung abgerechnet (9.486,41 €), in Titel 10 der Schlussrechnung Mehrkosten wegen Bauzeitverlängerung (12.413,10 €).

Randnummer12

Die Widerklage wurde schließlich um den Antrag erweitert festzustellen, dass die von der Schuldnerin am 16.07.2006 ausgesprochene Kündigung eine berechtigte Kündigung gemäß § 9 VOB/B gewesen sei.

Randnummer13

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz sowie der Antragstellung in erster Instanz wird im Übrigen auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils verwiesen.

Randnummer14

Mit Beschluss vom 1.7.2010 wurde über das Vermögen der … das Insolvenzverfahren eröffnet ( Bl. 1524 d. A.).

Randnummer15

Nach zeitweiliger Unterbrechung des Rechtsstreits gemäß § 240 ZPO hat der Beklagte als Insolvenzverwalter der Schuldnerin den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 15.09.2010 (Bl. 1538 d. A.) bezüglich der Widerklage wieder aufgenommen.

Randnummer16

Das Landgericht hat über die Widerklage durch Teilurteil entschieden.

Randnummer17

Es hat den Restwerklohnanspruch des Beklagten als (endgültig) unbegründet abgewiesen und im Übrigen festgestellt, dass die von der Schuldnerin mit Schreiben vom 16.07.2007 ausgesprochene Kündigung des Generalunternehmervertrags ihrer Rechtsnatur nach eine berechtigte Kündigung aus wichtigem Grund ist.

Randnummer18

Zur Begründung führt das Landgericht aus, der Erlass eines Teilurteils lediglich über die Widerklage sei zulässig, insbesondere bestehe die Gefahr eines Widerspruchs zu einem späteren Schlussurteil nicht. Eine Gefahr divergierender Entscheidungen ergebe sich nur dann, wenn Klage und Widerklage denselben Gegenstand beträfen bzw. von derselben Vorfrage abhingen. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Zwar sei die mit Widerklageantrag Ziff. 2 begehrte Feststellung bezüglich der Qualifikation der Kündigung als berechtigte außerordentliche Kündigung eine Vorfrage, die im Rahmen der mit der Klage geltend gemachten Fertigstellungs-(mehr-)kosten zu prüfen sei. Der demgegenüber mit der Widerklage geltend gemachte Zahlungsanspruch bezüglich der restlichen Werklohnforderung betreffe jedoch nur die Abrechnung bereits erbrachter Leistungen. Der Bestand dieser Forderung sei damit unabhängig von der Begründetheit der Klageforderung und insbesondere unabhängig von der Qualifikation der Rechtsnatur der Kündigung. Gerade mit der begehrten Feststellung, dass es sich bei der Kündigung um eine berechtigte außerordentliche Kündigung gehandelt habe, könne rechtskräftig eine auch für die Klageanträge relevante Vorfrage geklärt und damit die Gefahr divergierender Entscheidungen gerade ausgeräumt werden. Im Übrigen bestehe im Hinblick auf den nach Unterbrechung gem. § 240 ZPO nur hinsichtlich der Widerklage wieder angerufenen Rechtsstreit eine Sondersituation. Die Parteien wären in der Lage gewesen, den Rechtsstreit auch im Übrigen wieder aufzunehmen, was eben nicht erfolgt sei. Wäre in einer solche Situation eine Sachentscheidung über den aufgenommenen Teil nicht möglich, so wäre das Gericht zur Untätigkeit veranlasst, obwohl Aussetzungsgründe gem. § 148 ZPO nicht vorlägen.

Randnummer19

Die Widerklage des Beklagten sei zulässig. Das gemäß § 256 ZPO notwendige Feststellungsinteresse liege vor. Dieses sei nicht isoliert in Bezug auf die Widerklageforderungen zu prüfen, vielmehr sei hierbei auch die – wegen Unterbrechung des Rechtsstreits – insoweit derzeit nicht betriebene Klageforderung in den Blick zu nehmen. Im Hinblick darauf, dass es nicht als ausgeschlossen erscheine, dass das Verfahren auch in Bezug auf die Klageforderung in Zukunft wieder aufgenommen werden könne, bestehe ein berechtigtes Interesse des Beklagten daran, die für die dort erhobenen Forderungen relevante Vorfrage der Berechtigung einer außerordentlichen fristlosen Kündigung einer Klärung zuzuführen. Zwar seien Zwischenfeststellungsklagen allgemein dann nicht zulässig, wenn mit ihnen die Klärung bloßer rechtlicher Vorfragen erstrebt werde. Da vorliegend die einzelnen Forderungen der Klage in Form von Teilurteilen beschieden werden könnten, komme der Entscheidung über das vorgreifliche und sämtlichen Ansprüchen zugrunde liegende Rechtsverhältnis auch für nachfolgende Teilurteile und das Schlussurteil Bedeutung zu. Hieraus ergebe sich das erforderliche Feststellungsinteresse. Zwar sei im Feststellungsantrag des Beklagten nur die Berechtigung der Kündigung gemäß § 9 VOB/B ausdrücklich genannt. Es ergäbe sich dann, würde die Kündigung allein am getrennten Maßstab des § 9 VOB/B gemessen, eine mangelnde Zulässigkeit der Zwischenfeststellungswiderklage, denn dann würde der Beklagte die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage begehren, was als Gegenstand einer Feststellungsklage ausgeschlossen sei. Allerdings griffen die Regelung des § 9 VOB/B und des § 14 GUV ergänzend ineinander und seien nicht als zwei unabhängige, gleichrangige Regelungen anzusehen. § 9 VOB/B werde durch die Regelung des schriftlichen Generalunternehmervertrages in § 14 GUV modifiziert. Die Kündigungstatbestände des § 14 GUV einerseits und des § 9 VOB/B stünden nicht gleichberechtigt und gleichrangig nebeneinander, vielmehr ergänze § 14 GUV die Grundsätze des § 9 VOB/B und § 9 VOB/B bleibe nach wie vor Anknüpfungspunkt für die Begründetheit der außerordentlichen Kündigung insgesamt, so dass über die Rechtsmäßigkeit der außerordentlichen Kündigung hinsichtlich aller in Betracht kommender Kündigungstatbestände zu entscheiden und der Antrag auch dahingehend zu verstehen sei.

Randnummer20

Die auf Zahlung gerichtete Widerklage sei (endgültig) unbegründet. Die Schlussrechnung der Schuldnerin sei bereits nicht prüffähig, darüber hinaus jedoch auch nicht schlüssig dargelegt.

Randnummer21

Die fehlende Prüffähigkeit stehe hinsichtlich der Schlussrechnungspositionen 05, 06 und 07 über insgesamt 217.338,31 € bereits aufgrund der vom erkennenden Gericht schon im Beschluss vom 04.11.2014 ausgeführten Gründe fest, auf welche Bezug genommen werde. An dieser prozessualen Bewertung habe sich durch den weiteren Prozessvortrag der Parteien nichts geändert, jedenfalls habe sich eine Prüffähigkeit daraus ergänzend nicht ergeben. Die Schlussrechnung sei auch hinsichtlich der übrigen Positionen insgesamt nicht prüffähig. Dies ergebe sich aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen …. Der Sachverständige habe nur diejenigen Schlussrechnungspositionen als prüfbar angesehen, für die Pläne bei der Akte lagen, was lediglich in Bezug auf 7,11 % der Abrechnungssumme der Fall gewesen sei. Dieser Bruchteil präge die gesamte Abrechnung und lasse damit die Prüffähigkeit insgesamt in Wegfall geraten. Die Prüffähigkeit sei auch nicht deshalb zu bejahen, weil der Klägerin die vom Sachverständigen vermissten Pläne ohnehin vorgelegen hätten. Dies habe nämlich die Klägerin wirksam bestritten. Sofern das Gericht das diesbezügliche Bestreiten zu einem früheren Prozesszeitpunkt noch für unsubstantiiert und damit unbeachtlich gehalten habe, so habe sich diese Bewertung insbesondere nach den Angaben des für die Schuldnerin im Termin vom 14.10.2014 als Parteivertreter erschienen Bauleiters … geändert. Während nämlich der Beklagte bis dahin vorgetragen habe, die tatsächlich erbrachten Leistungen seien vor Ort durch ein Aufmaß festgestellt worden, und zwar durch Erstellung von Aufmaßblättern individuell für jeden Raum und jeden Bereich gesondert, so habe sich durch die Angaben des Bauleiters … in der mündlichen Verhandlung gerade das Gegenteil ergeben. Damit sei der Vortrag der Klägerin, solche vor Ort gemessenen Aufmaßpläne bzw. Aufmaßblätter gerade nicht vorliegen zu haben, i. S. eines Geständnisses gemäß § 292 ZPO erwiesen. Damit sei nach dem Ergebnis der letzten mündlichen Verhandlung festzustellen gewesen, dass die Klägerin zulässigerweise bestritten habe, diejenigen Pläne in Besitz zu haben, die nach dem überzeugenden Befund des Sachverständigen … notwendig gewesen wären, um den Inhalt der Rechnung der Schuldnerin prüfen zu können. Dass die Klägerin tatsächlich doch über die erforderlichen Pläne verfügt habe, habe der insoweit beweisbelastete Beklagte nicht unter Beweis gestellt.

Randnummer22

Darüber hinaus sei die Schlussrechnung deshalb nicht prüfbar, weil sie nicht auf den vertraglichen Vereinbarungen basiere. Der Sachverständige habe insoweit überzeugend angegeben, dass dann, wenn in der Vorkalkulation wesentliche Vertragsleistungen nicht eingepreist seien, der Prüfung der Preisgestaltung die Grundlage entzogen sei. Dem schließe sich das Gericht an. Bei den in der Urkalkulation ausgewiesenen Preisen handele es sich in der Sache um „Mondpreise“. Der Bauleiter…, welcher die Schlussrechnung selbst erstellt habe, habe angegeben, es sei das abgerechnet worden, was von Seiten der Schuldnerin als auf diese Position geschuldet und erbracht angesehen worden sei, weitergehende Leistungen seien demgegenüber als Nachtrag gesondert aufgeführt worden. Damit habe insbesondere für die sog. Nachträge eine vollkommene Loslösung der Schlussrechnung von den vertraglichen Grundlagen stattgefunden, so dass es insbesondere für die Nachträge an jeglicher Rückkoppelung zum Vertragsinhalt fehle. Da jedoch die in den Nachträgen enthaltenen Leistungen mit den vertraglich geschuldeten verzahnt, wenn nicht gar identisch seien, sei die Einordenbarkeit sämtlicher abgerechneter Leistungen in den Vertragskontext aufgehoben. Damit sei der Prüfung der Preisgestaltung der Schlussrechnung insgesamt die Grundlage entzogen. Die Prüffähigkeit der Schlussrechnung sei auch nicht deshalb zu bejahen, weil möglicherweise die Klägerin tatsächlich eine Prüfung derselben vorgenommen habe. Die Klägerin habe vielmehr lediglich eine gesonderte, eigene Rechnung aufgemacht, um die aufgewendeten Fertigstellungskosten zu ermitteln. Diese Vorgehensweise bewirke jedenfalls nicht, dass die Schlussrechnung für die Klägerin tatsächlich als prüfbar anzusehen sei. Mit ihrem Schreiben vom 11.04.2008 habe die Klägerin die mangelnde Prüffähigkeit wirksam und rechtzeitig gerügt. In diesem Schreiben sei insgesamt eine nicht nachvollziehbare Massen- und Mengenermittlung beanstandet worden. Damit seien die Grundsätze der Abrechnung und damit die Schlussrechnung in ihrer Gesamtheit angegriffen. Dem Mangel der fehlenden Prüffähigkeit habe der Beklagte auch nicht im Laufe des Prozesses abgeholfen durch Nachschieben einer eigenen, ergänzenden Berechnung.

Randnummer23

Unabhängig von der fehlenden Prüffähigkeit sei die Klage jedoch wegen fehlender Schlüssigkeit als unbegründet abzuweisen. Auf den weiteren Punkt der Schlüssigkeit der Klageforderung sei deshalb gesondert einzugehen, da die mangelnde Prüffähigkeit lediglich zur Abweisung der Klage als derzeit unbegründet führe, während die mangelnde Schlüssigkeit zur uneingeschränkten Klageabweisung führe. Da die Klägerin im Fall der Abweisung der (Wider-)Klage lediglich als derzeit unbegründet im Vergleich zu einer endgültigen Klageabweisung beschwert wäre, müsse das Gericht insofern auch über die ausreichende Darlegung des Widerklageanspruchs entscheiden. Das Landgericht war davon überzeugt, dass es sich bei der der Schlussrechnung zugrunde gelegten Urkalkulation um eine fiktive „Scheinkalkulation“ der Schuldnerin handle, die inhaltlich nicht die tatsächlich bei der Preisbestimmung zugrunde gelegten Parameter enthalte, sondern vielmehr nicht nur nachträglich erstellt, sondern inhaltlich bewusst zu dem Zweck fingiert worden sei, um zu einer möglichst hohen Entlohnung für die erbrachten Leistungsteile zu gelangen. Das Landgericht sah es als erwiesen an, dass die Schuldnerin die Schlussrechnung in treuwidriger Vorgehensweise mit der tatsächlich erst im Nachhinein erstellten sog. „ Urkalkulation“ zum Zwecke des Schönrechnens der Preisgestaltung unterlegt habe und diese „Urkalkulation“ wahrheitswidrig als ursprüngliche und bereits beim Zustandekommen der Vertrages vorhandene Kalkulation bezeichnet habe. Wenn aber die „Urkalkulation“ in Wahrheit nachträglich und zwar zum Zwecke der Täuschung und zur Generierung eines möglichst hohen Werklohns für die erbrachten Leistungen manipulativ zusammengestellt worden sei, so fehle es wegen treuwidriger Vorgehensweise insgesamt an einer schlüssigen Darlegung des mit der Schlussrechnung geltend gemachten Werklohnanspruchs. Es sei eine nicht hinnehmbare Manipulation erfolgt, die den Vortrag des Beklagten insgesamt in nicht nachbesserungsfähiger Art und Weise unschlüssig mache. Dass die Urkalkulation zu Manipulations- und Täuschungszwecken und zur Generierung eines möglichst hohen Werklohns nachträglich zusammengestellt worden sei, ergebe sich zur Überzeugung des Gerichts aus folgenden Umständen: Zunächst habe der Beklagte zu wesentlichen Elementen der Schlussrechnung in mehrfacher Hinsicht unzutreffend vorgetragen: Weder seien die Aufmaßblätter bzw. Aufmaßpläne wie zunächst behauptet vor Ort Raum für Raum angefertigt worden noch beruhe das Aufmaß mit den Feststellungen zum Leistungsstand im Abrechnungszeitpunkt auf den Feststellungen des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen …. Nach dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme ergebe sich für das Gericht ein überzeugendes Gesamtbild dahingehend, dass einer oder mehrere Verantwortliche der Schuldnerin nachträglich alles unternommen hätten, um mit möglichst geringem finanziellem Aufwand eine möglichst überzeugende „Legende“ zu erschaffen. Damit habe sich die Abrechnung, von der ursprünglich behauptet worden war, sie sei auf der Basis eines vor Ort durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen genommenen Aufmaßes erstellt worden, tatsächlich als willkürliche nachträgliche Aufstellung nach dem Gutdünken eines oder mehrerer Mitarbeiter der Schuldnerin entpuppt. Unabhängig vom Ergebnis der Zeugenangaben sei die durchgeführte Manipulation aber auch aus der Schlussrechnung selbst heraus erkennbar. So hält es das Gericht nicht für eine zufällige Übereinstimmung, sondern für ein Anzeichen bewusster Manipulation, dass vielfach Ansätze in der Urkalkulation und die Abrechnung der entsprechenden Position in der Schlussrechnung identisch dieselben Größen aufweisen. Auch die Kalkulation für den Leistungsteil „Rohbau“ spreche ihrer Struktur nach für ein manipulatives Vorgehen.

Randnummer24

Den Feststellungsantrag der Widerklage sah das Landgericht als begründet an. Die Berechtigung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund folge für die Schuldnerin aus § 9 VOB/B i. V. m. § 14 Abs. 1 S. 1 des Generalunternehmervertrages. Neben den in § 9 VOB/B geregelten Kündigungsgründen bestünden auch diejenigen allgemeinen Kündigungsgründe weiter, die sich aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergäben. Hierzu zählten insbesondere schwerwiegende Verletzungen von Vertragspflichten und Obliegenheiten, die zu einem endgültigen Vertrauensverlust zwischen den Parteien führten und die Fortsetzung des Vertrages als objektiv unzumutbar erscheinen lassen. Hierher zähle insbesondere der Fall des Wegfalls oder der Änderung der Geschäftsgrundlage gemäß §§ 242, 313 BGB, wenn sich ein Vertragspartner weigere, dem berechtigten Verlangen des anderen Vertragspartners auf Anpassung des Vertrages wegen Änderung der Geschäftsgrundlage zu entsprechen oder jedenfalls in Verhandlungen darüber einzutreten. Hierunter sei auch der Fall zu fassen, dass der Auftraggeber die Beauftragung eines Nachtragsangebots zu Unrecht verweigere.

Randnummer25

Die Kündigung habe im vorliegenden Fall keiner vorhergehenden Fristsetzung bzw. Abmahnung bedurft. Durch die vertragliche Regelung der außerordentlichen Kündigung im Generalunternehmervertrag in § 14 seien die formellen Voraussetzungen für das außerordentliche Kündigungsrecht weniger hoch angesetzt worden, als sie für den Ausnahmefall der Kündigung ohne vorherige Androhung nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen angenommen würden, wonach eine Kündigung ohne vorhergehende Androhung nur bei schwersten Vertragsverstößen statthaft wäre. In § 14 Abs. 1 S. 1 des Generalunternehmervertrags sei die Möglichkeit zur fristlosen Kündigung ohne Fristsetzungserfordernis statuiert. Auch hinsichtlich der Kündigungsgründe enthalte der vorliegende Generalunternehmervertrag in § 14 eine Modifikation gegenüber den allgemeinen Kündigungsgrundsätzen der VOB/B und des BGB. Im vorliegenden Fall nämlich sei der Schuldnerin nicht allein für den Fall die Kündigung ermöglicht, dass der wichtige, zur Kündigung führende Grund vom Vertragsgegner zu vertreten sei. Nach alldem sei eine außerordentliche fristlose Kündigung für die Schuldnerin im vorliegenden Fall dann berechtigt gewesen, wenn zwar keine schuldhaften Pflichtverletzungen der Klägerin, jedoch gleichwohl nach verständiger Würdigung aller Umstände unter Einbeziehung der widerstreitenden Interessen ganz einschneidende objektive Umstände vorlagen, die ein Festhalten am Vertrag unzumutbar machten und die jedenfalls nicht überwiegend aus der eigenen Sphäre des Kündigenden stammten. Diese Umstände sah das Landgericht vorliegend darin gegeben, dass bereits aus dem unstreitigen Vorbringen der Parteien ersichtlich sei, dass sich bereits vor dem Abschluss des schriftlichen Vertrages und in der Folgezeit durch beidseitiges Fehlverhalten eine sich ständig vertiefende Disharmonie bis hin zur vollkommenen Zerrüttung des Vertragsverhältnisses ergeben habe, das jedenfalls nicht derart eindeutig zulasten der Gemeinschuldnerin gehe, dass dieser eine Kündigung nach Treu und Glauben verwehrt gewesen wäre. Das Landgericht war nach Würdigung aller Umstände überzeugt, dass die Disharmonie nicht allein von der Schuldnerin verursacht war und somit eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt war. Die Argumente hierfür ergaben sich für das Landgericht aus Folgendem:

Randnummer26

Es hätten sich von Anfang an Verzögerungen im Bauablauf ergeben, die nicht allein in den Verantwortungsbereich der Schuldnerin gefallen sein könnten. Auch aus den Vorgängen um die Einforderung einer Bauhandwerkersicherheit durch die Schuldnerin ergebe sich zumindest keine alleinige oder überwiegende Verursachung durch die Schuldnerin. Die Einforderung einer Bauhandwerkersicherheit sei das gute Recht der Schuldnerin gewesen. Ob die Schuldnerin damit letztendlich das Ziel verfolgt habe, die Klägerin zur Anerkennung bis dahin abgelehnter Nachtragsforderungen zu bewegen, könne dahingestellt bleiben, da nicht einmal die Klägerin die Überschreitung der Schikaneverbotsgrenze behauptet bzw. hinreichend dargelegt habe. Schließlich habe die Klägerin die geforderte Sicherheit auch erbracht. Die bis dahin eingetretenen Verzögerungen und Fristüberschreitungen seien der Klägerin zur Last zu legen. Da andererseits jedoch auch die grundsätzliche Bereitschaft der Klägerin zur Gestellung der geforderten Bauhandwerkersicherheit jedenfalls ab dem Schreiben vom 01.12.2006 (Anlage K 2, B 16) erkennbar gewesen sei, habe auch die Schuldnerin nicht die Arbeitseinstellung verfügen dürfen. Vielmehr hätten die formellen Mängel der von der Klägerin angekündigten Bürgschaftsurkunde kooperativ beseitigt werden müssen, solange keine grundsätzliche Weigerung der Klägerin zur Gestellung der angeforderten Sicherheit mehr ersichtlich gewesen sei. Auch die Höhe der Bürgschaftssumme, die von der Klägerin herabgesetzt worden sei, habe die Schuldnerin ja schließlich akzeptiert, so dass ihre vorhergehende Forderung übersetzt gewesen sei. Die Gestellung der Bürgschaft über den reduzierten Betrag sei von Seiten der Klägerin fristgerecht erfolgt. Die Fristsetzung der Schuldnerin hingegen, die sich noch auf den übersetzten Betrag von 4,3 Mio. € bezogen habe, sei hierfür nicht ausschlaggebend. Kein zu Lasten der Klägerin gehender wichtiger Kündigungsgrund habe sich für die Schuldnerin aus dem Zahlungsverhalten der Klägerin bezüglich der 14. und 15. Abschlagsberechnung ergeben. Deren vollständige Bezahlung sei durch die Klägerin zu Recht verweigert worden. Die genannten Abschlagsrechnungen seien nicht fällig gewesen. Aus diesen Abschlagsrechnungen resultierten Forderungen i. H. v. insgesamt 361.301,77 €. Hierauf habe die Klägerin unstreitig 214.162,15 € bezahlt. Der Restbetrag von 147.139,62 € sei bereits wegen von der Schuldnerin selbst zugestandener bzw. unstreitiger Mängel nicht fällig gewesen. Vor diesem Hintergrund könne unberücksichtigt bleiben, ob der gemäß § 13 des Generalunternehmervertrags i. V. m. § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B erforderliche Nachweis der entsprechenden Leistungserbringung für die jeweilige Abschlagsrechnung von der Schuldnerin überhaupt geführt worden sei. Allerdings ergebe sich zu Lasten der Klägerin ein deutlicher Beitrag in Richtung Zerrüttung der Vertragsbeziehung und damit der Berechtigung der Kündigung aus ihrer grundsätzlichen Weigerung, Nachträge zu akzeptieren. Der vorliegende Generalunternehmervertrag sei als Global-Pauschal-Vertrag konzipiert. Auch in diesem Rahmen könnten die Vertragsparteien Grenzen für die gegenseitigen Leistungspflichten definieren. Dies sei vorliegend in Form der Vertragsinhalt gewordenen Vertragsunterlagen gemäß Anlage K135b geschehen. Mit den dort enthaltenen, detaillierten Leistungsbeschreibungen seien zugleich die Grenzen der Leistungspflichten der Schuldnerin definiert worden. Tatsächlich seien durch die Ausführung des vorliegenden Bauvorhabens diese Grenzen jedenfalls im Falle des Einbaus einer Kapelle überschritten gewesen. Die Weigerung der Klägerin, Leistungen für die zusätzlich angeordnete Kapelle gesondert zu vergüten, sei vertragswidrig gewesen (§ 2 Abs. 5 und Abs. 6 VOB/B).

Randnummer27

Insgesamt ergebe sich bereits aus dem unstreitigen Sachvortrag das Bild einer Vertragsbeziehung mit fortwährenden gegenseitigen, teils berechtigten und teils unberechtigten Schuldzuweisungen, die zu einer stetig tiefer greifenden Zerrüttung der Vertragsbeziehung in einem Maß geführt habe, welches keiner der beiden Parteien ein Festhalten am Vertrag mehr zumutbar gemacht habe und welches jedenfalls nicht eindeutig auf die alleinige Verursachung durch die Schuldnerin zurückzuführen sei. Nachdem sich diese Situation durch die unterschiedlichen Vorstellungen der Parteien über die Zahlungspflichten der Klägerin nach Erhalt der 14. und 15. Abschlagsrechnung Ende Juni/Anfang Juli 2007 noch zugespitzt habe, sei die sofortige Beendigung der Vertragsbeziehung auch ohne vorherige Fristsetzung durch die Schuldnerin unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsteile zulässig gewesen.

Randnummer28

Das Urteil wird von beiden Parteien mit der Berufung angegriffen.

Randnummer29

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Feststellung des Landgerichts, dass die Kündigung des Generalunternehmervertrags durch die Schuldnerin mit Schreiben vom 16.07.2007 eine berechtigte Kündigung aus wichtigem Grund (Kündigung durch den Auftragnehmer gemäß § 9 VOB/B) ist.

Randnummer30

Das Landgericht habe die in § 14 des Generalunternehmervertrags enthaltene Kündigungsbestimmung falsch ausgelegt. Zu Unrecht gehe das Landgericht davon aus, dass § 14 GUV gegenüber den Kündigungsbestimmungen der VOB/B bzw. den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zur Kündigung weniger strenge inhaltliche und formale Anforderungen aufstelle. Tatsächlich seien mit § 14 GUV richtigerweise nicht die Tatbestandsvoraussetzungen einer fristlosen Kündigung abgemildert worden. Vielmehr enthalte die Vertragsklausel nur eine Einschränkung des nach VOB und BGB-Werkvertragsrecht freien Kündigungsrechts des Auftraggebers und bestimme, dass auch der Auftraggeber nur, wie der Auftragnehmer ohnehin, aus wichtigem Grund kündigen könne. Deshalb sei die Schuldnerin vorliegend bereits deshalb nicht zur außerordentlichen Kündigung des Bauvertrags berechtigt gewesen, da es an einer vorherigen Fristsetzung unstreitig fehle. Fehlerhaft seien auch die Ausführungen des Landgerichts zu den zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden Gründen. Insbesondere sei es nicht zutreffend, aus § 14 Abs. 3 GUV abzuleiten, dass bereits bei einem objektiv wichtigen Grund und nicht allein bei einem erheblichen Verschulden des Vertragsgegners gekündigt werden könne. Tatsächlich enthalte § 14 Abs. 3 GUV keine Antwort auf die Frage, aus welcher Sphäre die Kündigungsgründe stammen müssten, sondern regle nur, was passiere, wenn tatsächlich aus wichtigem Grund berechtigt gekündigt worden sei. Der genannten Vertragsklausel sei jedenfalls nicht zu entnehmen, dass die Vertragsparteien hiermit eine Kündigung durch den Auftragnehmer hätten akzeptieren wollen, deren Gründe vom Auftraggeber nicht zu vertreten seien. Tatsächlich sei auch vor dem Hintergrund der Regelungen des vorliegenden Generalunternehmervertrags nur dann eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zulässig, wenn ein Fehlverhalten des Vertragsgegners vorliege, welches gewichtig genug sei, um dem Kündigenden das Festhalten am Vertrag unzumutbar zu machen. Darüber hinaus sei dieses außerordentliche Kündigungsrecht binnen einer angemessenen Frist nach Eintreten der Kündigungsgründe bzw. der Kenntnis hiervon auszuüben. Von diesen allgemeinen Grundsätzen mache der vorliegende Generalunternehmervertrag keine Ausnahme. Der Ausgangspunkt des Landgerichts zu den Kündigungsvoraussetzungen sei damit sowohl in formaler als auch in materiell-inhaltlicher Hinsicht falsch.

Randnummer31

Die Feststellung des Landgerichts, bereits vom Beginn des Vertragsabschlusses an sei es zu einer sich ständig vertiefenden Disharmonie zwischen den Parteien gekommen, die schließlich zu einer vollkommenen Zerrüttung des Vertragsverhältnisses geführt habe, ohne dass ein eindeutiger Schwerpunkt der Verursachung hierfür bei der Schuldnerin lokalisiert werden könne, sei zu pauschal und erfolge ohne eine wirkliche Auseinandersetzung mit den detailliert vorgetragenen 79 Kündigungsgründen der Schuldnerin, zu welchen die Klägerin Punkt für Punkt und detailliert Stellung bezogen und diese insbesondere vom tatsächlichen Ablauf her bestritten habe. Insoweit bleibe das Landgericht vor der eigentlichen Auseinandersetzung mit diesen Kündigungsgründen stehen, wobei eine Begründung der Behauptung, die Diskrepanzen zwischen den Parteien seien insgesamt nicht allein durch eine der Vertragsparteien verursacht worden, nicht erfolge. Ohne Beweisaufnahme zu den umfangreich bestrittenen Einzelbehauptungen der Beklagten habe jedenfalls kein Kündigungsgrund zugunsten der Schuldnerin angenommen werden dürfen.

Randnummer32

Die Behauptung des Landgerichts, es hätten sich von Anfang an Verzögerungen im Bauablauf ergeben, die nicht alleine in den Verantwortungsbereich der Schuldnerin gefallen sein könnten, werde nicht begründet und sei unzutreffend. Jedenfalls jedoch habe sich ein etwaiger Kündigungsgrund, der sich aus verspätet vorliegenden Baufreigaben und einer entsprechenden Bauverzögerung möglicherweise ergeben haben könnte, nach Ablauf eines Jahres verbraucht. Im Sommer 2007, mithin nach einem Jahr, könne jedenfalls wegen anfänglicher Bauverzögerungen im Sommer 2006 nicht mehr gekündigt werden. Zunächst enthalte § 648 a BGB im Hinblick auf Bauhandwerkersicherungen ein besonderes Kündigungsrecht. Wenn davon kein Gebrauch gemacht werde, so könne jedenfalls nicht ein halbes Jahr später wegen der Vorgänge um die Stellung dieser Bauhandwerkersicherheit ein zur fristlosen Kündigung berechtigender Grund konstruiert werden. Im Übrigen habe das Landgericht den vorgetragenen Schriftverkehr der Parteien zur Diskussion um die Bauhandwerkersicherheit nicht gewürdigt. Immerhin habe die Klägerin bereits mit Schreiben vom 01.12.2006 (Anlage K 2) auf die Anforderung einer Bauhandwerkersicherheit reagiert. Schließlich sei die Bürgschaft in zutreffender Höhe anstandslos geleistet worden Dass ein Zahlungsverzug der Klägerin als klassischer Fall einer fristlosen Kündigung nicht vorgelegen habe, erkenne das Landgericht zutreffend. Allerdings sei die Bewertung, wonach die Klägerin grundsätzlich und generell sämtliche Nachträge abgelehnt habe und dies zu Unrecht erfolgt sei, von der tatsächlichen Feststellung wie auch von der rechtlichen Bewertung her fehlerhaft. Das Landgericht habe die verschiedenen Typen eines „Global-Pauschalvertrags“ nicht hinreichend differenziert und das globale Element der Leistungsbeschreibung und des geschuldeten Erfolgs der schlüsselfertigen Errichtung zugunsten detaillierter Baubeschreibungen ausgeblendet. Eine Überschreitung des vertraglich geschuldeten Leistungssolls durch nachträgliche Anordnungen lasse sich jedenfalls nicht am Beispiel der Kapelle belegen. Eine generelle Weigerungshaltung der Klägerin, überhaupt Nachträge zu akzeptieren, lasse sich jedenfalls an keiner Stelle erkennen. Unzutreffend sei auch der Standpunkt des Landgerichts, die Kapelle sei vertraglich nicht geschuldet gewesen. Von einer Zuspitzung der Zerrüttungssituation im Juli 2007 angesichts unterschiedlicher Vorstellungen über die Zahlungspflichten der Klägerin könne nicht gesprochen werden, da immerhin die Schuldnerin im Hinblick auf die auf die Abschlagsrechnungen Nr. 14 und 15 erbrachte Zahlung ausdrücklich zugesagt habe, dass weitergebaut werde, wenn eine weitere Abschlagszahlung erbracht werde, was schließlich von Klägerseite dann auch erfolgt sei. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Parteien zu diesem Zeitpunkt eigentlich dahingehend verabredet waren, ihre Streitigkeiten einvernehmlich zu lösen und die Baustelle jedenfalls fortzusetzen, sei eine Kündigung zu diesem Zeitpunkt jedenfalls unberechtigt gewesen.

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Die Klägerin beantragt zuletzt:

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Das Urteil des Landgerichts Heilbronn (Teil – Urteil) zum Az.: 21 O 93/08 KfH wird aufgehoben und die Widerklage auch insoweit abgewiesen, als festgestellt worden ist, dass die von der Schuldnerin – … – mit Schreiben vom 16.7.2007 ausgesprochene Kündigung des Generalunternehmervertrages vom 2.6. / 27.6.2006 ihrer Rechtsnatur nach eine berechtigte Kündigung aus wichtigem Grund ist.

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Der Beklagte beantragt zur Berufung der Klägerin:

Randnummer36

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Randnummer37

Zur Berufung der Klägerin trägt die Beklagte vor, es sei nicht zutreffend, dass § 14 GUV lediglich eine Einschränkung des Kündigungsrechts zu Lasten des Auftraggebers enthalte. Zu Recht habe das Landgericht der Kündigungsbestimmung in § 14 GUV entnommen, dass der Auftragnehmer auch dann kündigen könne, wenn der wichtige, zur Kündigung führende Grund vom Auftraggeber nicht zu vertreten sei. Auf diese Positionierung des Landgerichts komme es jedoch im Ergebnis nicht an, da ein derartiger Kündigungsgrund nicht zum Tragen gekommen und vom Landgericht seiner Prüfung auch nicht zugrunde gelegt worden sei. Das Landgericht stütze seine Auffassung, die Kündigung sei eine berechtigte außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund gewesen, nämlich zutreffend vor allem darauf, dass die Klägerin es grundsätzlich abgelehnt habe, Nachträge für geänderte bzw. zusätzliche Leistungen zu akzeptieren. Diese generelle und grundsätzliche Weigerung sei insbesondere im Fall des Einbaus der Kapelle schuldhaft und vertragswidrig gewesen. Auf die weiteren Ausführungen zur Zerrüttung des Vertragsverhältnisses im Übrigen habe das Landgericht seine Entscheidung nicht gestützt. Daher komme es auf die angeblichen Bauverzögerungen ebenso wenig an wie auf die Nichtzahlung fälliger Abschlagsrechnungen bzw. die Probleme bei der Stellung einer Bauhandwerkersicherheit gemäß § 648 a BGB. Ungeachtet der weiteren vertraglichen Differenzen zwischen den Parteien habe allein die vertragswidrige Haltung der Klägerin zur Nachtrags-Frage die außerordentliche fristlose Kündigung gerechtfertigt. Dass eine solche Kündigung gemäß § 14 GUV entgegen der Vorschriften der VOB/B sowie der allgemeinen Regelungen des BGB-Werkvertragsrechts keiner vorhergehenden Fristsetzung bedurfte, habe das Landgericht zu Recht festgestellt.

Randnummer38

Der Beklagte verfolgt mit seiner Berufung den mit Ziff. 1 der Widerklage geltend gemachten Anspruch i. H. v. 1.199.786,81 € weiter.

Randnummer39

Er trägt hierzu vor, das Landgericht habe die Prüffähigkeit der Schlussrechnung zu Unrecht verneint. Die Feststellung der mangelnden Prüffähigkeit sei im Urteil unzureichend begründet, beruhe auf einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung und fehlerhaften Beweiswürdigung, außerdem sei die Feststellung inhaltlich unzutreffend, was an einzelnen beispielhaften Schlussrechnungspositionen ergänzend dargestellt wird. Zudem wird die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt, da das Landgericht, welches noch im Laufe des Prozesses ausdrücklich von der Prüffähigkeit der Schlussrechnung ausgegangen sei, nicht ohne Erteilung eines rechtlichen Hinweises von dieser Rechtsauffassung hätte abrücken dürfen. Der Beklagte führt aus, was er für den Fall eines rechtzeitigen rechtlichen Hinweises ergänzend vorgetragen hätte und inwieweit sich hieraus die tatsächliche Prüffähigkeit der Schlussrechnung ergeben hätte. Die pauschalen Verweise auf Akteninhalte außerhalb der Urteilsbegründung und die Ausführungen des Sachverständigen seien nicht ausreichend. Mit dem Sachvortrag des Beklagten, insbesondere in den Schriftsätzen vom 17.04.2014 und vom 23.07.2014 habe sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt. Die Schlussrechnungspositionen 05, 06 und 07 seien prüffähig abgerechnet. Die Preise dieser erst nachträglich erforderlich gewordenen Leistungen seien nachvollziehbar aus der Urkalkulation entwickelt. Die abgerechneten Mengen und Massen ergäben sich aus den Plänen, wobei es sich bei dieser Fragestellung ohnehin nicht um eine Frage der Prüffähigkeit, sondern der inhaltlichen Richtigkeit der Schlussrechnung handele. Die zusätzliche Abrechnung der Nachtragspositionen sei dem Grunde nach gerechtfertigt, da diese Leistungen in den Vertragsplänen nicht enthalten gewesen seien, jedoch in den Ausführungsplänen der Klägerin, nach denen dann gebaut worden sei. Dies rechtfertige die Stellung eines Nachtrags dem Grunde nach. Im Einzelnen geht der Beklagte zur Verdeutlichung der Nachvollziehbarkeit der Abrechnung auf folgende Positionen ein: Pos. 5.10.010, 5.10.015, 5.10.020, 5.10.060. Die jeweiligen Einheitspreise seien den inhaltlich identischen, nur anders nummerierten Positionen der Urkalkulation entnommen. Die Notwendigkeit der weitergehenden Leistungen sei erst nachträglich aufgefallen. Damit sei die Stellung eines Nachtrags vom Grunde her berechtigt. Dessen Preis ergebe sich nachvollziehbar auf der Basis des entsprechenden Urkalkulationspreises für eine inhaltlich vergleichbare Position. So verhalte es sich im Übrigen für sämtliche Nachtragspositionen. Beispielhaft werden die Schlussrechnungspositionen 07.39.015, 07.39.060, 07.39.065 genannt, denen identische Vergleichspositionen aus der Urkalkulation in Pos. 01.39.060 und 01.39.045 entsprächen. Hinsichtlich der örtlichen Nachvollziehbarkeit der abgerechneten Nachtragspositionen sei beispielhaft in Nachtragsposition 06.30 (Innentüren) die jeweilige Raumnummer angegeben, bei Nachtragsposition 05.11 sei auf den entsprechenden Plan in der Nachtragsposition verwiesen. Eine nachvollziehbare Darstellung der Nachträge sei damit nachgewiesen. Zu Unrecht gehe das Landgericht davon aus, der Klägerin hätten die zur Prüfung der Schlussrechnungspositionen erforderlichen Pläne nicht vorgelegen. Das Landgericht habe verkannt, dass sämtliche zur Prüfung der Schlussrechnungspositionen erforderlichen Pläne bereits deshalb bei der Klägerin vorlagen, da sie diese Pläne selbst angefertigt habe. Im Übrigen habe das Landgericht die Hinweispflicht verletzt. Im Falle gebotener rechtzeitiger Hinweiserteilung hätte der Beklagte ergänzend vorgetragen, dass die Bauakte der Stadt … beizuziehen sei, da sich aus den darin enthaltenen 13 Prüfberichten des öffentlich-rechtlichen Prüfingenieurs ergebe, dass die Schuldnerin exakt nach den Plänen der Klägerin gebaut habe, die ausweislich der zitierten vertraglichen Vereinbarungen von ihr selbst erstellt worden seien. Somit wäre nachgewiesen worden, dass tatsächliche Bauausführung und von der Klägerin selbst vorgenommene Planung miteinander übereinstimmen und ein Verweis auf die Pläne als Mengen- und Massenachweis genüge. Die Feststellung des Landgerichts, wonach die Schlussrechnung „Mondpreise“ enthalte und bereits deshalb nicht prüffähig sei, da sie nicht auf den vertraglichen Vereinbarungen basiere, weil wesentliche Vertragsleistungen gar nicht eingepreist seien, sei fehlerhaft. Die Würdigung der Zeugenaussagen durch das Landgericht sei fehlerhaft und nicht nachvollziehbar. Verkannt habe das Landgericht, dass die Klägerin mit dem Einwand mangelnder Prüffähigkeit der Schlussrechnung ausgeschlossen gewesen sei. Die Klägerin habe die Schlussrechnung tatsächlich sachlich geprüft. Sie habe selbst eine Rechnung aufgestellt, die im Urteil auch erwähnt werde. Darin habe die Klägerin sogar eigene Feststellungen zum Bautenstand bei Kündigung zugrunde gelegt und dadurch gezeigt, dass sie sich mit der Schlussrechnung der Beklagten tatsächlich auseinandergesetzt, diese geprüft und eine eigene Gegenrechnung aufgemacht habe. Die Klägerin habe genau gewusst, welche Mengen und Massen sie in ihrer eigenen Gegenrechnung abrechnen könne und habe insoweit in inhaltlicher Hinsicht keiner weiteren Erläuterungen aus der Schlussrechnung durch die Schuldnerin bedurft. Ein weitergehendes, von der aufgestellten Schlussrechnung nicht ohnehin schon befriedigtes Prüfinteresse sei auf Klägerseite nicht vorhanden gewesen. Die Prüffähigkeitsrüge der Klägerin vom 11.04.2008 (Anlage B 38) sei inhaltlich unzureichend. Sie bezeichne nicht die Teile der Rechnung und die Gründe, die angeblich zur fehlenden Prüffähigkeit führen, so dass die Schuldnerin vor dem Hintergrund des Schreibens vom 11.04.2008 nicht in die Lage versetzt worden sei, die beanstandete fehlende Prüffähigkeit noch ergänzend herzustellen. Die vorgelegte Schlussrechnung genüge den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen. Die Anforderung einer prüffähigen Darstellung diene dazu, den Auftraggeber in die Lage zu versetzen, sich hinsichtlich der abgerechneten Positionen inhaltlich sachgerecht zu verteidigen. Dies ermögliche die Schlussrechnung. Sie enthalte lediglich Restwerklohn für tatsächlich ausgeführte Leistungen. Hierzu habe die Schuldnerin die Gesamtleistung in Einzelleistungen aufgeteilt und diese bewertet. Diese Bewertung sei auf der Grundlage der dem Vertrag zugrunde liegenden Urkalkulation erfolgt. Jede einzelne Leistungsposition sei durch Aufmaße hinterlegt. Die Vorlage von „Lieferscheinen für Materiallieferungen“ oder „Wiegescheinen“ , wie von der Klägerin gefordert, sei ebenso unnötig wie die Vorlage von „Aufmaßplänen der Einzelgewerke“. Die Schuldnerin sei zu einer Abrechnung auf der Grundlage des Teils 5 der DIN 18299 (VOB/C i. V. m. § 14 Nr. 2 S. 2 VOB/B) verpflichtet gewesen. Diesen Anforderungen genüge die Schlussrechnung. Die örtliche Zuordenbarkeit der abgerechneten Mengen und Einzelleistungen aus den Aufmaßen sei durch die vom Sachverständigen … gefertigte Fotodokumentation gewährleistet. Jedem einzelnen Aufmaß sei eine entsprechende Lichtbilddokumentation zugeordnet. Die entsprechende Systematik hierzu sei eindeutig. Es sei unzutreffend, dass in der Schlussrechnung wesentliche vertraglich geschuldete Leistungen fehlen würden bzw. solche in der Vorkalkulation bereits nicht eingepreist seien. Vielmehr seien solche Leistungen auch nicht abgerechnet worden. Insgesamt habe die Klägerin die fehlende Prüffähigkeit in nicht wirksamer Weise mit angeblichen Mängeln begründet, die entweder nicht vorhanden seien, der Sache nach keine Mängel darstellten und jedenfalls von der Klägerin nicht in einer Art und Weise begründet seien, dass die Schuldnerin hierdurch in den Stand versetzt worden wäre, die Prüffähigkeit aufgrund der vorgebrachten Einwände durch nachträgliche Ergänzungen tatsächlich herzustellen. Nachdem das Landgericht noch in seinem Hinweisbeschluss vom 04.11.2014 davon ausgegangen sei, dass wesentliche Teile der Schlussrechnung prüfbar seien, hätte ein Hinweis ergehen müssen, bevor überraschend im Urteil die Prüffähigkeit verneint wurde. Das Landgericht setzte sich in Widerspruch zur eigenen fehlerhaften Prozessführung, wenn sodann im Urteil gerügt werde, die Schuldnerin habe das erkannte Manko der Schlussrechnung auch nicht durch eigenständige Nachberechnungen und ergänzende Nachweise behoben. Mit der Urteilsbegründung, wonach die Schlussrechnung nicht nur nicht prüffähig, sondern auch der Sachvortrag des Beklagten unschlüssig sei, habe sich das Landgericht außerdem zur eigenen Prozessführung insoweit in Widerspruch gesetzt, als nach dieser Rechtsauffassung das zuvor eingeholte kostspielige Sachverständigengutachten zur Prüffähigkeit nicht erforderlich gewesen wäre wenn auch die Schlüssigkeit ohnehin verneint werde. Selbst wenn man von einer fehlenden Prüffähigkeit der Schlussrechnung ausgehen wolle, hätte die Klage allenfalls als derzeit unbegründet abgewiesen werden dürfen. Der geltend gemachte Restwerklohnanspruch sei vom Beklagten schlüssig dargelegt. Das Landgericht stelle fehlerhaft fest, bei der Urkalkulation handele es sich um eine in Manipulationsabsicht erstellte fingierte Nachkalkulation zur Erzielung eines möglichst hohen Werklohns. Zu Unrecht gehe das Landgericht von einer Gleichstellung zwischen Ausführung und Kalkulation am Beispiel einzelner Positionen aus. Die in der Urkalkulation angenommenen Mengen und Massen hätten insoweit 1:1 in die Schlussrechnung übernommen werden können, als sie vollständig erbracht wurden, auch wenn tatsächlich geringere Mengen und Massen angefallen seien. Dies sei das Wesen des Pauschalvertrages und damit nicht zu beanstanden. Wo Leistungen nicht vollständig erbracht worden seien, habe die Schuldnerin dies aufgegliedert. Insgesamt sei der Versuch des Landgerichts, nach 8 Jahren Prozessdauer einen 10 Jahre zurückliegenden Sachverhalt durch Zeugenaussagen aufklären zu wollen, gescheitert, da das Landgericht die hierbei vermeintlich aufgetretenen Widersprüche nicht mit den Parteien erörtert habe und diesen nach entsprechenden Hinweisen keine Gelegenheit zu ergänzenden Ausführungen gegeben habe. Damit sei die Sachverhaltsaufklärung insgesamt unvollständig, es seien unzutreffende tatsächliche Schlussfolgerungen aus den Zeugenaussagen abgeleitet und das Urteil sei unter Verstoß gegen den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs zustande gekommen.

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Der Beklagte beantragt:

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1. Das Urteil des Landgerichts Heilbronn wird aufgehoben und die Berufungsbeklagte wird verurteilt, an den Berufungskläger 1.199.786,81 € nebst Zinsen in Höhe von 8 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.5.2008 zu bezahlen.

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2. Den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen gem. § 538 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO.

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Die Klägerin beantragt zur Berufung des Beklagten:

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Die Berufung wird zurückgewiesen.

Randnummer45

Zur Berufung des Beklagten führt die Klägerin aus, das Urteil des Landgerichts sei hinsichtlich der Feststellung einer fehlenden Prüffähigkeit der Schlussrechnung sowie der fehlenden Schlüssigkeit des eingeklagten Restwerklohnanspruchs nicht überraschend. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liege nicht vor. Das Landgericht habe Hinweispflichten nicht verletzt. Grundsätzlich sei das Gericht weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet, auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch sei. Dass die Frage der Prüffähigkeit der Schlussrechnung und der Schlüssigkeit des Sachvortrags problematisch sei, sei von Anfang an Thema des Schriftverkehrs der Parteien gewesen und von der Klägerin umfangreich schriftsätzlich angegriffen. Auch habe ein Sachverständigengutachten die überwiegend fehlende Prüffähigkeit der Schlussrechnung festgestellt. Eines weiteren gerichtlichen Hinweises zur Prüffähigkeit der Nachträge habe es ebenfalls nicht bedurft. Die Behauptung des Beklagten in seiner Berufungsbegründung, bei rechtzeitigem Hinweis einen anderen und ergänzenden Vortrag gehalten zu haben, sei unglaubwürdig. Der Vortrag in der Berufungsbegründung zeige im Übrigen, dass dieser inhaltlich irrelevant sei. Dass das Landgericht die Nachtragspositionen 05, 06 und 07 in einer Gesamtsumme von 217.338,81 € für nicht prüffähig halte, habe das Landgericht im Übrigen in mehreren vorangegangenen Hinweisverfügungen angedeutet. Dem habe der Beklagte im Prozessverlauf an keiner Stelle widersprochen. Einer diesbezüglichen vertiefenden Begründung im Urteil habe es deshalb nicht bedurft. Sofern der Beklagte in der Berufungsbegründung zu einigen wenigen Positionen der Schlussrechnung ergänzenden Vortrag halte, so stütze auch dieser die Berufung nicht. Der Vortrag der Berufungsbegründung zur Nachtragsposition 05 werde insgesamt hinsichtlich aller dort enthaltenen Einzelangaben bestritten. Wenn der Beklagte sich in der Berufungsbegründung zum wiederholten Male darauf berufe, Massen und Mengen würden sich aus den vorhandenen Plänen ergeben, so werde zum wiederholten Mal gerügt, dass nicht nachvollziehbar erläutert sei, um welche Pläne es sich diesbezüglich handeln solle. Wiederholt habe die Klägerin bereits erstinstanzlich darauf hingewiesen, dass selbst dann, wenn all diese (ungenannten) Pläne bei der Klägerin tatsächlich vorgelegen hätten, damit nicht eine Prüfbarkeit der Schlussrechnung gewährleistet sei. Aus den Ausführungsplänen lasse sich die richtige Abrechnung bzw. der richtige Rechenweg der tatsächlich ausgeführten Leistungen nicht ersehen. Aus diesen Mengen ergäben sich nicht die abgerechneten Mengen und Massen. Aus den Plänen seien die Maßketten und Ableitungen der verschiedenen Zahlen der Gemeinschuldnerin in der Schlussrechnung nicht erkennbar. Da die Pläne sämtlich keine Positionsnummern enthielten, sei mit dem pauschalen Verweis auf angeblich aus den Plänen ermittelbare und nachvollziehbare Mengenermittlungen nichts gewonnen. Auch seien aus den Plänen allenfalls Maße hinsichtlich ausgeführter oder auszuführender Bauteile erkennbar, für die jedoch unterschiedlichste Bauleistungen zu erbringen gewesen seien. Diese Bauleistungen seien einem Rohbaumaß in einem Ausführungsplan jedoch nicht zu entnehmen. Um von den nicht mit Positionsnummern versehenen Plänen auf die in der Schlussrechnung aufgeschriebenen Zahlenketten rückzuschließen, seien umfangreiche und intensive Denk- und Nachweisoperationen nötig, die die Schuldnerin selbst im zurückliegenden Prozessverlauf an keiner Stelle nachvollziehbar habe darstellen können. Daran leide die Nachvollziehbarkeit und damit die Prüffähigkeit der Schlussrechnung. Auch mit den von der Schlussrechnung in Bezug genommenen Fotos des Sachverständigen … sei in diesem Zusammenhang nichts anzufangen. Aus den Bildern und dem unzureichenden Sachvortrag der Schuldnerin dazu sei eine Vertragsänderung oder eine zusätzliche Leistung nicht nur an dieser Position schlicht nicht prüfbar. Zu keinem Zeitpunkt habe der Beklagte zudem die nach den Ausführungen des zuvor angehörten Sachverständigen fehlenden Unterlagen und Pläne vorgelegt. Die ergänzenden Ausführungen der Berufung des Beklagten dazu, dass die Klägerin sämtliche zur Prüfung der Schlussrechnung erforderlichen Pläne in Händen gehabt habe, führten in der Sache hierbei auch nicht weiter. Wenn dann noch berücksichtigt werde, dass die Beklagte mit ihren Nachtragspositionen ja behaupte, in erheblichem Umfang geänderte Leistungen erbracht zu haben, so seien zu deren Nachweis die Vertragspläne ohnehin ungeeignet. Nachweise für Nachträge gebe es bis heute nicht. Wenn die Beklagte einerseits vortrage, hinsichtlich der gegenständlich abgerechneten Nachtragspositionen gar nicht nach Plan gebaut zu haben, könne schwerlich ein bei der Klägerin vorhandener Vertragsplan die Prüffähigkeit der Schlussrechnung auf Klägerseite ermöglichen. Wenn außerdem der Beklagte behaupte, nach den Plänen, die Vertragsgrundlage waren, sei gebaut worden, so breche ohnehin das ganze Gebäude der Nachtragsforderungen zusammen, ohne dass es eigentlich noch auf die Prüffähigkeit überhaupt ankäme. Zu keinem Zeitpunkt habe im Übrigen die Schuldnerin dem Sachverständigen die fortwährend in Bezug genommenen Pläne tatsächlich zur Verfügung gestellt, obwohl sie hierzu wiederholt aufgefordert worden sei. Insgesamt habe sich durch die erfolgte Beweisaufnahme bestätigt, dass tatsächlich die Schlussrechnung völlig losgelöst von den vertraglichen Grundlagen aufgestellt worden sei. Soweit der Beklagte die Berufung auf eine fehlende Prüffähigkeit mit dem Hinweis für unzulässig halte, dass die Klägerin selbst eine Rechnung aufgemacht habe, wird auf den Sachvortrag erster Instanz verwiesen. Die Klägerin habe keine eigene Rechnung aufgemacht, sondern vielmehr die durch die Fertigstellung des abgebrochenen Pauschalvertrags hervorgerufenen Mehrkosten beziffert. Für diese Berechnungen sei die Schlussrechnung der Schuldnerin weder geprüft noch sei diese Ausgangspunkt der Rechnung der Klägerin geworden. Die Rüge der Klägerin genüge den Anforderungen der Rechtsprechung. Es seien die Punkte im Einzelnen benannt, die für defizitär gehalten worden seien. Möglicherweise seien Bestandszeichnungen und Revisionspläne nicht nach § 14 VOB/B als erforderliche Abrechnungsunterlage, die der Schlussrechnung beizufügen sei, anzusehen. Andere Belege sowie Mengenberechnungen seien jedoch beizufügen. Diese fehlten im vorliegenden Fall. Der Beklagte zitiere Teil 5 der DIN 18299 der VOB/C falsch. Auch dieser Norm zufolge seien Zeichnungen beizulegen, die man benötige, um die in der Schlussrechnung angesetzten Mengen und Massen nachzuvollziehen. Die in der vorliegenden Schlussrechnung beigegebenen Lichtbilder seien insoweit unzureichend. Eine Fotodokumentation des Bauwerks stelle nicht die Abrechnung dar. Auch die Vorlage von Lieferscheinen und Wiegescheinen ergebe sich aus § 14 Nr. 2 S. 2 VOB/B i. V. m. DIN 18299. Diese Vorschrift werde vom Beklagten im Übrigen unvollständig zitiert. Eine Leistung könne nur dann aus den Plänen ermittelt werden, wenn nach diesen Plänen ausgeführt worden sei. Wenn hingegen nicht nach den Plänen ausgeführt worden sei, sei die Leistung aufzumessen. Daran fehle es hier. Im Übrigen habe sich der Beklagte zu entscheiden: entspreche die Leistung den Plänen, dann gebe es keine Nachträge, entspreche sie hingegen nicht den Plänen, dann gebe es zwar nicht spiegelbildlich automatisch Nachträge, aber jedenfalls fehle es an der Prüffähigkeit. Schließlich seien teilfertige Leistungen, wie sie vorliegend abgerechnet würden, in keinem Fall der Ausführungsplanung der Klägerin, möge diese auch mangelhaft oder unvollständig gewesen sein, zu entnehmen.

Randnummer46

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die Schriftsätze im Berufungsverfahren sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2016 verwiesen.

II.

Randnummer47

Die Berufungen der Klägerin und des Widerbeklagten sind gemäß § 511 ZPO statthaft sowie form – und fristgerecht eingelegt und begründet.

Randnummer48

Teilurteil und Feststellungswiderklage sind zulässig ( unten A.).

Randnummer49

In der Sache ist die Berufung der Klägerin hinsichtlich des Feststellungsantrags erfolgreich und führt zur teilweisen Abweisung der Widerklage. Die Kündigung vom 16.7.2007 war nicht rechtmäßig ( unten B.).

Randnummer50

Die Berufung des Beklagten hat insoweit teilweise Erfolg, als eine Abweisung der Restwerklohnforderung als derzeit unbegründet an die Stelle der vom Landgericht ausgesprochenen Abweisung als (endgültig) unbegründet tritt. Die geltend gemachte Forderung des Beklagten ist nicht fällig ( unten C.).

A.

Randnummer51

1.) Der Erlasses eines Teil-Urteils ist zulässig

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Die Zulässigkeit des Erlasses eines Teil-Urteils bestimmt sich nach § 301 ZPO. Es ist zulässig, wenn es über einen Teil eines teilbaren Streitgegenstandes ergeht, dieser – und nur dieser – entscheidungsreif ist, und wenn außerdem die Unabhängigkeit des Teil-Urteils von der Entscheidung des Rest-Rechtsstreits gewährleistet ist (Widerspruchsfreiheit zum Schluss-Urteil, wobei bei letztgenanntem Kriterium streitig ist, ob es sich hierbei um eine selbstständige Zulässigkeitsvoraussetzung handeln soll, was von der herrschenden Meinung allerdings bejaht wird: Münchener Kommentar zur ZPO/Musielak, § 301 Rn. 9; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., 2016, § 301 Rn. 2; BGH, Urteil vom 11.01.2012 – XII ZR 40/10; BGH, Beschluss vom 27.03.2013 – III ZR 367/12).

Randnummer53

a) Teilurteil über den Feststellungsantrag

Randnummer54

Im Hinblick auf den widerklagend geltend gemachten Feststellungsantrag ist die Zulässigkeit eines Teil-Urteils unproblematisch. Wird, wie im vorliegenden Fall mit dem Feststellungsantrag, über ein vorgreifliches Rechtsverhältnis entschieden, so beugt die mit einer insoweit zulässigen Zwischenfeststellungsklage ermöglichte rechtskräftige Entscheidung durch ihre Bindungswirkung gerade Widersprüchen durch ihr widersprechende andere Entscheidungen vor. Daher kann über die Zwischenfeststellungswiderklage vorab durch Teil-Urteil entschieden werden (BGH NJW 2013, 1744). Dazu, dass die Zwischenfeststellungsklage im vorliegenden Fall gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig ist, noch unten unter II. A. 2.)

Randnummer55

b) Teilurteil über die Restwerklohnforderung

Randnummer56

Der Rechtsstreit bzgl. der klägerischen Forderung auf Fertigstellungsmehrkosten und Schadensersatz ist gemäß § 240 ZPO seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin (Beschluss vom 23.11.2011, Bl. 1605 d.A.) unterbrochen. Lediglich die Widerklage war vom Insolvenzverwalter der Gemeinschuldnerin mit Schriftsatz vom 15.09.2010 (Bl. 1534 d.A.) gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 InsO aufgenommen worden. Diese – nur teilweise – Aufnahme des Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter war zulässig (Stackmann in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl., § 240 Rn. 31; BGH, Beschluss vom 07.07.1994 – V ZR 270/93). Derzeit wird nur der Widerklageteil des Rechtsstreit betrieben.

Randnummer57

In Bezug auf den Restwerklohnanspruch des Beklagten ist die Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schluss-Urteil problematisch. Dem Restwerklohnanspruch des Beklagten steht auf der anderen Seite ein aus demselben Werkvertrag resultierender Fertigstellungs(mehr-)kostenerstattungsanspruch und Schadensersatzansprüche des Klägers gegenüber. Zwar sind die gegenseitigen Ansprüche, solange der Kläger nicht ausdrücklich die Aufrechnung erklärt hat, woran es vorliegend fehlt ( vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.4.2015, Bl. 2293: den Hinweis des Gerichts, die Klägerin habe bislang nicht aufgerechnet, was sie noch könne, nimmt die Klägerin unwidersprochen hin. Eine Aufrechnung ist im Folgenden nicht erklärt worden), nicht automatisch im Sinne eines Verrechnungsverhältnisses zu saldieren (der Bundesgerichtshof hat der „Verrechnungstheorie“ im Urteil vom 23.06.2005 – VII ZR 197/03 – BGHZ 163, 274 ausdrücklich eine Absage erteilt; vgl. hierzu: Kniffka/Koeble, a.a.O., 5. Teil, Rn. 264 m.w.N.), allerdings sind die wechselseitig erhobenen Ansprüche der Parteien auf eine einheitliche Abrechnung des Werkvertrags bezogen und daher inhaltlich voneinander abhängig. Auch könnte die Klägerin noch immer die Verrechnung durch Erklärung der Aufrechnung herbeiführen, woran die Abhängigkeit besonders deutlich wird.

Randnummer58

Eine Gefahr widersprechender Entscheidungen ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann gegeben, wenn in einem Teil-Urteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden ( BGH, Beschluss vom 27.03.2013, a.a.O., Rn. 12, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 04.10.2000 – VIII ZR 109/99; BGH, Urteil vom 13.07.2011 – VIII ZR 243/09). In diesem Sinn sind die einander gegenüber stehenden Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Werkvertrag voneinander abhängig, da zwingend der Bestand des einen Anspruchs die Höhe bzw. u.U. sogar den Bestand des anderen Anspruchs determiniert, bzw. umgekehrt die von jeder Partei behaupteten Abrechnungsguthaben zu ihren Gunsten aus demselben Werkvertrag nicht gleichzeitig in beantragter Höhe bestehen können.

Randnummer59

Allerdings hat auch der Bundesgerichtshof das Teil-Urteilsverbot bei Gefahr einander widersprechender Entscheidungen nicht ausnahmslos angewandt. Vielmehr hat das Teil-Urteilsverbot dann zurückzutreten, wenn der Anspruch einer Prozesspartei auf effektiven Rechtsschutz überwiegt. So hat der Bundesgerichtshof beispielsweise eine Ausnahme vom Teil-Urteilsverbot dann anerkannt, wenn es zu einer Unterbrechung oder Aussetzung eines Prozesses gegen einen von mehreren einfachen Streitgenossen infolge dessen Todes oder einer Insolvenz kommt und dadurch eine Prozesssituation eintritt, die zu einer faktischen Trennung der Verfahren führt. Der Bundesgerichtshof hat in diesen Fällen den Erlass eines Teil-Urteils bzgl. der weiteren Streitgenossen gestattet, da es dem Rechtsschutzanspruch der übrigen Prozessbeteiligten entgegenstünde, wenn der sie betreffende Rechtsstreit für eine längere und ungewisse Dauer verzögert würde, ohne dass sie selbst hierauf Einfluss nehmen könnten (BGH, Urteil vom 19.12.2002 – VII ZR 176/02; BGH, Urteil vom 07.11.2006 – X ZR 149/04; BGH, Urteil vom 16.06.2010 – VIII ZR 62/09; BGH, Urteil vom 11.05.2011 – VIII ZR 42/10; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 301 Rn. 2 und 7). Der Bundesgerichtshof hat den Grundsatz des Teil-Urteilsverbots wegen der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen allerdings dann aufrecht erhalten, wenn die eintretende Verzögerung dem Willen der Prozessparteien entsprach, so beispielsweise im Fall des jederzeit beendbaren, einverständlichen Ruhenlassens eines abtrennbaren Teils eines Rechtsstreits (BGHZ 189, 356; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 301 Rn. 7), oder auch im Fall der willkürlichen Teilaufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits bei zusammenhängenden Ansprüchen (BGH, Beschluss vom 27.03.2013 – III ZR 367/12, Rn. 17, zitiert nach juris). Im letztgenannten Fall hatte der Kläger einen durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochenen Rechtsstreits lediglich hinsichtlich der Hauptforderung, nicht jedoch hinsichtlich des Zinsanspruchs wieder aufgenommen, was ihm jedoch ohne weiteres möglich gewesen wäre. In diesem Fall sollte der Justizgewährungsanspruch zugunsten des Klägers nicht über das grundsätzliche Teil-Urteilsverbot bei Gefahr einander widersprechender Entscheidungen überwiegen, da es der Kläger selbst in der Hand hatte, durch Gesamtaufnahme des Rechtsstreits bzgl. Hauptforderung und Zinsanspruch diesem Verbot zu ergehen.

Randnummer60

Diese Grundsätze gelten auch im vorliegenden Fall.

Randnummer61

Weder kann der Insolvenzverwalter der Beklagten gemäß §§ 85, 86 InsO den gesamten Rechtsstreit, einschließlich des gegen ihn gerichteten Passivprozesses (der Klageforderung des Klägers) wiederaufnehmen, noch hat der Kläger die Möglichkeit zur Aufnahme des seine Forderungen betreffenden Rechtsstreits gemäß § 86 Abs. 1 InsO, da jedenfalls seine Zahlungsklage weder ein Aussonderungs- noch ein Absonderungsrecht betrifft. Nachdem die Klägerin allerdings, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angab, die Klageforderung zur Insolvenztabelle angemeldet hat und der Feststellung vom Insolvenzverwalter widersprochen wurde, könnte sie ihre Klage auf Feststellung zur Insolvenztabelle umstellen ( §§ 179, 180 Abs.2 InsO). Die Klägerin ist daher in der Lage, ein Teilurteil zu verhindern. Daher hat hier das an sich geltende Teilurteilsverbot wegen der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen zurückzutreten, da dem Rechtsgewährungsanspruch des Insolvenzverwalters der Vorrang gebührt. Der Kläger, der seine Forderung zur Insolvenztabelle nicht anmeldet oder einen Widerspruch des Insolvenzverwalters gegen die Anmeldung zur Insolvenztabelle nicht gerichtlich klären lassen will, ist demgegenüber nicht schutzbedürftig.

Randnummer62

2.) Die Feststellungswiderklage ist zulässig gem. § 256 Abs. 2 ZPO.

Randnummer63

a) Die Rechtsnatur der Kündigung vom 16.7.2007 und damit die Frage, ob ein zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung berechtigender wichtiger Grund vorliegt, ist ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis.

Randnummer64

Unter Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder einer Person zu einer Sache zu verstehen (BGH, Urteil vom 07.03.2013 – VII ZR 223/11, Rn. 16, zitiert nach juris), die ein subjektives Recht enthält oder aus der solche Rechte entspringen können (Zöller/Greger, a.a.O., § 256 Rn. 3). Davon abzugrenzen sind Tatsachen oder abstrakte Rechtsfragen sowie bloße Vorfragen oder einzelne Elemente einer Rechtsbeziehung, die anders als einzelne rechtliche Folgen oder rechtliche Qualifikationen einer Beziehung nicht feststellungsfähig sind (BGH, Urteil vom 16.02.1967 – II ZR 171/65).

Randnummer65

Ein Kündigungsgrund kann allein das „Rechtsverhältnis“ darstellen, wenn die Rechtsnatur der Kündigung selbst bereits zu bestimmten Rechtsfolgen führt (BGH, Urteil vom 07.03.2013, a.a.O., Rn. 16, zitiert nach juris). Von der Frage, ob die Kündigung der Beklagten vom 16.7.2007 eine berechtigte außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund war, hängt im vorliegenden Fall zwar nicht die vom Beklagten gleichzeitig geltend gemachte Restwerklohnforderung aus dem Widerklageantrag Ziff. 1 ab ( Teile Pos. 1-7 der Schlussrechnung), wohl aber die mit der Schlussrechnung in Pos. 09 verlangten Schadensersatzansprüche auf Zahlung von Baueinstellungs- und Baustellenräumungskosten sowie die Fertigstellungsmehrkosten – und Schadensersatzansprüche der Klägerin, die mit der Hauptklage geltend gemacht werden. Insoweit handelt es sich bei der Rechtsnatur der Kündigung vom 16.7.2007 ( Kündigung aus wichtigem Grund oder freie Kündigung) um ein zwischen den Parteien streitiges Rechtsverhältnis, weil hiervon im Hinblick auf § 8 Nr.3 VOB/B einerseits und auf §§ 8 Nr.1 VOB/B, 649 BGB andererseits unterschiedliche Rechtsfolgen abhängen ( BGH, Urteil vom 7.3.2013 – VII ZR 223/11).

Randnummer66

Die in der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2016 erfolgte Änderung des Antrags der Klägerin, die zum Entfallen des ursprünglich in Klammern gestellten Zusatzes „Kündigung durch den Auftraggeber gem. § 9 VOB/B“ führte, war lediglich eine Präzisierung in der Formulierung und damit als bloße Klarstellung nicht als Klageänderung anzusehen und ohne weiteres zulässig. Ob eine bestimmte Rechtsnorm tatbestandlich erfüllt ist, wäre zwar als bloße abstrakte Rechtsfrage nicht feststellungsfähig. Richtigerweise war der Antrag allerdings schon durch das Landgericht dahingehend ausgelegt worden, dass über die genannte Norm hinaus allgemein die rechtliche Qualifikation der Kündigung in Rede steht. Dahingehend wurde der Antrag von der Klägerin dann in der Berufungsverhandlung konkretisiert.

Randnummer67

In der Sache hat nach alldem eine Prüfung der Kündigung vom 16.07.2007 an den vertraglichen Bestimmungen des Generalunternehmervertrags, den Regelungen der VOB/B sowie den allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund zu erfolgen. Danach ergibt sich, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung nicht vorlag und auch die formellen Kündigungsvoraussetzungen nicht vorlagen.

Randnummer68

b) Das Feststellungsinteresse ist gegeben.

Randnummer69

Ein solches liegt lediglich dann vor, wenn die begehrte Feststellung sich auf einen Gegenstand bezieht, der über den der Rechtskraft fähigen Gegenstand des Rechtsstreits hinausgeht. Daran fehlt es, wenn mit dem Urteil über den Hauptantrag die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend geregelt werden oder aber dieser völlig unabhängig von der begehrten Feststellung zu beantworten ist ( BGH, Urteil vom 28.9.2006 – VII ZR 247/05; Zöller / Greger, a.a.O. § 256 Rdn.26). Dieser Ausgangspunkt ist von der Rechtsprechung in zweifacher Hinsicht aufgebrochen worden. Zunächst ist eine Zwischenfeststellungsklage auch dann für zulässig gehalten worden, wenn mit der Hauptklage mehrere selbstständige Ansprüche aus einem Rechtsverhältnis verfolgt werden, und zwar auch dann, wenn diese in ihrer Gesamtheit die Ansprüche erschöpfen, die sich aus diesem Rechtsverhältnis überhaupt ergeben können ( RGZ 144, 59; RGZ 170, 328, 330). Eine weitere Ausdehnung hat der Bundesgerichtshof sodann für die Situation von Klage und Widerklage vorgenommen. Eine Zwischenfeststellungsklage soll danach auch dann zulässig sein, wenn die Parteien nicht mit der Hauptklage, sondern mit Klage und Widerklage in einer Gesamtschau mehrere selbstständige Ansprüche verfolgen, für die das streitige Rechtsverhältnis vorgreiflich ist, mögen sie auch in ihrer Gesamtheit die Ansprüche erschöpfen, die sich aus dem Rechtsverhältnis überhaupt ergeben können (BGH, Urteil vom 07.03.2013, a.a.O., Rn. 19, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 13.10.1967 – V ZR 83/66; BGH, Urteil vom 02.03.1979 – V ZR 102/76). Zwar war in der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07.03.2013 die Rechtsnatur der Kündigung sowohl für die Klage bzw. die mit der Klage geltend gemachten mehreren Ansprüche als auch für die Widerklage vorgreiflich, was im vorliegenden Fall im Hinblick auf den Zahlungsantrag der Widerklage wie bereits gezeigt nur hinsichtlich der Schadensersatzpositionen zutrifft. Die Widerklage ist allerdings auch im vorliegenden Fall zulässig. Dies deshalb, weil es sich bei den Leistungsanträgen in Klage und Widerklage wie oben bereits ausgeführt um Abrechnungsguthaben aus demselben Rechtsverhältnis handelt. Auch der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung vom 07.03.2013 (BGH, Urteil vom 07.03.2013 – VII ZR 223/11, Rn. 20, zitiert nach juris) darauf hingewiesen, dass die Gefahr der Widersprüchlichkeit einer Teilentscheidung gerade dadurch beseitigt werden kann, dass über eine für Klage und Widerklage vorgreifliche Vorfrage ein Zwischenfeststellungs-Urteil gemäß § 256 Abs. 2 ZPO ergeht. Wenn man oben die insolvenzrechtliche Unmöglichkeit, den gesamten aus Klage und Widerklageanspruch bestehenden Rechtsstreit aufzunehmen, für den Erlass eines Teil-Urteils für ausreichend ansieht, ergibt sich für das Feststellungsinteresse entsprechendes. Es ist ausreichend, dass der Feststellungsantrag der Widerklage für die klageweise geltend gemachten Ansprüche und den Schadensersatzteil der Beklagtenansprüche vorgreiflich ist und deren Bestand wiederum, quasi indirekt, den Bestand der mit der Widerklage geltend gemachten Werklohnforderung bestimmt.

B.

Randnummer70

Die Berufung der Klägerin ist in der Sache erfolgreich. Die Kündigung vom 16.7.2007 ist nicht rechtmäßig.

1)

Randnummer71

  • 14 GUV enthält keine abschließende, die übrigen Kündigungsbestimmungen der VOB/B und des BGB verdrängende oder ausschließende Regelung. Vielmehr beschränkt sich der Regelungsgehalt des § 14 Abs. 1 GUV darauf, eine Kündigung ohne wichtigen Grund und damit eine Auftragsentziehung nach § 649 BGB, § 8 Nr.1 VOB/B auszuschließen. § 14 Abs. 2 und Abs. 3 GUV sind inhaltlich und sprachlich offen gefasst. In inhaltlicher Hinsicht sind beispielsweise diejenigen Gründe, die als „wichtiger Grund“ im Sinne von § 14 Abs. 1 GUV gelten sollen, in § 14 Abs. 2 GUV nicht abschließend geregelt („ein wichtiger Grund liegt auch vor, wenn…“). Sodann verweist § 14 Abs. 3 GUV an mehreren Stellen auf jenseits des Generalunternehmervertrages geltende Regelungen. Wenn es beispielsweise in § 14 Abs. 3 Satz 2, 2. Hs. GUV heißt: „Sonstige Schadensersatzansprüche bleiben unberührt“, so sind diese in Bezug genommenen Ansprüche ersichtlich nicht im Generalunternehmervertrag, sondern in den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen oder der VOB/B geregelt. Außerdem verweist § 14 Abs. 3 Satz 3 GUV ausdrücklich auf die dann geltenden „gesetzlichen Regelungen“. Für die Frage, welche Anforderungen an den Kündigungsgrund zu stellen sind ( unten a) und für die formellen Voraussetzungen der Kündigung ( unten b) bleiben neben § 14 GUV sowohl die Bestimmungen der VOB/B als auch diejenigen des BGB anwendbar.

Randnummer72

Ob es sich bei § 14 GUV um eine allgemeine Geschäftsbedingung handelt, kann hierbei dahinstehen. Für die Kündigungsvoraussetzungen kommt dieser Frage keine relevante Bedeutung zu. Keine der Parteien macht im Übrigen die Unwirksamkeit der Bestimmung geltend.

2)

Randnummer73

Die Kündigungstatbestände der §§ 8 und 9 VOB/B sind nicht abschließend (Kapellmann/Messerschmidt, VOB Teile A und B, 5. Aufl., 2015, VOB/B § 9 Rn. 43; Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 13. Aufl., 2002, Einführung zu VOB/B, §§ 8 und 9, Rn. 5 und 6). Vielmehr kann, abgesehen von den bereits in den §§ 8 und 9 VOB/B geregelten Fällen, sowohl der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer den Bauvertrag kündigen, wenn durch ein schuldhaftes Verhalten des anderen Vertragspartners der Vertragszweck so gefährdet ist, dass der vertragstreuen Partei die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann, §§ 241, 280 BGB (ständige Rechtsprechung: BGH, Urteil vom 21.03.1974 – VII ZR 139/71; BGH, BauR 1996, 704). Voraussetzung dieses Kündigungsrechts wegen Pflichtverletzung ist hierbei eine schwere Vertragsverletzung (Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., Einführung zu VOB/B, §§ 8 und 9, Rn. 11). Daneben ist auch die Kündigung aus wichtigem Grund für Bauverträge von längerer Dauer entsprechend § 314 BGB zulässig. Die Regelungen der §§ 313 ff. BGB geben einen inzwischen gewohnheitsrechtlich anerkannten, allgemeinen Rechtsgrundsatz wieder, dass Dauerschuldverhältnisse auch ohne ausdrückliche spezialgesetzliche oder vertragliche Regelung immer aus wichtigem Grund außerordentlich kündbar sind. Diese Regelungen gelten neben den Bestimmungen der VOB/B (h.M.: Kniffka/Koeble, a.a.O., 8. Teil Rn. 33 und 34; Werner/Pastor, a.a.O. Rn. 1773; Kapellmann/Messerschmidt, a.a.O., VOB/B § 9 Rn. 1; Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., vor VOB/B §§ 8 und 9, Rn. 13, 15). Die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ist hierbei zulässig, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien durch das Verhalten eines Vertragspartners so empfindlich gestört ist, dass die Erreichung des Vertragszwecks konkret gefährdet wird und der anderen Vertragspartei die Fortsetzung des Vertrages nach Berücksichtigung aller Umstände und Abwägung der gegenseitigen Interessen nicht mehr zuzumuten ist. Eines schuldhaften Verhaltens bedarf es hierbei nicht, das Verschulden ist lediglich ein Gesichtspunkt innerhalb der Zumutbarkeitsbewertung.

Randnummer74

Sowohl das Kündigungsrecht wegen schwerer Vertragspflichtverletzung gemäß §§ 241 Abs. 2, 280 BGB als auch die Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB erfordern, dass zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ein schwerwiegender absoluter Vertrauensverlust bzw. eine Vertragszielgefährdung entstanden ist, deren Verursachung im Falle einer Kündigung durch den Auftragnehmer zulasten des Auftraggebers geht und aus dessen Verantwortungsbereich stammt, sodass dem Auftragnehmer nach Treu und Glauben nicht mehr zugemutet werden kann, am Vertrag festzuhalten. Im Falle der schweren Vertragspflichtverletzung ist ein Verschulden des Kündigungsgegners erforderlich, während eine Kündigung aus wichtigem Grund nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen bzw. § 314 BGB ein Verschulden des Kündigungsgegners grundsätzlich nicht voraussetzt, sondern dieses Verschulden lediglich einer der im Rahmen der Zumutbarkeitsbewertung zu berücksichtigenden Umstände ist (BGH, Urteil vom 10.03.1976 – VIII ZR 268/74; Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., VOB/B § 9 Rn. 5).

3)

Randnummer75

Es entspricht einem allgemeinen Rechtsgrundsatz (beispielhaft zum Ausdruck gekommen in den §§ 326 Abs. 1, 553, 314 Abs. 2 BGB), dass eine Loslösung vom Vertrag insbesondere wenn es sich um ein langfristiges Dauerschuldverhältnis oder einen sonstigen auf Dauer angelegten Vertrag handelt, grundsätzlich erst zulässig ist, wenn der andere Vertragsteil nachdrücklich und unmissverständlich auf die Folgen einer weiteren Nichterfüllung der Vertragspflichten hingewiesen worden ist (BGH, Urteil vom 10.03.1976 – VIII ZR 268/74, Rn. 8, zitiert nach juris; Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., Einführung zu VOB/B, § 8 und 9 Rn. 11).

Randnummer76

In Rechtsprechung und Literatur ist es darüber hinaus anerkannt, dass es einer Fristsetzung mit Kündigungsandrohung bzw. einer Abmahnung ausnahmsweise dann nicht bedarf, wenn entweder eine solche Nachfristsetzung bzw. Androhung von vornherein keinen Erfolg verspricht (BGH, Urteil vom 08.03.2012 – VII ZR 118/10, dort unter Hinweis auf §§ 323 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 4 BGB), da dann eine solche Abmahnung nur noch bloße Förmelei wäre. Zum anderen ist die vorherige Kündigungsandrohung bzw. Abmahnung auch dann für entbehrlich gehalten worden, wenn sich das Verhalten des Kündigungsgegners als eine besonders schwere Vertragsverletzung darstellt, die es dem Kündigenden unzumutbar macht, noch weiterhin mit diesem Partner im Vertrag zu bleiben bzw. den Ablauf einer durch die Abmahnung eröffneten, noch weiteren Zeitspanne abzuwarten (BGH, Urteil vom 23.05.1996 – VII ZR 140/95). Dazu ist Voraussetzung, dass der Kündigungsgegner schwerwiegend und schuldhaft gegen seine vertraglichen Verpflichtungen verstoßen hat, so dass die dem Bauvertrag innenwohnende und für seine Durchführung erforderliche Vertrauensgrundlage so nachhaltig erschüttert ist, dass den Interessen des Kündigenden nur durch eine sofortige Loslösung vom Vertrag angemessen genügt ist. Dabei muss ein objektiver Betrachter bei verständiger Würdigung aller Umstände zu dem Ergebnis kommen, dass es dem Kündigenden schlechthin nicht mehr anzusinnen ist, noch länger am Vertrag festzuhalten, weil bereits zum jetzigen Zeitpunkt die vertragliche Vertrauensgrundlage derart schwer erschüttert ist, dass sie auch durch eine Abmahnung nicht wieder hergestellt und dem Kündigenden ein weiteres Zuwarten nicht zugemutet werden kann (Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., Einführung zur VOB/B, §§ 8 und 9, Rn. 11).

Randnummer77

Diese allgemeinen Vorgaben haben durch § 14 GUV keine abweichende Regelung erfahren. Auch für das streitgegenständliche Vertragsverhältnis ist damit eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ohne vorherige Abmahnung nur unter den o.g. Ausnahmefällen zulässig.

Randnummer78

Außerdem bedarf es einer hinreichenden zeitlichen Nähe zwischen Kündigungsgrund und Kündigungserklärung. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes ist der Zeitpunkt der Kündigungserklärung (Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1780). Darüber hinaus muss die Kündigung innerhalb angemessener Frist erfolgen, nachdem der Kündigende vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat, § 314 Abs. 3 BGB. Das hat seinen Grund zum einen darin, dass der andere Teil in angemessener Zeit Klarheit darüber erhalten soll, ob von der Kündigungsmöglichkeit Gebrauch gemacht werde, zum anderen gibt der Kündigungsberechtigte mit einem längeren Zuwarten zu erkennen, dass für ihn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses trotz Vorliegens eines Kündigungsgrundes nicht unzumutbar ist. Ein nach Kenntniserlangung vom Kündigungsgrund erfolgendes, längeres Zuwarten durch den Kündigenden kann daher dazu führen, dass eine erst später erfolgende Kündigung verwirkt ist (Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., Einführung vor VOB/B, §§ 8 und 9 Rn. 29). Feste Fristen, innerhalb welcher die Kündigungserklärung spätestens zu erfolgen hat, gibt es nicht. Dies ist je nach den gegebenen Umständen anhand der Art des Vertragsverhältnisses im Einzelfall zu bestimmen (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 314 Rn. 10).

Randnummer79

Abschließend bleibt festzuhalten, dass auch vor dem Hintergrund der vertraglichen Regelung zwischen den Parteien eine Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB möglich ist, eine Ausnahme vom grundsätzlichen Erfordernis einer vorherigen Abmahnung jedoch nur unter den im Rahmen der allgemeinen Bestimmungen aufgestellten Grundsätze ausnahmsweise zulässig ist und außerdem die Kündigungserklärung innerhalb angemessener Frist nach Entstehung des Kündigungsgrundes und Kenntniserlangung durch den Kündigenden möglich ist.

4)

Randnummer80

Diesen Anforderungen genügt die Kündigung der Gemeinschuldnerin vom 16.7.2007 nicht. Sie war nicht rechtmäßig.

a)

Randnummer81

Eine Abmahnung bzw. Kündigungsandrohung hat die Gemeinschuldnerin unstreitig zu keinem Zeitpunkt ausgesprochen, sondern lediglich Arbeitseinstellungen angekündigt. Es sind auch keine Umstände ersichtlich, die eine Abmahnung oder Kündigungsandrohung im vorliegenden Fall entbehrlich werden ließen. Schon vor diesem Hintergrund ist die fristlose Kündigung der Insolvenzschuldnerin unwirksam.

b)

Randnummer82

Außerdem fehlt es im relevanten zeitlichen Vorfeld der Kündigungserklärung vom 16.7.2007 an einem zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden wichtigen Grund.

Randnummer83

In der Kündigung vom 16.07.2007 werden unter Ziff. 1 – 79 einzelne Kündigungsgründe aufgelistet. Abgesehen davon, dass die einzelnen Nummern häufig gar keinen konkreten Pflichtverstoß der Klägerin enthalten, sondern insgesamt eher eine Ablaufschilderung der Vertragsbeziehungen aus Sicht der Gemeinschuldnerin darstellen, würde, nähme man jede Einzelziffer als einzelnen Kündigungsgrund, die Rechtmäßigkeit einer Kündigung wegen derjenigen „Gründe“, die sich im Jahr 2006 und auch noch bis ins Frühjahr 2007 hinein abgespielt haben, bereits am Erfordernis der zeitlichen Nähe zwischen Entstehung des Kündigungsgrunds und Kündigungserklärung scheitern.

Randnummer84

Auch die Gemeinschuldnerin selbst geht nicht davon aus, dass jeder einzelne der in 79 Ziffern aufgelisteten Vorgänge für sich genommen einen zur Kündigung berechtigenden Grund darstellt. Vielmehr versteht sie ihre Kündigung vom 16.07.2007 so, dass nach Anhäufung der genannten 79 Einzelvorgänge in Summe betrachtet das Vertragsverhältnis endgültig und nachhaltig so schwerwiegend zerrüttet und die Vertrauensgrundlage so elementar zerstört war, dass zum Kündigungszeitpunkt – und erst dann – eine sofortige Loslösung vom Vertrag, auch ohne vorherige Abmahnung, zulässig war.

Randnummer85

Grundsätzlich ist es zulässig, einen Kündigungsgrund aus der Gesamtheit mehrerer Einzelvorgänge abzuleiten. Dann kommt es nicht darauf an, ob jeder einzelne Grund für sich genommen bereits eine Kündigung rechtfertigen würde, vielmehr ist bei der Bewertung der Unzumutbarkeit auf die Gesamtsumme der Umstände abzustellen. Außerdem ist das Erfordernis, in angemessener zeitlicher Nähe zum Auftreten des Kündigungsgrundes die Kündigung erklären zu müssen, dann ab demjenigen „Letztauslöser“-Vorgang zu bemessen, welcher die Grenzüberschreitung von der Zumutbarkeit zur Unzumutbarkeit kennzeichnet. Es ist allerdings auch dann erforderlich, dass zumindest kurz vor dem Ausspruch der Kündigung ein deutlicher Auslöser i.S. eines nicht notwendig schulhaften, aber doch objektiv gravierenden Fehlverhaltens der Klägerin feststellbar ist, durch den in Zusammenschau mit den vorangegangenen Faktoren die Zumutbarkeitsschwelle – dann erst – endgültig überschritten ist und zwar derart deutlich, dass es auch einer hier ja fehlenden Abmahnung nicht mehr bedurfte, sondern die Gemeinschuldnerin berechtigt war, wegen dieses „Letztverstoßes“ sofort zu kündigen. Hieran fehlt es im Ergebnis jedoch.

aa)

Randnummer86

Aus den letzten Abschlagsrechnungen vor Kündigungsausspruch ( Abschlagsrechnungen Nr. 14 vom 12.6.2007 über 262.301,77 € und Nr. 15 vom 19.6.2007 über 99.000,00 €) stand im Kündigungszeitpunkt kein einredefreier, berechtigter Forderungsteil mehr offen, dessen Zahlung die Klägerin zu Unrecht verweigert hätte.

Randnummer87

Voraussetzung für die Fälligkeit von Abschlagszahlungen ist u.a., dass die vereinbarten Leistungen gemäß Zahlungsplan in § 13 GUV erbracht sind und die Abschlagsrechnungen prüfbar sind. An letztgenannter Voraussetzung scheitert die Fälligkeit jedenfalls nicht, da die Klägerin eine etwa fehlende Prüffähigkeit nicht gerügt hat. Ob Abschlagsforderungen fällig waren, richtet sich nach § 13 des Vertrags und dem Zahlungsplan für die Abschlagszahlungen.

Randnummer88

Zwar wurde mit der 14. und 15. Abschlagsrechnung nicht die 14. und 15. Abschlagszahlung gemäß dem Zahlungsplan aus § 13 GUV geltend gemacht, sondern verschiedene, nicht nach dem Zahlungsplan geordnete Abschlagsforderungen. Nach Zahlung von 214.463,15 € waren aus der 15. Abschlagsrechnung von hinten her gerechnet die letzten Positionen bis zur Position 0.00.170 (Fenstermontage …) nicht und die Position „Rohinstallation Heizung“ nur teilweise bezahlt.

Randnummer89

Auf die Abschlagsforderung aus den beiden Rechnungen i. H. von insgesamt 361.301,77 € hatte die Klägerin bis zur Kündigungserklärung unstreitig unter Vorbehalt 214.463,15 € bezahlt, so dass noch 146.838,62 € offen waren.

Randnummer90

Grundsätzlich kann zwar die unberechtigte Verweigerung der Bezahlung von Abschlagsrechnungen einen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen (BGH, Urteil vom 16.12 1999, Az. VII ZR 392/96 BauR 2000, Seite 592 juris Rn. 19; Urteil vom 19.2.1998, Az. VII ZR 207/96, BauR 1998, Seite 866 juris Rn. 9; Urteil vom 29.6.1989, Az. VII ZR 330/87 BauR 1989,626 juris Rn. 13). Eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung der Klägerin, die ohne Fristsetzung und Abmahnung zu einer Kündigung hätte berechtigen können, lag jedoch nicht vor.

(1)

Randnummer91

Der Beklagte hat eingeräumt, dass die geschuldete Wärmerückgewinnungsanlage nicht erbracht wurde. Die Wärmerückgewinnungsanlage war unstreitig vertraglich vereinbart. Die Wärmerückgewinnungsanlage wurde von der Insolvenzschuldnerin gemäß der Position 01.48.007 der Schlussrechnung der Lüftungsinstallation zugeordnet. Diese war daher zum Zeitpunkt der 15. Abschlagsrechnung noch nicht vollständig erbracht, so dass die in Rechnung gestellte Abschlagsforderung für die Rohinstallation Lüftung i.H.v. 81.000 € netto, bei 19% Umsatzsteuer also 96.390 € brutto, noch nicht fällig war. Diese Rate war auch noch nicht vor Fälligkeit von der Klägerin mit vorangegangenen Abschlagszahlungen beglichen, weil die Position 0.00.190 Rohinstallation Lüftung zu den letzten, von den vorherigen Zahlungen nicht abgedeckten Positionen der 15. Abschlagsrechnung gehört.

(2)

Randnummer92

Die Gemeinschuldnerin schuldete den Einbau eines Heizkessels, allerdings war der gelieferte und eingebaute Kessel unstreitig mangelhaft und ungeeignet, weshalb ihn die Gemeinschuldnerin unter Position 01.49.277 ihrer Schlussrechnung ( dort S. 37) nicht in Rechnung stellte. Dahinstehen kann hierbei, ob sich das vom Beklagten selbst eingeräumte und der Klägerin zugestandene Zurückbehaltungsrecht wegen unbenannter, verschiedener Mängel im Wert von insg. 20.000,00 € i. H. der im Schreiben vom 9.7.2007 ( Anlage B 78) zugestandenen 60.000,00 € zumindest auch auf den Heizkessel bezog, oder aber letzterer wie in der Schlussrechnung kalkulatorisch ausgewiesen nur mit 13.229,45 € netto, also incl. Umsatzsteuer i.H. von 19 % mit 15.743,05 € anzusetzen ist und damit zu einem Zurückbehaltungsrecht in Höhe des dreifachen (§ 320 BGB i.V.m. § 641 Abs. 3 BGB a. F. analog; vergleiche BGH NJW 2012, 56 juris Rn. 10 und 14) des Werts der Anlage, also i.H. von 47.229,14 € führt. Selbst wenn man, um eine Doppelbewertung des mangelhaften Heizkessels zu vermeiden, nur den letztgenannten Betrag und daneben aus dem Schreiben vom 9.7.2007 ( Anlage B 78) kein weiteres Zurückbehaltungsrecht ansetzt, verbleibt danach zunächst ein fälliger Restbetrag aus beiden Abschlagsrechnungen von nur noch 3.219,48.

(3)

Randnummer93

Hinzu kommt ein weiteres Zurückbehaltungsrecht der Klägerin wegen des fehlenden Hausanschlusses an das Stromnetz. Die Klägerin hat moniert, die Hausanschlüsse seien noch nicht vollständig hergestellt, da ein Anschluss an das öffentliche Stromnetz fehle und die Sicherungsanlagen noch nicht hergestellt seien, dies betreffe die fehlende Fertigstellung der Rohinstallation Elektro – Heizung und Sanitär. Hierzu hat der Beklagte (Bl. 758 ff. d.A.) ausgeführt, diese Leistungen nicht zu schulden, da sie gemäß § 3, Ziff. 3.1.2 GUV als Leistungen der Klägerin oblegen hätten. Dieser Hinweis geht fehl. In § 3 Ziff. 3.1.2 GUV ist als Leistung der Klägerin aufgeführt: „Hausanschlusskosten und Gebühren an öffentliche Versorger wie z.B. Stadtwerke, EVU, Telekom“. Diese Regelung betrifft die Zahlung von Kosten und Gebühren, wie sich dort unmissverständlich findet. Die Vertragsbestimmung hat nichts mit der Erbringung der entsprechenden Werkleistungen zu tun. Diese oblagen der Gemeinschuldnerin. Dass diese Leistungen fehlen und im Übrigen inhaltlich zu der bis zur Abschlagszahlung 14 und 15 an sich zu erbringenden Rohinstallation gehören, stellt der Beklagte nicht in Abrede (Bl. 758 d.A.). Der Wert dieser Leistung war zunächst offen, weshalb ihn das Landgericht ohne Grundlage auf 10.000,00 € geschätzt hat. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien nunmehr diesen Betrag unstreitig gestellt. Der Klägerin, die die Summe sogar für zu niedrig hielt, hat der Beklagte nicht widersprochen, so dass zugunsten des Beklagten und insoweit übereinstimmend von 10.000,00 € ausgegangen werden kann. Hieraus ergibt sich ein weiteres Zurückbehaltungsrecht i. H. des dreifachen Wertes des Hausanschlusses, so dass insgesamt nach Zahlung von 214.463,15 € kein fälliger, einredefreier Restbetrag aus den Abschlagsrechnungen vom 12. und 19.6.2007 mehr offen war.

Randnummer94

Selbst ohne Ansatz des sich auf den Hausanschluss Strom beziehenden Zurückbehaltungsrechtes wäre ein Restbetrag von lediglich 3.219,48 € offen gestanden und fällig gewesen, wegen dessen Nichtzahlung eine Kündigung aus wichtigem Grund jedenfalls unverhältnismäßig gewesen wäre. Dies umso mehr, als zwischen den Parteien im Hinblick auf den nicht bezahlten Rest Meinungsunterschiede im Hinblick auf den erreichten Leistungsstand und die Mangelfreiheit bestanden. Vor diesem Hintergrund war nicht ausgeschlossen, dass bei einer Kündigungsandrohung die Klägerin über die bereits erfolgte Zahlung hinaus leistungsbereit gewesen wäre. In Bauverträgen als Langzeitschuldverhältnis gilt, insbesondere wenn die VOB/B einbezogen ist, das Kooperationsgebot. Unter Berücksichtigung der zwischen den Parteien bestehenden Kooperationspflichten war die Insolvenzschuldnerin gehalten, sich angesichts der bezüglich der Fälligkeit der Restsumme bestehenden Differenzen zunächst um eine einvernehmliche Beilegung des noch bestehenden Konflikts zu bemühen und durfte nicht – erst recht nicht ohne vorherige Abmahnung – fristlos kündigen (BGH Urteil vom 10.5.2007, Az. VII ZR 226/05 BauR 2007, Seite 1404, juris Rn. 27). Es ist nicht vorgetragen und nicht festzustellen, dass die Insolvenzschuldnerin sich ausreichend um eine gemeinsame Bestandsaufnahme der erbrachten Leistungen bemüht hätte, um die Differenzen im Hinblick auf den erbrachten Leistungsstand und die Fälligkeit von Abschlagszahlungen nach dem Ratenplan auszuräumen.

(4)

Randnummer95

Ob darüber hinaus die Solaranlage, wie die Klägerin meint, für die Fälligkeit der Abschlagszahlungen (ab) der Rate 13 geschuldet war und damit eingebaut sein musste, kann dahinstehen. Auch auf den weiteren Einwand der Klägerin, die Zargenmontage insbesondere im Küchenbereich und die Innenputzarbeiten, sowie insgesamt die Rohinstallation sei nicht fertiggestellt gewesen, kommt es nicht an.

(5)

Randnummer96

Soweit sich der Beklagte außerdem darauf beruft, zum Zeitpunkt der Abschlagsrechnungen 14 und 15 seien 361.301,77 €, aus Nachtragsleistungen 240.000 € und aus sonstigen erbrachten Leistungen 500.000 € erbracht worden, ergibt dies zum einen keine offene Zahlungspflicht der Klägerin von 1,2 Millionen € und steht im Übrigen nicht im Einklang mit dem vertraglich vereinbarten Zahlungsplan unter § 13 GUV. Nur aus diesem Zahlungsplan wurden Abschlagsrechnungen gestellt.

(6)

Randnummer97

Im Zusammenhang mit den Vorgängen nach Übersendung der Abschlagsrechnungen Nr. 14 und 15 wirft der Beklagte der Klägerin außerdem vor, unberechtigte Schadensersatzforderungen wegen Bauzeitverlängerung angekündigt zu haben ( so z. B. mit Schreiben der Klägerin vom 29.6.2007 ( K 266 = B 77). Dies bezieht sich auf die zwischen den Parteien streitige Frage, wer die unstreitig tatsächlich eingetretene Bauzeitüberschreitung verursacht und verschuldet hat. Hier zu Unrecht Schadensersatz anzudrohen, wurde, wie der Beklagte selbst vorträgt, von der Gemeinschuldnerin im Verlauf des zurückliegenden Vertragsverhältnisses bereits mehrfach der Klägerin vorgeworfen (Vortrag des Beklagten auf Bl. 274 d.A.). Weder die diesbezügliche Ankündigung von Schadensersatzansprüchen durch die Klägerin ( beispielhaft: Mahnung mit Nachfristsetzung und Ankündigung rechtlicher Konsequenzen wegen verspäteter Planungsleistungen der Gemeinschuldnerin, Schreiben vom 8.12.2006, (K 43; insb. K 47; Ankündigung von Schadensersatzansprüchen mit Schreiben vom 4.12.2006, K 90), noch die streitige Bewertung der verursachten Bauzeitverlängerung war damit im Kündigungszeitpunkt für die Gemeinschuldnerin neu. Wegen des Erfordernisses eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen behauptetem Kündigungsgrund und Kündigungserklärung vermag dieser Gesichtspunkt keine Kündigung gerade zum 16.07.2007 zu rechtfertigen. Bauzeitverzögerungen durch angeblich fehlende Mitwirkungspflichten der Klägerin moniert die Gemeinschuldnerin schon seit Vertragsbeginn (beispielhaft die Behinderungsanzeige vom 20.7.2006, B 9).

bb)

Randnummer98

Auch aus den Vorgängen in den Monaten Mai und Juni 2007, aus denen die Beklagte die Kündigungsgründe Ziff. 67 – 77 des Schreibens vom 16.7.2007 ableitet, ergibt sich kein zur Kündigung berechtigender wichtiger Grund.

Randnummer99

Inhaltlich beziehen sich diese Kündigungsgründe auf folgende Themenkomplexe: Ausführung der Wandoberflächen; Qualität der Produkte auf der Bemusterungsliste „Elektroinstallationen“, und Fliesen; Solaranlage; Befahrbarkeit der Lichtschächte; Außenentwässerung nicht an den vorhandenen Grundstücksanschluss angeschlossen.

Randnummer100

(1) Tapeten / Putz:

Randnummer101

Zur Frage, ob die Wände mit Tapeten oder Putz versehen werden sollen, auf dem nur ein Anstrich aufzubringen ist, wird zwischen den Parteien bereits seit Anfang Mai 2007 kontrovers korrespondiert. Die Gemeinschuldnerin brachte am 08.05.2007 eine Behinderungsanzeige an, weil ihr angeblich die Angaben über die Art der Tapete fehlten. Eine weitere Behinderungsanzeige der Gemeinschuldnerin datiert diesbezüglich vom 23.05.2007 (B 159, B 253). Die Parteien streiten darüber, ob die Behinderungsanzeigen der Gemeinschuldnerin unberechtigt waren. Der Beklagte leitet aus der Zurückweisung dieser Behinderungsanzeigen durch die Klägerin ein Kündigungsgrund-Element ab. Die Frage, ob Behinderungsanzeigen zu Recht erfolgt sind, hat unmittelbare rechtliche Bedeutung für die in § 6 VOB/B vorgesehenen Rechtsfolgen, insbesondere § 6 Nr. 6 VOB/B und das Kündigungsrecht aus § 6 Nr. 7 VOB/B. Eine speziellere und damit vorrangige Kündigung aufgrund dieser Vorschriften ist nicht erfolgt. Über das allgemeine Kündigungsrecht aus wichtigem Grund dürfen die Kündigungsgründe der VOB/B nicht ausgehebelt werden. Außerdem hat die Gemeinschuldnerin trotz der genannten Behinderungsanzeigen ihre Bautätigkeit – jedenfalls insgesamt – noch 2,5 Monate weitergeführt. Selbst unterstellt, die genannten Behinderungsanzeigen wegen der Tapeten/Putz-Problematik vom 08. und 23.05.2007 wären von der Gemeinschuldnerin zu Recht erfolgt, so kann sie aus dem von der Klägerin hierzu eingenommenen, ggf. unzutreffenden Rechtsstandpunkt kein Element für eine 7 Wochen später erfolgende fristlose Kündigung ableiten.

Randnummer102

(2) Solaranlage:

Randnummer103

Auch diese Frage war bereits seit Anfang Mai 2007 zwischen den Parteien streitig. Die Gemeinschuldnerin hat für ihre am 16.7.2007 erklärte fristlose Kündigung das Recht verwirkt, sich kündigungsbegründend noch auf diesen Vorgang zu beziehen.

Randnummer104

(3) Anschließbarkeit der Außenentwässerung an die vorhandene Grundstücksleitung:

Randnummer105

Diesbezüglich hat die Gemeinschuldnerin am 29.06.2007 ( B 26) eine Behinderungsanzeige angebracht ( Bl. 270 d. A.), aus deren Zurückweisung durch die Klägerin am 02.07.2007 die Gemeinschuldnerin den Kündigungsgrund Nr. 77 ableitet. Insoweit gilt das oben zu den aus angeblich unberechtigten Behinderungsanzeigen ableitbaren Rechtsfolgen Gesagte entsprechend. Auch hier will der Beklagte aus der Behinderungsanzeige vom 29.06.2007 nicht die in § 6 VOB/B vorgesehenen Rechte ableiten. Über die dort vorgesehenen Rechtsfolgen hinaus kommt jedoch dem Behinderungs- bzw. Unterbrechungstatbestand im VOB/B-Vertrag keine Bedeutung zu. Selbst wenn insoweit der Rechtsstandpunkt des Beklagten zutreffen sollte und die Anschlussproblematik auf einen Planungsfehler der Klägerin zurückgegangen wäre, lässt sich aus der Tatsache, dass die Klägerin – möglicherweise unberechtigt – eigene Planungsfehler auf die Gemeinschuldnerin verlagert und Behinderungsanzeigen in diesem Zusammenhang – möglicherweise zu Unrecht – zurückweist, kein Kündigungselement ableiten. Die VOB/B kennt keine Rechtsfolgen für zu Unrecht zurückgewiesene Behinderungsanzeigen, insbesondere nicht diejenige des Rechts zur außerordentlichen fristlosen Kündigung.

Randnummer106

(4) Qualität der von der Gemeinschuldnerin in die Bemusterungslisten aufgenommenen Produkte, insbesondere Fliesen bzw. Elektroinstallationselemente:

Randnummer107

Diese Problematik ist ebenfalls bereits seit 08.05.2007 zwischen den Parteien virulent. Erneut aufgegriffen wurde die Fliesenbewertungsfrage in dem gemeinsamen Baustellengespräch vom 10.05.2007, über welches die Klägerin am 14.05.2007 ein Protokoll angefertigt hat (Anl. B 153). In dem Protokoll ist auf S. 2 unter Ziff. 2 die Fliesenproblematik thematisiert. Der dort von der Klägerin eingenommene Rechtsstandpunkt, wonach sie die ihr von der Betreiberin des … angekündigten Minderungen bzw. Minderungsbeträge wegen der Fliesen an die Gemeinschuldnerin weiterreichen werde, erscheint bereits nicht schuldhaft vertragswidrig und stellt jedenfalls keine gravierende Pflichtverletzung dar. Auseinandersetzungen um die Qualität der Arbeiten machen ein Festhalten am Vertrag nicht unzumutbar; ggf. muss nach Errichtung des Gebäudes gerichtlich geklärt werden, wer welche Ansprüche hat. Davon abgesehen wird die Gemeinschuldnerin jedoch aus Mitte Mai diskutierten Meinungsverschiedenheiten keinen Grund für eine fristlose Kündigung Mitte Juli 2007 ableiten können.

Randnummer108

(5) Befahrbarkeit der Lichtschächte:

Randnummer109

In der Baubeschreibung (Nr. 15, Anlage K 135b, dort S. 4, Ziff. 5 „Außenanlage“) findet sich keine Aussage zu dem Detailproblem, ob im Außenbereich angebrachte Lichtschächte überfahrbar ausgestaltet werden müssen oder nicht. Eine weitere Baubeschreibung für die Außenanlagen findet sich in Nr. 14 der Anlagen zum Generalunternehmervertrag (K 135b Nr. 14). Dort wird hinsichtlich der Gestaltung der Außenanlagen auf ein Parallelbauvorhaben in Gaggenau durch Lichtbilddokumentation unter Verweis auf die dortige Leistungsbeschreibung Bezug genommen. Dieser „Leistungsbeschreibung Außenanlage Bauvorhaben …“ kann ebenfalls keine Festlegung bzgl. der Ausführungsqualität von Lichtschächten entnommen werden. Der Beklagte ist der Meinung, die Forderung nach einer Überfahrbarkeit stelle eine Änderungsanordnung der Klägerin dar. Das Verlangen der Klägerin, die Überfahrbarkeit ohne Mehrkosten herzustellen, sei vertragswidrig, die Androhung einer Abnahmeverweigerung für den Fall, dass die Lichtschächte nicht befahrbar ausgestaltet würden, komme einer Nötigung gleich. Die Klägerin hingegen bestreitet eine Änderungsanordnung und sieht die Gemeinschuldnerin bereits auf der vertraglichen Grundlage für verpflichtet an, Zufahrtswege in funktionstauglichem und betriebsbereitem Zustand herzustellen, wozu auch die Gewährleistung der Befahrbarkeit von in diesem Bereich befindlichen Lichtschächten gehöre. Deshalb hält sie Mehrkosten nicht für gerechtfertigt und sieht im Hinweis auf die Herstellung von Befahrbarkeit einen Verweis auf das ohnehin geschuldete Leistungssoll. Diesen Standpunkt legt die Klägerin auch mit ihrem Schreiben vom 14.05.2007, in welchem die Gespräche der Verhandlung am 10.05.2007 aus Klägersicht zusammengefasst sind, nochmals dar (B 153, dort S. 4, Gliederungsziffer 7). Die Gemeinschuldnerin hatte diese Leistung nach alldem entweder aufgrund des Ursprungsvertrages oder aufgrund nachträglicher Anordnung zu erbringen. Letztlich geht es hier nur um die Vergütung nach § 2 Nr.5 oder Nr. 6 VOB/B. Im Übrigen schuldete die Klägerin ein funktionstaugliches Werk. Nachdem die Lichtschächte aufgrund der Gestaltung der Außenanlagen in Zufahrtsbereichen lagen, liegt es nahe, dass sie befahrbar auszugestalten waren. Eine entgegenstehende Planung ist nicht vorgelegt worden. Ein Kündigungsgrund bzw. ein Element eines solchen ergibt sich jedenfalls aus diesen Differenzen nicht. Auch in diesem Fall stellt sich über die inhaltliche Problematik hinaus das Problem der nicht zeitnah erfolgten Reaktion durch die Gemeinschuldnerin. Dass die Klägerin die von der Beklagten noch mit Schreiben vom 23.05.2007 angemeldeten Mehrkosten für den Umbau der Lichtschächte (Anlage B 162) angesichts des bereits in der Verhandlung vom 10.05.2007 (B 153) und im Schreiben vom 09.05.2007 (Anlage B 161) an den Tag gelegten Rechtsansicht nicht anerkennt, kann nicht 6 Wochen später als kündigungsauslösender Gesichtspunkt angeführt werden.

dd)

Randnummer110

Die Argumentation unter Punkt 78 des Kündigungsschreibens, die Arbeiten seien viel weiter vorangeschritten und es gebe deshalb keinen Grund, eine Zahlung zu verweigern, ignoriert den vertraglich vereinbarten Zahlungsplan.

Randnummer111

Insgesamt sind damit zur fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung berechtigende Gründe nicht gegeben.

C.

Randnummer112

Die Berufung des Beklagten ist teilweise erfolgreich. Die Klage auf Zahlung von restlichem Werklohn und von Schadensersatz ist als derzeit unbegründet abzuweisen.

Randnummer113

Unter Berücksichtigung der geleisteten Abschlagszahlungen ergibt sich kein fälliger Anspruch des Beklagten auf Zahlung von Werklohn und Schadensersatz gemäß § 631 Abs. 1 BGB i.V.m. § 2 VOB/B, § 4 GUV und § 9 Nr.3 VOB/B, i.V.m. §§ 631, 280, 249 ff. BGB, § 10.1.1. Satz 1 GUV.

1)

Randnummer114

In den Werkvertrag vom 02.06.2006 / 27.06.2006 (Anlage K 1) der Parteien über die schlüsselfertige und betriebsbereite Erstellung eines … in …, …, Flurstück Nr. 199, bestehend aus dem Neubau eines Pflegeheims ( Bauteile A und B) inklusive der Sanierung eines denkmalgeschützten sog. „ …“ wurde wirksam die VOB/B einbezogen ( § 2 GUV). Diese Einbeziehung bezieht sich auf die zum Vertragszeitpunkt gültige VOB 2002 (in Kraft seit 15.02.2003; künftig zitiert als: VOB/B). Die Nachfolgefassung der VOB/B 2006 trat erst am 01.11.2006, mithin nach dem vorliegenden Vertragsabschluss in Kraft.

Randnummer115

Unabhängig vom Kündigungsgrund oder der Berechtigung der Gemeinschuldnerin zur außerordentlichen Kündigung hat der Unternehmer stets Anspruch auf Vergütung für die erbrachten Werkleistungen ( Kniffka/Koeble, a.a.O. 9.Teil, Rdn. 9 und 12). Die Wirkung einer Kündigung beschränkt sich auf die Zukunft, so dass der Anspruch auf Vergütung für die bereits erbrachten Werkleistungen sich aus § 631 BGB i. V. m. den jeweiligen Vertragsregelungen ergibt und durch die Kündigung nicht berührt wird ( BGH Urteil vom 10.5.1990 – VII ZR 45/89; BGH, Urteil vom 12.2.2003 – X ZR 62/01). Auch auf die Frage, ob die Gemeinschuldnerin mit Schreiben vom 16.07.2007 (Anlage K 8; B 74) den Bauvertrag berechtigt außerordentlich gekündigt hat, oder ob die Kündigung der Klägerin vom 01.08.2007 (K 11) ihrerseits eine berechtigte außerordentliche Kündigung war, kommt es hier nicht an, da in beiden Fällen die inhaltlichen Prüfbarkeitsanforderungen an die Abrechnung der Vergütung für erbrachte Leistungen dieselben sind (BGH, Urteil vom 11.02.1999, VII ZR 91/98, juris).

Randnummer116

Der Werklohn für erbrachte Leistungen wurde damit nach Abnahme des Werks und Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B fällig.

a)

Randnummer117

Eine Abnahme fand zwischen den Parteien nicht statt. Ob die Leistungen der Gemeinschuldnerin abnahmefähig waren, ist streitig. Vorliegend kommt es jedoch für die Fälligkeit des Restwerklohnanspruchs der Gemeinschuldnerin auf die Abnahme nicht an, da ein Abrechnungsverhältnis vorliegt (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl. 2014, 5. Teil Rn. 213). Die Klägerin hat nach eigener Kündigung des Bauvertrags vom 01.08.2007 (K 11) das Bauvorhaben anderweitig fertigbauen und in diesem Zusammenhang auch die behaupteten Mängel im Wege der Selbstvornahme beheben lassen. Nacherfüllung wird nicht mehr verlangt (BGH, Urteil vom 10.10.2002, VII ZR 315/01; Senat, BauR 2011, 1824, 1826).

b)

Randnummer118

Gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B ist die Übergabe einer prüfbaren Schlussrechnung Fälligkeitsvoraussetzung auch bei vorzeitiger Beendigung des Bauvertrages ( Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15.Auflage 2015, Rn.1864).

Randnummer119

Die Schlussrechnung wurde der Klägerin mit Anschreiben vom 3.8.2008 übersandt. Sie wurde dort unstreitig durch Gerichtsvollzieher am 26.3.2008 zugestellt ( Bl. 99 d. A.; B 37).

aa)

Randnummer120

Die Klägerin hat die Prüffähigkeit der Schlussrechnung rechtzeitig gerügt und die Rüge ausreichend begründet.

(1)

Randnummer121

Der Einwand der fehlenden Prüfbarkeit als Fälligkeitsvoraussetzung ist fristgebunden. Gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B muss die Rüge fehlender Prüffähigkeit innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Schlussrechnung erhoben werden. Mit nicht innerhalb der Frist angebrachten Einwendungen gegen die Prüfbarkeit ist der Besteller im Hinblick auf die Fälligkeit der Forderung auf Werklohn ausgeschlossen (Kniffka/Koeble, a.a.O., 5. Teil Rn. 240).

Randnummer122

Die Fristbindung dient der Beschleunigung der Abrechnung. Einerseits soll der Besteller angehalten werden, innerhalb angemessener Zeit die Rechnung zu überprüfen. Die dann erhobenen Einwände sollen den Auftragnehmer in die Lage versetzen, die vorgelegte Rechnung unter Berücksichtigung der Beanstandungen nachzubessern bzw. eine neue Rechnung vorzulegen. Hieraus resultieren bestimmte inhaltliche Anforderungen an die Prüfbarkeitsrüge. Die bloße, pauschal gehaltene Rüge, die Rechnung sei nicht prüffähig, genügt nicht, vielmehr müssen die Einwendungen, da sie den Auftragnehmer in die Lage versetzen sollen, die fehlenden Anforderungen an die Prüffähigkeit nachzuholen, die Teile der Rechnung und die Gründe konkret bezeichnen, die nach Auffassung des Auftraggebers zu dem Mangel fehlender Prüffähigkeit führen (BGH, Urteil vom 27.11.2003, VII ZR 288/02, BGHZ 157,118; BGH, Urteil vom 22.04.2010, VII ZR 48/07, BauR 2010,1249). Der Auftragnehmer muss in seiner Rüge substantiiert vortragen, inwieweit ihm Informationen aus der Rechnung fehlen (Kniffka/Koeble, a.a.O., 5. Teil Rn. 240; Kniffka, Bauvertragsrecht, 2. Aufl. 2016, § 641 Rn. 113). Die Rüge muss darüber hinaus erkennen lassen, dass der Besteller wegen der beanstandeten fehlenden Prüfbarkeit nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, in eine inhaltliche Prüfung der Rechnungspositionen einzusteigen (BGH, Urteil vom 22.04.2010, a.a.O., Rn. 18, zitiert nach juris).

Randnummer123

Die Klägerin hat die fehlende Prüffähigkeit der Schlussrechnung mit Schreiben vom 11.04.2008 (B 38) gerügt. Dieses Schreiben ist am 14.04.2008 bei der Gemeinschuldnerin eingegangen. Die Schlussrechnung vom 03.03.2008 wurde der Klägerin durch Gerichtsvollzieher unstreitig am 26.03.2008 zugestellt. Die Prüffähigkeitsrüge ist damit rechtzeitig erhoben.

(2)

Randnummer124

Die Rüge vom 11.04.2008 genügt den inhaltlichen Anforderungen.

Randnummer125

Die Klägerin rügt darin zwar auch die die inhaltliche Richtigkeit von Rechnungspositionen betreffenden Gesichtspunkte, wie beispielsweise, dass vertraglich geschuldete Leistungen in der zugrunde gelegten Urkalkulation fehlten, dass die beigefügte „Urkalkulation“ keine Urkalkulation im eigentlichen Sinn sei und dass die angesetzten Einheitspreise falsch ermittelt seien. Die ansatzweise Auseinandersetzung mit inhaltlichen Kriterien erfolgt jedoch ausdrücklich zusätzlich („darüber hinaus“, „stichprobenartige Prüfung“, „Versuch einer Prüfung“) und ausdrücklich unter dem Vorbehalt der primär gerügten fehlenden Prüfbarkeit. Im Einzelnen werden folgende Prüfbarkeitsmängel konkret benannt:

Randnummer126

– Die der Schlussrechnung beiliegenden Aufmaße seien nicht prüfbar, da Mengen und Leistungen örtlich nicht zuordenbar seien;
– die Mengenermittlung sei nicht nachvollziehbar und den vereinzelt beigelegten Plänen nicht zu entnehmen;
– die einzelnen Mengenermittlungen basierten lediglich auf einer Positionsendsumme, ohne dass der Rechenweg dargestellt sei, so dass der Rechenweg nicht nachvollziehbar sei;
– wesentliche Bestandteile und Nachweise bei den Aufmaßunterlagen fehlten, wie z.B. Baustofflieferscheine, Wiegescheine, Aufmaßpläne der Einzelgewerke, dies insbesondere beim Gewerk … und Stahllisten;
– ein detaillierter Nachweis der entstandenen Kosten der Baueinstellung, der Bauzeitverlängerung und der Baustellenberäumung fehle.

Randnummer127

Insgesamt wird dem Auftragnehmer durch das Schreiben vom 11.04.2008 hinreichend verdeutlicht, dass die Auftraggeberin mit der vorgelegten Schlussrechnung nicht in der Lage bzw. nicht bereit ist, in eine sachliche Auseinandersetzung bzw. Prüfung der Rechnungspositionen einzutreten.

bb)

Randnummer128

Der Klägerin ist die Berufung auf die fehlende Prüfbarkeit nicht nach Treu und Glauben verwehrt.

Randnummer129

Selbst wenn die Rüge rechtzeitig und inhaltlich hinreichend substantiiert erhoben ist, kann sich die Rüge als rechtsmissbräuchlich darstellen. Ein Auftraggeber kann sich auf eine objektiv fehlende Prüfbarkeit einer Rechnung nach Treu und Glauben dann nicht berufen, wenn er zur Beurteilung der geltend gemachten Forderung tatsächlich keiner weiteren Informationen mehr bedarf. Entscheidend ist, ob dem Kontroll- und Informationsinteresse des Auftraggebers im konkreten Fall durch den vorgegebenen Sachverhalt mit der Schlussrechnung ausreichend genüge getan ist ( dazu noch unten unter 4.e) bb)). Hierbei ist kein abstrakt-objektiver Maßstab zu Grunde zu legen. Die Prüffähigkeit ist kein Selbstzweck. Vielmehr bestimmen und begrenzen die individuellen Einsichts- und Prüfmöglichkeiten des konkreten Auftraggebers Umfang und Differenzierungsgrad der Angaben in der Schlussrechnung ( BGH, Urteil vom 26.10.2000 – VII ZR 99/99, BauR 2001,251 ). Die in der VOB/B enthaltenen Anforderungen an die Prüffähigkeit dienen allein dem Schutz des Auftraggebers. Je weniger er erkennbar dieses Schutzes bedarf, desto geringer können im Einzelfall die Anforderungen an die Prüffähigkeit sein ( BGH, Urteil vom 11.2.1999 – VII ZR 399/97 Rn. 10 zitiert nach juris, BGHZ 140,365). Der Auftraggeber kann sich daher z. B. dann nicht auf die fehlende Prüfbarkeit einer Rechnung berufen, wenn er sie tatsächlich mit Erfolg geprüft hat und dadurch gezeigt hat, dass er in der Lage war, trotz eventueller Unklarheiten die inhaltliche Unrichtigkeit der Rechnung nachzuweisen (BGH, Urteil vom 22.11.2001, VII ZR 168/00, Rn. 8, zitiert nach juris, BauR 2002,468).

Randnummer130

Im vorliegenden Fall hat sich die Klägerin erstinstanzlich insbesondere mit Schriftsatz vom 10.11.2008 (Bl. 508 ff. d.A.) inhaltlich im Detail mit einzelnen Punkten der Schlussrechnung der Klägerin auseinandergesetzt. Diese inhaltlichen Ausführungen sind jedoch unter der Überschrift („fehlende Prüffähigkeit der Schlussrechnung“ – Bl. 509 d.A.) und unter Voranstellung bzw. unter ausdrücklichem Hinweis auf das vorrangige Verdikt der fehlenden Prüffähigkeit erfolgt (so ausdrücklich Bl. 528 d.A.). Die Auseinandersetzung auch mit inhaltlichen Fragestellungen und die Aufstellung einer eigenen Parallelrechnung unter Zugrundelegung eigener Mengenansätze und Mengenberechnungen, wie sie in Anlage K 197 erfolgt ist (auszugsweise enthalten in Bl. 528 ff. d.A.), ist dabei erkennbar aus prozessualen Gründen eines vollständigen Vortrags erfolgt und als Hilfserwägung zu verstehen, die sekundär aus Gründen der Prozessvorsorge nach der primären Rüge fehlender Prüffähigkeit angebracht ist. Dies wird in Anlage K 197 außerdem dadurch verdeutlicht, dass unter der Rubrik „Korrekturkommentar“ in der 1. Zeile der gesamten „Alternativberechnung“ die Überschrift vorangestellt wird: „Alle Massen generell nicht prüfbar“, was sich zu den einzelnen Positionsnummern jeweils in der rechten Spalte fortlaufend wiederholt. Die Klägerin hat damit nicht zu erkennen gegeben, dass ihr Informations- und Kontrollbedürfnis in Wirklichkeit befriedigt war. Sie hat lediglich eine eigene inhaltliche Behauptung der ausdrücklich als nicht nachvollziehbar gerügten Schlussrechnungsbehauptung der Gemeinschuldnerin gegenübergestellt. Auch aus den Anlage K 191 und K 194 ergibt sich insoweit nichts anderes. Sämtliche Positionen in Anlage K 191 tragen den Prüfkommentar „Menge nicht prüfbar“. In Anlage K 194 stellt die Klägerin eine Liste angeblich nicht ausgeführter und zu gering bepreister Leistungen auf, die die Urkalkulation betrifft und dem Nachweis dient, die der Schlussrechnung beigelegte Urkalkulation sei inhaltlich fehlerhaft. Die Liste betrifft nicht die Prüfbarkeit der Schlussrechnung und spricht ebenfalls nicht für eine tatsächlich erfolgte inhaltliche Sachprüfung der von der Gemeinschuldnerin aufgestellten Schlussrechnung. Auch im Rügeschreiben vom 11.4.2008 hat die Klägerin klargestellt, dass sie nur eine stichprobenartige Prüfung hat vornehmen können und eine Prüfung wegen fehlender Unterlagen insgesamt nicht möglich sei.

Randnummer131

In der Rechtsprechung ist eine Berufung auf die fehlende Prüfbarkeit der Schlussrechnung dann für treuwidrig erachtet worden, wenn der Auftragnehmer selbst eine Abrechnung des Vertrages vorgenommen hat, entweder um seinerseits einen Anspruch auf Rückzahlung angeblich bereits zu viel bezahlten Werklohns geltend zu machen (BGH, Urteil vom 12.01.2006, VII ZR 2/04, Rn. 16, zitiert nach juris, BGHZ 165, 382 – 391 ), oder um seinerseits den Auftrag gegenüber dem eignen Auftraggeber abzurechnen (BGH, Urteil vom 22.12.2005, VII ZR 316/03, Rn. 13, zitiert nach juris, BauR 2006, 678 – 680).

Randnummer132

Der Beklagte hat vorgebracht, die Klägerin habe eine dem vergleichbare eigene Abrechnung des Werkvertrags dadurch vorgenommen, dass sie mit ihrer Klage u.a. Fertigstellungsmehrkosten von der Gemeinschuldnerin eingefordert habe, deren Berechnung auf einer eigenen und damit offenkundig möglichen Bewertung der Leistungen der Gemeinschuldnerin beruhe.

Randnummer133

Die Geltendmachung von Fertigstellungsmehrkosten ist jedoch mit der Vornahme der Abrechnung des Werkvertrags mit dem Ziel der Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen bzw. der Abrechnung des eigenen Werklohns gegenüber dem eigenen Auftraggeber, die sich auch auf die vom eigenen Vertragspartner in der Schlussrechnung geltend gemachten Arbeiten bezieht, nicht vergleichbar. Während das Landgericht noch im Hinweisbeschluss vom 04.11.2014 (Bl. 2259 d.A.) davon ausgegangen war, die Abrechnung der Fertigstellungsmehrkosten bewirke, dass sich die Klägerin wegen tatsächlich durchgeführter eigener endgültiger Abrechnung des Werkvertrags nicht mehr auf die fehlende Prüffähigkeit berufen könne, ist diese Rechtsansicht bis zum Urteil (vgl. die dortige Begründung unter Gliederungsziffer II 1. (4), S. 59 oben des Urteils) wieder aufgegeben worden. Der Standpunkt der Urteilsbegründung ist zutreffend. Die Berechnung der Fertigstellungsmehrkosten ergibt sich aus einer Zusammenstellung der zur Fertigstellung des Werks von der Klägerin selbst vergebenen und noch durchgeführten Leistungen. Eine inhaltliche Nachprüfung der vorangegangenen, von der Gemeinschuldnerin erbrachten Leistungen, war hierfür nicht Grundlage bzw. wurde die eigene Abrechnung hieraus nicht abgeleitet (vgl. die Darlegung des Fertigstellungs(mehr)kostenanspruchs ab Bl. 325 ff. d.A.). Die Klägerin hat insoweit nicht die Leistung der Gemeinschuldnerin selbst endabgerechnet, sondern ergänzende eigene Leistungen berechnet. Auch dass sie dafür eine Bautenstandsfeststellung zum Zeitpunkt der Kündigung vornehmen musste, beruht nicht, wie in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen und vorstehend zitierten Entscheidungen, auf einer tatsächlichen Nachvollziehung der von der Gemeinschuldnerin tatsächlich erbrachten Leistungen, sondern auf einer eigenständigen und hiervon unabhängigen Bewertung.

Randnummer134

Insgesamt ist die Klägerin mit der Berufung auf die gerügte fehlende Prüffähigkeit somit nicht ausgeschlossen.

cc)

Randnummer135

Nach den Feststellungen des Landgerichts, an dessen Beweisergebnis der Senat gem. § 529 Abs 1 Nr. 1 ZPO gebunden ist, sind die in der Schlussrechnung geltend gemachten Werklohnforderungen der Gemeinschuldnerin in Pos. 01 – 04 überwiegend nicht prüffähig abgerechnet.

Randnummer136

aaa)

Randnummer137

Bei den von der Klägerin gegen die Schlussrechnung erhobenen Einwänden sind zunächst für die Fragestellung der Prüffähigkeit der Schlussrechnung diejenigen auszuscheiden, die sich nicht auf die technische Prüffähigkeit beziehen, sondern die inhaltliche Richtigkeit der Rechnung und damit nicht die Fälligkeit, sondern die Schlüssigkeit der Werklohnforderung betreffen:

Randnummer138

So hat die Klägerin im Hinblick auf die in Ordner III der Schlussrechnung enthaltenen Aufmaßlisten bemängelt, dass die Aufmaße nicht vor Ort genommen seien, sondern es sich bei den aufgelisteten Mengen- und Massenangaben um bloße aus der Kalkulation abgeleitete Prognosen bzw. um der angeblichen „Urkalkulation“ entnommene Massenschätzungen handle (so mit Schriftsatz vom 10.08.2008, Bl. 508 und 524 d.A.). Damit seien die Aufmaßzahlen letztlich bloße „Fantasiezahlen“. Dieser Einwand betrifft die inhaltliche Richtigkeit der Rechnung.

Randnummer139

Mit Schriftsatz vom 17.04.2014 (Bl. 2176 ff. d.A.) stellt die Beklagte dar, die Rohbaupositionen bei der Mengenermittlung seien deshalb zu Recht mit 100 % angesetzt, da der Rohbau ihrer Ansicht nach ohnehin vollständig fertiggestellt worden sei. In diesem Zusammenhang könne man etwa verbleibende lediglich geringfügige Massen- und Mengenabweichungen vernachlässigen. Vor dem Hintergrund einer vollständigen Fertigstellung dürften wegen der vereinbarten Pauschale die einzelnen Positionen ohne zusätzliche Aufmaße zu 100 % aus der Urkalkulation heraus angesetzt werden. Auch dieser Vortrag betrifft im Hinblick auf die von der Klägerin bestrittenen Behauptung einer 100 %igen Fertigstellung sämtlicher rohbaubezogener Einzelleistungen ebenfalls die inhaltliche Richtigkeit .

Randnummer140

Hinsichtlich der der Schlussrechnung zugrunde gelegten Urkalkulation rügt die Klägerin, wesentliche Leistungen, die die Gemeinschuldnerin aufgrund des GUV hätte erbringen müssen, seien nicht einkalkuliert. Dadurch seien die ermittelten Einheitspreise zu hoch. Demgegenüber seien nicht erbrachte Leistungen zu gering bepreist, um damit die Vergütung für die erbrachten Leistungen „hochzuschrauben“. Vielfach habe die Gemeinschuldnerin nicht erbrachte Leistungen abgerechnet ( SS der Klägerin v. 10.11.2008, Gliederungsziff. 4.4.10; 4.4.11; 4.4.12; Bl. 516 – 522). Auch insoweit, wie insgesamt bei dem Vortrag der Klägerin, die Urkalkulation sei rein fiktiv im Nachhinein erstellt, um möglichst hohe Preise zu „generieren“, handelt es sich um Einwände gegen die inhaltliche Richtigkeit der Schlussrechnung und nicht um Prüffähigkeitsrügen ( Kniffka/Koeble, a.a.O., 9. Teil, Rdn. 17).

Randnummer141

bbb)

Randnummer142

Die formalen Anforderungen an die Prüfbarkeit der Abrechnung ergeben sich aus § 14 VOB/B.

Randnummer143

Grundsätzlich ist der Auftragnehmer vertraglich verpflichtet, der Schlussrechnung gemäß § 14 Nr. 1 Satz 3 VOB/B die „zum Nachweis zu Art und Umfang der Leistung erforderlichen Mengenberechnungen, Zeichnungen und andere Belege“ beizufügen. Die Pflicht zur Beifügung von Nachweisen ist als Bestandteil der Pflicht zur prüfbaren Abrechnung zu verstehen, so dass das Fehlen von Nachweisen im Grundsatz zur fehlenden Prüfbarkeit und damit zu einer fehlenden Fälligkeit der Schlussrechnungsforderung führt (Ingenstau/Korbion, Kommentar zur VOB Teile A und B, 20. Auflage 2017, § 14 Abs.1 VOB/B Rn. 13; Ganten/Janssen/Voit, VOB/B, 3. Aufl. 2014, § 14 Rn. 75). Auch Unterlagen, die nicht aus sich heraus verständlich sind, können dazu führen, dass die Schlussrechnung insgesamt nicht prüfbar ist (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, a.a.O., 5. Teil Rn. 220). Außerdem hat die Schlussrechnung gem. § 14 Nr. 1 Satz 2 VOB/B übersichtlich aufgestellt zu sein, so dass die vom Auftraggeber durchgeführten Berechnungen der Preise und Zuordnungen zu einzelnen vertraglichen Leistungen nachvollzogen werden können. Welcher Aufwand hierbei im Einzelfall einem Auftraggeber noch zumutbar sein wird, ist eine Frage des Einzelfalls. Zwar sind die Bestimmungen des § 14 Nr. 1 VOB/B zunächst auf den Normalfall des Bauvertrags, nämlich den Einheitspreisvertrag zugeschnitten ( Ingenstau/ Korbion, a.a.O:, § 14 Abs. 1 Rdn. 5). Insbesondere beim gekündigten Pauschalpreisvertrag gelten die Grundsätze zur Aufstellung einer prüfbaren Schlussrechnung jedoch in gleicher Weise. In welchem Umfang die Schlussrechnung gemäß § 14 Nr. 1 Satz 2 VOB/B aufgeschlüsselt werden muss und welche weiteren Unterlagen und Belege gemäß § 14 Nr. 1 Satz 3 VOB/B der Rechnung beizufügen sind, damit der konkrete Auftraggeber in seiner individuellen Lage im Stande ist, die Rechnung in der gebotenen Weise zu überprüfen, ist eine Frage des Einzelfalls, die maßgeblich von den Kenntnissen und Fähigkeiten des konkreten Auftraggebers und seiner Hilfspersonen abhängt (BGH, Urteil vom 29.04.1999, VII ZR 127/98, Rn. 15, zitiert nach juris). Es kommt damit maßgeblich auf den Empfängerhorizont des Auftraggebers bzw. auf subjektive Elemente auf dessen Seite an (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl. 2015, Rn. 1872).

Randnummer144

Inhaltlich muss die Abrechnung dem Grundsatz Rechnung tragen, dass der Unternehmer keine ungerechtfertigten Vorteile aus der Kündigung ziehen darf. Die Abrechnung muss daher auf der Grundlage der vertraglich vereinbarten Vergütung erfolgen. Der Auftraggeber schuldet die Vergütung die dem am Vertragspreis orientierten Wert der erbrachten Leistung im Zeitpunkt der Kündigung entspricht. Die Abrechnung muss den Besteller in die Lage versetzen, die Berechtigung der Forderung auf der Grundlage des Vertrags zu überprüfen ( BGH, Urteil vom 11.2.1999 – VII ZR 399/97, Rdn. 9 zitiert nach juris, BGHZ 140,375-379). Bei einem vorzeitig gekündigten Pauschalpreisvertrag hat der Auftragnehmer hierbei die erbrachten Leistungen zu ermitteln und darzulegen und von dem nicht ausgeführten Teil abzugrenzen (BGH BauR 1999, 644, 645). Die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen ist nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistung zum Wert der nach dem Pauschalvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen. Der Auftragnehmer muss deshalb das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung und des Preisansatzes für die Teilleistung zum Pauschalpreis darlegen (BGH, Urteil vom 29.06.1995 – VII ZR 184/94, BauR 1995, 691 – 692; BGH, Urteil vom 07.11.1996 – VII ZR 82/95,BauR 1997, 304 – 305). Soweit zur Bewertung der erbrachten Leistungen Anhaltspunkte aus der Zeit vor Vertragsabschluss nicht vorhanden oder nicht ergiebig sind, insbesondere für den Fall, dass der Auftragnehmer vor Vertragsabschluss eine (Ur-)Kalkulation der zu erbringenden Bauleistung nicht vorgenommen hat, muss der Unternehmer im Nachhinein im Einzelnen darlegen, wie die erbrachten Leistungen unter Beibehaltung des Preisniveaus zu bewerten sind (BGH, Urteil vom 04.07.1996, VII ZR 227/93, BauR 1996,846-851; Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB Teile A und B, 20. Auflage 2017, § 14 Abs.1 VOB/B Rn. 7; Kniffka/Koeble, a.a.O. Teil 9 Rn. 20). Die Abgrenzung zwischen erbrachten und nichterbrachten Leistungen und deren Bewertung muss den Auftraggeber in die Lage versetzen, diese dahin zu überprüfen, ob sie den vertraglichen Grundlagen entsprechen (BGH BauR 2002, 1588, 1589).

Randnummer145

Welche inhaltlichen Anforderungen an die Darstellung der Schlussrechnung und die Beifügung von Belegen und sonstigen Unterlagen zur Schlussrechnung im Einzelfall zu stellen sind, hängt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom Vertrag, den seinem Abschluss, seiner Durchführung und Abwicklung zugrunde liegenden Umständen und vom Informationsbedürfnis des Bestellers ab. Sie ergeben sich auch daraus, welche Angaben der Besteller zur Wahrung seines Interesses an sachgerechter Verteidigung benötigt (BGH, Urteil vom 14.01.1999, VII ZR 277/97). An die Prüfbarkeit der Schlussrechnung dürfen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine übertriebenen Ansprüche gestellt werden. Sie ist kein Selbstzweck (BGH, Urteil vom 12.01.2006, VII ZR 2/04, Rn. 15, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 27.11.2003, VII ZR 288/02). Die Prüfbarkeit bestimmt sich daher nicht allein nach einem abstrakt-objektiven Maßstab, maßgebend sind vielmehr die individuellen und konkreten Informations- und Kontrollinteressen des Auftraggebers, die den Umfang und den Grad der Differenzierung der für die Prüfung erforderlichen Angaben in der Schlussrechnung bestimmen und begrenzen (BGH, Urteil vom 26.10.2000, VII ZR 99/99, zitiert nach juris, BauR 2001, 251 – 253). Die Anforderungen können deshalb nicht schematisch etwa in der Weise festgelegt werden, dass die Abgrenzung zwischen erbrachten und nicht erbrachten Leistungen ausschließlich durch ein Aufmaß bzw. die Vorlage von Aufmaßplänen möglich wäre. Vielmehr kann sich die Abgrenzung und die Ermittlung der tatsächlich erbrachten Leistungen auch aus anderen Umständen ergeben, die anderweitig ermittelt oder den Parteien insbesondere dem Besteller beispielsweise aufgrund der eigenen Kenntnis der Baustelle bereits bekannt sind (BGH, Urteil vom 11.02.1999, Az.: VII ZR 91/98, Rn. 11, zitiert nach juris, BauR 1999, 631 – 635; Kniffka/Koeble, a.a.O., 9.Teil,Rdn. 21). Auch eine mit einer Fotodokumentation unterlegte Bestandsaufnahme kann im Grundsatz geeignet sein, hinreichend zu verdeutlichen, welche Leistungen erbracht worden sind.

Randnummer146

ccc)

Randnummer147

Das Landgericht hat zur Frage der Prüffähigkeit der Schlussrechnung ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen … eingeholt, der sein Gutachten in der mündlichen Verhandlung vom 14.10.2014 erläutert und ergänzt hat. Danach hat die Klägerin die Rüge der fehlenden Prüfbarkeit aus zutreffenden Gründen erhoben. Die Schlussrechnung ist hinsichtlich der Werklohnpositionen nur zu einem Anteil von 7,11 % des Preisvolumens prüfbar, für verbleibende 92,89 % konnte der Sachverständige die Prüffähigkeit hingegen nicht feststellen. An die hierzu getroffenen Feststellungen des Landgerichts ist der Senat nach § 529 ZPO gebunden.

(1)

Randnummer148

Dass sich nachprüfbare Mengen- und Massenermittlungen generell nur aus hier unstreitig fehlenden Aufmaßplänen der Einzelgewerke nachprüfbar entnehmen lassen würden, wie die Klägerin meint, trifft nicht zu. Die gemäß § 2 GUV i.V.m. § 1 Nr. 1 VOB/B ebenfalls Vertragsinhalt gewordene VOB/C sieht in DIN 18299 insoweit vor, dass die Abrechnung generell anhand von Zeichnungen oder Ausführungsplänen erfolgen kann, wenn die Leistung der Ausführungsplanung bzw. Zeichnung vollumfänglich entspricht und der Auftraggeber auf dieser Grundlage die abgerechneten Mengen nachprüfen kann. Dass die Gemeinschuldnerin genau nach diesen Plänen gebaut habe, hat sie so vorgetragen (vgl. insbesondere ihren Sachvortrag im SS v. 23.7. 2014, Bl. 2197 d. A. und in der Berufungsbegründung, Bl. 2591 d. A. unter dd)). Die Klägerin rügt diese Behauptung inhaltlich als falsch und den Sachvortrag als widersprüchlich ( Bl. 2318, 2319 d. A. SS vom 16.6.2015). Die Beklagte könne nicht einerseits behaupten, identisch nach Ausführungsplanung gearbeitet zu haben, andererseits jedoch zahlreiche Ergänzungs- und Nachtragsleistungen abrechnen (so beispielsweise in Bl. 2228, 2246 d.A.). Ob es zutrifft, dass die Beklagte nach den Plänen gebaut hat und die ausgeführte Leistung damit der Planzeichnung vollumfänglich entspricht, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit der Abrechnung und betrifft die Prüffähigkeit nicht. Die Frage, ob und aus welchen Nachweisunterlagen, wenn nicht aus Aufmaßplänen, sich die Nachvollziehbarkeit der angesetzten Mengen und Massen ergibt, betrifft hingegen die Prüffähigkeit und ist vom Sachverständigen untersucht worden.

Randnummer149

Die weitere Beanstandung geht dahin, die Mengen- und Massenermittlung in den Aufmaßen sei nicht nachvollziehbar, da zum einen eine örtliche Zuordenbarkeit weitgehend nicht gewährleistet sei und zum anderen eine solche insbesondere nicht anhand der Ausführungspläne möglich sei, auf welche die Gemeinschuldnerin insoweit verweise. Auch seien die Ausführungspläne als Abrechnungsgrundlagen bereits im Ansatz hier deshalb untauglich, da die Pläne keine durchgehenden Maßketten enthielten. Einzelangaben dazu, welche Breiten und Höhen an welchen Stellen genau abgemessen worden seien, fehlten, sodass aus Ausführungsplänen z.B. Flächenangaben nicht prüfbar seien. Auch seien den Plänen grundsätzlich nur Maße hinsichtlich ausgeführter oder auszuführender Bauteile zu entnehmen. In diesen Bauteilen steckten jedoch unterschiedlichste Einzelleistungen, wie etwa hinsichtlich einer Wand das Betonieren, Bewehren, Abdichten, Dämmen usw. Mengen und Massen dieser Ausführungsleistungen ließen sich dem Rohbaumaß in einem Ausführungsplan nicht entnehmen. Außerdem rügt die Klägerin, der Schlussrechnung seien Nachweise für Materiallieferungen, Liefer- und Wiegescheine nicht beigefügt, weshalb Mengen und Massen nicht nachprüfbar seien.

Randnummer150

Demgegenüber hat der Sachverständige … bestätigt, dass grundsätzlich die Beifügung der Ausführungsplanung, auch beim vorzeitig abgebrochenen Werkvertrag, genügen kann (S. 25 des Gutachtens). Dass sie im vorliegenden Fall tatsächlich genügt hat, hat er dadurch bestätigt, dass er anhand dieser Pläne, soweit sie in der Akte oder der Schlussrechnung vorhanden waren und auf die richtigen Pläne an der richtigen Stelle der Aufmaßliste auch verwiesen war, tatsächlich einzelne Positionen als prüffähig angesehen hat (so z. B. für Pos. Nr. 01.13.070; 01.13.080, S. 112 insb. 114 des Gutachtens). Insgesamt wird deutlich, dass der Sachverständige inhaltlich nachvollziehbar und überzeugend davon ausgeht, dass grundsätzlich auch eine Nachvollziehbarkeit von Mengen und Massen aufgrund von Ausführungsplänen möglich ist und hier möglich war, auch wenn die von der Klägerin beanstandeten Liefer-oder Wiegescheine wie auch sonstige Nachweise für Materiallieferungen fehlen. Wenn dem Sachverständigen wenigstens Planunterlagen in den Akten oder der Schlussrechnung vorlagen und die übrigen genannten Parameter einer lückenlosen Verweiskette vorhanden waren, war ihm eine Prüfung der Positionen möglich. Widerlegt ist damit der Standpunkt der Klägerin, wonach Ausführungspläne als Abrechnungspläne insbesondere bei teilfertiggestellten Leistungen bereits im Grundsatz untauglich seien. Der Sachverständige jedenfalls ist nachvollziehbar von deren grundsätzlicher Tauglichkeit sowie von verschiedenen möglichen Nachweisen über verbaute Mengen und Massen ausgegangen. Hieran ist das Berufungsgericht gebunden.

(2)

Randnummer151

Die Klägerin rügt ferner, dass es bei der Schlussrechnung nur vereinzelt Pläne gebe, so einzig in Ordner III unter dem Register „ …“. Diese bereits im Schreiben vom 11.4.2008 gerügte Planvorlage bzw. Planbeifügung wurde im Rechtsstreit dahingehend vertieft, dass gerügt wurde, weitere Pläne seien weder der Schlussrechnung beigefügt noch lägen diese der Klägerin vor, weshalb schon aus diesem Grund die Möglichkeit einer Vornahme örtlicher Zuordnungen und Verknüpfungen zwischen den einzelnen Leistungspositionen und Massenangaben und den Planzeichnungen nicht gegeben sei.

Randnummer152

Ob und inwieweit die in den Aufmaßlisten (B 36, Ordner III) in Bezug genommenen Planunterlagen im Einzelnen bei der Klägerin – unabhängig von der Schlussrechnung und deren Inhalt – bereits zuvor vorlagen ( Stichwort: individueller Prüfungshorizont), war zwischen den Parteien streitig. Der Beklagte verweist insofern auf die Vertragsinhalt gewordene Leistungsabgrenzung vom 12.01.2006 (Anl. K 311, bzw. Trenner Nr. 6 in Anlagenordner B 33/K 135 b). Dass die Parteien die dort unter Gliederungspunkt 03 geregelten Architektenleistungen tatsächlich entsprechend der Leistungsabgrenzung durchgeführt haben, war unstreitig. Demnach oblag der Klägerin die Planerstellung für die Leistungsphasen 1 bis einschließlich 5 des § 15 HOAI a.F., der Gemeinschuldnerin oblag die Durchführung der Leistungen aus Leistungsphasen 6 bis 9, wobei die Fachplanungsleistungen für das Gewerk … unter Gliederungsziffer 08 vollständig der Gemeinschuldnerin übertragen waren (lediglich Leistungsphase 4 war der Klägerin vorbehalten). Unstreitig hat dementsprechend die Klägerin die komplette Ausführungsplanung insbesondere für Rohbau, Innenausbau und Außenanlagen selbst erstellt. Gleiches gilt für die unter Gliederungsziffer 06 „Tragwerksplanung“ geregelten Planungsleistungen, von welchen der Klägerin Statik- und Konstruktionsplanung sowie die Erstellung von Schalungs- und Bewehrungsplänen sowie Stahl- und Mattenlisten oblag. Die Klägerin als Planerstellerin verfügt somit über diese Pläne ohnehin, unabhängig davon, ob sie der Schlussrechnung ( nochmals) beigefügt waren. Dies genügt grundsätzlich zur Herstellung der Prüfbarkeit, ausgehend von dem individuellen Erkenntnishorizont des Auftraggebers. Für die anderen in den Leistungsbereich der Gemeinschuldnerin fallenden Pläne, nämlich der …-Planung hat der Beklagte erstinstanzlich vorgetragen und unter Beweis gestellt, sämtliche Haustechnikpläne seien am 05.10.2006 an die Klägerin übersandt worden (Schriftsatz vom 23.07.2014, Bl. 2201 d.A.). Dies blieb aber streitig.

Randnummer153

Der Beklagte hat in Anl. B 10 zum Schriftsatz vom 17.4.2014 ( Bl. 2178 d. A.) eine Liste der Pläne vorgelegt, die seiner Auffassung nach bei der Klägerin vorliegen müssten. Die Klägerin hat dies bestritten.

Randnummer154

Zunächst erkennt das Sachverständigengutachten bei der Schlussrechnung verschiedene Arten von Prüffähigkeitsmängeln, die von der Frage, wem welche Nachweispläne zur Prüfung vorlagen, unabhängig sind:

Randnummer155

So konnte der Sachverständige für manche Positionen keine Aufmaße finden. Damit war die Prüfung und örtliche Zuordnung der angesetzten Mengen unabhängig vom Vorliegen irgendwelcher Pläne nicht möglich (so beispielsweise S. 59 des Sachverständigengutachtens zu den Schlussrechnungspositionsnummern 01.01.005, 01.01.010, 01.01.025, 01.01.030 – Gerüstbau -; ebenso auf S. 119 ,258, 260, 271, des Sachverständigengutachtens).

Randnummer156

Für weitere Positionen waren zwar Aufmaße vorhanden, diese konnten jedoch aufgrund fehlender oder unplausibler Verweise auf Bezugsplanunterlagen nicht bezüglich der angesetzten Mengen und Massen überprüft werden (so beispielsweise für vielfache unter dem Schlussrechnungstitel 01.48 erfasste Leistungen aus dem Gewerk „Lüftung“ im Küchenbereich, S. 225 des Gutachtens; so auch auf S. 234 des Gutachtens oder S. 236, wo ebenfalls beanstandet wird, dass in den zwar vorhandenen Aufmaßen keine Bezugsplanunterlagen oder Raumnummern angegeben seien und damit angesichts nicht weiter spezifizierter Leistungsbeschriebe eine örtliche Zuordnung ebenfalls nicht möglich sei; desgleichen zum Fehlen von Verweisen auf Bezugsplanunterlagen oder Raumnummern S. 245 des Gutachtens). Auch dieser Mangel besteht unabhängig von der Frage, welche Pläne der Klägerin bekannt waren oder sein mussten.

Randnummer157

Für eine Vielzahl von Positionen der Schlussrechnung führt allerdings dem Sachverständigen zufolge das Fehlen von Plänen dazu, dass eine Prüfbarkeit dieser Positionen von ihm nicht festgestellt werden kann:

Randnummer158

Bezüglich vieler Einzelpositionen beanstandet nämlich der Sachverständige, dass zwar die Nennung in der Aufmaßliste vorhanden ist und die jeweilige Menge mit einem entsprechenden Planverweis versehen ist, dass allerdings die erforderlichen Bezugspläne (dem Sachverständigen) zu einer weiteren Nachprüfung fehlten. Umgekehrt hat der Sachverständige dann, wenn die Nachweiskette vollständig war, d.h. zu den behandelten Schlussrechnungspositionen Aufmaßunterlagen im Ordner III der Schlussrechnung vorhanden waren, diese Aufmaße durch Planverweise, Positions- oder Raumnummern versehen waren und die jeweiligen Bezugsplanunterlagen dazu vorlagen, eine inhaltliche Prüfbarkeit dieser Positionen bestätigt (so beispielsweise auf S. 114 des Gutachtens oder S. 269 des Gutachtens, wobei hier die Bejahung der Prüffähigkeit unter dem Vorbehalt stand, dass die jeweilige Planunterlage jedenfalls dem Sachverständigen nicht vorlag).

(3)

Randnummer159

Zur Frage der Relevanz fehlender Pläne hat der Sachverständige … in seinem Gutachten zunächst auf S. 413 eine Liste sämtlicher in den Planverweisen der Aufmaßlisten in Ordner III erwähnter Pläne aufgestellt, wobei der Sachverständige gekennzeichnet hat, welche davon der Schlussrechnung oder den Akten beilagen und welche ihm fehlten. Zusammenfassend ist festzustellen, dass von insgesamt 59 zitierten Plänen lediglich 12 dem Sachverständigen bei der Prüfung vorlagen und 47 fehlten. Zwar hat der Sachverständige „die Position eines zur Prüfung benannten unbeteiligten Dritten“ eingenommen (S. 56 des Gutachtens). Dieser Prüfungshorizont stimmt mit dem oben beschriebenen individuellen Maßstab, der sich nach dem konkreten Kontroll- und Informationsbedarf des jeweiligen Auftraggebers bemisst, inhaltlich zwar nicht überein. Insbesondere kann sich eine Prüffähigkeit in inhaltlicher Hinsicht bejahen lassen, wenn dem Auftraggeber unabhängig von der Schlussrechnung hierzu erforderliche Unterlagen bereits vorliegen, so dass diese der Schlussrechnung nicht erneut beizufügen waren, so dass der Sachverständige, der lediglich die Unterlagen der Schlussrechnung und den restlichen Akteninhalt als Grundlage für seine Prüfung zur Verfügung hat, in diesen Punkten zu einer fehlenden Prüffähigkeit gelangen müsste, die inhaltlich tatsächlich für den Auftraggeber nicht besteht. Von der materiellen Frage der inhaltlichen Prüffähigkeit ist jedoch die prozessuale Frage zu unterscheiden, ob und inwieweit es dem Beklagten gelungen ist, den Beweis für eine tatsächlich vorhandene Prüffähigkeit der Schlussrechnung vor dem Prüfhorizont seines konkreten Auftraggebers zur Überzeugung des Gerichts zu führen. Der insoweit beweisbelastete Beklagte hat nämlich nicht nur nachzuweisen, dass die Klägerin im Besitz der für die Prüfung der Rechnung notwendigen Pläne ist, auf die die Rechnung Bezug nimmt. Er hat weiter nachzuweisen, dass bei Vorliegen dieser Pläne die Rechnung prüfbar ist; dies kann nicht ohne weiteres unterstellt werden.

Randnummer160

Da der Beklagte die (Ausführungs-) Pläne, auf die die Schlussrechnung Bezug nimmt, im Prozess nicht vorgelegt hat, konnte der Sachverständige für weite Teile der Schlussrechnung nicht feststellen, ob bei Vorliegen dieser Pläne die Schlussrechnung hinreichend prüfbar ist. Dies geht zulasten des Beklagten.

Randnummer161

ddd)

Randnummer162

Der Sachverständige hat hinsichtlich einer überwiegenden Anzahl von Schlussrechnungspositionen die mögliche Prüfbarkeit deshalb gar nicht erst prüfen können, weil ihm die in Bezug genommenen Planunterlagen nicht vorlagen. Der Sachverständige hat seine Einschätzung auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung vorhandenen Aktenlage getroffen (S. 57 des Gutachtens). Weitere Unterlagen, die eine weitergehende Aussage zur Prüffähigkeit ermöglicht hätten, wurden auch im weiteren Prozessverlauf vom Beklagten nicht zur Verfügung gestellt.

Randnummer163

Bereits vor Erstattung des Gutachtens hat der Sachverständige mit Schreiben vom 06.05.2013 (Bl. 1698 d.A.) darauf hingewiesen, dass aufgrund der ihm vorliegenden Unterlagen eine abschließende Bewertung der Prüfbarkeit der Schlussrechnung noch nicht vollständig möglich sei, da hierzu noch die kompletten Planunterlagen (Auftragsplanung und Ausführungsplanung), auf welche sich die tabellarisch aufgestellten Aufmaße offenbar bezögen, fehlten. Diesen Hinweis aufnehmend wurden beide Parteien mit Verfügung des Landgerichts vom 06.05.2013 (Bl. 1701 d.A.) zur ergänzenden Planvorlage aufgefordert. Dies veranlasste die Klägerin dazu, mit Schriftsatz vom 19.06.2013 darauf hinzuweisen, dass der Beklagte darlegungs- und beweisbelastet hinsichtlich der Prüfbarkeit sei (Bl. 1712, 1726 d.A.). Der Beklagte seinerseits hat in der Folge zunächst auf §§ 420, 421 ZPO verwiesen – ohne einen derartigen Antrag aber zu stellen – , da die Pläne vielfach bereits im Besitz der Klägerin seien, im Übrigen bei ihm selbst nicht mehr vollständig vorlägen (Schriftsatz vom 05.07.2013, Bl. 1717 d.A.). Mit Verfügung des Landgerichts vom 18.10.2013 (Bl. 1733 d.A.) wurde der Beklagte erneut zur Vorlage der kompletten Vertragsplanung direkt gegenüber dem Sachverständigen aufgefordert. Weitere Pläne gingen allerdings beim Sachverständigen bis zur Erstattung von dessen Gutachten nicht ein.

Randnummer164

Nachdem das Gutachten, in welchem die Unvollständigkeit der Planunterlagen aufgeführt war, bereits vorlag, und darin auf S. 416 nochmals wie bereits im Schreiben vom 6.5.2013 deutlich und unmissverständlich darauf hingewiesen wurde, dass erst die Vorlage der kompletten Ausführungsplanunterlagen den Sachverständigen in den Stand versetzen könnte, die abgerechneten Mengen und Massen zum Kündigungszeitpunkt zu prüfen, bat der Beklagte mit Schriftsatz vom 17.04.2014 (Bl. 2177 d.A.) zunächst darum, der Sachverständige möge seine im Gutachten enthaltene Planliste hinsichtlich der Bezeichnung der einzelnen Pläne weiter spezifizieren. Aufgrund der vorliegenden Liste sei dem Beklagten eine Identifizierung der einzelnen Pläne, die fehlten, nicht möglich. Der Beklagte bat um Nennung der genauen Fundstelle mit Bezeichnung innerhalb der Aufmaßlisten, damit er von dort ausgehend konkret erkennen könne, um welchen Plan es sich handle. Dies lässt erkennen, dass die Schlussrechnung selbst für den Beklagten nicht bis zu den in Bezug genommenen Plänen nachvollziehbar ist. Der Sachverständige, mit dieser ergänzenden Fragestellung des Beklagten konfrontiert, gab an, in seine Planliste genau die Planbezeichnung aufgenommen zu haben, die er in der Aufmaßliste habe finden können (Bl. 2212 d.A.). Der Sachverständige sah sich außer Stande, eine genauere Planbezeichnung anzugeben, da er aufgrund des Umstandes, dass die genannten Pläne bei ihm nicht vorlagen, auch nicht wissen könne, um welchen konkreten Plan es sich jeweils handle.

Randnummer165

Im Ergebnis hat der Beklagte jedenfalls weitere Planunterlagen dem Gericht bzw. dem Sachverständigen zur Ermöglichung einer inhaltlichen Prüfung der Prüffähigkeit der Rechnung nicht vorgelegt.

Randnummer166

Der Beklagte hat sich mit Schriftsatz vom 23.07.2014 (Bl. 2197 d.A.) auf den Standpunkt gestellt, die Klägerin ihrerseits sei im Besitz sämtlicher erforderlicher Planunterlagen, weshalb der Beklagte gemäß § 14 VOB/B diese nicht erneut vorzulegen habe. Der Beklagte vertritt in diesem Zusammenhang den Standpunkt, dass jeder, der, wie die Klägerin, sämtliche Planunterlagen zur Verfügung hatte, eine Prüfung der Rechnung vornehmen könne (so insbesondere abschließend auf Bl. 2208 d.A.). Zwar hat der Beklagte mit Anl. B 11 – B 16 weitere Unterlagen zur Herstellung der Prüffähigkeit vorgelegt ( separater Aktenband mit der Überschrift „Anlagen Beklagter B 11 bis B 16“). Dort sind Bautenstandsberichte, Bautagesberichte zuzüglich einer auf CD-ROM enthaltenen Fotodokumentation und Protokolle der Klägerin zum Bautenstand zusammengefasst. Eine Bezugnahme der Schlussrechnung auf diese Unterlagen ist jedoch nicht nachvollziehbar. Selbst wenn diese Anlagen Mengen- und Massenangaben zu einzelnen Rechnungspositionen enthalten würden, läge keine Prüfbarkeit vor, weil eine Zuordnung zu den einzelnen Rechnungspositionen nicht hinreichend möglich ist und damit die Prüffähigkeit fehlt.

Randnummer167

Nachdem somit von den nachgeforderten Planunterlagen von der insoweit beweisbelasteten Beklagtenseite kein einziger tauglicher Plan vorgelegt und damit ein ergänzender Beweis durch Vorlage weiterer Pläne auch nach Erstellung des schriftlichen Gutachtens nicht erbracht wurde, war der Beklagte insoweit beweisfällig. Es bleibt damit bei dem inhaltlichen Ergebnis, welches der Sachverständige in seinem Gutachten feststellte. Eine inhaltliche Stellungnahme zur Prüffähigkeit war nicht nur zum damaligen Zeitpunkt der Gutachtenerstattung, sondern endgültig bei der überwiegenden Mehrzahl der abgerechneten Leistungspositionen nicht möglich (S. 416 des Gutachtens). Die in den Ordnern IV bis XI enthaltene Fotodokumentation des Leistungsstandes sah der Sachverständige insoweit als untauglich an. Diese Fotodokumentation lag ihm zwar vor, sie hat den Sachverständigen allerdings nicht in die Lage versetzt, trotz fehlender Planunterlagen zur örtlichen Nachvollziehbarkeit und Zuordenbarkeit der Leistungspositionen Stellung zu nehmen. Bereits abschließend für prüffähig bewerten und bestätigen konnte der Sachverständige lediglich 4,26 % aller Ausführungspositionen, dies entspricht 7,11 % der Abrechnungssumme (S. 418, 419 des Gutachtens). Im restlichen Umfang war eine Aussage über die Prüffähigkeit und damit die Feststellung derselben nicht möglich.

Randnummer168

eee)

Randnummer169

Im Zusammenhang mit der Beweisführung des Beklagten durch ergänzende Planvorlage liegt keine Hinweispflichtverletzung des Landgerichts vor.

Randnummer170

Wie dargestellt hat das erstinstanzliche Gericht ausreichend und wiederholt auf die Pflicht zur Vorlage ergänzender Ausführungsplanunterlagen hingewiesen und den Beklagten zur Vorlage aufgefordert (Verfügung des Landgerichts vom 18.10.2013). Außerdem waren das Fehlen der Planunterlagen sowie die hieraus abzuleitenden rechtlichen Schlussfolgerungen umfangreich Gegenstand der nach Erstattung des schriftlichen Sachverständigengutachtens zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze. Eines weiteren gerichtlichen Hinweises darauf, dass von einer Beweisfälligkeit der Beklagtenseite auszugehen sein könnte, falls der Beklagte dem Sachverständigen und dem Gericht zur Bewertung der Prüffähigkeitsfrage keine weiteren (Plan- )Unterlagen vorlegt, bedurfte es nicht. Immerhin hatte bereits die Klägerin ihrerseits auf die Verteilung der Beweislast hingewiesen. Einen förmlichen Antrag gemäß § 421 ZPO hat der Beklagte ausdrücklich nicht gestellt (Schriftsatz des Beklagten vom 05.07.2013, Bl. 17/18 d.A., wo eine entsprechende Antragstellung ausdrücklich vorbehalten bleibt; eine solche ist in der Folgezeit auch nicht erfolgt). Sofern der Beklagte in der Berufungsbegründung darüber hinaus beanstandet, das Landgericht habe insbesondere den nach Eingang des Sachverständigengutachtens gehaltenen Sachvortrag des Beklagten in den Schriftsätzen vom 17.04.2014 und vom 23.07.2014 übergangen, so ergibt sich, wie oben bereits dargestellt, gerade aus den genannten Schriftsätzen, dass der Beklagte zur Planvorlagefrage ausdrücklich einen abweichenden Rechtsstandpunkt einnimmt, nämlich dahingehend, dass es auf eine ergänzende Planvorlage gegenüber Gericht und Sachverständigem bereits deshalb nicht ankomme, da jedenfalls die Klägerin im Besitz der Pläne sei. Hier hat ganz offensichtlich der Beklagte, der angesichts des ausdrücklichen Hinweises von Klägerseite, dass sich insoweit auch das Problem der Darlegungs- und Beweislast ergebe, eine ergänzende Vorlage weiterer Unterlagen (bis auf die Anl. B 11 bis B 16, die tatsächlich nachgereicht wurden), nicht für erforderlich gehalten. Wenn der Beklagte den Rechtsstandpunkt eingenommen hat, auf eine ergänzende Planvorlage komme es nicht an, weil die Klägerin im Besitz der Pläne sei, hat der Beklagte dies auf eigenes prozessuales Risiko getan. Eines weiteren rechtlichen Hinweises des Landgerichts bedurfte es – auch nach Vorlage der Anlagen B 11 bis bis 16 – nicht mehr.

Randnummer171

Zwar besteht die gerichtliche Hinweispflicht grundsätzlich auch in Prozessen, in denen die Partei von einem Rechtsanwalt vertreten wird jedenfalls dann, wenn der Anwalt die Rechtslage erkennbar falsch beurteilt ( BGH, Urteil vom 27.10.1994 – VII ZR 217/93, Bau R 1995, 126 – 129). Auch bereits erfolgte Hinweise können unter diesem Gesichtspunkt ergänzungs- und präzisierungsbedürftig sein, wenn der vorherige Hinweis missverständlich war und erkennbar auch missverstanden wurde ( BGH, Urteil vom 11.2.1999 – VII ZR 399/97, Rdn. 13,14 zitiert nach juris, BGHZ 140,365-379). Der Bundesgerichtshof hat dies in der zitierten Entscheidung für die Hinweispflicht bei fehlendem Sachvortrag zu ersparten Aufwendungen bei der Abrechnung eines Pauschalpreisvertrages entschieden und damit begründet, dass sich für den Gegner noch nicht allein aus dem substantiierten Bestreiten der Gegenseite ergebe, welcher ergänzende Vortrag erforderlich sei, sondern dies von der Bewertung der Gerichte im Einzelfall abhängt, wie dies dort für die Voraussetzungen des Anspruches nach § 649 Satz 2 BGB oder § 8 Nr.1 Abs.2 VOB/B der Fall sei. Damit ist der vorliegend in Rede stehende (weitere) Hinweis auf die Pflicht zur Vorlage ergänzender Planunterlagen jedoch nicht vergleichbar. Wiederholt war der Beklagte vom Gericht und vom Sachverständigen inhaltlich genau darauf hingewiesen, welche Pläne vorzulegen sind. Der Beklagte konnte also nicht im Unklaren sein, welche Anforderungen an einen ergänzenden Vortrag oder eine ergänzende Beweismittelvorlage hier gestellt werden. Auch die Unterscheidung zwischen inhaltlicher Beurteilung der Prüffähigkeit und deren Nachweis im Prozess war thematisiert. Einer weiteren Konkretisierung bedurfte es nicht mehr. Im übrigen hat der Beklagte selbst eine Liste der vollständigen Planunterlagen und Zeichnungen erstellt ( Anlage B 10), diese allerdings auch in der zweiten Instanz nicht vorgelegt.

Randnummer172

Im Übrigen hat der Beklagte den Sachvortrag, den er in der Berufungsbegründung auf S. 7 (Bl. 2591, 2592 d.A.) vorbringt, und von dem er behauptet, ihn schon erstinstanzlich gehalten zu haben, wenn der von ihm vermisste Hinweis des Gerichts erfolgt wäre, erstinstanzlich bereits gehalten (hinsichtlich der Prüfberichte des öffentlich-rechtlichen Prüfingenieurs mit Schriftsatz vom 23.07.2014, Bl. 2203 d.A.). Ausdrücklich auch mit der Berufungsbegründung nicht vorgelegt und auch nicht dem Sachverständigen – weder in digitaler Form noch sonst wie – übermittelt wurden hingegen die in Anl. B 10 aufgelisteten Pläne (nach Bl. 2178 d.A.).

Randnummer173

Im Ergebnis ist nach alldem für ein Volumen von 92,89 % der Schlussrechnungssumme kein Nachweis für die Prüfbarkeit der Schlussrechnung erbracht, sodass diese richtigerweise vom erstinstanzlichen Gericht inhaltlich gar nicht geprüft bzw. insbesondere nicht bejaht werden konnte. An dieses Beweisergebnis ist das Berufungsgericht gebunden. Das Ergebnis, dass das Vorhandensein der Prüfbarkeit der Schlussrechnung nicht bewiesen ist, bewirkt nach Beweislastgrundsätzen die für weite Teile der Schlussrechnung geltende fehlende Prüffähigkeit

dd)

Randnummer174

Auch bei den in der Schlussrechnung abgerechneten Nachtragspositionen unter Ziff. 05, 06 und 07 hat der Sachverständige die oben bereits aufgelisteten Prüffähigkeitsmängel festgestellt.

Randnummer175

Auch hierzu hat der Beklagte den Sachverständigen und das Gericht mangels ergänzender Vorlage der noch fehlenden Ausführungsplanunterlagen inhaltlich nicht in den Stand versetzt, die Prüfbarkeit dieser Positionen tatsächlich zu bewerten. Auf die hiervon unabhängige Frage, ob der Beklagte die Nachträge in inhaltlicher Hinsicht schlüssig dargestellt und korrekt berechnet hat, kommt es somit nicht an.

Randnummer176

aaa)

Randnummer177

Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 14.10.2014 bereits darauf hingewiesen hatte, die Nachvollziehbarkeit von Mengen und Preisermittlung hinsichtlich der Nachträge ergebe sich aus den Nachtragsunterlagen, die der Klägerin übersandt worden seien (Bl. 2243 d.A. unten), gilt hierzu Gleiches wie oben bezüglich des Einwandes des Beklagten, die fraglichen Nachweispläne lägen der Klägerin allesamt vor bzw. seien sogar selbst von dieser erstellt worden, weshalb sie notwendigerweise der Klägerin bekannt sein müssten. Selbst wenn der Klägerin diese Pläne bekannt wären, konnte der Sachverständige und damit das Gericht nicht feststellen, ob bei Kenntnis dieser Pläne eine Prüffähigkeit der Abrechnung der Nachträge in der Schlussrechnung vorgelegen hätte. Außerdem spezifiziert der Beklagte in keiner Weise, um welche konkreten Nachtragsunterlagen es sich hierbei handeln soll. Auch in den Schlussrechnungsunterlagen findet sich kein Verweis auf einzelne konkrete „Nachtragsunterlagen“ zur Ermöglichung einer technischen Nachvollziehbarkeit. Eine Prüfbarkeit von Mengen und Massen ist damit, wie der Sachverständige nachvollziehbar darstellt, entweder wegen fehlender Verweise auf beiliegende (Plan- bzw. sonstige) Unterlagen oder wegen des Fehlens derselben unmöglich.

Randnummer178

bbb)

Randnummer179

Auch der ergänzende Vortrag in der Berufungsbegründung (dort S. 3, Bl. 2527 d.A.) hilft nicht weiter. Wenn der Beklagte hier ausführt, die vom Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung beispielhaft untersuchte Pos. 5.010.010 sei in den Ausführungsplänen, nach denen gebaut worden sei, enthalten, namentlich im Plan B/S-001 a vom 26.06.2006 und im Plan A/S-001 vom 13.04.2006, so ist ersterer in der Planliste des Sachverständigen in Zeile 2 eben gerade als nicht vorhanden gekennzeichnet, letztgenannter Plan taucht in der Planliste des Sachverständigen schon gar nicht auf, sodass davon auszugehen ist, dass sich ein auf diesen Plan Bezug nehmender Planverweis in den Aufmaßlisten nicht findet. Darauf, dass, wie die Berufungsbegründung weiter ausführt, die für die Nachtragspositionen im Einzelnen angesetzten Nachtragspreise auf der Basis der Urkalkulation angesetzt worden seien, kommt es als inhaltliche Fragestellung ebenfalls nicht an. Sofern mit der Berufungsbegründung außerdem ergänzend auf die Prüfbarkeit von Pos. 06.27.055 eingegangen wird (Berufungsbegründung S. 4, Bl. 288 d.A.), so findet sich die entsprechende Position im Sachverständigengutachten auf S. 388, 389.Bei der Zuordnung der Nachtragsposition 06.27.055 zu der ursprünglichen Leistungsposition aus der Urkalkulation mit der Nr. 01.27.015 ergeben sich dieselben Schwierigkeiten, welche der Sachverständige beispielhaft in der mündlichen Verhandlung vom 14.10.2014 für eine Zuordnung der Pos. 05.10.010 zur Pos. 02.01.010 dargestellt hat. Deshalb bleibt fraglich, ob man es als hinreichend nachvollziehbare Darstellung eines Nachtrags anerkennen kann, wenn sich die Suche nach der entsprechenden Ursprungs-Auftragsposition derart schwierig bzw. mehr oder weniger zufällig gestaltet. Aus diesem Grund hat der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend auch für diese Positionen insgesamt die Einschätzung vertreten, dass sich in den Schlussrechnungsunterlagen (im Übrigen zu sämtlichen Pos. 06.27.005 bis 06.27.165, betreffend Nachtragsleistungen aus dem Gewerk Fensterbau) keine Aufmaße finden und damit eine Prüfung der angesetzten Mengen und Massen nicht möglich ist (Gutachten S. 389 unten).

Randnummer180

ccc)

Randnummer181

Auch der ergänzende Vortrag zu Nachtragsposition 07 in der Berufungsbegründung S. 5 (Bl. 2589 d.A.) hilft aus den genannten Gründen nicht weiter. Der Beklagte spezifiziert zum wiederholten Mal nicht, aus welchen konkreten Planunterlagen sich die Nachvollziehbarkeit von Mengen und Massen hier ergeben soll, deshalb wird nicht einmal klar, ob die hierfür benötigten Pläne ausweislich der Planliste des Sachverständigen diesem vorlagen oder nicht.

ee)

Randnummer182

Der Beklagte hat keinen Anspruch auf Schadensersatz, wie in Positionen 08 – 10 der Schlussrechnung eingestellt.

Randnummer183

aaa)

Randnummer184

In die Schlussrechnung ist die gesamte Vergütung einschließlich der vergütungsgleichen Ansprüche einzustellen (BGHZ 182, 158 juris Rn. 45). Vergütungsgleiche Ansprüche sind solche, die über die Vergütung für erbrachte Leistungen hinausgehen (§§ 6 Nr. 5 – 7,8 Nr. 1 Abs. 2, 9 Nr. 3 S. 2 VOB/B) (BGH NJW 1987, 382 juris Rn. 9). Die Abrechnung hat demnach alle mit der Bauleistung im Zusammenhang stehende Ansprüche des Auftragnehmers zu enthalten, die ihre Grundlage im Vertrag haben wie z.B. Ansprüche wegen Behinderung und Unterbrechung der Leistungsausführung. Lediglich Forderungen, die bei vertragsgerechtem Verhalten (des Auftragnehmers) nicht in die Schlussrechnung eingestellt werden können, müssen nicht aufgenommen werden (BGHZ 145, 245 juris Rn. 12 zu § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B).

Randnummer185

Danach müssen hier die Mehrkosten, wie von der Insolvenzschuldnerin geschehen, in die Schlussrechnung aufgenommen werden. Sie müssen wie die übrigen Positionen der Schlussrechnung prüffähig abgerechnet werden.

Randnummer186

bbb) Pos. 08: „Mehrkosten gem. Schreiben vom 15.1.2007 und 14.2.2007“ – 16.702,00 €:

Randnummer187

Mit dieser Position werden Mehrkosten verlangt, die der Gemeinschuldnerin entstanden seien, nachdem sie vom 4.12.2006 – 11.12.2006 die Arbeiten vorübergehend eingestellt hatte. Vorangegangen waren Meinungsverschiedenheiten über das Verlangen der Gemeinschuldnerin nach Stellung einer Bauhandwerkersicherung (Vortrag des Beklagten hierzu Bl. 225 ff d. A. ab „Kündigungsgrund“ Nr. 35; Klägerin ab Bl. 301 ff.d. A.; Anl. B 14 ff.).

Randnummer188

Gem. § 648a Abs. 2 BGB ist der Unternehmer zur Leistungsverweigerung berechtigt, wenn er vom Besteller ordnungsgemäß und fruchtlos die Sicherheit gem. § 648a Abs. 1 BGB verlangt hat, und der Besteller vertragswidrig die ordnungsgemäß geforderte Sicherheit nicht erbracht hat. Mit Schreiben vom 14.11.2006 ( B 14) hat die Gemeinschuldnerin zur Erbringung einer Sicherheit i. H. von 4,5 Mio.€ unter Fristsetzung und Androhung der Leistungseinstellung aufgefordert. Die Fristsetzung zum 28.11.2006 war zeitlich angemessen ( Schmitz in: Kniffka a.a.O. §648a Rn. 140: 7 – 10 Tage). Die Höhe der Sicherheit richtet sich grds. nach der vertraglich vereinbarten Vergütung. Dies ist beim Pauschalpreisvertrag die vereinbarte Pauschale zzgl. 10 % hieraus für Nebenforderungen. Bereits geleistete Abschlagszahlungen sind abzuziehen. Zum 14.11.2006 waren unstreitig die Abschlagszahlungen Nr. 1 – 5 ( vgl. Zahlungsplan der Klägerin Anl.K 7) i.H.v. insg. 780.000 € erbracht. Die vertragliche Pauschalvergütung i.H. von 4.142.870,00 € +10 % = 4.557.157,00 € abzüglich geleisteter Abschlagszahlungen ergibt 3.777.157,00 €. Das Sicherungsverlangen war damit wertmäßig überhöht. Die Tatsache, dass der Unternehmer eine zu hohe Sicherheit verlangt, führt jedenfalls dann noch nicht dazu, dass das Sicherungsverlangen insgesamt unwirksam ist, wenn der Schuldner die Erklärung als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen muss und der Gläubiger auch zur Annahme der gegenüber seinen Vorstellungen geringeren Leistung bereit ist. Die Wirksamkeit einer Zuvielforderung wird dann bejaht, wenn anzunehmen ist, dass der Schuldner auch bei einer auf den zutreffend berechneten Rückstand beschränkten Anforderung nicht geleistet hätte ( Schmitz in: Kniffka, Bauvertragsrecht, a.a.O. § 648a Rdn. 74). So liegt der Fall hier. Mit Schreiben vom 1.12.2006 ( B 16) hat die Klägerin, jenseits der zunächst wirksam gesetzten Frist, die Erbringung der Sicherheit von der Leistung der vertraglich vereinbarten Erfüllungsbürgschaft durch die Gemeinschuldnerin abhängig gemacht und die bereits im Betrag reduzierte Sicherheit gerade nicht erbracht, sondern nur angekündigt. Daraus, dass sie später eine Sicherheit in der von ihr errechneten Höhe von 3,2 Mio.€ tatsächlich erbrachte, ergibt sich nichts grundsätzlich anderes. Die wirksam gesetzte Frist zur Erbringung der Sicherheit war zu diesem Zeitpunkt nämlich längst abgelaufen. Zuvor hat die Klägerin das berechtigte Sicherungsverlangen der Schuldnerin allerdings unter unberechtigte Bedingungen gestellt. Die Abhängigmachung der Sicherheit gem. § 648a BGB von einer vorher oder Zug um Zug zu leistenden Vertragserfüllungsbürgschaft im Schreiben vom 1.12.2006 ( B 16) war rechtswidrig. Das Verlangen nach der Bauhandwerkersicherung steht nicht in Abhängigkeit von anderen vertraglich vereinbarten Sicherheiten ( § 648a Abs. 7 BGB; Schmitz in: Kniffka, a.a.O. § 648a Rdn. 137). Der Versuch, dies zu fordern, zeigt die fehlende Leistungsbereitschaft der Klägerin.

Randnummer189

Die Forderung nach Erbringung der Sicherheit war entgegen dem Dafürhalten der Klägerin nicht rechtsmißbräuchlich. Mit dem Vortrag der Klägerin, dass das Verlangen hier nur deshalb zu dem damaligen Zeitpunkt erfolgt sein soll, um, wie die Klägerin unterstellt, die Durchsetzung unberechtigter Nachtragsforderungen zu „erpressen“, ist nicht schlüssig vorgetragen. Das Sicherungsverlangen kann jederzeit auch während der Vertragsdurchführung gestellt werden. Der Zeitpunkt war zulässig, auf weitere damit verfolgte Zielsetzungen oder Motive der Gemeinschuldnerin kommt es nicht an.

Randnummer190

Die Klägerin befand sich nach alldem bereits mit Ablauf der im Schreiben vom 14.11.2006 auf 27.11.2006 gesetzten Frist in Verzug. Die unstreitig erst am 11.12.2006 bei der Gemeinschuldnerin eingegangene Sicherheit über 3,2 Mio. war verspätet.

Randnummer191

Die Höhe der Mehrkosten ist schlüssig dargelegt, weil der Beklagte die Kosten geltend macht, die ihm von dem Subunternehmer in Rechnung gestellt worden sind (Anl. B 68 und 69). Diese Rechnungen wurden unstreitig der Klägerin bereits mit Schreiben vom 15.1.2007 und 14.2.2007 zu Kenntnis gebracht. Aus den Positionstexten in den Rechnungen ergibt sich, dass hier Mehrkosten infolge des Bau- und dadurch verursachten Produktionsstopps bzw. Produktionsausfalls im Dezember 2006 gelten gemacht werden ( Vorfinanzierung von Material, Ausfallstunden für Mitarbeiter, Aufwand für Kommunikation und technische Abklärung, verlängerte Vorhaltung von Gerüst und Kran). Insgesamt ergeben sich schlüssig vorgetragene Mehrkosten der Subunternehmer von 16.702,00 € netto. Die Rechnungspositionen der Subunternehmer stimmen mit den Schlussrechnungspositionen 8.01, 8.02 überein.

Randnummer192

Die Klägerin hat diese Kosten nur pauschal und damit unsubstantiiert bestritten

Randnummer193

ccc) Pos. 09 : Mehrkosten infolge Baustellenberäumung i. H. von 9.486,41 €:

Randnummer194

Hier werden Kosten geltend gemacht, die wegen der vorzeitigen Vertragsbeendigung durch die Kündigung der Gemeinschuldnerin entstanden sind.

Randnummer195

Sie sind bereits dem Grunde nach nur erstattungsfähig, wenn die Kündigung nicht nur zu Recht wegen Unzumutbarkeit erfolgt wäre, sondern sogar eine schuldhafte Vertragspflichtverletzung durch die Klägerin festzustellen wäre. Da dies jedoch nicht der Fall ist, sind Schadensersatzansprüche wegen kündigungsbedingter Mehrkosten nicht gegeben.

Randnummer196

ddd) Pos. 10: Mehrkosten infolge Bauzeitverlängerung i. H. von 12.413,10 €:

Randnummer197

Die Voraussetzungen für eine Schadensersatzanspruch wegen Bauzeitverzögerung ergeben sich aus § 6 Nr. 6 Satz 1 VOB/B. Der Sachverhalt ist umfassend streitig. Darlegungs- und beweisbelastet für das Vorliegen einer Behinderung und eine dadurch entstandene Verzögerung mit Schaden ist der Anspruchsteller, hier der Beklagte. Hinsichtlich der für den Baubeginn und die Monate danach behaupteten Behinderung ist bereits nicht ersichtlich, ob und inwieweit sich diese bis ein Jahr später in den Sommer 2007 kausal ausgewirkt haben soll und nicht zwischenzeitlich durch Kompensationsmaßnahmen auffangbar gewesen wäre.

Randnummer198

Letztlich kann dies jedoch vorliegend dahingestellt bleiben.

Randnummer199

Wird in einer Schlussrechnung eine Leistung nur teilweise prüffähig abgerechnet, wird der Teil der Forderung fällig, der prüfbar abgerechnet ist. Danach kann Fälligkeit eingetreten sein i.H.v. 7,11 % der Schlussrechnungssumme, unter Berücksichtigung von 3 % Nachlass netto 256.499,88 €. Selbst wenn die Position 08 i.H.v. 16.702 € und die inhaltlich streitige Position 10 i.H.v. 12.413,10 € berücksichtigt würden, liegt nach Abzug der Abschlagszahlungen der Klägerin i.H.v. 2.409.115,02 € ( Schlussrechnung S. 105, Ordner I; B 36) kein positiver Saldo zu Gunsten des Beklagten vor. Die erbrachten Abschlagszahlungen sind der errechneten Gesamtforderung als Rechnungsposten gegenüberzustellen ohne Rücksicht darauf, womit in den Abschlagsrechnungen die betreffenden Abschlagsforderungen begründet wurden (BGH NJW 1997, 1444). Die Widerklage ist daher im Hinblick auf die Zahlung restlichen Werklohns insgesamt als derzeit unbegründet abzuweisen. Insoweit ist das erstinstanzliche Urteil abzuändern.

ff)

Randnummer200

Ist eine Klage auf Werklohn wegen fehlender Prüffähigkeit nicht fällig, findet eine inhaltliche Sachprüfung entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht mehr statt. In einem solchen Fall darf die Klage nicht wegen fehlender Substantiierung des Anspruchs als endgültig unbegründet abgewiesen werden.

Randnummer201

Insbesondere ist die endgültige Klageabweisung als Sanktion für vermeintlich falschen Vortrag, wie ihn das Landgericht umfangreich erkannt zu haben glaubt, nicht zulässig. Zwar sind materiell-rechtliche Einwendungen oder Einreden denkbar, die unabhängig von der Prüfbarkeit und inhaltlichen Richtigkeit der Schlussrechnung zur endgültigen Abweisung der Klage als unbegründet führen können, wie etwa die Verjährung oder die fehlende Aktiv- bzw. Passivlegitimation. Solche Umstände liegen hier jedoch nicht vor. Vielmehr zieht das Landgericht zur endgültigen Abweisung der Klage Umstände heran, die allesamt Fragen der inhaltlichen Richtigkeit der Schlussrechnung betreffen. Diese ist jedoch nach Feststellung fehlender Fälligkeit nicht mehr zu untersuchen.

C.

Randnummer202

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs 2 Nr.1 ZPO. Über die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz hat das Landgericht im Schlussurteil einheitlich zu entscheiden.

Randnummer203

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Randnummer204

Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Die Entscheidung weicht auch nicht von Entscheidungen anderer Obergerichte oder des Bundesgerichtshofes ab und beruht auf den Umständen des Einzelfalles.

Oberlandesgericht Köln zu der Frage dass im Rahmen der Darlegung eines Anspruchs auf zeitabhängige Mehrkosten eine baustellenbezogene Darstellung der Ist- und Sollabläufe notwendig ist, die die Bauzeitverlängerung nachvollziehbar macht

Oberlandesgericht Köln zu der Frage dass im Rahmen der Darlegung eines Anspruchs auf zeitabhängige Mehrkosten eine baustellenbezogene Darstellung der Ist- und Sollabläufe notwendig ist, die die Bauzeitverlängerung nachvollziehbar macht

vorgestellt von Thomas Ax

1. Teilt der Auftraggeber dem Auftragnehmer auf einer Baubesprechung mit, dass sich der Beginn seiner Arbeiten infolge einer Behinderung durch einen Vorunternehmer verschieben wird, so kann allein darin weder eine Anordnung im Sinne von § 2 Nr. 5 VOB/B (2002) noch ein Angebot zur Änderung der vertraglichen Vereinbarungen zur Bauzeit gesehen werden.

2. Behält sich der Auftragnehmer im Rahmen der Vereinbarung eines Nachtrags einen bauzeitbezogenen Mehrkostenanspruch nicht ausdrücklich vor, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass das Nachtragsangebot sämtliche Mehrleistungen umfasst und damit zusätzliche, bauzeitbezogene Kosten durch einen späteren Nachtrag nicht mehr nachgeschoben werden können.

3. Im Rahmen der Darlegung eines Anspruchs auf zeitabhängige Mehrkosten ist eine baustellenbezogene Darstellung der Ist- und Sollabläufe notwendig, die die Bauzeitverlängerung nachvollziehbar macht. Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, so ist ein Mehrvergütungsanspruch nach § 2 Nr. 5 VOB/B (2002) nach den tatsächlich erforderlichen Mehrkosten zuzüglich angemessener Zuschläge für Baustellengemeinkosten, allgemeine Gemeinkosten und Gewinn darzulegen und unter Beweis zu stellen. Kalkulatorische Bewertungsverfahren – beispielsweise anhand geschätzter Produktivitätsverluste auf der Grundlage von Erfahrungswerten – können diese Aufgabe nicht erfüllen.

7 U 68/22

Datum:

21.12.2023

Gericht:

Oberlandesgericht Köln

Spruchkörper:

7. Zivilsenat

Aktenzeichen:

7 U 68/22

1

Gründe:

2

I.

3

Die Parteien streiten über einen Restwerklohnanspruch nach Kündigung eines Bauvertrages.

4

Nachdem die G. K. GmbH & Co. KG (im Folgenden: die Insolvenzschuldnerin) am 30.09.2005 von der Beklagten den Zuschlag für die Errichtung eines Erweiterungsanbaus am Gymnasium J. unter Vereinbarung der Geltung der VOB/B erhalten hatte, wobei sich ihr Angebot vor allem auf die Erd-, Beton- und Verblendarbeiten bezogen hatte, führte sie entsprechende Arbeiten ab März 2006 durch. Es kam zu Verzögerungen, für die sich die Parteien wechselseitig verantwortlich machen. Nach Kündigung durch die Insolvenzschuldnerin wegen Zahlungsverzuges am 14.06.2007 kündigte auch die Beklagte am 27.08.2007, weil die Insolvenzschuldnerin die Arbeiten eingestellt hatte. Mit Schlussrechnung vom 04.09.2007 stellte diese der Beklagten insgesamt 1.754.688,59 € (netto) bzw. 2.088.079,42 € (brutto) in Rechnung. Die Beklagte hatte hierauf 1.414.562,55 € an Abschlagszahlungen geleistet, woraus die Insolvenzschuldnerin eine offene Restforderung von 673.516,84 € errechnete. Mit der Bauaufsicht und der Prüfung der Rechnungen hatte die Beklagte die Architekten der U. GmbH (im Folgenden: U.) beauftragt. Diese nahm im Rahmen der Schlussrechnungsprüfung verschiedene Kürzungen vor. Weitere Zahlungen erbrachte die Beklagte auf die Schlussrechnung in der Folgezeit nicht und berief sich auf aufrechenbare Gegenforderungen.

5

Im Jahr 2010 hat die Insolvenzschuldnerin Klage gegen die Beklagte erhoben gerichtet auf Zahlung von 562.775,06 € zzgl. Zinsen sowie weitere 104.070,40 € zzgl. Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe einer Gewährleistungsbürgschaft. Ferner hat der Kläger mit der Klage die Herausgabe einer Bürgschaft der Z. W. Kreditversicherung über 75.000,00 € geltend gemacht. Nach erstinstanzlicher Abweisung der Klage, Aufhebung des landgerichtlichen Urteils durch das OLG Köln (Az. 3 U 147/12) und Zurückverweisung an das Landgericht Köln ist der Rechtsstreit im Jahr 2013 durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin unterbrochen worden.

6

Im Jahr 2018 hat der Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin den Rechtsstreit wieder aufgenommen und einen Großteil der Ansprüche auf ein zwischenzeitlich eingeholtes baubetriebliches Gutachten der Streithelferin zu 1 gestützt (im Folgenden: das I.-Gutachten).

7

Der Kläger hat die Klage umgestellt und in der Hauptsache beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 666.845,46 € nebst Zinsen zu zahlen und die Bürgschaftsurkunde über einen Bürgschaftsbetrag von 75.000,00 € an ihn herauszugeben.

8

Hinsichtlich des weiteren Vortrages der Parteien und der von ihnen gestellten Anträge sowie der Prozessgeschichte bis zur angefochtenen Entscheidung wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf das Urteil des Landgerichts Köln vom 08.03.2022 Bezug genommen.

9

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 180.138,79 € nebst Zinsen zu zahlen und die Bürgschaftsurkunde an ihn herauszugeben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Im Wesentlichen hat das Landgericht ausgeführt, dass hinsichtlich der Baustellengemeinkosten aufgrund der Kündigung der Insolvenzschuldnerin eine Abrechnung der diesbezüglichen Kosten stattfinden müsse, die den geringeren Zeitraum der Baustelleinrichtung berücksichtige. Dies könne vorliegend (ausnahmsweise) durch eine sog. „Abrechnung von oben“ geschehen, wobei die von der Beklagten vorgetragenen Fertigstellungsmehrkosten in Abzug zu bringen seien. Einzelne weitere Positionen des Hauptauftrags – von den Berufungen beider Parteien insoweit nicht angegriffen bzw. unstreitig gestellt – seien nach entsprechender Würdigung des Sach- und Streitstands sowie der Beweisaufnahme zuzusprechen, andere hingegen nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil (im Folgenden LGU) Bezug genommen. Die Nachträge 1, 3 und 8 seien dem Grunde nach unstreitig. Nach Durchführung der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung der Kammer auch fest, dass die darin abgerechneten Massen erbracht worden seien, die Höhe der geltend gemachten Kosten also zutreffend sei. Hinsichtlich der Nachträge 13-15 und 20 wegen Bauzeitverlängerungen hat das Landgericht Folgendes ausgeführt: Die mit Nachtrag 13 geltend gemachten Mehraufwände für die Umstellung von polnischen auf deutsche Arbeiter ergäben sich nicht aus § 642 BGB, weil die Norm nur Mehrkosten für Personal gewähre, die während des Verzugs angefallen seien. Die hier geltend gemachten Kosten seien aber erst nach dessen Ende bei der Fortsetzung der Arbeiten angefallen. Da keine Anordnung vorliege, könne auch § 2 Nr. 5 VOB/B keinen Anspruch begründen. Für einen Anspruch aus § 6 Nr. 6 VOB/B gebe der Vortrag des Klägers nichts Ausreichendes her. Mangels konkreten Vortrags, ob und wie das vorhandene Personal hätte anderweitig eingesetzt werden können, sowie fehlenden Nachweises über Zahlungen für gestelltes Personal könnten auch Zusatzkosten infolge Personalgestellung nicht verlangt werden. Daher sei auch die Position Vorhaltekosten für die Baustelleneinrichtung nicht zuzusprechen. Die mit Nachtrag 14 geltend gemachten Mehraufwände aufgrund geänderter Bauweise infolge verschiedener (störender) Bodenfunde könne der Kläger nicht verlangen, weil er die unstreitig vereinbarten Nachträge, die die Zusatzaufträge aufgrund der Bodenfunde beträfen, hierbei nicht berücksichtigt habe. Hinsichtlich des Nachtrags 15 (Vergabeverzug) hat das Landgericht ausgeführt, dass die Insolvenzschuldnerin ein neues Angebot der Beklagten mit veränderten Zeiträumen angenommen habe, so dass Mehrkosten aufgrund Verzögerung insoweit nicht verlangt werden könnten. Die mit Nachtrag 20 geltend gemachten Personalkosten wegen Bauzeitverzögerung könnten nicht geltend gemacht werden, weil sie nicht konkret, sondern fiktiv berechnet worden seien. Die Kosten für das Privatgutachten der I. GmbH seien mangels Berechtigung der darin ermittelten Bauzeitverzögerungsschäden ebenfalls nicht erstattungsfähig. Die Gegenforderungen der Beklagten seien allesamt nicht ausreichend substantiiert dargelegt. Fertigstellungsmehrkosten seien schon nicht bewiesen. Die Klausel über eine Vertragsstrafe sei unwirksam.

10

Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil und verfolgt den Zahlungsanspruch in der Höhe weiter, in der er durch das Landgericht abgewiesen worden ist. Das betrifft im Wesentlichen die restlichen Kosten der Baustelleneinrichtung sowie die Nachträge 13-15 und 18. Soweit das Landgericht allerdings den Vergütungsanspruch aus dem ursprünglichen Vertrag in Höhe von insgesamt netto 10.557,83 € bzw. brutto 12.563,82 € abgewiesen hat (vgl. Bl. 14 LGU) akzeptiert der Kläger das Urteil (Bl. 352 OLGA); ebenso die Abweisung der Position 5.13.2 aus dem Nachtrag 13 in Höhe von netto 6.506,25 €/brutto 7.742,44 € (Bl. 378 OLGA). Der Kläger stützt seinen Berufungsantrag auf die folgenden Schlussrechnungs-Positionen in folgender Rangfolge:

11

32.588,14 €

Baustellengemeinkosten, soweit nicht zuerkannt

79.481,92 €

SR-Pos. 5.13.1 aus Nachtrag 13, Wechsel von polnischen auf deutsche Arbeiter

107.876,59 €

SR-Pos. 5.13.3 aus Nachtrag 13, verlängerte Vorhaltung der Baustelleneinrichtung

12.8048,52 €

Nachtrag 14, Erschwernisse 2. Bauabschnit, höherer Betrag als im Hauptvertrag

84.654,09 €

Nachtrag 15, Vergabeverzug

44.417,55 €

Nachtrag 20, zusätzliche Personalkosten

25.000,00 €

Gutachterkosten I. GmbH, nur netto

502.066,81 €

SUMME

12

Zur Begründung führt der Kläger aus, er könne die für die Baustelleneinrichtung in der Schlussrechnung abgerechneten 250.740,00 € von der Beklagten vollständig beanspruchen. Diese seien als Teilpauschale angeboten worden. Die Teilpauschale habe nur die vertragliche Bauzeit umfasst und diese sei überschritten worden. Zu den Nachträgen 13, 14, 15 und 20 (Ansprüche wegen Bauzeitverzögerung) meint der Kläger, das Landgericht habe mit der „konkreten bauablaufbezogenen Darstellung“ überhöhte Anforderungen an den Vortrag zu einer Vergütung/Entschädigung bzw. einem Schadensersatzanspruch gestellt. Im Übrigen würden die Anforderungen durch das Gutachten der Streithelferin zu 1), der I. GmbH, (Anlage K 67) erfüllt. Der Kläger bezieht sich ergänzend auf den Vortrag der Streithelferin zu 1) (Bl. 464 ff. OLGA).

13

Der Kläger beantragt sinngemäß,

14

unter teilweiser Abänderung des am 08.03.2022 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln – Az. 5 O 9/10 – die Beklagte zu verurteilen, über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus an ihn einen weiteren Betrag in Höhe von 486.706,67 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. aus 306.567,88 € seit dem 10.11.2007 und aus 104.070,40 € seit dem 29.01.2010 zu zahlen, und

15

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

16

Die Streithelfer zu 1) und 2) – des Klägers – schließen sich den Anträgen der Klägerseite an.Die Beklagte beantragt,

17

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und

18

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln (5 O 9/10) vom 03.03.2022 abzuweisen.

19

Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung weiterhin das Ziel der vollständigen Klageabweisung. Sie meint, dass ein Anspruch wegen der Baustelleneinrichtungskosten nicht bestehe. Über diese Kosten sei auch nicht ordnungsgemäß abgerechnet worden. Soweit die Beklagte im Hinblick auf streitige Positionen aus dem Hauptvertrag (also ohne Nachträge) verurteilt worden ist, greift sie dies nur noch im Wege der Aufrechnung mit Gegenforderungen an, die sie im Übrigen weiter im Wege der Hilfsaufrechnung geltend macht. Ein Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde bestehe nicht, weil diese bereits zurückgegeben worden sei; letzteres ist unstreitig geblieben.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten des in zweiter Instanz erfolgten Vortrags wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 28.09.2023 (Bl. 875 ff. OLGA) Bezug genommen.

21

II.

22

Auf die zulässige Berufung des Klägers ist das angefochtene Urteil lediglich in ganz geringem Umfang (0,33 €) abzuändern; diese unbedeutende Differenz ergibt sich aus kleinen Zahlendrehern im Rahmen der Addition der Einzelforderungen, die das Landgericht von den Parteien übernommen hatte. Auf die ebenfalls zulässige Berufung der Beklagten ist das Urteil des Landgerichts weiterhin insofern abzuändern, als der Anspruch des Klägers auf die Herausgabe der Bürgschaftserklärung zurückzuweisen war, weil die Rückgabe – wie zwischenzeitlich unstreitig feststeht – bereits erfolgt war. Im übrigen und damit zum weit überwiegenden Teil waren beide Berufungen unbegründet.

23

In den folgenden Ausführungen werden (differenziert nach den einzelnen Berufungen) unter den Gliederungspunkten A und B lediglich die mit den Berufungen angegriffenen Positionen, diese betreffen im Wesentlichen die Baustelleneinrichtung aus dem Hauptauftrag sowie die Nachträge 13, 14, 15 und 20, erörtert. Anschließend wird unter lit. C die Schlussrechnung insgesamt aufgeführt, um den sich aus der Schlussrechnung abzüglich der von der Beklagten geleisteten Zahlungen nach dem Ergebnis der Berufungen ergebenden noch offenen Betrag rechnerisch besser nachvollziehbar zu machen. Dabei sind die streitigen Schlussrechnungspositionen farbig hinterlegt.

24

A. Berufung des Klägers

25

Die Berufung des Klägers ist zulässig, sie wurde insbesondere frist- und formgerecht eingelegt. Sie ist jedoch lediglich in ganz geringem Umfang begründet. Die geringe Abweichung von 0,33 € ergibt sich aus Rechen- oder Übertragungsfehlern. Insofern ist auf die unter lit. C aufgeführte Schlussabrechnung zu verweisen. In allen wesentlichen Punkten ist der Berufung des Klägers kein Erfolg beschieden.

26

1. Baustelleneinrichtung

27

Insoweit stehen in der Berufungsinstanz noch folgende Positionen der Schlussrechnung zwischen den Parteien in Streit, wobei der Kläger einen vom Landgericht vorgenommenen Abzug iHv 27.384,99 € zusätzlich realisieren möchte – während die Beklagte mit ihrer Berufung erreichen möchte, dass die nachfolgend genannten Positionen ganz abgewiesen werden, weil die verwendete Abrechnungsmethode unzulässig sei:

28

SR-Positionen

Betrag (netto)

Gegenstand

1.1.10

250.740,00

Baustelleneinrichtung

1.1.40

7.959,84

Sanitärcontainer

1.1.50

1.902,94

Ver- und Entsorgung

1.1.230

1.869,80

Baustromanschluss

1.1.260

1.269,82

Bauwasser-Zapfstelle

1.1.310

304,40

Baubeleuchtung im Gebäude

1.1.320

1.257,28

Baubeleuchtung

Summe laut SR

265.304,08

 

29

Auch nach der Überzeugung des Senats steht dem Kläger der geltend gemachte Anspruch bezgl. der Baustelleneinrichtung lediglich abzüglich einer Summe von 27.384,99 € zu. Das entspricht im Hinblick auf die streitgegenständlichen Positionen (überwiegend Pauschalpositionen) einem etwa 10 %-igen Abschlag und findet seinen Grund darin, dass die Bauarbeiten zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht vollständig fertig waren, die Baustelleneinrichtung also noch benötigt wurde. Das Landgericht hat den Abzug ermittelt, indem es von den Pauschalleistungen die auf die Baustelleneinrichtung bezogenen Positionen der Rechnung E. + T. (RHA 22) über 27.384,99 € netto abgezogen hat, die die Beklagte für die Baustelleneinrichtung zur Durchführung der Restarbeiten tatsächlich aufgewendet hat – sog. „Berechnung von oben“. Hiergegen richten sich beide Berufungen.

30

a)

31

Beide Parteien haben die Kündigung des Bauvertrages erklärt, die Insolvenzschuldnerin mit Schreiben vom 27.06.2007 wegen Zahlungsverzuges, die Beklagte mit Schreiben vom 27.08.2007 wegen Verzuges mit der Leistungserbringung. Da die zeitlich frühere Kündigung des Auftrags durch die Insolvenzschuldnerin berechtigt war, hat die spätere Kündigung der Beklagten keinen Einfluss auf die Abrechenbarkeit der Baustelleneinrichtungskosten; sie ging ins Leere. Im Einzelnen:

32

Eine Wirksamkeit der Kündigung der Beklagten vom 27.08.2007 kommt nur dann in Betracht, wenn nicht bereits zuvor der Bauvertrag durch die Kündigung der Insolvenzschuldnerin beendet worden ist. Bei wechselseitigen Kündigungen beendet die zeitlich erste wirksame fristlose Kündigung den Vertrag, so dass die spätere, von der Gegenseite erklärte Kündigung ins Leere geht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. April 2019 – I-22 U 62/18 –, Rn. 133, juris). Demgegenüber ist nicht aufgrund einer „materiellen Gesamtbetrachtung“ zu entscheiden, welche der wechselseitigen Kündigungen den rechtlichen Vorrang hat (so aber KG Berlin, Teilurteil vom 16. Februar 2018 – 21 U 66/16 –, Rn. 68 ff., juris).

33

Die Insolvenzschuldnerin hat den Werkvertrag gekündigt, weil die Beklagte auf die (laut Kläger) 10. bzw. (laut Beklagter) 11. Abschlagsrechnung vom 05.06.2007 – das Datum der Abschlagsrechnung als solches ist unstreitig – über 304.149,69 € (brutto) nur 24.104,72 € gezahlt hat (vgl. geprüfte Abschlagsrechnung, Anlage RHA 6, Anlagenheft I). Eine Kündigung wegen Zahlungsverzuges mit einer Abschlagsforderung setzt voraus, dass die Abschlagsforderung fällig und trotz Fristsetzung und Kündigungsandrohung nach § 9 Nr. 2 VOB/B (2002) (soweit im Folgenden nicht anders vermerkt, gehen die folgenden Ausführungen stets von der VOB/B in der 2002 gültigen Fassung aus) nicht vollständig beglichen worden ist. Die Fälligkeit setzt wiederum voraus, dass die Forderung dem Wert des Leistungsstandes entspricht und durch eine prüfbare Aufstellung, die eine rasche und sichere Beurteilung der Leistungen ermöglicht, nachgewiesen wird (§ 16 Nr. 1 VOB/B), wobei Abschlagsforderungen 18 Tage nach Zugang der Aufstellung fällig werden (§ 16 Nr. 3 VOB/B in der damals gültigen Fassung – 2002 –).

34

Bei Ausspruch der Kündigung am 27.06.2007 war die Abschlagsrechnung durch das Büro U. um mindestens 47.822,72 € (netto) = 56.909,04 € (brutto) zu Unrecht gekürzt worden. Dieser Betrag ergibt sich aus der Summe der Kürzungen zu den Nachträgen 1, 3 und 8 sowie der Einbehalte für Vertragsstrafen (10.000,00 €) und eine Rechnung der Fa. B. für Dachabdichtungen (12.078,53 €). Im Einzelnen:

35

Die Nachträge 1, 3 und 8 sind von U. jeweils, wie aus der Schlussrechnung (Anlage K 7) ersichtlich, gekürzt worden. Dass diese Kürzungen zu Unrecht erfolgt sind, ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil des Landgerichts Köln, dort S. 18 ff. Ausweislich des Urteils haben die Forderungen aus den Nachträgen 1, 3 und 8 in voller Höhe bestanden. Das landgerichtliche Urteil ist insoweit auch nicht mit der Berufung angegriffen worden. Ob die Beklagte an anderer Stelle zu Recht Abzüge vorgenommen hat, mag dahinstehen, da andere Abzüge nicht in die hiesige Berechnung des zumindest zu Unrecht einbehaltenen Betrages aus der Nachtragsrechnung vom 05.06.2007 einfließen.

36

Konkrete Einwendungen gegen die Prüfbarkeit der Nachträge 1, 3 und 8 hat die Beklagte zu keiner Zeit erhoben. Solche ergeben sich weder aus dem Schreiben U. vom 11.06.2007, noch aus den Ausführungen in der Klageerwiderung Bl. 31 ff. LGA. Soweit die Beklagte hinsichtlich anderer Positionen, insbesondere der Bodenmassen, mangelnde Prüfbarkeit gerügt hat (vgl. Schreiben U. vom 11.06.2007), bezieht sich dies ersichtlich nicht auf die Nachträge 1, 3 und 8. Die Beklagte kann sich auch insoweit nicht mehr auf mangelnde Prüfbarkeit berufen, da sie diese nicht binnen der Zahlungsfrist des § 16 Nr. 1 Nr. 3 VOB/B (also binnen 18 Tagen) geltend gemacht hat. Eine Abschlagsforderung wird fällig, wenn innerhalb angemessener Frist die fehlende Prüfbarkeit nicht gerügt wird. Diese Frist entspricht der Zahlungsfrist in § 16 Nr. 1 Nr. 3 VOB/B (Kniffka/Koeble, Kompendium, 5. Aufl., Teil 4, Fn. 1580 zu Rn. 619). Einwendungen gegen die auf die Nachträge 1, 3 und 8 entfallenden Positionen der Abschlagsrechnung hätten also bis zum 23.06.2007 erhoben werden müssen.

37

Auch der Einbehalt für eine Vertragsstrafe ist zu Unrecht erfolgt, da die zugrunde liegende Klausel unwirksam war. Auf die zutreffenden Ausführungen im LGU (dort S. 30 f.) wird Bezug genommen. Auch dieser Punkt wird von der Beklagten in der Berufung nicht mehr in Frage gestellt.

38

Ein Anspruch auf Erstattung der von der Fa. B. in Rechnung gestellten Forderungen besteht ebenfalls nicht (siehe dazu unten B. 3. c)).

39

Dieser Betrachtung steht auch nicht entgegen, dass einzelne Positionen aus einer Rechnung grundsätzlich nur dann geltend gemacht werden können, wenn diese wenigstens in Höhe der Summe dieser Positionen einen positiven Saldo ausweist (BGH, Urteil vom 20. August 2009 – VII ZR 205/07 –, BGHZ 182, 158-187, Rn. 59 f.). Denn ein positiver Saldo ergibt sich bereits aus dem Ergebnis der Prüfung durch U. unter Berücksichtigung aller aus dortiger Sicht vorzunehmenden Abzüge.

40

Darauf, dass U. eventuell sogar zu „großzügig“ geprüft habe, kann sich die Beklagte nicht berufen, da die Insolvenzschuldnerin die Berechtigung der weitgehenden Nichtzahlung auf die Abschlagsrechnung nur auf Grundlage der Angaben der Rechnungsprüfung durch U. und deren begleitendem Schreiben beurteilen konnte.

41

Die Insolvenzschuldnerin als Auftragnehmerin musste ihre Entscheidung über eine Vertragskündigung nach § 9 VOB/B in der jeweiligen zeitlichen Situation treffen; diese Entscheidung ist von erheblichem wirtschaftlichen Gewicht, weil sich der Auftragnehmer bei einer Kündigung ohne wichtigen Grund Schadensersatzansprüchen des Auftraggebers (Mehrkosten für die Fertigstellung, Verzugsschäden etc.) aussetzt. Es ist deshalb zu verlangen, dass der Auftraggeber für seine – auch nur zeitweilige oder teilweise – Zahlungsverweigerung nachvollziehbare Gründe angibt (vgl. OLG Celle, Urteil vom 24. Februar 1999 – 14a (6) U 4/98 –, Rn. 44, juris; KG Berlin, Urteil vom 25. Oktober 2012 – 21 U 133/11 –, Rn. 34 ff., juris). Demnach durfte sich die Insolvenzschuldnerin darauf verlassen, dass andere als die in der Prüfung und dem begleitenden Schreiben erwähnten Gründe einer Zahlung auch aus Sicht der Beklagten nicht entgegen gestanden haben. Hinsichtlich der Nachträge zu 1, 3 und 8 lassen sich Einwendungen der Prüfung nicht entnehmen und solche sind auch später zu keiner Zeit vorgetragen worden; Einbehalte wegen einer Vertragsstrafe und der Rechnung der Fa. B. sind unberechtigt (s.o.). Sofern die Beklagte sich weitere Gründe für die Nichtzahlung vorbehalten hat, war die Kündigung wegen einer Verletzung der Kooperationspflicht aus wichtigem Grund berechtigt (vgl. OLG Celle a.a.O.; KG Berlin a.a.O.)

42

Auch im Übrigen sind die formellen Voraussetzungen für eine Kündigung wegen Zahlungsverzuges am 27.06.2007 erfüllt gewesen. Der zeitliche Ablauf gestaltete sich wie folgt:

43

05.06.2007              Abschlagsrechnung (Anlange RHA 6, Anlagenheft I)

44

14.06.2007              Androhung der Vertragskündigung durch die Insolvenzschuldnerin, wenn nicht bis 22.06.2007 die technischen Voraussetzungen für die Verblendarbeiten gegeben und die hindernden Umstände aus dem Zahlungsverzug beseitigt sind (Anlage K 64, Bl. 130 LGA)

45

27.06.2007              Kündigung des Vertrages wegen Zahlungsverzuges durch die Insolvenzschuldnerin nach „VOB/B § 9.1.B“ (Anlage K 8, Ordner).

46

Demnach war die 18-tägige Frist für den Eintritt der Fälligkeit nach § 16 Nr. 1 Nr. 3 VOB/B abgelaufen, als die Insolvenzschuldnerin die Kündigung erklärt hat.

47

Zwar ist die Fristsetzung und Androhung der Kündigung nach § 9 Nr. 2 b) VOB/B bereits erfolgt, bevor die (mindestens in Höhe von 56.909,04 € brutto begründete) Forderung aus der Abschlagsrechnung nach § 16 Nr. 3 VOB/B fällig geworden ist. Dies führt allerdings nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung vom 27.06.2007, weil in dem „Beiblatt zur 11. Abschlagsrechnung“ vom 11.06.2007 (Anlage RHA 6 am Ende) und dem Schreiben von U. vom 11.06.2007 (Anlage RHA 7) eine endgültige und ernsthafte Erfüllungsverweigerung zu sehen ist, die die Fristsetzung nach § 9 Nr. 2 VOB/B entbehrlich gemacht hat. Eine Nachfristsetzung ist bei einer Kündigung nach § 9 VOB/B dann entbehrlich, wenn eine ernstliche und endgültige Weigerung des Auftraggebers vorliegt, eine fällige Zahlung zu leisten (BGH, Urteil vom 10. Juni 1974 – VII ZR 30/73 –, Rn. 10, juris; vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 31. Januar 2017 – 10 U 70/16 –, Rn. 90, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. April 2019 – I-22 U 62/18 –, Rn. 197, juris). Eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung wird u.a. dann bejaht, wenn der Auftraggeber der Abschlagsforderung des Auftragnehmers eine in Wahrheit nicht bestehende Vertragsstrafenforderung entgegen hält (BGH a.a.O.). Dies entspricht der hiesigen Situation. Der Rechnungsprüfung und dem begleitenden Schreiben lässt sich allenfalls hinsichtlich der Bodenmassen die Bereitschaft entnehmen, bei Vorlage von Unterlagen zum Aufmaß von Einbehalten abzusehen. Im Übrigen ist eine entsprechende Bereitschaft nicht erkennbar, so dass jedenfalls hinsichtlich des oben ausgewiesenen, zu Unrecht einbehaltenen Betrages von einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung auszugehen ist.

48

Zu Unrecht beruft sich die Beklagte gegen die Kündigung auf das baurechtliche Kooperationsgebot. Das Oberlandesgericht Köln hat mit Urteil vom 07.06.2016 ausgeführt, dass das allgemeine Kooperationsgebot und § 18 Nr. 5 VOB/B der Geltendmachung des Leistungsverweigerungsrechts nach § 16 Nr. 5 VOB/B nicht entgegenstehen. Dies gilt auch dann, wenn der Auftraggeber sich hinsichtlich seiner Zahlungspflichten in einem Rechtsirrtum befindet und der Auftragnehmer keinen Zahlungsausfall zu befürchten hat, weil es sich bei dem Auftraggeber um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt (OLG Köln, Urteil vom 07.06.2016 – 22 U 45/12, Rn. 90 ff. juris). Diese Wertung ist auf die Kündigung nach § 8 Nr. 1 b) VOB/B zu übertragen. Auch hatte sich die Insolvenzschuldnerin bereits im Hinblick auf von der Beklagten vorgenommene Einbehalte von der 9. Abschlagsrechnung, die sich u.a. ebenfalls auf die Nachträge 1, 3 und 8 bezogen haben, mit der Beklagten bzw. der für diese tätigen U. vergeblich in Verbindung gesetzt und so versucht, ihre Kooperationspflichten zu erfüllen.

49

Demzufolge ist die Kündigungserklärung der Insolvenzschuldnerin vom 27.06.2007 wirksam und hat zur sofortigen Beendigung des Vertragsverhältnisses geführt. Die spätere Kündigungserklärung der Beklagten geht damit ins Leere. Daher hat die Abrechnung der  streitgegenständlichen Baustelleneinrichtungskosten nach den Grundsätzen für die Abrechnung nach Kündigung durch den Auftragnehmer zu erfolgen, denn die Baustelle war zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht beendet.

50

b)

51

Nach der Überzeugung des Senats steht dem Kläger zwar ein erheblicher Teil der Baustelleneinrichtungskosten zu; er muss sich aber Abzüge im Hinblick auf die Räumung der Baustelle vor Beendigung der Arbeiten gefallen lassen. Dies kann vorliegend, wie das Landgericht zu Recht ausführt, (ausnahmsweise) durch eine sog. Abrechnung von oben erfolgen.

52

Grundsätzlich erfolgt bei vorzeitiger Beendigung des Auftrags die Abrechnung dergestalt, dass die erbrachten Leistungen von den nicht erbrachten abgegrenzt und das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung sowie der aus dem Vertragspreis entwickelte Preisansatz für die erbrachte Leistung so dargelegt werden müssen, dass der Auftraggeber in die Lage versetzt wird, sich sachgerecht zu verteidigen (st. Rspr., vgl. etwa BGH, BauR 2004, 1443; BauR 2011, 1811; OLG Köln vom 17.03.2021, I-11 U 281/19, juris Rn. 58).

53

Diese Form der Abrechnung „von unten“ hat der Kläger vorliegend jedoch nicht vorgenommen. Er meint vielmehr, er könne schon allein deshalb zu 100 % abrechnen, weil die Baustelle die geplante Bauzeit zum Zeitpunkt der Kündigung ohnehin schon weit überschritten hatte. Das berücksichtigt allerdings nicht, dass die wesentlichen Abrechnungsparameter pauschal vereinbart worden waren – also für die gesamte Bauzeit unabhängig davon, wie lange sie dauert. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Erwägungen in der angefochtenen Entscheidung (S. 11 f. des Urteils) Bezug.

54

Allerdings hat die Klägerseite sich für den Fall des Erfordernisses der Abrechnung die Methode der sog. „Abrechnung von oben“ letztlich hilfsweise zu eigen gemacht, sie meint lediglich, es seien geringere Kosten abzusetzen. Der Senat ist der Überzeugung, dass im vorliegenden Fall die sog. Abrechnung von oben (ausnahmsweise) zulässig ist (vgl. dazu KG Berlin vom 19.04.2013, 6 U 80/10 BeckRS 2014, 9907; OLG Saarbrücken vom 18.12.2007, 4 U 363/05, juris), weil relevante kalkulatorische Verschiebungen wegen der relativen Geringwertigkeit der Restleistungen zur „Baustelleneinrichtung“ im Verhältnis zu den Gesamtkosten nicht zu befürchten sind (zu dieser Voraussetzung vgl. etwa Kniffka/Koeble, Kompendium, 5. Aufl., Teil 8, Rn. 63): Der vom Landgericht in Abzug gebrachte Betrag für die bei der Kündigung noch nicht zu Ende erbrachte Leistung beläuft sich mit 27.384,99 € im Verhältnis zu den Gesamtkosten (ohne Nachträge, nach dem ursprünglichen vertraglichen Leistungssoll) von ca. 1,2 Millionen € netto auf einen unbedeutenden Teil in einer Größenordnung von ca. 2,4 %.

55

Dieser in Abzug zu bringende Betrag von 27.384,99 € beruht auf der nachvollziehbaren und schlüssigen Berechnung der Fertigstellungsmehrkosten durch die Beklagte (Anlage RHA 22, S. 6). Insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil Bezug. Zweifel hieran ergeben sich nicht. Die Einwendungen der Beklagten gegen die Rechnung der Fa. E. + T. über die Kosten der Baustelleneinrichtung für die Restleistungen bis zur Fertigstellung des Bauvorhabens sind nicht nachvollziehbar. Die Baustelleneinrichtungskosten sind der als Anlage RHA 22 vorgelegten Rechnung problemlos zu entnehmen. Dass andere Positionen ebenfalls Baustelleneinrichtungskosten enthalten sollen, behauptet die Beklagte in der Berufungsbegründung zwar, führt dies aber nicht weiter konkret aus. Der Senat vermag keine anderen Positionen als die berücksichtigten zu finden, die sich auf die Baustelleneinrichtung beziehen. Völlig unverständlich ist die Behauptung, die Positionen 1.1.40, 1.1.50, 1.1.230, 1.1.260 und 1.1.310 seien nicht an die Firma E. + T. beauftragt worden. Immerhin hat die Beklagte die Anlage vorgelegt, auch um darzulegen, welche Mehrkosten sie im Wege der (Hilfs-)Aufrechnung geltend macht.

56

c) Zwischenergebnis

57

Von den geltend gemachten Kosten der Baustelleneinrichtung sind also 27.384,99 € in Abzug zu bringen, so dass hinsichtlich der Positionen des gesamten Abschnitts 1 des Hauptauftrags ein Betrag von insgesamt 250.780,32 € in die Schlussrechnung (s.u. lit. C) einzustellen ist, von denen 237.919,09 € auf die eingangs genannten streitigen Positionen entfallen und der Rest auf die unstreitigen Positionen des Abschnitts 1.

58

2. Nachtrag 13

59

Geltend gemacht werden aus diesem Nachtrag zwei noch streitige Mehrkosten-Positionen:

60

SR-Positionen

Gegenstand

Betrag (netto)

Pos. 5.13.1.

Wechsel von polnischen auf (teurere) deutsche Arbeiter

66.791,53 € netto

Pos. 5.13.3.

verlängerte Vorhaltung der Baustelleneinrichtung

90.652,60 € netto

61

Nach der Überzeugung des Senats kann der Kläger diese beiden Positionen aus dem Nachtrag 13 unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einfordern. Zu den in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen gilt im Einzelnen das Folgende:

62

a) § 6 Nr. 6 VOB/B

63

Ein Anspruch auf Zahlung der Kosten bezüglich beider Positionen ergibt sich nicht aus § 6 Nr. 6 VOB/B. Danach hätte zwar, sofern hindernde Umstände von einem Vertragsteil zu vertreten sind, der andere Teil Anspruch auf Ersatz des nachweislich entstandenen Schadens sowie des entgangenen Gewinns – letzteres jedoch nur bei einer vorsätzlich oder grob fahrlässig begangenen Pflichtverletzung. Eine bloße Obliegenheitsverletzung reicht hingegen nicht aus. In Betracht kommt dabei auch eine Haftung für Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB, soweit sie tatsächlich eine Pflicht im Verhältnis zum behinderten Unternehmer erfüllen sollten; insoweit scheiden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings Vorunternehmer aus und können nicht als Erfüllungsgehilfen angesehen werden, wenn der Auftraggeber – wie meist – keine besondere Einstandspflicht gegenüber dem auf den Vorarbeiten aufbauenden Unternehmer übernommen hat (vgl. etwa BGH VII ZR 185/98 Rz. 20 ff., OLG Düsseldorf I-5 U 52/19, Rz. 52 und KG Berlin 21 U 122/18, jeweils nach juris). Typische Behinderung durch Vorunternehmer wie vorliegend durch Verzögerungen bei den Gewerken des Fensterbauers, durch die die Verklinkerungsarbeiten der Insolvenzschuldnerin nicht wie geplant beginnen konnten, begründen daher kein Verschulden des Auftraggebers und sind von ihm nicht zu vertreten, da der Vorunternehmer in der Vertragsbeziehung zum Auftragnehmer kein Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers ist.

64

b) § 2 Nr. 5 VOB/B

65

Auch § 2 VOB/B begründet insoweit keinen Anspruch. Danach ist, wenn durch eine Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert werden, ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. Die Vereinbarung soll vor der Ausführung getroffen werden. Grundsätzlich kann auch eine bauzeitändernde Anordnung Ansprüche nach § 2 Nr. 5 VOB/B auslösen (Kniffka in Kniffka/Koeble u.a., Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., Teil 4, Rn. 167). Das bedeutet aber nicht, dass jede „Behinderung“ durch einen Dritten – z.B. einen Vorunternehmer -, die der Bauherr dem Auftragnehmer „mitteilt“, eine Anordnung darstellt und die Rechtsfolgen nach § 2 Nr. 5 VOB/B auslöst. Allein dadurch, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer hindernde Umstände mitteilt (etwa: keine Möglichkeit der Arbeitsaufnahme, weil ein Vorgewerk noch nicht fertig gestellt ist), trifft er weder eine Anordnung noch bietet er (konkludent) eine Änderung der vertraglichen Vereinbarungen zur Bauzeit an (vgl. auch Werner/Pastor, Der I., 18. Aufl., Kap. 5, Teil IV, Rn. 1409 f. unter Berufung auf BGH VII ZR 16/17 = NZBau 2018, 25, Rn. 40 nach juris; Kniffka, a.a.O., Teil 4, Rn. 171; OLG Celle 14 U 166/08, juris; a.A. KG Berlin 21 U 122/18, juris).

66

Der Senat schließt sich dieser herrschenden Rechtsansicht insbesondere aufgrund der Erwägung an, dass die Vertreter der Gegenauffassung das Verhältnis von § 2 Nr. 5 VOB/B zu § 6 Nr. 6 VOB/B, der im Gegensatz zu § 2 Nr. 5 VOB/B auf eine schuldhafte Pflichtverletzung abstellt, systematisch nicht sinnvoll erklären und die Anwendungsbereiche der beiden Klauseln nicht überzeugend gegeneinander abgrenzen können. Das Verschuldensprinzip des § 6 Nr. 6 VOB/B würde bei einer derart weiten Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 2 Nr. 5 VOB/B, wie sie etwa das Kammergericht (a.a.O.) vertritt, gänzlich umgangen, ohne dass sich dies allein mit der Begründung, der Wortlaut des § 2 Nr. 5 VOB/B lasse eine solche weite Deutung zu, befriedigend rechtfertigen ließe. Dass die zeitliche Verschiebung auf einer Baubesprechung angekündigt oder vielleicht sogar mit Nachdruck „bestimmt“ worden ist, stellt demnach keine Änderungsanordnung im Sinne des § 2 Nr. 5 VOB/B dar, sondern nur die Mitteilung einer Behinderung im Sinne von § 6 Nr. 6 VOB/B und ihrer voraussichtlichen Dauer.

67

c) § 642 BGB

68

§ 642 Abs. 1 BGB bestimmt, dass, sofern bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich ist, der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen kann. Mit der Höhe der Entschädigung beschäftigt sich Abs. 2.

69

Hiernach können etwa die mangelnde „Überlassung eines baufreien Baugrundstücks“ an den Unternehmer, ggfls. auch „erforderliche Vorarbeiten anderer Unternehmen“ und sogar „verlangsamende Behinderungen, die die Schwelle zum Mitwirkungsverzug überschreiten“ zu einer Entschädigung führen (Grüneberg-Retzlaff, BGB, 82. Aufl., § 642 Rn. 3). Entschädigt werden jedoch nur unproduktive Vorhalte von Produktionsmitteln während des Annahmeverzugs – nicht hingegen andere Nachteile, die erst nach diesem Zeitraum entstanden sind. Nach inzwischen gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung (Urteil des BGH vom 30. Januar 2020 – VII ZR 33/19, juris; entgegen der vorinstanzlichen Entscheidung des KG Berlin, Urteil vom 29. Januar 2019 – 21 U 122/18, Rn. 44, juris) steht fest, dass die Höhe der Entschädigung einen Bezug zu der „vergeblichen Bereithaltung von Produktionsmitteln“ während der Dauer des Annahmeverzugs haben muss. Das ergibt ein an Sinn und Zweck der Vorschrift orientiertes Verständnis. Es handelt sich bei der Norm weder um einen Vergütungs- noch um einen Schadensersatzanspruch (BGH, a.a.O. Rn. 51 ff.). Zur historischen Auslegung führt der BGH aus, dass der Gesetzgeber ausweislich der Materialien eine „Entschädigung für den Zeitraum, in dem nicht geleistet werden konnte“, schaffen wollte, ohne jedoch jegliche Nachteile ausgleichen zu wollen, die dadurch entstehen, dass der Auftragnehmer seine Leistung während des Annahmeverzugs nicht gewinnbringend ausführen kann (BGH, a.a.O. Rn. 53). Dieser überzeugenden Auffassung folgt auch der Senat. Die Vorschrift passt daher von der Rechtsfolge her nicht, wenn Folgekosten für die Zeit nach dem Ende des Annahmeverzugs geltend gemacht werden sollen. Dabei ist vorliegend zwischen den beiden o.g. Schlussrechnungspositionen zu unterscheiden:

70

aa) Pos. 5.13.1 (Wechsel von polnischen zu deutschen Arbeitnehmern)

71

Ein Anspruch scheidet insofern aus: Die geltend gemachten Mehrkosten sind nicht während der Zeit des Annahmeverzugs angefallen, sondern erst später, nachdem der Verzug bereits beendet war und die deutschen Arbeiter anstelle der nach dem ursprünglichen Plan einzusetzenden günstigeren polnischen Arbeiter die Arbeit aufgenommen hatten. Die Mehrkosten sind also erst nach Beendigung des Bauverzugs angefallen, so dass die Norm schon von der Rechtsfolge her ungeeignet ist, den geltend gemachten Anspruch zu begründen.

72

Darüber hinaus reicht der Vortrag zu den Mehrkosten aber auch aus sich heraus nicht aus, um einen Anspruch der Höhe nach schlüssig zu begründen. Es ist nämlich streitig, ob die Insolvenzschuldnerin die polnischen Arbeiter der Fa. V. tatsächlich im ursprünglich vorgesehenen Arbeitszeitraum zu den behaupteten Preisen hätte einsetzen können. Der beweisbelastete Kläger hätte daher konkret vortragen und unter Beweis stellen müssen, dass die Insolvenzschuldnerin die billigeren Arbeitskräfte unter Vertrag hatte oder zumindest ein bindendes Angebot vorlag. Das Erfordernis einer vertraglichen Bindung ist der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Mehranspruch wegen Vergabeverzuges nach § 2 Nr. 5 VOB/B zu entnehmen. Im Urteil vom vom 22. Oktober 2020 – VII ZR 10/17 –, Rn. 32 f., juris, führt der Bundesgerichtshof aus, dass die Klägerin im zu entscheidenden Fall nicht hinreichend dargelegt habe, dass die von ihr verlangten Mehrkosten für die technische Bearbeitung auf eine Verschiebung der Ausführungszeit zurückzuführen waren. Eine Kausalität der Verschiebung der Ausführungsfrist für die geltend gemachten Mehrkosten sei nur dann gegeben, wenn die Klägerin für den angedachten Ausführungszeitraum ein bindendes Angebot zu dem genannten Pauschalpreis abgegeben hätte. Denn nur dann habe die Verschiebung der Ausführungsfrist im konkreten Fall Einfluss auf die von der Klägerin aufzuwendenden Kosten haben können.

73

An einem solchen bindenden Angebot oder einer nachvollziehbaren vertraglichen Bindung der preiswerteren polnischen Arbeitnehmer fehlt es vorliegend. Der Kläger schildert überhaupt keine unmittelbare vertragliche Beziehung zu der Firma V., die die polnischen Arbeitnehmer stellen sollte; vielmehr sollte alles über eine Firma Q. GmbH vermittelt werden. Inwiefern die Fa. V. sich dieser gegenüber durch einen wirksam geschlossenen Vertrag rechtlich gebunden hatte, wird allerdings genauso wenig konkret vorgetragen und unter Beweis gestellt wie eine vertragliche Bindung zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Q. GmbH. Unstreitig haben zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Fa. V. direkt jedenfalls keinerlei vertraglichen Beziehungen bestanden. Auf das entsprechende Bestreiten der Beklagten (Bl. 537 LGA) hat der Kläger lediglich vorgetragen, dass die Insolvenzschuldnerin wegen der damals kontingentierten Arbeitserlaubnisse für polnische Facharbeiter auf die Kontingente der Q. GmbH habe zurückreifen müssen (Bl. 591 und 801 LGA) und dass zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Q. GmbH vereinbart gewesen sei, dass die Q. GmbH die Rechnungen der Fa. V. an die Insolvenzschuldnerin weiterleiten solle (Bl. 801 LGA). Daraus ergibt sich allerdings nicht, dass die Fa. Q. GmbH gegenüber der Insolvenzschuldnerin rechtlich bindend verpflichtet gewesen wäre, Arbeiter der Fa. V. zur Verfügung zu stellen. Der Vortrag, die Fa. V. habe am 15.10.2006 „den Vertrag mit der Insolvenzschuldnerin“ gekündigt (Bl. 398 LGA), ist mangels direkter vertraglicher Beziehung zu der Insolvenzschuldnerin, wie der Kläger später eingeräumt hat, gegenstandslos.

74

Auch aus dem nachgelassenen Schriftsatz vom 09.11.2023 ergeben sich diesbezüglich keine weiteren Erkenntnisse: Die darin wiederholt in Bezug genommene Rechnung über einen Schadensersatz der Fa. V. vom 12.10.2006 (Anlage 69 zum Baubetriebs-Gutachten, Anlage K 67) vermag eine verpflichtende Verbindung zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Fa. V. direkt nicht zu belegen. Die von V. ausgestellte und der Q. GmbH übersandte Rechnung, deren Berechtigung anhand des Vorbringens des Klägers nicht näher geprüft werden kann, besagt für die vorliegende Frage, ob die Insolvenzschuldnerin bereits Inhaberin eines werthaltigen Rechtsanspruchs gegen die Fa. V. oder die Q. GmbH auf Gestellung der (preiswerteren) polnischen Arbeitnehmer war, nichts, sofern nicht auch eine Bindung zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Q. GmbH dargelegt und bewiesen ist. Auffallend ist dabei, dass nicht nur kein bindender Vertrag zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Q. GmbH oder der V. vorgelegt werden konnte, sondern schon kein substantiierter Vortrag zum Vertragsschluss selbst erfolgt. Soweit der Kläger die geschilderten Schwächen seines diesbezüglichen Vorbringens mit der allgemeinen Insolvenzsituation und der Menge ungesichteter Unterlagen zu erklären versucht hat, leuchtet dies im Hinblick auf die Dauer des Insolvenzverfahrens und des vorliegenden Prozesses nicht recht ein; hinzu kommt, dass der Kläger auch keinerlei Perspektive aufzeigen konnte, dass bzw. wann er fehlende Unterlagen und Details zugänglich machen könnte. Daher war ein weiteres Zuwarten nicht veranlasst.

75

Wenn aber die Insolvenzschuldnerin weder gegenüber der Fa. V. noch gegenüber Dritten einen nachweisbaren Anspruch darauf hatte, dass ihr die preiswerten Arbeiter zur Verfügung gestellt werden, können die angesetzten günstigen Arbeitskosten auch aus diesem Grunde nicht in eine Vergleichsrechnung zur Ermittlung von Mehrkosten eingestellt werden.

76

bb) Pos. 5.13.3 (verlängerte Vorhaltung der Baustelleneinrichtung)

77

Diese Position gliedert sich wiederum in zwei Teilbereiche: Sachmittel (Kräne und Container) und Personalkosten (Baustellengemeinkosten). Auch insoweit besteht jedoch kein Anspruch des Klägers:

78

Unabhängig davon, ob § 642 Abs. 2 BGB vom Tatbestand her erfüllt ist – vorliegend könnte grds. ein Verzögerungsschaden während des Verzugs entstanden sein, wenn etwa Sachmittel ungenutzt bereitstanden -, würde die Norm dem Kläger lediglich einen Anspruch auf Entschädigung für die frustrierten Bereithaltungsaufwendungen während der rund 2 ½-monatigen Verschiebung der Arbeiten geben. Dazu müsste der Kläger aber dezidiert darlegen, welches konkrete Personal mit den Kränen und Containern welche konkreten Arbeiten durchgeführt hätte und dies wegen der Verzögerung nicht konnte – und auch nicht anderweitig eingesetzt werden konnte. Das ergibt sich aus § 297 BGB, wonach eigenes Unvermögen Annahmeverzug ausschließt (vgl. auch BGH VII ZR 185/98, Rz. 28 nach juris).

79

Benannt werden jedoch vom Kläger nur ein Polier, zwei Kranführer und zur Hälfte ein Bauleiter, die für sich genommen – also ohne weitere Arbeiter – keine konkreten Arbeiten hätten durchführen können. Die benannten Mitarbeiter gehören entweder zur Leitungsebene oder sind Unterstützer derjenigen Arbeiter, die die konkrete Bauleistung ausführen sollen. Sofern der Vortrag des Klägers dahingehend zu verstehen sein sollte, dass die eigentlichen Arbeiten durch die von der Firma V. zur Verfügung gestellten polnischen Arbeiter hätten erledigt werden sollen, ist dem nach dem soeben Ausgeführten entgegenzuhalten, dass ein bindender Vertrag über das Zurverfügungstellen von Arbeitern, die die Arbeiten hätten ausführen können, weder substantiiert dargelegt noch nachgewiesen ist. Demnach ist also bereits nicht ausreichend dargetan, dass die Insolvenzschuldnerin selbst leistungsbereit war. Wenn sich – wie hier – nicht feststellen lässt, dass die Verblend-Arbeiter (Maurer) zur Verfügung standen, hätten die Geräte und die sonstigen Mitarbeiter (Polier, Kranführer, Bauleiter) alleine keine konkreten Baufortschritte erzielen können. Die Unproduktivität beruhte also nicht auf der Verzögerung.

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d) § 313 BGB

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Auch § 313 BGB vermag dem klägerischen Anspruch nicht zum Erfolg zu verhelfen: Der Bundesgerichtshof hat zwar mit Urteil vom 26.10.2017  (VII ZR 16/17, Rn. 34, juris) ausgeführt, dass ein Unternehmer, dem ein Festhalten am Vertrag nicht zumutbar ist, u. U. eine Anpassung der Vergütung nach § 313 BGB verlangen könne. Die entsprechenden Voraussetzungen liegen hier allerdings nicht vor. Eine Anwendung von § 313 BGB würde voraussetzen, dass die Parteien bei Vertragsschluss an Bauverzögerungen und deren Folgen nicht gedacht haben, dass sie, wenn sie daran gedacht hätten, einen verschuldensunabhängigen Anspruch auf Erstattung von Mehrkosten vereinbart hätten (BGH a.a.O. Rn. 42) und dass der Insolvenzschuldnerin das Festhalten am unveränderten Vertrag infolge der Bauverzögerungen und der daraus folgenden Kosten unzumutbar geworden ist (BGH a.a.O. Rn. 43). Zu all diesen Punkten ist vorliegend nicht hinreichend vorgetragen. Zu bedenken ist insbesondere, dass die Vertragsanpassung nach § 313 BGB eine Ausnahme ist, die nur dann eingreift, wenn die allgemeinen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen zu einem unzumutbaren Ergebnis führen. Das Risiko von Mehrkosten, die durch Bauverzögerungen entstehen, wird durch die Regelungen der §§ 642 BGB, 2 Nr. 5, 6 Nr. 6 VOB/B teils dem Auftraggeber, teils dem Auftragnehmer zugewiesen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Risikozuweisung generell unausgewogen wäre und regelmäßig der Korrektur nach § 313 BGB bedürfte. Es ist nicht die Aufgabe von § 313 BGB, die Folgen der Anwendung gesetzlicher Regelungen zu korrigieren (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2022 – XII ZR 64/21 –, BGHZ 233, 266-279, Rn. 30). Gleiches gilt für die Folgen der Anwendung der VOB/B, die ebenfalls ein ausgewogenes Regelwerk darstellt. Die Anwendung von § 313 BGB setzt daher mehr voraus, als dass für entstandene Kosten im Einzelfall kein gesetzlicher oder vertraglicher Anspruch besteht. Bauverzögerungen sind nicht so ungewöhnlich, dass davon auszugehen wäre, dass die Parteien bei Vertragsschluss – bzw. die Beklagte bei der Ausschreibung und die Insolvenzschuldnerin bei ihrem Gebot – an die Möglichkeit und die Folgen einer Bauzeitverlängerung nicht gedacht hätten. Mangels anderweitigen erheblichen Vortrags kommt daher eine Anpassung der Vergütung vorliegend nicht in Betracht. Nicht zuletzt fehlt es an belastbarem Vorbringen zur Unzumutbarkeit. Der Kläger bringt zwar die Insolvenz der Auftragnehmerin mit der Bauzeitverzögerung generell in Zusammenhang, belegt dies aber in keiner Weise durch betriebswirtschaftliche Daten.

82

3. Nachtrag 14

83

Mit den Rechnungspositionen (Pos. 5.14.10 bis 5.14.780) im Nachtrag 14 sollen ein erhöhter Aufwand und die zeitliche Verlängerung infolge geänderter Bauausführung (vertikale Teilung und anschließende Verbindung des Anbaus infolge der Bodenfunde und der Notwendigkeit der Verlegung eines Abwasserkanals) abgerechnet werden (überarbeiteter Nachtrag 14 vom 03.09.2007, Anlage 72 zum I.-Gutachten; Beträge laut I.-Gutachten S. 102).

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SR-Positionen

Betrag (netto)

Betrag (brutto)

Gegenstand

5.14.10 bis 5.14.720

8.805,98 €

10.479,12 €

Produktivitätsverlust bei Betonarbeiten

5.14.760

1.269,45 €

1.510,65 €

Faltbühne

5.14.770

27.932,87 €

33.240,12 €

verlängerte Schalungsvorhaltung

5.14.780

69.595,50 €

82.818,65 €

Vorhaltung der Baustelleneinrichtung

85

Auch insofern besteht nach der Überzeugung des Senats unter keinem rechtlichen Aspekt ein Anspruch auf Zahlung der oben genannten Beträge. Im Einzelen gilt Folgendes:

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a) § 642 BGB

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Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung ergibt sich insoweit nicht aus § 642 BGB. Es ist zwar grds. möglich, dass die „mangelnde Baufreiheit“ eines Grundstücks als Obliegenheitsverletzung anzusehen ist, durch die der Bauherr in Annahmeverzug gerät (vgl. BGH VII ZR 185/98 Rz. 26; KG Berlin 21 U 122/18 nach juris; Grüneberg-Retzlaff, BGB, 82. Aufl., § 642 Rn. 3). Vorliegend kann § 642 BGB jedoch nicht die Rechtsfolge herbeiführen, die der Kläger begehrt: Geltend gemacht werden von ihm nicht frustrierte Aufwendungen während der Dauer des Annahmeverzuges, sondern Mehrkosten, die erst in der Folgezeit angefallen sein sollen. § 642 BGB umfasst aber, wie bereits ausgeführt (vgl. Urteil des BGH vom 30. Januar 2020 – VII ZR 33/19), solche nachträglichen Vermögensnachteile gerade nicht. Die fehlende Baufreiheit entstand durch die Funde im Boden und insbesondere durch den Umstand, dass ein wichtiger Abwasserkanal zunächst verlegt werden musste. Die hierfür erforderlichen Mehrarbeiten sind Gegenstand verschiedener Nachträge (N1 bis N4 und N8) geworden. Die Mehrkosten für die Errichtung des Gebäudes sollen aber erst anschließend entstanden sein, als das Gebäude in zwei Teilen errichtet und zusammengefügt wurde – nämlich bei der Errichtung des zweiten Teils.

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b) § 6 Nr. 6 VOB/B

89

Ein Anspruch aus § 6 Nr. 6 VOB/B kommt mangels Verletzung einer vertraglichen Pflicht der Beklagten gegenüber der Insolvenzschuldnerin ebenfalls nicht in Betracht. Zwar liegt die Bodenbeschaffenheit im Verantwortungsbereich der Beklagten als Auftraggeberin. Dass sie jedoch gegenüber der Insolvenzschuldnerin die Pflicht, deren Verletzung einen Anspruch nach § 642 BGB begründen kann, und nicht nur eine Obliegenheit übernehmen wollte, dieser ein für die Bauausführung in der geplanten Reihenfolge beschaffenes Grundstück zur Verfügung zu stellen, ist nicht ersichtlich. Die Mitwirkung des Auftraggebers bei der Durchführung des Bauvorhabens gehört nicht zu seinen vertraglichen Hauptpflichten. Sie besteht in aller Regel auch nicht in der Erfüllung von allgemeinen, dem gesetzlichen Gebot der Rücksichtnahme auf die Rechtsgüter des Vertragspartners entspringenden Schutz- und Obhutspflichten im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB. Der Auftraggeber stellt das Grundstück nicht deshalb zur Verfügung, um die Rechtsgüter des Auftragnehmers vor Schaden zu bewahren. Er wirkt mit, weil sonst die zweckentsprechende Verwirklichung des Bauvorhabens gefährdet oder vereitelt würde. Seine Mitwirkungshandlung dient letztlich eigenen Interessen und stellt daher keine vertragliche, dem Auftragnehmer gegenüber bestehende Verbindlichkeit, sondern eine auf Verhaltenserwartungen eigener Art beruhende “Pflicht des Auftraggebers gegen sich selbst” (vgl. Leupertz, BauR 2014, 381) dar (dazu OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. Dezember 2019 – I-5 U 52/19 –, Rn. 52, juris; KG Berlin, Urteil vom 29. Januar 2019 – 21 U 122/18 –, Rn. 199 – 204, juris).

90

Ob der Beklagten ein Verschulden im Hinblick auf die Bodenfunde vorgeworfen werden könnte, woran der Senat erhebliche Zweifel hat, da sich die Bodensituation erst nach dem Abschluss der von einem Drittunternehmen durchgeführten Abbrucharbeiten unmittelbar vor dem Baubeginn der Insolvenzschuldnerin erschloss, kann aus den vorgenannten Gründen an dieser Stelle offen bleiben.

91

c) § 2 Nr. 5 VOB/B

92

Schließlich scheidet auch ein Anspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B aus. Ein Anspruch könnte sich nach der Rechtsauffassung des Senats nur ausnahmsweise aus § 2 Nr. 5 VOB/B ergeben, wenn der Auftragnehmer (hier: die Insolvenzschuldnerin) – für den Auftraggeber erkennbar – nicht die mit der Bauzeitverlängerung entstehenden Mehrkosten in den neuen Preis (§ 2 Nr. 5 VOB/B) der Nachträge (hier Nachträge 1, 2, 3, 4, und 8) einbezogen, sondern sich diesen bauzeitbezogenen Mehrkostenanspruch erkennbar vorbehalten hätte. Wird ein solcher Vorbehalt nicht erklärt, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass das Nachtragsangebot sämtliche Mehrleistungen umfasst und damit zusätzliche, bauzeitbezogene Kosten durch einen späteren Nachtrag nicht mehr nachgeschoben werden können (vgl. OLG Brandenburg v. 18.08.2009, 11 W 25/08, Rn. 93; ähnlich auch OLG Düsseldorf, 21 U 8/95, Rz. 17 a.E. = BauR 1996, 267; Werner/Pastor, Der I., 18. Aufl., Kap. 10, Teil IV, Rdn. 2322; Kniffka in Kniffka/Koeble u.a., Kompendium, 5. Aufl., Teil 4 Rn. 147a mit FN 404; Kues/Steffen BauR 2010, 10 (17); a.A. Roquette/Schweiger, BauR 2008, 734, 739). Für diese Ansicht sprechen der Wortlaut sowie der Sinn und Zweck des § 2 Nr. 5 VOB/B, der gerade eine Einigung zwischen Bauherrn und Auftragnehmer vor Beginn der Ausführungen der zusätzlichen Arbeiten vorsieht. Wenn in dieser Einigung kein Vorbehalt erklärt wird, darf der objektive Empfänger das Angebot insoweit als abschließend verstehen, dass der Auftragnehmer daneben keine weiteren Ansprüche geltend machen wird. Die Gegenauffassung (etwa Roquette/Schweiger, BauR 2008, 734, 739), wonach ein solcher Vorbehalt nicht erklärt werden müsse, um trotz Nachbeauftragung daneben ggf. später noch einen Bauzeitverzögerungsschaden geltend zu machen, überzeugt nicht. Nicht weiter führt die Argumentation von Roquette/Schweiger, dass Schweigen im Nachtrag wie auch grundsätzlich nicht als Verzicht oder andere rechtsgeschäftliche Erklärung ausgelegt werden könne. Denn dem steht hier gerade entgegen, dass sich die Parteien bereits im Sinne des § 2 Nr. 5 VOB/B vorab geeinigt haben und zwar in dem vollen Bewusstsein, dass hier durch die nun zusätzlich erforderlichen Arbeiten, die gleichzeitig durch die Insolvenzschuldnerin selbst erledigt werden sollten, eine Verzögerung zwangsläufig auftreten musste, denn die Insolvenzschuldnerin sollte zeitintensive Zusatzarbeiten – wie z.B. die Verlegung eines Hauptabwasserkanals oder die Entfernung eines Fundamentspornes am vorhandenen Baubestand an genau derjenigen Stelle des Grundstücks ausführen, an der ein Teil des geplanten Anbaus errichtet werden sollte. Weiterhin vermag auch das ergebnisorientierte Argument der beiden Autoren der besonderen Schutzwürdigkeit des Auftragnehmers nicht zu überzeugen, weil der Auftraggeber mindestens ebenso schutzwürdig ist, da er vor der Beauftragung der Nachträge die zusätzlichen Kosten kalkulieren und ggfls. finanzieren muss und daher auch vorab (i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B) über die Gesamtkosten informiert sein will. Er kann dann nicht nachträglich mit Mehrkosten belastet werden, mit denen er nicht hat rechnen müssen, die sich der Auftragnehmer aber hätte vertraglich vorbehalten können. Der Auftraggeber darf dann vielmehr nach Treu und Glauben auf die im Angebot angegebene Summe und deren abschließende Qualität vertrauen.

93

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht vorliegend der geltend gemachte Anspruch auch aus § 2 Nr. 5 VOB/B nicht. Die Insolvenzschuldnerin hätte sich dazu die Geltendmachung von Verzögerungsschäden in den Nachträgen, die sich mit der Beseitigung der Verzögerungsgründe befassen (Nachträge 1, 2, 3 ,4 und 8 betreffend die Arbeiten hinsichtlich des Öltanks, des Kanals und des Fundamentsporns usw.) vorbehalten müssen, was vorliegend nicht geschehen ist. Die Insolvenzschuldnerin hat stattdessen wegen der Bodenfunde und der Verlegung des Abwasserkanals Nachtragsangebote vorgelegt, die Beklagte die Nachtragsaufträge erteilt; der Insolvenzschuldnerin war also ebenso wie der Beklagten bewusst, dass die Arbeiten anders ausgeführt werden mussten, und sie wollte sicher, dass die Arbeiten auf der Baustelle weitergehen. Vorliegend hat die Insolvenzschuldnerin von diesen Nachtragsaufträgen auch profitiert, indem sie weitere Aufträge generierte. Außerdem spricht für die hier vertretene Ansicht, dass es sich bei der Summe der Nachträge auch um netto fast 100.000 Euro (Nachträge 1-4 und 8) handelt, mithin um einen im Vergleich zum Gesamtvolumen der Aufträge durchaus erheblichen Teil, so dass die Beklagte nicht davon ausgehen musste, dass damit nicht sämtliche Mehrleistungen abgegolten sein sollen. Gerade weil es diese Nachträge gibt, musste ein objektiver Empfänger der Nachtragsangebote mangels ausdrücklicher Vorbehalte davon ausgehen können, dass daneben keine zusätzlichen Ansprüche wegen einer Bauzeitverzögerung auf ihn zukommen würden, die daraus resultieren, dass zuerst die Nachtragsarbeiten an der Stelle, an der die erste Achse des Gebäudes entstehen sollte, durchgeführt werden mussten. Daraus schließt der Senat, dass die getroffenen Nachtragsvereinbarungen auch alle entstehenden Mehrkosten – einschließlich solcher durch Bauzeitverlängerungen – abdecken. Besondere Umstände des Einzelfalls, die diesen Grundsatz zu widerlegen geeignet sind, sind weder vorgetragen noch ersichtlich, so dass aus Sicht des Senats kein Grund besteht, von der genannten Grundregel abzuweichen.

94

Auch wenn dies letztlich aufgrund der vorstehenden Ausführungen im Ergebnis nicht mehr entscheidungserheblich ist, ist der Senat darüber hinaus der Auffassung, dass die Produktivitätsverluste auch nicht so berechnet werden könnten, wie die Klägerseite dies anhand des baubetrieblichen Privatgutachtens getan hat. Denn nach der Richtungsentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.08.2019 (BGH VII ZR 34/18) sind Mehrvergütungsansprüche nach § 2 Abs. 3 VOB/B (2009) nicht nach kalkulatorischen, sondern nach tatsächlich erforderlichen Kosten zu bemessen, wenn die Parteien – wie hier – nichts anderes vereinbart haben. Es spricht auch alles dafür, dass diese Rechtsprechung zu § 2 Abs. 3 VOB/B (2009) auf § 2 Nr. 5 VOB/B (2002) zu übertragen ist, da beide Klauseln die Bestimmung der neuen Vergütung weitgehend wortgleich regeln. Die Klägerseite müsste also die tatsächlich erforderlichen Mehrkosten zzgl. angemessener Zuschläge für BGK, AGK und Gewinn darlegen und unter Beweis stellen – z.B. durch Vorlage von Rechnungen. Der Kläger müsste also z.B. vortragen,

95

  • 96

wie viele Personen (und welche) das Gebäude ohne Unterbrechung hätten bauen sollen und wie lange sie dafür benötigt hätten;

  • 97

wie viele und welche Personen das Gebäude tatsächlich in zwei aufeinander folgenden Abschnitten gebaut haben und wie lange das tatsächlich gedauert hat, d.h. wie lange es länger gedauert hat;

  • 98

welche tatsächlichen Kosten für die Differenzzeit – die es länger gedauert hat – tatsächlich angefallen sind für Löhne und Betriebsmittel (z.B. Mieten von Kränen, Containern und Baustelleneinrichtung, Verschalung etc.) und

  • 99

welche Zuschläge in Betracht kommen.

100

Denn nur dann kann der Gegner nachprüfen und erwidern. An einem diesen Grundsätzen genügenden Vortrag des Klägers fehlt es vorliegend, so dass der Anspruch auch aus diesem Grund zu verneinen gewesen wäre.

101

4. Nachtrag 15

102

Mit Nachtrag 15 wird ein Verzögerungsschaden wegen Verschiebung des Beginns der Bauarbeiten vom 10.08.2005 auf den 13.03.2006 infolge einer Verlängerung des Vergabeverfahrens geltend gemacht. Dabei geht es um folgende Position des überarbeiteten Nachtrags 15 vom 03.09.2007, Anlage 76 zum I.-Gutachten:

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SR-Positionen

Betrag (netto)

Betrag (brutto)

Gegenstand

5.15.1

71.137,89 €

84.564,09 €

Materialanpassung und Vorhaltung Baustelleneinrichtung (nur Sach-, keine Personalkosten)

104

Der dafür klägerseits geltend gemachte Anspruch besteht ebenfalls nicht.

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  1. a) § 2 Nr. 5 VOB/B

106

Ein Anspruch auf die mit diesem Nachtrag geltend gemachten Positionen könnte sich allein aus § 2 Nr. 5 VOB/B ergeben.

107

Der Auftragnehmer kann die Mehrkosten, die infolge einer durch die Verschiebung des Zuschlagstermins bedingten Bauzeitveränderung entstanden sind, verlangen, wenn die Auslegung des Zuschlags ergibt, dass dieser auf die ausgeschriebene und damit auch angebotene Bauzeit erteilt worden ist. Der Vertrag kommt dann mit allen in der Ausschreibung und unverändert angebotenen Bedingungen zustande. Kann diese Bauzeit keinen Bestand haben, weil der Zuschlag so spät erteilt worden ist, dass sie nicht wie ausgeschrieben eingehalten werden kann, so müssen die Parteien den Vertrag auf eine neue Bauzeit anpassen. Gleichzeitig müssen sie eine Einigung darüber erzielen, wie die durch die Vertragsanpassung entstandenen Mehrkosten zu vergüten sind. Das folgt aus einer Auslegung des Vertrages. Einigen sich die Parteien nicht, so ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung der vertragliche Vergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B anzupassen. Im Streitfall geschieht dies durch das Gericht (BGH Urt. v. 11. 5. 2009 – VII ZR 11/08, BGHZ 181, 47; Kniffka/Koeble, Kompendium, Teil 4, Rn. 358, beck-online). Erklärt der Vertragspartner seinen vom Angebot abweichenden Vertragswillen nicht hinreichend deutlich, so kommt der Vertrag zu den Bedingungen des Angebots zustande (BGH, Urteil vom 11. Mai 2009 – VII ZR 11/08, BGHZ 181, 47 Rn. 35; Urteil vom 22. Juli 2010 – VII ZR 213/08, aaO Rn. 19; BGH, Urteil vom 6. September 2012 – VII ZR 193/10 –, BGHZ 194, 301-314, Rn. 18).

108

Da in dem Zuschlagsschreiben zwar eine neue Bauzeit angesprochen wird, dieses jedoch nicht eindeutig zum Ausdruck bringt, dass der Vertrag nur zu veränderten zeitlichen Bedingungen geschlossen werden soll, erfolgt der Zuschlag zu den ursprünglichen Bedingungen. Dies ergibt sich daraus, dass der Empfänger der Erklärung davon ausgehen muss, dass der Auftraggeber sich vergabekonform verhalten will und dies wiederum nur möglich ist, wenn er den Zuschlag auf ein unverändertes Angebot abgibt. Daran hat er im Regelfall auch ein erhebliches Interesse, weil der Auftragnehmer sonst die Möglichkeit hat, das nunmehr wegen der Veränderung der Bauzeit vom Auftraggeber abgegebene neue Angebot abzulehnen oder eine preisliche Anpassung zu verlangen, was dann erneut als neues Vertragsangebot zu werten wäre. Auf diese Weise würde das Ziel des Vergabeverfahrens verfehlt. Der Zuschlag auf das unveränderte Angebot mit den wegen Zeitablaufs bereits obsolet gewordenen Fristen und Terminen ist die einzige Möglichkeit, das Vergabeverfahren sicher mit einem Vertragsschluss zu beenden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 – VII ZR 213/08, a.a.O., Rn. 20; Urteil vom 22. Juli 2010 – VII ZR 129/09, BauR 2010, 1929 Rn. 27 = NZBau 2010, 628). Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass an einem Zustand, der das Ergebnis des Vergabeverfahrens offen hält, niemand interessiert sein kann und dies tunlichst vermieden werden muss (BGH, Urteile vom 22. Juli 2010 – VII ZR 213/08 und VII ZR 129/09, jeweils a.a.O.). Auch ein Bieter muss im Zweifel nicht damit rechnen, dass der Auftraggeber gerade dieses Ergebnis durch eine veränderte Annahme des Angebots herbeiführen will, mit der er sich zudem vergabewidrig verhalten würde. Der Bundesgerichtshof hat deshalb die Erklärungen des Auftraggebers vergabekonform als Vorschlag für eine neue Bauzeit ausgelegt, über die die Parteien im Rahmen des bestehenden Vertrages neu verhandeln müssen. Zugleich ist mit der Bauzeit auch der vertragliche Vergütungsanspruch anzupassen (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 – VII ZR 213/08, aaO Rn. 25). Auf dieser Grundlage kann dem Auftragnehmer in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B ein Anspruch auf Mehrvergütung zustehen, wenn infolge der Bauzeitänderung Mehrkosten entstanden sind (zu alledem BGH, Urteil vom 6. September 2012 – VII ZR 193/10 –, BGHZ 194, 301-314, Rn. 19).

109

Wenn sich hingegen aus dem Zuschlag klar und eindeutig ergibt, dass die neue Bauzeit Bestandteil des Vertrages werden soll, ist für die oben dargestellte interessengerechte Auslegung kein Raum. Das ist der Fall, wenn über die Bauzeit nicht mehr verhandelt werden soll, der Auftraggeber sie also einseitig vorgeben will und er dem Auftragnehmer nur die Möglichkeit lässt, sie als Vertragsbestandteil anzunehmen oder das so geänderte Angebot – eventuell verbunden mit einem eigenen Vorschlag – abzulehnen (BGH, Urteil vom 6. September 2012 – VII ZR 193/10 –, BGHZ 194, 301-314, Rn. 21). In diesem Fall besteht auch kein Raum für eine Anpassung des Werklohns nach § 2 Nr. 5 VOB/B (BGH, Urteil vom 6. September 2012 – VII ZR 193/10 –, BGHZ 194, 301-314, Rn. 24 ff.).

110

Die Zuschlags-Erklärung der Beklagten vom 30.09.2005 ist nach der Überzeugung des Senats dahingehend auszulegen, dass der Zuschlag zu den ursprünglich erteilten Bedingungen erfolgt. Die entgegenstehende Auffassung des Landgerichts teilt der Senat nicht, da der Ansicht des Bundesgerichtshofs folgend die Erklärung des ausschreibenden Bauherrn vergaberechtskonform auszulegen ist, soweit der Wortlaut nicht eine solche Auslegung versperrt. Hier lässt der Wortlaut des Schreibens der Beklagten vom 30.09.2005 (Anlage 3 zum I.-Gutachten) „Aufgrund des schriftlichen Angebotes […] vom 14.06.2005 bitte ich zu den beiliegenden Bedingungen ab dem 16.01.2006 bis zum 15.09.2006“ auszuführen, durchaus die Auslegung zu, dass der Zuschlag zu den ursprünglichen Vertragsbedingungen erfolgt, zumal auch der 16.01.2006 nicht fix ist, sondern, wie sich aus dem weiteren Zusatz „Baubeginn nach Beenden der Abbrucharbeiten“ ergibt, auch hier noch eine Ungewissheit darüber besteht, wann nun begonnen werde könne. Insbesondere aber nimmt das Schreiben vom 30.09.2005 auf die „beiliegenden Bedingungen“ Bezug, und in diesen ist wiederum der ursprüngliche Ausführungszeitraum vom 10.08.2005 bis 14.04.2006 genannt (Anlage 4 zum I.-Gutachten). Außerdem wäre die Erklärung des Ausschreibenden, die eine neue Bauzeit verbindlich vorgibt, nicht mehr die Annahme des auf die Ausschreibung eingereichten Angebotes, sondern ein neues Angebot, das seinerseits von dem Bieter als solches verstanden und ggfls. angenommen werden müsste (§ 150 Abs. 2 BGB). Es ist indessen fernliegend, dass die Parteien nach Durchführung einer öffentlichen Ausschreibung nicht zu den Bedingungen der Ausschreibung, sondern konkludent zu abweichenden Bedingungen einen Vertrag hätten schließen wollen.

111

Nach Maßgabe der o.g. Rechtsprechung des BGH besteht dementsprechend – wenigstens – für die Zeit vom 10.08.2005 bis 16.01.2006 dem Grunde nach ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Erstattung von Mehrkosten aus § 2 Nr. 5 BGB.

112

b) Anspruchshöhe

113

Der Anspruch scheitert letztlich aber daran, dass der Kläger die Anspruchshöhe auch nach entsprechendem Hinweis durch den Senat in der mündlichen Verhandlung vom 28.09.2023 im nachgelassenen Schriftsatz vom 09.11.2023 nicht substantiiert darzulegen vermochte.

114

aa) Zeitraum 10.08.2005 bis 15.01.2006

115

Der Kläger stützt sich für diesen Zeitraum zur Begründung der Höhe nicht mehr auf die Berechnung der Insolvenzschuldnerin im überarbeiteten Nachtrag vom 03.09.2007 (Anlage 76 zum I.-Gutachten), sondern auf die Berechnung nach S. 104 f. des I.-Gutachtens. Dort wird die von der Insolvenzschuldnerin selbst vorgenommene Berechnung als unstimmig angesehen, da sie teilweise auf einem konkreten Vergleich von Soll- und Ist-Kosten und teilweise kalkulativ erfolgt. Nach dem I.- Gutachten (S. 106) müsse aber konkret nach einer dieser Methoden vorgegangen werden (dazu noch OLG Düsseldorf, BauR 2012, 651 ff., juris Rn. 84 f., Rn. 87; OLG Köln, Urteil vom 28. Januar 2014 – 24 U 199/12 –, Rn. 19, juris). Dies ist indessen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung (insbesondere BGH, Urteil vom 08. August 2019 – VII ZR 34/18, Rn. 20 ff.; s.o.) überholt; danach ist die neue Vergütung anhand der „tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge“ – für BGK, AGK und Gewinn zu ermitteln. Eine kalkulatorische Ermittlung (wie sie noch OLG Celle, Urteil vom 25. Mai 2011 – 14 U 62/08 –, Rn. 25, juris, vorgenommen hat) ist danach unzulässig. Die Änderung der Rechtsprechung im Jahr 2019 konnte in dem baubetrieblichen Gutachten der Streithelferin aus dem Jahr 2018 naturgemäß noch nicht berücksichtigt werden. Nach den Angaben in dem I.-Gutachten kommt eine Berechnung ausgehend von der nunmehr erforderlichen Gegenüberstellung tatsächlicher Mehr- oder Minderkosten nicht (jedenfalls nicht vollständig) in Betracht, da dafür nicht genügend Anknüpfungstatsachen vorliegen (S. 106 I.-Gutachten). Im überarbeiteten Nachtragsangebot 15ü sind die Lohn- und die meisten Preiserhöhungen mit pauschalierten prozentualen (5 oder 10 %-igen) Steigerungen errechnet. Genau dies erlaubt die geänderte Rechtsprechung zu § 2 Nr. 5 VOB/B indes nicht. Der Schaden ist also gemessen an den von der höchstrichterlichen Rechtsprechnung erarbeiteten Grundsätzen nach wie vor nicht ausreichend substantiiert dargelegt. Soweit der Kläger meint, die Entscheidung des BGH vom 08. August 2019 sei zu § 2 Nr. 3 VOB/B ergangen und könne auf § 2 Nr. 5 VOB/B nicht übertragen werden, folgt der Senat dem aus den o.g. Gründen nicht.

116

(a) Baustelleneinrichtung

117

Dies gilt jedenfalls für die geltend gemachten Kosten der Baustelleneinrichtung basierend auf einem Ansatz von 9.190,00 € pro Monat, der ausweislich der Anlage 4 der Anlage 68 zum Bauprozessgutachten statt tatsächlicher Kosten zzgl. angemessener Zuschläge lediglich kalkulatorische Ansätze enthält. Das ergibt sich aus der Aufstellung zum überarbeiteten Nachtragsangebot 13ü vom 03.09.2017 (Anlage 10 zur Anlage 69 zum I.-Gutachten). Soweit der Kläger zuletzt die Auffassung vertreten hat, die tatsächlich erforderlichen Kosten könnten durchaus auch mit der Vorkalkulation identisch sein, hat er nicht näher dargelegt, woraus er diesen Rückschluss vorliegend ziehen möchte. Tatsächlich will der Kläger hier auch gar nicht nach der „Urkalkulation“ abrechnen, sondern nach behaupteten langjährigen Erfahrungswerten über den prozentualen Produktivitätsverlust bei bestimmten Ablaufstörungen. Diese Vorgehensweise ist vollständig pauschal und nimmt die tatsächlich entstandenen Mehrkosten trotz eines entsprechenden Hinweises des Senats in keiner Weise in den Blick.

118

(b) Mehrpreis Stahl

119

Eine (scheinbare) Ausnahme stellt die Preissteigerung für Stahl dar. Die klägerische Aufstellung erweckt den Eindruck, dass sie anhand konkreter Angebots- und Rechnungspreise auf 43.724,98 € berechnet wurde. Allerdings hat die Beklagte auch diese Kosten bestritten. Die Beklagte beschränkt sich zwar darauf, ausdrücklich die kalkulatorischen Ansätze im I.-Gutachten mit Nichtwissen zu bestreiten (Bl. 541a LGA). Indes betrifft das letztlich die gesamte Kalkulation, so dass diese Positionen insgesamt als streitig anzusehen sind. Dem insoweit beweisbelasteten Kläger ist der Nachweis dieser konkreten Preissteigerung jedoch nicht gelungen. Die mit dem Nachtrag 15ü der Insolvenzschuldnerin vorgelegten Unterlagen der Fa. Y. (Anlage 76 zum I.-Gutachten) sind insoweit unzureichend, die Kostensteigerung zu belegen, da die Preise im Angebot für die Lieferungen ab 15 Tonnen gelten und die Rechnung eine wesentlich geringere Menge betrifft. Da maßgeblich die der Insolvenzschuldnerin tatsächlich entstandenen Mehrkosten sind, kann die Beklagte diese nicht kennen. Ihr Bestreiten ist daher zulässig. Die Kosten sind auch nicht von dem Kläger substantiiert vorgetragen, insbesondere fehlt es an der Vorlage von Rechnungen zu den vom Angebot erfassten Mengen. Trotz Hinweises des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 28.09.2032 vermochte der Kläger auch im nachgelassenen Schriftsatz vom 09.11.2023 nicht, die entsprechenden Daten darzulegen und unter Beweis zu stellen.

120

Sofern der Kläger im nachgelassenen Schriftsatz vom 09.11.2023 die Auffassung vertritt, dass die Kosten nach § 287 ZPO geschätzt werden könnten und auf Marktpreise zurückgegriffen werden könne, verfängt der Einwand nicht, weil keine Schätzgrundlage dargelegt ist. Außerdem ist unbekannt, welche Preise die Insolvenzschuldnerin damals vereinbaren konnte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sie auch nicht unbedingt erst zeitnah zu dem Tag bestellen musste, an dem die Bauausführung beginnen sollte, sondern eine entsprechende Bevorratung in Betracht kam.

121

  1. bb) Zeitraum vom 16.01.2006 bis 13.03.2006

122

Hinsichtlich der für den Zeitraum vom 16.01.2006 bis 13.03.2006 geltend gemachten Mehrkosten wegen einer zusätzlichen Verzögerung des Baubeginns infolge angeblich unbeendeter Abbrucharbeiten ist zwischen den Parteien umstritten, wann genau die Insolvenzschuldnerin bereits mit ihren Arbeiten hätte beginnen können/sollen. Soweit dies umstritten ist, hat der Kläger als Anspruchsteller die Anspruchsvoraussetzung einer Weisung zum späteren Baubeginn (§ 2 Nr. 5 VOB/B) oder einer Verhinderung aus der Sphäre der Beklagten (§ 642 BGB bzw. § 6 Nr. 6 VOB/B) darzulegen und ggfs. zu beweisen. Beide Parteien berufen sich insoweit auf die Schriftlage, insbesondere den Baustellenbericht Nr. 13 vom 07.03.2006 (Anlage K 65, Anlage 10 zum I.-Gutachten). Dieser Baustellenbericht ist jedoch insoweit nicht eindeutig. Es heißt darin zwar, dass der Baustellenbeginn auf den 13.03.2006 festgelegt und eine “weitere Verzögerung“ nicht akzeptiert werde, indessen heißt es auch, dass aus Witterungsgründen die Kranaufstellung am 24.03.2006 und die Aushubarbeiten „ebenfalls witterungsbedingt erst am 13.03.2006“ beginnen sollten. Dies spricht nach der Überzeugung des Senats eher dagegen, dass die Verzögerungen bis zum 13.03.2006 auf einem Verschulden der Insolvenzschuldnerin beruht haben. Der vorangegangene Baustellenbericht Nr. 12 vom 23.02.2006 (Anlage 9 zum I.-Gutachten) bietet ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass die Insolvenzschuldnerin zu dieser Zeit schon mit den Arbeiten hätte begonnen haben sollen. Vielmehr sind die ersten die Insolvenzschuldnerin betreffenden Maßnahmen für den 01.03.2006 vorgesehen. Insoweit lässt der Bericht aber auch nicht eindeutig erkennen, ob die Insolvenzschuldnerin nicht schon zuvor mit ihren Arbeiten hätte beginnen können. Jedenfalls gibt die Schriftlage mindestens für den Zeitraum zwischen dem 01.03.2006 und dem 13.03.2006 nichts her. Insgesamt sind die Ausführungen der Klägerseite zu den Ursachen der zweiten Verzögerung vom 16.01.2006 bis 13.03.2006 nicht ausreichend substantiiert. Die Klägerseite nimmt auf das baubetriebliche Gutachten Seite 12 Bezug (Bl. 412 LGA). Dort wird aber nicht deutlich geschildert, was genau die Verzögerung bewirkt haben soll. Vielmehr ist dort von verschiedenen Leistungen Dritter – Abbrucharbeiten, auch von der Kanalverlegung, die die Insolvenzschuldnerin selbst im Wege eines Nachtrags vorgenommen hat – die Rede. Die Abbrucharbeiten waren an einen Fremdunternehmer vergeben, für den die Beklagte nicht nach § 278 BGB im Rahmen von § 6 Nr. 6 VOB/B haftet. Soweit es sich aber um eine Behinderung durch den unfertigen Abbruch handelt, kommt aus den oben geschiilderten Gründen keine „Anordnung“ nach § 2 Nr. 5 VOB/B in Betracht. Der Kläger schildert lediglich, es habe allgemeines Chaos geherrscht, vieles sei noch nicht fertig gewesen und dann habe es eine Anordnung im Hinblick auf den neuen Termin gegeben. Das ist aber so unsubstantiiert, dass jede Beweisaufnahme Ausforschung darstellen würde. Es ist völlig unklar, was die angebotenen Zeigen konkret bekunden können.

123

4. Nachtrag 20

124

Der Nachtrag 20 betrifft die verspätete Ausführung der Verblendarbeiten

125

SR-Positionen

Betrag (netto)

Betrag (brutto)

Gegenstand

5.20.1

37.325,67 €

44.417,55 €

zusätzliche Personalkosten wegen Produktivitätsverlusten bei Ausführung der Verblendarbeiten

126

Auch dieser Anspruch besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt:

127

In der Schlussrechnung waren für den Nachtrag unter Position 5.20.1 zunächst 16.697,88 € (netto) angesetzt. Mit dem Schriftsatz vom 26.09.2018 (im Rahmen der Wiederaufnahme nach der Unterbrechung durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens) ist der mit der Klage geltend gemachte Betrag erhöht worden auf 37.325,67 € (netto) bzw. 44.417,55 € (brutto). Geltend gemacht werden Produktivitätsverluste während der Verblendarbeiten, die kalkulatorisch nach einer Methode errechnet werden, die der Hochschullehrer Prof. Dr. EZ. entwickelt hat (Bl. 107 f. des I.-Gutachtens). Der relevante Zeitraum deckt sich mit demjenigen, der mit dem Nachtrag 13 geltend gemacht wird.

128

a) Anspruch aus § 642 BGB

129

Ein Anspruch aus § 642 BGB besteht nicht, da etwaige Mehrkosten nicht während eines etwaigen Annahmeverzuges, sondern erst danach entstanden sind. Derartige Mehrkosten sind nicht als Entschädigung nach § 642 BGB erstattungsfähig (siehe oben, A. 3. a)).

130

b) Anspruch aus § 6 Nr. 6 VOB/B

131

Ein Anspruch aus § 6 Nr. 6 VOB/B kommt mangels Pflichtverletzung und Verschuldens nicht in Betracht (siehe oben, A. 3. B)).

132

c) Anspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B

133

Ein Anspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B käme zwar grundsätzlich in Betracht, soweit der Ausführungszeitraum durch das Schreiben U. vom 04.08.2006 geändert wurde vom Zeitraum vom 21.08.2006 bis 08.12.2006 auf den Zeitraum vom 04.09.2006 bis 15.12.2006 (siehe oben, A. 2. b)). Indessen kommt vorliegend eine Erstattung von Mehrkosten nicht in Betracht, weil der Produktivitätsverlust im I.-Gutachten kalkulatorisch auf Grundlage baubetriebswirtschaftlicher Erwägungen ermittelt worden ist. Dies stellt keine Darlegung tatsächlich entstandener Mehrkosten dar, was für die Geltendmachung von Mehrkosten nach § 2 Nr. 5 VOB/B erforderlich wäre (auf die Ausführungen oben, A. 3. c) wird Bezug genommen), so dass die Kosten nicht erstattungsfähig sind.

134

6. Gutachterkosten

135

Ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der Kosten für die Erstellung des Privatgutachtens der I. GmbH i.H.v. 25.000 € (netto) besteht ebenfalls nicht. Der Bundesgerichtshof hat die Frage der Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Privatgutachtens zur Ermittlung der Mehrvergütung nach § 2 Nr. 5 VOB/B dahingehend entschieden, dass diese nicht als Teil der Mehrkosten vom Auftraggeber zu erstatten sind. Die Kosten, die zur Ermittlung der Vergütung nach § 2 Nr. 5 VOB/B aufgewendet werden, können nicht selbst Gegenstand dieser Vergütung sein. § 2 Nr. 5 VOB/B ist bei der gebotenen objektiven Auslegung dahingehend zu verstehen, dass die Parteien bei der Vereinbarung des neuen Preises die Mehr- und Minderkosten berücksichtigen sollen, die im Zusammenhang mit der Ausführung der betroffenen vertraglich vereinbarten Leistung anfallen. Hierzu gehören nicht die Kosten, die erforderlich sind, um im Falle einer fehlenden Vereinbarung der Parteien die geschuldete Vergütung erst zu ermitteln oder darzulegen. Der Auftragnehmer kann die Kosten eines Privatgutachtens zur Ermittlung und Darlegung der nach § 2 Nr. 5 VOB/B vom Auftraggeber geschuldeten Vergütung auch nicht auf der Grundlage der Bestimmung in § 2 Nr. 9 Nr. 1 VOB/B erstattet verlangen mangels Verlangens des Auftraggebers gegenüber dem Auftragnehmer, ein solches Gutachten zu erstellen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. Oktober 2020 – VII ZR 10/17 –, Rn. 16 f., juris). Dies gilt auch für die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatgutachtens soweit eine Mehrvergütung in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B aufgrund einer verzögerten Vergabe in Betracht kommt (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2020 – VII ZR 10/17 –, Rn. 18, juris).

136

Auch nach § 642 BGB ist der Aufwand zur Ermittlung der Entschädigung nicht zu ersetzen. Dies ergibt sich schon daraus, dass nach § 642 BGB Mehrkosten, wie gestiegene Material- und Personalkosten, die zwar aufgrund des Annahmeverzugs entstehen, aber erst nach Wegfall des Annahmeverzugs anfallen, nicht erstattungsfähig sind. Die Kosten für das 2018 eingeholte Bauprozessgutachten sind erst nach Ende des Annahmeverzuges entstanden.

137

Eine Erstattungsfähigkeit könnte sich nur aus einem Schadensersatzanspruch (wie § 6 Nr. 6 VOB/B) ergeben, dafür fehlt es aber an einer Pflichtverletzung der Beklagten, die die Einholung des Gutachtens erfordert hätte.

138

Schließlich würde ein Erstattungsanspruch auch daran scheitern, dass nach dem zu den Nachträgen Ausgeführten eine durch das Gutachten ermittelte berechtigte Forderung des Klägers bzgl. Bauzeitverzögerungen nicht besteht.

139

Die Kosten für das I.-Gutachten sind mithin nicht erstattungsfähig.

140

B. Berufung der Beklagten

141

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, im Ergebnis aber nur erfolgreich, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Herausgabe der Bürgschaft im erstinstanzlichen Urteil wendet.

142

1. Zulässigkeit

143

Die Beklagte begehrt die (vollständige) Abweisung der Klage. Begründet wird der Anspruch allerdings nur, soweit sie im Hinblick auf die Baustellengemeinkosten verurteilt worden ist und hinsichtlich der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen, nicht aber hinsichtlich der sonstigen Ansprüche, wegen derer die Beklagte verurteilt worden ist. Dies betrifft Teile der Vergütung für den ursprünglichen Auftrag und Teile der Nachträge (S. 13- 19 LGU). Bei mehreren Streitgegenständen oder einem teilbaren Streitgegenstand muss sich die Berufungsbegründung grundsätzlich auf alle Teile des Urteils erstrecken, hinsichtlich deren eine Abänderung beantragt ist; andernfalls ist das Rechtsmittel für den nicht begründeten Teil unzulässig (BGH, Beschluss vom 29. November 2017 – XII ZB 414/17 –, Rn. 9, juris; BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 – II ZR 166/14 –, Rn. 11, juris m.w.N.). Da der Senat aber davon ausgeht, dass die Beklagte keine unzulässige Berufung einlegen wollte, wird das Vorgehen der Beklagten zu ihren Gunsten als eine Beschränkung der Berufung dergestalt ausgelegt, dass die erstinstanzlich geltend gemachte Hilfsaufrechnung nunmehr – soweit die Berufung gegen die Verurteilung nicht begründet wird – Hauptaufrechnung sein soll und die Berufung dementsprechend beschränkt wird.

144

2. Bürgschaft

145

Im Hinblick auf die erstinstanzlich titulierte Herausgabe der Bürgschaftsurkunde Nr. 952.990-REF 62691.01 R60 der Z. W. Kreditversicherung in Hamburg vom 18.01.2006 über einen Bürgschaftsbetrag von 75.000,— € war das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen, nachdem in der Berufung unstreitig geworden ist, dass die Beklagte diese Bürgschaftsurkunde schon 2013 bereits herausgegeben hat. Zwar hat die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragen, dass die Bürgschaft bereits im Jahr 2013 herausgegeben wurde (Bl. 304 OLGA). Der Kläger hat sich insoweit auch auf Verspätung berufen (Bl. 756 OLGA), den Vortrag aber in der Sache nicht bestritten, so dass eine Zurückweisung des Vortrags der Beklagten als verspätet nach §§ 530, 531 Abs. 2 ZPO nicht in Betracht kommt. Nur streitiger Vortrag kann verspätet sein (vgl. etwa Wöstmann in Saenger, Zivilprozessordnung,10. Aufl. 2023, § 531 Rn. 5). Damit ist davon auszugehen, dass die Bürgschaftsurkunde bereits zurückgegeben wurde. Der Anspruch des Klägers ist durch die Erfüllung untergegangen.

146

3. Baustelleneinrichtung

147

Soweit sich die Beklagte gegen die Verurteilung zur Zahlung eines Großteils der Baustelleneinrichtungskosten wendet, hat die Berufung aus den oben ausgeführten Erwägungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (oben, A.1.), hingegen keinen Erfolg.

148

4. Aufrechnung mit Gegenforderungen

149

Die Berufung der Beklagten hat auch insoweit keinen Erfolg, als sie mit Ansprüchen aufrechnen will, die ihr wegen einer behaupteten Verzögerung der Arbeiten durch die Insolvenzschuldnerin entstanden sein sollen. Dabei handelt es sich um Kosten, die der Beklagten von verschiedenen Firmen im Zusammenhang mit dem Weiterbau nach erfolgter Kündigung durch die Insolvenzschuldnerin in Rechnung gestellt worden sind. § 96 InsO steht der Aufrechnung nicht entgegen, da sich die wechselseitig behaupteten Forderungen – so sie denn bestehen – schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufrechenbar gegenüber gestanden haben. Hinsichtlich sämtlicher Forderungen ist jedoch nicht ersichtlich, dass diese kausal auf eine Pflichtverletzung der Insolvenzschuldnerin zurückzuführen sind, deren Kündigung vom 27.06.2007 – wie oben näher ausgeführt – aufgrund Zahlungsverzuges der Beklagten berechtigt war. Hierauf hatte bereits das Landgericht in seiner erstinstanzlichen Entscheidung hingewiesen. Im Einzelnen gilt Folgendes:

150

a) Rechnung der TY. XC. GmbH

151

Geltend gemacht wird insoweit die verlängerte Containerraummiete für die Zeit vom 22. Juni 2007 bis Oktober 2008 i.H.v. 115.563,26 € (netto), 137.520,28 (brutto), wobei der Vortrag der Beklagten (Bl. 46 ff. LGA) von der Klägerseite hinsichtlich Kausalität, Grund und Höhe bestritten wird (Bl. 88 LGA). Es fehlt jedoch, worauf schon das Landgericht hingewiesen hat, bereits substantiierter Vortrag der Beklagten dazu, dass die Verzögerung im geltend gemachten Umfang von der Insolvenzschuldnerin zu vertreten ist. Ein Vertretenmüssen setzt der allein in Betracht kommende Anspruch aus § 6 Nr. 6 VOB/B ebenso voraus wie Kausalität. Hinsichtlich des Vertretenmüssens der Verzögerungen durch die Insolvenzschuldnerin hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass hinreichend substantiierter Vortrag der Beklagten fehlt. Auch die Berechnungen in der Berufungsbegründungsschrift und im Schriftsatz vom 30.11.2022 ändern daran nichts. Soweit die Beklagte hilfsweise Bezug auf das I.-Gutachten nimmt und ausgehend von einer dort (S. 110) angenommenen Verzögerung von insgesamt 102 Tagen den 10.04.2007 als Soll-Fertigstellungstermin annimmt (Bl. 295 OLGA), trägt diese Betrachtung nicht dem Umstand Rechnung, dass sich das Gutachten nur mit der Verzögerung von von der Insolvenzschuldnerin erbrachten Leistungen befasst, nicht aber mit solchen, die nach dem Vertrag (wäre dieser nicht gekündigt worden) noch zu erbringen gewesen wären. Insbesondere diese sind vorliegend aber von Relevanz, so dass die Anknüpfung an die im Gutachten ausgewiesene Verzögerungsdauer als Berechnungsgrundlage für die hier geltend gemachten Verzögerungskosten zu kurz greift.

152

Soweit sich die Beklagte auf den im Schreiben der Insolvenzschuldnerin vom 25.01.2007 (Anlage K 63, Bl. 125 LGA) benannten Fertigstellungstermin am 23.02.2007 beruft, ergibt sich aus dem Schreiben keineswegs, dass die Insolvenzschuldnerin den 23.02.2007 als Termin für die Fertigstellung aller ihrer Arbeiten angegeben hat und dass sie beim Verfassen dieses Schreibens nach eigenem Verständnis nicht mehr behindert gewesen ist (so die Beklagte Bl. 294 OLGA). Vielmehr heißt es auf S. 4 des Schreibens (Bl. 126 LGA) zu den Verblendarbeiten: “Einen verbindlichen Fertigstellungstermin können wir Ihnen zur Zeit nicht benennen, da behindernde Umstände immer noch nicht aufgehoben sind“. Das stellt das Gegenteil dessen dar, was die Beklagte dem Schreiben entnehmen will. Der „Fertigstellungstermin am 23.02.2007“ bezieht sich, wie sich aus dem Kontext ergibt, allein auf die Errichtung (ohne Verblendung) der Abschnitte A-C.

153

Soweit sich die Beklagte auf im Jahr 2006 oder früher in Aussicht genommene Fertigstellungstermine beruft, geht dies ebenfalls fehl, da diese aufgrund von Behinderungen, die jedenfalls teilweise von der Beklagten zu vertreten sind (auf die obigen Ausführungen, A. 2. c), wird Bezug genommen), nicht eingehalten werden konnten.

154

Darüber hinaus bestehen seitens des Senats aber auch Bedenken an der Kausalität. Es mangelt an Vortrag dazu, warum gerade etwaige von der Insolvenzschuldnerin zu vertretende Verzögerungen dazu geführt haben sollen, dass die Container noch bis zu den Herbstferien 2008, also deutlich länger als ein Jahr, benötigt worden sein sollen. Das Erfordernis der verlängerten Anmietung von Klassenraum-Containern könnte der Insolvenzschuldnerin maximal für den Zeitraum zugerechnet werden, den die Fertigstellung der von ihr ursprünglich geschuldeten Arbeiten gedauert hat, wobei von der Beklagten oder Dritten verursachte Verzögerungen dieser Ersatzvornahme grundsätzlich nicht der Insolvenzschuldnerin zuzurechnen sind. Ausgehend davon hätte die Beklagte darlegen müssen, warum die Ersatzvornahme erst im Sommer 2008 abgeschlossen worden ist. Hierzu findet sich indes kein hinreichend substantiierter Vortrag.

155

Die Fa. E. + T. GmbH, die die Beklagte mit der Ausführung der von der Insolvenzschuldnerin nicht fertiggestellten Arbeiten beauftragt hatte, hat ihre Arbeiten nach dem eigenen Vortrag der Beklagten von März 2008 bis Dezember 2008 ausgeführt (Bl. 502 LGA; so auch Schlussrechnung der Fa. E. & T. GmbH, Anlage RHA 22). Insofern lässt sich nicht nachvollziehen, warum die von der Beklagten mit der Ersatzvornahme beauftragte E. & T. GmbH ihre Arbeiten erst im März 2008 – und mithin über 7 Monate nach der Kündigung durch die Insolvenzschuldnerin vom 27.06.2007 begonnen hat, ausweislich der Schlussrechnung die Beauftragung sogar erst am 21.01.2008 erfolgt ist. Auch ergibt sich aus der Rechnung, dass offenbar noch Arbeiten vom Sommer 2008 bis in den Dezember ausgeführt worden sind, die einer Nutzung der Klassenzimmer des Neubaus anscheinend nicht im Wege gestanden haben. Schließlich fehlt es auch an einer nachvollziehbaren Begründung dafür, warum die Container nicht hatten während des Schulbetriebes abgebaut werden können, sondern damit bis zu den Herbstferien gewartet werden musste.

156

b) Rechnung der Gerüstbau UY. NL. GmbH

157

Die Beklagte meint, allein die Insolvenzschuldnerin sei für die Verlängerung der Standzeit verantwortlich. Zur Berechnung der zusätzlichen Standzeiten und daraus entstehender Kosten bezieht sich die Beklagte auf die Rechnung der Fa. Gerüstbau UY. NL. GmbH über brutto 20.041,55 € (Anlage RHA 10). Ein Anspruch besteht indes nicht. Die Ausführungen zur Containermiete (lit. a) gelten entsprechend. Insbesondere ist nicht ausreichend plausibel begründet, dass und ggfls. welche zusätzlichen Gerüst-Standzeiten gerade auf hindernde Umstände zurückzuführen sind, die die Insolvenzschuldnerin im Sinne von § 6 Nr. 6 VOB/B zu vertreten hat, da – wie oben dargestellt – erhebliche (potentiell verlängernde) Einflüsse auf den Bauablauf z.B. durch die Bodenfunde, den nachträglich beauftragten Abwasserkanal oder auch durch Probleme des Festerbauers zu verzeichnen sind, auf dessen Gewerk die Insolvenzschuldnerin mit ihren Verklinkerungsarbeiten aufbauen sollte. Diese lagen außerhalb der Einflussmöglichkeiten der Insolvenzschuldnerin.

158

c) Rechnung der QE. B. GmbH

159

aa) Mehrkosten wegen Errichtung des Gebäudes in mehreren Abschnitten

160

Die Beklagte macht insoweit Mehrkosten i.H.v. 14.975,14 € (netto), 17.820,42 € (brutto) für Dachdichtungsarbeiten und damit im Zusammenhang stehende Arbeiten geltend, die u.a. darauf beruhen sollen, dass das Gebäude entgegen der ursprünglichen Planung in verschiedenen Bauabschnitten (zunächst C-I, dann A-C) errichtet wurde. Vortrag dazu, inwiefern dies auf einer Pflichtverletzung der Insolvenzschuldnerin beruhe oder sonst Umstände vorlägen, die einen Anspruch gegen den Kläger rechtfertigen könnten, fehlt gänzlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese Vorgehensweise bei der Errichtung des Gebäudes, die auf die nach Baubeginn aufgefundenen Hindernisse im Boden zurückzuführen ist, durch die vorgefundene Situation auf der Baustelle erzwungen wurde und mit dem Einvernehmen der Beklagten umgesetzt worden ist, um den Rohbauarbeiten überhaupt Fortgang geben zu können. Ein von der Insolvenzschuldnerin zu vertretender hindernder Umstand im Sinne von § 6 Nr. 6 VOB/B kann darin nicht gesehen werden.

161

bb) Preissteigerungen wegen Verzögerungen

162

Auch soweit Preissteigerungen in Höhe von 9.546,81 € in der Forderung enthalten sind, fehlt es an konkretem Vortrag dazu, auf welcher Grundlage die Beklagte einen Schadensersatzanspruch gegen den Kläger haben könnte, selbst wenn eine Verzögerung durch die Insolvenzschuldnerin (mit-) verursacht worden ist.

163

Die Beklagte hätte dazu zunächst vortragen müssen, von wann bis wann eine Verzögerung hinsichtlich der konkreten Arbeiten der Fa. QE. B. GmbH auf eine von der Insolvenzschuldnerin verursachte Verzögerung zurückgeht. Ferner hätte sie vortragen müssen, inwieweit diese Verzögerungen von der Insolvenzschuldnerin zu vertreten waren. Entsprechender Vortrag liegt nicht vor, er ergibt sich auch nicht aus der in Bezug genommenen Anlage RHA 10. Aus dieser ergibt sich indessen, dass das Angebot der Fa. QE. B. GmbH vom 27.06.2005 stammte. Danach hat sich die Ausführung mehrfach verzögert, u.a. durch die Vergabeverzögerung und die Bodenfunde, Umstände, die die Insolvenzschuldnerin eindeutig nicht zu vertreten hat.

164

Ferner hätte die Beklagte die weiteren Voraussetzungen für einen Anspruch, den die Fa. QE. B. GmbH gegen sie gehabt hat (in Frage kommen insoweit § 2 Nr. 5 VOB/B, § 6 Nr. 6 VOB/B; § 642 BGB kommt für gestiegene Materialkosten nicht in Betracht), darlegen müssen. Denn nur, wenn sie ihrerseits verpflichtet war, höhere Preise an die Fa. QE. B. GmbH zu zahlen, kommt dies als Schaden in Betracht, den sie gegenüber dem Kläger im Wege der Aufrechnung geltend machen könnte. Allein der Umstand, dass der Beklagten von der Fa. QE. B. GmbH höhere Kosten in Rechnung gestellt worden sind, reicht dafür nicht aus.

165

Soweit die Beklagte geltend macht, Vortrag der Klägerseite sei in der Berufungsinstanz nicht mehr zu berücksichtigen (Bl. 803 OLGA), hat die Klägerseite schon erstinstanzlich (Bl. 88 LGA) entsprechende Einwendungen erhoben.

166

d) Rechnung der Fa. VQ. KE.

167

Es handelt sich um die Geltendmachung von Kosten für die Ersatzvornahme zur Mangelbeseitigung nach § 13 Nr. 5 (2) VOB/B (Nachbesserung aufgrund Mangels bei der Spachtelung i.H.v. 252,00 € (netto), 299,88 € (brutto). Unstreitig (vgl. Bl. 90 LGA) fehlte es an der Fristsetzung zur Nachbesserung, so dass der Anspruch nicht besteht.

168

e) Rechnungen verschiedener Firmen wegen Preissteigerungen

169

Hierbei geht es um geltend gemachte Preissteigerungen aufgrund von nach Auffassung der Beklagten von der Insolvenzschuldnerin zu vertretenden Verzögerungen. Sie wurden durch verschiedene Firmen mit einer Gesamtsumme von 27.590,76 € (netto) bzw. 32.833,00 (brutto) der Beklagten in Rechnung gestellt. Im Einzelnen geht es um die Kosten der Firmen BZ. + XF. GmbH (= Anspruch d, Bl. 52 LGA), LE. GmbH (= Anspruch e, Bl. 53 LGA), SZ. UW. GmbH (= Anspruch f, Bl. 53 LGA), HW. NT. und AO. GmbH (Anspruch g, Bl. 53 LGA), SU. HB. (Anspruch h, Bl. 56 LGA) sowie der Fa. IP. + ZC. GmbH (Stahlpreiserhöhung, Anspruch l, Nl. 59 LGA).

170

Alle diese Ansprüche sind nicht hinreichend dargelegt. Wegen der Begründung wird auf die Ausführungen oben, unter 3. c) bb) Bezug genommen. Ergänzend ist lediglich hinsichtlich der von der Fa. IP. + YD. für die Zaunanlage geltend gemachten Stahlpreiserhöhung auszuführen, dass nicht ersichtlich ist, inwiefern die Errichtung des Zaunes überhaupt von den Arbeiten der Insolvenzschuldnerin abhängig war.

171

Soweit die Beklagte geltend macht, Vortrag der Klägerseite sei in der Berufungsinstanz nicht mehr zu berücksichtigen (Bl. 803 OLGA), hat die Klägerseite auch hier schon erstinstanzlich (Bl. 88 ff. LGA) entsprechende Einwendungen erhoben.

172

f) Rechnung der Fa. TE. AT. GmbH

173

Die Beklagte macht von der Fa. TE. AT. GmbH ihr gegenüber geltend gemachte Kosten für die Nachbearbeitung von Estrich i.H.v. 6.519,66 € (netto), 7.758,40 € (brutto) geltend, der – nach Auffassung der Beklagten – wegen Verzögerung der Arbeiten durch die Insolvenzschuldnerin rissig geworden sei und habe nachbearbeitet werden müssen, ferner für die Abdeckung des Estrichs gegen weitere Verwitterung.

174

Die Beklagte legt jedoch nicht dar, wann der Estrich verlegt wurde, so dass schon nicht ersichtlich ist, ob dies nach der ursprünglichen Planung nicht verfrüht war. Zudem ist die Kausalität einer etwaigen Verzögerung durch die Insolvenzschuldnerin nicht dargetan und auch nicht ersichtlich. Ferner ist auch davon auszugehen, dass es Aufgabe der TE. AT. GmbH und/oder der Beklagten gewesen wäre, die Oberfläche des Estrichs zu schützen, wenn diese durch fehlende weitere Bearbeitung Schaden nimmt (vgl. § 4 Nr. 5 VOB/B).

175

Soweit die Beklagte einwendet, entsprechender Vortrag der Klägerseite sei in erster Instanz nicht geltend gemacht worden (Bl. 801 OLGA), hat die Klägerseite schon erstinstanzlich (Bl. 90 LGA) entsprechende Einwendungen erhoben. Eine weitere Substantiierung hat die Beklagte nicht unternommen.

176

g) Rechnung der Fa. Bauunternehmung E. und T. GmbH

177

Mit dieser Position macht die Beklagte die Mehrkosten der Rest- und Mangelbeseitigungsarbeiten geltend, die die Beklagte nach der Kündigung bei der Fa. Bauunternehmung E. und T. GmbH in Auftrag gegeben hat und die diese zu höheren Preisen als die Insolvenzschuldnerin erbracht habe (es handelt sich um 49.833,45 € netto bzw. brutto 68.578,65 €).

178

Ein Anspruch scheidet jedoch sowohl aus § 6 Nr. 6 VOB/B als auch aus § 8 Nr. 3 (2) VOB/B aus, weil die Kündigung der Insolvenzschuldnerin vom 27.06.2007 berechtigt erfolgt ist und zur Beendigung des Vertrages geführt hat (siehe oben, A. 1. a)). Die fehlende Fertigstellung der Arbeiten durch die Insolvenzschuldnerin stellt keine Pflichtverletzung dar, da die Insolvenzschuldnerin nach der berechtigten Kündigung nicht mehr zur Fortführung der Arbeiten verpflichtet war. Ein Anspruch aus § 8 Nr. 3 (2) VOB/B kommt nicht in Betracht, da der Werkvertrag nicht durch die Kündigung der Beklagten beendet worden ist.

179

h) Vertragsstrafe

180

Die Berufung enthält keine weiteren Ausführungen zur von der Beklagten geltend gemachten Vertragsstrafe. Daher wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen (S. 30 f. LGU).

181

C. Zusammenfassung

182

Nach dem vorstehend Ausgeführten ergibt sich damit die nachfolgende Schlussaufstellung, die anhand der in die Schlussrechnung (K 7) eingestellten Positionen ermittelt wurde. Dabei sind die mit den Nachträgen 13, 14, 15 und 20 in der Berufung weiter verfolgten Ansprüche jeweils mit 0 € anzusetzen, die Baustelleneinrichtung abzüglich eines Betrages i.H.v. 27.384,99 €. Die zwischen den Parteien streitigen Positionen sind farblich hinterlegt bis zu dem Zeitpunkt, in dem sie unstreitig gestellt wurden oder deren Berechtigung bzw. Absetzung rechtlich nicht weiter verfolgt wurde. Im Übrigen sind alle (inzwischen) unstreitigen bzw. in der Berufungsinstanz nicht mehr angefochtenen Positionen ohne farbliche Hinterlegung eingesetzt. Abzüglich der am Ende der Tabelle eingefügten unstreitig erfolgten Zahlungen der Beklagten ergibt sich der ausgeurteilte von der Beklagten noch zu zahlende Betrag. Im Einzelnen lassen sich die Positionen der nachfolgenden Tabelle entnehmen:

183

Schlussrechnung (K 7)

Landgerichtliches Urteil

Ergebnis der Berufung

Ab-schnitt

Pos.

Bezeichnung

Menge

Ein-heit

EP

GP

GP nach Beweisauf-nahme

GP

1

 

Erweiterte Rohbauarbeiten

           

1.1

 

Baustelleneinrichtung

           
 

1.1.10

Baustelleneinrichtungen mit allen erfor-

1,000

PSCH

250.740,00

250.740,00

250.740,00

250.740,00

 

1.1.30

Miet-WC aufstellen, vorhalten, abräumen

5,000

ST/W

4,48

22,40

22,40

22,40

 

1.1.40

Sanitärcontainer

1,000

PSCH

7.959,84

7.959,84

7.959,84

7.959,84

 

1.1.50

Ver- und Entsorgung

1,000

PSCH

1.902,94

1.902,94

1.902,94

1.902,94

 

1.1.90

Mobile Bauzauneinrichtung

63,000

M

16,57

1.043,91

1.043,91

1.043,91

 

1.1.100

Warnschilder gelb/schwarz herstellen

5,000

ST

11,19

55,95

55,95

55,95

 

1.1.120

Abdeckungen

28,936

M2

12,09

349,84

349,84

349,84

 

1.1.130

Abdeckung von Öffnungen usw. über die

1.041,700

M2/W

0,03

31,25

0,00

0,00

 

1.1.140

Umwehrungen

721,750

M

4,12

2.973,61

2.833,98

2.833,98

 

1.1.150

Umwehrungen vorhalten

5.591,780

M2/W

0,04

223,67

0,00

0,00

 

1.1.160

Höhenmarken im gesamten Gebäude herstell

1,000

PSCH

1.257,28

1.257,28

1.257,28

1.257,28

 

1.1.170

Geschossflächen reinigen

3.581,269

M2

0,43

1.539,95

1.539,95

1.539,95

 

1.1.190

Geländerabsperrungen herstellen

61,780

M

5,11

315,70

315,70

315,70

 

1.1.200

Geländerabsperrung für Treppenläufe hers

64,475

M

30,63

1.974,87

1.974,87

1.974,87

 

1.1.210

Geländerabsperrungen vorhalten und unter

2.256,620

M/WO

0,04

90,26

0,00

 
 

1.1.230

Baustrom-Anschluß wie vor, jedoch

1,000

ST

1.869,80

1.869,80

1.869,80

1.869,80

 

1.1.240

Baustrom-Unterverteilung im Anbau

8,000

ST

433,42

3.467,36

3.467,36

3.467,36

 

1.1.260

Zentrale Bauwasser-Zapfstelle einrichten einrichten

1,000

ST

1.269,82

1.269,82

1.269,82

1.269,82

 

1.1.310

Baubeleuchtung im Gebäude herstellen und

40,000

ST

7,61

304,40

304,40

304,40

 

1.1.320

Baubeleuchtung vorhalten und unterhalten

1,000

PSCH

1.257,28

1.257,28

1.257,28

1.257,28

   

Abzug Rechnung RHA 22, S. 6

       

-27.384,99

-27.384,99

   

Summe Baustelleneinrichtung

     

278.650,12

250.780,32

250.780,32

                 

1.2

 

Erdarbeiten (Aushub und Verfüllung)

           
 

1.2.20

Feststellung derLage von Versorgungs-

1,000

PSCH

492,53

492,53

492,53

492,53

 

1.2.30

Boden für Suchgraben zur Freilegung

159,945

M3

19,71

3.152,52

3.152,52

3.152,52

 

1.2.60

Boden für Baugrube

2.499,725

M3

6,81

17.023,13

17.023,13

17.023,13

 

1.2.70

Boden für Baugrube

873,439

M3

3,40

2.969,69

2.969,69

2.969,69

 

1.2.80

Handschachtung als Zulage zum Baugruben.

41,903

M3

80,60

3.377,38

3.377,38

3.377,38

 

1.2.90

Lastplatten-Druckversuch für den Nachweis

1,000

ST

197,01

197,01

197,01

197,01

 

1.2.100

Boden für Streifen- und Blockfundamente,

1.432,503

M3

38,51

55.165,69

55.165,69

55.165,69

 

1.2.120

Böschungsfläche gegen Ausspülen sichern.

1.375,990

M2

1,34

1.843,83

1.843,83

1.843,83

 

1.2.130

Bodenmassen der Bodenklassen 3 bis 4

11,579

M3

44,78

518,51

518,51

518,51

 

1.2.140

Bodenmassen der Bodenklassen 3 bis 4

175,686

M3

44,78

7.867,22

7.867,22

7.867,22

 

1.2.210

Bestandsaufnahme anfertigen,

1,000

PSCH

201,49

201,49

201,49

201,49

 

1.2.240

Sandbett für Leitungen herstellen

24,778

M3

31,34

776,54

776,54

776,54

 

1.2.250

Boden aus seitlicher Lagerung

1.482,359

M3

7,61

11.280,75

12.003,12

12.003,12

 

1.2.260

Verfüllung von Leitungsgräben

1.387,873

M3

23,29

32.323,56

26.354,50

26.354,50

 

1.2.270

Kapillarbrechende Schicht,

109,265

M3

29,56

3.229,87

3.229,87

3.229,87

 

1.2.300

Lagernden Boden abtransportieren

298,112

M3

40,30

12.013,91

12.013,91

12.013,91

   

Summe Erdarbeiten (Aushub und Verfüllung)

     

152.433,64

147.186,94

147.186,94

                 

1.3

 

Allgemeine Arbeiten

           
 

1.3.10

Ausbau von Altfensteranlagen

3,000

ST

67,16

201,48

201,48

201,48

 

1.3.20

Ausbau von Altfensteranlagen

2,000

ST

67,16

134,32

134,32

134,32

 

1.3.30

Abbruch vorh. Brüstungsmauerwerk

3,520

M2

89,55

315,22

315,22

315,22

 

1.3.40

Ausbau von Alttüranlagen

2,000

ST

44,78

89,56

89,56

89,56

 

1.3.60

Schutzverschalungen für Tür- und Schutzverschalungen für verschiedene

68,328

M2

35,82

2.447,51

2.447,51

2.447,51

 

1.3.100

Öffnungen in Mauerwerk oder Betonbauteile

60,000

CM

2,47

148,20

148,20

148,20

 

1.3.110

Kernbohrungen wie vor

448,000

CM

2,91

1.303,68

1.303,68

1.303,68

   

Summe Allgemeine Arbeiten

     

4.639,96

4.639,97

4.639,97

                 

1.4

 

Beton- und Stahlbetonarbeiten

           
 

1.4.10

Folienabdeckung über kapillarbrechender

1.824,795

M2

1,88

3.430,61

3.430,61

3.430,61

 

1.4.20

Beton

157,561

M3

35,31

5.563,48

5.563,48

5.563,48

 

1.4.30

Sauberkeitsschicht aus Normalbeton C12/1

1.114,328

M2

4,51

5.025,62

5.025,62

5.025,62

 

1.4.40

Sauberkeitsschicht aus Normalbeton C12/1

126,663

M

5,46

691,58

691,58

691,58

 

1.4.60

WU-Beton für Streifenfundamente

33,775

M3

62,99

2.127,49

2.127,49

2.127,49

 

1.4.80

Stahlbeton-BodenpIatte

1.384,712

M2

25,23

34.936,28

28.769,57

28.769,57

 

1.4.90

Stahlbeton-BodenpIatte

47,828

M2

20,17

964,69

4.929,95

4.929,95

 

1.4.90 A

Bodenplatte unter Kanal

       

860,90

860,90

 

1.4.100

Beton für Kelleraußen-und Lichtschacht

174,956

M3

106,99

18.718,54

18.718,54

18.718,54

 

1.4.110

Beton für Wände,

651,072

M3

13,61

8.861,09

8.861,09

8.861,09

 

1.4.120

Abschnittsweises Betonieren von Betonwänden

266,563

M2

3,58

954,30

954,30

954,30

 

1.4.130

Beton für Stützen sowie Unter- und

54,306

M3

89,82

4.877,76

4.614,50

4.614,50

 

1.4.140

Beton für Treppen und Podeste

34,033

M3

60,90

2.072,61

2.072,61

2.072,61

 

1.4.150

Stahlbeton-Deckenplatte d= 22 cm

3.457,333

M2

25,42

87.885,40

87.885,40

87.885,40

 

1.4.160

Stahlbeton für Treppen aus Beton C25/30

1,000

ST

3.919,93

3.919,93

3.919,93

3.919,93

 

1.4.170

Stahlbeton für Treppen aus Beton C25/30

1,000

ST

8.536,20

8.536,20

8.536,20

8.536,20

 

1.4.180

Frischbetonoberfläche abreiben

1.159,207

M2

3,91

4.532,50

4.532,50

4.532,50

 

1.4.200

Beton für kleinvolumige Bauteile wie vor

0,338

M3

132,80

44,89

44,89

44,89

 

1.4.210

Öffnungzulage für die Herstellung

53,000

ST

56,15

2.975,95

2.975,95

2.975,95

 

1.4.220

Öffnungzulage für die Herstellung

12,000

ST

78,39

940,68

940,68

940,68

 

1.4.230

Öffnungzulage für die Herstellung

3,000

ST

119,30

357,90

357,90

357,90

 

1.4.240

Öffnungzulage für die Herstellung

1,000

ST

175,42

175,42

175,42

175,42

 

1.4.250

Öffnungzulage für die Herstellung

6,000

ST

198,15

1.188,90

1.188,90

1.188,90

 

1.4.270

Öffnungzulage wie vor,

1,000

ST

90,00

90,00

90,00

90,00

 

1.4.280

Lichtschachtkonstruktion herstellen,

2,000

ST

2.087,12

4.174,24

4.174,24

4.174,24

 

1.4.290

Lichtschachtkonstruktion herstellen,

1,000

ST

2.397,85

2.397,85

2.397,85

2.397,85

 

1.4.300

Lichtschachtkonstruktion herstellen,

2,000

ST

570,13

1.140,26

1.140,26

1.140,26

 

1.4.310

Lichtschachtkonstruktion herstellen,

2,000

ST

518,29

1.036,58

1.036,58

1.036,58

 

1.4.320

Schalung der Bodenplatte

108,966

M2

12,78

1.392,59

1.392,59

1.392,59

 

1.4.330

Schalung für Fundament aller Art,

132,109

M2

19,10

2.523,28

2.523,28

2.523,28

 

1.4.340

Schalung für Wände und Wandteile,

8.479,188

M2

18,57

157.458,52

157.458,52

157.458,52

 

1.4.350

Schalung für Rundstützen DN 35 cm,

44,995

M2

63,85

2.872,93

2.872,93

2.872,93

 

1.4.360

Schalung für Stützen. Stützenvorlagen,

6,486

M2

58,73

380,92

380,92

380,92

 

1.4.370

Schalung für Unter- und Überzüge,

548,446

M2

32,23

17.676,41

16.641,06

16.641,06

 

1.4.400

Schalung der Laibungen von Öffnungen,

128,122

M2

58,73

7.524,61

7.524,61

7.524,61

 

1.4.410

Schalung der Deckenränder,

152,574

M2

42,45

6.476,77

6.476,77

6.476,77

 

1.4.420

Zulage zur Schalung für einhüftige

340,488

M2

35,36

12.039,66

12.039,66

12.039,66

 

1.4.430

Schalung der Bodenkanäle/Vouten, Gruben,

215,877

M2

14,32

3.091,36

3.091,36

3.091,36

 

1.4.440

Schalung der Treppensockel,

2,962

M2

53,42

158,23

158,23

158,23

 

1.4.450

Schalung der Kragplatten,

1,821

M2

41,28

75,17

75,17

75,17

 

1.4.460

Schalung der Treppenläufe, Stufen, Wangen,

175,102

M2

22,08

3.866,25

3.866,25

3.866,25

 

1.4.470

Erschwerniszulage für einseite Abstützung

328,366

M2

3,11

1.021,22

1.021,22

1.021,22

 

1.4.480

Sichtbetonzulage zur Schalung

1.260,922

M2

7,91

9.973,89

9.973,89

9.973,89

 

1.4.500

Sichtbetonzulage zur Schalung

48,141

M2

19,87

956,56

956,56

956,56

 

1.4.510

Sichtbetonzulage zur Schalung

36,448

M2

19,87

724,22

724,22

724,22

 

1.4.520

Sichtbetonzulage zur Schalung

182,046

M2

16,29

2.965,53

2.965,53

2.965,53

 

1.4.530

Fugenfüllung bei der Fugenherstellung

12,704

M2

2,80

35,57

35,57

35,57

 

1.4.550

Einbau von Hartschaum-EinIagen wie vor,

377,898

M2

23,81

8.997,75

8.997,75

8.997,75

 

1.4.560

Folienabdeckung der Hartschaumplatten

608,355

M2

3,50

2.129,24

2.062,60

2.062,60

 

1.4.580

Betonstahl BSt500 S(A) für Stabstahl

110,633

T

769,68

85.152,01

85.152,01

85.152,01

 

1.4.590

Betonstahl BSt500 M(A) für Mattenstahl

89,952

T

492,08

44.263,58

44.263,58

44.263,58

 

1.4.600

Betonstahl-Lagermatten wie vor,

41,386

T

527,90

21.847,67

21.847,67

21.847,67

 

1.4.630

Isokörbe für thermische Trennung

11,000

ST

145,61

1.601,71

1.601,71

1.601,71

 

1.4.670

Fugenband

       

0,00

0,00

 

1.4.680

Ankerschienen in Schalung einbauen

390,690

M

5,94

2.320,70

2.320,70

2.320,70

 

1.4.690

Ankerschienen in Schalung einbauen

126,245

M

7,73

975,87

975,87

975,87

 

1.4.700

Ankerschienen in Schalung einbauen

30,070

M

9,11

273,94

273,94

273,94

 

1.4.710

Halfen Bewehrungsanschlüsse liefern

303,700

M

15,39

4.673,94

4.673,94

4.673,94

 

1.4.720

Arbeitsfuge zwischen WU-Kellerbodenplatt

214,210

M

12,87

2.756,88

2.756,88

2.756,88

 

1.4.730

Formteile als Zulage,

28,000

ST

6,08

170,24

170,24

170,24

 

1.4.750

Kunststoffpanzerrohr

185,505

M

2,30

426,66

426,66

426,66

 

1.4.760

Betongerätedose

36,000

ST

3,54

127,44

127,44

127,44

 

1.4.770

Betonauslaßdose

58,000

ST

3,63

210,54

210,54

210,54

   

Summe Beton- und Stahlbetonarbeiten

     

614.762,63

612.056,81

612.056,81

                 

1.5

 

Mauerarbeiten + Verblendmauerwerk

           
 

1.5.20

Mauerwerk für Innenwände, Wandteile,

58,645

M2

68,60

4.023,05

4.023,05

4.023,05

 

1.5.30

Mauerwerk wie vor,

4,883

M2

61,43

299,96

299,96

299,96

 

1.5.60

Herstellen von Türöffnungen

3,000

ST

40,78

122,34

122,34

122,34

 

1.5.70

Überdecken von Öffnungen in Mauerwerk

2,905

M

10,93

31,75

31,75

31,75

 

1.5.80

Anschlüsse von Mauerwerk gegen Betonbauteile

21,780

M

7,51

163,57

163,57

163,57

 

1.5.100

Herstellen von Klinker-Verblendmauerwerk

1.027,453

M2

79,12

81.292,08

81.292,08

81.292,08

 

1.5.110

Wärmedämmung für zweischaliges Mauerwerk

1.058,662

M2

8,51

9.009,21

9.009,21

9.009,21

 

1.5.120

Öffnungszulage zum Verblendmauerwerk

13,000

ST

25,52

331,76

229,68

229,68

 

1.5.130

Öffnungszulage zum Verblendmauerwerk

9,000

ST

29,78

268,02

268,02

268,02

 

1.5.140

Öffnungszulage zum Verblendmauerwerk

4,000

ST

42,54

170,16

170,16

170,16

 

1.5.160

Öffnungszulage zum Verblendmauerwerk

9,000

ST

42,54

382,86

382,86

382,86

 

1.5.180

Liefern und Einbauen von Konsolankern

249,175

M

59,55

14.838,37

14.838,37

14.838,37

 

1.5.190

Liefern und Einbauen von Konsolankern

88,750

M

68,06

6.040,33

6.040,33

6.040,33

 

1.5.200

Liefern und Einbauen von Konsolankern

14,935

M

85,07

1.270,52

1.270,52

1.270,52

 

1.5.210

Herstellen, Liefern und Einbau von

10,200

M

46,79

477,26

0,00

0,00

 

1.5.240

Feuchtigkeitssperre aus RepanoI-Folie

548,010

M

3,05

1.671,43

1.606,69

1.606,69

 

1.5.250

Vertikale Bewegungsfugen im herstellen,

146,118

M

4,08

596,16

596,16

596,16

 

1.5.260

Horizontale Bewegungsfugen im herstellen

213,094

M

2,84

605,19

605,19

605,19

 

1.5.270

Gerüsthalter aus Edelstahl, V4A

161,000

ST

12,76

2.054,36

2.054,36

2.054,36

 

1.5.280

Klinker-Verblendmauerwerkfassade

0,166

ST

161,19

26,76

26,76

26,76

 

1.5.290

Rückbau der vorbeschriebenen Musterfläch

0,166

ST

80,60

13,38

0,00

0,00

   

Summe Mauerarbeiten + Verblendmauerwerk

     

123.688,51

123.031,06

123.031,06

                 

1.6

 

Abdichtungsarbeiten und Dämmarbeiten

           
 

1.6.10

Oberflächenvergütung

140,400

M2

0,98

137,59

0,00

0,00

 

1.6.20

Abdichtungen mit Deckaufstrichmitteln,

29,700

M2

15,04

446,69

0,00

0,00

 

1.6.30

Bitumen-Voranstrich als Grundierung

66,600

M2

3,40

226,44

0,00

0,00

 

1.6.40

2-lagige Abdichtungsklebungen,

39,600

M2

30,72

1.216,51

0,00

0,00

 

1.6.50

Einarbeiten einer Verstärkungsbahn

20,700

M

6,45

133,52

0,00

0,00

 

1.6.60

1-lagige Abdichtungsklebungen,

27,000

M2

10,88

293,76

0,00

0,00

 

1.6.70

Abdichtung mit Bitumenbahnen

14,400

M2

20,24

291,46

0,00

0,00

 

1.6.80

Sicherung gegen Abgleiten,

27,000

M

11,28

304,56

0,00

0,00

 

1.6.90

Oberflächenschutzsystem OS 4

18,000

M2

24,18

435,24

0,00

0,00

 

1.6.100

Herstellen der Perimeterdämmung

342,023

M2

13,34

4.562,59

4.562,59

4.562,59

 

1.6.110

Wärmedämmschicht

71,187

M2

17,73

1.262,15

1.262,15

1.262,15

 

1.6.120

Trennfugenplatte als Haustrennwand-Platt

328,366

M2

9,67

3.175,30

3.175,30

3.175,30

   

Summe Abdichtungsarbeiten – und Dämmarbeiten

     

12.485,79

9.000,03

9.000,03

                 

1.7

 

Entwässerungskanalarbeiten

           
 

1.7.30

SML-Rohr DN 150

23,010

M

38,74

891,41

891,41

891,41

 

1.7.60

SML-Bogen DN 150

4,000

ST

24,22

96,88

96,88

96,88

 

1.7.90

SML-Abzweig DN 150

5,000

ST

40,65

203,25

203,25

203,25

 

1.7.120

SML-Übergangsrohre DN 150

1,000

ST

16,76

16,76

16,76

16,76

 

1.7.160

Gußrohr-Verbindung Rapid Inox DN 150

13,000

ST

10,21

132,73

132,73

132,73

 

1.7.220

SML-Rohr DN 100

71,720

M

19,47

1.396,39

1.396,39

1.396,39

 

1.7.230

SML-Rohr DN 125

5,120

m

24,57

125,80

125,80

125,80

 

1.7.240

SML-Bogen DN 100

59,000

ST

12,02

709,18

709,18

709,18

 

1.7.260

SML-Abzweig DN 100

10,000

ST

15,94

159,40

159,40

159,40

 

1.7.280

SML-Übergangsrohre DN 125

1,000

ST

12,21

12,21

12,21

12,21

 

1.7.290

Reinigungsverschluss DN 100

2,000

ST

73,36

146,72

0,00

0,00

 

1.7.300

Gußrohr-Verbindung Rapid Inox DN 100

159,000

ST

8,22

1.306,98

1.306,98

1.306,98

 

1.7.310

Gußrohr-Verbindung Rapid Inox DN 125

3,000

ST

9,15

27,45

27,45

27,45

   

Summe Entwässerungskanalarbeiten

     

5.225,15

5.078,43

5.078,43

                 

1.8

 

Erdungsanlage / Blitzschutzanlagen

           
 

1.8.10

Fundamenterder Flachbandstahl 30 x 3,5 mm nach DIN VDE

474,928

M

2,69

1.277,56

1.277,56

1.277,56

 

1.8.20

Anschlußfahne FL 30

20,000

ST

7,16

143,20

143,20

143,20

 

1.8.30

Erstellung der Messprotokolle,

1,000

ST

89,55

89,55

89,55

89,55

   

Summe Erdungsanlage / Blitzschutzanlagen

     

1.510,31

1.510,31

1.510,31

                 

1.9

 

Stundenlohnarbeiten

           
 

1.9.10

Für Bauhelfer

59,500

H

39,79

2.367,51

2.367,51

2.367,51

 

1.9.20

Für Facharbeiter

101,500

H

44,00

4.466,00

4.466,00

4.466,00

 

1.9.40

Hydraulikbagger

4,250

H

76,12

323,51

323,51

323,51

   

Summe Stundenlohnarbeiten

     

7.157,02

7.157,02

7.157,02

   

Summe Erweiterte Rohbauarbeiten

     

1.200.553,14

1.160.440,89

1.160.440,89

                 

5

 

Nachtragsangebote

           

5.1

 

Nachtrag Nr. 1

           
 

5.1.1

Hindernisse und alte Fundamente etc.

90,890

M3

162,36

14.756,90

14.756,90

14.756,90

 

5.1.2

Unterfangungsbankett herstellen

26,600

M

852,85

22.685,81

22.685,81

22.685,81

   

Summe Nachtrag Nr. 1

     

37.442,71

37.442,71

37.442,71

                 

5.2

 

Nachtrag Nr. 2

           
 

5.2.1

Entsorgung eines Erdtanks, 10000 Itr., incl. Reinigung It. Anlage A

1,000

STCK

2.733,73

2.733,73

2.733,73

2.733,73

 

5.2.2

als Zulage für die Entsorgung von Bauschuttzersetzeten Boden lt.,

298,112

M3

8,99

2.680,03

2.680,03

2.680,03

   

Summe Nachtrag Nr. 2

     

5.413,76

5.413,76

5.413,76

                 

5.3

 

Nachtrag Nr. 3

           
 

5.3.1

Anrücken Arbeitskolonne

4,000

ST

693,84

2.775,36

2.775,36

2.775,36

 

5.3.2

ULTRA-RIB Einsteigeschacht

1,000

ST

3.984,95

3.984,95

3.984,95

3.984,95

 

5.3.3

ULTRA-RIB Einsteigeschacht DN 1000

1,000

ST

4.071,68

4.071,68

4.071,68

4.071,68

 

5.3.4

ULTRA-RIB Einsteigeschacht DN 1000

1,000

ST

4.645,26

4.645,26

4.645,26

4.645,26

 

5.3.5

ULTRA RIB Rohr DN 500

64,040

M

130,10

8.331,60

8.331,60

8.331,60

 

5.3.6

ULTRA RIB Rohr DN 250

8,110

M

39,03

316,53

316,53

316,53

 

5.3.8

Einlaufstück Ultra RIP DN 500

1,000

ST

231,28

231,28

231,28

231,28

 

5.3.9

Auslaufstück Ultra RIP DN 500

1,000

ST

231,28

231,28

231,28

231,28

 

5.3.10

Rohrschnitte ULTRA RIB Rohr DN 500

9,000

ST

46,26

416,34

416,34

416,34

 

5.3.11

Rohrschnitte ULTRA RIB Rohr DN 250

2,000

ST

28,91

57,82

57,82

57,82

 

5.3.13

Rohrschnitt KG – Rohr DN 400

1,000

ST

34,69

34,69

34,69

34,69

 

5.3.16

Stahlbügel Schellen

18,000

ST

323,79

5.828,22

5.828,22

5.828,22

 

5.3.19

Dichtheitsprüfung Mischwasserkanal

4,000

ST

491,47

1.965,88

1.965,88

1.965,88

 

5.3.22

Anrücken der Arbeitskolonne

2,000

ST

636,02

1.272,04

1.272,04

1.272,04

 

5.3.23

Umschluß am vorh. Schacht

2,000

ST

346,92

693,84

693,84

693,84

 

5.3.24

Umschluß-Rohrleitung DN400 aus KG liefern

65,800

M

69,38

4.565,20

4.565,20

4.565,20

 

5.3.25

KG-Bögen DN 400 liefern und einbauen

7,000

ST

144,55

1.011,85

1.011,85

1.011,85

 

5.3.26

Ausbau der Umschlussleitung

65,800

ST

23,13

1.521,95

1.521,95

1.521,95

 

5.3.27

Abtransport der KG-Rohre DN400

1,000

ST

549,29

549,29

549,29

549,29

 

5.3.29

BEGU-Schachtabdeckung Belastkl. DN 400

1,000

ST

260,19

260,19

260,19

260,19

 

5.3.30

Abrücken der Arbeitskolonne

6,000

ST

693,84

4.163,04

4.163,04

4.163,04

   

Summe Nachtrag Nr. 3

     

46.928,31

46.928,31

46.928,31

                 

5.4

 

Nachtrag Nr. 4

           
 

5.4.1

Betonfundamentstreifen vertikal 14 cm tief

24,700

M

132,54

3.273,74

3.497,98

3.497,98

 

5.4.2

Lichtschacht 4,44 m breit, 1,50 m tief, 3,77 m hoch

1,000

ST

4.558,89

4.558,89

4.651,93

4.651,93

   

Summe Nachtrag Nr. 4

     

7.832,63

8.149,91

8.149,91

                 

5.5

 

Nachtrag Nr. 5

           
 

5.5.1

Ankerschiene HTA 38/17 in V 4A

387,285

M

57,19

22.148,83

22.148,83

22.148,83

 

5.5.2

Ankerschiene HTA 49/30 in V 4A

126,245

M

78,30

9.884,98

9.884,98

9.884,98

 

5.5.3

Ankerschiene HTA 52/34 in V 4A

30,070

M

168,43

5.064,69

5.064,69

5.064,69

 

5.5.4

Herstellen und liefern von Aussparung Kästen

6,000

ST

117,78

706,68

706,68

706,68

 

5.5.5

Wie vor, jedoch

6,000

ST

57,81

346,86

346,86

346,86

 

5.5.6

wie vor, jedoch

3,000

ST

54,30

162,90

162,90

162,90

 

5.5.7

wie vor, jedoch

6,000

ST

97,19

583,14

583,14

583,14

 

5.5.8

wie vor, jedoch

6,000

ST

70,83

424,98

424,98

424,98

 

5.5.9

wie vor, jedoch

3,000

ST

67,66

202,98

202,98

202,98

   

Summe Nachtrag Nr. 5

     

39.526,04

39.526,04

39.526,04

                 

5.6

 

Nachtrag Nr. 6

           
 

5.6.1

Kürzungen vorhandener SML-Leitungen

11,000

ST

60,00

660,00

660,00

660,00

 

5.6.2

Bodenablauf

       

150,00

150,00

 

5.6.2 3

Bodenablauf

11,000

ST

150,00

1.650,00

1.250,00

1.250,00

 

5.6.4

Bodenablauf- Oberteil

11,000

ST

180,00

1.980,00

1.980,00

1.980,00

 

5.6.5

Bodenablauf- Abdeckroste

11,000

ST

150,00

1.650,00

1.650,00

1.650,00

 

5.6.6

Dichtheitsprüfung

1,000

ST

320,00

320,00

320,00

320,00

 

5.6.7

wie vor, jedoch

3,000

ST

290,00

870,00

870,00

870,00

 

5.6.8

Gebühren der Fa. S. Tiefbau

1,000

ST

330,40

330,40

330,40

330,40

   

Summe Nachtrag Nr. 6

     

7.460,40

7.210,40

7.210,40

                 

5.7

 

Nachtrag Nr. 7

           
 

5.7.1

Lieferung von Kunststoffpanzerrohr DN 25

185,505

M

0,12

22,26

22,26

22,26

 

5.7.3

Zusätzliches und wiederholtes Planum

25,846

M2

1,71

44,20

44,20

44,20

   

Summe Nachtrag Nr. 7

     

66,46

66,46

66,46

                 

5.8

 

Nachtrag Nr. 8

           
 

5.8.1

Schneiden von Stahlbetonbauteilen, Bauteile wie Stahlbetonlichtschacht

17,409

M2

383,33

6.673,39

6.673,39

6.673,39

 

5.8.2

Fugenabschließenden Fugenprofil als Klemmprofil

24,790

M

167,10

4.142,41

4.142,41

4.142,41

 

5.8.3

Bestandrohrleitung DN 400 von Hand freischachten

39,750

M

79,20

3.148,20

3.148,20

3.148,20

   

Summe Nachtrag Nr. 8

     

13.964,00

13.964,00

13.964,00

                 

5.9

 

Nachtrag Nr. 9

           
 

5.9.1

Vorh., ca. 4 m hoher Kanalschacht abbrechen

1,000

ST

1.534,00

1.534,00

750,00

750,00

 

5.9.2

Abbruch der vorh. STZ-Leitung DN 400

2,000

M

47,20

94,40

94,40

94,40

 

5.9.3

Aufweitungsstück DN 400/500 aus UltraRip

1,000

ST

590,00

590,00

590,00

590,00

 

5.9.4

Übergangsstück von Steinzeugrohr DN 400

1,000

ST

454,30

454,30

454,30

454,30

 

5.9.5

Rohrschnitt am vorh. STZ-Rohr DN 400 herstellen

1,000

ST

70,80

70,80

70,80

70,80

 

5.9.6

Rohrgraben für DN 500 im Anschlussbereich

3,000

M

82,60

247,80

247,80

247,80

 

5.9.7

Vorh., ca 4,50 m hoher Kanalschacht abbrechen

1,000

ST

1.593,00

1.593,00

800,00

800,00

 

5.9.8

Abbruch der vorh. STZ-Leitung DN 500

39,750

M

130,98

5.206,46

3.279,38

3.279,38

 

5.9.9

Übergangsstück von UltraRip-Rohr DN 500

1,000

ST

560,50

560,50

560,50

560,50

 

5.9.10

Rohrschnitt am vorh. STZ-Rohr DN 500 herstellen

1,000

ST

88,50

88,50

88,50

88,50

 

5.9.11

Rohrgraben für DN 500 im Anschlussbereich

3,000

M

82,60

247,80

247,80

247,80

   

Summe Nachtrag Nr. 9

     

10.687,56

7.183,48

7.183,48

                 

5.10

 

Nachtrag Nr. 10

           
 

5.10.2

wie vor, jedoch

275,560

KG

8,45

2.328,48

2.328,48

2.328,48

   

Summe Nachtrag Nr. 10

     

2.328,48

2.328,48

2.328,48

                 

5.13

 

Nachtrag Nr. 13 (“Wechsel auf deutsche AN”)

           
 

5.13.1

Zusatzkosten durch Wechsel von polnischen NU auf deutsche AK

1,000

ST

66.791,53

66.791,53

0,00

0,00

 

5.13.2

Zusatzkosten infolge Personalgestellung und Behinderung

1,000

ST

6.506,25

6.506,25

0,00

0,00

 

5.13.3

Zusatzkosten infolge verlängerte Vorhaltung Baustelleneinrichtung

4,000

MON

35.690,00

142.760,00

0,00

 
   

Summe Nachtrag Nr. 13

     

216.057,78

0,00

0,00

                 

5.14

 

Nachtrag Nr. 14 (“geänderte Bauweise”)

           
 

5.14.10

Folienabdeckung über kapillarbrechender

252,910

M2

0,34

85,99

0,00

 
 

5.14.30

Sauberkeitsschicht aus Normalbeton C12/1

304,538

M2

0,73

222,31

0,00

 
 

5.14.60

WU-Beton für Streifenfundamente,

9,637

M3

4,43

42,69

0,00

 
 

5.14.80

Stahlbeton-Bodenplatte,

249,646

M2

1,32

329,53

0,00

 
 

5.14.100

Beton für Kelleraußen- und Lichtschacht

40,581

M3

6,58

267,02

0,00

 
 

5.14.110

Beton für Wände,

148,713

M3

1,32

196,30

0,00

 
 

5.14.120

Abschnittsweises Betonieren von Betonwän

449,930

M2

1,07

481,43

0,00

 
 

5.14.130

Beton für Stützen sowie Unter- und

20,249

M3

13,11

265,46

0,00

 
 

5.14.140

Beton für Treppen und Podeste

6,826

M3

4,43

30,24

0,00

 
 

5.14.150

Stahlbeton-Deckenplatte d= 22 cm

750,849

M2

3,34

2.507,84

0,00

 
 

5.14.170

Stahlbeton für Treppen aus Beton C25/30

1,000

ST

92,85

92,85

0,00

 
 

5.14.180

Frischbetonoberfläche abreiben

249,646

M2

0,79

197,22

0,00

 
 

5.14.210

Öffnungzulage für die Herstellung

16,000

ST

13,61

217,76

0,00

 
 

5.14.320

Schalung der Bodenplatte

8,262

M2

5,18

42,80

0,00

 
 

5.14.330

Schalung für Fundament aller Art,

52,889

M2

4,39

232,18

0,00

 
 

5.14.340

Schalung für Wände und Wandteile,

1.312,375

M2

3,96

5.197,01

0,00

 
 

5.14.360

Schalung für Stützen, Stützenvorlagen,

8,194

M2

10,24

83,91

0,00

 
 

5.14.370

Schalung für Unter- und Überzüge,

163,067

M2

7,66

1.249,09

0,00

 
 

5.14.400

Schalung der Laibungen von Öffnungen,

14,265

M2

10,24

146,07

0,00

 
 

5.14.410

Schalung der Deckenränder

46,399

M2

6,02

279,32

0,00

 
 

5.14.420

Zulage zur Schalung für einhüftige

339,376

M2

6,58

2.233,09

0,00

 
 

5.14.460

Schalung der Treppenläufe, Stufen, Wangen

38,097

M2

13,33

507,83

0,00

 
 

5.14.470

Erschwerniszulage fur einseite Abstützung

339,376

M2

2,28

773,78

0,00

 
 

5.14.480

Sichtbetonzulage zur Schalung

485,846

M2

1,64

796,79

0,00

 
 

5.14.500

Sichtbetonzulage zur Schalung

20,349

M2

2,07

42,12

0,00

 
 

5.14.520

Sichtbetonzulage zur Schalung

11,097

M2

1,47

16,31

0,00

 
 

5.14.550

Einbau von Hartschaum-Einlagen wie vor,

248,266

M2

0,86

213,51

0,00

 
 

5.14.560

Folienabdeckung der Hartschaumplatten

215,176

M2

0,43

92,53

0,00

 
 

5.14.580

Betonstahl BSt500 S(A) für Stabstahl

31,812

T

63,40

2.016,88

0,00

 
 

5.14.600

Betonstahl-Lagermatten wie vor,

18,648

T

55,34

1.031,98

0,00

 
 

5.14.610

Isokörbe für Anschluss Attika und

6,000

ST

2,15

12,90

0,00

 
 

5.14.620

Einbau von extrudierten Polystyrol-

2,712

M2

0,84

2,28

0,00

 
 

5.14.630

Isokörbe für thermische Trennung

9,000

ST

3,01

27,09

0,00

 
 

5.14.640

Isokörbe zur Verankerung Wandscheibe

3,000

ST

3,01

9,03

0,00

 
 

5.14.650

Doppelschubdorne zur Verankerung

6,000

ST

2,15

12,90

0,00

 
 

5.14.690

Ankerschienen in Schalung einbauen

14,555

M

1,29

18,78

0,00

 
 

5.14.710

Halfen Bewehrungsanschlüsse liefern

8,990

M

1,29

11,60

0,00

 
 

5.14.720

Arbeitsfuge zwischen WU-Kellerbodenplatt

67,250

M

1,92

129,12

0,00

 
 

5.14.740

Mauerwerk der IW. KSV d = 17,5 cm Mauerwerk wie vor,

4,883

M2

8,90

43,46

0,00

 
 

5.14.750

Herstellen der Perimeterdämmung

93,185

M2

1,72

160,28

0,00

 
 

5.14.760

Faltbühnen

60,000

LFDM

28,21

1.692,60

0,00

 
 

5.14.770

Verlängerte Schalungsvorhaltung

2,000

MO

6.221,13

12.442,26

0,00

 
 

5.14.780

Vorhaltung der Baustelleneinrichtung

2,000

MO

17.845,00

35.690,00

0,00

 
   

Summe Nachtrag Nr. 14

     

70.144,14

0,00

0,00

                 

5.15

 

Nachtrag Nr. 15 (“Vergabeverzug”)

           
 

5.15.1

Materialpreisanpassung lt. Anlage 1

1,000

PSCH

63.715,07

63.715,07

0,00

 
 

5.15.2

Lohnpreisanpassung It. Anlage 2

1,000

PSCH

4.439,77

4.439,77

0,00

 
   

Summe Nachtrag Nr. 15

     

68.154,84

0,00

0,00

                 

5.17

 

Nachtrag Nr. 17

           
 

5.17.1

Bauseits beigestellte Dacheinläufe

4,000

ST

345,42

1.381,68

1.381,68

1.381,68

 

5.17.2

Schließen der Bestandsöffnungen

1,000

ST

1.453,75

1.453,75

1.453,75

1.453,75

 

5.17.3

Ebenen EG – 2. OG schließen der Bestandsöffnungen

3,000

ST

2.865,01

8.595,03

8.595,03

8.595,03

   

Summe Nachtrag Nr. 17

     

11.430,46

11.430,46

11.430,46

                 

5.20

 

Nachtrag Nr. 20

           
 

5.20.1

Zusätzliche Personalkosten

1,000

ST

16.697,88

16.697,88

0,00

 
   

Summe Nachtrag Nr. 20

     

16.697,88

0,00

0,00

   

Summe Nachtragsangebote

     

554.135,43

179.644,00

179.644,00

                 
                 
   

Kosten des privaten Bauzeitengutachtens

       

0,00

0,00

                 
   

Titelzusammenstellung

           

1

 

Erweiterte Rohbauarbeiten

     

1.200.553,14

1.160.440,89

1.160.440,89

1.1

 

Baustelleneinrichtung

     

278.650,12

250.780,32

250.780,32

1.2

 

Erdarbeiten (Aushub und Verfüllung)

     

152.433,64

147.186,94

147.186,94

1.3

 

Allgemeine Arbeiten

     

4.639,96

4.639,97

4.639,97

1.4

 

Beton- und Stahlbetonarbeiten

     

614.762,63

612.056,81

612.056,81

1.5

 

Mauerarbeiten + Verblendmauerwerk

     

123.688,51

123.031,06

123.031,06

1.6

 

Abdichtungsarbeiten – und Dämmarbeiten

     

12.485,79

9.000,03

9.000,03

1.7

 

Entwässerungskanalarbeiten /

     

5.225,15

5.078,43

5.078,43

1.8

 

Erdungsanlage / Blitzschutzanlagen

     

1.510,31

1.510,31

1.510,31

1.9

 

Stundenlohnarbeiten

     

7.157,02

7.157,02

7.157,02

5

 

Nachtragsangebote

     

554.135,43

179.644,00

179.644,00

5.1

 

Nachtrag Nr. 1

     

37.442,71

37.442,71

37.442,71

5.2

 

Nachtrag Nr. 2

     

5.413,76

5.413,76

5.413,76

5.3

 

Nachtrag Nr. 3

     

46.928,31

46.928,31

46.928,31

5.4

 

Nachtrag Nr. 4

     

7.832,63

8.149,91

8.149,91

5.5

 

Nachtrag Nr. 5

     

39.526,04

39.526,04

39.526,04

5.6

 

Nachtrag Nr. 6

     

7.460,40

7.210,40

7.210,40

5.7

 

Nachtrag Nr. 7

     

66,46

66,46

66,46

5.8

 

Nachtrag Nr. 8

     

13.964,00

13.964,00

13.964,00

5.9

 

Nachtrag Nr. 9

     

10.687,56

7.183,48

7.183,48

5.10

 

Nachtrag Nr. 10

     

2.328,48

2.328,48

2.328,48

5.13

 

Nachtrag Nr. 13

     

216.057,78

0,00

0,00

5.14

 

Nachtrag Nr. 14

     

70.144,14

0,00

0,00

5.15

 

Nachtrag Nr. 15

     

68.154,84

0,00

0,00

5.17

 

Nachtrag Nr. 17

     

11.430,46

11.430,46

11.430,46

5.20

 

Nachtrag Nr. 20

     

16.697,88

0,00

0,00

   

Leistungssumme

     

1.754.688,57

1.340.084,89

1.340.084,89

                 
   

Zusammenstellung

           
                 
   

Leistungsstand

     

1.754.688,57

1.340.084,89

1.340.084,89

                 
   

Rechnungssumme netto

     

1.754.688,57

1.340.084,89

1.340.084,89

   

+19% Mehwertsteuer

     

333.390,83

254.616,13

254.616,13

   

Rechnungssumme brutto

     

2.088.079,40

1.594.701,02

1.594.701,02

                 
     

Netto

 

Mwst

     
   

Geleistete Zahlung vom 23.05.06

        271.950,66

16%

43.512,11

-315.462,77

   
   

Geleistete Zahlung vom 20.06.06

        124.970,76

16%

19.995,32

-144.966,08

   
   

Geleistete Zahlung vom 18.07.06

        86.862,22

16%

13.897,96

-100.760,18

   
   

Geleistete Zahlung vom 11.08.06

        153.342,16

16%

24.534,75

-177.876,91

   
   

Geleistete Zahlung vom 07.09.06

        175.679,13

16%

28.108,66

-203.787,79

   
   

Geleistete Zahlung vom 26.10.06

       126.200,34

16%

20.192,05

-146.392,39

   
   

Geleistete Zahlung vom 12.01.07

        111.206,90

16%

17.793,10

-129.000,00

   
   

Geleistete Zahlung vom 15.02.07

        40.894,01

19%

7.769,86

-48.663,87

   
   

Geleistete Zahlung vom 21.02.07

         75.077,40

19%

14.264,71

-89.342,11

   
   

Geleistete Zahlung vom 22.03.07

        28.744,32

19%

5.461,42

-34.205,74

   
   

Geleistete Zahlung vom 20.06.07

        20.256,07

19%

3.848,65

-24.104,72

   
   

Summe geleisteter Zahlungen

-1.215.183,97

 

– 199.378,59

-1.414.562,56

-1.414.562,56

-1.414.562,56

                 
     

Netto

 

Mwst

     
   

Zahlbetrag

539.504,60

 

134.012,24

673.516,84

180.138,46

180.138,46

                 
             

Aufgrund eines Übertragungsfehlers gelangte das landgerichtliche Urteil zu einem Betrag von:

180.138,79

 
                 

184

D. Nebentscheidungen

185

1.

186

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 2 BGB.

187

2.

188

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen wegen der Kosten auf §§ 91, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 ZPO und wegen der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

189

3.

190

Die Revision war nicht zuzulassen, da es sich um die Entscheidung aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles handelt, die keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist.

Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt zur Frage Kündigung des Auftragnehmers wegen Verzögerung des Baubeginns

Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt zur Frage Kündigung des Auftragnehmers wegen Verzögerung des Baubeginns

vorgestellt von Thomas Ax

1. Gemäß § 6 Nr. 7 VOB/B 2006 kann jeder Vertragsteil nach einer länger als drei Monate andauernden Unterbrechung den Vertrag schriftlich kündigen. Die Kündigung erfordert keine Fristsetzung.(Rn.125)

2. Von einer Unterbrechung ist auch dann auszugehen, wenn die Leistung zum vorgesehenen Zeitpunkt nicht begonnen werden kann.(Rn.125)

3. Verzögert sich der Baubeginn, weil es an einer Baugenehmigung für die geänderte Bauausführung fehlt, hat der Auftragnehmer Anspruch auf eine Nachtragsvereinbarung, die der Änderung der Bauausführung sowie der nicht mehr einzuhaltenden Fertigstellungsfrist mit all ihren Konsequenzen Rechnung trägt.(Rn.127)

4. Bis zur Klärung der Vertragsanpassung ist es Auftragnehmer unzumutbar, mit irgendwelchen Arbeiten zu beginnen.(Rn.128)

5. Fordert der Auftraggeber gleichwohl die „vollumfängliche“ Erfüllung des Bauvertrages, ohne dass die zur Überwindung der Bauunterbrechung notwendige Vertragsanpassung erfolgt ist, berechtigt dies den Auftraggeber zur Kündigung gemäß § 9 Nr. 1 Buchst. a VOB/B 2006.(Rn.132)

Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt 1. Zivilsenat

Entscheidungsdatum:

05.04.2016

Aktenzeichen:

1 U 115/15


Gründe

I.

Randnummer1

Der Kläger war einziger Kommanditist der P. GmbH & Co. KG (im Folgenden Gesellschaft) und alleiniger Gesellschafter der Komplementärin, Solarpark A. GmbH. Wegen der Einzelheiten der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse wird auf die Anlagen B1 und B2 Bezug genommen. Über die Gesellschaft hatte der Kläger vor, auf einem ehemaligen Deponiegelände in M. eine Photovoltaikanlage errichten zu lassen. Hierzu trat die Gesellschaft im Juni 2009 an die Beklagte zu 1. heran, bei deren Komplementärin es sich um die Beklagte zu 2. handelt.

Randnummer2

Die Beklagte zu 1. sollte die Photovoltaikanlage in den hierfür notwendigen vier Monaten bauen. Die Beklagte zu 1. gab hierzu am 25.6.2009 zwei sog. Proforma-Angebote AN-20000519 und AN 20000520 nebst Kraftwerksschemata mit Maximalleistungen von 4.102,92 kWp und 3.809,295 kWp ab (Anlagen B12 und B13). In beiden Angeboten heißt es:

Randnummer3

“Bei Bau der Anlage ab Anfang August 2009 erfolgt die Fertigstellung Ende November 2009 spätestens jedoch Einspeisung der gesamten Anlage 31.12.2009”.

Randnummer4

Hierauf kam es der Gesellschaft bzw. dem Kläger an, da im Jahr 2010 die durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geregelte Mindestvergütung des Solarstroms durch die Netzbetreiber sinken sollte. Die notwendige Baugenehmigung war zu diesem Zeitpunkt bereits durch die Gesellschaft, deren Projektleitung das Ingenieurbüro St. übernommen hatte, beantragt.

Randnummer5

Als Zahlungsbedingungen sahen die Angebote 15% Vorauszahlung bei Auftragsbestätigung und 15% Vorauszahlung bei Lieferbereitschaftsanzeige, Rest nach Baufortschritt und Teilabnahmen vor. Dies zu akzeptieren war die Gesellschaft nicht bereit. Die Beklagte zu 1. wollte allerdings ebenso wenig in Vorleistung treten. Die Parteien konnten die Bonität des jeweils potentiellen Vertragspartners nicht einschätzen.

Randnummer6

Die Beklagte zu 1. beauftragte ihrerseits einen Fachplaner, den Zeugen R. V. , als Subunternehmer mit der technischen Auslegung des Grundstücks für die beabsichtigte Anlage und mit der Überprüfung der bisherigen Pläne. Der Zeuge stellte sich auf den Standpunkt, dass die im Bauantrag vorgesehene Statik der Fundamente die auf dem Deponiegelände anzutreffenden Hangrutschkräfte nicht ausreichend berücksichtigte, sodass die geplanten Streifenfundamente unzureichend seien. Man empfahl der Gesellschaft zu gießende Plattenfundamente, was in der Sache allgemeine Billigung erfuhr. Es war in dieser Beziehung ebenso klar, dass die zur Baugenehmigung eingereichte Planung mit dieser Entscheidung eine Änderung erfahren bzw. eine bereits erteilte Baugenehmigung angepasst werden musste. Hierüber sprach man am 1.7.2009 in W. und einigte sich auf die Verwendung anderer Modulfundamente und –tische. Gleichwohl übersandte das Ingenieurbüro St. am 10.7.2009 dem Zeugen V. die statische Berechnung der ursprünglich geplanten Fundamente und Gestelle (K40).

Randnummer7

Am 13.7.2009 schlossen die Gesellschaft und die Beklagte zu 1. einen Werkvertrag über die Herstellung einer Solarstromanlage auf dem Gelände der Deponie A. in M. mit einer Leistung von 3.807 kWp (K2 – I/23-31). Obwohl der Vertrag in § 1 Nr. 2 vorsah, dass sämtliche in Nr. 1 vorgesehenen Anlagen beizufügen und zu unterzeichnen waren, fehlte zumindest die Anlage 6 “Akkreditiv”. Vom vereinbarten Festpreis sollten jeweils ca. 1/3 nach Fertigstellung und Netzanschluss eines Megawatts nebst Teilabnahme auf Grund prüffähiger Rechnungen der Beklagten zu 1. fällig werden. In § 3 “Höhe und Fälligkeit der Vergütung” findet sich in Nr. 6 folgende Vertragsbestimmung:

Randnummer8

“Nach Vertragsabschluss erhält der Auftragnehmer ein Akkreditiv über die anfängliche Gesamtvergütung. Die Höhe verringert sich ratierlich entsprechend der geleisteten Zahlungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage 5 verwiesen”.

Randnummer9

Gemäß § 4 Nr. 1 S. 1 des Vertrages war die Solarstromanlage bis zum 30.11.2009 abnahmefähig herzustellen. Überschreitungen des Fertigstellungstermins, auf dessen Wichtigkeit in § 4 Nr. 1 ausdrücklich hingewiesen wurde, waren vertraglich sanktioniert (vgl. § 5). § 9 Nr. 1 des Vertrages sah für den Fall vereinbarter Änderung an Planung und/oder Spezifikation einen Nachtrag vor.

Randnummer10

Die zum Vertrag gehörende Funktionsbeschreibung vom 13.7./20.7.2009 führt eingangs aus (K11 – I/49 ff.):

Randnummer11

“…Die Funktionsbeschreibung beinhaltet auch die Festlegungen der Bietergespräche und hieraus folgende Detailfestlegungen:

Randnummer12

…Bei der Angebotserstellung sind durch den Angebotsersteller nachstehende Kenndaten des Grundstücks bzw. Vorgaben des Bauherrn berücksichtigt.

Randnummer13

Das Angebot beinhaltet die Planung und Errichtung der gesamten Anlage unter Berücksichtigung der nachstehenden Vorgaben bzw. Hinweise zum Baugrundstücke…

Randnummer14

– Durch die FA. O. (= Beklagte zu 1.) wird eine PV-Sol Berechnung unter Zugrundelegung der vorgenannten Komponenten (SMA Wechselrichter Typ 630 HE) erstellt.

Randnummer15

– Erstellung aller Gründungsbauteile, inkl. Erstellung der Statischen Berechnung. …

Randnummer16

– Die Photovoltaik-Anlage muss in 2009 an das öffentliche Netz angeschlossen werden…”.

Randnummer17

Mit der ursprünglich geplanten Gründung der Anlage befasste sich der Prüfbericht der G. mbH (G. ) vom 9.7.2009 (K38). Darin wurde die Gründung als geotechnisch ausreichend bezeichnet. Das betraf auch die ausreichende Sicherheit gegen Gleiten. Der Prüfbericht des Prüfingenieurs H. vom 16.7.2009 äußerte in statischer Hinsicht keine Bedenken gegen die Ausführung mit Fertigteilstreifenfundamenten (K39). Das Ingenieurbüro St. übersandte dem Zeugen V. am 14.7.2009 den Prüfbericht der G. . In der E-Mail (K41) heißt es u.a.:

Randnummer18

“… wie soeben besprochen übersende ich Ihnen als Anhang die‚ geotechnische Beratung‘ der Fa. G. . Sollten Sie eine andere Gründung vorsehen wie die geplante und Ihnen zugesendete, ist diese mit dem Bauherren und Herrn K. von G. abzustimmen. Die zulässige Einbindetiefe ins Erdreich ist ebenfalls mit G. abzustimmen…

Randnummer19

Weiter bitten wir bei der Erstellung der Modultischpläne bzw. der Ausführungsplanung nachstehende Punkte zu beachten …”.

Randnummer20

Am 27.7.2009 wandte sich die Beklagte zu 1. an den Kläger (B22). Es ging um die Bestellung der Module und deren Lieferzeiten. Die Beklagte zu 1. wies auf eine immer kritischer werdende Situation mit Blick auf die Lieferzeiten (und den Preis) hin. Bei den wichtigsten Lieferanten sei ein Akkreditiv angekündigt und von diesen auch akzeptiert. Die E-Mail endete mit der Frage, wie weiter verfahren werden solle.

Randnummer21

Dem ließ die Beklagte zu 1. eine an den Kläger und die Geschäftsführerin der Gesellschaft gerichtete E-Mail vom 29.7.2009 folgen (B21). Dort heißt es:

Randnummer22

“…ich sitze gerade mal wieder vor den Unterlagen zu A. . Wir haben momentan wieder eine schwebende Situation. Einerseits haben Sie eine Exitmöglichkeit aus dem Werkvertrag, andererseits müssen wir bis Ende November errichtet haben.

Randnummer23

Ich kann derzeit aber keine Ware bestellen, da die Finanzierung noch nicht steht. Wir haben die Ausstellung eines Akkreditivs vereinbart und den Moduleinkauf gemeinsam abzuwickeln. Folgende Entscheidungen müßten nun kurzfristig getroffen werden bzw. Fragen müssen beantwortet werden:

Randnummer24

1) Modulbestellung:

Randnummer25

Die angebotene Ware ist nicht reservierbar und überall wird jetzt Ware geordert, da der Knoten zu platzen beginnt. Wir müssen nun bestellen…

Randnummer26

2) Lieferzeiten der Komponenten:

Randnummer27

Ich werde täglich über die Lieferzeiten informiert und stelle fest, daß sie täglich länger werden. …

Randnummer28

3) Fertigstellung:

Randnummer29

Wir haben die Fertigstellung der Anlage bis 30.11.2009 vereinbart. Dies vor dem Hintergrund, Anfang August mit dem Bau zu beginnen. Ist das noch realistisch?

Randnummer30

4) Wie ist der Stand bzgl. der Baugenehmigung?

Randnummer31

5) Gutachten:

Randnummer32

Frau J. ist bereits am Arbeiten und hat alle notwendigen Info’s bekommen. Den neuen Aufstellungsplan benötigt sie hierfür nicht. Frau J. hat aber noch keinen Auftrag. Den erwartet sie von mir. Ich brauche hierfür aber dringend Ihre Freigabe! …

Randnummer33

6) Finanzierung:

Randnummer34

Bis wann ist realistischerweise mit dem Akkreditiv zu rechnen? Wir können doch erst nach Erhalt des Dokumentes scharf stellen.

Randnummer35

Herr B. (Geschäftsführer der Beklagten zu 1. – der Senat) ist ab Montag im Urlaub (14 Tage), wir sollten diese Fragen daher schnell klären…”.

Randnummer36

Der Zeuge V. fertigte auf der Grundlage der vorgesehenen Gründung mit Plattenfundamenten einen Modulaufstellungsplan (B14a). Diesen Plan übergab die Beklagte zu 1. anlässlich eines ersten Baustellentermins am 11.8.2009 an das Ingenieurbüro St. . Die Einzelheiten zu diesem Treffen vor Ort sind zwischen den Parteien streitig.

Randnummer37

Die Baugenehmigung zum ursprünglich vorgesehenen Vorhaben, vorgelegt durch D. R., wurde am 12.8.2009 unter Auflagen erteilt (K10 – I/44-48).

Randnummer38

Am 24.8.2009 schrieb der Geschäftsführer der Beklagten zu 1. dem Kläger (B20):

Randnummer39

“…ich möchte mich aus meinem Urlaub zurückmelden und leider schon mit unangenehmen Nachrichten aufwarten. Ich war eigentlich nach meiner Mail vom 30.07. der Meinung, dass wir wie geplant Angang August auf der Baustelle beginnen können. Jetzt ist es Ende August und die Baustelle kann nicht mal eingerichtet werden.

Randnummer40

Ich konnte bis jetzt meinen Bautrupp durch Urlaubsabbau und Restarbeiten beschäftigen, ab nächstem Monat stehen die weitestgehend ohne Arbeit da, da ich neben unserem Großprojekt in TBB und Ihrem keine weiteren angenommen habe.

Randnummer41

Davon abgesehen, dass wir bereits von SMA die Information bekommen haben, dass sich die Lieferzeit auf bis zu 10-12 Wochen verlängern kann. Was wiederum bedeutet, dass auch meine Leute in der Fertigung ohne Beschäftigung dastehen.

Randnummer42

Hierdurch entstehen uns nicht unerhebliche Kosten und die komplette Planung ist in Frage gestellt.

Randnummer43

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich nicht 40-50 Mitarbeiter grenzenlos bereithalten kann. Wir wirken schon bei den Lieferanten unglaubwürdig und wenn ich ehrlich bin habe ich bereits heute, trotz des guten Eindrucks in Sie und Ihren Mitarbeitern, den Glauben an die Realisierung des Parks verloren.

Randnummer44

Das Gießen von hunderten von Fundamenten mit Trocknungszeiten, das Montieren von Gestellen und Modulen und Vorfertigen von Schaltschränken ist bei der Größe des Projektes nicht in einer Woche zu schaffen.

Randnummer45

Ich möchte Sie bitten mir mitzuteilen, bis wann mit einem fixen Baubeginn (das heißt auch das Vorliegen sämtlicher vertraglich festgelegter Vereinbarungen) zu rechnen ist…”.

Randnummer46

Die Parteien traten anschließend oder bereits davor in Nachtragsverhandlungen ein, die der Kläger (für die Gesellschaft) über seinen Rechtsanwalt S. aus E. führen ließ.

Randnummer47

Anfang September 2009 wurde der Beklagten zu 1. vom Rechtsanwalt des Klägers ein erster Entwurf übermittelt. Mit diesem Entwurf war die Beklagte zu 1. aus einer Vielzahl von Gründen teilweise nicht einverstanden, was in einer E-Mail vom 11.9.2009 gegenüber Herrn S. , dem Kläger und der Gesellschaft zum Ausdruck gebracht wurde (B15). Im Kern ging es um die Bestellungen, Zahlungen und Sicherheiten.

Randnummer48

Am 28.9.2009 trafen sich die Vertragsparteien in B. zu einem Gespräch. Auch hierzu sind die Einzelheiten streitig. Von der Beklagten zu 1. wurde jedoch zumindest das immer noch nicht vorliegende Akkreditiv angesprochen.

Randnummer49

Die Gesellschaft übermittelte der Beklagten zu 1. daraufhin mit E-Mail vom 30.9.2009 (16:35 Uhr) einen ersten Akkreditiventwurf der Bremer Landesbank mit der Bitte um Prüfung, um so über das Einverständnis oder Änderungen die endgültige Ausstellung betreiben zu können (K7 – I/37-40). Die beigefügte Ausführungsanzeige stellte auf die vertragliche Fälligkeitsregelung ab und sah für die Auszahlung der Vergütungsteile u.a. jeweils unterzeichnete Rechnungen und von den Geschäftsführern der Gesellschaft sowie einem Vertreter der Stadtwerke M. unterschriebene Fertigstellungsanzeigen mit Fertigstellungs- und Abnahmebestätigung vor. Darüber hinaus waren Abzüge für Terminüberschreitungen und Unterschriftsproben vorgesehen.

Randnummer50

Die Beklagte zu 1. lehnte ab, was sie der Gesellschaft wenige Minuten später um 16:52 Uhr per E-Mail mitteilte (K8 – I/41). Neben der Beanstandung der falschen Firmenbezeichnung der Beklagten zu 1. erklärte ihr Geschäftsführer gegenüber der Geschäftsführerin der Gesellschaft:

Randnummer51

“…2. Fertigstellungsanzeige ist so nicht akzeptabel. Mit dieser zeigen wir an, dass wir fertiggestellt haben. Wenn wir fertiggestellt haben muß ich sichergestellt haben, dass ich auch die Vorlieferanten bezahlen kann.

Randnummer52

Das hat mit den Stadtwerken M. nichts zu tun, das wäre die Einspeisebereitschaftsanzeige.

Randnummer53

Das Akkreditiv, das Ihre und Herrn B. s Unterschrift zur Auszahlung benötigt, ist keine valide Zahlungsabsicherung. Wenn Sie aus welchem Grund auch immer die Unterschrift verweigern steht das Projekt, weil keiner der Vorlieferanten mehr liefert oder in Betrieb nimmt.

Randnummer54

3. Fertigstellungstermin bis zum ist leer, hier wird sicher nicht der 31.12. stehen. Wie im Vertrag festgehalten verschiebt sich ja auch die Bonus/Malus Regelung entsprechend.

Randnummer55

4. Kosten für das Akkreditiv übernehmen wir nicht.

Randnummer56

Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir auch gestern keinen Fertigstellungstermin zugesagt haben. Wir haben vereinbart, die Verfügbarkeit und die Machbarkeit zu prüfen, wenn wir das Akkreditiv vorliegen haben. Hierbei haben wir detailliert erörtert, was die Risiken des Projektes sind…”.

Randnummer57

Dem folgte am 3.10.2009 eine Behinderungsanzeige der Beklagten (B14e). Als behindernde Umstände für den Beginn der Arbeiten gab die Beklagte an:

Randnummer58

“… 1. Es liegen nach wie vor aufschiebende Bedingungen vor.

Randnummer59

2. Es liegt uns keine Bestätigung einer Bank vor, dass eine Finanzierung zustande gekommen ist.

Randnummer60

3. Die vertraglich zugesagten Akkreditive zur Zahlungsabsicherung liegen uns nicht vor.

Randnummer61

4. Die geänderte Baugenehmigung und Prüfstatik wie beim Vor-Ort-Termin besprochen liegen uns nicht vor.

Randnummer62

Bedingt durch Lieferbereitschaft von Vorlieferanten und Subunternehmern, sowie der zu erwartende Witterung und die Baubedingungen auf einer Mülldeponie, verschiebt sich der vereinbarte Fertigstellungstermin und die Bonus/Malus Regelung nach § 4 Abs. 2 und 5 unseres Vertrages. Das wurde ausgiebig anlässlich unseres Treffens in B. am 28.9.2008 erörtert…. Wegen der genannten Hindernisse haben wir unsere Planungen und Beauftragungen von Vorlieferanten und Subunternehmern eingestellt und bitten im Fall der Hindernisbeseitigung um Mitteilung …”.

Randnummer63

Am 7.10.2009 sprachen der Rechtsanwalt des Klägers bzw. der Gesellschaft und die Beklagte zu 1. über die weitere Durchführung des Vertrages. Man nahm eine Nachtragsvereinbarung in Aussicht. Den wesentlichen Inhalt des Gesprächs fasste Rechtsanwalt S. gegenüber der Beklagten zu 1. im Schreiben vom 8.10.2009 (K15 – I/56/57) zusammen. Danach sollte der Fertigstellungstermin auf den 31.3.2010 verschoben werden. Die Beklagte zu 1. war nicht mehr zur Beschaffung der Module verpflichtet. Unter Anpassung des Preises erfolgte deren Bereitstellung “bauseits”. Die Sanktion verspäteter Fertigstellung (Bonus-Malus-Regelung) entfiel. Darüber hinaus war beabsichtigt, alle weiteren strittigen Punkte im Nachtrag abschließend zu regeln. Kurzfristig werde der Beklagten zu 1., so Rechtsanwalt S. , ein Vorschlag für den Vertragsnachtrag zugehen.

Randnummer64

Die Beklagte zu 1. bekundete am Folgetag ihr grundsätzliches Einverständnis (K16 – I/58/59) und übersandte dem Ingenieurbüro St. am 15.10.2009 einen Bauzeitenplan (K42).

Randnummer65

Der Geschäftsführer der Gesellschaft wandte sich mit E-Mail vom 16.11.2009 an die Beklagte zu 1. mit der Bitte um Kontaktaufnahme. Es ging ihm um die Fertigstellung bis zum 31.3.2010. Hierzu müsse auch nach Wegfall der Module ein Nachtrag vereinbart werden, der für beide Seiten realisierbar sei. Außerdem müsse die vorliegende Baugenehmigung geändert und die Finanzierung angepasst werden (B17).

Randnummer66

Dies nahm die Beklagte zu 1. am 17.11.2009 zum Anlass, um bei Rechtsanwalt S. anzufragen, mit wem man denn nun verhandeln solle. Außerdem sei nicht erklärlich, wieso im Nachtrag doch wieder die Abwicklung per Akkreditiv auftauche, obwohl der Geschäftsführer der Beklagten zu 1. einen Zahlungsplan haben wolle, was unwidersprochen geblieben sei. Abschließend heißt es in der E-Mail (B17):

Randnummer67

“…Wir könnten noch dieses Jahr beginnen, möchten dies also nun endgültig geklärt wissen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, daß wir das mit einem Ansprechpartner klären möchten um schneller voran zu kommen…”.

Randnummer68

Der Entwurf eines Vertragsnachtrages ging der Beklagten zu 1. von Rechtsanwalt S. am 19.11.2009 (K17 – I/60; B16) zu. Die Module wurden aus dem Leistungsprogramm der Beklagten zu 1. herausgenommen. Mit den Arbeiten sollte beim Vorliegen der geänderten Baugenehmigung und eines Akkreditivs begonnen werden. § 4 enthielt nunmehr einen Zahlungsplan unter Stellung einer Vorauszahlungsbürgschaft durch die Beklagte zu 1. Die Vertragsbestandteile wurden klargestellt und man war sich über die Änderung der Baugenehmigung einig, die von der Gesellschaft in Abstimmung mit der Beklagten zu 1. nebst deren Zuarbeit beizubringen war. Rechtsanwalt S. bat um kurzfristige Rückäußerung.

Randnummer69

Am 23.11., 26.11. und 1.12.2009 wandte sich Rechtsanwalt S. an die Beklagte zu 1. mit Fragen zum Nachtragsentwurf und zum weiteren Ablauf sowie mit der Bitte um Zuarbeiten und Rücksprachen (K18-20 – I/61-63). Dies gipfelte in dem Vorwurf des unkooperativen Verhaltens und dem Inaussichtstellen von Regressansprüchen. Zumindest am 2.12.2009 äußerte sich die Beklagte zu 1. (K21-I/64) und verwies auf die immer noch offene Vertragslage, Nachverhandlungsversuche des Klägers, nicht zu billigende zusätzliche Leistungen (Hr. St. ) und die noch immer nicht sichergestellte Finanzierung. Unter diesen Umständen könne die Beklagte zu 1. nicht mit der Ausführung beginnen.

Randnummer70

Dem ließ die Gesellschaft eine Abmahnung folgen (K22 – I/65-67). Der Beklagten zu 1. wurde vorgehalten, eine ernsthafte Mitwirkung am Abschluss des Vertragsnachtrages zu verweigern. Das betreffe vor allen Dingen auch die abgesprochene Kostenbeteiligung der Beklagten zu 1. an der notwendigen Änderung der Baugenehmigung. Die an Herrn St. nicht gelieferten Zuarbeiten der Beklagten ließen einen ändernden Bauantrag nicht zu, was weiter zu Verzögerungen führe. Es sei zudem nicht ersichtlich, woran der Baubeginn scheitere. Falls die Beklagte zu 1. nicht zum Vertrag zurückkehre, müsse sie mit einer Kündigung rechnen. Der Beklagten zu 1. wurde eine Frist zur Rückantwort bis zum 8.12.2009 gesetzt.

Randnummer71

Die Beklagte zu 1. erwiderte mit einem Fax vom 8.12.2009 (K6 – I/36):

Randnummer72

“…bezugnehmend auf Ihr Schreiben von gestern, weisen wir die Abmahnung entschieden zurück. Wie Sie wissen haben wir bereits am 24.08.2009, am 04.09.2009 und erneut am 04.10.2009 Behinderungsanzeige gestellt.

Randnummer73

– Wir haben keine abweichende Anordnung der Modultische vorgesehen. Die Änderung der Ausführung der Fundamentierung ergab sich aus technischer Notwendigkeit und wurde gemeinsam beim Vor-Ort Termin vereinbart. Dies führte dazu, dass die Baugenehmigung geändert werden muß. Sämtliche Informationen die Herr St. hierzu benötigt wurden von uns mitgeteilt.

Randnummer74

– Die Behauptung Ihrer Mandantin, wir hätten Mails nicht ordnungsgemäß beantwortet widersprechen wir ebenso, wie der Behauptung wir hätten die ernsthafte Mitwirkung am Abschluss des Vertragsnachtrages verweigert. Ich habe nicht nur persönlich mit Ihnen den Nachtrag verhandelt, sondern Ihnen auch per Mail mitgeteilt, dass der Nachtrag nach Ihrem Urlaub mit kleinen Anpassungen so unterschrieben werden kann.

Randnummer75

– Die Behinderung ergibt sich aus den bereits in den Behinderungsanzeigen erwähnten Gründen.

Randnummer76

…In Bezug auf § 6.7 werden wir unsererseits den Vertrag kündigen, sollten die Behinderungsgründe nicht bis heute abend 8.12.09 beseitigt sein …”.

Randnummer77

Das beantwortet die Gesellschaft noch am gleichen Tag (K23 – I/68-72):

Randnummer78

“…nach Ihrem Fax von heute Vormittag gehen wir nicht davon aus, dass ein Vertragsnachtrag noch erreicht werden kann. Sie ließen und lassen jede Kooperation vermissen. Es soll daher beim Werkvertrag vom 13.07.2009 bleiben, der von Ihnen vollumfänglich zu erfüllen ist. In der Anlage übersenden wir Ihnen daher noch einmal einen aktuellen Entwurf eines Akkreditivs der Bremer Landesbank und bitten um Mitteilung, ob dieser so akzeptiert wird. Das Akkreditiv entspricht insoweit den vertraglichen Vereinbarungen im Werkvertrag vom 13.07.2009, insbesondere in Hinblick auf dort vereinbarte Teilabnahmen. Erst danach wird die Vergütung fällig. Mehr muss unsere Mandantin auch nicht im Akkreditiv gewähren. Sofern Sie den Entwurf akzeptieren, wird die Bremer Landesbank umgehend ein entsprechendes Akkreditiv eröffnen. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Stellung dieses aktuellen Entwurfs kein Präjudiz dafür darstellt, dass Ihnen in der Vergangenheit kein vertragskonformes Akkreditiv zur Verfügung gestellt wurde. Ihre diesbezüglichen Behinderungsanzeigen werden nochmals ausdrücklich zurückgewiesen. Wir bitten um Mitteilung bis zum 09.12.2009, 14:00 Uhr ob dieser Entwurf durch Sie akzeptiert wird. Gleichzeitig bitten wir um Mitteilung, wann Sie mit den Arbeiten beginnen und wann diese beendet werden. Wegen Eilbedürftigkeit ist eine längere Fristsetzung nicht möglich…”.

Randnummer79

Die Beklagte zu 1. widersprach und kündigte den Vertrag vom 13.7.2009 “auf Basis von § 9.1 a. VOB/B wegen Annahmeverzuges” (K4 – I/34). Die Gesellschaft wies die Kündigung mit Schreiben vom 9.12.2009 zurück und erklärte ihrerseits die außerordentliche Kündigung des Werkvertrages (K5 – I/35).

Randnummer80

Der Kläger verlangt im vorliegenden Rechtsstreit nach endgültigem Scheitern des Projektes, Auflösung der Gesellschaft und am 27.12.2012 erfolglos bei der Öffentlichen Rechtsauskunfts- und Vergleichsstelle der Freien und Hansestadt Hamburg eingeleitetem Güteverfahren (vgl. Anlagen K31, K32 – I/97/98) aus abgetretenem Recht (vgl. K1 – I/22) Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns in Millionenhöhe, von dem er einen Teilbetrag von 500.1 EUR erstinstanzlich geltend gemacht und hierzu behauptet hat:

Randnummer81

Das Scheitern des Vertrages und des Projektes der Solarstromanlage beruhe allein auf dem Verschulden der Beklagten zu 1., für deren Schadensersatzverbindlichkeit die Beklagte zu 2. als Komplementärin hafte. Die Beklagte zu 1. sei nie wirklich am Fortgang des Vorhabens interessiert gewesen, weil sie sich bei den von ihr angenommenen Aufträgen übernommen habe. Stattdessen habe die Beklagte zu 1. mit verschiedenen Mitteln das Bauverhoben verzögert und letztlich torpediert. Nichts habe einem sofortigen Baubeginn nach Erteilung der Baugenehmigung am 12.8.2009 entgegengestanden. Insbesondere sei der Beklagten zu 1. vorzuwerfen:

Randnummer82

o Ohne technische Notwendigkeit habe sie zur Verringerung ihres Aufwandes die geplante Gründung von Streifenfundamenten auf Plattenfundamente geändert, weshalb eine Änderung der erteilten Baugenehmigung erforderlich gewesen sei. Die hierzu notwendigen Unterlagen (statische Berechnung, geänderter Modulaufstellungsplan) habe die Beklagte zu 1. nicht erstellt bzw. erstellen lassen, obwohl sie hierzu nach dem Vertrag (siehe u.a. die Funktionsbeschreibung) verpflichtet gewesen sei. Außerdem habe die Auftragnehmerin dem Ingenieurbüro St. nicht die für die Änderung des Bauantrages notwendigen Unterlagen und Zuarbeiten (u.a. Gründungsart und Gesamtgewichte der Trafostationen; statische Berechnung der Modultische mit Angabe der Auflagekräfte, Protokolle der Abstimmung mit der G. zur maximalen Bodenpressung und zur Einbringtiefe der Gründung der Modultische im Plateau und Hangbereich, Bestätigung des Lageplans vom 4.8.2009 oder Übersendung eines überarbeiteten Planes) zur Verfügung gestellt, obwohl der Zeuge St. dies mehrfach am 20.11., 30.11. und 2.12.2009 (K12-K14 – I/52-55) und zuvor telefonisch verlangt habe.

Randnummer83

o Die in der erteilten Baugenehmigung als Auflage vorgesehene Beschreibung der Bauausführung habe die Beklagte zu 1. pflichtwidrig nicht erstellt. Denn auch dieser Punkt sei sinnvollerweise mit der von der Beklagten zu 1. veranlassten Planänderung auf diese übergegangen.

Randnummer84

o Entgegen ihrer vertraglichen Pflicht habe die Beklagte zu 1. das von der Gesellschaft ordnungsgemäß zur Verfügung gestellte, also die vereinbarten Fälligkeitsvoraussetzungen nachzeichnende Akkreditiv nicht als ordnungsgemäße Zahlungssicherheit akzeptiert.

Randnummer85

o Die von der Beklagten zu 1. im September 2009 initiierte Vertragsanpassung, insbesondere zu den Zahlungsmodalitäten und zur Übernahme des Modulerwerbs durch die Gesellschaft, welche zu dem abgestimmten Entwurf vom 19.11.2009 (B16) geführt habe, sei grundlos abgebrochen worden.

Randnummer86

Die Verzögerungen der Beklagten zu 1. seien dafür ursächlich, dass die Anlage nicht mehr am 31.12.2009 habe an das Stromnetz angeschlossen werden können. Dies sei jedoch unbedingte Voraussetzung für einen wirtschaftlichen Betrieb gewesen. Selbst der Fertigstellungstermin 31.3.2010 hätte zum Zeitpunkt der Kündigung der Beklagten zu 1. nicht mehr gehalten werden können. Der Kläger habe sich deshalb für die Aufgabe und den Verkauf des Projektes (für 300.000 EUR) entscheiden müssen. Die Bremer Landesbank als finanzierendes Geldinstitut habe die ursprüngliche Finanzierungszusage für das Projekt bei Errichtung durch einen anderen Generalunternehmer im Jahr 2010 aus Risikogründen (höhere Errichtungskosten bei Wechsel des Unternehmers und geringere Einspeisevergütung im Jahr 2010) nicht mehr aufrechterhalten.

Randnummer87

Die durch den Projekterwerber an gleicher Stelle errichtete Anlage sei mit der hier geplanten nicht zu vergleichen, sodass sich hieraus jeder Rückschluss auf die Machbarkeit des Projektes verbieten würde.

Randnummer88

Den auf entgangenen Gewinn gerichteten Schadenersatzanspruch habe der Kläger als letzten Vermögensgegenstand in Vollmacht der Gesellschaft am 16.12.2010 auf sich übertragen (K1 – I/22). Bei fristgerechter Errichtung der Anlage sei die Gesellschaft bis zum Jahr 2039 in der Lage gewesen, einen Gewinn von 7.597.551 EUR zu erzielen, der bei Wahrung der Frist 31.3.2010 immer noch 5.567.170 EUR betragen hätte (vgl. Wirtschaftlichkeitsberechnungen der F. GmbH vom 13.12.2012 und 1.6.2015 – K30, K59 – I/88-96, III/23-34).

Randnummer89

Der Kläger hat in erster Instanz zuletzt beantragt,

Randnummer90

die Beklagten zu verurteilen, an ihn als Gesamtschuldner 500.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Randnummer91

Die Beklagten haben beantragt,

Randnummer92

die Klage abzuweisen.

Randnummer93

Sie haben die Abtretung des Schadensersatzanspruches und deren Wirksamkeit bestritten. Dem Kläger habe zumindest die notwendige Vertretungsmacht bzw. Befugnis zur Übertragung der Forderung gefehlt.

Randnummer94

Außerdem sei ein Schadensersatzanspruch mit Ablauf des 31.12.2012 verjährt (Zustellung des Güteantrages erst am 23.5.2013 und damit nicht mehr “demnächst”).

Randnummer95

Soweit sich der Kläger auf die Verletzung von Vertragspflichten durch die Beklage zu 1. berufe, fehle es hierfür mangels Einigung bereits an der notwendigen vertraglichen Grundlage.

Randnummer96

Die Beklagte zu 1. sei ferner auf Grund des ausgebliebenen Beginns des Bauvorhabens zur Kündigung berechtigt gewesen. Sie habe mangels Baugenehmigung nicht mit der Errichtung der Anlage beginnen können. Die von der Gesellschaft ursprünglich vorgesehene Gründungsvariante sei angesichts der speziellen Verhältnisse einer Deponie nicht ausreichend gewesen. Deshalb habe die Beklagte zu 1. Bedenken angemeldet, die die Auftraggeberseite gebilligt hätte. Letztere sei es dann auch gewesen, die die notwendige Herbeiführung der Änderung der Baugenehmigung habe herbeiführen müssen. Soweit erforderlich habe die Beklagte zu 1. zugearbeitet (vgl. E-Mail vom 15.10.2009 – B14d). Mehr habe sie von Beginn an nicht geschuldet oder später übernommen.

Randnummer97

Schon die Baugenehmigung vom 12.8.2009, deren Auflagen (Standsicherheitsnachweis, Beschreibung der Bauausführung) von der Gesellschaft ebenso wenig erfüllt worden seien, habe es nicht erlaubt, zum zunächst vereinbarten Zeitpunkt fertig zu werden.

Randnummer98

Außerdem sei zu keiner Zeit die Finanzierung sichergestellt gewesen. Das zur Vorfinanzierung der Materialbeschaffung und der Subunternehmer der Beklagten zu 1. vereinbarte Akkreditiv habe die Gesellschaft nie übergeben oder auch nur angekündigt. Der erste Entwurf vom 30.9.2009 sei mit Blick auf den vereinbarten Fertigstellungstermin viel zu spät gekommen. Damit habe selbst unter Vernachlässigung der baurechtlichen Hindernisse für die Beklagte zu 1. kein Anlass bestanden, mit den Arbeiten zu beginnen.

Randnummer99

Hinzu kämen die Nachtragsverhandlungen über Preis, geänderten Leistungsumfang, Fertigstellungsfristen und Zahlungsbedingungen, mit Blick darauf der ursprüngliche Vertrag als gescheitert bzw. überholt betrachtet werden müsse. Die Verhandlungen seien von der Gesellschaft ausgegangen. Die Beklagte zu 1. habe sich im Interesse der Realisierung des Bauvorhabens hieran beteiligt. Zum Entwurf vom 19.11.2009 habe der Zeuge Sch. wenige Tage später per E-Mail eine Äußerung abgegeben (B18) und grundsätzlich Abschlussbereitschaft signalisiert. Hierauf habe Rechtsanwalt S. mit der E-Mail vom 26.11.2009 (K19) geantwortet. Die Abmahnung durch die Gesellschaft habe danach jeder Grundlage entbehrt.

Randnummer100

Alles in allem sei es die Gesellschaft selbst, die das von Anfang an nicht ausgereifte und unzureichend geplante Projekt habe scheitern lassen. Der Kläger habe nicht einfach wieder auf den zunächst geschlossenen Vertrag zurückkommen können.

Randnummer101

Letztlich seien im Zusammenhang mit einem aus Anlass streitiger Provisionsansprüche der T. GmbH (einer Gesellschaft der Ehefrau des Klägers) geführten Rechtsstreit alle vermeintlichen Ansprüche der Auftraggeberseite gegen die Beklagten aus dem Projekt A. abschließend geregelt worden, selbst wenn die hierzu am 17.8.2012 unterzeichnete Urkunde (B7) etwas anderes verlautbare.

Randnummer102

Der für das Projekt erzielte Kaufpreis gehe weit über die vom Kläger zugestandenen 300.000 EUR hinaus.

Randnummer103

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 22.7.2015 (als unzulässig) abgewiesen. Hiergegen richtet sich unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens die Berufung des Klägers.

Randnummer104

Das Landgericht überspanne die an eine Teilklage zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen. Der Kläger mache ersichtlich einen einheitlichen und sich nicht aus selbständigen Rechnungsposten zusammensetzenden Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns geltend. Die notwendige Anrechnung des Veräußerungserlöses sei Teil der Berechnung des Gesamtschadens und stehe dem verlangten Teilbetrag von 500.000 EUR nicht entgegen.

Randnummer105

Die Beklagte habe mit den Arbeiten beginnen können. Nichts habe nach Erteilung der Baugenehmigung einem sofortigen Baubeginn entgegengestanden. Die notwendige Tektur habe es zumindest gestattet, mit Vorbereitungen, wie Materialbestellung, Planung des Bauablaufs, Baustelleneinrichtung, und mit den Fundamenten zu beginnen.

Randnummer106

Die von der Beklagten zu 1. gewünschte Ausführungsänderung (keine Ringfundamente, sondern Modulaufstellplan von 72,5-Watt-Modulen nebst Fundamentrahmen zu 75-WattModulen auf Fundamentplatten) sei schon am 1.7.2009 besprochen worden. Dabei sei zwischen den Beteiligten klar gewesen, dass eine Änderung des Bauantrages erforderlich sein würde, zu dem die Beklagte zu 1. kurzfristig ihre statischen Berechnungen habe anpassen sollen. Das habe sie nicht getan. Für diesen Fall habe die Gesellschaft klargestellt, dass dann eine Änderung der Baugenehmigung erfolgen müsse. Insoweit sei zu Lasten der Beklagten zu 1. vereinbart worden, sämtliche für eine Änderung bzw. Ergänzung der Baugenehmigung notwendig werdenden Vorarbeiten und Unterlagen zu erbringen und der Gesellschaft für das Genehmigungsverfahren schnellstmöglich zur Verfügung zu stellen. Eine Bestätigung dessen sei am 11.8.2009 anlässlich der Bauberatung erfolgt. Dies bringe die auf der Grundlage dieser Vereinbarung erarbeitete Funktionsbeschreibung deutlich zum Ausdruck.

Randnummer107

Der Kläger beantragt,

Randnummer108

unter Abänderung des am 22.7.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Magdeburg werden die Beklagten verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner 500.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Randnummer109

Hilfsweise stellt er den Antrag auf Zurückverweisung an das Landgericht.

Randnummer110

Die Beklagten beantragen,

Randnummer111

die Berufung zurückzuweisen.

Randnummer112

Sie verteidigen das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Es handele sich gerade nicht um einen einheitlichen Schadensersatzanspruch. Der Kläger beanspruche die Vergütung des Stroms für verschiedene Jahre mit zumindest zwei unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen (Einspeisevergütung nach dem EEG für die ersten 20 Jahre und ab dem 21. Jahr nach dem am Markt erzielbaren Preis). Auch sei der in die Wirtschaftlichkeitsberechnung eingeflossene Kapitalwert der Photovoltaikanlage etwas anderes als die Einspeisevergütung.

Randnummer113

Insgesamt habe die Anlage so oder so nicht mehr vor dem Jahr 2010 errichtet werden können, sodass der gesamte Schadensersatzanspruch unschlüssig dargelegt sei.

Randnummer114

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Sitzungsniederschriften beider Instanzen verwiesen.

II.

Randnummer115

Die zulässige Berufung des Klägers hat im Ergebnis keinen Erfolg. Zwar offenbart die angefochtene Entscheidung eine Rechtsverletzung und gelangt deshalb fehlerhaft zur Unzulässigkeit der Klage. Aus den nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen lässt sich jedoch kein Schadensersatzanspruch des Klägers aus §§ 8 Nr. 3 II S. 2; 6 Nr. 6 S. 1 VOB/B oder §§ 280 I, III; 281 I S. 1, II BGB herleiten, sodass die Klage unbegründet ist. Die Beklagte zu 1. hat nicht pflichtwidrig die Erfüllung des Vertrages ernsthaft und endgültig verweigert, als sie am 9.12.2009 gegenüber dem von der Gesellschaft beauftragten Rechtsanwalt die Kündigung des Werkvertrages erklärte. Sie nahm zutreffend die Kündigungsrechte aus §§ 9 Nr. 1 Bst. a), Nr. 2 VOB/B sowie analog §§ 314 I bis III; 323 II Nr. 1 BGB wahr. Dies führt ohne Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot des § 528 ZPO zur Zurückweisung der Berufung.

Randnummer116

1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Klage zulässig.

Randnummer117

a) Die Kammer hat ausgeführt:

Randnummer118

Der Klage fehle die hinreichende Bestimmtheit. Die erhobene Teilklage lasse nicht erkennen, welcher Teil des mit Hilfe einer Wirtschaftlichkeitsberechnung für die Jahre 2009 bis 2039 dargelegten entgangenen Gewinns von 7.597.551 EUR Gegenstand der gerichtlichen Auseinandersetzung sei. Es sei nicht ersichtlich, welche Jahre betroffen seien, zumal die Parteien über die nach dem Vertrag der Schadensberechnung zugrunde zu legende Laufzeit der Anlage stritten. Der auf den Hinweis der Kammer unternommene Klarstellungsversuch des Klägers, wonach mit dem Jahr 2009 beginnend der älteste Schadensbetrag geltend gemacht sei, führe zu keinem anderen Ergebnis. Nach wie vor werde nicht dargelegt, welcher Teil des Schadens streitgegenständlich sei. Zudem müsse sich der Kläger den Erlös der Weiterveräußerung des Projektes anrechnen lassen. Insoweit (zumindest 300.000 EUR) mache er nicht deutlich, ob der Abzug von dem geltend gemachten oder dem übrigen Teil der Forderung vorzunehmen sei.

Randnummer119

Dies hält aus den von der Berufung dargelegten Gründen einer Überprüfung durch den Senat nicht stand.

Randnummer120

b) Gemäß § 253 II Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs bezeichnen. Dies kann es zur Bestimmung des Streitgegenstandes sowie der Reichweite der materiellen Rechtskraft und der Verjährung erforderlich machen, wie das Landgericht im Ausgangspunkt noch richtig erkennt, bei einer auf Schadensersatz gerichteten Teilklage zu verdeutlichen, wie sich der geltend gemachte Betrag auf einzelne Schadenspositionen verteilt, oder zumindest die Reihenfolge anzugeben, in welcher die Schadensteile bis zum Erreichen der Klageforderung zu prüfen sind. Dies gilt aber nur für solche Schadensersatzforderungen, die sich als Summe selbständiger prozessualer Ansprüche darstellen (BGH, Urteil vom 6.5.2014 – II ZR 217/13; BGH NJW 1990, 2068, 2069; 2008, 3142, 3143; 2012, 3439, 3443). Bei dem entgangenen Gewinn, wie ihn der Kläger geltend macht, handelt es sich in Abgrenzung zu anderen Schadensgruppen bzw. –arten um einen einheitlichen selbständigen prozessualen Anspruch (BGH, Urteil vom 22.5.1984 – VI ZR 228/82; BGH, Urteil vom 19.6.2000 – II ZR 319/98; BGH, Beschluss vom 26.2.2015 – III ZR 53/14). Er setzt sich nicht aus verschiedenen Ansprüchen zusammen. Seine Berechnungsgrundlagen (hier die einzelnen Jahre) sind nur unselbständige Rechnungsposten (BGH, Urteil vom 13.3.2003 – VII ZR 418/01; vgl. Bacher, in: BeckOK-ZPO, Stand: 1.12.2015, Rdn. 55 f.).

Randnummer121

Der Kläger verlangt von den Beklagten nach der Differenzmethode Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages, indem er unter Berücksichtigung aller Kosten die Vermögens- insbesondere Ertragslage der Gesellschaft mit und ohne errichteter Solarstromanlage vergleicht. Von dem danach während der Laufzeit der Anlage mit Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Gewinn kann der Kläger unproblematisch 500.000 EUR zum Gegenstand einer hinreichend bestimmten Klage machen. Klage, Rechtskraft und Hemmung bzw. Neubeginn der Verjährung beschränken sich auf diesen Teilbetrag des entgangenen Gesamtgewinns. Einer Prüfungsreihenfolge bedarf es für eine solche Entscheidung des Gerichts nicht (BGH, Urteil vom 19.6.2000 – II ZR 319/98; BGH NJW 2008, 3142, 3143; BGH NZG 2012, 711, 712). Es kommt auf den Gesamtanspruch an, von dem dann ggf. 500.000 EUR dem Kläger zuzusprechen wären.

Randnummer122

2. Eine Zurückverweisung nach § 538 II S. 1 Nr. 3 ZPO ist gleichwohl nicht erforderlich. Die Klage ist unbegründet, was der Senat ohne Verstoß geben das Verschlechterungsverbot des § 528 ZPO aussprechen kann (§ 538 I ZPO; Wulf, in: BeckOK-ZPO, Stand: 1.12.2015, § 538 Rdn. 22; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 12. Aufl., § 538 Rdn. 25; § 528 Rdn. 18). Das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts verleiht dem Kläger keine zu schützende Rechtsposition (BGH NJW 1989, 393, 394).

Randnummer123

3. Die Parteien haben ihren Vertrag vom 13.7.2009 ausdrücklich als Werkvertrag bezeichnet und die VOB/B in der Fassung 2006 in das damit begründete Rechtsverhältnis einbezogen (§ 1 Nr. 1 des Vertrages). Sie begriffen die geschuldete Leistung der Beklagten zu 1. offenbar als ein Bauwerk. Schon in seiner Entscheidung vom 20.2.2014 hat der Senat darauf hingewiesen, dass ortsfeste, d.h. dauerhaft mit dem Boden verbundene Photovoltaik-Freianlagen im Unterschied zu den oft erheblich kleineren und weniger aufwändigeren Auf-Dach-Anlagen unzweifelhaft als Bauwerke zu betrachten sind (Senat NJW-RR 2014, 842, 843 m.w.N.). Die Beklagte zu 1. traf daher eine echte Herstellungsverpflichtung i.S.v. § 631 I BGB in Form einer Bauleistung, was die Einbeziehung der VOB/B in den Vertag zuließ.

Randnummer124

4. Der Kläger hat gegen die Beklagten, insbesondere die Beklagte zu 1. als Vertragspartnerin der Gesellschaft, keinen wegen des Scheiterns des Vorhabens auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Schadensersatzanspruch nach §§ 8 Nr. 3 II S. 2, I S. 1; 5 Nr. 4 VOB/B oder 280 I, III; 281 I S. 1, II; 314 IV BGB als Folge der Entziehung des Auftrages oder einer ansonsten aus wichtigem Grund veranlassten außerordentlichen Kündigung. Die Beklagte zu 1. hat den Vertrag vom 13.7.2009 zu Recht gekündigt, ohne damit eigene Pflichten verletzt zu haben. Die Kündigung der Gesellschaft ging daraufhin ins Leere. Wie mit den Parteien im Verlaufe der mündlichen Verhandlung erörtert, verkennt der Kläger in diesem Zusammenhang bereits den Richtungswandel, den die E-Mail des Vertreters der Gesellschaft vom 8.12.2009 (K23) in ihrer Rechtsverfolgung der Beklagten zu 1. auslöste.

Randnummer125

a) Im Fax vom 8.12.2009 (K6) nahm die Beklagte zu 1. auf § 6 Nr. 7 VOB/B Bezug. Danach kann jeder Teil nach einer länger als drei Monate andauernden Unterbrechung den Vertrag schriftlich kündigen. Von einer Unterbrechung ist auch dann auszugehen, wenn die Leistung zum vorgesehenen Zeitpunkt (hier August 2009) nicht begonnen werden kann (BGH BauR 2007, 1285, 1286). Einer Fristsetzung, wie sie der Kläger unter Angemessenheitsgesichtspunkten mit Blick auf § 9 Nr. 2 S. 2 VOB/B diskutiert, war danach keine Kündigungsvoraussetzung. Trotz der als ungerechtfertigt empfundenen Abmahnung räumte die Beklagte zu 1. der Gesellschaft die Möglichkeit ein, die ihrer Auffassung nach bei der Bestellerin liegenden Behinderungs- eher Unterbrechungsgründe zu beseitigen. Das ist für sich genommen erst einmal nicht unkooperativ, sondern mehr als der Vertrag in der damaligen Situation von der Beklagten zu 1. mit Blick auf die angedrohte Kündigung verlangte. Unterbrechungsgründe gab es einige.

Randnummer126

aa) Die Beklagte zu 1. konnte, entgegen der in der Abmahnung von der Gesellschaft offensichtlich unrichtig aufgestellten Behauptung, wonach nicht ersichtlich sei, woran der Baubeginn scheitere, bekanntermaßen deshalb nicht mit der Errichtung des Werkes beginnen, weil es an einer Baugenehmigung für die unstreitig geänderte Ausführung fehlte. Gemäß § 58 I BauO LSA a.F. bedurfte die Errichtung der Anlage der Baugenehmigung. Die am 12.8.2009 erteilte Baugenehmigung erfasste das Vorhaben der Gesellschaft, insbesondere im Fundamentbereich, nicht mehr vollständig und musste geändert werden. Die gewählte neue Gründung der Modulaufsteller war nicht Gegenstand des ursprünglichen Bauantrages, damit des Baugenehmigungsverfahrens und in der Folge auch nicht der Baugenehmigung. Eine dem Vorhaben angepasste Baugenehmigung lag unstreitig (noch) nicht vor, sodass gemäß § 71 VI Nr. 1 BauO LSA a.F. mit dem Bau nicht begonnen werden durfte. Die erteilte Baugenehmigung war zudem nur solange außerhalb eines völlig neuen Baugenehmigungsverfahrens im Wege der sog. Tektur abänderbar, wie der ursprüngliche Antrag noch nicht in Anspruch genommen, also der Bau noch nicht begonnen wurde.

Randnummer127

bb) Damit verbunden und dem Leistungsbeginn ebenso entgegenstehend war der sich aus § 9 Nr. 1 des Vertrages und § 242 BGB ergebende Anspruch der Beklagten zu 1. auf einen Nachtrag, der der Änderung der Bauausführung sowie der nicht mehr einzuhaltenden Fertigstellungsfrist mit all ihren Konsequenzen Rechnung trug. Gläubiger und Schuldner sind verpflichtet, im Zusammenwirken die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrages zu schaffen und Erfüllungshindernisse zu beseitigen (Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rdn. 32). Die nach dem Geschehensablauf nahezu unumgänglichen Verhandlungen wurden sogar geführt, hatten nur noch nicht ihren Abschluss gefunden. Damit standen die Bedingungen, unter denen die Beklagte zu 1. zu leisten hatte, nicht fest, zumal der am 19.11.2009 übersandte Nachtragsentwurf (K17; B16) die Rechte und Pflichten der Bestellerin und der Beklagten zu 1. in wesentlichen Teilen modifizierte. Eine sich auf dieser Grundlage ergebende Abschlusspflicht der Beklagten zu 1. nimmt der Kläger nicht für die Gesellschaft in Anspruch. Ebenso wenig lässt sich bis zum 8.12.2009 ein Abbruch der Vertragsverhandlungen durch die Beklagte zu 1. erkennen. Noch am 17.11.2009 hatte die Beklagte zu 1. um Klarstellung des Verhandlungspartners gebeten. Zu nachfolgenden ablehnenden Äußerungen der Beklagten zu 1. war es nicht gekommen.

Randnummer128

Bis zur Klärung der Vertragsanpassung war es der Beklagten zu 1. nicht zuzumuten, mit irgendwelchen Arbeiten zu beginnen. Das hat sie auch der Gesellschaft gegenüber zum Ausdruck gebracht, wie sich u.a. aus dem Schreiben vom 2.12.2009 (K21) ergibt. Damit war die Einrede der Vertragsanpassung erhoben, die sich zumindest aus § 242 BGB oder analog § 273 I BGB herleiten lässt (Finkenauer, in: MünchKomm.-BGB, 6. Aufl., § 313 Rdn. 125).

Randnummer129

cc) Hinzu kam das bis zur Kündigungsandrohung der Beklagten zu 1. entgegen § 3 Nr. 6 des Vertrages nicht ausgehändigte Akkreditiv. Nach Vertragsabschluss sollte die Beklagte zu 1. ein solches abstraktes Schuldversprechen einer Bank erhalten. Gerade mit der damit verbundenen Zahlungsfunktion, wie sie der Kläger im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29.3.2016 hervorhebt, bezweckten die Parteien die Sicherstellung des geschuldeten Werklohns, bevor die Beklagte zu 1. ihre aufwändige Leistung unwiederbringlich auf dem Baugrundstück erbrachte. Das Akkreditiv gehörte damit zur allgemeinen Bereitstellungspflicht der Gesellschaft und war für die Durchführung des Vertrages von so erheblicher Bedeutung, dass die fehlende Übergabe bis zum 8.12.2009 der Beklagten zu 1. ein Leistungsverweigerungsrecht verlieh (§ 320 BGB). Gerade derartige Mitwirkungspflichten des Gläubigers können in das Gegenseitigkeitsverhältnis mit der Folge einbezogen sein, dass der Schuldner die Leistung bei Störung der Mitwirkung nach § 320 BGB verweigern kann (Staudinger/Roland Schwarze, BGB, Neubearb. 2015, § 320 Rdn. 21).

Randnummer130

Davon hat die Beklagte zu 1. Gebrauch gemacht, indem sie immer wieder auf das fehlende Akkreditiv hinwies und deutlich machte, sich vor Übernahme der Haftung durch eine Bank nicht in der Lage zu sehen, mit der Ausführung der Leistung zu beginnen. Davon war natürlich auch die Baugenehmigungsplanung betroffen, wenn die Behauptung des Klägers, die Beklagte zu 1. habe diese übernommen, zuträfe. Die Beklagte zu 1. war von Anfang an nicht bereit, ohne Sicherstellung ihrer Vergütung in Vorleistung zu treten.

Randnummer131

Auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die Beklagte zu 1. den erst am 30.9.2009 übersandten ersten Akkreditiventwurf hätte akzeptieren müssen, kommt es nicht an. Die Gesellschaft hat damals nicht etwa die Einwände der Beklagten zu 1. als unberechtigt zurückgewiesen und auf eine Billigung des Akkreditivs durch Übersendung des Originals bestanden. Sie äußerte sich bis zum 8.12.2009 nicht. Damit stand der Beklagten zu 1. das geschuldete Akkreditiv nicht zur Verfügung. Die erst im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29.3.2016 (ergänzt durch den Schriftsatz vom 31.3.2016) neu und nachlässigerweise (vgl. insoweit § 531 II S. 1 Nr. 3 ZPO) behauptete Mitteilung der Finanzierungsbereitschaft durch die Bank ersetzte das Akkreditiv weder nach dem Vertrag der Parteien noch auf Grund einer auch nur annähernden Gleichwertigkeit. Aus einer signalisierten grundsätzlichen Finanzierungsbereitschaft erwuchsen der Beklagten zu 1. keine Direktansprüche gegen die Bank.

Randnummer132

b) Ob die Beklagte zu 1. verpflichtet gewesen wäre, das mit Fax der Gesellschaft bzw. ihres Vertreters vom 8.12.2009 im Entwurf übersandte Akkreditiv zu billigen und/oder die der Gesellschaft eingeräumte Frist zur Beseitigung der Behinderungsgründe angemessen auszugestalten, bedarf im Ergebnis keiner Klärung. Die mit der Forderung auf “vollumfängliche” Erfüllung des Vertrages vom 13.7.2009 verbundene Reaktion der Gesellschaft brachte einen neuen Kündigungsgrund mit sich, auf den sich die Beklagte zu 1. im Kündigungsschreiben vom 9.12.2009 (K4) nachfolgend berief und berufen konnte, nämlich § 9 Nr. 1 Bst. a) VOB/B. Die Gesellschaft hat mit dem Schreiben vom 8.12.2009 die Verhandlungen mit der Beklagten zu 1. über den notwendigen Nachtrag abgebrochen, ohne dass die Forderung der Beklagten zu 1. nach Beseitigung von Leistungshindernissen oder die (nur) angedrohte Kündigung hierzu Anlass boten.

Randnummer133

Der Nachtrag gehörte zu den notwendigen Maßnahmen der Vertragsparteien, um die Unterbrechung zu überwinden. Schon der Ausgangspunkt der Gesellschaft, wonach nicht davon ausgegangen werden könne, dass ein Nachtrag noch zu erreichen sei, war angesichts der vorausgegangenen Erklärung der Beklagten zu 1., bereits mitgeteilt zu haben, dass der Nachtrag mit kleinen Anpassungen unterschrieben werden könne, nicht gerechtfertigt. Stattdessen brachte nunmehr die Gesellschaft zum Ausdruck, keinen Nachtrag mehr zu wollen und nunmehr vollumfängliche Erfüllung des Vertrages zu verlangen. Dies vermittelte der Beklagten zu 1. aus Empfängersicht unmissverständlich und eindeutig, dass die Nachtragsverhandlungen beendet waren und von ihr ohne jede Einschränkung etwas verlangt wurde, was zeitlich nicht mehr möglich war, mangels Baugenehmigung nicht zu beginnen war und von dem beiden Seiten bekannt war, dass es ohne Änderungen in den vertraglichen Grundlagen nicht reibungslos durchgeführt werden konnte. Dies machte es der Beklagten zu 1. unzumutbar, an der vertraglichen Beziehung zur Gesellschaft festzuhalten, gerade weil sie weitere Auseinandersetzungen zur Leistungszeit, zum Leistungsinhalt, zur Planung, zu den Mehrkosten und in der Konsequenz zur Bezahlung befürchten musste. Das Kündigungsrecht des § 9 Nr. 1 Bst. a) VOB/B ist auf solche Fälle sinngemäß anzuwenden, in denen sich der Auftraggeber dem berechtigten Verlangen des Auftragnehmers auf Anpassung des Vertrags verschließt (Ingenstau/Korbion/Joussen/Vygen, VOB, 19. Aufl., vor §§ 8 u. 9 VOB/B Rdn. 14; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl., Rdn. 2962).

Randnummer134

Einer Fristsetzung nach § 9 Nr. 2 S. 2 VOB/B bedurfte es angesichts des als letztes Wort aufzufassenden Schreibens der Gesellschaft nicht. Es handelte sich um eine ernsthafte und endgültige Weigerung, die Vertragsverhandlungen fortzusetzen. Damit war auch der Annahmeverzug der Gesellschaft herbeigeführt. Das Schreiben der Beklagten zu 1. vom 8.12.2009 enthielt ferner für den objektiven Empfänger sogar ein erneutes Angebot zum Abschluss eines Nachtrages.

Randnummer135

Daneben kommt die Kündigung aus wichtigem Grund nach §§ 314 I bis III; 323 II Nr. 1 BGB zum Tragen. Die bereits dargelegten Umstände, einschließlich des erheblichen Zeitablaufs seit dem ursprünglich geplanten Baubeginn und der seither nur dürftigen Entwicklung, die das Vorhaben genommen hatte, machten es der Beklagten zu 1. ohne Zweifel unzumutbar, sich weiter durch einen Vertrag an die Gesellschaft zu binden. Wie unzuverlässig die Gesellschaft der Beklagten zu 1. erscheinen musste, zeigt – ohne dass es entscheidend darauf ankäme – das jetzt vorgelegte Schreiben der Bremer Landesbank vom 9.9.2009. Danach stand trotz des Vertragsschlusses vom Juli 2009 und dem beabsichtigten Baubeginn (August 2009) erst Anfang September 2009 eine Bank bereit, um (nur) ihren grundsätzlichen Finanzierungswillen zu bestätigen.

Randnummer136

5. Soweit § 6 Nr. 6 VOB/B auch i.V.m. § 5 Nr. 4 VOB/B einen Schadensersatzanspruch wegen von einer Vertragsseite zu vertretender hindernder Umstände vorsieht, bezieht sich dies auf den aufrechterhaltenen Vertrag bzw. den Verzögerungsschaden bei fortbestehendem Interesse an der Durchführung des Vorhabens und meint nicht den vom Kläger verlangten Nichterfüllungsschaden (BGH NJW 1967, 2262; Berger, in: Beck-VOB-Komm., 3. Aufl., § 6 Nr. 6 VOB/B Rdn. 9.; Ingenstau/Korbion/Döring, § 6 VI VOB/B Rdn. 1, 9; Kapellmann/Messerschmidt/Markus, VOB, 5. Aufl., § 6 VOB/B, Rdn. 94 f.). Vollen Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei Gesamtliquidation des Vertrages kann der Auftraggeber nur unter den Voraussetzungen des § 8 Nr. 3 II 2 VOB/B verlangen (BGH NJW 1974, 646, 647).

Randnummer137

6. Die nicht nachgelassenen Schriftsätze des Klägers sind, soweit sie neue Tatsachen enthalten, nach §§ 525 S. 1; 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Sie geben auch keinen Anlass, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten (§§ 296a; 156 ZPO). Verfahrensfehler i.S.v. § 156 II Nr. 1 ZPO sind dem Senat nicht unterlaufen. Zum Sachverhalt ist von den Parteien – auch in rechtlicher Beziehung – umfangreich vorgetragen und es gibt keinen Anhaltspunkt für entscheidungserhebliche Sachverhaltslücken oder übersehene oder vom Senat im Vergleich zu den Parteien anders beurteilte Gesichtspunkte.

III.

Randnummer138

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10; 711 S. 1, 2; 709 S. 2 ZPO.

Randnummer139

Die Revision lässt der Senat nicht zu. Die Sache wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf und weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung verlangen nach einer Entscheidung des Revisionsgerichts.

Randnummer140

Der Streitwert ist nach §§ 47 I S. 1; 43 I; 48 I S. 1 GKG; § 3 ZPO festgesetzt.

Funktionalausschreibung (Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm) als moderne Beschaffungsalternative

Funktionalausschreibung (Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm) als moderne Beschaffungsalternative

von Thomas Ax

Bei einer Funktionalausschreibung (Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm) verzichtet der Auftraggeber weitgehend auf eine eigene Planung. Er gibt lediglich einen Rahmen mit Anforderungen vor, welche die bauliche Anlage erfüllen muss (Raumprogramm, Qualitäten, gestalterische Vorgaben und andere). Es ist dann Sache des Bieters und späteren Auftragnehmers, die bauliche Anlage unter Berücksichtigung der Vorgaben des Auftraggebers zu planen und im Auftragsfall zu erstellen.

Das Leistungsprogramm umfasst eine Beschreibung der Bauaufgabe, aus der die Unternehmen alle für die Entwurfsbearbeitung und ihr Angebot maßgebenden Bedingungen und Umstände erkennen können und in der sowohl der Zweck der fertigen Leistung als auch die an sie gestellten technischen, wirtschaftlichen, gestalterischen und funktionsbedingten Anforderungen angegeben sind, sowie gegebenenfalls ein Musterleistungsverzeichnis, in dem die Mengenangaben ganz oder teilweise offengelassen sind.

Von dem Bieter ist ein Angebot zu verlangen, das außer der Ausführung der Leistung den Entwurf nebst eingehender Erläuterung und eine Darstellung der Bauausführung sowie eine eingehende und zweckmäßig gegliederte Beschreibung der Leistung – gegebenenfalls mit Mengen- und Preisangaben für Teile der Leistung – umfasst.

Bei Beschreibung der Leistung mit Mengen- und Preisangaben ist vom Bieter zu verlangen, dass er

 

1.

die Vollständigkeit seiner Angaben, insbesondere die von ihm selbst ermittelten Mengen, entweder ohne Einschränkung oder im Rahmen einer in den Vergabeunterlagen anzugebenden Mengentoleranz vertritt, und dass er

 

2.

etwaige Annahmen, zu denen er in besonderen Fällen gezwungen ist, weil zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe einzelne Teilleistungen nach Art und Menge noch nicht bestimmt werden können (z. B. Aushub-, Abbruch- oder Wasserhaltungsarbeiten) – erforderlichenfalls anhand von Plänen und Mengenermittlungen – begründet.

Als Vorteile einer Funktionalausschreibung kommen in Betracht:

  • Firmen haben die Möglichkeit, innovative Ideen, etwa hinsichtlich der Bauweise und der Baudurchführung einzubringen. Diese Ideen beruhen gegebenenfalls auf firmenspezifischen Besonderheiten, etwa mit Blick auf die dem Unternehmen zur Verfügung stehende Fertigungstechnik.
  • In der Regel ein geringerer Zeitbedarf für die Baudurchführung, als bei fachlosweiser Vergabe.
  • Möglichkeit der Vereinbarung eines sogenannten garantierten Maximalpreises (Baukostenobergrenze).
  • Gewisse Vorteile bei der späteren Baudurchführung (verringerte Risiken).


Bei Funktionalausschreibungen wird der Auftrag an einen sogenannten Totalunternehmer (respektive Totalübernehmer) erteilt. Der Totalunternehmer ist alleiniger Vertragspartner des Auftraggebers. Einen Großteil der Leistung erbringt er selbst, den Rest vergibt er an Nachunternehmer. Darüber hinaus erbringt er auch Planungsleistungen. Er plant die von ihm angebotene Bauleistung selbst, auf Grundlage des vom Auftraggeber verwendeten Leistungsprogramms. Der Totalübernehmer erbringt demgegenüber keine Bauleistungen im eigenen Betrieb, er vergibt sämtliche Leistungen an Nachunternehmer.

Bei europaweiten Vergaben ist die Beauftragung eines Totalübernehmers möglich. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Totalübernehmer Verpflichtungserklärungen seiner Nachunternehmer vorlegt, wonach diese ihre Kapazitäten dem Totalübernehmer im Auftragsfall zur Verfügung stellen (§ 6d EU Abs. 1 Satz 2 VOB/A).

Die funktionale Ausschreibung darf gewählt werden, wenn es nach Abwägen aller Umstände zweckmäßig ist, zusammen mit der Bauausführung auch den Entwurf für die Leistung dem Wettbewerb zu unterstellen, um die technisch, wirtschaftlich und gestalterisch beste sowie funktionsgerechteste Lösung der Bauaufgabe zu ermitteln.

Dass die Funktionalausschreibung im vorgenannten Sinn zweckmäßig ist, muss der Auftraggeber, wenn er sich für diese entscheidet, darlegen.

Dabei sind folgende Punkte zu beachten:

  • Der Auftraggeber muss die beiden Vergabeformen einander gegenüberstellen und die wesentlichen Vor- und Nachteile beider Vergabeformen in den Vergleich miteinbeziehen.
  • Es dürfen nur solche Vorteile der Funktionalausschreibung berücksichtigt werden, die mit dem Vergaberecht im Einklang stehen. Die bloße Einsparung von Personal- und Koordinierungsaufwand gehört genauso wenig dazu, wie die bloße Überwälzung von Risiken auf den Auftragnehmer.
  • Die Darlegung der Zweckmäßigkeit muss sich auf den konkreten Einzelfall beziehen. Der Auftraggeber hat, was die Abwägung und die Gewichtung der für oder gegen die jeweilige Vergabeform sprechenden Argumente anbelangt, einen Ermessenspielraum.
  • Die Abwägung / Darlegung der Zweckmäßigkeit ist zu dokumentieren (§ 20 VOB/A).

Funktionalausschreibungen gehen typischerweise mit der Vereinbarung eines Pauschalpreises einher. Die Vereinbarung einer Pauschale ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A (bzw. § 4 EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A) vorliegen. Die zu vergebende Leistung muss also nach Ausführungsart und Umfang hinreichend bestimmt sein. Außerdem darf mit Änderungen in der Ausführung nicht zu rechnen sein.

OLG Köln zu der Frage, dass es der Abnahme gleich steht, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist

OLG Köln zu der Frage, dass es der Abnahme gleich steht, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist

vorgestellt von Thomas Ax

1. Der Abnahme steht es gleich, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist. Der Besteller ist zur Abnahme verpflichtet, wenn die Bauleistung fertig gestellt ist und allenfalls unwesentliche Mängel aufweist.
2. Ob ein Mangel wesentlich ist und deshalb zur Verweigerung der Abnahme berechtigt, hängt von Art und Umfang des Mangels und seinen Auswirkungen ab. Das lässt sich nur unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilen. Auch bloß optische Beeinträchtigungen können das Maß des Zumutbaren überschreiten.
3. Die Gestaltung einer mittig gelegenen, 280 qm umfassenden Innenhoffläche mit einer wassergebundenen Decke anstelle einer Rasenfläche stellt einen wesentlichen Mangel dar.
OLG Köln, Beschluss vom 02.11.2021 – 7 U 173/20
vorhergehend:
OLG Köln, Beschluss vom 17.09.2021 – 7 U 173/20
LG Köln, 20.11.2020 – 18 O 281/19


Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Feststellung des Eintritts der Abnahmewirkungen betreffend eines mittels Bauträgervertrags verkauften Gemeinschaftseigentums.

Mittels notariellen Bauträgervertrags vom 19.12.2014 (Anl 1, AH1) erwarb der Beklagte von der Klägerin unter Einbeziehung einer Baubeschreibung (Anl. 4, AH1) die seitens der Klägerin zu errichtenden Eigentumswohnungen Nr. 24 und 25 im denkmalgeschützten Vierkanthof “###” in ### nebst vier Tiefgaragenstellplätzen zum Preis von insgesamt 1.205.310 EUR.

Ziffer 25 der im Kaufvertrag in Bezug genommenen Baubeschreibung lautete auszugsweise wie folgt:

“25. INNENHOF

Die Gestaltung des Innenhof erfolgt in Abstimmung mit der Denkmalbehörde und gemäß Landschaftspflegerischem Begleitplan.”


Der landschaftspflegerische Begleitplan vom 27.02.2014 (Bl. 144ff. GA) sah unter Z. 4 “Darstellung der Vermeidungs-, Minderungs- und Kompensationsmaßnahmen” auf Seite 18 u.a. vor:

“Die neu entstehende Freifläche im Innenhof wird als Rasenfläche angelegt.”

Die für die Baumaßnahme erteilte Baugenehmigung der Stadt I. vom 11.06.2015 (Bl. 182ff. GA) enthielt unter Ziffer 2 folgende Auflage:

“Der mit der Nutzungsänderung verbundene Eingriff in Natur und Landschaft wurde vom Ingenieurbüro ### durch einen Landschaftspflegerischen Begleitplan (LBP) (Stand: 27.02.2014) und eine artenschutzrechtliche Prüfung (ASP) (Stand: 20.02.2014) dargestellt. Die erforderlichen Vermeidungs-, Minderungs- und Kompensationsmaßnahmen, die in dem LBP und der ASP des vorgenannten Büros näher konkretisiert werden, sind umzusetzen.”

Tatsächlich legte die Klägerin in der Mitte des im Übrigen gepflasterten Innenhof später eine wassergebundene Decke an.

Am 21.08.2017 nahm der Beklagte das Sondereigentum ab; die letzte Kaufpreisrate in Höhe von 42.185,85 EUR zahlte er auf das Notaranderkonto, ohne bislang die Freigabe erteilt zu haben.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 18.07.2019 forderte die Klägerin den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 31.07.2019 zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums auf, was dieser unter Bezugnahme auf Mängel am 23.07.2019 verweigerte.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, im Verhältnis zwischen den Parteien seien infolge der unberechtigten Verweigerung der Abnahme seitens des Beklagten die Abnahmewirkungen eingetreten. Sämtliche beklagtenseits gerügten Mängel seien – selbst wenn sie bestünden – nicht wesentlich und stünden einer Abnahmereife nicht entgegen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Abnahme mit Blick auf fortbestehende Mängel zu Recht verweigert zu haben. Insbesondere stehe die Gestaltung der Innenhoffläche nicht mit den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien in Einklang, da keine Rasenfläche ausgeführt worden sei.

Das Gericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Feststellungsklage zulässig, jedoch unbegründet sei. Die Wirkungen der Abnahme hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums im Verhältnis zum Beklagten seien nicht zum 01.08.2019 eingetreten, weil das Gemeinschaftseigentum zu diesem Zeitpunkt mindestens einen nicht unwesentlichen Mangel im Sinne von § 640 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. aufgewiesen habe. Namentlich sei die Mitte der Innenhoffläche entgegen der vertraglichen Vereinbarungen und entgegen der Auflage in der Baugenehmigung nicht als Rasenfläche, sondern als wassergebundene Decke ausgeführt worden.

Wegen des Sachverhalts, der dem Rechtsstreit zugrunde liegt, sowie der in erster Instanz gestellten Anträge im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung vom 20.11.2020 (Bl. 311 ff. GA) Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Berufungsführerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Die Klägerin trägt nunmehr vor, es lägen die Berufungsgründe der fehlerhaften Rechtsanwendung sowie der unrichtigen Tatsachenfeststellung vor. Das Landgericht habe verkannt, dass ein wesentlicher Mangel tatsächlich nicht vorliege. Die aktuelle Beschaffenheit des Innenhofs sei materiell rechtmäßig, da die Abweichungen vom ursprünglichen LBP zusammen mit der zuständigen Behörde vorgegeben worden seien. Die Änderungen seien von der Zeugin ### gefordert worden, die für die Naturschutzbehörde gesprochen habe. Eine Textur der Baugenehmigung sei problemlos möglich und von der Klägerin zwischenzeitlich auch beantragt worden.

Sie beantragt,

1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 20.11.2020 mit dem Az. 18 O 281/19 festzustellen, dass die Wirkungen der Abnahme hinsichtlich des von dem Beklagten mit notariellem Kaufvertrag vom 19.12.2014 (UR Nr. ###/2014 ### Notar ### aus ###) anteilig erworbenen und von der Klägerin errichteten Gemeinschaftseigentums (Hofgebäude und Tiefgarage mit Außenflächen) auf dem Grundbesitz “###”, ###-Straße ### in ### spätestens am 01.09.2019 eingetreten sind,

2. vorsorglich für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen,

3. hilfsweise, den Rechtsstreit unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln vom 20.11.2020 mit dem Aktenzeichen 18 O 281/19 zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Köln zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Erweiterung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Die Parteien hätten hinsichtlich der Gestaltung des Innenhofs als Rasenfläche eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen. Eine solche Auslegung verstoße auch nicht gegen höchstrichterliche Rechtsprechung, insbesondere weil der LBP in der notariell beurkundeten Baubeschreibung ausdrücklich erwähnt worden sei. Zudem sei noch nicht einmal klar, wieso der LBP in Bezug auf die Rasenfläche habe geändert werden müssen. Der LBP sei Bestandteil der Planunterlagen für die Baurechtserlangung. Es stelle sich die Frage, wieso die Zeugin ### einseitig habe Vorgaben machen können. Es werde bestritten, dass eine Rasenfläche ausgeschlossen gewesen sei und die vorgenannte Zeugin praktisch für die Naturschutzbehörde gesprochen habe. Der Verzicht auf die Rasenfläche sei keine zwingende Vorgabe des Planers, sondern das Ergebnis einer Absprache mit den Bauherren gewesen. Jedenfalls habe er als Käufer eine klare Vorstellung von der Rasenfläche im Innenhof gehabt. Die wassergebundene Fläche stelle schließlich einen wesentlichen Mangel dar.

Mit Beschluss vom 17.09.2021 hat der Senat darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 426ff. GA).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Der Beschluss ergeht gemäß § 522 Abs. 2 ZPO.

Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss vom 17.09.2021 Bezug genommen.

Die hierzu erfolgten Stellungnahmen der Klägerin vom 06. und 14.10.2021 rechtfertigen keine andere Entscheidung, sondern geben lediglich zu folgender ergänzenden Begründung Anlass:

1. Entgegen der Ansicht der Klägerin steht die im vorgenannten Hinweisbeschluss vorgenommene Auslegung des notariell beurkundeten Bauträgerkaufvertrags der Parteien vom 19.12.2014 nicht im Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung, insbesondere nicht zu der von der Klägerin zitierten Entscheidung (BGH, Urteil vom 06.11.2015 V ZR 78/14). Der Bundesgerichtshof hat darin lediglich entschieden, dass eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks oder Gebäudes vor Vertragsschluss durch den Verkäufer, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag findet, in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung führt (BGH, a.a.O. Rn 15).

a. Dies ist vorliegend jedoch schon deshalb nicht übertragbar, weil die Beschreibung der Eigenschaft der neu errichteten Freifläche im Innenhof als Rasenfläche hier nicht vor, sondern bei Vertragsschluss am 19.12.2014 erfolgt ist. Gemäß § 6 Nr. 1 Abs. 1 des vorgenannten Vertrags hat die Bauausführung entsprechend der Baubeschreibung zu erfolgen (S. 18 Anl 1, AH 1). Nach Ziffer 25 dieser Baubeschreibung erfolgt die Gestaltung des Innenhofs in Abstimmung mit der Denkmalbehörde und gemäß LBP (S. 7 der Anl 2 zu Anl 4 im AH1). Dieser sieht unter Ziffer 4.3 Unterziffer 4 ausdrücklich vor, dass die neu zu errichtende Freifläche im Innenhof als Rasenfläche angelegt wird (Bl. 162 GA).

b. Unabhängig davon hat die Eigenschaftsbeschreibung durch die Verweisungskette auch im notariell beurkundeten Vertrag der Parteien ihren Niederschlag gefunden. Anders als in der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, a.a.O., Rn 21) wurde der LBP in den notariell beurkundeten Erklärungen der Parteien ausdrücklich erwähnt. Unter § 1 Nr. 3 des von den Parteien geschlossenen und notariell beurkundeten Vertrags vom 19.12.2014 heißt es ausdrücklich, dass der Grundbesitz entsprechend der Baubeschreibung vom 29.09.2014 – URNr. 2249 für 2014 ### des Notars ### modernisiert wird. Ebenso ausdrücklich heißt es unter § 6 Nr. 1 Abs. 1 des notariell beurkundeten Vertrags der Parteien, dass die Bauausführung seitens der als Verkäufer im Vertrag genannten Klägerin entsprechend der eingangs erwähnten Baubeschreibung erfolgt. Diese Baubeschreibung wurde als Anlage II der vorgenannten Urkunde des Notars ### vom 29.04.2014, auf die der notariell beurkundete Vertrag der Parteien ausdrücklich Bezug nimmt, ebenfalls notariell beurkundet (Anl. 10 im AH2). In dieser Baubeschreibung ist wiederum unter Ziffer 25 ausdrücklich geregelt, dass die Gestaltung des Innenhofs gemäß LBP erfolgt. Dieser sah aber zum Zeitpunkt des notariell beurkundeten Vertrags der Parteien am 19.12.2014 vor, dass die neu zu errichtende Freifläche im Innenhof als Rasenfläche angelegt wird.

Dass der LBP vom 27.02.2014 bis dahin geändert wurde, ist weder vorgetragen noch aus den sonstigen Umständen ersichtlich. Hiergegen spricht insbesondere, dass die auf den Antrag vom 24.10.2014 am 11.06.2015 erteilte Baugenehmigung auf den vorgenannten LBP vom 27.02.2014 ausdrücklich Bezug nimmt und ihn zum Bestandteil der Genehmigung gemacht hat (Bl. 182 GA). Zudem stellt sie unter Nr. 2 der Auflagen ausdrücklich klar, dass der mit der Nutzungsänderung verbundene Eingriff in Natur und Landschaft vom Ingenieurbüro ### durch den LBP (Stand: 27.02.2014) dargestellt worden sei und die erforderlichen Vermeidungs-, Minderungs- und Kompensationsmaßnahmen, die in dem LBP näher konkretisiert wurden, umzusetzen seien (Bl. 187 GA). Auch der notariell beurkundete Vertrag der Parteien vom 19.12.2014 nimmt auf die Baugenehmigung und deren abgestimmten und erfolgten Antrag bei Vertragsschluss der Parteien in § 1 Nr. 2 ausdrücklich Bezug, in dem es wörtlich heißt:

“Die entsprechenden öffentlich-rechtlichen Genehmigungen sind mit dem zuständigen Bauamt abgestimmt und beantragt, insbesondere die baurechtlichen Genehmigungen.”

c. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses weder den LBP vom 27.02.2014 noch seinen Inhalt kannte. Selbst wenn dies zutreffen würde, ändert dies die Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der Freifläche im Innenhof als Rasenfläche nichts. Gemäß § 1 Nr. 4 Abs. 2 des Vertrags der Parteien vom 19.12.2014 lagen bei dessen Beurkundung sowohl die vorgenannte Urkunde Nr. ### des Notars ### als auch dessen Urkunde Nr. ### in Urschrift vor und ihr Inhalt war von den Parteien als Teil ihrer Vereinbarung sowie für sie verbindlich anerkannt worden. Zudem hatte der Beklagte ausweislich der vorgenannten Regelung bereits vor der Beurkundung am 19.12.2014 eine beglaubigte Abschrift der vorgenannten Urkunden erhalten. In § 7 Nr. 8 der vorgenannten Urkunde Nr. ### aber sind ausdrücklich Rasenflächen im Innenhof genannt, deren Pflege gemeinschaftlich zu erfolgen habe (S. 24 Anl. 10 im AH2). Diese Regelung wäre sinnlos, wenn die Parteien hinsichtlich der Freifläche im Innenhof gar keine Rasenfläche als Beschaffenheit vereinbart hätten.

Für eine Beschaffenheitsvereinbarung der Freifläche im Innenhof als Rasenfläche gemäß dem LBP vom 27.02.2014 durch die Parteien spricht ferner die Regelung in § 8 der vorgenannten Urkunde Nr. ###, wonach der Wohnungseigentümer die äußere Gestalt des Bauwerks und sonstige Veränderung nicht ohne Zustimmung der Ämter vornehmen darf und der LBP insbesondere für die Gestaltung der Frei- und Gartenflächen bindend ist. Dies setzt aber voraus, dass die Klägerin als Verkäuferin die Frei- und Gartenflächen gemäß der Vorgaben des LBP zuvor überhaupt erst errichtet und in die entsprechende Beschaffenheit versetzt hat. Mit LBP im Sinne dieser Regelung in der Urkunde Nr. ### kann aber nur der LBP vom 27.02.2014 gemeint sein. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Parteien am 19.12.2014 gab es nur den LBP vom 27.02.2014, der die Freifläche im Innenhof ausdrücklich als Rasenfläche ausgewiesen hat. Auch die zu diesem Zeitpunkt bereits beantragte Baugenehmigung nimmt ausdrücklich Bezug auf den LBP vom 27.02.2014, machte ihn zum Bestandteil der Genehmigung und zur Auflage, dass die dortigen Maßnahmen umzusetzen seien. Wenn die Parteien insoweit nicht von einer Verbindlichkeit des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen LBP für die Gestaltung der Freifläche ausgegangen wären und insoweit keine entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung des Innenhofs vereinbart hätten, hätte dies insbesondere angesichts der damit verbundenen Änderung des Leistungssolls einer ausdrücklichen Regelung bedurft, die hier jedoch nicht erfolgt ist.

Weiterhin ist in § 6 a) der als Anlage III zur vorgenannten Urkunde ### beigefügten Gestaltungssatzung und Gutshofordnung ausdrücklich geregelt, dass dem Käufer bekannt ist, dass bezüglich der Innenhofgestaltung ein einheitliches Gesamtbild hergestellt werden und erhalten bleiben muss, das zuvor vom Denkmalpfleger freigegeben werden und die Vorgaben des LBP einhalten muss. Auch dies spricht dafür, dass die Parteien die Beschaffenheit der Freifläche im Innenhof als Rasenfläche gemäß der Vorgaben des LBP vom 27.02.2014 als Beschaffenheit vereinbart haben. Nach dem bei Vertragsschluss der Parteien am 19.12.2014 gültigen LBP war die im Innenhof neu entstehende Freifläche als Rasenfläche anzulegen.

d. Dieser Auslegung der notariell beurkundeten Vereinbarung der Parteien gemäß §§ 133, 157 BGB kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass die Parteien keine Bindung der Klägerin an den LBP hinsichtlich der Beschaffenheit des von ihr zu modernisierenden und zu gestaltenden Innenhofs vereinbaren wollten. Unter Nr. 25 der Baubeschreibung ist ausdrücklich geregelt, dass die Gestaltung des Innenhofs gemäß LBP erfolgt. Gerade diese als Anlage II zur Urkunde Nr. ### des Notar ### notariell beurkundete Baubeschreibung aber haben die Parteien ausweislich § 1 Nr. 4 Abs. 2 ihres notariell beurkundeten Kaufvertrags vom 19.12.2014 als für sie verbindlich anerkannt.

e. Ebenso wenig widerspricht die Auslegung dem Grundsatz, wonach im Zweifel derjenigen Auslegung der Vorzug gebührt, die die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts vermeidet (vgl. BGH, a.a.O. Rn 18 m.w.N.). Hier geht es gerade nicht um vorvertragliche Äußerungen, sondern um die vertraglich getroffene und notariell beurkundete Vereinbarung der Parteien in Nr. 25 der Baubeschreibung, dass der Innenhof gemäß LBP gestaltet wird.

f. Aus dem gleichen Grund greift auch die angebliche Beeinträchtigung der Warn- und Schutzfunktion der notariellen Beurkundung durch die erfolgte Auslegung nicht durch. Sowohl die Klägerin als auch der Beklagte haben in § 1 Nr. 4 Abs. 2 ihres notariell beurkundeten Vertrags vom 19.12.2014 die vorgenannte Baubeschreibung, die in Nr. 25 ausdrücklich bestimmt, dass der Innenhof gemäß LBP gestaltet wird, als für sie verbindlich anerkannt. Zudem haben sie auch ausdrücklich erklärt, dass der Inhalt ihnen bekannt sei und sie sowohl auf das Verlesen als auch die Beifügung zur Niederschrift verzichten.

2. Auch der Einwand, dass die Auslegung keine statische, sondern dynamische Verweisung in der Kette – Vertrag, Baubeschreibung, LBP – ergebe, überzeugt nicht.

Hiergegen spricht zunächst, dass die Parteien in ihrem Vertrag vom 19.12.2014 gerade nicht lediglich auf die Baubeschreibung verweisen, sondern sie vielmehr ausweislich § 1 Nr. 4 Abs. 2 ihres notariell beurkundeten Vertrags ausdrücklich zum Teil ihrer Vereinbarung selbst gemacht haben. Damit aber entfällt schon das erste Glied der von der Klägerin angenommenen Verweisungskette.

Bei dem Verweis auf den LBP in Nr. 25 der Baubeschreibung liegt auch keineswegs eine dynamische Verweisung nahe; vielmehr führt die nach §§ 133, 157 BGB gebotene Vertragsauslegung im konkreten Fall zu einer statischen Verweisung.

Bereits der Wortlaut spricht für eine statische und gegen eine dynamische Verweisung. Es gibt nur einen LBP, nämlich den vom 27.02.2014. Dieser wurde lediglich, wie die Klägerin selbst vorträgt, nach Erteilung der Baugenehmigung am 11.06.2015 und zudem auf Initiative der Landschaftsplanerin selbst angepasst. Damit erübrigte sich aber bei der statischen Verweisung sowohl zum Zeitpunkt der notariellen Beurkundung der Baubeschreibung am 29.09.2014 als auch des Kaufvertrags der Parteien am 19.12.2014 schon vom Wortlaut her eine nähere Konkretisierung des LBP, insbesondere ein Hinweis auf den Planungsstand und die Version. Würde es sich hingegen tatsächlich um eine dynamische Verweisung handeln, wäre zu erwarten gewesen, dass dies schon vom Wortlaut her entsprechend klargestellt worden wäre, insbesondere durch eine ergänzende Formulierung in Nr. 25 der Baubeschreibung dahingehend, dass die Worte “in der jeweils geltenden Fassung” ergänzt worden wären. Dies ist indes gerade nicht geschehen.

Auch die Begleitumstände sowie die Interessenlage der Parteien sprechen dafür, von einer statischen Verweisung auszugehen. Die Baubeschreibung regelt die Bauausführung der Umgestaltung des Vierkanthofs in Wohneinheiten. Zugleich wird das Leistungssoll für die jeweiligen Bauträgerverträge verbindlich festgelegt. Ausweislich des letzten Absatzes unter dem Punkt Allgemeines bedarf eine von dem insoweit durch die Baubeschreibung vorgegebenen Rahmen abweichende Bauausführung einer entsprechenden Sonderregelung im jeweiligen Bauträgervertrag. Diese ist hier jedoch gerade nicht erfolgt. Vielmehr haben die Parteien in ihrem notariell beurkundeten Vertrag vom 19.12.2014 ausdrücklich unter § 6 geregelt, dass die Bauausführung entsprechend der genannten Baubeschreibung erfolgt.

Hiergegen kann auch nicht eingewandt werden, dass die Baugenehmigung noch nicht vorgelegen hat und die Gestaltung der Außenanlagen noch im Fluss war. Dadurch vermag das vertraglich geschuldete Leistungssoll hinsichtlich des Innenhofs nicht abgeändert zu werden. Insbesondere entspricht dies nicht der Interessenlage beider Parteien. In ihrer Vereinbarung vom 19.12.2014 haben sie in § 6 ausdrücklich geregelt, dass die Bauausführung entsprechend der Baubeschreibung zu erfolgen hat. Die von der vertraglichen Vereinbarung abweichende Gestaltung des Innenhofs erfüllt auch nicht die Voraussetzungen des § 6 Nr. 2 S. 1 des Vertrags der Parteien vom 19.12.2014, weil sie nicht erforderlich und insbesondere weder auf Grund von technischen Änderungen noch wegen behördlicher Auflagen notwendig war. Auf Ziffer 2 des vorgenannten Hinweisbeschlusses wird insoweit ausdrücklich Bezug genommen. Dem ist die Klägerin insoweit auch nicht mehr konkret entgegen getreten.

Aus den gleichen Gründen vermag auch der Einwand nicht zu überzeugen, dass die Regelung in Nr. 25 der Baubeschreibung nur so ausgelegt werden könne, dass die Gestaltung des Innenhofs in Abstimmung mit der Denkmalbehörde und nach den Vorgaben der für den LBP zuständigen Naturschutzbehörde erfolgen soll. Vielmehr war mit der vorgenannten vertraglichen und notariell beurkundeten Vereinbarung der Parteien das vertragliche Leistungssoll bestimmt worden. Dieses konnte aber nur unter den vorgenannten und hier nicht gegebenen Umständen abgeändert werden. Jedenfalls aber war die vertragliche Vereinbarung nach Treu und Glauben so auszulegen, dass die erforderlichen Abstimmungen und Vorgaben bereits erfolgt und eingeholt worden waren, um den Innenhof gemäß der Vorgaben des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen und im Rahmen des gestellten Bauantrags bereits eingereichten LBP vom 27.02.2014 zu gestalten. Nach § 1 Abs. 2 ihrer Vereinbarung waren die entsprechenden öffentlich-rechtlichen Genehmigungen mit dem zuständigen Bauamt bereits abgestimmt und beantragt, insbesondere die baurechtlichen Genehmigungen. Gegen die Annahme, dass die Gestaltung der Außenanlagen am 19.12.2014 noch im Fluss war, spricht weiterhin, dass die Baugenehmigung bereits am 24.10.2014 beantragt worden war. Zu diesem Zeitpunkt lag auch der LBP bereits vor, da er schon am 27.02.2014 erstellt worden war. Er wurde schließlich auch zum Bestandteil der erteilten Baugenehmigung und seine Maßnahmen waren umzusetzen, so dass ein Abweichen vom zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen LBP über die hier nicht gegebenen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 hinaus angesichts der damit verbundenen Änderung des Leistungssolls einer ausdrücklichen Regelung bedurft hätte, die hier jedoch nicht erfolgt ist.

3. Ebenso wenig war die Revision zuzulassen. Bereits im vorgenannten Hinweisbeschluss hat der Senat ausgeführt, dass und warum die in § 522 Abs. 2 S. 1 Nrn. 2 bis 4 ZPO normierten Voraussetzungen für eine einstimmige Zurückweisung der Berufung im Beschlusswege gegeben sind. Die Zulassung der Revision – die im Fall der Beschlusszurückweisung ohnehin nicht in Frage kommt (BGH NJW 2019, 2034) – ist nicht veranlasst, weil die Entscheidung auf der Auslegung eines konkreten Vertrags im Einzelfall beruht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 S. 2, 711 ZPO.

IV.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 48 Abs. 1 S. 1 GKG auf 42.185,85 EUR festgesetzt.

LG Karlsruhe zu der Frage, dass der Bauherr den bauüberwachenden Architekten ordnungsgemäße Ausführungspläne auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Vertrag als Obliegenheit zur Verfügung zu stellen hat

LG Karlsruhe zu der Frage, dass der Bauherr den bauüberwachenden Architekten ordnungsgemäße Ausführungspläne auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Vertrag als Obliegenheit zur Verfügung zu stellen hat

vorgestellt von Thomas Ax
1. Grundsätzlich hat der Bauherr den bauüberwachenden Architekten ordnungsgemäße Ausführungspläne auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Vertrag als Obliegenheit zur Verfügung zu stellen. Ist diese Obliegenheit zur Leistungspflicht erhoben worden, so haben die bauüberwachenden Architekten einen durchsetzbaren Anspruch und die Verletzung dieser Pflicht der Besteller kann auch zu einem Schadensersatzanspruch führen.
2. Hat der planende Architekt wegen des Kelleraltbestands ohne sichere Kenntnis von den konkreten Umständen der Kellerwand anfangs Ausführungspläne erstellt, dann hat er sich ab Offenlage der Kellerwand ein klares Bild über die konkrete Situation – am besten vor Ort – zu verschaffen, um die Ausführungspläne, der Dynamik des Baugeschehens folgend, entsprechend anpassen zu können. Auch hat er dafür zu sorgen, dass die bauüberwachenden Architekten nicht nur Vorabzüge dieser Pläne, die für das Bauen nicht maßgeblich sind, sondern “definitive” Ausführungspläne erhalten, die auch eindeutig als “definitiv” erkennbar sind.
3. Die bauüberwachenden Architekten haben während der gesamten Bauzeit jederzeit vor Ort den besten Überblick über die tatsächliche Situation. Dann hätten sie wegen der Leistungspflicht des Bauherrn, auch “definitive” und ordnungsgemäße Ausführungspläne einfordern bzw. sogar einklagen und sich auch weigern können, die Arbeit fortzusetzen. Indem sie dies nicht taten und auf der Grundlage selbst erstellter Ausführungspläne die Arbeit fortsetzten, haben auch sie eine wesentliche Ursache für die unzureichende Abdichtung gesetzt.
LG Karlsruhe, Urteil vom 08.05.2024 – 6 O 300/17

Tatbestand

Die Kläger begehren wegen behaupteter Mängel an ihrem im Jahr 2008 bis 2011 umgebauten Einfamilienhaus von ihren bauüberwachenden Architekten Vorschuss für Mängelbeseitigungskosten.

Die Kläger sind Bauherren eines Wohnbauvorhabens in der ###-Straße in ### Auf dem Baugrundstück befand sich ein voll unterkellerter, eingeschossiger Bungalow aus den 1960er Jahren, der teilweise abgerissen wurde. Nach dem Abbruch erfolgte eine teilweise Aufstockung mit einem neuen Obergeschoss in Massivholz Bauweise mit Flachdach. Auf dem nicht aufgestockten Teil des Hauses wurde eine Dachterrasse errichtet. Die Außenfassaden wurden mit einem Wärmedämmverbundsystem (WDVS) hochgedämmt und mit naturbelassenen Holzlamellen verkleidet. Sämtliche Fenster sowie die gesamte technische Gebäudeausstattung wurden erneuert.

Das Kellerbauwerk des Gebäudes wurde vollständig aus dem Bestand übernommen, d. h. nicht abgebrochen; eine Ertüchtigung der Kellersohlen war zu keinem Zeitpunkt vorgesehen. Der Keller verfügt über keine durchgehende Bodenplatte; diese Bodenplatte ist innenliegend aus Stampfbeton und zu den Kelleraußenwänden nicht abgedichtet. Die Kelleraußenwände sind nicht auf die Bodenplatte aufgesetzt, sondern stehen auf dem Fundament.

Die Grundlagenermittlung, sowie die Vor-, Entwurfs-, Genehmigungs- und Ausführungsplanung erfolgte durch Architekten ###. Die Fachplanung übernahmen für das Tragwerk das Ingenieurbüro ###, für die Elektroinstallationen das Ingenieurbüro ### und für Heizung- und Sanitärinstallationen das Ingenieurbüro ###. Die Vorbereitung und Mitwirkung der Vergaben sowie die Objektüberwachung erfolgte durch die beklagte ### Architekten GbR, deren Gesellschafter die Beklagten sind.

Die Ausführung des Bauvorhabens fand im Wege der Einzelvergabe der jeweiligen Gewerke statt. So war die ### GmbH (zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch ### Bau GmbH) mit den Abbruch- und Rohbauarbeiten beauftragt. Diese Rohbauarbeiten umfassten neben Gründungs- und Stahlbetonarbeiten insbesondere Abdichtungsarbeiten. Die ### GmbH war mit der Ausführung des WDVS im kompletten Erdgeschoss und in Teilen des Obergeschosses, sowie mit Putzarbeiten beauftragt.

Die Parteien schlossen am 23.10.2008 einen Architektenvertrag mit – soweit hier maßgeblich – folgendem Inhalt:

“§ 1 Gegenstand des Vertrages und Leistungen des Architekten

1.1 Vertragsgegenstand

Gegenstand des Vertrages sind die in Ziff. 1.2 bis 1.4 genannten Architektenleistungen für folgende Baumaßnahme: Umbau des Wohnhauses ###-Straße in ### gemäß den Ausführungsplanungen des Architekturbüro ###, ###

1.2 Vertragsziele

Der Architekt wird beauftragt, folgende Ziele im Sinne des Werkerfolges für die unter Ziffer 1.1. genannte Baumaßnahme zu erreichen

[x] Sicherstellung der Umsetzung der Planung in ein mangelfreies Gebäude.

Zum Erreichen dieses Zieles ist folgender Arbeitsschritt erforderlich:

– Objektüberwachung (Bauüberwachung), Überwachung der Ausführung des Objektes

Soweit nicht nachfolgend etwas anderes vereinbart wird, ist der Architekt nur zur Erbringung berufsspezifischer Architektenleistungen (Objektplanung für Gebäude) verpflichtet.



1.6 Die Hinweis-, Prüfungs- und Beratungspflichten des Architekten sind durch die vereinbarten Vertragsziele aus Ziff. 1.2 begründet und begrenzt.



§ 6 Abnahme und Verjährung

6.1 Der Bauherr ist nach vertragsgemäßer Erbringung/Fertigstellung aller Leistungen entsprechend dem § 1 Ziffer 2 und 1.3 des Vertrages zur Abnahme verpflichtet. Mit der Abnahme beginnt die Verjährung.

6.2 Vertragliche Ansprüche des Bauherrn verjähren nach Ablauf von fünf Jahren.



§ 10 Vorzeitige Auflösung des Vertrages

Der Vertrag ist für den Bauherrn jederzeit, für den Architekten nur aus wichtigem Grund kündbar. Die Kündigung bedarf der Schriftform …”
(K 1).

Die Kläger sind im November 2011 in das Gebäude eingezogen. Mit mehreren Schreiben haben sie ab dem 29.12.2011 bis Ende April 2012 vielfach Mängel gerügt. Insoweit wird auf die Anlagen K 11 bis 43 verwiesen.

Die Kläger haben am 29.11.2012 beim Landgericht Karlsruhe ein selbständiges Beweisverfahren (7 OH 12/12) eingeleitet und zu den Themen Gebäudeabdichtung, Kellerfenster im Hausanschlussraum, Bodenablauf der Dachterrasse, Abdichtung der Außenwand des Kellerabgangs, Jalousie vor dem Schlafzimmerfenster im Obergeschoss, Bodenhöhe der kleinen Dachterrasse, Geländeanschlüsse auf der großen Dachterrasse und zum Dämpfungselement der Terrassenkiste Fragen gestellt, die am 22.01.2013, 28.06.2013, 09.12.2013, 13.05.2014 und 24.06.2014 ergänzt wurden. Der Sachverständige Dipl.-Ing. ### hat am 21.01.2014 ein Gutachten (HGA) erstattet, welches er am 10.11.2014 (EGA1) und am 19.02.2015 (EGA2) ergänzt und in der mündlichen Verhandlung vom 02.03.2015 erläutert hat. Der Sachverständige Dr.-Ing. ### hat zur Heizungs- und Trinkwassererwärmungsanlage am 28.09.2015 ein schriftliches Gutachten (GAW) erstattet, welches am 30.12.2015 (EGAW1) und am 09.06.2016 (EGAW2) ergänzt wurde. Dem Verfahren sind als Streithelfer auf Antragsgegnerseite beigetreten am 09.04.2013 die ### GmbH und am 28.03.2013 die ### GmbH. Wegen der Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte verwiesen.

Der ### GmbH und der ### GmbH wurde auch im hiesigen Verfahren durch die Beklagte der Streit verkündet; es traten dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten bei die ### GmbH am 19.10.2018 (Streithelferin zu 1) und die ### GmbH am 29.03.2028 (Streithelferin zu 2.).

Die Kläger tragen vor: An dem Bauvorhaben bestünden erhebliche Mängel, die unter Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik durch die ausführenden Unternehmen verursacht worden seien, für deren Beseitigung Kosten in Höhe von ca. 200.000 € entstünden. Die Kellerwände des ganzen Gebäudes seien feucht bis sehr feucht, was auf eine fehlerhafte, nur bis zur Oberkante Fundamentvorsprung nach unten geführte kunststoffmodifizierten Bitumendickbeschichtung, einen fehlerhaften Übergang zwischen Wand und Fundamentvorsprung, die fehlende Ausbildung einer Hohlkehle, sowie die nicht ausreichende Abdichtung über die Geländekante hinaus, einen fehlerhaften Anschluss von Perimeterdämmung an das Wärmedämmverbundsystem, die mangelhafte Entwässerung des Lichtschachtes und eine mangelhafte Abdichtung des Kellerabgangs zurückzuführen sei. Die Beseitigung des Mangels koste netto 131.559,14 €, bzw. brutto 156.555,38 €.

Die leichte Zugänglichkeit des Bodenablaufs der sogenannten “kleinen Dachterrasse” sei nicht gewährleistet (Beseitigungskosten i.H.v. 900 € netto bzw. 1.071,00 € brutto). … (wird ausgeführt)

Für die Fachplanung der Regie seien weitere 18.571,49 € netto bzw. 22.100,07 € brutto anzusetzen. Daraus errechne sich die Gesamtforderung von 197.124,25 €.

Die Beklagten hätten als bauausführende Architekt ihre Pflichten zur ordnungsgemäßen Überwachung von kritischen Baumaßnahmen, wie sie bei Abdichtungsarbeiten vorlägen, schuldhaft verletzt. Die Beklagten hätten zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen, dass mit Beibehaltung des Kellerabgangs es zu Feuchtigkeitsproblemen im Keller komme. Hinsichtlich dieser sämtlicher Leistungen habe die Beklagte selbst mit Schreiben vom 16.08.2011 (K4) ihre Bauüberwachung bestätigt.

Eine fehlerhafte Planung durch den Architekten ### liege nicht vor. Der Architekt ### habe den Plansatz vom September 2008 per Mail am 19.09.2008 an das Büro der Beklagten und den Statiker gesendet. Aus diesem Plansatz (Anlagenkonvolut K 44) sei in dem Plan ### erkennbar, wie die Abdichtung des erdberührten Bereichs geplant gewesen sei; daraus seien auch die geplanten Geländehöhen erkennbar. Auf dem Plan ### sei die Detailplanung für den Bereich der Kelleraußentreppe erkennbar. Weitere Detailpläne zu Fensteranschlüssen, aus denen sich die Geländehöhe ergebe, seien den Beklagten am 13.11.2009 übersandt worden (K48 – K 58). Auf eine fehlende Detailplanung komme es nicht an.

Die Kläger beantragen,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger als Gläubiger zur gesamten Hand 200.000 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten und ihre Streithelferinnen beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten tragen vor: Ihre Leistungen seien spätestens mit Einzug der Kläger das Gebäude im November 2011 und Ablauf einer Prüfungsfrist von sechs Monaten Ende April 2012 konkludent abgenommen gewesen. Auch unter Berücksichtigung des selbstständigen Beweisverfahrens mit den unterschiedlichen Beweisanträgen sei Verjährung eingetreten.

Die gültigen DIN-Normen und die anerkannten Regeln der Technik seien bei der Abdichtung eingehalten worden. Da das Gründungsbauwerk nahezu ausnahmslos über nicht abdichtbare Mauervorsprünge verfügt, die zumeist gegen das vorhandene Erdreich betoniert wurden, aber jeweils unterhalb der Bodenplatte liegen, hätte das Anbringen einer Hohlkehle in diesem Bereich bedeutet, dass das gesamte Gründungsbauwerk auf der gesamten Tiefe des Bauwerks zunächst durch Anbetonieren hätte ertüchtigt, gegebenenfalls auch hinsichtlich der Mauervorsprünge egalisiert werden müssen. Die dadurch entstehenden Kosten seien Sowieso-Kosten, die von den Beklagten nicht zu erstatten seien.

Diese äußerst kostenintensiven Maßnahmen hätten keinen Nutzen für die Dichtigkeit des Gebäudes gebracht, da eine Abdichtung der Fuge zwischen den aufstehenden Kellerwänden und der innenliegenden Bodenplatte ohnehin nicht möglich gewesen wäre. Auch sei die Außenanlage des Gebäudes nicht fertiggestellt, weshalb auch kein ordnungsgemäß ausgebildetes Gefälle vorliege.

Die Erreichung eines Neubaus-Standards im Bereich des Kellers sei zu keinem Zeitpunkt geschuldet und planerisch auch nicht vorgegeben gewesen.

Die von den Klägern im Verlaufe des Prozesses nunmehr vorgelegten Pläne (K 44 und K 45) – und damit auch Plan ### und Plan ### – seien als Vorabzüge gekennzeichnet und hätten den Stand 19.09.2008. Nach diesen Plänen sei deshalb nicht gebaut worden, da sie nicht zur Ausführung freigegeben gewesen seien. Gebaut worden sei nach den Ausführungsplänen mit Datum 25.09.2009, die dann als maßgeblich an die Streithelferin zu 1 weitergeleitet wurde.

Eine Abdichtung der Außenwand beim Kellerabgang sei schon deshalb nicht geschuldet, da ein Abbruch der Treppe deren Neuerrichtung mit der Folge, dass dieser Bereich des Gebäudes ordnungsgemäß abgedichtet werden könnte, von den Klägern aus Kostengründen nicht gewünscht wurde, wie sich auch aus dem Besprechungsprotokoll Nr. 2 vom 23.11.2009 und der weiteren Planung des Architekten ### ergebe (B2-B4).

Nicht ersichtlich sei, warum die Beklagten für die Terrassenkiste, das Ablösen von Beschichtungen bei Einbaumöbeln, das Verformen der Wohnzimmertür und der Holzinnentüren im Untergeschoss oder den Pilzbefall der Jalousiekästen an der Straßenseite haften soll. … (…)

Von der vereinbarten Vergütung sei noch ein Restbetrag von 5.950,00 € offen, mit dem die Aufrechnung erklärt werde.

Die Streithelferin zu 1 trägt vor: Die Hauptursache der Feuchtigkeit in den Kellerräumen sei, dass der Kelleraltbestand teilweise zu Wohnraum umgeplant wurde, obwohl aufgrund der bekannten Bauweise eine gänzliche Abdichtung gegen Feuchtigkeit durch die Abdichtung der Kelleraußenwände zu keinem Zeitpunkt möglich gewesen sei. Durch ein zusätzliches Herunterziehen der Abdichtung über das Fundament hinweg ohne eine entsprechende Abdichtung der innenliegenden Bodenplatte gegen aufsteigende Feuchtigkeit sowie insbesondere auch im Anschlussbereich zur Kellerinnenwand sei eine Verbesserung der Feuchtigkeitsverhältnisse in den Kellerräumen überhaupt nicht zu erreichen. Der planende Architekt ### hätte dafür ein umfassendes Abdichtungskonzept erstellen müssen. Die von der Klägerseite im Verlauf des Prozesses vorgelegten, angeblich maßgeblichen Pläne seien teilweise nicht bekannt.

Die Streithelferin zu 2 trägt vor: Soweit ihr Gewerk mit der Behauptung eines fehlerhaften Anschlusses von Perimeterdämmung eines Wärmedämmverbundsystems (WDVS) betroffen sei, fehle es an einer entsprechenden Planung des Architekten ### aus ###. Sollte es derartige Pläne geben, aus der eine fertige Geländeoberkante ersichtlich sei, werde bestritten, dass diese tatsächlich so ausgeführt wurde. Während der Ausführung ihrer WDVS-Arbeiten sei das Gelände noch nicht endgültig fertiggestellt gewesen, weshalb nicht ersichtlich gewesen sei, wo die Geländeoberkante tatsächlich liegen werde, und deshalb es auch nicht möglich gewesen sei, in irgendeiner Weise Bedenken anzumelden. Sie habe sich daher nur in der Höhe der Kellerdämmung orientieren und davon ausgehen können, dass das WDVS nicht im spritzwasserberührten Bereich liegen werde.

Die Klage wurde am 29.12.2017 zugestellt.

Das Gericht hat Hinweise gegeben am 23.04.2018, am 12.08.2019, am 11.12.2019, am 29.12.2021 und am 13.12.2023 (AS 1157 – 1167). Die Parteien wurden in den mündlichen Verhandlungen vom 23.04.2018, 11.12.2019 und 13.12.2023 angehört. Der Sachverständige Dipl.-Ing. ### hat seine Gutachten aus dem selbständigen Beweisverfahren schriftlich am 13.12.2021 (EGA3), am 02.08.2022 (EGA4), sowie als Tischvorlagen am 04.12.2019 (EGA5) und am 04.12.2023 (EGA6) ergänzt, sowie in den mündlichen Verhandlungen vom 12.08.2019 und vom 13.12.2023 erörtert.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Zur Begründetheit war durch Grundurteil vorab zu entscheiden.

Die Kläger haben grundsätzlich einen Anspruch gegenüber den Beklagten auf Zahlung eines zweckgebundenen Vorschusses für Mängelbeseitigungskosten aus §§634 Nr. 4, 280 BGB.

1. Auf den Architektenvertrag vom 23.10.2008 ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung anzuwenden (Art 229 § 39 EGBGB – zum Werkvertragsrecht beim Architektenvertrag vgl. BGH, Urteil vom 26.11.1959 – VII ZR 120/58, BGHZ 31, 224; Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage, 2020, 11. Teil, Rn 6 ff m.w.N.).

2. Der Vertrag wurde durch die schriftliche Kündigung der Kläger vom 05.04.2017 beendet (§ 10 Satz 1 Alt. 1 des Vertrages), ohne dass es (derzeit) darauf ankommt, ob die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund vorliegen. Die Beklagten haften vorliegend ohne Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nach § 635 BGB auf Schadensersatz für Mängel ihrer Bauüberwachung, die sich bereits im Bauwerk verkörpert haben (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.2000 – VII ZR 488/99, BauR 2001, 667).

3. Machen die Kläger im vorliegenden Fall gegenüber ihren Architekten Vorschuss geltend, so ist ihnen ein sog. “zweckgebundener Schadensersatz” zuzusprechen.

Denn der Bundesgerichtshof hat mit dem Urteil vom 22.02.2018 (Az. VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 – 22) seine bisherige Rechtsprechung zum sog. kleinen Schadensersatz (statt der Leistung) bei Mängeln eines Bauwerks aufgegeben (Fortführung im Urteil vom 24. 09.2020 – VII ZR 91/18, BauR 2021, 279). Nunmehr gilt für einen Fall wie den vorliegenden, wenn die Mängel noch beseitigt werden sollen, dass der Besteller vom Bauunternehmer Vorschuss gemäß §§ 634 Nr. 2, 637 BGB fordern kann. Gegenüber dem Architekten hat der Besteller zwar wegen Planungs- oder Überwachungsfehlern einen Schadensersatzanspruch gemäß den §§ 634 Nr. 4, 280 BGB, da sich die Mängel im Bauwerk bereits verwirklicht haben und die Planungs- oder Überwachungsleistungen nicht mehr nachgebessert werden können. Der Schadensersatzanspruch richtet sich aber auf eine Vorfinanzierung in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrages. Auch wenn § 637 Abs. 3 BGB nicht unmittelbar auf die Architektenleistung angewandt werden kann, ist eine Überwälzung der Vorfinanzierungskosten auch auf den Architekten geboten, zumal Bauunternehmer und Architekt regelmäßig als Gesamtschuldner haften (vgl. BGH, Urteil vom 22.02.2018, a.a.O., Rn. 67).

Ein Architektenwerk ist mangelhaft, wenn das Bauwerk mangelhaft ist (vgl. unten 4.) und dies durch die objektiv mangelhafte Erfüllung einer Architektenaufgabe verursacht ist (vgl. unten 5.). Der Architekt schuldet in diesen Fällen Schadensersatz, wenn er die mangelhafte Erfüllung seiner Architektenaufgabe zu vertreten hat (vgl. unten 6.).

4. Das Bauvorhaben weist nachfolgende Mängel auf:

a. Abdichtung

aa. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass die Abdichtung folgende Mängel aufweist:

– Hochführung der KMB-Abdichtung um ca. 5 cm bis 10 cm über die im Jahr 2014noch nicht abschließend fertiggestellte bzw. mit Neigung zum Haus hin ausgebildete-Geländeoberfläche mit insoweit absehbaren “oberen Ende” der KMB-Abdichtung bei fertiggestellter Außenanlage deutlich unterhalb der Geländeoberfläche;

– nicht erfolgte zusätzliche abdichtenden Verwahrung des Außenputzes im Spritzwasserbereich mit ausreichender Höhe über die vorgesehene Höhe der Geländeoberfläche;

– nicht erfolgte Hinababführung derselben nach unten auf die Perimeterdämmung;

– teilweise nicht erfolgte, abdichten Verwahrung der Unterkante des WDVS bzw. hier nicht erfolgte Fortführung der gewebearmierten Spachtelung;

– fehlende Ausbildung einer Hohlkehle im Boden-/Wandanschlussbereich;

– fehlende ausreichend dimensionierte Entwässerung des Lichtschachtes beim Kellerfenster im Hausanschlussraum;

– fehlerhafte Abdichtung der Außenwand beim Kellerabgang.

Diese Mängel hat nach der Sachverständige Dipl.-Ing. ### bereits in seinem Hauptgutachten vom 21.01.2014 festgestellt und in den nachfolgenden schriftlichen Gutachten und den mündlichen Erörterungen bestätigt.

Diese Feststellungen der Sachverständigen sind nachvollziehbar und insoweit überzeugend. Nach eigener Prüfung legt das Gericht sie seiner Entscheidung zugrunde.

Es kommt dabei nicht darauf an, ob bereits Feuchtigkeitsschäden aufgetreten sind. Entspricht die Werkleistung – wie vorliegend – nicht den anerkannten Regeln der Technik, so liegt regelmäßig ein Werkmangel vor (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.1981 – VII ZR 40/80, BauR 1981, 577; Grüneberg, BGB, Kommentar, 83. Auflage, 2024, Rn. 7 zu § 633). Zugunsten der Beklagten können keine ihre Haftung ausschließenden alternativen Durchfeuchtungsursachen festgestellt werden. Derartige Ursachen könnten unter Kausalitätsgesichtspunkten nur dann erheblich sein, wenn sie eine Ursächlichkeit der festgestellten konkreten Baumängel für Feuchtschäden eliminierten. Sofern die Durchfeuchtung auch auf andere Ursachen zurückzuführen wäre, blieben die festgestellten konkreten Baufehler jedenfalls mitursächlich; sie wären deshalb ebenso zu beseitigen wie bei einer Alleinursächlichkeit. Derartige ernsthaft in Betracht kommenden alternativen Alleinursachen für Durchfeuchtungen hat der Sachverständige Dipl.-Ing. ### gerade nicht festgestellt.

bb. Drainage

Dass keine Drainage verbaut wurde, stellt keinen Mangel dar. In der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2019 haben die Kläger nach den Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. ### und den Hinweisen des Gerichts unstreitig gestellt, dass der Boden beim vorliegenden Bauvorhabens einen solchen Versickerungsgrad aufweist, dass eine Drainage nicht notwendig war (Protokoll Seite 12, AS 597).

cc. Ebenso zeigt sich kein Mangel in der vorhandenen Durchfeuchtung des Kellers.

Bei dem voll unterkellerten Bungalow aus den 1960er Jahren wurde im Rahmen des Umbaus das Kellerbauwerk vollständig aus dem Bestand übernommen, d. h. nicht abgebrochen; eine Ertüchtigung der Kellersohlen war zu keinem Zeitpunkt vorgesehen. Der Keller verfügt über keine durchgehende Bodenplatte; diese Bodenplatte ist innenliegend aus Stampfbeton und zu den Kelleraußenwänden nicht abgedichtet. Die Kelleraußenwände sind nicht auf die Bodenplatte aufgesetzt, sondern stehen auf dem Fundament. Bereits aus diesen Umständen liegt es nahe, dass eine Abdichtung der Kellerwände allein nicht zu einer vollständigen Abdichtung des Umbaus gegen Feuchtigkeit führen kann. Im selbständigen Beweisverfahren waren lediglich Fragen zur Abdichtung gestellt worden, ohne die Ursachen einer Durchfeuchtung des Kellers insgesamt aufzuklären. Der Sachverständige Dipl.-Ing. ### hat in der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2019 ausgeführt, dass er die Feuchte nur in dem Maße dokumentiert hat, wie sie sich in seinen Gutachten wiederfindet. Maßgeblich war nach den ihm gestellten Fragen, ob die Abdichtung der DIN entspricht. Defizite zur kompletten Durchfeuchtung des Kellers wurden von ihm nicht festgestellt, da dies nicht seine Aufgabe gewesen war (Protokoll Seiten 9 f., AS 591 f. vgl. auch Protokoll vom 13.12.2023, Seite 8 ff., AS 1164 ff.).

Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung vom13.12.2023 insoweit klargestellt, dass sie lediglich eine fachgerechte Abdichtung der Kellerwände verlangen; soweit die Durchfeuchtungen auf andere Ursachen zurückzuführen sind, verbleibe das Risiko bei ihnen, da es sich insoweit auch lediglich um Sowieso-Kosten handelt (Protokoll Seite 10/11, AS 1166/1167).

Demzufolge werden die Kläger bei der Mangelbeseitigung nach Vornahme der notwendigen und ordnungsgemäßen Abdichtungsmaßnahmen, wie sie der Sachverständige Dipl.-Ing. ### in seinen Bewertungen in seinen Gutachten ausgeführt hat, sich im Anschluss nicht darauf berufen können, dass weiterhin Feuchtigkeit im Kellerbereich vorhanden sei. Auch ist bei diesen Mangelbeseitigungsarbeiten in erheblichem Umfang mit Sowieso-Kosten zu rechnen, da die tatsächlichen Gegebenheiten bei der Planung der Kläger durch ihren Architekten gerade nicht hinreichend Eingang gefunden haben (vgl. nachfolgende Ausführungen unter 5. b. aa.).

b. Zugänglichkeit des Bodenablaufs der sog. kleinen Dachterrasse

Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. ### fehlt es beim Bodenablauf der sog. kleinen Dachterrasse an einer “leichten Zugänglichkeit” des nach DIN 18195-5 herzustellende Dachablaufs. Diese leichte Zugänglichkeit ist durch die Ausstattung des über dem Bereich des Ablaufs vorhandenen Holzrostbelags mit Revisionsöffnungen herzustellen (vgl. HGA Seite 34).

Diese Feststellungen der Sachverständigen sind nachvollziehbar und insoweit überzeugend. Nach eigener Prüfung legt das Gericht sie seiner Entscheidung zugrunde.

c. – k. (wird ausgeführt)

5. Die unter 4. aufgeführten Mängel wurden durch die objektiv mangelhafte Erfüllung der Architektenaufgaben der Beklagten verursacht.

a. Die Architektenaufgabe der Beklagten umfasste die “Umbau – Bauüberwachung des Wohnhauses ###-Straße in ### nach den von dem planenden Architekten ### erstellten Ausführungsplänen”.

Der Leistungsinhalt der Beklagten ist durch Auslegung zu bestimmen, denn der Vertrag verweist für den Umbau des Wohnhauses bei dem vereinbarten “Gegenstand des Vertrages und den Leistungen der Architekten” nicht nur auf die Bauüberwachung durch die Beklagten (§ 1.1), sondern ausdrücklich auf den “Umbau gemäß den Ausführungsplanungen des Architekturbüro ### in ###”.

aa. Der Architektenvertrag ist regelmäßig als Werkvertrag zu qualifizieren. Auch der allein mit der Bauaufsicht betraute Architekt schuldet als werkvertraglichen Erfolg, dass das Bauwerk entsprechend den genehmigten Bauvorlagen und frei von Mängeln entsteht (vgl. BGH, Urteil vom 22.10.1981 – VII ZR 310/79, BGHZ 82, 100; Locher/Koeble/Frik, HOAI 14. Aufl. § 34 Rdn. 241). Dieses Ziel wird vorliegend für die Bauüberwachung in § 1.1 formuliert. Die Ausführungspläne haben vorliegend nicht die Beklagten zu erstellen, sondern der planende Architekt ### aus ###.

### Grundsätzlich haben die Bauherren den bauüberwachenden Architekten ordnungsgemäße Ausführungspläne auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Vertrag als Obliegenheit zur Verfügung zu stellen; diese Ausführungspläne schaffen auch eine maßgebliche Grundlage für die Leistung der Objektüberwacher (vgl. BGH, Urteil vom 27.11.2008 – VII ZR 206/06, BGHZ 179, 55-71). Auf diese zur Vorlage zuverlässiger Pläne und Unterlagen hat der Bundesgerichtshof schon früh und seither in ständiger Rechtsprechung hingewiesen (vgl. Urteile vom 02.10.1969 – VII ZR 100/67; vom 15.12.1969 – VII ZR 8/68, BauR 1970, 57, 59, vom 29.11.1971 – VII ZR 101/70, BauR 1972, 112; vom 27.06.1985 – VII ZR 23/84, BGHZ 95, 128, 131; vom 23.10.1986 – VII ZR 267/85, BauR 1987, 86, vom 21.10.1999 – VII ZR 185/98, BGHZ 143, 32, 37, vom 27.11. 2008, 2008 – VII ZR 206/06, BGHZ 179, 55-71). Diese Obliegenheit des Bauherrn kann durch die vertragliche Vereinbarung zu einer Leistungspflicht erhoben werden (vgl. BGH, Urteil vom 27.11.2008, a.a.O.).

Das ist vorliegend geschehen. Indem die bauüberwachenden Architektenleistungen für den Umbau ausdrücklich “gemäß den Ausführungsplanungen des Architekturbüro ###” erfolgen muss, ist die Übergabe ordnungsgemäßer Ausführungspläne Leistungspflicht der Kläger gegenüber den Beklagten. Für die bloße Obliegenheit hätte es einer solch ausdrücklichen Erwähnung nicht bedurft; vielmehr hätte die allgemeine Übertragung der Bauüberwachung genügt, wie es seit Ende der 1960er Jahre auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspricht. Gleichzeitig wird in besonderer Weise deutlich gemacht, dass gerade diese Ausführungspläne maßgebliche Grundlage für die Leistung der Objektüberwacher sein sollen. Es ändert sich hierdurch jedoch nichts daran, dass der bauaufsichtsführende Architekt verpflichtet ist, die ihm überlassenen Pläne auf Fehler und Widersprüche zu überprüfen (vgl. BGH, Urteil vom 27.11.2008, a.a.O.). Wegen dieser Vereinbarung der Parteien, haben die bauüberwachenden Architekten, anders als bei einer bloßen Obliegenheit (vgl. BGH, Urteil vom 27.11.2008, a.a.O.), auch einen durchsetzbaren Anspruch auf Vorlage ordnungsgemäßer Ausführungspläne. Es handelt sich weiterhin auch um eine Pflicht der Besteller, deren Verletzung zu einem Schadensersatzanspruch führen könnte.

cc. Die Pflichten im Zusammenhang mit den von dem planenden Architekten ### erstellten Ausführungsplänen und diejenigen der bauüberwachenden Beklagten lassen sich wie folgt abgrenzen:

(1) Wird ein Gebäude umgebaut und modernisiert, so schuldet der Architekt regelmäßig eine Bauaufsicht, die sich an den Besonderheiten einer Altbausanierung zu orientieren hat. Bei Umbauten und Modernisierungen eines Gebäudes treten häufig Probleme auf, die bei Beginn der Arbeiten nicht voraussehbar waren, sodass regelmäßig eine intensivere Bauaufsicht als bei Neubauten erforderlich ist (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI 14. Aufl. § 34 Rdn. 241). Tritt bei Bauarbeiten an einer Stelle der vorhandenen Altbausubstanz ein solches Problem auf, so muss der Architekt den Bauherrn unverzüglich hierüber unterrichten. Er muss ihn ferner aufklären, ob und inwieweit vergleichbare Probleme an anderen Stellen auftreten können und ihn über mögliche Lösungen beraten (vgl. BGH, Urteil vom 18.05.2000 – VII ZR 436/98, NJW 2000, 2500). Ein etwa in der Planung des zuvor beauftragten Architekten liegender Mangel entlastet den bauüberwachenden Architekten dann nicht, wenn er – wie vorliegend nicht – die Ausführungsplanung als eigene Leistung schuldete und eine zuvor erstellte Planung nicht unbesehen übernehmen durfte (vgl. BGH, Urteil vom 18.05.2000 – VII ZR 436/98, NJW 2000, 2500).

(2) Handelt es sich jedoch – wie vorliegend – um Probleme einer ordnungsgemäßen Abdichtung im Zusammenhang mit einem Gebäudeumbau, die bei Beginn der Arbeiten für den planenden Architekten auf der Hand lagen bzw. die er hätte aufklären und berücksichtigen müssen, so erforderten sie einerseits eine besonders sorgfältige Planung und darüber hinaus auch gleichermaßen sorgfältige, ordnungsgemäße Ausführungspläne.

(3) Die Ausführungsplanung des planenden Architekten ### muss vollständig, d.h. mit allen für die Ausführung notwendigen Einzelangaben, insbesondere auch mit den erforderlichen textlichen Anforderungen, sein. Für Fehler, die aus der Unvollständigkeit der Ausführungspläne entstehen, haftet der Architekt, der eine mängelfrei und funktionstaugliche Planung schuldet (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 09.07.2010 – 19 U 43/10, BauR 2011, 1687 – 1690; Locher/Koeble/Frik, HOAI 14. Aufl. § 34 Rdn. 170). Je nach den Umständen des Einzelfalls muss der mit der Planung beauftragte Architekt dem ausführenden Unternehmer besonders schadensträchtige Details in einer jedes Risiko ausschließenden Weise verdeutlichen (vgl. BGH, Urteil vom 15.06.2000 – VII ZR 212/99, BauR 2000, 1330). So muss etwa die planerische Darstellung der schadensträchtigen Details der Bauwerksabdichtung mit einer Dickbeschichtung dem ausführenden Unternehmer zweifelsfrei verdeutlichen, welche Anforderungen die Dickbeschichtung hinsichtlich Stärke und Materialverbrauch erfüllen muss; ferner bedürfen auch Drainagemaßnahmen einer in sich schlüssigen Detailplanung mit planerischen Angaben zu allen wesentlichen Umständen (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 11.12.2006 – 8 U 274/01, BauR 2007, 1918; KG, Urteil vom 09.04.2010 – 7 U 144/09, IBR 2010, 402).

(4) Der bauleitende Architekt kann seine Tätigkeit nur auf der Grundlage von ordnungsgemäßen Ausführungsplänen erbringen; erkennt er einen Fehler in diesen Plänen, kann er vom Bauherrn eine einwandfreie Planung verlangen (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI 14. Aufl. Einleitung, Rn 343). Zur Erfüllung dieser seiner Verpflichtung müssen der bauüberwachenden Architekten eigenverantwortlich prüfen, ob die ihm zur Verfügung gestellten Planunterlagen mit der Baugenehmigung und den Regeln der Baukunst vereinbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 10.03.1977 – VII ZR 278/75, BGHZ 68, 169, 177). Die Anforderungen an diese Überprüfung reduzieren sich nicht dadurch, dass die ihm zur Verfügung gestellten Planungs- oder Ausschreibungsunterlagen von dritter Seite stammen (vgl. BGH, Urteile vom 09.11.2000 – VII ZR 362/99, BauR 2001, 273 f; vom 06.07.2000 – VII ZR 82/98, BauR 2000, 1513 ff.; Locher/Koeble/Frik, HOAI 14. Aufl. § 34 Rdn. 243 m.w.N.; OLG Frankfurt, Urteil vom 04.02.2004 – 1 U 52/03, BauR 2004, 1329). Das folgt schon daraus, dass der überwachende Architekt die Umsetzung der Ausführungsplanung durch Baumaßnahmen absichern muss. In diesem Zusammenhang muss er mit den von ihm zu erwartenden Kenntnissen auch Fehler der Ausführungspläne feststellen (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 11.01.2000 – 11 U 197/98, BauR 2001, 283; Locher/Koeble/Frik, a.a.O. Rn. 243). Der bauleitende bzw. bauüberwachende Architekt schuldet dem Besteller in den durch die Aufgabe vorgegebenen Grenzen die Prüfung der ihm vorgelegten Pläne, ob diese geeignet sind, das Bauwerk mangelfrei entstehen zu lassen. Der Umfang und die Intensität der Prüfungspflicht in Bezug auf Pläne Dritter oder des Bauherrn hängen dabei von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 02.03.2017 – 8 U 152/15, NZBau 2017, 483).

(5) Der Verursachungsbeitrag des bauaufsichtsführenden Architekten an dem Bauwerksschaden darf deshalb nicht vernachlässigt, sondern muss unter Berücksichtigung seiner besonderen Aufgabenstellung gewichtet werden. Die Verletzung von Prüfungs- und Hinweispflichten darf nicht bagatellisiert werden, weil diese in der Regel eine gewichtige Ursache für den Schaden am Bauwerk darstellen. Eine andere Beurteilung würde tendenziell dazu führen, dass der bauaufsichtsführende Architekt (nahezu) haftungsfrei wäre, was der Bedeutung seiner Verpflichtung nicht gerecht würde. Ein vollständiges Zurücktreten der Haftung des bauaufsichtsführenden Architekten wird deshalb nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommen (vgl. BGH, Urteil vom 27.11.2008, m.w.N.).

b. Nach obiger Maßgabe haben die Beklagten gegen ihre Überwachungspflichten verstoßen.

aa. Abdichtung

(1) Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. ### ist die Abdichtung, wie sie dann hier gewählt wurde, grundsätzlich in Ordnung. Die Abweichung dahingehend, dass die Bitumenbahn durch eine kunststoffmodifizierte Dickbeschichtung (KMB) ersetzt wurde, die mit einer Dicke von 3 mm gewählt wurde, stellt weder einen Ausführungsfehler, noch einen Planungsfehler dar.

Planungsfehler bestehen jedoch einerseits darin, dass die Abdichtung an der horizontalen Fläche beim Vorsprung endete, ohne dass eine weitergehende Verwahrung und eine Hohlkehle vorgenommen wurden. Zweitens hätte wegen der Höhenlage des Geländes die Abdichtung höher geführt werden müssen (vgl. Gutachten und mündliche Verhandlung vom 11.12.2019 Protokoll Seite 8). Wäre das infolge der Art und Weise der vorgefundenen Kellerwand bzw. des Fundamentes nicht möglich gewesen, so hätte geklärt werden müssen, ob hier nicht erst eine ausreichende Glätte für Bitumen und Hohlkehle hätte geschaffen werden müssen. Diese Klärung herbeizuführen, wäre Aufgabe der ausführenden Architekten gewesen, (Protokoll Seiten 3 f. und 9 f.).

(2) Auch liegt keine nachvollziehbare Abdichtungsplanung des planenden Architekten ### vor.

Detailpläne hinsichtlich der Art der Abdichtung wurden dem Sachverständigen nicht vorgelegt. Wegen des Bauens im Bestand, der komplexen Art des Umbaus, der Erweiterung und den verschiedenen Schnittstellen, wäre zumindest ein Abdichtungsplan zu erwarten gewesen. Die tatsächlichen Gegebenheiten wurden deshalb auch nicht ausreichend in der Planung berücksichtigt. So war hier die abzudichtende Wand tatsächlich anders, als sie in der Planung des Architekten ### berücksichtigt wurde; die von ihm angenommene gerade geschalte Betonwand lag gerade nicht vor. Vorliegend war bei der Errichtung des ursprünglichen Baus auch gegen das Erdreich betoniert worden und das Streifenfundament auch breiter als die Außenwand. Dadurch entstand ein nicht gleichmäßiger Vorsprung, mithin eine ungerade Kante. Insoweit eine Klärung herbeizuführen, wäre Aufgabe der ausführenden Architekten gewesen.

Eine solche Planung hätte den Beklagten Erkenntnis darüber verschafft, wie nach den tatsächlichen Gegebenheiten die von ihnen überwachte Abdichtung der Kellerwände hätte erfolgen müssen. Die tatsächlichen Gegebenheiten des in der Abdichtung hoch problematischen Kelleraltbestandes sind deshalb gerade nicht in die Planung eingegangen. Als bauüberwachende Architekten mussten die Beklagten die Bedeutung eines Abdichtungsplanes kennen und hätten auch – wie oben ausgeführt – die Möglichkeit gehabt, einen solchen von den Klägern bzw. dem planenden Architekten ### einzufordern.

(3) Schließlich waren die durch den Architekten ### vorgelegten Pläne unzureichend, da es sich teilweise um Vorabzüge handelte, denen keine für die hier streitgegenständlichen Abdichtungen maßgebliche und ordnungsgemäße Ausführungspläne folgten.

Die Beklagten und die Streithelfer haben zutreffend darauf hingewiesen, dass Pläne einerseits beim Bauen tatsächlich nicht vorgelegt wurden, anderseits es bei vielen Plänen sich um Vorabzüge handelte, denen durch den zuständigen Architekten ### keine Ausführungspläne nachfolgten.

In der mündlichen Verhandlung vom 23.12.2023 hat der Sachverständige Dipl.-Ing. ### ausgeführt, dass ein Vorabzugsplan nicht abschließend maßgeblich ist. Insofern müsste ein bauüberwachender Architekt nachfragen, ob nicht ein endgültiger Plan vorliegt. Wenn sich aus dem späteren, definitiven Ausführungsplan nicht mehr eine in einem Vorabzug dargestellte Abdichtung oder vergleichbare Detailinformation ergibt, ist dieser Ausführungsplan allein maßgeblich. Soweit in einem späteren Plan eine Abdichtung nicht mehr auftaucht, stellt sich jedoch unabhängig von dem Vorabzugsplan die Frage, warum hier keine entsprechende Abdichtung vorgesehen und auch im Plan dargestellt ist. Darauf hätte ebenso hingewiesen und hierzu durch die bauausführenden Architekten nachgefragt werden müssen.

Dass eine solche substantielle Nachfrage beim Architekten ### durch die Beklagten erfolgte, ist bereits nicht dargelegt. Die Parteien haben demgegenüber sogar bestätigt, dass es sich bei dem Ausführungsplan 2009 unter Verwendung der KMB-Abdichtung um eine Lösung des Beklagten Ziff. 1 selbst handelt (Protokoll Seite 5 ff., AS 1161 ff.).

bb. Die Beklagten haften auch wegen der weiteren, festgestellten Mängel (vgl. oben 4. b bis k.). … (wird ausgeführt)

c. Es ist weder von einem Verzicht der Kläger auf Gewährleistungsrechte, noch von einer abweichenden Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien zu der fehlerhaften Planung des Architekten ### auszugehen.

Die Parteien können im Einzelfall eine risikobehaftete, nicht funktionstaugliche oder hinter den allgemein anerkannten Regeln der Technik zurückbleibende Leistung vereinbaren. Aufgrund der Dynamik des Baugeschehens, die eine fortlaufende Anpassung erfordern kann, kann eine solche Vereinbarung auch nach Vertragsschluss getroffen werden (vgl. BGH, Urteil vom 10.02.2011 – VII ZR 8/10, BauR 2011, 869, 871). Die Annahme einer solchen Beschaffenheitsvereinbarung bzw. der Risikotragung durch den Besteller ist in der Regel aber nur dann gerechtfertigt, wenn festgestellt werden kann, dass dem Besteller das Risiko des Misslingens bekannt war, er insbesondere hierüber durch den Unternehmer oder den bauüberwachenden Architekten aufgeklärt wurde (vgl. BGH, Urteile vom 29.09.2011 – VII ZR 87/11, BauR 2012, 115; vom 08.11.2007 – VII ZR 183/05, BGHZ 174, 110; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Auflage, Rn 1923, m.w.N.).

Soweit die Beklagten oder ihre Streithelfer in ihren Ausführungen einen solchen Verzicht bzw. eine nachträglich geänderte Beschaffenheitsvereinbarung andeuten oder auch ausdrücklich behaupten (Streithelfer zu 1. zur Hohlkehle im Schriftsatz vom 20.10.22, Seite 3), ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich, dass den Klägern gegenüber eine entsprechende Risikoaufklärung erfolgt ist, obwohl die möglichen Probleme bei der Planung, wie sie oben dargestellt wurden, den Beklagten nicht nur hätten auffallen können und müssen, sondern sogar aufgefallen sind.

d. Die Beklagten können gegen ihre Haftung bei den Abdichtungsmängeln (vgl. oben 4 a. und 5. a. aa.) ein Mitverschulden der Kläger von 50 % einwenden.

Eine Verletzung der Leistungspflicht ordnungsgemäßer Pläne hat zur Folge, dass der bauleitende Architekt gegenüber Schadensersatzansprüchen des Bauherrn ein Mitverschulden des Planers nach §§ 278, 254 BGB einwenden kann; die Auftraggeber müssen sich an den Mängelbeseitigungskosten bzw. dem entstandenen Schaden im Umfang ihrer Haftungsquote beteiligen (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.1998 – VII ZR 350/96, BGHZ 139, 244). Hierfür reicht es aus, wenn die Hilfspersonen bei einer für den entstehenden Schaden kausal gewordenen Handlung oder Unterlassung diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen haben, die nach der Sachlage im eigenen Interesse des Geschädigten geboten war (vgl. oben 5 a. bb., und BGH, Urteil vom 27.11.2008 – VII ZR 206/06, BGHZ 179, 55 – 71).

Auf der einen Seite darf die Verletzung von Prüfungs- und Hinweispflichten nicht bagatellisiert werden, weil diese in der Regel eine gewichtige Ursache für den Schaden am Bauwerk darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.2005 – VII ZR 328/03, BauR 2005, 1016). Andererseits wäre es nicht angemessen, das den Klägern zurechenbaren Verschulden ihres planenden Architekten vollständig hinter das Verschulden der Beklagten als Auftragnehmer zurücktreten zu lassen, da das Planungsverschulden des Architekten so schwerwiegend erscheint, dass eine vollständige Entlastung der Auftraggeber nicht hinnehmbar wäre (vgl. BGH, Urteil vom 27.11.2008 – VII ZR 206/06, BGHZ 179, 55).

Vorliegend fehlt es für die Sanierung eines Kelleraltbestandes bereits an einem umfassenden Abdichtungsplan, der die Gesamtsituation des Gebäudes und nicht nur die Abdichtung der Kellerwände umfasste, die der planende Architekt ### hätte liefern müssen. Dieser hat auch bei den ersten Ausführungsplänen die tatsächlichen Gegebenheiten am Gebäude im Bereich der Kellerwand nicht gekannt und deshalb am Anfang nicht ordnungsgemäße Ausführungspläne erstellt. Diese wurden auch in der Folgezeit nicht entsprechend ordnungsgemäß angepasst, als sich im Rahmen und bei Fortdauer der Umbaumaßnahme aufdrängte bzw. hätte aufdrängen müssen, dass andere Pläne hätten geliefert werden müssen. Hat der planende Architekt wegen des Kelleraltbestandes ohne sichere Kenntnis von den konkreten Umständen der Kellerwand anfangs Ausführungspläne erstellt, dann hätte er sich ab Offenlage der Kellerwand ein klares Bild über die konkrete Situation – am besten vor Ort – verschaffen müssen, um die Ausführungspläne, der Dynamik des Baugeschehens folgend, entsprechend anpassen zu können. Auch hätte er dafür sorgen müssen, dass die bauüberwachenden Architekten nicht nur Vorabzüge dieser Pläne, die für das Bauen nicht maßgeblich waren, sondern “definitive” Ausführungspläne erhalten. Dazu gehört auch, sicherzustellen, dass diese Pläne ebenso eindeutig als “definitiv” erkennbar sind.

Die Beklagten haben – zu oben korrespondierend – nicht dafür gesorgt, dass ihnen zumindest für den abzudichtenden Kellerwandbereich “definitive”, ordnungsgemäße Ausführungspläne durch den Architekten ### vorgelegt wurden. Sie hatten während der gesamten Bauzeit jederzeit vor Ort den besten Überblick über die tatsächliche Situation. Dann hätten sie – anders als bei einer bloßen Obliegenheit – wegen der Leistungspflicht der Beklagten, auch “definitive” und ordnungsgemäße Ausführungspläne einfordern bzw. sogar einklagen können. Machen sie hiervon keinen Gebrauch, so hätten sie sich, worauf das Gericht in mündlicher Verhandlung hingewiesen hat, sogar weigern können, die Arbeit fortzusetzen. Indem sie dies nicht taten und auf der Grundlage selbst erstellter Ausführungspläne die Arbeit fortsetzten, haben auch sie eine wesentliche Ursache für die unzureichende Abdichtung gesetzt.

Diese Verursachungs- und Verschuldensanteile gewichtet das Gericht deshalb im Verhältnis von planendem zu bauüberwachenden Architekten als gleich groß. Die Kläger haben deshalb, neben den sie zu 100 % treffenden Sowieso-Kosten, vorliegend 50 % der für die ordnungsgemäße Abdichtung der Kelleraußenwand notwendigen Mangelbeseitigungskosten selbst zu tragen.

6. Wegen oben aufgeführten Feststellungen wird auf die nachvollziehbaren und insoweit überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dipl.-Ing. ### und Dr.-Ing. ### in ihren schriftlichen Gutachten bzw. Tischvorlagen und ihre mündlichen Erläuterungen verwiesen. Diese Gutachten bzw. Ausführungen sind in sich nicht widersprüchlich oder unvollständig. Die Sachverständigen sind für das Gericht erkennbar sachkundig. Dass sich die Beurteilungsgrundlage durch zulässige Noven verändert hat oder es neue wissenschaftliche Erkenntnismöglichkeiten zur Beantwortung der Beweisfragen gibt, ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Gründe, die gegen die Glaubwürdigkeit der Sachverständigen Dipl.Ing. ### und Dr.-Ing. ### sprechen könnten, wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht aus sonstigen Umständen ersichtlich.

Deshalb macht sich das Gericht die Feststellungen der Sachverständigen nach selbständiger Prüfung zu eigen und legt sie seiner Entscheidung zugrunde.

7. Die Beklagten haben nicht dargetan, dass sie die hier maßgeblichen Pflichtverletzungen nicht zu vertreten haben (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2009 – XI ZR 586/07, NJW 2009, 2298; Grüneberg, BGB, Kommentar, 2024, Rn 40 zu § 280).

8. Der Verjährungseinwand der Beklagten (§ 634a BGB) greift nicht durch.

Es lässt sich schon nicht der Beginn der Verjährungsfrist feststellen. Die Verjährungsfrist für die gegen einen Architekten oder Ingenieur gerichteten Gewährleistungsansprüche beginnt erst mit Abnahme seiner Werkleistung (vgl. § 6.1 Satz des Vertrages; sowie BGH, Urteil vom 10.01.2019 – VII ZR 184/17, BauR 2019, 850). Wird der Architektenvertrag wirksam gekündigt, dann beginnt die Verjährungsfrist noch nicht alleine mit der Kündigung zu laufen, vielmehr ist auch hier eigentlich eine Abnahme erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2006, – VII ZR 146/04, BauR 2006, 1294; Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage, 2020, 12. Teil, Rn 917). Die dazu erforderlichen Feststellungen vermochte das erkennende Gericht auf der Grundlage der pauschalen Ausführungen der Beklagten nicht zu treffen. Insbesondere kommt auch eine konkludente Abnahme – wie oben unter 5. b. bb. (2) ausgeführt – nicht in Betracht.

Schließlich wurde die Verjährung durch das selbständige Beweisverfahren und die Klageerhebung gehemmt (§ 204 Abs. 1 Ziffern 1 und 7 BGB). Das selbständige Beweisverfahren ist grundsätzlich mit der sachlichen Erledigung der beantragten Beweissicherung anderweitig beendet im Sinne von § 204 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteil vom 2810.2010 – VII ZR 172/09 Rn. 11 m.w.N.). Entscheidend für die Beurteilung der sachlichen Erledigung ist dabei grundsätzlich das Ende der gesamten Beweisaufnahme. Das gilt unabhängig davon, ob in einem selbständigen Beweisverfahren die Sicherung des Beweises hinsichtlich nur eines Mangels oder mehrerer – auch voneinander unabhängiger – Mängel stattfindet und auch ohne Rücksicht darauf, ob diese durch einen oder mehrere Sachverständige erfolgt (Aufgabe von BGH, Urteil vom 03.12.1992 – VII ZR 86/92, BGHZ 120, 329 – vgl. BGH, Urteil vom 22.06.2023 – VII ZR 881/21, BGHZ 237, 234-245). Im Übrigen wären die Beklagten auch verpflichtet gewesen, die Kläger auf die Möglichkeit eines Anspruchs wegen fehlerhafter Bauaufsicht hinzuweisen (vgl. BGH, Urteile vom 11.01.1996 – VII ZR 85/95, BauR 1996, 418; vom 06.07.2000 – VII ZR 82/98, BauR 2000, 1513).

9. Vorliegend konnte das Gericht durch Grundurteil entscheiden.

Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn die Klageforderung mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht (vgl. BGH, Urteil vom 09.06.1994 – IX ZR 125/93, BGHZ 126, 217, 219; vom 21.12.2000 – VII ZR 488/99, BauR 2001, 667, sowie allgemein: Zöller, ZPO, Kommentar, 35. Auflage, 2024, Rn 6/7 zu § 304 m.w.N.). Die Kläger machen elf Schadenspositionen geltend. Die Feststellungen des erkennenden Gerichts ergeben zu jeder dieser Schadenspositionen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit ein entsprechender Schaden entstanden ist. In welcher Höhe nach Maßgabe der obigen Ausführungen die Beklagten im Ergebnis tatsächlich haften werden, ist derzeit völlig offen. Zu berücksichtigen sind bei der Kellerwandabdichtung die eingeschränkte Haftung für den Mangel und die erheblichen Sowieso-Kosten bei der Mangelbeseitigung. Die Sowieso-Kosten werden auch bei den weiteren Schadensposten zu berücksichtigen sein, insbesondere bei der Sanitäranlage (vgl. oben 4. k.). Die Einholung eines weiteren, umfassenden Gutachtens ist in diesem Zusammenhang unumgänglich. Deshalb war auch (noch) nicht über die Frage zu entscheiden, ob die Erstellung einer Hohlkehle mit den Bauunternehmen vereinbart war, oder – wie die Streithelferin zu 1 vorträgt – der Beklagte zu 2 auf der Baustelle erklärt hat, dass bei der Abdichtung der Kelleraußenwände auf die Ausbildung einer Hohlkehle verzichtet werde. Insoweit handelt es sich um Fragen zur Höhe des zu zahlenden Vorschusses. Sofern die Kläger zur entsprechenden Kostenberechnung die Abdichtung oder weitere Mangelbeseitigungen selbst vornehmen, verändert sich der zweckgebundene Schadensersatz für Vorschuss in einen abschließenden Schadensersatzanspruch wegen der Ersatzvornahme.

10. Dass die neuen Klaganträge aus dem Schriftsatz vom 15.02.2022 noch nicht in mündlicher Verhandlung gestellt wurden, ist vorliegend unschädlich, da diese Anträge keine für das Grundurteil maßgeblichen Änderungen enthalten, sondern lediglich der Rechtsprechung des BGH zum zweckgebundenen Schadensersatz (vgl. oben 3.) Rechnung tragen und im Übrigen einen Feststellungsantrag enthalten.

11. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht beim Grundurteil nicht.

BGH zu der Frage, dass in den Entscheidungsgründen die wesentlichen Tatsachen- und Rechtsausführungen verarbeitet werden müssen und dass wenn ein bestimmter Vortrag einer Partei den Kern des Parteivorbringens darstellt und für den Prozessausgang von entscheidender Bedeutung ist, für das Gericht eine Pflicht besteht, die vorgebrachten Argumente zu würdigen und in den Entscheidungsgründen hierzu Stellung zu nehmen

BGH zu der Frage, dass in den Entscheidungsgründen die wesentlichen Tatsachen- und Rechtsausführungen verarbeitet werden müssen und dass wenn ein bestimmter Vortrag einer Partei den Kern des Parteivorbringens darstellt und für den Prozessausgang von entscheidender Bedeutung ist, für das Gericht eine Pflicht besteht, die vorgebrachten Argumente zu würdigen und in den Entscheidungsgründen hierzu Stellung zu nehmen

vorgestellt von Thomas Ax

1. Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen.
2. In den Entscheidungsgründen müssen die wesentlichen Tatsachen- und Rechtsausführungen verarbeitet werden. Wenn ein bestimmter Vortrag einer Partei den Kern des Parteivorbringens darstellt und für den Prozessausgang von entscheidender Bedeutung ist, besteht für das Gericht eine Pflicht, die vorgebrachten Argumente zu würdigen und in den Entscheidungsgründen hierzu Stellung zu nehmen. Ein Schweigen lässt hier den Schluss zu, dass der Vortrag der Prozesspartei nicht oder zumindest nicht hinreichend beachtet wurde.
3. Zur grob fahrlässigen Unkenntnis i.S. des § 199 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 BGB.
BGH, Beschluss vom 13.06.2024 – IX ZR 100/23
vorhergehend:
OLG Köln, 28.04.2023 – 2 U 51/22
LG Köln, 24.10.2022 – 16 O 433/21

Gründe:

I.

1

Der Kläger ist der Verwalter in dem auf Fremdanträge vom 6. April und 13. Mai 2017 mit Beschluss vom 1. Juli 2017 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. AG (nachfolgend: Schuldnerin). Die Schuldnerin war mit der Herstellung von Bücherschränken für den öffentlichen Raum befasst. Zwischen der Schuldnerin und der Beklagten, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, bestand ein Kooperationsvertrag. Darin übertrug die Schuldnerin der Beklagten die Herstellung und Auslieferung der Bücherschränke. Der Geschäftsführer der Beklagten war mit 10% an der Schuldnerin beteiligt und zeitweise auch Mitglied ihres Vorstands.

2

Unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung nimmt der Kläger die Beklagte auf Rückgewähr von sechs Einzelzahlungen in Höhe von insgesamt 63.294,51 EUR in Anspruch, die in der Zeit vom 30. März bis zum 13. Dezember 2016 über das Geschäftskonto der Schuldnerin bei der S. an die Beklagte gelangt sind. Für die ersten vier Zahlungen enthielt der Kontoauszug zum Verwendungszweck die Angabe “Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 15.03.2016”. Die entsprechenden Sollbuchungen waren zudem mit “Drittschuldnerzahlungen” bezeichnet. Aufgrund einer durch den Kläger im Jahr 2021 veranlassten Anfrage bei der S. stellte sich heraus, dass die ersten vier Zahlungen tatsächlich “im Kundenauftrag” veranlasst worden waren. Für die fünfte und sechste Zahlung nannte der Kontoauszug zum Verwendungszweck einen “PCEU-Auftrag”. Der Kläger befragte den Vorstand der Schuldnerin im Juni 2017, ob es zu Ratenzahlungen, Druckzahlungen oder Zahlungen zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gekommen sei. Nach der Behauptung des Klägers verneinte der Vorstand der Schuldnerin diese Fragen.

3

Mit seiner am 29. November 2021 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 17. Dezember 2021 zugestellten Klage verlangt der Kläger Rückzahlung von 63.294,15 EUR. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von den die streitgegenständlichen Anfechtungsansprüche begründenden Tatsachen bereits vor Ablauf des Jahres 2017 angenommen und die Ansprüche deshalb als verjährt angesehen. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde will der Kläger die Zulassung der Revision erreichen, um sein ursprüngliches Klageziel in vollem Umfang weiterzuverfolgen.

II.

4

Die Revision ist zuzulassen und begründet, weil der angefochtene Beschluss den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

5

1. Das Berufungsgericht hat gemeint, dem vom Kläger geltend gemachten Rückgewähranspruch stehe jedenfalls die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Zu Recht sei das Landgericht von einer bereits vor Ablauf des Jahres 2017 eingetretenen grob fahrlässigen Unkenntnis ausgegangen. In Anbetracht seiner Vorbefassung mit Erstellung eines Sachverständigengutachtens im Eröffnungsverfahren und des keinesfalls umfangreichen Zuschnitts des eröffneten Insolvenzverfahrens sei es dem Kläger ohne weiteres möglich gewesen, bis zum Ende des Jahres 2017 die Kontoauszüge bei der Sparkasse, soweit sie nicht ohnehin vorgelegen hätten, anzufordern und den Hintergrund der Zahlungen an die Beklagte zu klären. Das Landgericht habe zu Recht darauf abgestellt, dass sich bei Auswertung der Kontoauszüge der Verdacht aufgedrängt hätte, dass die Beklagte freiwillige Zahlungen der Schuldnerin unter dem Druck der Zwangsvollstreckung erlangt habe. Insofern habe Anlass bestanden, die Klärung bei der S. ob es sich um einen Kundenauftrag gehandelt habe, bereits 2017 und nicht erst 2021 vorzunehmen.

6

Der Kläger habe auch davon ausgehen müssen, dass die Schuldnerin zum Zeitpunkt der Rechtshandlungen zahlungsunfähig gewesen sei. Daher hätten ausreichende Anhaltspunkte bestanden, um den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin und die Kenntnis der Beklagten hiervon prüfen zu können.

7

2. Das verletzt den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise.

8

a) Das Gebot rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. etwa BVerfG, NJW 2022, 3413 Rn. 26; BGH, Beschluss vom 2. November 2021 – IX ZR 39/20, NJW-RR 2022, 69 Rn. 5; vom 23. April 2024 – VIII ZR 35/23, Rn. 11; st. Rspr.). Als grundrechtsgleiches Recht soll es sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in der unterlassenen Kenntnisnahme und der Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben (BGH, Beschluss vom 23. April 2024, aaO mwN).

9

In den Entscheidungsgründen müssen die wesentlichen Tatsachen- und Rechtsausführungen verarbeitet werden. Wenn ein bestimmter Vortrag einer Partei den Kern des Parteivorbringens darstellt und für den Prozessausgang von entscheidender Bedeutung ist, besteht für das Gericht eine Pflicht, die vorgebrachten Argumente zu würdigen und in den Entscheidungsgründen hierzu Stellung zu nehmen. Ein Schweigen lässt hier den Schluss zu, dass der Vortrag der Prozesspartei nicht oder zumindest nicht hinreichend beachtet wurde (BGH, Beschluss vom 23. April 2024 – VIII ZR 35/23, Rn. 12; vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2020 – IV ZB 4/20, NJW-RR 2020, 1389 Rn. 17; vom 1. Juni 2023 – I ZR 154/22, Rn. 12; jeweils mwN).

10

b) Nach diesen Grundsätzen liegt ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GGvor.

11

aa) Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 BGB ist anzunehmen, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder dasjenige nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung vorgeworfen werden können (BGH, Urteil vom 27. Juli 2023 – IX ZR 138/21, BGHZ 238, 76 Rn. 18 mwN). Dabei bezieht sich die grob fahrlässige Unkenntnis ebenso wie die Kenntnis auf alle Merkmale der Anspruchsgrundlage (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 2023, aaO Rn. 19 mwN). Geht es wie hier um eine Anfechtung nach den §§ 129 ff InsO muss sich die grob fahrlässige Unkenntnis auf alle Tatbestandsmerkmale des jeweiligen Anfechtungsanspruchs beziehen. Grob fahrlässige Unkenntnis muss mithin insbesondere im Hinblick auf die Tatsachen vorliegen, welche die anfechtbare Rechtshandlung, die Gläubigerbenachteiligung und die besonderen objektiven und subjektiven Voraussetzungen des jeweiligen Anfechtungstatbestands begründen. Sind dem Insolvenzverwalter nur einzelne der anspruchsbegründenden Tatsachen entweder positiv bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt, rechtfertigt dies allein noch nicht den Vorwurf der grob fahrlässigen Unkenntnis des Anfechtungstatbestands insgesamt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 2023, aaO Rn. 25 mwN).

12

bb) Das Landgericht hat die grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von den sechs streitgegenständlichen Rückgewähransprüchen aus § 143 Abs. 1 InsO im Ausgangspunkt auf eine fehlende Auswertung der Kontoauszüge der Schuldnerin aus dem Jahr 2016 gestützt. Aus der Auswertung hätte sich ergeben, dass es ab dem 30. März 2016 eine Vielzahl von Drittschuldnerzahlungen der Sparkasse an die Beklagte gegeben habe. Deshalb habe sich dem Kläger zwingend der Verdacht aufdrängen müssen, die Beklagte habe freiwillige Zahlungen der Schuldnerin unter dem Druck der Zwangsvollstreckung erlangt.

13

Nach dieser rechtlichen Beurteilung war von entscheidender Bedeutung für die Annahme einer grob fahrlässigen Unkenntnis, ob es sich um freiwillige Zahlungen der Schuldnerin handelte, weil der für die streitgegenständlichen Rückgewähransprüche einzig in Betracht kommende Anfechtungstatbestand des § 133 Abs. 1 InsO eine Schuldnerhandlung voraussetzt. Zwar kommt eine Schuldnerhandlung im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO auch in Betracht, wenn es im Rahmen oder aus Anlass einer Zwangsvollstreckung zu einer Vermögensverlagerung kommt und dazu zumindest auch eine selbstbestimmte Rechtshandlung des Schuldners beigetragen hat. Fördert der Schuldner eine Vollstreckungsmaßnahme, kann dies die Qualifizierung der Vermögensverlagerung als Rechtshandlung des Schuldners rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 2017 – IX ZR 48/15, ZIP 2017, 1281 Rn. 15 mwN; st. Rspr.). Ein Verdacht auf den dafür erforderlichen Mitwirkungsbeitrag der Schuldnerin (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 2017, aaO Rn. 16 ff) ergab sich aus den in den Kontoauszügen ausgewiesenen Drittschuldnerzahlungen jedoch nicht – erst recht kein zwingender. Die Zahlung eines Drittschuldners ist dessen Rechtshandlung. Ob und falls ja inwieweit eine selbstbestimmte Rechtshandlung des Schuldners dazu beigetragen hat, lässt sich der Bezeichnung einer Zahlung in einem Kontoauszug als Drittschuldnerzahlung nicht entnehmen. Wenn es keine weiteren Anhaltspunkte – etwa für eine Falschbezeichnung in dem Kontoauszug – gibt, kann vielmehr ohne grobe Fahrlässigkeit davon ausgegangen werden, dass die Zahlung allein durch den Drittschuldner veranlasst worden ist. Dass es noch im Jahr 2017 solche Anhaltspunkte gab, hat das Landgericht nicht festgestellt.

14

Auf den fehlerhaften Rückschluss des Landgerichts aus dem Begriff der Drittschuldnerzahlung hat der Kläger in seiner Berufungsbegründung unter Vorlage entsprechender Kontoauszüge hingewiesen. Er hat damit einen wesentlichen Berufungsangriff darauf gestützt, die Annahme einer grob fahrlässigen Unkenntnis gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im erstinstanzlichen Urteil sei schon im Ausgangspunkt unbegründet. Er hat zudem in tatsächlicher Hinsicht geltend gemacht, dass die Angaben in den vom Landgericht herangezogenen Kontoauszügen keinen Rückschluss auf eine Schuldnerhandlung zuließen und dies auch bei sorgfältigster Auswertung der Kontounterlagen nicht zu erkennen gewesen wäre. Es fehle weiter an Feststellungen, welche Unterlagen oder Informationen er hätte erlangen können. Auf diese Angriffe, welche der Kläger in seiner Stellungnahme zum Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts wiederholt und ergänzt hat, ist das Berufungsgericht weder in seinem Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO noch im Zurückweisungsbeschluss eingegangen. Ohne Begründung und ohne Auseinandersetzung mit diesen Berufungsangriffen hat es angenommen, das Landgericht habe zu Recht darauf abgestellt, bei Auswertung der Kontoauszüge habe sich der Verdacht aufgedrängt, dass die Beklagte freiwillige Zahlungen der Schuldnerin unter dem Druck der Zwangsvollstreckung erlangt habe.

15

c) Die dem Berufungsgericht unterlaufene Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich (§ 544 Abs. 9 ZPO). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht, hätte es das Vorbringen des Klägers in der gebotenen Weise zur Kenntnis genommen, eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von den streitgegenständlichen Anfechtungsansprüchen noch im Jahre 2017 verneint hätte, weil sich aus dem Begriff der Drittschuldnerzahlung kein (hinreichender) Verdacht auf eine Schuldnerhandlung im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO ergab.

III.

16

Die angefochtene Entscheidung kann folglich keinen Bestand haben. Sie ist aufzuheben. Der Rechtsstreit ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 9 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

17

1. Soweit sich das Berufungsgericht von seinem Standpunkt aus konsequent nicht mit den Umständen der fünften und sechsten Zahlung auseinandergesetzt hat, wird dies anhand der vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 27. Juli 2023 (IX ZR 138/21, BGHZ 238, 76) entwickelten Grundsätze nachzuholen sein. Insoweit weist der Senat darauf hin, dass es für die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den die Anfechtungsansprüche begründenden Tatsachen nicht darauf ankommt, auf welche der Kläger sich stützt, um (insbesondere) die subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO zu begründen. Maßgeblich sind die auf der Grundlage des Gesetzes und der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung erforderlichen Tatsachen.

18

2. Allein die Pflicht des Insolvenzverwalters, nach Insolvenzeröffnung insbesondere auch Anfechtungsansprüche zu ermitteln, bedeutet – anders als die auf die Ermittlungspflicht gestützte Begründung des Berufungsgerichts befürchten lässt – nicht zugleich eine grob fahrlässige Unkenntnis von Anfechtungsansprüchen, die sich bei einer sofortigen Aufnahme der Ermittlungen hätten erkennen lassen. Es ist vielmehr zwischen der Verletzung einer Ermittlungspflicht und dem Grad des Verschuldens zu unterscheiden (BGH, Urteil vom 27. Juli 2023 – IX ZR 138/21, BGHZ 238, 76 Rn. 23). Insoweit wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, aus welchen Gründen im Streitfall bereits in den ersten sechs Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Juli 2017 unterlassene Ermittlungen hinsichtlich der Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133

InsO eine grob fahrlässige Pflichtverletzung darstellen. Die Ermittlungspflicht des Insolvenzverwalters besteht nicht im Interesse des Anfechtungsgegners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährung, sondern im Interesse der Masse an der rechtzeitigen und erfolgreichen Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen. Sofern grobe Fahrlässigkeit erst ab dem 1. Januar 2018 vorgelegen haben sollte, hätte die am 17. Dezember 2021 zugestellte Klage die Verjährung gehemmt (§§ 195, 199 Abs. 1, § 201 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

Vorinstanzen:

LG Köln, Entscheidung vom 24.10.2022 – 16 O 433/21 –

OLG Köln, Entscheidung vom 28.04.2023 – 2 U 51/22

LG Lübeck zu der Frage, dass ein Werkvertrag nicht deshalb nichtig ist, weil der Unternehmer seine Mitarbeiter “schwarz” bezahlt

LG Lübeck zu der Frage, dass ein Werkvertrag nicht deshalb nichtig ist, weil der Unternehmer seine Mitarbeiter "schwarz" bezahlt

vorgestellt von Thomas Ax

1. Ein Vertrag über die Reinigung von (Ferien-)Wohnungen ist als Werkvertrag zu qualifizieren.
2. Die Vergütung ist grundsätzlich bei der Abnahme des Werks zu entrichten und damit fällig. An die Stelle der Abnahme tritt die Vollendung des Werks, wenn nach der Beschaffenheit des Werks die Abnahme ausgeschlossen ist.
3. Verpflichtet sich der Unternehmer dazu, Reinigungsleistungen gemäß einer vom Besteller zu erstellenden Reinigungsliste über eine unbestimmte Anzahl von Ferienwohnungen zu erbringen, ist die Leistung grundsätzlich nicht abnahmebedürftig. Die werkvertraglichen Mängelrechte sind anzuwenden, wenn der Unternehmer die Leistung in Erfüllung seiner gesamten Verbindlichkeit erbracht hat (Anschluss an BGH, IBR 2013, 646).
4. Der Unternehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Vollendung seiner Leistung. Vollendung liegt vor, wenn eine vollständige Fertigstellung der Werkleistung gegeben ist. Hierfür muss der Unternehmer grundsätzlich alle geschuldeten Leistungen erbracht haben. Verbleibende Mängel schließen eine Vollendung nicht aus.
5. Will der Besteller Gewährleistungsrechte geltend machen, muss er substantiiert darlegen, dass ein Mangel an dem von dem Unternehmer fertiggestellten Werk besteht. Dabei kann es ausreichen, wenn der Besteller auf konkrete Symptome hinweist.
6. Ein Werkvertrag ist nicht deshalb nichtig, weil der Unternehmer seine Mitarbeiter “schwarz” bezahlt.
LG Lübeck, Urteil vom 25.07.2024 – 14 S 109/22
vorhergehend:
AG Lübeck, 27.10.2022 – 26 C 312/22


Gründe

I.

Die Parteien streiten über Entgeltzahlungen aus einem Reinigungsvertrag.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Lübeck vom 27.10.2022.

Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung i.H.v. EUR 3.986,51 verurteilt, wobei es einen Zahlungsanspruch i.H.v. EUR 2.534,71 auf unstreitigen Klägervortrag gestützt hat. Soweit der Beklagte darüber hinaus zur Zahlung von EUR 1.451,80 verurteilt wurde, hat das Amtsgericht das Bestreiten des Beklagten für unbeachtlich gehalten. Er habe lediglich pauschal behauptet, die von dem Kläger abgerechneten Leistungen seien nicht erbracht worden. Dies sei vor dem Hintergrund nicht ausreichend, dass der Kläger konkret dargelegt hat, an welchem Tag in welcher Ferienwohnung Reinigungsleistungen durchgeführt worden sein sollen. Der Umfang der Reinigungsleistung und die geschuldete Vergütung ergäben sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag. Für ein beachtliches Bestreiten hätte der Beklagte substantiiert darlegen müssen, woraus sich ergeben solle, dass die abgerechneten Leistungen für die Zeit ab 9.10.2021 tatsächlich nicht erfolgt seien.

Die Berufung wendet gegen die angegriffene Entscheidung ein, das Amtsgericht habe das einfache Bestreiten des Beklagten rechtsfehlerhaft als nicht ausreichend erachtet. In der Klagerwiderung seien die Leistungen des Klägers nach Wohnung und Tag sowie Rechnungsbetrag bestritten worden, da die Leistungen vom Kläger nicht erbracht worden seien.

In der Berufungsinstanz hat der Kläger erstmals den Zeugen ### für die Behauptung benannt, der Kläger habe die von ihm geschuldeten Leistungen nicht erbracht. Zudem hat der Beklagte erstmals bestritten, dass die Reinigungsarbeiten des Klägers von Mitarbeitern durchgeführt werden, die ordnungsgemäß sozialversichert sind und für die Sozialabgaben geleistet werden. Überdies hat der Beklagte die Aufrechnung mit überzahlten Entgelten erklärt, die er aufgrund falscher Abrechnungen an den Kläger gezahlt habe.

Der Berufungskläger beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Lübeck, Az. 26 C 312/22, insoweit abzuändern und die Klage abzuweisen, als der Beklagte verurteilt wird, mehr als 2.534,71 Euro nebst Zinsen in Höhe 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.02.2021 zu zahlen.

Der Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 6.6.2024 hat die Kammer eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet und als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, den 4.7.2024 bestimmt.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht antragsgemäß verurteilt (1.). Dem steht auch das Bestreiten der Einhaltung sozialversicherungsrechtlicher bzw. mindestlohnrechtlicher Regelungen nicht entgegen (2.). Die Forderung des Klägers ist auch nicht durch Aufrechnung mit überzahlten Entgelten erloschen (3.).

1. Dem Kläger steht gegen den Beklagten über von der Beklagtenseite nicht beanstandete EUR 2.534,71 hinaus ein Entgeltanspruch i.H.v. EUR 1.451,80 aus § 631 Abs. 1 BGB i.V.m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag vom 7.7.2019 (Reinigungsvertrag) zu.

Der zwischen den Parteien geschlossene Reinigungsvertrag ist im Wesentlichen hinsichtlich seiner Hauptleistungspflichten als Werkvertrag i.S.v. § 631 BGB einzuordnen, wobei i.R.d. privatautonomen Gestaltung der Parteien unterschiedliche Vertragselemente modifizierbar sind (OLG Köln vom 12.4.2012, Az. 19 U 215/11; OLG Hamm vom 28.11.2017, 24 U 120/16).

a. Der Besteller ist nach § 631 Abs. 1 BGB zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Nach § 5 S. 2 des Reinigungsvertrags erfolgt die Reinigungsliste des Auftraggebers mindestens 4 bis 5 Tage vor Beginn der Ausführungen.

Die gesetzliche Regelung, nach der der Vergütungsanspruch mit Abschluss des Werkvertrags entsteht (Rösch, in: jurisPK-BGB, 10. Aufl. 2023, § 631 Rn. 209), haben die Parteien mit § 5 S. 2 des Reinigungsvertrags dahingehend modifiziert, dass der Anspruch mit Zusendung der Reinigungsliste mit den im Einzelnen zu reinigenden Wohnungen durch den Beklagten an den Kläger entsteht.

Die in den Anlagen K 3 bis K 6 enthaltenen Rechnungen weisen einen Gesamtbetrag i.H.v. EUR 3.986,51 aus. Dass der Beklagte an den Kläger Reinigungslisten zur Durchführung der entsprechenden Arbeiten versendet hat, ist zwischen den Parteien unstreitig.

b. Die in den Rechnungen ausgewiesene Vergütung ist fällig.

i. Die Vergütung ist grundsätzlich nach § 641 Abs. 1 S. 1 BGB bei der Abnahme des Werks zu entrichten und damit fällig. Nach § 646 BGB tritt in den Fällen des § 641 BGB an die Stelle der Abnahme die Vollendung des Werks, wenn nach der Beschaffenheit des Werks die Abnahme ausgeschlossen ist.

Eine Anwendung von § 646 BGB hat der Bundesgerichtshof auf die Durchführung eines Winterdienstvertrags bejaht, weil es Sinn und Zweck des Winterdienstvertrages sei, dass der Auftragnehmer den Winterdienst versieht, ohne dass der Auftraggeber jedes Einsatzergebnis billigen solle. In den Fällen, in denen die Abnahme nach der Natur der Sache ausgeschlossen sei und der Unternehmer die Leistung in Erfüllung seiner gesamten Verbindlichkeit erbracht hat, sei es gerechtfertigt, das Mängelrecht der §§ 634 ff. BGB anzuwenden, wenn die Leistung unvollständig ist (BGH vom 6.6.2013, Az. VII ZR 355/12).

Gleiches gilt grundsätzlich für einen Reinigungsvertrag über eine unbestimmte Anzahl von Ferienwohnungen, mit dem sich der Werkunternehmer verpflichtet, Reinigungsleistungen gemäß einer von dem Auftraggeber zu erstellenden Reinigungsliste zu erbringen. Denn auch in derartigen Fällen ist nicht anzunehmen, dass das einzelne Reinigungsergebnis durch den Auftraggeber überprüft und abgenommen werden soll, soweit nicht abweichende Vereinbarungen vorliegen. Denn gerade in Fällen, in denen ein Auftraggeber mehrere Ferienwohnungen reinigen lässt, ist davon auszugehen, dass er dem Werkunternehmer nicht Wohnung für Wohnung folgt um jede vorgenommene Arbeit zu billigen.

Für das hiesige Verfahren ergibt sich Abweichendes weder aus dem Reinigungsvertrag noch aus der von der Klägerseite vorgelegten Korrespondenz zwischen den Parteien.

Den Werkunternehmer trifft die Darlegungs- und Beweislast für die Vollendung seiner Leistung. Vollendung im Sinne des Gesetzes liegt dabei vor, wenn eine vollständige Fertigstellung der Werkleistung gegeben ist. Hierfür muss der Unternehmer grundsätzlich alle geschuldeten Leistungen erbracht haben. Verbleibende Mängel schließen dabei allerdings eine Vollendung nicht aus. In Zweifelsfällen ist zur Abgrenzung zwischen dem Zeitraum vor Vollendung und dem Beginn von Mängelgewährleistungsansprüchen nach Vollendung auf die (ggf. auch konkludente) Erklärung des Werkunternehmers abzustellen, sein Werk sei nunmehr vollendet (Peters, in: Staudinger BGB, Neubearb. 2019, § 646 Rn. 11; Kögl, in: BeckOGK BGB, Stand 1.1.2024, § 646 Rn. 18).

Eine derartige Vollendungserklärung des Klägers war im hiesigen Fall entbehrlich. Es ergibt sich weder aus dem Reinigungsvertrag noch aus den sonstigen von den Parteien vorgebrachten Umständen, dass der Beklagte eine Vollendungserklärung durch den Kläger für jede einzelne gereinigte Wohnung erwartet hat. Dies ist mit Blick auf die Umsetzung des auf Dauer angelegten Reinigungsvertrags auch nachvollziehbar, weil der Beklagte bei jedem Neubezug ankommender Gäste im Einzelfall hätte feststellen können, ob eine Reinigungsleistung des Beklagten erbracht wurde oder nicht bzw. ob eine erbrachte Leistung mangelhaft war. Hätte er eine unterbliebene oder mangelhafte Leistung festgestellt, hätte er dies vor oder mit Übersendung einer neuen Reinigungsliste gegenüber dem Kläger ansprechen können.

ii. Gemessen daran ist vorliegend eine Vollendung bezüglich der streitgegenständlichen Reinigungsleistungen gegeben. Der Kläger hat schon vor dem Amtsgericht umfangreiche Dokumente wie Emails, WhatsApp-Verläufe, Buchungspläne und Stundenzettel vorgelegt, aus denen sich Korrespondenz der Parteien und weitere Angaben bezüglich der Reinigung einer Vielzahl der streitgegenständlichen Objekte ergeben.

Dem kann der Beklagte nicht damit entgegentreten, dass er schriftsätzlich vorträgt, der Kläger habe

“[an] diesen Tagen […] nachweislich keine Leistungen erbracht.”

Dieses Bestreiten ist – wie das Amtsgericht zutreffend erkannt hat – zum einen nicht hinreichend substantiiert. Zum anderen hat der Beklagte diesen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer fallengelassen und persönlich eingeräumt, Mitarbeiter des Klägers seien durchaus vor Ort gewesen. Dass er hierzu sodann bemängelt hat, die ausgeführten Arbeiten seien unvollständig gewesen und hätten nicht dem vereinbarten Standard entsprochen, ändert sodann an der Annahme der Vollendung im obigen Sinne nichts, sondern eröffnet dem Beklagten allenfalls Gewährleistungsrechte nach § 634 BGB (vgl. dazu sogleich unter c.).

Damit war auch das von einer konkreten Leistung des Klägers losgelöste, schriftsätzlich vorgebrachte Argument des Beklagten hinfällig, der Kläger habe seine Rechnungen – ohne Leistungserbringung – allein nach dem von dem Beklagten übersandten Buchungsplan aufgestellt. Dieses Argument hätte einer Vollendung durch den Kläger aber auch nicht entgegengestanden. Erstens war es der Zweck der von dem Beklagten an den Kläger übermittelten Buchungspläne, dass der Kläger seine Reinigungsleistungen entlang dieser Buchungspläne erbringt. Nach § 5 des Reinigungsvertrags bestimmt sich anhand der Buchungspläne der Leistungsumfang des Klägers. Zweitens trifft die Behauptung des Beklagten auch inhaltlich nicht zu, weil sich mit Blick auf die Buchungspläne kein einheitliches Muster bei der Auswahl einzelner Reinigungstage ergibt. Die Beklagtenseite hat auch hierzu nicht näher vorgetragen.

c. Der Beklagte war nicht zur Minderung der Vergütung des Klägers in Höhe eines Betrags von EUR 1.451,80 nach §§ 634 Nr. 3, 638 BGB berechtigt.

i. Nach §§ 634 Nr. 3, 638 BGB kann der Besteller anstatt zurückzutreten die Vergütung durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer mindern, wenn das Werk mangelhaft ist.

Es kann dahinstehen, ob mit der Vollendung auch ein Übergang der Darlegungs- und Beweislast mit Blick auf die Mangelfreiheit einer Leistung verbunden ist, wie es infolge der Abnahme nach § 640 BGB der Fall ist (ablehnend Voit, in: BeckOK BGB, 68. Ed., § 646 Rn. 7 m.w.N.). Der Beklagte ist jedenfalls seiner Darlegungslast bezüglich etwaiger Mängel nicht nachgekommen.

Will ein Besteller Gewährleistungsrechte geltend machen, muss er substantiiert darlegen, dass ein Mangel an dem von dem Unternehmer fertiggestellten Werk besteht (Genius, in: jurisPK-BGB, 10. Aufl. 2023, § 634 Rn. 65 f.). Dabei kann es ausreichen, wenn der Besteller auf konkrete Symptome hinweist (Genius, a.a.O., Rn. 65).

ii. Der den Beklagten insoweit treffenden Darlegungslast ist er nicht nachgekommen. Weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht oder der Kammer hat der Beklagte einen konkreten Umstand vorgetragen, der als Mangel hätte eingeordnet werden können. Das bloße einfache Bestreiten des Beklagten kann eine Minderung schon deshalb nicht begründen, weil es dem Kläger infolge der völlig substanzlosen Ausführungen der Beklagtenseite nicht möglich war, konkreten Gegenvortrag zu leisten und entsprechend Beweis anzubieten. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer lediglich und erstmals ausgeführt, an den streitigen Tagen seien durchaus Arbeitnehmer des Klägers vor Ort gewesen, sie hätten allerdings “schlampig” gearbeitet und seien zu schnell fertig gewesen. Allein der Umstand, dass die Klägerseite zu schnell gearbeitet haben soll, begründet keine Schlechtleistung. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Reinigungsleistung nach § 2 des Reinigungsvertrags pauschal zu vergüten war. Zu der behaupteten “schlampigen” Arbeit des Klägers hat der Beklagte keine konkreten Tatsachen vorgetragen.

iii. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem ergänzenden Vortrag der Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 8.4.2024 auf den Hinweis der Kammer in dem Beschluss vom 6.3.2024.

(1) In ihrem Beschluss hat die Kammer darauf hingewiesen, dass der Beklagte zur Minderung der vereinbarten Vergütung berechtigt sein könnte, wenn die von dem Kläger erbrachte Leistung mangelhaft gewesen ist und der Beklagte dem Kläger erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. In diesem Zusammenhang hat die Kammer dem Beklagten aufgegeben, im Einzelnen konkrete Reinigungsleistungen des Klägers nebst Umständen zu benennen, die eine Mangelhaftigkeit der Leistung begründen können, und ferner zu damit in Verbindung stehenden Nacherfüllungsverlangen vorzutragen.

(2) Diesen Anforderungen werden die ergänzenden Ausführungen der Beklagtenseite in ihrem Schriftsatz vom 8.4.2024 nicht gerecht.

Zu den behaupteten Mängeln bringt der Beklagte lediglich schlagwortartig einzelne vermeintliche Reinigungsergebnisse unter Angabe eines Abzugswerts an, bspw. “Terrasse nicht gereinigt”, “Kühlschrank dreckig”, “WC dreckig”, “Staub in der Küche” etc. Wenngleich der Beklagte damit erstmals einen Bezug zu einzelnen Wohnungsmerkmalen herstellt, sind die Darstellungen nach wie vor derart pauschal gehalten, dass sie eine Überprüfung kaum zulassen. Insbesondere wird nicht klar, woran der Beklagte die Ergebnisse “nicht gereinigt” oder “dreckig” festmacht. Selbst die Aussage “Staub in der Küche” kann in der Pauschalität keinen Mangel und damit eine Minderung begründen, weil eine Staubfluse allein nicht Beleg einer mangelhaften Reinigungsleistung ist.

Auf die Substanz der weitergehenden Ausführungen der Beklagtenseite kommt es letztlich aber auch nicht an, weil der Beklagte auch im Schriftsatz vom 8.4.2024 nichts dazu vorgetragen hat, wann er den Kläger auf die Mängel hingewiesen und ihn zur Nacherfüllung aufgefordert haben will. Dies wäre mit Blick darauf, dass die Reinigungsleistungen des Klägers vor jeder einzelnen Buchung hätten nachgeholt werden können, jedoch erforderlich gewesen (in Abgrenzung dazu BGH vom 6.6.2013, Az. VII ZR 355/12). Auf diesen Aspekt hat die Kammer mit Beschluss vom 6.3.2024 explizit hingewiesen.

Vor dem Hintergrund war der von dem Beklagten angebotene Zeuge nicht zu hören.

2. Dem Vergütungsanspruch des Klägers steht das Bestreiten der Beklagtenseite, der Kläger rechne seine Mitarbeiter unzutreffend ab, nicht entgegen. Insbesondere ist der zwischen den Parteien geschlossene Reinigungsvertrag nicht nach § 134 BGB nichtig.

Der Beklagte hat keinerlei konkrete Anhaltspunkte zu etwaigen Verstößen des Klägers vorgebracht. Er hat sein Bestreiten überdies im laufenden Verfahren inhaltlich angepasst: Während schriftsätzlich noch bestritten wurde, dass die Reinigungsleistungen des Klägers von Mitarbeitern durchgeführt werden, die ordnungsgemäß sozialversicherungsrechtlich gemeldet sind und für die die entsprechenden Abgaben abgeführt werden, hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung mit Blick auf § 7 des Reinigungsvertrags bestritten, dass der Kläger seine Arbeitnehmer nach Mindestlohn bezahlt.

Nach § 7 Abs. 2 des Reinigungsvertrags verpflichtet sich der Auftragnehmer, Mindestlohnvorschriften und Vorschriften über Mindestbedingungen am Arbeitsplatz einzuhalten.

Beide Aspekte sind mit Blick auf die Vergütungspflicht des Beklagten nicht von Belang. Eine etwaige Schwarzarbeit wirkt sich nur dann nach § 134 BGB auf einen Werkvertrag aus, wenn die Schwarzarbeit beiden Parteien bekannt ist (Nassall, in: jurisPK-BGB, 10. Aufl. 2023, § 134 Rn. 236). Dahin hat sich der Beklagte nicht erklärt. Im Übrigen handelt es sich bei den besonderen arbeitsrechtlichen Bestimmungen um spezialgesetzliche Regelungen im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit eigener Rechtsfolge, wie etwa §§ 3, 13 MiLoG, die § 134 BGB vorgehen (Vossler, in: BeckOGK BGB, Stand 1.12.2023, § 134 Rn. 145 vgl. auch BGH vom 11.10.2018, Az. VII ZR 298/17).

3. Die Forderung des Klägers ist auch nicht durch Aufrechnung des Beklagten mit vermeintlich überzahlten Entgelten aufgrund falscher Rechnungserstellung nach § 389 BGB erloschen. Nach § 533 ZPO war die Aufrechnung zurückzuweisen.

Nach § 533 ZPO ist eine Aufrechnungserklärung nur zulässig, wenn (1) der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und (2) diese auf Tatsachen gestützt wird, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrundezulegen hat.

Zwar hält die Kammer die Aufrechnungserklärung durchaus für sachdienlich i.S.v. § 533 Nr. 1 ZPO. Sie stützt sich jedoch nicht auf Tatsachen, die die Kammer ihrer Entscheidung nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.

Bei den Ausführungen der Beklagtenseite zu einer vermeintlichen Falschberechnung der Reinigungskosten falschen Abrechnung der Klägerseite handelt es sich um neuen Vortrag, der vor dem Amtsgericht nicht erfolgt ist. Die Klägerseite ist diesen Ausführungen substantiiert entgegengetreten, sodass es auf die Zulassung des Vortrags nach § 531 Abs. 2 ZPO ankommt (vgl. BGH vom 23.6.2008, GSZ 1/08).

Nach § 531 Abs. 2 S. 1 ZPO sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nur zuzulassen, wenn sie (1) einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, (2) infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder, (3) im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf eine Nachlässigkeit der Partei beruht.

Die von der Beklagtenseite vorgetragene Falschberechnung der Reinigungsleistungen betrifft einen neuen Aspekt, der von der Beklagtenseite erstmals in der Berufungsinstanz vorgebracht wurde. Sie wäre damit allein unter den Voraussetzungen von § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO zu berücksichtigen gewesen. Die Beklagtenseite hat allerdings nichts dazu vorgetragen, dass die Nichterwähnung in der ersten Instanz nicht auf einer Nachlässigkeit der Beklagtenseite beruht hat. Allein der Umstand, dass der von der Beklagtenseite behauptete Abrechnungsfehler nicht dem Beklagten selbst, sondern seinem Steuerberater bei der Erstellung des Jahresabschlusses aufgefallen ist, steht einer Nachlässigkeit der Beklagtenseite nicht entgegen. Der Vortrag ist überdies nicht hinreichend substantiiert, weil nicht näher dargelegt wird, wann diese Feststellung getroffen und wann sie dem Beklagten mitgeteilt worden sein soll.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Zurückweisung der beklagtenseitigen Hilfsaufrechnung nach § 533 ZPO erfolgt streitwertneutral (vgl. BGH vom 31.7.2001, Az. XI ZR 217/01; OLG München vom 17.6.2010, Az. 7 U 4134/09; Schindler, in: BeckOK Kostenrecht, 45. Ed. Stand 1.1.2024, GKG, § 45 Rn. 29).

OLG Karlsruhe zu der Frage, dass wenn der Architekt mit der Einholung der Baugenehmigung beauftragt wird, nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass damit auch die übrigen Leistungen der Leistungsphase 1 bis 4 erbracht werden sollen

OLG Karlsruhe zu der Frage, dass wenn der Architekt mit der Einholung der Baugenehmigung beauftragt wird, nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass damit auch die übrigen Leistungen der Leistungsphase 1 bis 4 erbracht werden sollen

von Thomas Ax

1. Fehlt eine schriftliche Honorarvereinbarung, wird nach § 7 Abs. 5 HOAI 2013 unwiderleglich vermutet, dass die Mindestsätze vereinbart sind.
2. Die Stellung einer Schlussrechnung, in der die Honorarforderung nicht vollständig ausgewiesen ist, beinhaltet regelmäßig keinen konkludenten Verzicht auf die weitergehende Forderung.
3. Der Einwand widersprüchlichen Verhaltens steht der Geltendmachung eines Mindestsatzhonorars nur dann entgegen, wenn der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraut hat und vertrauen durfte und er sich darauf in einer Weise eingerichtet hat, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann.
4. Wird der Architekt mit der Einholung der Baugenehmigung beauftragt, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass damit auch die übrigen Leistungen der Leistungsphase 1 bis 4 erbracht werden sollen. Entscheidend ist vielmehr, was die Parteien tatsächlich als Leistungen vereinbart haben.
5. Ein Anspruch auf Ersatz eines Verzögerungsschadens setzt voraus, dass dem Auftraggeber infolge des von ihm behaupteten Verzugs ein Schaden entstanden ist.
6. Für den vom geschädigten Auftraggeber zu führenden Beweis eines entgangenen Gewinns gilt ein objektiver Maßstab. Abzustellen ist auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge, wobei stets die individuellen Verhältnisse maßgebend sind. Die bloße Möglichkeit eines Gewinns genügt als Nachweis noch nicht.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.10.2022 – 4 U 142/20
vorhergehend:
LG Freiburg, 17.07.2020 – 2 O 429/18
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 14.02.2024 – VII ZR 221/22

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten restliches Architektenhonorar für seine Tätigkeit bei dem Bauvorhaben Um- und Anbau des Gasthofs N. in …. M… in Höhe von 12.339,37 Euro. Die Beklagte wendet sich dagegen und rechnet, teilweise hilfsweise, mit vermeintlichen Schadensersatzansprüchen auf.

Der Kläger ist Architekt. Die Beklagte ist seit 2012 Eigentümerin des Gasthofs N. und plante mehrere bauliche Veränderungen: Sie beabsichtigte die Errichtung eines Anbaus (1. Anbau) an der nordöstlichen Giebelseite für Holz-/Pelletslagerung und die Ver- und Entsorgung des Gaststättenbetriebs. Ein weiterer Anbau (2. Anbau) war an der südöstlichen Seite vorgesehen. Dort sollte eine Kühlzelle unterkommen und die Küche erweitert werden. Die Dächer der beiden Anbauten wollte die Beklagte als Dachterrasse für die dort im Bestandsgebäude befindlichen Zimmer nutzten. Einen 3. Anbau plante die Beklagte an der Hangseite. Dort sollte unter Abriss eines bereits bestehenden Anbaus ein Neubau errichtet werden, der “in die Beherbergungsnutzung im Zuge der […] geplanten Modernisierung der geplanten Einzel- und Doppelzimmer” einbezogen werden sollte.

Die Beklagte hatte in Pläne der Voreigentümerin handschriftlich eine Skizze für die geplanten Gebäudeerweiterungen nach ungefährer Lage und Größe und eine neue Raumaufteilung gezeichnet. Ebenso die dadurch ausgelösten baulichen Veränderungen in den angrenzenden Altgebäudeteilen. Die Beklagte war erstinstanzlich der Auffassung, bei dieser Skizze handele es sich um die abgeschlossene Vorplanung.

Die Beklagte hat den Kläger zumindest mit der Einholung der Baugenehmigung für diese vorgenannten baulichen Veränderungen beauftragt. Für das Vorhaben gab es bereits Planungen eines anderen Architekten (B.).

Der Kläger erbrachte Leistungen und reichte am 21.04.2017 (Anlage K 15) den Bauantrag ein. Am 04.12.2017 wurde das Bauvorhaben genehmigt (Anlage K 2). Mit Rechnung vom 14.12.2017 berechnete der Kläger seine Leistungen auf Stundenlohnbasis mit 12.024,08 Euro (Anlage K 3), worauf die Beklagte bereits am 05.05.2017 eine Abschlagszahlung in Höhe von 7.000 Euro geleistet hatte. Nachdem die Beklagte auf die Rechnung vom 14.12.2017 keine Zahlung leistete, stellte der Kläger im Mai 2018 einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids über diesen Betrag. Während dieses noch laufenden Verfahrens wies der Anwalt des Klägers die Beklagte Anfang Juli 2018 darauf hin, dass dem Kläger ein Anspruch auf Mindesthonorar nach der HOAI zustehe. Mit Schreiben vom 26.09.2018 erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Rücknahme des Mahnbescheidsantrags.

Währenddessen machte der Kläger mit weiterer Rechnung vom 01.07.2018 (Anlage K 6) nunmehr auf der Grundlage der Mindestsätze der HOAI für die Leistungsphasen 1 bis 4 insgesamt 19.339,37 Euro geltend. Unter Abzug der geleisteten Anzahlung (7.000 Euro) begehrt der Kläger mit der vorliegenden Klage den noch offenen Restbetrag in Höhe von 12.339,37 Euro.

Die Beklagte gesteht nur eine Restforderung in Höhe von 4.474,30 Euro zu.

Sie macht wegen vermeintlich verzögerter Leistung des Klägers einen Schadensersatz für entgangenen Gewinn (Pachteinnahmen) in Höhe von monatlich 5.000 Euro geltend und erklärt damit die Aufrechnung gegenüber der zugestandenen Restforderung und darüber hinaus hilfsweise gegenüber der gesamten geltend gemachten Klageforderung.

Das Landgericht, auf dessen Feststellungen zum erstinstanzlichen Sach- und Streitstand Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), soweit sie nicht Gegenstand der Tatbestandsberichtigungsanträge sind, hat der Klage stattgegeben und die Beklagte antragsgemäß verurteilt.

Die Klage sei begründet. Die Beklagte habe keine aufrechenbare Gegenansprüche.

Der Kläger habe einen Anspruch auf Architektenhonorar für die Leistungsphasen 1 bis 4 aus § 631 BGB in Verbindung mit der HOAI.

Die ursprünglich zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung, nach der der Kläger seine Leistung auf Stundenbasis abzurechnen habe, sei unwirksam. Nach der unwiderleglichen Vermutung des § 7 Abs. 5 HOAI hätten die Mindestsätze der HOAI als vereinbart gegolten, da die Parteien keine abweichende schriftliche Vereinbarung getroffen hätten. Diese Regelung sei vom Urteil des europäischen Gerichtshofs vom 04.07.2019 nicht betroffen, da dieser weder § 7 Abs. 1 HOAI, wonach die Honorarvereinbarung schriftlich zu treffen sei, noch die in § 7 Abs. 5 HOAI normierte unwiderlegliche Vermutung beanstandet habe. Zwar habe der europäische Gerichtshof die Erforderlichkeit der Mindestsätze beanstandet, dies schließe aber nicht aus, dass sich die Parteien auf die Mindestsätze oder, ohne die Beträge als Mindestsätze zu benennen, auf Beträge in Höhe der Mindestsätze einigen.

Der Kläger sei nicht nur mit der Leistungsphase 4, sondern auch mit den Leistungsphasen 1 bis 3 beauftragt worden. Zu diesem Ergebnis gelange das Gericht auf der Grundlage der Angaben des Klägers, den vorgelegten Plänen und der Aussage des Zeugen Dr. F. in der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2020.

Die Beklagte habe keine aufrechenbare Gegenansprüche. Weder bestehe ein Anspruch wegen verzögerndem Verhalten des Klägers, noch sei dadurch ein Schaden entstanden.

Der Kläger habe keinen festen Termin für die Einreichung des Bauantrags zugesagt. Auch wenn der Zeuge Dr. F. dies angegeben habe und glaubwürdig sei, sei das Gericht nicht von der Richtigkeit der Aussage überzeugt.

Der Kläger habe eine solche Zusage verneint. Eine solche Zusage bereits im ersten Telefonat mit Dr. F. unwahrscheinlich, da der Kläger weder die Planung des vorbefassten Planers noch die Details der Änderungswünsche und das Ausmaß der Beteiligung der Fachbehörden gekannt habe. Der Kläger habe zwar den Zeitplan der Beklagten gekannt und erklärt, frühestens im September 2016 mit der Ausarbeitung zu beginnen, was er dann allerdings nicht getan habe. Er habe mit dieser Äußerung auch in Kenntnis des Zeitplans der Beklagten nicht die Verantwortung für dessen Einhaltung übernommen.

Einen Verzögerungsschaden könne die Beklagte nicht mit Erfolg geltend machen, weil keine Mahnungen ausgesprochen worden seien.

Auch das “Thema Trennwand” habe nicht zu einer schadensauslösenden Verzögerung geführt. Hierfür wäre nicht auf das Datum der Baugenehmigung, sondern auf das der Baufreigabe abzustellen, welche erst am 17.08.2018 erfolgt sei. Dies sei eine Verzögerung, für die der Kläger nicht einzustehen habe. Die gesamte Verzögerungsproblematik habe sich daraus ergeben, dass die Beklagte Umbaumaßnahmen geplant habe, ohne eine Baufreigabe für das Vorhaben, das erst noch zu planen war, gehabt zu haben.

Der Beklagten sei auch kein Schaden entstanden. Bis zu dem Termin vom 09.06.2020 sei das Gericht davon ausgegangen, die Beklagte könnte konkrete Bewerber für das Objekt ab dem Frühjahr 2018 gehabt haben.

Die Aussage des Zeugen Dr. F. habe aber ergeben, dass das Objekt wiederbelebt werden solle und dies in einer Form, die derzeit nicht feststehe. Ferner seien nach den Angaben des Zeugen nunmehr statische Probleme aufgetreten, so dass eine Inbetriebnahme derzeit nicht gegeben sei. Bei dieser Sachlage sei auch unter dem Gesichtspunkt der abstrakten Schadensberechnung kein Schaden gegeben.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

Die Beklagte rügt, das angefochtene Urteil beruhe auf der Verletzung formellen und materiellen Rechtes, insbesondere auf dem Verstoß gegen den Grundsatz auf rechtliches Gehör und einer Verletzung der §§ 138, 139, 278 ZPO sowie der §§ 631 Abs. 1, 650p Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. 7 HOAI.

Der Kläger habe keinen Anspruch auf das Mindesthonorar nach § 7 HOAI da diese Regelung nach dem Urteil des EuGHs vom 04.07.2019 europarechtswidrig sei und auch nicht in Verträgen mit privaten Auftraggebern angewendet werden könne. Das Landgericht habe sich zu dieser Frage nicht mit dem Vortrag der Beklagten auseinandergesetzt und daher ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Zudem sei das Urteil in diesen Punkt widersprüchlich und willkürlich, da es die Geltung der Mindestsätze angenommen habe, ohne eine diesbezügliche Vereinbarung zwischen den Parteien festzustellen.

Ein weiterer Verstoß gegen den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör ergebe sich aus der Begründung des Anspruchs aus § 631 BGB i.V.m. der HOAI. Daran zeige sich, dass das Landgericht die zentrale Spezialvorschrift für das Architektenhonorar, § 650p BGB, ungeprüft und unangewendet gelassen habe.

Zudem beruhe das Urteil des Landgerichts auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil es insgesamt von einem unzutreffenden Sach- und Streitstand ausgehe. Es habe den Kern des Vortrags der Beklagten nicht zur Kenntnis genommen und gewürdigt. Daher habe die Beklagte auch fünf Tatbestandsberichtigungsanträge gestellt, die allerdings vom Einzelrichter wegen Erreichens der Altersgrenze nicht mehr hätten beschieden werden können, woraufhin sie zu zurückgenommen worden seien. Das Berufungsgericht werde daher nicht von den Tatsachenfeststellungen des Landgerichts ausgehen können. Wegen der fünf Berichtigungsanträge sei im Berufungsverfahren zugunsten der Beklagten von ihrer Begründetheit auszugehen und deswegen im Hinblick auf den Anspruch der Beklagten auf Wahrung des rechtlichen Gehörs davon, dass das Landgericht ihren Tatsachenvortrag nicht nur wegen der fünf gerügten Einzelantragsgegenstände, sondern insgesamt nicht umfassend und zutreffend zur Kenntnis genommen und gewürdigt habe. Daraus sei zu folgern, dass das angefochtene Urteil bei zutreffender Kenntnisnahme und Würdigung der vorgetragenen und unter Beweis gestellten Tatsachen mit einer Klageabweisung geendet hätte.

Was die Hilfsaufrechnung mit Schadensersatzansprüchen der Beklagten angehe, habe das Landgericht zu Unrecht sowohl dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch abgelehnt als auch rechtsfehlerhaft die haftungsausfüllende Kausalität verneint.

Soweit das Landgericht einen Schadensersatzanspruch wegen Leistungsverzugs verneint und damit begründet habe, trotz der Aussage des glaubwürdigen Zeugen Dr. F. sei es nicht davon überzeugt, dass der Kläger bereits bei dem Auftragstelefonat am 30.06.2016 zugesagt habe, den Bauantrag bis Ende September 2016 einzureichen, werde diese Beweiswürdigung durch das Landgericht mit der Berufung angegriffen. Das Landgericht habe beweiserhebliche Tatsachen nicht ausgeschöpft und die Grenzen seiner Überzeugungsbildung überschritten. Der Zeuge, ein Rechtsanwalt, sei als solcher von Berufs wegen der Wahrheit verpflichtet. Er habe seine bereits gemachten Angaben bei seiner Einvernahme am 09.06.2020 eingehend und widerspruchsfrei wiederholt. Diese Angaben fügten sich widerspruchsfrei in das Erklärungsverhalten der Beklagten durch den Zeugen als ihren anwaltlichen Vertreter in den Schriftsätzen ein.

Das Landgericht habe ferner unbehandelt gelassen, dass Dr. F. bereits in seiner Vernehmung vom 04.03.2020 dem Gericht seine Originalgesprächsnotiz vom ersten Gespräch mit dem Kläger angeboten habe.

Dagegen sei unerheblich, dass der Kläger eine solche Zusage auf ausdrückliche Befragung des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2020 verneint habe. Denn er habe dies auch zuvor schon schriftsätzlich bestritten. Darin liege kein Beweis gegen die Glaubhaftigkeit des Zeugen und Rechtsanwalts Dr. F., da dies die bloße Wiederholung einer Parteierklärung auf Vorhalt des Gerichts sei.

Nehme man dieses Erklärungsverhalten beider Parteien mit den Aussagen des Zeugen Rechtsanwalt Dr. F. zusammen, ergebe sich ein widerspruchsfreies Bild für die Glaubhaftigkeit der Bekundung des Zeugen zu der vom Kläger verpflichtend übernommenen Terminserledigung bis Ende September 2016.

Da der Kläger unstreitig erst am 14.12.2016 mit der Auftragsbearbeitung begonnen habe, sei spätestens ab dem 01.10.2016 Verzug eingetreten.

Das Landgericht habe des Weiteren die Zusage eines festen Ersatztermins für die Einreichung des Bauantrags noch vor Weihnachten 2016 ungeprüft gelassen. Diese Behauptung sei unstreitig. Die Behauptung des Klägers im Schriftsatz vom 26.02.2020, zwischen den Parteien sei keine feste Planungszeit vereinbart worden, sei unsubstantiiert und daher unerheblich. Zudem habe Dr. F. diesen Vortrag bei seiner Vernehmung als Zeuge am 04.03.2020 ohne Widerspruch des Klägers glaubhaft bestätigt. Für diesen vom Kläger fest versprochenen Ersatztermin habe es keiner Mahnung bedurft, da der Kläger seinen Leistungstermin selbst nach dem Kalender bestimmt habe.

Selbst wenn man nicht von einer festen Terminszusage des Klägers zur Fertigstellung der Planunterlagen und der Einreichung des Bauantrags ausgehen wolle, habe er im Zweifel alsbald nach Vertragsschluss mit der Herstellung seines Werkes zu beginnen und es in angemessener Zeit zügig zu Ende zu führen. Mit Ablauf der angemessenen Fertigstellungsfrist trete dann die Fälligkeit der Leistung ein.

Der Kläger habe erst am 14.12.2016 mit seiner Tätigkeit begonnen und bis zur Einreichung des Bauantrags am 04.05.2017 rund 5 Monate benötigt. Hätte er die Arbeit wie versprochen Anfang September 2016 aufgenommen, wäre dies keinesfalls länger gewesen. Damit sei mit Ablauf des Januars 2017 der Verzug des Klägers ohne Mahnung eingetreten (§§ 271 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Selbst bei der Lieferung Ende Januar 2017 wäre die Genehmigung unter Zugrundelegung der tatsächlichen Bearbeitungszeit von rund 6,5 Monaten Mitte Juli 2017 erteilt worden und der Bauunternehmer L., der seine Kapazitäten für die gesamten Baumaßnahmen extra für die Beklagte durchgängig vorgehalten und eingeplant habe, hätte sie noch so rechtzeitig durchführen können, dass noch vor dem Wintereinbruch der Rohbau hätte abgeschlossen werden können. Der Innenausbau wäre dann wie geplant im Winter 2017/2018 durchgeführt worden und der Zeitplan der Beklagten wäre eingehalten worden.

Das Landgericht nehme in den Urteilsgründen zur Frage der Verzögerung weiter auf eine Anlage K 12 Bezug, die der Beklagten nicht übermittelt worden sei. Dies habe die Beklagte bereits mit Schriftsatz vom 14.01.2019 gerügt. Gleichwohl sei die Anlage nicht übersandt worden. Das Landgericht habe dann weder auf die Erheblichkeit dieser Anlage hingewiesen noch die Anlage der Beklagten vorab zur Stellungnahme übersandt, sondern einfach entschieden. Hierin liege sowohl eine Verletzung der Hinweispflicht als auch eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.

Ob der zur Hilfsaufrechnung gestellte Schadenersatzanspruch der Beklagten begründet sei, weil der Kläger den Zeitplan der Beklagten nicht eingehalten habe, sei vom Landgericht rechtsfehlerhaft nicht als Frage der haftungsausfüllenden Kausalität geprüft worden.

Das Landgericht habe dann das “Thema Trennwand” zu Unrecht als Frage der schadensauslösenden Verzögerung geprüft. Nach dem Vortrag des Klägers betreffe die Trennwand aber nicht die Frage einer Pflichtverletzungshandlung, die einen Schadensersatzanspruch der Beklagten begründe, weil der Schaden wie eben ausgeführt bereits eingetreten sei, sondern die haftungsausfüllende Kausalität. Das Landgericht habe bei seiner Annahme, das “Thema Trennwand” habe nur zu einer unmaßgeblichen Verzögerung geführt, weil neben diesem Thema in der Zwischenverfügung der unteren Denkmalbehörde vom 11.07.2017 weitere vier Punkte zu erledigen gewesen seien, unbeachtet gelassen, dass die Beantwortung der Fragen zu diesen vier weiteren Punkten innerhalb eines Tages möglich gewesen wäre. Die isolierte Beantwortung der Fragen zu diesen Punkten habe aber keinen Sinn gemacht, so dass die Beklagte zu diesen Punkten in einem Schreiben vom 08.08.2017 (Anlage B 10) Stellung genommen habe, in dem sie auch auf das Thema Trennwand eingegangen sei (Punkt 1). Zu diesem ersten Punkt habe man sich erst zu dieser Zeit nach mehreren Befragungen der Mutter der Beklagten äußern können. Daraus ergebe sich, dass die vier weiteren vom Landgericht angenommenen Punkte der Zwischenverfügung keine maßgebliche Verzögerungsursache gewesen seien. Die erhebliche Verzögerungsursache sei ausschließlich das “Thema Trennwand” gewesen.

Es komme hinzu, dass das Landgericht auf diesem von ihm für erheblich gehaltenen Gesichtspunkt nicht hingewiesen habe. Hierin liege ein Verstoß gegen die Aufklärungs- und Hinweispflicht gegenüber der Beklagten. Wäre ein Hinweis erfolgt, hätte die Beklage wie soeben ausgeführt vorgetragen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass dann die Klage abgewiesen worden wäre.

Auch die weitere Annahme des Landgerichts, das “Thema Trennwand” sei nicht schadensursächlich gewesen, da auf das Datum der Baufreigabe abzustellen sei, die erst einige Monate später am 17.09.2018 erfolgt sei, wofür der Kläger nicht einzustehen habe, sei fehlerhaft. Zudem habe das Landgericht keinen Hinweis erteilt, dass es nicht den Zeitpunkt der Baugenehmigung, sondern den der Baufreigabe für erheblich halte, so dass die Beklagte keinen ergänzenden Vortrag hierzu habe halten können, der wie folgt laute: Die Beklagte hätte sofort mit Erteilung der Baugenehmigung mit den Arbeiten an den Anbauten und am Ersatzbau begonnen, da diese einen baugenehmigungsfreien Teil gehabt hätten. Zu diesem hätte der Abriss der Doppelgaragen und die Hangabtragung im nordöstlichen Bereich und die Hangabtragung im südöstlichen Bereich gehört. Diese Arbeiten hätten sofort mit der Baugenehmigung aufgenommen werden können, weil durch ihre Erteilung gesichert gewesen sei, dass das Bauvorhaben mit den beiden Anbauten an das denkmalgeschützte Gebäude überhaupt und unter Genehmigung des Denkmalschutzamtes mit den Eingriffen in die Nordost- und Südostfassaden hätte errichtet werden können.

Es beruhe – wie ausgeführt – auf dem schadensbegründenden Verhalten des Klägers, dass die Baufreigabe erst am 17.09.2018 erteilt worden sei. Im Ausgangspunkt habe das oben bereits dargestellte schadensbegründende Verhalten des Klägers dazu geführt, dass die Baugenehmigung erst am 20.10.2017 erteilt und der Beklagen erst am 04.12.2017 übermittelt worden sei, so dass eine Bauumsetzung für das Jahr 2017 wegen der Absage des Bauunternehmers L. bereits ausgeschlossen gewesen sei. Die in der Baugenehmigung für die Erteilung des Bauscheins geforderte Vorlage der statischen Berechnung einschließlich der Positions- und Konstruktionspläne der Unteren Baurechtsbehörde habe daher keine Eile gehabt und sei in der Zeit vor Weihnachten “und weit über den Jahreswechsel hinaus wegen der im Bereich des Landkreises F. tatsächlich ausgeübten ‘Bauferien’ mit Skifreizeiten etc.” ohnehin nicht zu erreichen gewesen. Außerdem habe der Bauunternehmer L. der Beklagten mitgeteilt, dass vor Ende der Ferienzeit nicht mit der Errichtung der beiden genehmigten Anbauten und des Ersatzbaus gerechnet werde konnte, da er bis dorthin voll ausgelastet sei.

Die Beklagte hätte die vorstehendenden Ergänzungen und Erläuterungen vorgenommen, wenn das Landgericht darauf hingewiesen hätte, dass es diese Aspekte für entscheidungserheblich halte. Aus diesen ergebe sich, dass die Verzögerung von einem Jahr ausschließlich auf der pflichtwidrig verzögerten Stellung des Bauantrags beruhe.

Für die Berechnung des Schadens komme es darauf an, wann der Bauschein erteilt worden wäre, wenn der Kläger seine Leistung pflichtgemäß erbracht hätte und nicht, welcher Zeitraum zwischen der Erteilung der Baugenehmigung bis zur Erteilung des Bauscheins verstrichen sei. Hätte die Baugenehmigung entsprechend den Vorausführungen allerspätestens Mitte Juli 2017 vorgelegen, wäre der Bauschein bei einer Regelbearbeitungszeit des Bauamtes des Landkreises Freiburg von längstens einem Monat nach der dann sofort erstellten und vorgelegten statischen Berechnung spätestens Mitte August 2017 erteilt worden und damit vor der vom Bauunternehmer L. geplanten Wiederaufnahme seines Baugeschäftsbetriebes mit dem Ende der Betriebsferien.

Auch die weiteren Urteilsfeststellungen, der Beklagten sei kein Schaden durch den Kläger entstanden, da nach den Angaben des Zeugen Dr. F. in dem Termin der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2020 das Objekt wegen später aufgetretener statischer Probleme nicht fertig gestellt und auch nicht wiederbelebt sei, würden die Beklagte abermals in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzen. Durch diese Aussage sei es entgegen der Annahme des Landgerichts nicht zur einer Änderung der bisherigen Zielrichtung des Vortrags gekommen. Die Beklagte habe nie vorgetragen, ab Frühjahr 2018 konkrete Bewerber für das Objekt gehabt zu haben. Außerdem sei die Fertigstellung und Wiederbelebung keine Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch für einen Pachtausfall als Verzögerungsschaden. Die Beklagte habe auf die Aufforderung des Landgerichts mit Verfügung vom 20.01.2020, die Ersatzansprüche wegen der Verzögerung zu beziffern, mit Schriftsatz vom 20.02.2020 vorgetragen. Aus diesen Angaben habe sich nicht ergeben, dass es bereits konkrete Bewerber gegeben habe. Vielmehr habe der Vortrag dazu gedient, dem Gericht Tatsachen für eine Mindestschadensschätzung nach § 287 ZPO an die Hand zu geben.

Die vom Landgericht aufgegriffenen statischen Probleme seien gemessen an dem Gesamtplan von untergeordneter und vorübergehender Art. Die denkmalschutzrechtliche Genehmigung für die teilweise Erneuerung und statische Ertüchtigung der Flurwand sei nur eine Zeitfrage und ändere an dem Gesamtausbau nichts. In diesem Innenausbauproblem liege kein dem Kläger zurechenbarer Vorteil, weil dieses an der Nutzungsausfallzeit von einem Jahr, die auf die auf die Pflichtverletzung des Klägers zurückzuführen sei, nichts ändere.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Freiburg im Breisgau vom 09.06.2020 – 2 0 429/18 – die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.

Das Landgericht sei aus rechtlich zutreffenden Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger habe einen Anspruch auf ein Mindesthonorar nach § 7 Abs. 5 HOAI. Auch nach dem Urteil des EuGHs vom 04.07.2019 sei zumindest im Rechtsverkehr zwischen Privaten § 7 Abs. 5 HOAI weiter anzuwenden.

Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung rüge, das Landgericht habe den Anspruch auf § 631 BGB i.V.m. der HOAI gestützt und die Regelungen über Architektenverträge in §§ 650p bis 650t BGB nicht gesehen, verkenne sie, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Architektenvertrags im Jahr 2016 die Bestimmungen der §§ 650p ff. BGB noch nicht gegolten hätten und erst auf Verträge Anwendung fänden, die nach dem 31.12.2017 abgeschlossen worden seien (EGBGB Art. 229 § 39).

Das Landgericht sei auf der Grundlage der Aussage von Dr. F. als Zeuge und unter Berücksichtigung der vom Kläger vorgelegten Planunterlagen zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, der Kläger sei nicht nur mit der Genehmigungsplanung (Leistungsphase 4), sondern auch mit der Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1), der Vorplanung (Leistungsphase 2) und der Entwurfsplanung (Leistungsphase 3) beauftragt worden. Die Beklagte greife die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht an. Sie stelle die in der ersten Instanz festgestellten Tatsachen, die das Landgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe, nicht mit konkretem Sachvortrag in Frage.

Zu Recht habe das Landgericht festgestellt, der Beklagten stünden keine aufrechenbare Gegenansprüche zu.

Der Kläger habe keinen festen Termin zugesagt, bis zu dem er den Bauantrag einreichen werde. Das Landgericht habe die Zeugenaussage des Zeugen Dr. F. und die Anhörung des Klägers im Ergebnis rechtsfehlerfrei so gewürdigt, dass es eine feste Zusage für die Einreichung der Baugenehmigungsunterlagen nicht gegeben habe. Selbst wenn man zu einem anderen Beweisergebnis komme, wäre zugunsten der Beklagten bestenfalls von einem non liquet auszugehen, d.h. mangels schriftlicher Vereinbarung über den Termin zur Abgabe der Baugenehmigungsunterlagen wäre im Rahmen der Beweiswürdigung davon auszugehen, dass ein fester Termin zur Abgabe der Baugenehmigungsunterlagen Ende September 2016 aufgrund der divergierenden Aussagen des Klägers und des Zeugen Dr. F. nicht als bewiesen anzusehen sei.

Das Landgericht habe weiter zu Recht festgestellt, dass ein Verzug nach § 286 BGB nach der Aussage des Zeugen Dr. F. nicht vorliege, da dieser Mahnungen nicht ausgesprochen habe.

Im Übrigen bleibe festzuhalten, dass Genehmigungsverzögerungen, die durch die Bearbeitung des Bauantrages aufgrund der Beteiligung zahlreicher Träger öffentlicher Belange u.a. der Denkmalschutzbehörde eingetreten seien, vom Kläger nicht zu vertreten seien.

Auch die Feststellung des Landgerichts, der Beklagten sei kein Schaden entstanden, mit der sie gegenüber der Klageforderung aufrechnen könne, sei zutreffend. Es stehe fest, dass die Umbaumaßnahmen bis heute nicht abgeschlossen seien. Der Zeuge Dr. F. habe in seiner Vernehmung am 09.06.2020 eingeräumt, es sei zu Fertigstellungsverzögerungen gekommen, die der Kläger nicht zu vertreten habe. Die Arbeiten hätten im Frühjahr 2018 – also bis zu dem Termin, den die Beklagte sich als Fertigstellungstermin gewünscht habe, abgeschlossen werden können, wenn es nicht zu Bauverzögerungen gekommen wäre, die darauf beruhten, dass Handwerker die ihnen in Auftrag gegebenen Arbeiten nicht ausgeführt hätten. Zu alledem seien auch noch statische Probleme aufgetreten. All dies habe der Kläger nicht zu vertreten.

Die Behauptung der Beklagten, ihr entgehe seit dem Frühjahr 2018 ein monatlicher Pachtzins in der Größenordnung von 5.000,00 Euro sei aus der Luft gegriffen und entbehre jeglicher Grundlage. Das Objekt sei bis heute nicht fertiggestellt und könne deswegen nicht verpachtet werden. Derzeit stehe deswegen noch nicht einmal fest, ob das Objekt überhaupt je verpachtet werden und kostendeckend und rentabel bewirtschaftet werden könne.

Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.10.2022 verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Architektenhonorar in der geltend gemachten Höhe (1). Die Aufrechnung und die Hilfsaufrechnung der Beklagten bleiben ohne Erfolg (2): Weder gelang ihr der Nachweis, dass ihr Gewinn entging, noch ist ein unterstellter Verzug des Klägers ursächlich für einen Schaden bei der Beklagten, da u.a. aufgrund statischer Probleme, die nicht dem Kläger zuzurechnen sind, die Baumaßnahmen nach wie vor nicht abgeschlossen sind und der Gasthof noch nicht wiedereröffnet ist.

1. Der Kläger hat einen Anspruch auf Architektenhonorar gem. § 631 BGB (a) i.V.m. §§ 7 Abs. 1, 3, 5, 56 HOAI 2013 in Höhe des Mindestsatzes (b) für die Leistungsphasen 1 bis 4 (c) in Höhe von 12.339,37 Euro.

a) Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus § 631 BGB i.V.m. den Regelungen der HOAI 2013. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind auf das Vertragsverhältnis nicht die Regelungen der §§ 650p ff. BGB anwendbar. Die Parteien haben im Jahr 2016 einen mündlichen Architektenvertrag geschlossen. Nach Art 229 § 39 EGBGB findet auf Schuldverträge, die vor dem 01.01.2018 abgeschlossen wurden, die Vorschriften des BGB in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung Anwendung.

b) Der Kläger hat aus dem zwischen den Parteien im Jahr 2016 geschlossenen Architektenvertrag einen Anspruch auf Vergütung seiner erbrachten Architektenleistungen in Höhe der Mindestsätze gemäß § 56 Abs. 1 HOAI 2013 (aa). Er ist nicht an der Abrechnung nach den Mindestsätzen gehindert (bb).

aa) Mangels schriftlicher Honorarvereinbarung besteht kein Anspruch der Beklagten auf Abrechnung der Tätigkeit des Klägers nach Stunden. Nach § 7 Abs. 5 HOAI 2013 wird unwiderleglich vermutet, dass die Mindestsätze der HOAI 2013 vereinbart sind, wenn nicht bei Auftragserteilung etwas Anderes schriftlich vereinbart wurde.

Die Bestimmungen in § 7 HOAI 2013, nach denen ohne schriftliche Vereinbarung die Architektenleistung nach den Mindestsätzen zu vergüten ist, ist in einem laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen weiterhin anwendbar (BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – VII ZR 174/19 -). Weder kann § 7 HOAI unter Berücksichtigung der Entscheidung des EuGH vom 4. Juli 2019 (C-377/17 – Kommission/Deutschland) richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden, dass die Mindestsätze der HOAI im Verhältnis zwischen Privatpersonen grundsätzlich nicht mehr verbindlich sind, noch ist der Anspruch des Klägers als treuwidrig und unzulässig zu bewerten, weil die nationale Rechtsvorschrift, aus der der Anspruch hergeleitet wird, gegen eine Richtlinie der Europäischen Union verstößt (BGH, a.a.O.).

bb) Der Kläger ist nicht an einer Abrechnung nach den Mindestsätzen gehindert. Weder liegt eine konkludente Verzichtserklärung des Klägers vor (1), noch ist er nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gem. § 242 BGB daran gehindert, nach den Mindestsätzen abzurechnen (2).

(1) Ein konkludent erklärter Verzicht des Klägers nach § 397 BGB auf eine Vergütung über die mit der ursprünglichen Schlussrechnung vom 14.12.2017 geltend gemachte Vergütung hinaus ist nicht festzustellen.

An die Feststellung eines Verzichtswillens sind strenge Anforderungen zu stellen, er darf nicht vermutet werden (BGH, Urteil vom 21. November 2006 – VI ZR 76/06 -). Selbst bei eindeutig erscheinender Erklärung des Gläubigers darf ein Verzicht deshalb nicht angenommen werden, ohne dass bei der Feststellung zum erklärten Vertragswillen sämtliche Begleitumstände berücksichtigt worden sind (BGH, Urteil vom 21. November 2006 – VI ZR 76/06 -; Urteil vom 15. Januar 2022 – X ZR 91/00 -). Diesen Grundsätzen entsprechend liegt auch in der Stellung einer Schlussrechnung, in der die Honorarforderung nicht vollständig ausgewiesen ist, regelmäßig kein Verzicht auf die weitergehende Forderung (BGH, Urteil vom 19. November 2015 – VII ZR 151/13 -).

Daher lässt sich alleine anhand des Umstands, dass der Kläger in seiner ersten Schlussrechnung seine Tätigkeit auf Stundenlohnbasis abrechnete, ein Verzichtswille nicht feststellen. Auch der Umstand, dass er diese Schlussrechnung zunächst im Mahnbescheidsverfahren geltend machte, den Mahnbescheidsantrag dann aber wieder zurücknahm, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger parallel zu dem laufenden Mahnbescheidsverfahren der Beklagten gegenüber durch seinen Anwalt mitteilen ließ, dass ihm ein Mindesthonorar zustehe, so dass aus den gesamten Begleitumständen kein Wille zum Verzicht festgestellt werden kann.

(2) Der Kläger ist auch nicht gem. § 242 BGB nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert, nach den Mindestsätzen abzurechnen. Diese Fälle gehören zur Fallgruppe der unzulässigen Rechtsausübung nach § 242 BGB in Gestalt des widersprüchlichen Verhaltens (Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher/ Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, Teil 11, Rn. 463).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht ein widersprüchliches Verhalten (1. Voraussetzung) nach Treu und Glauben einem Geltendmachen der Mindestsätze entgegen, sofern der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraut hat (2. Voraussetzung) und vertrauen durfte (3. Voraussetzung) und er sich darauf in einer Weise eingerichtet hat (4. Voraussetzung), dass ihm die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann (5. Voraussetzung) (vgl. BGH, EuGH-Vorlage vom 14. Mai 2020 – VII ZR 174/19 -; BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 – VII ZR 163/10 -).

Letzteres setzt zum einen voraus, dass sich der Auftraggeber im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Vereinbarung durch konkrete Dispositionen darauf eingerichtet hat, dass ein das vereinbarte Honorar übersteigendes Mindestsatzhonorar nicht gefordert wird; zum anderen ist erforderlich, dass die Zahlung des Differenzbetrags unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls für den Auftraggeber nicht mehr zumutbar ist, weil sie eine besondere Härte für ihn bedeutet (BGH, EuGH-Vorlage vom 14. Mai 2020 – VII ZR 174/19 -).

Diese beiden Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich nicht, dass sie überhaupt – und falls doch, welche – konkrete Dispositionen im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Stundensatzabrechnung vornahm, weil sie sich auf diese eingerichtet hat. Zudem stellt die Beklagte auch keine sonstigen Umstände dar, aus denen sich ergibt, dass die Zahlung der Mindestsätze eine besondere – unzumutbare – Härte für sie begründet (vgl. zu diesem Erfordernis: BGH, EuGH-Vorlage vom 14. Mai 2020 – VII ZR 174/19 -; OLG Hamm, Urteil vom 23. Juli 2019 – I-21 U 24/18 -).

Entgegen der Auffassung der Beklagten führt auch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. Oktober 2011 – VII ZR 163/10 – zu keinem anderen Ergebnis. Im Unterschied zu dem jener Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt stehen im Streitfall die Parteien schon nicht in einer ständigen Geschäftsbeziehung. Daher liegt keine Konstellation vor, bei der sich der Auftraggeber in seiner wirtschaftlichen Disposition auf die in einer Vielzahl von Fällen mit dem Architekten oder Ingenieur unterhalb der Mindestsätze vereinbarten Honorare eingestellt hat und befürchten muss, bei der Geltendmachung der Mindestsätze wirtschaftlich unzumutbar getroffen zu werden.

c) Die Feststellung des Landgerichts, der Kläger sei mit der Erbringung der Leistungsphasen 1 bis 4 beauftragt worden und habe diese erbracht, ist nicht zu beanstanden.

Unstreitig wurde der Kläger beauftragt, die Baugenehmigung einzuholen. Der Kläger war daher jedenfalls beauftragt, eine Tätigkeit zu erbringen, die der Leistungsphase 4 der HOAI unterfällt. aa) Ob bei dem Auftrag, die Baugenehmigung zu erwirken, auch die Leistungsphasen 1 bis 3 beauftragt wurden, richtet sich nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag und ist – worauf das Landgericht zutreffend hinweist – durch Auslegung der Vereinbarung zu ermitteln (BGH, Urteil vom 6. Juli 2007 – VII ZR 157/06 -). Dabei sind nicht die Preisvorschriften der HOAI heranzuziehen, sondern die allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätze des BGB zur Feststellung und Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen (BGH, a.a.O.). Nach dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, a.a.O.) kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, die Beauftragung mit der Genehmigungsplanung bedeute in der Regel, dass auch die übrigen Leistungen der Leistungsphase 1 bis 4 erbracht werden sollen. Entscheidend ist vielmehr, was die Parteien tatsächlich als Leistungen vereinbart haben (vgl. Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher/ Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, Teil 11, Rn. 68).

Auch nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 06.07.2007 wird in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, der Auftrag, die Genehmigungsplanung zu erstellen, setze die systematisch vorangehende Überlegung und Planungsschritte der Grundlagenermittlung, Vor- und Entwurfsplanung entsprechend der Leistungsphasen 1 bis 3 notwendig voraus, wenn sie nicht von anderer Seite erbracht wurden (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. Februar 2010 – 8 U 143/09 -; LG München I, Urteil vom 31. Januar 2017 – 5 O 21198/15 -, BeckRS 2017, 103196 Rn. 10). Denn ohne diese Vorarbeiten wäre es dem Architekten nicht möglich festzustellen, ob ein Baugenehmigungsverfahren erfolgsversprechend geführt werden kann (LG München I, a.a.O.).

Etwas Anderes soll gelten, wenn die Tätigkeiten, die in den Leistungsphasen 1 bis 3 abgebildet werden, bereits durch Dritte erbracht worden sind und auf dieser Grundlage ein Architekt lediglich mit der Tätigkeit beauftragt wurde, die der Fertigung der Genehmigungsplanung, wie sie in der Leistungsphase 4 beschrieben wird, entspricht. Diese von Dritten erbrachten Arbeiten und erstellten Pläne müssen dann aber eine ausreichende Grundlage für die Genehmigungsplanung sein (LG München I, a.a.O.) und der Architekt darf nicht vom Auftraggeber mit der Erledigung von Aufgaben – insbesondere planerischen Leistungen – beauftragt worden sein, die nicht der Leistungsphase 4, sondern den Leistungsphasen 1 bis 3 unterfallen (vgl. OLG Karlsruhe, a. a. O.).

bb) Gemessen hieran ist das Ergebnis des Landgerichts, der Kläger sei mit der Erbringung der Leistungsphasen 1 bis 4 beauftragt worden und habe diese erbracht, nicht zu beanstanden. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den Angaben des Zeugen Dr. F. im Termin der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2020, den vom Kläger vorgelegten Planunterlagen und seinen Angaben im Rahmen der informatorischen Anhörung am 04.03.2020.

Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, ihr Ehemann Dr. Richard F., schilderte als Zeuge, welche Tätigkeiten er als Vertreter der Beklagten vom Kläger verlangte und welche Planunterlagen des zuvor von der Beklagten beauftragten Architekten B. dem Kläger überlassen wurden. Danach hat der Architekt B. bei der Erstellung des als Anlage K 9 vorgelegten Plans lediglich die von Dr. F. gefertigte Bestandszeichnung über die genehmigte Bestandzeichnung gelegt. Daher habe dies, so der Zeuge Dr. F. weiter, im Detail überprüft werden müssen, besonders bezüglich Leitungen und Wänden. Bei dem ersten Ortstermin am 01.07.2016 sei dem Kläger das gesamte Objekt gezeigt worden, insbesondere seien die drei Bereiche, in denen Änderungen vorgesehen gewesen seien, dargelegt worden. Auch sei dem Kläger gesagt worden, wenn er aus seinem Fachwissen heraus Ideen habe, seien Änderungen denkbar. Bereits diese Umstände sprechen gegen die Annahme, der Kläger habe aus einer vollständig abgeschlossenen Vor- und Entwurfsplanung lediglich noch die Genehmigungsplanung erstellen müssen. Vielmehr hatte sich der Kläger auf der Grundlage der vom Zeugen Dr. F. für die Beklagte konkret mitgeteilten Vorstellungen der späteren Verwendung des Gebäudes Gedanken zu machen und zu beurteilen, wie diese planerisch umgesetzt werden können und wie die Genehmigungsvoraussetzungen einzuhalten sind.

Der Kläger hat sodann auch nicht die Genehmigungsplanung ohne Veränderungen auf der Grundlage der Entwurfsplanung des Architekten B. gefertigt, sondern er hat in mehreren Bereichen die Wünsche der Beklagten planerisch umgesetzt: Der 1. Anbau (nordöstlicher Anbau) sollte nach den Wünschen der Beklagten so breit wie möglich geplant werden. Dies erforderte, da er zu einem Bach hin gelegen war, eine Abklärung mit dem Hochwasserschutz, was durch den Kläger nach den Angaben von Dr. F. auch erfolgt ist. Dies deckt sich mit den Angaben des Klägers, der im Rahmen seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2020 schilderte, hinsichtlich dieses Anbaus habe er in einer Besprechung am 22.12.2016 die Notwendigkeit der Klärung des Gewässerrandstreifens besprochen und von seinen Gesprächen zu diesem Punkt mit dem Leiter des Baurechtsamts M., dem Kreisbaumeister und der Dezernentin vom Gewässerschutz berichtet. Aus diesem Grund habe die Beklagte den Vermesser Bernauer beauftragt, den Gewässerverlauf zu ermitteln, da dieser konkret in die Planung einzuzeichnen gewesen sei.

Im Bereich der Gästezimmer im ersten Obergeschoss war es nach den Angaben von Dr. F. die Aufgabe des Klägers, nach den Vorstellungen der Beklagten bodentiefe Fenster zu planen. Auch sollte der Kläger im Obergeschoss drei Zimmer zur Bachseite hin neu planen und deren Nasszellen neu konzipieren. Ebenso sollten zwei Zimmer auf der Hangseite neu zugeschnitten werden. Diese Änderungen hat der Kläger planerisch umgesetzt, was sich auch aus einem Vergleich der als Anlage K 9 vorgelegten Pläne des Architekten B. mit den dann vom Kläger erstellten Plänen in der Anlage K 10 ergibt. Auch diesbezüglich handelt es sich nicht um eine bloße Übernahme der Vorplanung/Entwurfsplanung von Herrn B..

Auch im Bereich des 3. Anbaus (Hangseite) wurde, um dem Wunsch der Beklagten nach einem barrierefreien Zugang zu entsprechen, in Abweichung der B. Planung durch den Kläger eine Rampe geplant.

Zudem wurden mehrere planerische Varianten angedacht und dann wieder verworfen. Unter anderen die Idee der Überdachung der Terrasse, die zunächst vom Kläger planerisch umgesetzt (vgl. Anlage K 10), dann aber doch wieder verworfen wurde. Ebenso wurde im Bereich des 3. Anbaus (Hangseite) zunächst ein Flachdach geplant, dann aber ein Pultdach (vgl. die verschiedenen Darstellungen in den Schnitten A-A/B-B – bspw. in den Anlagen K 11 und K 15).

Aus alledem ergibt sich, dass die Vorplanung und Entwurfsplanung noch nicht durch den Architekten B. abgeschlossen war und der Kläger nur daran anschließend die Genehmigungsplanung zu fertigen hatte. Auch Dr. F. erklärte, der Kläger habe mit ihm zusammen an der B.-Planung das umgesetzt, was er geändert haben wollte und was Herr B. eigentlich machen wollte. Auch daran wird deutlich, dass der Kläger nicht nur an die Planung des Vorplaners anschloss, sondern diese erst änderte, um anschließend auf der Basis dieser geänderten Pläne die Genehmigungsplanung vorzunehmen.

Damit lagen bereits, was den Bestand anging, keine Pläne vor, auf denen der Kläger für eine Genehmigungsplanung hätte aufbauen können. Schon gar nicht war die Planung so konkret vorangeschritten und abgeschlossen, dass die Tätigkeit des Klägers sich darin erschöpfte, lediglich auf der Grundlage der feststehenden Planung eine Vorlage für die Baugenehmigung zu erstellen (vgl. zu diesem Aspekt der Abgrenzung: BGH, Urteil vom 06.12.2007 – VII ZR 157/06 -).

Da nach alledem feststeht, dass der Kläger für seinen Auftrag, die Genehmigungsplanung zu erstellen, nicht umfassend auf Vorleistungen aus den mit den Leistungsphasen 1 bis 3 abzurechnenden Tätigkeiten aufbauen konnte, sondern diese – was sich aus dem Vorstehenden ergibt – selbst erbracht hat und dazu durch die Beklagte, vertreten durch Dr. F., auch beauftragt war, hat er einen Anspruch auf Vergütung für die Leistungsphasen 1 bis 4 in der geltend gemachten Höhe. Die Beklagte hat die Grundlagen der Honorarberechnung nicht angegriffen.

Auch sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese fehlerhaft gewählt wurden.

2. Die Beklagte hat keine Gegenansprüche, mit denen sie aufrechnen kann.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Parteien einen festen Termin vereinbart haben, bis zu dem der Kläger spätestens die Genehmigungsunterlagen einreichen sollte, ob vom Kläger zu vertretende Verzögerungen vorlagen und ob die Voraussetzungen der haftungsbegründenden Kausalität erfüllt sind.

Auf alles dies kommt es nicht an, weil der Beklagten nicht der Nachweis gelang, dass ihr in Folge des von ihr behaupteten Verzugs des Klägers ein Schaden entstanden ist.

Daher ist auch die Anlage K 12 – deren nicht erfolgte Übersendung die Beklagte rügt – nicht entscheidungserheblich. Bei dieser Anlage handelt es sich um eine Tabelle des Klägers, wann er welche Tätigkeiten erledigt haben will, was lediglich mit der Frage einer etwaig verzögerten Leistungserbringung in Zusammenhang steht.

a) Bei der von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung handelt es sich um den Ersatz entgangenen Gewinns nach §§ 249 Abs. 1, 252 BGB. Ihr gelang aber nicht der Nachweis, dass ein solcher mit hinreichender Wahrscheinlichkeit hätte erzielt werden können. Die landgerichtlichen Feststellungen sind in diesem Punkt zutreffend.

aa) Nach § 249 Abs. 1 BGB hat derjenige, der zu Schadensersatz verpflichtet ist, denjenigen Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn (§ 252 Satz 1 BGB). Als entgangen gilt der Gewinn, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

Die Darlegungs- und Beweislast obliegt dem Geschädigten, vorliegend also der Beklagten. Für den Beweis des entgangenen Gewinns gilt ein objektiver Maßstab. Daher kann auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge abgestellt werden. Maßgebend sind dabei stets die individuellen Verhältnisse. Die bloße Möglichkeit eines Gewinns genügt als Nachweis noch nicht. Es reicht also nicht, dass der Kläger lediglich subjektiv den Eintritt des Gewinns erwartet oder erhofft hat (Geigel, Haftpflichtprozess, 28. Aufl., Kap. 4 Personenschaden, Rn. 81).

bb) Gemessen hieran hat die Beklagte auch nach dem insoweit erleichterten Darlegungs- und Beweismaß der §§ 252 Satz 2 BGB, 287 ZPO nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen entgangenen Gewinn nachgewiesen. Die individuellen Verhältnisse stellen sich im Ausgangspunkt wie folgt dar: Ein Landgasthof soll nach längerer Betriebspause und umfangreicher Modernisierung wiederbelebt werden. Allerdings ist bereits nach dem Vortrag der Beklagten der endgültige Ausbauzustand, in dem dann die Wiederinbetriebnahme erfolgen soll, nach wie vor nicht bestimmt und bekannt. Auch ist noch keine Entscheidung getroffen, ob das Objekt verpachtet oder von der Nichte der Beklagten als familieninterne Lösung betrieben wird. Dies hat der Zeuge Dr. F. bei seiner Vernehmung in dem Termin der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2020 so angegeben (Protokoll vom 09.06.2020, S. 4 – I 259). Pachtverhandlungen wurden damals nicht geführt. Die realistische Einschätzung des Zeugen war, dies sei wegen des Zustandes des Gasthofes auch nicht möglich, weil der Korpus und die Zimmer des Gebäudes gar nicht fertig seien (Protokoll vom 09.06.2020, S. 4).

Angesichts dieser konkreten Situation bleibt vage, wie das Gasthaus zugeschnitten sein wird, wie dessen Nutzung aussehen wird, ob und zu welcher Pachthöhe es verpachtet wird und werden kann. Hinzu kommt – worauf das Landgericht zutreffend hinweist -, dass von den Pachteinnahmen die vom Verpächter zu tragenden Kosten in Abzug zu bringen sind. Nach alledem lässt sich nicht mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit erkennen, von welchem gewöhnlichen Verlauf der Dinge für die Berechnung des entgangenen Gewinns auszugehen ist und dass überhaupt ein Gewinn wahrscheinlich ist.

b) Unabhängig davon gelang der Beklagten nicht der Nachweis, dass der behauptete Schaden auf dem vermeintlichen Verzug des Klägers beruht. Selbst wenn der Kläger, wie von der Beklagten behauptet, seine Leistung nicht wie zugesagt bis Ende September 2016, sondern erst im Frühjahr 2017 erbrachte und die Beklagte daher nicht im Jahr 2017 die An- und Umbaumaßnahmen durchführen konnte und aus diesem Grund der Innenausbau auch nicht im Winter 2017/2018 erfolgen konnte, war dies nicht ursächlich für den entgangenen Gewinn. Dies zeigt der nach der Differenzhypothese vorzunehmende Vergleich des tatsächlichen Ablaufs mit dem hypothetischen Ablauf:

Auch wenn der Kläger seine Arbeiten innerhalb der von der Beklagten behaupteten Frist erbracht hätte, wären die Sanierungsmaßnahmen gleichwohl nicht abgeschlossen gewesen und der Betrieb hätte auch dann noch nicht wiederaufgenommen werden können: Bei der Renovierung der Zimmer im Obergeschoss zeigten sich statische Probleme. Diese entstammen einem Bereich, für den der Kläger nicht zuständig war (vgl. Aussage Dr. F., Protokoll vom 09.06.2020, S. 3). Aufgrund dieser neu aufgetreten Situation verlangte die Baurechtsbehörde einen neuen Bauantrag, der am 09.06.2020 lediglich “auf den Weg gebracht” war (Protokoll vom 09.06.2020, S. 4). Durch diese zusätzlichen Statikprobleme traten somit eigenständige, nicht dem Kläger zurechenbare Verzögerungen auf, so dass auch am 09.06.2020 von Dr. F. nicht prognostiziert werden konnte, wann die gesamten Bauarbeiten abgeschlossen sind. Diese neu aufgetretenen Schwierigkeiten und ihre Auswirkungen auf den weiteren Ablauf der Arbeiten hat der Zeuge Dr. F. bei seiner Vernehmung am 09.06.2020 eindrucksvoll und nachvollziehbar geschildert (Protokoll vom 09.06.2020, S. 3 ff.).

Eine etwaige Verzögerung der Leistungserbringung durch den Kläger ist nicht dafür kausal, dass der Beklagten Gewinn entgeht. Der weitere Innenausbau stockte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht nach wie vor u.a. wegen der Statikprobleme. Selbst bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz war der Innenausbau nicht fertiggestellt und das Betriebskonzept – fremdverpachtete oder familieninterne Lösung – noch nicht geklärt, wie der Beklagtenvertreter im Termin am 06.10.2022 bestätigte.

3. Auf etwaige Unrichtigkeiten in den erstinstanzlichen Feststellungen, die Gegenstand der fünf Tatbestandsberichtigungsanträge sind, kommt es nicht an. Sie betreffen keine Umstände, die entscheidungserheblich sind.

Dies gilt zunächst für den ersten und den dritten Berichtigungsantrag, bei denen es darum geht, ob eine Person bei einer Besichtigung zugegen war und wer dem Kläger Pläne in digitaler Form übersandt hat. Diese beiden Tatsachen sind nicht entscheidungsrelevant. Weder ist erheblich, ob die damalige Betreiberin des Gasthofs bei einer Besichtigung auch dabei war, noch kommt es darauf an, wer dem Kläger die digitalisierten Planunterlagen des vorbefassten Architekten übersandte.

Aber auch die Berichtigungsanträge Nummer 2 und 4 sind nicht entscheidungserheblich, betreffen sie doch die Fragen, wann die Beauftragung des Klägers erfolgte und wann mit den Umbauarbeiten begonnen werden konnte. Da wie oben dargestellt der Beklagten nicht der Nachweis gelang, dass ihr durch die von ihr behauptete verspätete Bearbeitung durch den Kläger ein Schaden entstanden ist, kommt es auf diese Tatsachen für die Entscheidung nicht an. Aus diesem Grund ist auch nicht die begehrte Streichung (Beginn des Gaststättenbetriebs) im Berichtigungsantrag Nummer 5 entscheidungserheblich.

Schließlich ist entgegen der Auffassung des Beklagten angesichts dieser fünf Berichtigungsanträge auch nicht davon auszugehen, dass das Landgericht den Tatsachenvortrag insgesamt nicht umfassend und zutreffend zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat. Hierfür gibt es in den Entscheidungsgründen keine Anhaltspunkte.

Welche weiteren Tatsachen nicht umfassend oder nicht zutreffend zur Kenntnis genommen worden sein sollen, trägt die Beklagte nicht vor. Solche sind für den Senat unter Berücksichtigung der Inhalte der gewechselten Schriftsätze, der Protokolle der Termine der mündlichen Verhandlung sowie der Entscheidungsgründe auch nicht ersichtlich.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

5. Gründe, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Verkündet am: 28.10.2022

OLG Köln zu der Frage, dass es der Abnahme gleich steht, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist

OLG Köln zu der Frage, dass es der Abnahme gleich steht, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist

von Thomas Ax

Der Abnahme steht es gleich, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist. Der Besteller ist zur Abnahme verpflichtet, wenn die Bauleistung fertig gestellt ist und allenfalls unwesentliche Mängel aufweist. Ob ein Mangel wesentlich ist und deshalb zur Verweigerung der Abnahme berechtigt, hängt von Art und Umfang des Mangels und seinen Auswirkungen ab. Das lässt sich nur unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilen. Auch bloß optische Beeinträchtigungen können das Maß des Zumutbaren überschreiten. Die Gestaltung einer mittig gelegenen, 280 qm umfassenden Innenhoffläche mit einer wassergebundenen Decke anstelle einer Rasenfläche stellt einen wesentlichen Mangel dar.
OLG Köln, Beschluss vom 02.11.2021 – 7 U 173/20

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Feststellung des Eintritts der Abnahmewirkungen betreffend eines mittels Bauträgervertrags verkauften Gemeinschaftseigentums.

Mittels notariellen Bauträgervertrags vom 19.12.2014 (Anl 1, AH1) erwarb der Beklagte von der Klägerin unter Einbeziehung einer Baubeschreibung (Anl. 4, AH1) die seitens der Klägerin zu errichtenden Eigentumswohnungen Nr. 24 und 25 im denkmalgeschützten Vierkanthof “###” in ### nebst vier Tiefgaragenstellplätzen zum Preis von insgesamt 1.205.310 EUR.

Ziffer 25 der im Kaufvertrag in Bezug genommenen Baubeschreibung lautete auszugsweise wie folgt:

“25. INNENHOF

Die Gestaltung des Innenhof erfolgt in Abstimmung mit der Denkmalbehörde und gemäß Landschaftspflegerischem Begleitplan.”

Der landschaftspflegerische Begleitplan vom 27.02.2014 (Bl. 144ff. GA) sah unter Z. 4 “Darstellung der Vermeidungs-, Minderungs- und Kompensationsmaßnahmen” auf Seite 18 u.a. vor:

“Die neu entstehende Freifläche im Innenhof wird als Rasenfläche angelegt.”

Die für die Baumaßnahme erteilte Baugenehmigung der Stadt I. vom 11.06.2015 (Bl. 182ff. GA) enthielt unter Ziffer 2 folgende Auflage:

“Der mit der Nutzungsänderung verbundene Eingriff in Natur und Landschaft wurde vom Ingenieurbüro ### durch einen Landschaftspflegerischen Begleitplan (LBP) (Stand: 27.02.2014) und eine artenschutzrechtliche Prüfung (ASP) (Stand: 20.02.2014) dargestellt. Die erforderlichen Vermeidungs-, Minderungs- und Kompensationsmaßnahmen, die in dem LBP und der ASP des vorgenannten Büros näher konkretisiert werden, sind umzusetzen.”

Tatsächlich legte die Klägerin in der Mitte des im Übrigen gepflasterten Innenhof später eine wassergebundene Decke an.

Am 21.08.2017 nahm der Beklagte das Sondereigentum ab; die letzte Kaufpreisrate in Höhe von 42.185,85 EUR zahlte er auf das Notaranderkonto, ohne bislang die Freigabe erteilt zu haben.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 18.07.2019 forderte die Klägerin den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 31.07.2019 zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums auf, was dieser unter Bezugnahme auf Mängel am 23.07.2019 verweigerte.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, im Verhältnis zwischen den Parteien seien infolge der unberechtigten Verweigerung der Abnahme seitens des Beklagten die Abnahmewirkungen eingetreten. Sämtliche beklagtenseits gerügten Mängel seien – selbst wenn sie bestünden – nicht wesentlich und stünden einer Abnahmereife nicht entgegen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Abnahme mit Blick auf fortbestehende Mängel zu Recht verweigert zu haben. Insbesondere stehe die Gestaltung der Innenhoffläche nicht mit den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien in Einklang, da keine Rasenfläche ausgeführt worden sei.

Das Gericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Feststellungsklage zulässig, jedoch unbegründet sei. Die Wirkungen der Abnahme hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums im Verhältnis zum Beklagten seien nicht zum 01.08.2019 eingetreten, weil das Gemeinschaftseigentum zu diesem Zeitpunkt mindestens einen nicht unwesentlichen Mangel im Sinne von § 640 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. aufgewiesen habe. Namentlich sei die Mitte der Innenhoffläche entgegen der vertraglichen Vereinbarungen und entgegen der Auflage in der Baugenehmigung nicht als Rasenfläche, sondern als wassergebundene Decke ausgeführt worden.

Wegen des Sachverhalts, der dem Rechtsstreit zugrunde liegt, sowie der in erster Instanz gestellten Anträge im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung vom 20.11.2020 (Bl. 311 ff. GA) Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Berufungsführerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Die Klägerin trägt nunmehr vor, es lägen die Berufungsgründe der fehlerhaften Rechtsanwendung sowie der unrichtigen Tatsachenfeststellung vor. Das Landgericht habe verkannt, dass ein wesentlicher Mangel tatsächlich nicht vorliege. Die aktuelle Beschaffenheit des Innenhofs sei materiell rechtmäßig, da die Abweichungen vom ursprünglichen LBP zusammen mit der zuständigen Behörde vorgegeben worden seien. Die Änderungen seien von der Zeugin ### gefordert worden, die für die Naturschutzbehörde gesprochen habe. Eine Textur der Baugenehmigung sei problemlos möglich und von der Klägerin zwischenzeitlich auch beantragt worden.

Sie beantragt,

1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 20.11.2020 mit dem Az. 18 O 281/19 festzustellen, dass die Wirkungen der Abnahme hinsichtlich des von dem Beklagten mit notariellem Kaufvertrag vom 19.12.2014 (UR Nr. ###/2014 ### Notar ### aus ###) anteilig erworbenen und von der Klägerin errichteten Gemeinschaftseigentums (Hofgebäude und Tiefgarage mit Außenflächen) auf dem Grundbesitz “###”, ###-Straße ### in ### spätestens am 01.09.2019 eingetreten sind,

2. vorsorglich für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen,

3. hilfsweise, den Rechtsstreit unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln vom 20.11.2020 mit dem Aktenzeichen 18 O 281/19 zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Köln zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Erweiterung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Die Parteien hätten hinsichtlich der Gestaltung des Innenhofs als Rasenfläche eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen. Eine solche Auslegung verstoße auch nicht gegen höchstrichterliche Rechtsprechung, insbesondere weil der LBP in der notariell beurkundeten Baubeschreibung ausdrücklich erwähnt worden sei. Zudem sei noch nicht einmal klar, wieso der LBP in Bezug auf die Rasenfläche habe geändert werden müssen. Der LBP sei Bestandteil der Planunterlagen für die Baurechtserlangung. Es stelle sich die Frage, wieso die Zeugin ### einseitig habe Vorgaben machen können. Es werde bestritten, dass eine Rasenfläche ausgeschlossen gewesen sei und die vorgenannte Zeugin praktisch für die Naturschutzbehörde gesprochen habe. Der Verzicht auf die Rasenfläche sei keine zwingende Vorgabe des Planers, sondern das Ergebnis einer Absprache mit den Bauherren gewesen. Jedenfalls habe er als Käufer eine klare Vorstellung von der Rasenfläche im Innenhof gehabt. Die wassergebundene Fläche stelle schließlich einen wesentlichen Mangel dar.

Mit Beschluss vom 17.09.2021 hat der Senat darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 426ff. GA).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Der Beschluss ergeht gemäß § 522 Abs. 2 ZPO.

Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss vom 17.09.2021 Bezug genommen.

Die hierzu erfolgten Stellungnahmen der Klägerin vom 06. und 14.10.2021 rechtfertigen keine andere Entscheidung, sondern geben lediglich zu folgender ergänzenden Begründung Anlass:

1. Entgegen der Ansicht der Klägerin steht die im vorgenannten Hinweisbeschluss vorgenommene Auslegung des notariell beurkundeten Bauträgerkaufvertrags der Parteien vom 19.12.2014 nicht im Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung, insbesondere nicht zu der von der Klägerin zitierten Entscheidung (BGH, Urteil vom 06.11.2015 V ZR 78/14). Der Bundesgerichtshof hat darin lediglich entschieden, dass eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks oder Gebäudes vor Vertragsschluss durch den Verkäufer, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag findet, in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung führt (BGH, a.a.O. Rn 15).

a. Dies ist vorliegend jedoch schon deshalb nicht übertragbar, weil die Beschreibung der Eigenschaft der neu errichteten Freifläche im Innenhof als Rasenfläche hier nicht vor, sondern bei Vertragsschluss am 19.12.2014 erfolgt ist. Gemäß § 6 Nr. 1 Abs. 1 des vorgenannten Vertrags hat die Bauausführung entsprechend der Baubeschreibung zu erfolgen (S. 18 Anl 1, AH 1). Nach Ziffer 25 dieser Baubeschreibung erfolgt die Gestaltung des Innenhofs in Abstimmung mit der Denkmalbehörde und gemäß LBP (S. 7 der Anl 2 zu Anl 4 im AH1). Dieser sieht unter Ziffer 4.3 Unterziffer 4 ausdrücklich vor, dass die neu zu errichtende Freifläche im Innenhof als Rasenfläche angelegt wird (Bl. 162 GA).

b. Unabhängig davon hat die Eigenschaftsbeschreibung durch die Verweisungskette auch im notariell beurkundeten Vertrag der Parteien ihren Niederschlag gefunden. Anders als in der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, a.a.O., Rn 21) wurde der LBP in den notariell beurkundeten Erklärungen der Parteien ausdrücklich erwähnt. Unter § 1 Nr. 3 des von den Parteien geschlossenen und notariell beurkundeten Vertrags vom 19.12.2014 heißt es ausdrücklich, dass der Grundbesitz entsprechend der Baubeschreibung vom 29.09.2014 – URNr. 2249 für 2014 ### des Notars ### modernisiert wird. Ebenso ausdrücklich heißt es unter § 6 Nr. 1 Abs. 1 des notariell beurkundeten Vertrags der Parteien, dass die Bauausführung seitens der als Verkäufer im Vertrag genannten Klägerin entsprechend der eingangs erwähnten Baubeschreibung erfolgt. Diese Baubeschreibung wurde als Anlage II der vorgenannten Urkunde des Notars ### vom 29.04.2014, auf die der notariell beurkundete Vertrag der Parteien ausdrücklich Bezug nimmt, ebenfalls notariell beurkundet (Anl. 10 im AH2). In dieser Baubeschreibung ist wiederum unter Ziffer 25 ausdrücklich geregelt, dass die Gestaltung des Innenhofs gemäß LBP erfolgt. Dieser sah aber zum Zeitpunkt des notariell beurkundeten Vertrags der Parteien am 19.12.2014 vor, dass die neu zu errichtende Freifläche im Innenhof als Rasenfläche angelegt wird.

Dass der LBP vom 27.02.2014 bis dahin geändert wurde, ist weder vorgetragen noch aus den sonstigen Umständen ersichtlich. Hiergegen spricht insbesondere, dass die auf den Antrag vom 24.10.2014 am 11.06.2015 erteilte Baugenehmigung auf den vorgenannten LBP vom 27.02.2014 ausdrücklich Bezug nimmt und ihn zum Bestandteil der Genehmigung gemacht hat (Bl. 182 GA). Zudem stellt sie unter Nr. 2 der Auflagen ausdrücklich klar, dass der mit der Nutzungsänderung verbundene Eingriff in Natur und Landschaft vom Ingenieurbüro ### durch den LBP (Stand: 27.02.2014) dargestellt worden sei und die erforderlichen Vermeidungs-, Minderungs- und Kompensationsmaßnahmen, die in dem LBP näher konkretisiert wurden, umzusetzen seien (Bl. 187 GA). Auch der notariell beurkundete Vertrag der Parteien vom 19.12.2014 nimmt auf die Baugenehmigung und deren abgestimmten und erfolgten Antrag bei Vertragsschluss der Parteien in § 1 Nr. 2 ausdrücklich Bezug, in dem es wörtlich heißt:

“Die entsprechenden öffentlich-rechtlichen Genehmigungen sind mit dem zuständigen Bauamt abgestimmt und beantragt, insbesondere die baurechtlichen Genehmigungen.”

c. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses weder den LBP vom 27.02.2014 noch seinen Inhalt kannte. Selbst wenn dies zutreffen würde, ändert dies die Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der Freifläche im Innenhof als Rasenfläche nichts. Gemäß § 1 Nr. 4 Abs. 2 des Vertrags der Parteien vom 19.12.2014 lagen bei dessen Beurkundung sowohl die vorgenannte Urkunde Nr. ### des Notars ### als auch dessen Urkunde Nr. ### in Urschrift vor und ihr Inhalt war von den Parteien als Teil ihrer Vereinbarung sowie für sie verbindlich anerkannt worden. Zudem hatte der Beklagte ausweislich der vorgenannten Regelung bereits vor der Beurkundung am 19.12.2014 eine beglaubigte Abschrift der vorgenannten Urkunden erhalten. In § 7 Nr. 8 der vorgenannten Urkunde Nr. ### aber sind ausdrücklich Rasenflächen im Innenhof genannt, deren Pflege gemeinschaftlich zu erfolgen habe (S. 24 Anl. 10 im AH2). Diese Regelung wäre sinnlos, wenn die Parteien hinsichtlich der Freifläche im Innenhof gar keine Rasenfläche als Beschaffenheit vereinbart hätten.

Für eine Beschaffenheitsvereinbarung der Freifläche im Innenhof als Rasenfläche gemäß dem LBP vom 27.02.2014 durch die Parteien spricht ferner die Regelung in § 8 der vorgenannten Urkunde Nr. ###, wonach der Wohnungseigentümer die äußere Gestalt des Bauwerks und sonstige Veränderung nicht ohne Zustimmung der Ämter vornehmen darf und der LBP insbesondere für die Gestaltung der Frei- und Gartenflächen bindend ist. Dies setzt aber voraus, dass die Klägerin als Verkäuferin die Frei- und Gartenflächen gemäß der Vorgaben des LBP zuvor überhaupt erst errichtet und in die entsprechende Beschaffenheit versetzt hat. Mit LBP im Sinne dieser Regelung in der Urkunde Nr. ### kann aber nur der LBP vom 27.02.2014 gemeint sein. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Parteien am 19.12.2014 gab es nur den LBP vom 27.02.2014, der die Freifläche im Innenhof ausdrücklich als Rasenfläche ausgewiesen hat. Auch die zu diesem Zeitpunkt bereits beantragte Baugenehmigung nimmt ausdrücklich Bezug auf den LBP vom 27.02.2014, machte ihn zum Bestandteil der Genehmigung und zur Auflage, dass die dortigen Maßnahmen umzusetzen seien. Wenn die Parteien insoweit nicht von einer Verbindlichkeit des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen LBP für die Gestaltung der Freifläche ausgegangen wären und insoweit keine entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung des Innenhofs vereinbart hätten, hätte dies insbesondere angesichts der damit verbundenen Änderung des Leistungssolls einer ausdrücklichen Regelung bedurft, die hier jedoch nicht erfolgt ist.

Weiterhin ist in § 6 a) der als Anlage III zur vorgenannten Urkunde ### beigefügten Gestaltungssatzung und Gutshofordnung ausdrücklich geregelt, dass dem Käufer bekannt ist, dass bezüglich der Innenhofgestaltung ein einheitliches Gesamtbild hergestellt werden und erhalten bleiben muss, das zuvor vom Denkmalpfleger freigegeben werden und die Vorgaben des LBP einhalten muss. Auch dies spricht dafür, dass die Parteien die Beschaffenheit der Freifläche im Innenhof als Rasenfläche gemäß der Vorgaben des LBP vom 27.02.2014 als Beschaffenheit vereinbart haben. Nach dem bei Vertragsschluss der Parteien am 19.12.2014 gültigen LBP war die im Innenhof neu entstehende Freifläche als Rasenfläche anzulegen.

d. Dieser Auslegung der notariell beurkundeten Vereinbarung der Parteien gemäß §§ 133, 157 BGB kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass die Parteien keine Bindung der Klägerin an den LBP hinsichtlich der Beschaffenheit des von ihr zu modernisierenden und zu gestaltenden Innenhofs vereinbaren wollten. Unter Nr. 25 der Baubeschreibung ist ausdrücklich geregelt, dass die Gestaltung des Innenhofs gemäß LBP erfolgt. Gerade diese als Anlage II zur Urkunde Nr. ### des Notar ### notariell beurkundete Baubeschreibung aber haben die Parteien ausweislich § 1 Nr. 4 Abs. 2 ihres notariell beurkundeten Kaufvertrags vom 19.12.2014 als für sie verbindlich anerkannt.

e. Ebenso wenig widerspricht die Auslegung dem Grundsatz, wonach im Zweifel derjenigen Auslegung der Vorzug gebührt, die die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts vermeidet (vgl. BGH, a.a.O. Rn 18 m.w.N.). Hier geht es gerade nicht um vorvertragliche Äußerungen, sondern um die vertraglich getroffene und notariell beurkundete Vereinbarung der Parteien in Nr. 25 der Baubeschreibung, dass der Innenhof gemäß LBP gestaltet wird.

f. Aus dem gleichen Grund greift auch die angebliche Beeinträchtigung der Warn- und Schutzfunktion der notariellen Beurkundung durch die erfolgte Auslegung nicht durch. Sowohl die Klägerin als auch der Beklagte haben in § 1 Nr. 4 Abs. 2 ihres notariell beurkundeten Vertrags vom 19.12.2014 die vorgenannte Baubeschreibung, die in Nr. 25 ausdrücklich bestimmt, dass der Innenhof gemäß LBP gestaltet wird, als für sie verbindlich anerkannt. Zudem haben sie auch ausdrücklich erklärt, dass der Inhalt ihnen bekannt sei und sie sowohl auf das Verlesen als auch die Beifügung zur Niederschrift verzichten.

2. Auch der Einwand, dass die Auslegung keine statische, sondern dynamische Verweisung in der Kette – Vertrag, Baubeschreibung, LBP – ergebe, überzeugt nicht.

Hiergegen spricht zunächst, dass die Parteien in ihrem Vertrag vom 19.12.2014 gerade nicht lediglich auf die Baubeschreibung verweisen, sondern sie vielmehr ausweislich § 1 Nr. 4 Abs. 2 ihres notariell beurkundeten Vertrags ausdrücklich zum Teil ihrer Vereinbarung selbst gemacht haben. Damit aber entfällt schon das erste Glied der von der Klägerin angenommenen Verweisungskette.

Bei dem Verweis auf den LBP in Nr. 25 der Baubeschreibung liegt auch keineswegs eine dynamische Verweisung nahe; vielmehr führt die nach §§ 133, 157 BGB gebotene Vertragsauslegung im konkreten Fall zu einer statischen Verweisung.

Bereits der Wortlaut spricht für eine statische und gegen eine dynamische Verweisung. Es gibt nur einen LBP, nämlich den vom 27.02.2014. Dieser wurde lediglich, wie die Klägerin selbst vorträgt, nach Erteilung der Baugenehmigung am 11.06.2015 und zudem auf Initiative der Landschaftsplanerin selbst angepasst. Damit erübrigte sich aber bei der statischen Verweisung sowohl zum Zeitpunkt der notariellen Beurkundung der Baubeschreibung am 29.09.2014 als auch des Kaufvertrags der Parteien am 19.12.2014 schon vom Wortlaut her eine nähere Konkretisierung des LBP, insbesondere ein Hinweis auf den Planungsstand und die Version. Würde es sich hingegen tatsächlich um eine dynamische Verweisung handeln, wäre zu erwarten gewesen, dass dies schon vom Wortlaut her entsprechend klargestellt worden wäre, insbesondere durch eine ergänzende Formulierung in Nr. 25 der Baubeschreibung dahingehend, dass die Worte “in der jeweils geltenden Fassung” ergänzt worden wären. Dies ist indes gerade nicht geschehen.

Auch die Begleitumstände sowie die Interessenlage der Parteien sprechen dafür, von einer statischen Verweisung auszugehen. Die Baubeschreibung regelt die Bauausführung der Umgestaltung des Vierkanthofs in Wohneinheiten. Zugleich wird das Leistungssoll für die jeweiligen Bauträgerverträge verbindlich festgelegt. Ausweislich des letzten Absatzes unter dem Punkt Allgemeines bedarf eine von dem insoweit durch die Baubeschreibung vorgegebenen Rahmen abweichende Bauausführung einer entsprechenden Sonderregelung im jeweiligen Bauträgervertrag. Diese ist hier jedoch gerade nicht erfolgt. Vielmehr haben die Parteien in ihrem notariell beurkundeten Vertrag vom 19.12.2014 ausdrücklich unter § 6 geregelt, dass die Bauausführung entsprechend der genannten Baubeschreibung erfolgt.

Hiergegen kann auch nicht eingewandt werden, dass die Baugenehmigung noch nicht vorgelegen hat und die Gestaltung der Außenanlagen noch im Fluss war. Dadurch vermag das vertraglich geschuldete Leistungssoll hinsichtlich des Innenhofs nicht abgeändert zu werden. Insbesondere entspricht dies nicht der Interessenlage beider Parteien. In ihrer Vereinbarung vom 19.12.2014 haben sie in § 6 ausdrücklich geregelt, dass die Bauausführung entsprechend der Baubeschreibung zu erfolgen hat. Die von der vertraglichen Vereinbarung abweichende Gestaltung des Innenhofs erfüllt auch nicht die Voraussetzungen des § 6 Nr. 2 S. 1 des Vertrags der Parteien vom 19.12.2014, weil sie nicht erforderlich und insbesondere weder auf Grund von technischen Änderungen noch wegen behördlicher Auflagen notwendig war. Auf Ziffer 2 des vorgenannten Hinweisbeschlusses wird insoweit ausdrücklich Bezug genommen. Dem ist die Klägerin insoweit auch nicht mehr konkret entgegen getreten.

Aus den gleichen Gründen vermag auch der Einwand nicht zu überzeugen, dass die Regelung in Nr. 25 der Baubeschreibung nur so ausgelegt werden könne, dass die Gestaltung des Innenhofs in Abstimmung mit der Denkmalbehörde und nach den Vorgaben der für den LBP zuständigen Naturschutzbehörde erfolgen soll. Vielmehr war mit der vorgenannten vertraglichen und notariell beurkundeten Vereinbarung der Parteien das vertragliche Leistungssoll bestimmt worden. Dieses konnte aber nur unter den vorgenannten und hier nicht gegebenen Umständen abgeändert werden. Jedenfalls aber war die vertragliche Vereinbarung nach Treu und Glauben so auszulegen, dass die erforderlichen Abstimmungen und Vorgaben bereits erfolgt und eingeholt worden waren, um den Innenhof gemäß der Vorgaben des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen und im Rahmen des gestellten Bauantrags bereits eingereichten LBP vom 27.02.2014 zu gestalten. Nach § 1 Abs. 2 ihrer Vereinbarung waren die entsprechenden öffentlich-rechtlichen Genehmigungen mit dem zuständigen Bauamt bereits abgestimmt und beantragt, insbesondere die baurechtlichen Genehmigungen. Gegen die Annahme, dass die Gestaltung der Außenanlagen am 19.12.2014 noch im Fluss war, spricht weiterhin, dass die Baugenehmigung bereits am 24.10.2014 beantragt worden war. Zu diesem Zeitpunkt lag auch der LBP bereits vor, da er schon am 27.02.2014 erstellt worden war. Er wurde schließlich auch zum Bestandteil der erteilten Baugenehmigung und seine Maßnahmen waren umzusetzen, so dass ein Abweichen vom zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen LBP über die hier nicht gegebenen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 hinaus angesichts der damit verbundenen Änderung des Leistungssolls einer ausdrücklichen Regelung bedurft hätte, die hier jedoch nicht erfolgt ist.

3. Ebenso wenig war die Revision zuzulassen. Bereits im vorgenannten Hinweisbeschluss hat der Senat ausgeführt, dass und warum die in § 522 Abs. 2 S. 1 Nrn. 2 bis 4 ZPO normierten Voraussetzungen für eine einstimmige Zurückweisung der Berufung im Beschlusswege gegeben sind. Die Zulassung der Revision – die im Fall der Beschlusszurückweisung ohnehin nicht in Frage kommt (BGH NJW 2019, 2034) – ist nicht veranlasst, weil die Entscheidung auf der Auslegung eines konkreten Vertrags im Einzelfall beruht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 S. 2, 711 ZPO.

IV.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 48 Abs. 1 S. 1 GKG auf 42.185,85 EUR festgesetzt.