Ax Hochbaurecht

VertragsManagement – VertragsMan ® Hochbaurecht: OLG Brandenburg: Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche beginnt neu zu laufen, wenn der Auftragnehmer seine Verpflichtung zur Nachbesserung anerkennt

VertragsManagement - VertragsMan ® Hochbaurecht: OLG Brandenburg: Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche beginnt neu zu laufen, wenn der Auftragnehmer seine Verpflichtung zur Nachbesserung anerkennt

vorgestellt von Thomas Ax

Ein Anerkenntnis liegt bereits dann vor, wenn das tatsächliche Verhalten des Auftragnehmers gegenüber dem Auftraggeber das Bewusstsein von dem Bestehen des Anspruchs unzweideutig zu erkennen gibt. Erklärt der Auftragnehmer, er werde der Aufforderung des Auftraggebers zur Mängelbeseitigung nachkommen, erkennt er seine seine Verpflichtung zur Nachbesserung an. Eine Nachbesserung bzw. Mängelbeseitigung schuldet der Auftragnehmer nur, soweit es Mängel seiner eigenen Leistung betrifft. Führen die Mängel seiner Leistung zu Schäden an dem sonstigen Eigentum des Auftraggebers oder an anderen Gewerken, besteht (lediglich) eine Verpflichtung zum Schadensersatz. An den Inhalt der Mangelrüge sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, dass der Auftragnehmer erkennen kann, was ihm vorgeworfen wird und wogegen er Abhilfe zu schaffen hat. Der Auftraggeber muss die Mangelursache nicht benennen, es genügt, wenn die Mangelerscheinung hinreichend genau bezeichnet ist (Symptomtheorie). Der Architekt ist Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers in seinem Verhältnis zum Auftragnehmer, so dass der Auftraggeber für das Verschulden des Architekten einstehen muss, wenn sich der Auftraggeber für die Planungsaufgaben zur Durchführung eines Bauvorhabens eines Architekten bedient. Fehler des planenden Architekten, die zu einer fehlerhaften Leistung des Auftragnehmers führen, muss sich der Auftraggeber anspruchskürzend zurechnen lassen, weil er grundsätzlich verpflichtet ist, dem Auftragnehmer eine ordnungsgemäße Planung zur Verfügung zu stellen, wenn dieser nicht selbst die Planung schuldet.
OLG Brandenburg, Urteil vom 11.08.2021 – 4 U 130/20
vorhergehend:
LG Potsdam, 01.01.2020 – 12 O 222/18
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 01.06.2022 – VII ZR 835/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)


Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte zuletzt auf Ersatzvornahme, hilfsweise Schadensersatz wegen Mängeln der Dach- und Abdichtungsarbeiten an einer Kindertagesstätte in Höhe von 89.928,68 Euro in Anspruch. Die Beklagte erhob der Einrede der Verjährung und wandte im Übrigen gegen ihre Inanspruchnahme im Wesentlichen ein, die VOB/B sei nicht wirksam vereinbart worden, die maßgebliche Ursache für die Durchfeuchtungen sei darin zu sehen, dass das Dach so wie geschehen nicht hätte geplant werden dürfen. Insoweit müsse sich die Klägerin die Planungs-, aber auch Überwachungsfehler des von ihr beauftragten Architektenbüros – der Streithelferin – zurechnen lassen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO mit den folgenden Ergänzungen Bezug genommen: Nachdem die Klägerin ursprünglich einen Vorschussanspruch i.H.v. 76.453,48 Euro geltend gemacht hatte, hat sie im Frühjahr 2019 die betroffene Dachhaut aufgenommen zur Bestandsaufnahme über die Schäden an den OSB-Platten und der Dämmung unterhalb der Dachhaut (K 27, 435) sowie zur Beseitigung der Schäden und ihren Anspruch. Sie hat sodann in Höhe der für den Rückbau der geschädigten Teile des Daches, Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden an OSB-Platten, Dämmung und Sparren und das erneute Verschließen des Daches angefallenen Kosten von 89.928,68 Euro, einen Anspruch auf Erstattung von Selbstvornahmekosten, hilfsweise Schadensersatz, geltend gemacht.

Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme eines Teils der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Geltung der VOB/B sei als Ganzes vereinbart gewesen, da sich in dem Angebot der Beklagten vom 11. Oktober 2012 (K 1, Bl. 17ff.) eine Bezugnahme auf die Geltung der VOB/B befinde.

Die Leistungen der Beklagten zur Dachabdichtung seien mangelhaft im Sinne des § 13 Abs. 5 Ziff. 1, 2 VOB/B. Dies ergebe sich aus dem von der Klägerin eingeholten Privatgutachten S…, dessen Feststellungen die Beklagte auch nicht entgegengetreten sei, sondern sich lediglich darauf berufen habe, dass die Ausführungsmängel sekundär schadensrelevant seien. Sie habe damit nur die Mitursächlichkeit ihrer Ausführungsfehler für den Schaden bestritten. Diese ergebe sich aber bereits aus dem von ihr herangezogenen Gutachten des Sachverständigen S. Darüber hinaus ergebe sich – worauf in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden sei – aus dem von dem Kläger vorgelegten umfangreichen Fotokatalog, dass die von der Beklagten gefertigten Anschlüsse nicht so gearbeitet worden sein, dass sie plan an den Bauteilen anliegen würden, was die Beklagte auch nicht bestreite. Aus den auf diesen Fotos erkennbaren und vom Privatgutachter S… festgestellten Ausführungsfehlern folge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit, dass die mangelhafte Ausführung durch die Beklagte zum Eindringen von Regenwasser und den Durchfeuchtungen geführt habe. Dem sei die Beklagte nicht hinreichend entgegengetreten.

Auch der Einwand der Beklagten, die Mangelbezeichnung im Abnahmeprotokoll sei nicht hinreichend deutlich, weshalb keine Mängel wirksam vorbehalten worden seien, treffe nicht zu. Bereits vor der Abnahme sei die Beklagte durch eine Vielzahl von Schreiben der Klägerin und der Streithelferin auf eine Reihe von Wassereinbrüchen hingewiesen worden.

Ob darüber hinaus weitere Mängel im Zimmerergewerk oder im Rahmen der Planung des Dachaufbaus gegeben seien, sei nicht relevant. Erstere führten nur zu einer gesamtschuldnerischen Haftung; im Außenverhältnis hafte ein Gesamtschuldner allein auf die gesamte Leistung. Bei einem Planungsverschulden der Streithelferin komme zwar grundsätzlich eine anteilige oder auch komplette Kürzung des Anspruchs der Klägerin in Betracht, da der planende Architekt als Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers anzusehen sei. Die Beklagte habe jedoch für das Vorliegen eines solchen Planungsmangels trotz Hinweises der Kammer keinen Beweis angetreten.

Infolge der Durchführung der Mangelbeseitigung sei weder eine Beweisvereitelung noch eine Beweislastumkehr zugunsten der Beklagten eingetreten. Die Beklagte habe ausreichend Gelegenheit gehabt, von den Mängeln Kenntnis zu nehmen und nachzubessern. Daher sei der Klägerin auch keine Verletzung der Kooperationspflicht vorzuwerfen. Welche Feststellungen wegen der erfolgten Sanierung nicht mehr getroffen werden könnten, sei nicht dargetan. Der Anspruch bestehe in der beantragten Höhe, die die Beklagte nicht ausreichend bestritten habe.

Der Anspruch auf die Ersatzvornahmekosten sei auch nicht verjährt. Die Verjährung richte sich nach § 13 Abs. 4 VOB/B und betrage 4 Jahre ab Abnahme am 13. November 2013. Die Klageeinreichung am 9. Oktober 2018 habe die Verjährung noch hemmen können, denn die Verjährung sei durch ein Verhandeln der Parteien gemäß §§ 203, 209 BGB gehemmt gewesen. Seit der 1. Mangelanzeige bis zum Ortstermin am 27. April 2014 seien die Parteien in Verhandlungen gestanden. Auf weitere Mängelanzeigen habe die Beklagte unter dem 3. Februar 2017 mit der Ankündigung reagiert, die Ursachen suchen und beheben zu wollen. Die Hemmung habe daher bis zu diesem Zeitpunkt angedauert. Zudem sei auch eine Verjährungsverlängerung gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B anzunehmen, da die Klägerin mit Schreiben vom 14. Januar 2017 vor Ablauf der Verjährungsfrist Mangelbeseitigung verlangt habe und sich damit die Verjährungsfrist um 2 Jahre nach Zugang des Schreibens, also bis zum 14. Januar 2019 verlängert habe.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie hält daran fest, dass die VOB/B nicht im Ganzen vereinbart worden und etwaige Gewährleistungsansprüche der Klägerin verjährt seien.
Die Verjährungsfrist sei nicht durch Verhandeln gehemmt worden. Es fehle an einer ausreichenden Mangelrüge hinsichtlich der gesamten Dachkonstruktion, die Mängel seien in der Mangelrüge vom 10. Juni 2013 ungenau beschrieben. Das Landgericht habe den Zugang weiterer Schreiben nicht festgestellt.

Aufgrund der vom Sachverständigen S. in seinem Gutachten vom 7. August 2017 zu den Mängeln der Leistung der Beklagten getroffenen Feststellungen habe die Beklagte keine Verhandlungen oder Nachbesserungsarbeiten durchführen können, die zur Hemmung der Verjährung sämtlicher Arbeiten geführt hätten. Soweit nach den tatbestandlichen Feststellungen am 27. Februar 2014 ein Ortstermin stattgefunden habe, bei dem Mangelbeseitigungsarbeiten besprochen worden seien und in dessen Folgezeit die Beklagte Arbeiten durchgeführt habe, könne eine Hemmung allenfalls für die bei der Besichtigung festgestellten Mängel eingetreten sein. Wann die Hemmung geendet habe – nach Ende der Arbeiten – sei durch das Gericht nicht festgestellt.

Das Landgericht sei auch fehlerhaft davon ausgegangen, dass die Arbeiten der Beklagten allein schadensursächlich seien. Das Gericht hätte aufgrund der Ausführungen des Gutachters S. ein Sachverständigengutachten zur Ursächlichkeit der drei Fehlerquellen für den eingetretenen Schaden einholen müssen. Die Beklagte hält daran fest, dass die Klägerin die Beweismittel durch die angebliche Ersatzvornahme beseitigt hat. Der Beweiswert der Dokumentation der an der Mangelbeseitigung beteiligten Unternehmen sei gering.


Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Potsdam, Az. 12 O 222/18, vom 05. März 2020 abzuändern und die Klage abzuweisen.


Die Klägerin und deren Streithelferin beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.


Die Klägerin und ihre Streithelferin verteidigen das angefochtene Urteil.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivertrages wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.


II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 517 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht zur Zahlung von 89.928,68 Euro verurteilt. Der Klägerin steht gegen die Beklagte in dieser Höhe ein Anspruch gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 1, 2, § 13 Abs. 7 VOB/B zu.

1. Für das Vertragsverhältnis der Parteien gilt die VOB/B. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Anwendbarkeit der VOB/B 2009 im Ganzen vereinbart war.

Die Beklagte selbst hat unter dem 10. Oktober 2012 (Blatt 17) ein Angebot abgegeben, das unter Ziffer 1 die Angabe enthält:

“Mein/unser Angebot umfasst:

1.1. folgende beigefügte Unterlagen […]

1.2 folgende nicht beigefügte Unterlagen

– Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B) Ausgabe 2009,”

Die Klägerin, die das Angebot von dem maßgeblichen Empfängerhorizont aus nur so verstehen konnte, dass die Beklagte einen Vertrag unter der Geltung der VOB/B schließen wollte, hat dieses Angebot mit dem Auftrag vom 30. Oktober 2012 (Blatt 15) einschränkungslos angenommen (“Auf Grund Ihres Angebots erhalten Sie den Auftrag zur Ausführung der oben bezeichneten Leistungen…“). Eines weiteren Hinweises auf die Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag bedurfte es entgegen der Sichtweise der Beklagten nicht. Soweit in den besonderen Vertragsbedingungen auf einzelne Regelungen der VOB/B 2009 Bezug genommen wird, ist dies nicht – wie aber die Beklagte meint – dahin zu verstehen, dass die dort nicht genannten Bestimmungen der VOB/B abbedungen sind; wie bereits vom Landgericht ausgeführt, werden damit lediglich einzelne vertragliche Regelungen unter Bezugnahme auf die VOB/B 2009 konkretisiert.

2. Gilt damit die 4-jährige Verjährungsfrist des § 13 Abs. 4 VOB/B 2009, ist gleichwohl Verjährung der in Rede stehenden Mängelansprüche der Klägerin nicht eingetreten.

Die Verjährungsfrist begann am Tag der Abnahme (13. November 2013) zu laufen und endete regulär mit Ablauf des 13. November 2017. Die Klageerhebung erfolgte zwar erst am 8. November 2018; bis zu diesem Zeitpunkt war die Verjährung indes gehemmt. Dabei kommt es letztlich nicht entscheidend darauf an, dass bereits eine Hemmung gemäß § 203 Satz 1 BGB dadurch eingetreten ist, dass die Beklagte sich auf die nach Abnahme erfolgten Mängelanzeigen der Klägerin vom 10. Dezember 2013 (Anlage K 3, Bl. 75 ff. d.A.) und die weiteren Mängelanzeigen aus Dezember 2013 (Anlagen K17 und K 18, Bl. 309 f, 312 d.A.) auf den Ortstermin vom 27. April 2014 zur (gemeinsamen) Feststellung der Mängel und der durchzuführenden Maßnahmen eingelassen hat. Schon aus diesem Grund vermag sich die Beklagte im Rechtsstreit weder darauf berufen, dass die angezeigten Mängel zu ungenau beschrieben worden seien – dieser Sichtweise fehlt im Hinblick auf die den Mängelanzeigen beigefügten Fotos und Grundrisse mit handschriftlichen Eintrag des Schadensortes ohnehin jede Grundlage -, noch darauf, dass der “Zugang weiterer Schreiben” nicht festgestellt worden sei. Den Zugang der vorstehend genannten schriftlichen Mängelrügen ist zu keinem Zeitpunkt bestritten worden; mit Schriftsatz vom 27. März 2019 (dort S. 1, Bl. 383 d.A.) ist lediglich der Zugang von zwei vor Abnahme erstellten Schreiben der Klägerin bzw. deren Streithelferin bestritten worden. Wann die Hemmung nach diesem Ortstermin endete – etwa dadurch, dass nach Durchführung der besprochenen Mängelbeseitigungsmaßnahmen über eine geraume Zeitspanne weitere Verhandlungen nicht aufgenommen werden – wäre von der Beklagten darzulegen und zu beweisen gewesen. Darlegungs- und beweispflichtig für das Ende der Hemmung ist, wie in der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2021 erörtert, der Schuldner (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 – VII ZR 77/08, Rn. 28).

Darauf kommt es letztendlich aber nicht an, weil jedenfalls die 4-jährige Verjährungsfrist gemäß § 212 Abs. 1 BGB dadurch neu zu laufen begonnen hat, dass die Beklagte Anfang des Jahres 2017 ihre Verpflichtung zur Nachbesserung ihrer Abdichtungsarbeiten anerkannt hat. Ein Anerkenntnis im Sinne dieser Vorschrift liegt bereits dann vor, wenn das tatsächliche Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger das Bewusstsein von dem Bestehen des Anspruchs unzweideutig zu erkennen gibt. Ein Anerkenntnis ist vorliegend – auch dies war Gegenstand der mündlichen Erörterung im Senatstermin – darin zu sehen, dass die Beklagte auf die (erneut) mit anwaltlichem Scheiben vom 14. Dezember 2016 (Anlage K5, Bl. 84 d.A.) erfolgte Anzeige von Dachdurchfeuchtungen und Aufforderung zur Beseitigung deren “Ursache und Folgen” mit Schreiben vom 3. Februar 2017 (Anlage K6-1, Bl. 93 d.A.) erklärt hat, “wenn es das Wetter erlaubt, nochmals nach den Ursachen des Wasserschadens” zu suchen und diese(n) zu beheben. Denn mit diesem Schreiben hat die Beklagte aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin als Empfängerin klar zu verstehen gegeben, dass sie der Aufforderung zur Sanierung des Flachdaches nachkommen werde. Anhaltspunkte dafür, dass sie lediglich aus Kulanz tätig werden wollte, lassen sich dem Schreiben vom 3. Februar 2017 nicht entnehmen. Damit begann die Verjährungsfrist von 4 Jahren am 3. Februar 2017 neu zu laufen. Vor Ablauf der Verjährungsfrist am 3. Februar 2021 hat die Klägerin Klage erhoben; infolge der Klageerhebung ist die Verjährung überdies gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.

3. Die Klägerin kann von der Beklagten die Sanierungskosten, die deren Dachabdichtungs- und -klempnerarbeiten betreffen, nach § 13 Abs. 5 VOB/B 2009 als Ersatzvornahmekosten erstattet verlangen; soweit die Sanierung in Bereichen erfolgte, die außerhalb der eigentlichen Werkleistung der Beklagten lagen, besteht ein Zahlungsanspruch (nur) aus § 13 Abs. 7 VOB/B 2009. Eine Nachbesserung bzw. Mängelbeseitigung schuldet der Werkunternehmer nämlich nur, soweit es Mängel seines eigenen Werkes betrifft. Führen die Mängel seines Werkes zu Schäden an dem sonstigen Eigentum des Bestellers oder an anderen Gewerken, besteht (lediglich) eine Verpflichtung zum Schadensersatz nach Maßgabe der hierfür geltenden Bestimmungen.

Dies vorangestellt, liegen die Voraussetzungen für den Anspruch auf Erstattung der Ersatzvornahmekosten und des – von der Klägerin auf Hinweis des Senats im Termin vom 19. Mai 2021 zulässigerweise hilfsweise geltend gemachten – Schadensersatzes hier dem Grunde und der Höhe nach vor. Hierzu im Einzelnen:

a) Das von der Beklagten hergestellte Werk – die Dachabdichtungs- und -klempnerarbeiten an dem Gebäude der Kindertagesstätte W…straße … bis … in D…-… – ist mangelhaft i.S.d. § 13 Abs. 1 VOB/B 2009.

Die insoweit von dem Landgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind gemäß § 529 Abs. 1 ZPO bindend, da die Beklagte keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an deren Richtigkeit und Vollständigkeit dargetan hat, und solche auch nicht ersichtlich sind. Danach liegen Ausführungsfehler der Beklagten insoweit vor, als die Dachrandabschlüsse und die Anschlüsse an anstehende Bauteile nicht ausreichend hochgeführt sind, die Abschlüsse ohne Anschlussflansch in die Abdichtungsebene hergestellt wurde, eine unzureichende Notentwässerung der nach innen entwässernden Dachflächen ausgeführt wurde und eine Sicherheitsrinne mit eigener Entwässerung fehlt. Das Vorhandensein dieser, durch das von ihr selbst eingereichte Privatgutachten S… vom 7. August 2017 (Anlage B 2, Bl. 268 ff. d.A.) belegten, Mängel stellt die Beklagte nicht, auch nicht im Berufungsrechtszug in Abrede.

Hinzu kommen die weiteren Mängel der Ausführung der Dachabdichtung und der Dachklempnereiarbeiten der Beklagten, die sich aus der vor den von der Klägerin durchgeführten Sanierungarbeiten im Mai 2019 erstellten “Zustands- und Schadensbeschreibung” (S. 4 ff. der Schadenskartierung, Anlage K 27, Bl. 435 ff. d.A.) ergeben und deren genaue Lage in den beigefügten Plänen verzeichnet ist. Danach war der gesamte nach Entfernen der Kiesschüttung sichtbare Bereich mit einer Vielzahl von “Flicken” über den Nagelköpfen der Bitumenpappe (Schutzbahn des Zimmerers) übersät gewesen, die teilweise mit der Hand abzuziehen waren, die mit Flüssigkunststoff sanierten Anschlüsse der Flachdacheinläufe waren teilweise mit der Hand zu lösen, der Anschluss der Folienbleche der Rinnen an die Dachbahn zeigte sich mehrfach überklebt, nachgearbeitet und teilweise offen, die Eindichtung der Sekuranten waren nicht fachgerecht ausgeführt und zwei der in den Rinnenbereich eingebauten Flachdacheinläufe mehrfach mit Flüssigkunststoff nachgearbeitet, mit einem fehlerhaften Anschluss an die Folienbleche. Nach Aufnahme der Dachhaut – Folie und Bitumenbahn – zeigte sich an zahlreichen Stellen stehende Feuchtigkeit, so unter den Blechen der Rinne, in Bereichen des mehrlagigen Anschlusses der aufgehenden Wände sowie der Anschlüsse an die Oberlichter, im Bereich der Sekuranten.

Dass es sich bei all diesen Fehlern um Mängel im Sinne des § 13 Abs. 1 VOB/B handelt, die geeignet, sind das Eindringen von Wasser durch die Abdichtungsebene in darunter liegende Gebäudeteile zu ermöglichen, liegt auf der Hand.

(Auch) diese von der Klägerin behaupteten Ausführungsmängel und Mängelfolgen hat die Beklagte nicht hinreichend bestritten. Sie hat – wie vom Senat im Termin unwidersprochen ausgeführt – lediglich pauschal die Mängel in Abrede gestellt. Die in der “Zustands- und Schadensbeschreibung” beschriebenen Ausführungsmängel werden durch die zur “Schadenskartierung” eingereichten Fotos eindrücklich belegt. In Anbetracht der Übersichts- und Detailaufnahmen gibt es keine Veranlassung daran zu zweifeln, dass diese den Zustand des Daches der Kindertagesstätte zeigen, an dem die Beklagte die Dachabdichtungs- und -klempnerarbeiten durchgeführt und diese – unstreitig – über die Jahre hinweg, nach einer Vielzahl von Wassereinbrüchen und Mängelrügen, mehrfach nachzubessern versucht hat. Konkreter Sachvortrag dazu, was die Lichtbilder anderes darstellen sollen, als die korrespondierende Mängelbeschreibung in der “Zustands- und Schadensbeschreibung“, fehlt. Es fehlt auch jedweder Anhaltspunkt dafür, dass ein anderes Unternehmen als die Beklagte vor dem Zeitpunkt der “Schadenskartierung” im Mai 2019 an der von der Beklagten hergestellten Dachabdichtung “nachgearbeitet” hat.

Für eine Beweisvereitelung aufgrund der Sanierungsarbeiten der Klägerin ist nach alledem kein Raum. Ohnehin hat die Beklagte ausreichend Gelegenheit gehabt, Mängel und deren Auswirkungen zu inspizieren, und diese teilweise auch wahrgenommen, wie sich aus den gemeinsamen Begehungen im Februar 2014 (K 19, Blatt 316) und im Januar 2016 (K 25, Blatt 336) ergibt.

Der oben beschriebenen Mangelhaftigkeit der von der Beklagten ausgeführten Dachabdichtungs- und -klempnerarbeiten steht auch nicht das von der Beklagten eingeholte Gutachten der. NGmbH vom 25. April 2017 (Anlage B1, Blatt 251 ff d.A.) entgegen. Wie aus der Einleitung des Gutachtens und der Schadensbildzeichnung ersichtlich, hat die N. GmbH ohnehin lediglich ca. 100 m² auf Dichtigkeit überprüft, somit nur einen Teil der hier streitgegenständlichen Fläche von ca. 240 m². Hiervon abgesehen, waren die angewendeten Verfahren – die Low Voltage/High Voltage Sensor Leak Detection-Methode – möglicherweise geeignet, um Risse in der Membran zu offenbaren, hingegen offenkundig nicht, um Ausführungsmängel der hier in Rede stehenden Art – nicht hinreichend hochgeführte Anschlüsse an aufgehende Bauteile und nicht hinreichend abgedichtete Dachhautdurchdringungen – zu entdecken, die bereits der Privatgutachter S… von der Beklagten nicht angegriffen festgestellt hat.

b) Die Klägerin hat die Mängel der Dachabdichtungs- und -klempnerarbeiten der Beklagten ordnungsgemäß schriftlich gerügt und der Beklagten vergeblich eine Frist zur Mangelbeseitigung gesetzt, § 13 Abs. 5 Nr. 1, 2 VOB/B.

aa) Die Klägerin hat selbst bzw. durch die von ihr beauftragten Architekten, die Streithelferin, und ihre späteren Prozessbevollmächtigten vielfach vor und insbesondere nach der Abnahme am 13. November 2013 Wassereinbrüche und Abdichtungsmängel gegenüber der Beklagten gerügt und zur Mangelbeseitigung aufgefordert – hier seien lediglich beispielhaft die Schreiben vom 10. Dezember 2013 (Anlage K 3, Bl. 75 d.A.), vom 11. Dezember 2013 (Anlage K 18, Bl. 302 d.A.), vom 30. November 2015 (Anlage K 3, Bl. 77 ff. d.A.), 13. Januar 2016 (Anlage K 23, Bl. 330 ff. d.A.), vom 14. Dezember 2016 (Anlage K 5, Bl. 84 d.A.) und der Ortstermin vom 24.Februar 2014 (Protokoll Anlage K 19, Bl. 316f d.A.) genannt – und diese Mängelbeseitigungsaufforderungen auch zum Teil mit einer Fristsetzung zur Mangelbeseitigung verbunden, so in den Schreiben vom 30. November 2015 (Anlage K 3, Bl. 77 ff. d.A.), vom 13. Januar 2016 (Anlage K 23, Bl. 330 ff. d.A.), 28. April 2016 (Anlage K 25, Bl. 336 ff. d.A.) und dem anwaltlichem Scheiben vom 14. Dezember 2016 (Anlage K5, Bl. 84 d.A.).

Der Senat teilt nicht die auch im Berufungsrechtszug von der Beklagten geltend gemachten Bedenken gegen die Wirksamkeit und die Reichweite der Mängelrügen.

An den Inhalt der Mangelrüge sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen; es reicht aus, dass der Auftragnehmer erkennen kann, was ihm vorgeworfen wird und wogegen er Abhilfe zu schaffen hat. Der Auftraggeber muss nicht die Mangelursache benennen, es genügt, wenn die Mangelerscheinung hinreichend genau bezeichnet ist (Symptomtheorie). Gemessen an diesen Anforderungen genügte es, dass die Klägerin “Wassereinbrüche” in konkret beschriebenen und überdies in den beigefügten Grundrissplänen verzeichneten Bereichen bzw. “Dachdurchfeuchtungen in den Bereichen A und B rügt und zur Nachbesserung auffordert.

Eine Beschränkung des Mangelbeseitigungsverlangens auf die angegebenen Stellen oder die vom Auftraggeber vorgezeichneten oder vermuteten Ursachen ist mit der Bezeichnung einer Mangelerscheinung nicht verbunden (st. Rspr, BGH, Urteil vom 18. Januar 1990 – VII ZR 260/88 – ; BGH Urteil vom 17. Januar 2002 – VII ZR 488/00 – ; Urteil vom 13. September 2001 – VII ZR 113/00; Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher-Jurgeleit, Kompendium des Baurechts 5. Aufl. 5. Teil Rn. 68). Vielmehr erfasst die – wie hier – hinreichend genaue Bezeichnung der Mangelerscheinungen sämtliche diesbezüglichen Abweichungen von der vertraglich geschuldeten Beschaffenheit.

bb) Die von der Klägerin gesetzten Fristen zur Mangelbeseitigung sind fruchtlos abgelaufen; die Dachabdichtung war – wie oben ausgeführt – zum Zeitpunkt der Begutachtung durch die Privatgutachter S… im Sommer 2017 und noch im Mai 2019 nicht so hergestellt, dass ein Eindringen von Regenwasser in die darunter liegenden Gebäudeteile verhindert wurde.

c) Ansprüche der Klägerin wegen der Mängel der Dachabdichtungs- und -klempnerarbeiten der Beklagten sind nicht – wie diese meint – deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin die Arbeiten der Beklagten abgenommen hat. Die Abnahme erfolgte mit dem Mängelvorbehalt in Bezug auf die Nachabdichtung der Flachdacheinläufe, an der Rinne und der bisher eingetretenen Durchfeuchtung, mithin mit dem Vorbehalt der Dichtigkeit der Arbeiten gegen eindringendes Regenwasser. Hiervon abgesehen hätte allenfalls die Abnahme in (positiver) Kenntnis einen Verlust des Rügerechts zur Folge (§ 640 Abs. 2 BGB). Die Beklagte trägt indes selbst mit der Berufung vor, es handle sich “nicht um offensichtliche Mängel“; Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin die oben dargestellten Ausführungsfehler tatsächlich bekannt waren, sind weder dargetan noch ersichtlich.

d) Die Klägerin muss sich auch nicht ein Mitverschulden bei der Verursachung der Ausführungsfehler und/oder dem Umfang der Sanierungskosten – im Wege einer Zuschusspflicht in Bezug auf den Ersatzvornahmekostenerstattungsanspruch, im Wege einer anteiligen Mithaftungsquote beim Schadensersatzanspruch – anrechnen lassen.

aa) Soweit die Beklagte pauschal anführt, sie habe ihre Leistungen nach den Vorgaben des Architekten erbracht, fehlt es, wie in der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2021 erörtert, an einer Darlegung, welche Vorgaben des Architekten dazu geführt haben sollen, dass die Beklagte die Abdichtung mangelhaft ausgeführt hat.

bb) Mit dem Einwand einer vermeintlich fehlerhaften Bauüberwachung kann die Beklagte eine Mithaftung der Klägerin nicht begründen. Der Auftraggeber muss sich gegenüber dem in Anspruch genommenen Bauunternehmer ein etwaiges Überwachungsverschulden der von ihm eingesetzten Architekten nicht gemäß §§ 254, 278 BGB zurechnen lassen; der Auftraggeber von Bauleistungen schuldet seinem Auftragnehmer gegenüber keine Bauaufsicht (BGH, Urteil vom 18. April 2002 – VII ZR 70/01; Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 5. Teil Rn. 101).

cc) Der Senat hält auch daran fest, dass der Einwand mitwirkenden Planungsverschuldens der Streithelferin, dass ein hinterlüftetes Flachdach im Jahre 2012 nicht mehr dem Stand der Technik entsprochen und nicht habe geplant werden dürfen, nicht durchgreift.

Zwar ist der Architekt Erfüllungsgehilfe des Bauherrn in seinem Verhältnis zum Bauunternehmer, so dass der Bauherr für das Verschulden des Architekten einstehen muss, wenn sich der Bauherr für die Planungsaufgaben zur Durchführung eines Bauvorhabens eines Architekten bedient, (BGH, Urteil vom 24. Februar 2005 – VII ZR 328/03). Fehler des planenden Architekten, die zu einer fehlerhaften Leistung des Unternehmers führen, muss der Besteller sich anspruchskürzend zurechnen lassen, weil er grundsätzlich verpflichtet ist, dem Bauunternehmen eine ordnungsgemäße Planung zur Verfügung zu stellen, wenn dieses nicht selbst die Planung schuldet.

Eine für die von der Klägerin geltend gemachten Sanierungsleistungen mitursächliche fehlerhafte Planungsleistung der Streithelferin lässt sich entgegen der Sichtweise der hierfür darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten nicht bereits aus dem Privatgutachten S… vom 7. August 2017 herleiten. Der Privatgutachter hat zwar ausgeführt, die von ihm festgestellten Bauausführungsmängel in den Dacharbeiten “können zu dem Feuchteeintrag im Dachaufbau geführt haben“, seien aber “nur sekundär” schadensrelevant. Diese Sichtweise stützt der Privatgutachter allerdings allein darauf, dass er eine Dachkonstruktion wie vorgefunden, als nicht hinterlüftetes Dach in Holzbauweise mit einem Gefälle von 3 % bzw. 1,8 % (anstelle > 3% bzw. > 2 %), mit Deckschichten (Bekiesung), ohne feuchterelevante Dampfbremse, mit Hohlräumen auf der kalten Seite der Dämmschicht, ohne Prüfung der Luftdichtheit und Dokumentation der Holzfeuchten von Tragwerk und Schalung vor dem Einbau, als im Jahre 2012 bauphysikalisch risikoreich einzuordnen angesehen hat, von deren Bau abzuraten gewesen wäre. Abgesehen davon, dass die Abweichung von dem empfohlenen Gefälle von > 3% bzw. > 2 % mit 3 % bzw. 1,8 % nur geringfügig ist, überdies der bei Wahl eines nicht belüfteten Daches in Holzbauweise empfohlene Einbau einer diffusionshemmenden Luftdichtheitsebene mit einem sd-Wert hoch riskante” Konstruktion handelt, nicht der Schluss ziehen, dass sich das Risiko eines nicht hinterlüfteten Flachdaches im vorliegenden Fall realisiert und auf den Umfang der Sanierungsarbeiten und -kosten ausgewirkt hat. Hierzu fehlen nicht nur jegliche Anhaltspunkte in dem Privatgutachten; die Tatsache, dass die Klägerin die Dachkonstruktion als nicht belüftetes Dach in Holzbauweise im Zuge ihrer Sanierungsarbeiten unstreitig beibehalten hat und danach, wie auch schon nach der letzten von der Beklagten durchgeführten “Notreparatur” am 13. Juli 2017, keine Wassereinbrüche mehr vorgekommen sind, spricht in erheblichem Maße dagegen, dass die geplante Konstruktion als nicht hinterlüftetes Dach in Holzbauweise sich auf den in Rede stehenden Sanierungsumfang und -kosten ausgewirkt hat.

Hinzu kommt, dass sowohl die unstreitig stattgefundene Vielzahl von Wassereinbrüchen nach Regenfällen mit sichtbarem Eindringen von Wasser in den Innenräumen als auch die bereits vom Privatgutachter S… an den zwei Freilegungsstellen vorgefundenen “massive Durchfeuchtung mit einhergehenden Holzschäden an der oberen OSB-Platte sowie an den Oberseiten der Sparren” keinen Zweifel daran lassen, dass von oben, durch die unzureichend hergestellten Anschlüsse eindringendes Regenwasser (allein) ursächlich für die massiven Durchfeuchtungsschäden war.

Als im Jahre 2012 “risikoreiche” Flachdachkonstruktion hätte es vielmehr grundsätzlich höchster Sorgfalt bei der Ausführung der Abdichtung des Daches, insbesondere an Dachhautdurchdringungen und den aufgehenden Bauteilen, bedurft – eine solche Sorgfalt hat die Beklagte offenkundig nicht an den Tag gelegt – und diese Arbeiten hätten in besonderem Maße von den mit der Bauüberwachung beauftragten Architekten engmaschig kontrolliert werden müssen; soweit diesbezüglich eine Mithaftung der Streithelferin in Betracht käme, führte diese – wie oben dargestellt – nicht zu einer Haftungsreduzierung bei der Beklagten.

Angesichts dieser, in der mündlichen Verhandlung durch den Senat eingehend mit den Parteivertretern erörterten Umstände hätte es näheren Vortrags dazu bedurft, dass sich gleichwohl die Planung des nicht hinterlüfteten Flachdaches für die vorgefundenen Feuchteschäden konkret ausgewirkt hat, mit entsprechendem Beweisantritt.

e) Als Ersatzvornahmekosten gemäß § 13 Abs. 5 VOB/B 2009 kann die Klägerin neben den Kosten für die Dachdeckerarbeiten i.H.v. 19.511,60 Euro und der Baustelleneinrichtung (682,08 Euro) auch die Gerüstbau- und Schutzdachkosten (30.468,94 Euro), die Kosten für die Sanierungsplanung (6.777,00 Euro), die Schadenskartierung (7.967 Euro), insgesamt einen Betrag i.H.v. 65.406,62 Euro erstattet verlangen.

Zu erstatten sind die Aufwendungen, die ein wirtschaftlich denkender Bauherr aufgrund sachkundiger Beratung für eine vertretbare, das heißt geeignete und Erfolg versprechende Maßnahme der Mangelbeseitigung erbringen konnte und musste; hierzu gehören auch die Kosten, die zum Auffinden der Schadensursache notwendig sind. Auch wenn nach der von der Beklagten im Juli 2017 durchgeführten “Notreparatur” keine Wassereinbrüche mehr zu verzeichnen waren, konnte und durfte die sachkundig durch ihre Streithelferin beratene Klägerin zur Feststellung des Schadensumfanges und zur Beseitigung der weiterhin bestehenden Ausführungsmängel der Dachabdichtungs- und -klempnerarbeiten den vollständigen Rück- und anschließenden Neuaufbau der Dachabdichtung für erforderlich halten. In Anbetracht der Art und des Ausmaßes der oben festgestellten Ausführungsmängel musste sich die Klägerin nicht darauf beschränken, nur in einzelnen Bereichen das Dach zurückzubauen und die Abdichtung neu herzustellen; ein Bauherr ist nicht verpflichtet, ein derartiges “Flickwerk“, wie es hier vorgefunden wurde, fortzuführen und nur Einzelbereiche zu sanieren. Anhaltspunkte dafür, dass die Streithelferin für die Klägerin erkennbar zu übermäßigen Sanierungsarbeiten geraten hat, sind weder dargetan noch ersichtlich.

f) Nicht im Wege der Ersatzvornahme, sondern allein nach für den Schadensersatz gemäß § 13 Abs. 7 VOB/B 2009 geltenden Bestimmungen kann die Klägerin die Kosten für die Zimmererarbeiten i.H.v. 24.552,06 gemäß Rechnung der Zimmerei & Holzbau R. W. GmbH vom 6. Mai 2019 – also die Erneuerung der OSB-Platten und der Dämmung – verlangen. Denn diese Arbeiten waren ausweislich des Leistungsverzeichnisses vom 13. September 2012 (Bl. 52 ff- d.A.) nicht von der Beklagten geschuldet; die Beseitigung von Schäden an anderen Gewerken ist – wie oben ausgeführt – von der Nacherfüllungspflicht nicht erfasst, sie kann nur Gegenstand eines Schadensersatzanspruchs sein (OLG Frankfurt, Urteil vom 18. März 2002 – 1 35/01).

Die für den Schadensersatzanspruch nach Abnahme gemäß § 13 Abs. 7 Nr. 3 Satz 1 VOB/B 2009 neben den oben unter a) und b) dargestellten erforderlichen materiellrechtlichen Voraussetzungen liegen vor; prozessrechtliche Bedenken gegen den Übergang vom Anspruch auf Erstattung von Ersatzvornahmekosten auf (hilfsweise) Schadensersatz im Berufungsrechtszug bestehen vorliegend in Bezug auf die §§ 533, 264 Nr. 3 ZPO ohnehin nicht.

Nach § 13 Abs. 7 Nr. 3 Satz 1 VOB/B 2009 hat der Auftragnehmer den an der baulichen Anlage entstandenen Schaden zu ersetzen, wenn ein wesentlicher Mangel vorliegt, durch den die Gebrauchstauglichkeit des geschuldeten Werkes erheblich beeinträchtigt wird und der Werkunternehmer schuldhaft gehandelt hat.

aa) Die oben dargestellten Ausführungsmängel stellen einen wesentlichen, die Gebrauchstauglichkeit der Dachabdichtung erheblich einschränkenden Mangel dar. Die Ausführungsfehler hatten – wie dargestellt – zu einer Vielzahl von Wassereinbrüchen in die Innenräume der Kindertagesstätte geführt. Aufgrunddessen war zu befürchten – was, wie nachfolgend ausgeführt wird, auch eingetreten ist -, dass auch die unterhalb der Abdichtung befindlichen Bauteile – OSB-Platten und Dämmung – durchfeuchtet und beschädigt worden sind.

Die Tatsache, dass nach der von der Beklagten im Juli 2017 durchgeführten Notreparatur bis zur Ersatzvornahme durch die Klägerin im Mai 2019 keine weiteren Wassereinbrüche zu verzeichnen waren, lässt den – bereits entstandenen – Schadensersatzanspruch nicht (mehr) entfallen.

bb) Das Verschulden wird vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB); entlastende Umstände hat die Beklagte nicht dargetan (siehe oben d)).

cc) Von der Beklagten zu ersetzen sind die Kosten der Erneuerung der OSB-Platten und der Dämmung im geltend gemachten Umfang.

Die Klägerin hat den von ihr im Mai 2019 im Zuge der Schadensfeststellung vorgefundenen Zustand der Dachabdichtung sowie der darunter befindlichen Bauteile eingehend beschrieben und durch die ihrer Schadenskartierung beigefügten Fotos und Grundrisszeichnungen belegt. Danach wies der unter der aufgenommenen Folie und Bitumenbahn befindliche Bereich an zahlreichen Stellen stehende Feuchtigkeit auf, insbesondere unter den Blechen der Rinne, in Bereichen des mehrlagigen Anschlusses der aufgehenden Wände sowie der Anschlüsse an die Oberlichter, im Bereich der Sekuranten, mithin in jenen, an die fehlerhaft ausgeführte Dachabdichtung angrenzenden, Bereichen. In jenen Bereichen waren die Schädigungen an den OSB-Platten, besonders sichtbar an deren Oberseite, auch am stärksten; teilweise war die Feuchtigkeit bis maximal 6 cm in die Sparren eingedrungen – die tragende Konstruktion war nicht betroffen – und im Bereich der durchfeuchteten OSB-Platten wurde teilweise durchfeuchtete Dämmung vorgefunden.

Diesem dezidierten und durch die eingereichten Lichtbilder belegten Vortrag der Klägerin zu den infolge der mangelhaft ausgeführten Dachabdichtungs- und -klempnerarbeiten ist die Beklagte nicht hinreichend entgegengetreten; (auch) insoweit genügt es – auch diesen Gesichtspunkt hat der Senat im Verhandlungstermin angesprochen – nicht, die vorgetragenen Schäden und die Ursächlichkeit der eigenen Ausführungsfehler hierfür einfach zu bestreiten. Bereits vor dem Hintergrund der Vielzahl von Wassereinbrüchen in den Jahren 2013 bis 2017, die in verschiedenen Innenräumen der Kindertagesstätte aufgetreten sind, liegt auf der Hand, dass nicht unerhebliche Mengen an Regenwasser die Dachhaut durchdrungen und die darunterliegenden Bauteile – dies waren die OSB-Platten und die Wärmedämmung – zunächst durchfeuchtet haben, bevor ein Wasseraustritt schließlich in den Innenräumen sichtbar geworden ist. Eben diese naheliegende – und letztlich bauteilzerstörende – Folge der nicht regenwasserdicht hergestellten Dachhaut hatten die Parteien offensichtlich bereits bei der Abnahme der Arbeiten der Beklagten im November 2013 vor Augen, als sie im Abnahmeprotokoll (Anlage K 2, Bl. 71 d.A.) die Vornahme von Probeöffnungen am Dach vereinbart haben, “um die Durchfeuchtung der Dämmung zu prüfen”. Dass diese Passage, wie die Beklagte vorbringt, nur deshalb in das Protokoll aufgenommen worden sei, um ihr Gelegenheit zu geben zu beweisen, dass etwaige Durchfeuchtungen auf den fehlerhaften Arbeiten der Zimmerer beruhten, ist weder nach dem Wortlaut noch im Hinblick darauf nachvollziehbar, dass bereits während der Bauausführung ein Wassereinbruch stattgefundenhatte. Dazu kommt, dass die Parteien mehrere gemeinsame Dachbegehungen durchgeführt haben, bei denen unstreitig teilweise auch das Dach geöffnet und Durchfeuchtungen vorgefunden worden sind. Den Feststellungen des Architekten M…, der die Ergebnisse der Begehung vom 27. Februar 2014 mit Schreiben vom 3. März 2014 (K 19, Blatt 316) zusammengefasst und mit einem Detailschnitt und einer Planskizze, in die die besichtigten Schadensstellen eingezeichnet waren, versehen hat, hat die Beklagte nicht widersprochen.

dd) Gegen die Höhe der in Ansatz gebrachten Kosten bringt die Beklagte nichts Erhebliches vor; dagegen ist auch nichts zu erinnern. Ausweislich der eingereichten Rechnung der Zimmerei & Holzbau R. W… GmbH vom 06. Mai 2019 (Bl. 501 ff. d.A.) wurde nicht das gesamte Dach des Kindertagesstättengebäudes – wie die Beklagte gemutmaßt hat – saniert, sondern wie in der “Schadenskartierung” vorgesehen nur in einem Teilbereich (129,5 qm) nach Entfernen der Dachhaut die OSB-Platten sowie die Dämmung erneuert und Schadensstellen an den Sparren ausgebessert.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

5. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

6. Der Streitwert wird gemäß § 3 ZPO auf 89.928,68 Euro festgesetzt.

VertragsManagement – VertragsMan ® Hochbaurecht OLG FFM: Ist die Leistungspflicht des Hauptschuldners nicht entstanden oder erloschen, so entfällt auch die Leistungspflicht des Bürgen

VertragsManagement - VertragsMan ® Hochbaurecht OLG FFM: Ist die Leistungspflicht des Hauptschuldners nicht entstanden oder erloschen, so entfällt auch die Leistungspflicht des Bürgen

vorgestellt von Thomas Ax

Zum Erlöschen führt unter anderem auch eine Vereinbarung zwischen Gläubiger und Hauptschuldner mit Erlasswirkung. Auch der Umstand, dass der Bürge sich selbstschuldnerisch verbürgt und auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat, ändert nichts daran, dass der Bürge sich im Fall seiner Inanspruchnahme durch den Gläubiger – ohne dessen vorherigen Vollstreckungsversuch gegenüber dem Hauptschuldner – wegen des Grundsatzes der Akzessorietät auf solche Tatsachen berufen kann, die die Entstehung der Hauptschuld hindern, diese unmittelbar begrenzen oder sie zum Erlöschen bringen. Ohnehin darf der Sicherungsnehmer die Herausgabe der Sicherheit nicht unter Berufung auf andere Ansprüche aus dem Hauptvertrag verweigern, wenn Ansprüche, für die Sicherheit gewährt wurde, nicht mehr entstehen können.
OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.10.2021 – 15 U 239/21
vorhergehend:
LG Fulda, Urteil vom 08.07.2021 – 2 O 87/21

Gründe:

I.

Das am 8. Juli 2021 verkündete Urteil des Landgerichts Fulda beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.

Vielmehr hat das Landgericht zu Recht der Klage im Wesentlichen stattgegeben und die Beklagte verurteilt, die Bürgschaft der C.bank AG, Niederlassung G., vom 1. Oktober 2015, Urkundennummer ###, über einen Betrag bis zu 6.800,00 Euro gegenüber der C.bank AG, M. straße 11 bis 13 in G. freizugeben.

Die Klägerin nimmt die Beklagte in Anspruch auf Herausgabe und Freigabe einer Bürgschaftsurkunde zugunsten der C.bank AG (im Folgenden kurz: Bürgin).

Die Parteien bzw. deren jeweilige Rechtsvorgänger schlossen im Januar 2013 einen Gewerberaummietvertrag (K1, Bl. 5 ff. Bd. I d.A.) über die Vermietung des Grundstücks A. 4 in 3. P. an die Klägerin.

In Ziffer 6. enthält der Mietvertrag folgende Regelung zur Mietsicherheit (Auszug):

6.1 Der Mieter hat spätestens zur Übergabe eine einmalige Mietsicherheit als Barkaution in Höhe von zwei monatlichen Mieten ohne Umsatzsteuer, d.h.

Euro 6.800,00

auf das nachstehend angegebene Konto des Vermieters zu zahlen.

6.2 Die Mietsicherheit sichert die Erfüllung sämtlicher Ansprüche des Vermieters aus und im Zusammenhang mit diesem Vertrag sowie seiner Beendigung.

6.3 Die Rückgabe der Sicherheit erfolgt nach Beendigung des Mietverhältnisses und Rückgabe des Mietgegenstands, sobald feststeht, dass dem Vermieter aus oder im Zusammenhang mit diesem Mietvertrag und seiner Beendigung keine durchsetzbaren Ansprüche mehr zustehen können.

6.6 Der Mieter kann die Kaution auch in der Form einer selbstschuldnerischen, unwiderruflichen, unbefristeten, auf die Einrede der §§ 768, 770 und 771 BGB verzichtenden Bürgschaft einer deutschen Niederlassung eines in der Europäischen Union zugelassenen Kreditinstitutes … erbringen, wobei sich in der Bürgschaftsurkunde die Bank zu verpflichten hat, auf erstes Anfordern des Vermieters zu zahlen.

Während des laufenden Mietverhältnisses überließ die Klägerin (im Austausch gegen eine früher überlassene Bürgschaft) der Beklagten das Original einer Mietbürgschaft vom 1. Oktober 2015 (Kopie in K2, Bl. 20 d.A.). Darin übernahm die Bürgin unter Bezugnahme auf die im Mietvertrag der Parteien vereinbarte Pflicht der Klägerin zur Sicherheitsleistung gegenüber der Beklagten “zur Sicherung der Ansprüche des Vermieters aus dem Mietvertrag die selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Höchstbetrag” von 6.800,00 Euro “unter Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage gemäß §§ 770, 771 BGB mit der Maßgabe, dass wir aus dieser Bürgschaft nur auf Zahlung von Geld in Anspruch genommen werden können“.

Am 23. Januar 2020 schlossen die Parteien einen mit Beendigungsvereinbarung überschriebenen Vertrag (K3, Bl. 21 ff. d.A.) zur vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses mit Wirkung zum 31. Januar 2020 gegen Abstandszahlung. Darin heißt es auszugsweise:

1. Beendigung

1.3. Der Vermieter wird über die Betriebs- und Nebenkosten für die Abrechnung des abgelaufenen Kalenderjahres 2019 nach Maßgabe des Mietvertrages mit dem Mieter abrechnen. Auf eine Abrechnung der geleisteten Vorauszahlung für den Monat Januar 2020 verzichten die Parteien einvernehmlich und unwiderruflich.

2. (Ausgleichs-)Zahlungen und Erledigung

2.1. Wegen vorhandener Mängel am Objekt hat der Mieter die Miete für den Monat Januar 2020 um 25 % gemindert ausgezahlt. Der Mieter verpflichtet sich, die geminderten 25 % der Miete … innerhalb von 14 Tagen nach allseitiger Unterzeichnung dieser Vereinbarung an den Vermieter auszuzahlen. …

2.2 Zur Abgeltung sämtlicher Forderungen aus und im Zusammenhang mit der vorzeitigen Beendigung des Mietvertrages, der Benutzung des Objektes … durch den Mieter zahlt der Mieter an den Vermieter bis spätestens innerhalb von 14 Tagen nach vollständiger und allseitiger Unterzeichnung dieser Vereinbarung und ordnungsgemäßer Rechnungsstellung durch den Vermieter einen pauschalen Ausgleichsbetrag in Höhe von insgesamt

EUR 5.000,00 netto

2.3. Mit vollständiger Erfüllung dieser Vereinbarung sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus und im Zusammenhang mit der Benutzung des Objektes … durch den Mieter gleich aus welchem Rechtsgrund, gleich ob bekannt oder unbekannt, fällig oder nicht, erledigt, soweit vorstehend nichts Abweichendes vereinbart ist.

Die Klägerin leistete die vereinbarten Zahlungen und die Forderungen aus der Betriebskostenrechnung der Beklagten für 2019 sind erfüllt. Das Mietobjekt gab die Klägerin geräumt an die Beklagte heraus.

Der anschließend mehrfach, zuletzt von der Klägerin mit Email vom 21. August 2020 (K5, Bl. 24 d.A.) übermittelten Aufforderung, die Bürgschaftsurkunde an sie herauszugeben, kam die Beklagte nicht nach.

Mit der Behauptung, zeitlich nach Abschluss der Beendigungsvereinbarung seien Mängel und Schäden an dem Mietgegenstand festgestellt worden, zu deren Instandsetzung 9.699,48 Euro netto an Kosten anfielen, nahm die Beklagte die Bürgin auf Zahlung in Anspruch und übermittelte dieser das Original der Bürgschaftsurkunde mit Anwaltsschreiben vom 26. August 2020 (B4, Bl. 121 f. d.A.).

Die Bürgin ermächtigte die Klägerin mit Schreiben vom 27. Mai 2021 (Original Bl. 146 d.A.), die Bürgschaftsurkunde einzuziehen und die Herausgabe an die Bank zu verlangen sowie gerichtlich geltend zu machen.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie habe aus eigenem Recht Anspruch gegen die Beklagte, die – bislang nur bedingt gegen Zahlung überlassene – Bürgschaftsurkunde unbedingt an die Bürgin herauszugeben und die Bürgschaft gegenüber der Bürgin freizugeben. Hilfsweise hat sie den Anspruch darauf gestützt, dass sie im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft berechtigt sei, den (fremden) Anspruch der Bürgin klageweise geltend zu machen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie sei zur Herausgabe der Bürgschaftserklärung nicht verpflichtet. Sie hat vorgebracht, in der Beendigungsvereinbarung hätten die Parteien bewusst darauf verzichtet, eine Vereinbarung über die Herausgabe der Urkunde oder der Zahlung aus der Bürgschaft vorzunehmen. Bei der Ermittlung der Höhe der Abstandszahlung sei die Kaution “eingepreist” gewesen. Die umfassende Ausgleichsklausel sei so zu verstehen, dass – wie im Falle einer in bar gezahlten Kaution – die Klägerin als Mieterin auf die “Rückzahlung” verzichtet habe und deshalb die Kaution weiter ihr zustehe.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, Blatt 151 ff. der Akten.

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und die Beklagte verurteilt, die im Tenor näher bezeichnete Bürgschaft gegenüber der Bürgin freizugeben. Im Übrigen – soweit die Klägerin Herausgabe der Urkunde an die Bürgin verlangt hat – hat es die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Bürgin stehe das Recht zu, dass die Beklagte die Freigabe aus der Bürgschaft zu erklären habe. Den Anspruch könne die Klägerin in zulässiger Weise im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend machen. Im Hinblick auf die Regelungen der Parteien im Mietvertrag (Ziffern 6.2. und 6.3.) könne der Sicherungsfall nicht mehr eintreten, weil die Parteien wechselseitig auf sämtliche Ansprüche verzichtet hätten. Wegen dieser umfassenden Ausgleichsklausel stehe (zwar) der Klägerin kein eigener Anspruch zu. Der Anspruch der Bürgin auf Freigabe sei (hingegen) nicht erloschen, weil sie als Dritte an der Beendigungsvereinbarung nicht beteiligt gewesen sei. Nicht begründet sei die Klage hingegen hinsichtlich der verlangten Herausgabe der Urkunde. Dies sei unmöglich, weil die Bürgin bereits im Besitz der Urkunde sei.

Mit der dagegen eingelegten Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Beklagte rügt, das Landgericht habe unter Verletzung materiellen Rechts einen Anspruch der bürgschaftsgebenden Bank bejaht. Zu Unrecht habe es ein eigenes Vertragsverhältnis der Beklagten mit der Bank durch die Bürgschaft gesehen. So, wie eine umfassende Ausgleichsklausel regelmäßig den Verzicht des Mieters auf seinen Anspruch auf Rückzahlung der Barkaution enthalte, sei es auch hier. Es spiele keine Rolle, ob eine Rückgabeverpflichtung der Klägerin oder Bank bestehe. Die Bank übernehme allenfalls eine Kassenfunktion. Außerdem habe das Landgericht übersehen, dass es sich um eine selbstschuldnerische Bürgschaft handele und der Bank kein eigenständiges Prüfungsrecht hinsichtlich möglicher Ansprüche der Vermieterseite habe. Ansprüche der Klägerin auf Herausgabe dürfe die Bank nicht geltend machen. Andernfalls stehe der Beklagten wegen der Schäden zumindest ein Zurückbehaltungsrecht an der Kaution zu. Schließlich sei die Kostenentscheidung fehlerhaft. Bei Herausgabe und Freigabe handele es sich um zwei Anträge. Deren Wert sei gleich hoch zu bemessen mit der Folge, dass die Kosten gegeneinander aufzuheben seien.

II.

Diese Berufungsangriffe der Beklagten gehen ins Leere.

Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Bürgin aus der von ihr übernommenen Bürgschaft nicht mehr haftet.

Entgegen der Auffassung der Beklagten bestand zwischen ihr und der Bürgin ein Bürgschaftsvertrag als einseitig verpflichtender Vertrag, der eine eigenständige vertragliche Verpflichtung der Bürgin ihr gegenüber begründete.

Wegen des Grundsatzes der Akzessorietät (§§ 765 Abs. 1, 767 Abs. 1 Satz 1 BGB) richtet sich die Leistungspflicht des Bürgen inhaltlich nach der Leistungspflicht des Hauptschuldners. Ist die Leistungspflicht des Hauptschuldners – hier der Klägerin – nicht entstanden oder erloschen, so entfällt auch die Leistungspflicht des Bürgen. Zum Erlöschen führt unter anderem auch eine Vereinbarung zwischen Gläubiger und Hauptschuldner mit Erlasswirkung (vgl. Palandt/Sprau, 80. Aufl. 2021, BGB, § 765 Rn. 29 m.w.N.).

Das ist hier der Fall, weil die Klägerin als Hauptschuldnerin und die Beklagte als Gläubigerin mit der Beendigungsvereinbarung das Mietverhältnis zum 31. Januar 2020 beendet und ausdrücklich wechselseitig auf sämtliche Ansprüche “aus und im Zusammenhang mit der Benutzung des Objektes” verzichtet haben, worunter zweifellos auch die von der Beklagten später geltend gemachten Ansprüche wegen Beschädigung der Mietsache während der Besitzzeit der Klägerin fallen.

Dass die Bürgschaft ausnahmsweise nicht von Entstehen, Bestand und Höhe der Hauptschuld abhängig sein sollte, ist weder ersichtlich, noch von der Beklagten dargetan. Nach dem Inhalt des Bürgschaftsvertrages selbst war die Bürgschaftsverpflichtung ausdrücklich auf “die Ansprüche des Vermieters aus dem Mietvertrag” bezogen. Selbst wenn man diesen Wortlaut als nicht hinreichend ansehen und auf den Zweck der Bürgschaft abstellen wollte, wie er sich aus dem Grund ergibt, der zur Übernahme der (Miet-) Bürgschaft geführt hat, folgt daraus für den Umfang der Verbürgung nichts anderes. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, sieht auch der Mietvertrag in Ziffern 6.2. und 6.3. vor, dass die Pflicht zur Stellung der Sicherheit entfällt, wenn – wie hier wegen der Beendigungsvereinbarung – feststeht, dass dem Vermieter aus oder im Zusammenhang mit diesem Mietvertrag und seiner Beendigung keine durchsetzbaren Ansprüche mehr zustehen können.

Auch der Umstand, dass die Bürgin sich selbstschuldnerisch verbürgt hat und auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat, ändert nichts daran, dass die Bürgin sich im Falle ihrer Inanspruchnahme durch den Gläubiger – ohne dessen vorherigen Vollstreckungsversuch gegenüber dem Hauptschuldner – wegen des Grundsatzes der Akzessorietät auf solche Tatsachen berufen kann, die die Entstehung der Hauptschuld hindern, diese unmittelbar begrenzen oder sie zum Erlöschen bringen (vgl. etwa BeckOGK/Madaus, 1.6.2021, BGB § 765 Rn. 157).

Der Beklagten steht im Verhältnis zur Bürgin auch kein Zurückbehaltungsrecht an der Kaution zu. Es fehlt schon an einem Gegenanspruch der Beklagten. Ein etwaiger Anspruch wegen der behaupteten während der Mietzeit verursachten Beschädigungen der Mietsache besteht nicht (mehr), weil die Mietvertragsparteien wechselseitig auf sämtliche Ansprüche – auch in Bezug auf die Benutzung der Mietsache – ausdrücklich verzichtet haben. Anders als die Beklagte meint, begründet auch der Umstand, dass die Beendigungsvereinbarung unter Umständen auch einen Verzicht der Klägerin auf den aus der Sicherungsabrede im Mietvertrag folgenden Anspruch auf Herausgabe der Sicherheit umfasst, keinen darüber hinaus gehenden Zahlungsanspruch gegen die – nicht an dieser Beendigungsvereinbarung beteiligte – Bürgin. Die Regelung zum Ausgleich sämtlicher wechselseitiger Ansprüche enthält keinerlei Hinweise darauf, dass neben dem ausdrücklich mit 5.000,00 Euro netto bezifferten pauschalen Ausgleichsbetrag entsprechend der Höhe der Mietbürgschaft weitere 6.800,00 Euro von der Klägerin geschuldet waren, mithin insgesamt 11.800,00 Euro. Ohnehin darf der Sicherungsnehmer – hier die Beklagte – die Herausgabe der Sicherheit nicht unter Berufung auf andere Ansprüche aus dem Hauptvertrag verweigern, wenn Ansprüche, für die Sicherheit gewährt wurde, nicht mehr entstehen können (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2001 – IX ZR 149/00).

Schließlich ist auch die Kostenentscheidung nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Landgericht dazu ausgeführt, dass dem Klagebegehren, soweit es auf Herausgabe gerichtet ist, kein gesonderter Wert beizumessen ist. Das Interesse am Besitz der Bürgschaftsurkunde liegt vielmehr darin begründet, der Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung zu begegnen. Diese war hier jedoch im Zeitpunkt der Klageerhebung nur noch gering, weil die Urkunde bereits im Original der Bank vorgelegt worden war und die Klägerin in Kenntnis dessen Gelegenheit hatte, die Bürgin darüber zu unterrichten, dass aus ihrer Sicht die Hauptschuld erloschen war. Zu Recht hat das Landgericht demgegenüber das Interesse an der Freigabe der Bürgschaft mit dem Ziel, die Bürgin von der Inanspruchnahme durch die Beklagte zu verschonen, entscheidende Bedeutung beigemessen und selbst unter Annahme eines niedrigen Werts des Herausgabeverlangens die Zuvielforderung als verhältnismäßig geringfügig bewertet (§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

Nach all dem ist die Berufung nicht begründet.

II.

Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme und gegebenenfalls Rücknahme der Berufung.

binnen einer Frist von drei Wochen

ab Zustellung dieses Beschlusses.

Soweit nach Fristablauf eine Beschlussentscheidung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ergeht, löst dies die Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO aus. Eine Gebührenermäßigung nach Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG tritt dann nicht ein.

VertragsManagement – VertragsMan ® Hochbaurecht OLG Schleswig: Führen Mängel eines Vorgewerks dazu, dass die Leistung eines nachfolgenden Unternehmers mangelhaft ist, haftet der Bauherr nicht mit

VertragsManagement - VertragsMan ® Hochbaurecht OLG Schleswig: Führen Mängel eines Vorgewerks dazu, dass die Leistung eines nachfolgenden Unternehmers mangelhaft ist, haftet der Bauherr nicht mit

vorgestellt von Thomas Ax

Der Bauherr haftet für das Planungsverschulden der von ihm beauftragten Bauplaner. Es obliegt dem Bauherrn, den bauausführenden Unternehmen zutreffende Pläne zur Verfügung zu stellen, damit diese den Bau fachgerecht erstellen können. Ein Mitverschulden setzt ein Verschulden in eigenen Angelegenheiten voraus. Dieses besteht in der Verletzung einer im eigenen Interesse bestehenden Obliegenheit (BGH, Urteil vom 27.11.2008, VII ZR 206/06; OLG Celle, Urteil vom 02.06.2010, 14 U 205/03).

Ebenfalls zur Mithaftung führen Mängeln in der Baukoordination. Dabei handelt es sich zwar um eine bauleitende Aufgabe, jedoch mit planendem Charakter. Es obliegt dem Bauherrn, die Leistungen der bauausführenden Unternehmen aufeinander abzustimmen (BGH, Urteil vom 15.12.1969, VII ZR 8/68; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl., Rn. 2922).

Versäumt es der Bauherr vollständig, dem bauausführenden Unternehmen eine Planung zur Verfügung zu stellen, liegt ebenfalls ein Planungsfehler vor, der grundsätzlich dem Bauherrn als Mitverschulden anzurechnen ist (BGH BauR 1974, 125, 126; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.12.1993, 22 U 119/93). Eine Haftung scheidet aus, wenn die Planung vertraglich wirksam auf den Unternehmer delegiert worden ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.11.2013, 22 U 32/13; Werner/Pastor, der Bauprozess, 17. Aufl., Rn. 2922). Der Verantwortungsanteil verschiebt sich jedoch deutlich in Richtung des Unternehmers. Er kann nicht ohne weiteres ein Mitverschulden geltend machen, wenn er in Kenntnis der fehlenden Planung seine Leistung erbracht hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.12.1993, 22 U 119/93). Zum Teil wird angenommen, dass der Unternehmer sich nicht auf eine Mithaftung des Bauherrn berufen kann, wenn er Leistungen aus seinem Fachgebiet übernimmt und nicht auf die Notwendigkeit einer Fachplanung hinweist. (OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.02.2014, 22 U 101/13) oder es um das Unterlassen von Informationen statt der Erteilung fehlerhafter Informationen geht (KG, Urteil vom 01.02.2019, 31 U 70/18). Zum Teil wird in einem solchen Fall eine Mithaftung des Bauherrn nur in geringem Umfang angenommen (OLG München, Urteil vom 31.07.2018, 28 U 3161/16).
Der Unternehmer haftet nicht allein, wenn er auf Fehler der Bauplanung nicht hinweist. Es ist bereits Grundlage der Haftung, dass er die Obliegenheit hat, die übergebene Planung zu prüfen und auf Fehler hinzuweisen, um sich von Mängeln seines Werks zu entlasten. Kann er etwa Fehler der Planung nicht erkennen, haftet er gar nicht (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl., Rn. 2474 f.).

Bei der Höhe der Mithaftung sind die verschiedenen Verursachungsbeiträge gegeneinander abzuwägen. Treffen nur ein dem Bauherrn anzulastender Planungsmangel und ein unterlassener Bedenkenhinweis des Unternehmens aufeinander, wird in der Regel die Verantwortung des Bauherrn überwiegen (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl., Rn. 2479). Treffen ein Planungsfehler und ein davon unabhängiger Ausführungsfehler des Unternehmers zusammen, verschiebt sich die Haftung zu Lasten des Unternehmers (etwa OLG Hamm, Urteil vom 08.06.2000, 24 U 127/99).
Der Bauherr haftet nicht für Fehler in der Bauüberwachung. Denn die bauausführenden Unternehmen haben keinen Anspruch darauf, dass ihre Leistungen überwacht werden. Der vom Bauherrn eingesetzte Bauleiter ist insoweit nicht dessen Erfüllungsgehilfe (BGH, Urteil vom 27.11.2008, VII ZR 206/06; Senat, Urteil vom 18.08.2017, 1 U 11/16; OLG Celle, Urteil vom 02.06.2010, 14 U 205/03).

Eine Mithaftung für Mängel der vom Bauherrn zur Verfügung gestellten Vorleistungen, die zu Mängeln des bauausführenden Gewerks führen, besteht grundsätzlich nicht.

Der Vorunternehmer ist jedenfalls in bisherigen Entscheidungen nicht als Erfüllungsgehilfe des Bauherrn angesehen worden (BGH, Urteil vom 10.11.2005, VII ZR 64/04; BGH, Urteil vom 27.10.1999, VII ZR 185/98). Der Unternehmer nehme es hin, dass der Bauherr, der ein Bauwerk arbeitsteilig errichten lasse, die Vorleistungen typischerweise nicht selbst erbringe. Der Bauherr verpflichte sich typischerweise nicht, eine mangelfreie Vorleistung zur Verfügung zu stellen. Der Vorunternehmer werde so nicht in den Pflichtenkreis des Bauherrn gegenüber dem Unternehmer einbezogen (BGH, Urteil vom 27.06.1985, VII ZR 23/84; OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.07.2016, 23 U 135/15).
OLG Schleswig, Urteil vom 08.07.2022 – 1 U 97/21

Gründe

I.

Die Beklagte und Widerklägerin verlangt einen Vorschuss zur Mangelbeseitigung und die Feststellung, dass die Klägerin weiteren Schadensersatz zu leisten hat.

Die Parteien schlossen im Jahr 2016 einen Vertrag über Dachdecker- und Abdichtungsarbeiten bei dem Neubau einer Wohnanlage. Die Klägerin hatte unter anderem Abdichtungsarbeiten auf Balkonen und Laubengängen zu leisten.

Nach der Herstellung einer Bitumenabdichtung und der Anbringung des Wärmedämmverbundsystems ließ die Beklagte Türen und bodentiefe Fenster austauschen. Die Klägerin nahm nachfolgend vereinbarungsgemäß eine weitere Abdichtung mit Flüssigkunststoff vor.

Nach der Abnahme stellte die Klägerin im Januar 2017 ihre Schlussrechnung mit einem offenen Betrag von 34.279,58 €, den sie mit ihrer Klage geltend gemacht hat. Nachdem die Beklagte aufgrund eines Zwischenvergleiches 4.000,00 € Zug um Zug gegen die Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft gezahlt hatte, hat die Klägerin zuletzt die Zahlung von 26.213,79 € nebst Zinsen sowie weiterer 4.065,78 € Zug um Zug gegen Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft verlangt.

In den Wohnungen kam es zu Feuchtigkeitserscheinungen und Schimmelbildung. In verschiedenen Privat- und Gerichtsgutachten wurden Mängel der von der Klägerin hergestellten Abdichtung festgestellt. Die Beklagte hat mit einem Vorschussanspruch gegen den Werklohnanspruch der Klägerin aufgerechnet und die Zahlung weiterer 42.243,66 € nebst Zinsen und Kosten sowie die Feststellung, dass die Klägerin zum Ersatz sämtlicher weiterer Schäden verpflichtet ist, verlangt.

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der näheren Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat nach der Einholung eines Sachverständigengutachtens die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 4.065,78 € Zug um Zug gegen Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft und die Klägerin unter Abweisung der Widerklage im Übrigen zur Zahlung von 16.656,53 € nebst Zinsen verurteilt und festgestellt, dass die Klägerin die Hälfte der weiteren Schäden zu ersetzten hat. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Aufrechnung durch die Beklagte habe sich nur gegen einen Betrag von 26.213,79 € gerichtet, sodass der Werklohnanspruch nur in dieser Höhe erloschen sei. Der restliche Werklohn sei Zug um Zug gegen Übergabe der Gewährleistungsbürgschaft zu zahlen. Die Beklagte könne die Zahlung eines überschießenden Kostenvorschusses verlangen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei die Bitumenabdichtung zum Kalksteinmauerwerk unvollständig, insbesondere an den Seiten der Laubengänge und Balkone, sei die Bitumenabdichtung an der Außenwand nicht ausreichend hochgeführt worden, sei die Abdichtung nicht hinter den Türschwellen hochgeführt worden und fehlten Klemmprofile zum wasserdichten Anschluss an die Türen. Die Klägerin habe mit der Flüssigkunststoffabdichtung nach dem Austausch der Türen die Türschwellen und -pfosten nicht hinterfahren. Sie habe trotz Lunken in den Betonplatten die Bitumenabdichtung aufgebracht, so dass es zu einem Gegengefälle in Richtung der Wände gekommen sei.

Der Beklagten sei ein Mitverschulden wegen Planungsfehlern anzurechnen. Die Betonplatten hätten ein Gegengefälle aufgewiesen. Das Wärmedämmverbundsystem sei über die noch unvollständige Bitumenabdichtung hinweg hergestellt worden. Bei der Festlegung der Höhe der Bitumenbahnen auf dem Außenmauerwerk sei die Trittbelagshöhe unberücksichtigt gelassen worden. Die ausgewechselten Türen seien nicht so vorbereitet worden, dass sie von der Nachabdichtung hätten hinterfahren werden können. Es fehlten Vordächer über und Rinnen mit Gitterrosten vor den Türen. Es stelle einen Koordinationsfehler dar, dass nach dem Austausch der Türen das Wärmedämmverbundsystem nicht für eine Erneuerung der Abdichtung teilweise entfernt worden sei. Es sei versäumt worden, für einen ausreichenden Feuchteschutz auf dem Putz im Sockelbereich des Wärmedämmverbundsystems zu sorgen. Das Mitverschulden sei mit dem Sachverständigen mit 50 % zu bewerten. Hinsichtlich der Bauleitung sei es nicht um Bauüberwachung im engeren Sinne gegangen, sondern um planerische Fehlleistungen, mangelnde Koordination und das Fehlen von Detailplänen. Andererseits spiele eine Rolle, dass die Beklagte wegen der Lunken vor den Türen habe Bedenken anmelden müssen.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen beliefen sich die Mangelbeseitigungskosten auf 42.870,32 € brutto. Dabei seien Kosten zur Beseitigung des Gegengefälles als Sowieso-Kosten bereits ausgeschieden. Weitere Regiekosten könne die Beklagte nicht verlangen, da der Sachverständige Kosten für Planung und Bauleitung schon einkalkuliert habe. Die Erstattung vorgerichtlicher Kosten könne die Beklagte nicht verlangen. Sie habe nicht schlüssig dargelegt, dass sie vorgerichtlich Mängelrechte geltend gemacht habe.

Zur Begründung ihrer frist- und formgerecht eingelegten und begründeten Berufung führt die Beklagte im Wesentlichen aus, ihr Klagabweisungsantrag habe die gesamte Klageforderung erfasst, auch hinsichtlich des Sicherheitseinbehalts. Ein Hinweis auf die Höhe der Aufrechnung sei nicht erfolgt. Klarstellend erkläre sie die Aufrechnung gegen den gesamten restlichen Werklohnanspruch in Höhe von 30.279,57 €. Hilfsweise erhöhe sie ihren noch geltend gemachten Zahlungsantrag um 4.065,78 €.

Hinsichtlich des Mitverschuldens könne ihr der vom Sachverständigen angenommene Anteil von 25 % für die Bauleitung nicht angerechnet werden. Die Annahme, es habe sich nicht um Bauüberwachung im engeren Sinne gehandelt, gehe fehl. Eine solche Unterscheidung finde in der Rechtsprechung keine Stütze. Nach den Ausführungen des Sachverständigen habe die Klägerin das Gegengefälle und die Lunken auf den Betonplatten bemerken müssen. Neben den planerischen Mängeln hätten im gleichen Maße Bauausführungs- und Bauaufsichtsmängel vorgelegen, die für die Klägerin offensichtlich gewesen seien. Mängel bei der Koordination der Gewerke und fehlende Detailpläne hätten die Klägerin nicht entlasten können.

Auch die Planungsfehler könnten die Klägerin nicht entlasten. Sie habe es versäumt, Bedenken anzumelden. Eine Erweiterung der Berufungsanträge bleibe vorbehalten.

Das Landgericht habe nicht auf eine mangelnde Darlegung der vorgerichtlichen Tätigkeit der Beklagtenvertreter hingewiesen. Diese seien bereits vorgerichtlich zur Abwehr der Zahlungsansprüche der Klägerin und zur Durchsetzung der Mängel- und Schadensersatzrechte der Beklagten tätig gewesen. Das ergebe sich aus den erstinstanzlich vorgelegten Schreiben sowie aus den Schreiben der Beklagten- bzw. der Klägervertreter vom 28.02.2017, 01.03.2017 und 28.02.2017 (Anlagen BB 1 – BB 3, Bl. 306 – 307, 309 – 311, 313, 314 d. A.).

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Lübeck teilweise abzuändern und

die Klage insgesamt abzuweisen sowie

die Klägerin zu verurteilen, an sie weitere 4.691,43 € (insgesamt 21.347,96 €) – hilfsweise weitere 8.757,21 € (4.691,43 + 4.065,78) – nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 02.08.2019 sowie

weitere 2.403,20 € an vorgerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab Rechtshängigkeit zu zahlen;

festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, ihr zu einer Quote von weiteren 25 % (insgesamt 75 %) sämtliche weiteren Schäden einschließlich Sach- und Vermögensschäden zu ersetzen, die durch die fehlerhafte Abdichtung der Wandanschlüsse an Balkonen und Laubengängen an dem Objekt ###-Straße … in ### verursacht werden;

hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache nur zum Teil Erfolg. Der Senat hält einen höheren Mitverschuldensanteil der Beklagten für gerechtfertigt. Der effektive Zahlbetrag ändert sich aber wegen der bisherigen Berechnung nicht in dem angestrebten Umfang.

1. Aufgrund der jetzt erklärten Aufrechnung der Beklagten ist der restliche Werklohnanspruch der Klägerin in voller Höhe nach § 389 BGB erloschen, so dass ihr die vom Landgericht zuerkannten 4.065,78 € nicht zuzusprechen sind.

Die in der ersten Instanz erklärte Aufrechnung der Beklagten umfasste diesen Betrag nicht. Die Beklagte hatte seinerzeit bei der Berechnung ihrer Widerklageforderung nur den unbedingt gestellten Zahlungsantrag berücksichtigt, nicht aber den Antrag, der auf die Ablösung des Sicherheitseinbehalts zielte (Ss. v. 25.01.2021, S. 2, Bl. 202 d. A.). Dass sie insgesamt Klagabweisung beantragte, hatte auf die materielle Rechtslage keine Auswirkung. Ein Hinweis durch das Landgericht war insoweit nicht veranlasst. Es obliegt allein den Parteien, welche Angriffs- und Verteidigungsmittel sie ergreifen wollen.

Die in der zweiten Instanz erklärte Aufrechnung ist nach § 533 ZPO zulässig. Sie ist sachdienlich, weil sie ein sinnloses Hin- und Herzahlen zwischen den Parteien vermeidet. Die Entscheidung ist aufgrund der ohnehin für die Entscheidung zu berücksichtigenden Tatsachen möglich.

2. Der Senat wertet den der Beklagten zuzurechnenden Mitverschuldensanteil höher als das Landgericht.

a) Bei der Zurechnung des Verschuldens anderer Baubeteiligter zu Lasten des Bauherrn in dessen Verhältnis zu einem Unternehmer ist zu differenzieren.

aa) Der Bauherr haftet für das Planungsverschulden der von ihm beauftragten Bauplaner. Es obliegt dem Bauherrn, den bauausführenden Unternehmen zutreffende Pläne zur Verfügung zu stellen, damit diese den Bau fachgerecht erstellen können. Ein Mitverschulden setzt ein Verschulden in eigenen Angelegenheiten voraus. Dieses besteht in der Verletzung einer im eigenen Interesse bestehenden Obliegenheit (BGH, Urteil vom 27.11.2008, VII ZR 206/06; OLG Celle, Urteil vom 02.06.2010, 14 U 205/03).

Ebenfalls zur Mithaftung führen Mängeln in der Baukoordination. Dabei handelt es sich zwar um eine bauleitende Aufgabe, jedoch mit planendem Charakter. Es obliegt dem Bauherrn, die Leistungen der bauausführenden Unternehmen aufeinander abzustimmen (BGH, Urteil vom 15.12.1969, VII ZR 8/68; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl., Rn. 2922).

Versäumt es der Bauherr vollständig, dem bauausführenden Unternehmen eine Planung zur Verfügung zu stellen, liegt ebenfalls ein Planungsfehler vor, der grundsätzlich dem Bauherrn als Mitverschulden anzurechnen ist (BGH BauR 1974, 125, 126; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.12.1993, 22 U 119/93). Eine Haftung scheidet aus, wenn die Planung vertraglich wirksam auf den Unternehmer delegiert worden ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.11.2013, 22 U 32/13; Werner/Pastor, der Bauprozess, 17. Aufl., Rn. 2922). Der Verantwortungsanteil verschiebt sich jedoch deutlich in Richtung des Unternehmers. Er kann nicht ohne weiteres ein Mitverschulden geltend machen, wenn er in Kenntnis der fehlenden Planung seine Leistung erbracht hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.12.1993, 22 U 119/93). Zum Teil wird angenommen, dass der Unternehmer sich nicht auf eine Mithaftung des Bauherrn berufen kann, wenn er Leistungen aus seinem Fachgebiet übernimmt und nicht auf die Notwendigkeit einer Fachplanung hinweist. (OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.02.2014, 22 U 101/13) oder es um das Unterlassen von Informationen statt der Erteilung fehlerhafter Informationen geht (KG, Urteil vom 01.02.2019, 31 U 70/18). Zum Teil wird in einem solchen Fall eine Mithaftung des Bauherrn nur in geringem Umfang angenommen (OLG München, Urteil vom 31.07.2018, 28 U 3161/16).

Der Unternehmer haftet nicht allein, wenn er auf Fehler der Bauplanung nicht hinweist. Es ist bereits Grundlage der Haftung, dass er die Obliegenheit hat, die übergebene Planung zu prüfen und auf Fehler hinzuweisen, um sich von Mängeln seines Werks zu entlasten. Kann er etwa Fehler der Planung nicht erkennen, haftet er gar nicht (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl., Rn. 2474 f.).

Bei der Höhe der Mithaftung sind die verschiedenen Verursachungsbeiträge gegeneinander abzuwägen. Treffen nur ein dem Bauherrn anzulastender Planungsmangel und ein unterlassener Bedenkenhinweis des Unternehmens aufeinander, wird in der Regel die Verantwortung des Bauherrn überwiegen (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl., Rn. 2479). Treffen ein Planungsfehler und ein davon unabhängiger Ausführungsfehler des Unternehmers zusammen, verschiebt sich die Haftung zu Lasten des Unternehmers (etwa OLG Hamm, Urteil vom 08.06.2000, 24 U 127/99).

bb) Der Bauherr haftet nicht für Fehler in der Bauüberwachung. Denn die bauausführenden Unternehmen haben keinen Anspruch darauf, dass ihre Leistungen überwacht werden. Der vom Bauherrn eingesetzte Bauleiter ist insoweit nicht dessen Erfüllungsgehilfe (BGH, Urteil vom 27.11.2008, VII ZR 206/06; Senat, Urteil vom 18.08.2017, 1 U 11/16; OLG Celle, Urteil vom 02.06.2010, 14 U 205/03).

cc) Eine Mithaftung für Mängel der vom Bauherrn zur Verfügung gestellten Vorleistungen, die zu Mängeln des bauausführenden Gewerks führen, besteht grundsätzlich nicht.

Der Vorunternehmer ist jedenfalls in bisherigen Entscheidungen nicht als Erfüllungsgehilfe des Bauherrn angesehen worden (BGH, Urteil vom 10.11.2005, VII ZR 64/04; BGH, Urteil vom 27.10.1999, VII ZR 185/98). Der Unternehmer nehme es hin, dass der Bauherr, der ein Bauwerk arbeitsteilig errichten lasse, die Vorleistungen typischerweise nicht selbst erbringe. Der Bauherr verpflichte sich typischerweise nicht, eine mangelfreie Vorleistung zur Verfügung zu stellen. Der Vorunternehmer werde so nicht in den Pflichtenkreis des Bauherrn gegenüber dem Unternehmer einbezogen (BGH, Urteil vom 27.06.1985, VII ZR 23/84; OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.07.2016, 23 U 135/15).

Nachdem der BGH die Verletzung einer Obliegenheit des Bauherrn statt einer Pflicht gegenüber dem Unternehmer für eine Mithaftung hat ausreichen lassen (Urteil vom 27.11.2008, VII ZR 206/06), ist erwogen worden, ob der Vorunternehmer Erfüllungsgehilfe des Bauherrn sei, weil es dem Bauherrn obliege, dem bauausführenden Unternehmen die Vorleistungen zur Verfügung zu stellen, die zur fachgerechten Ausführung der Arbeiten notwendig sind. Der Unternehmer sei für die mangelfreie Erbringung seiner Leistung in derselben Weise auf eine mangelfreie Vorleistung wie auf eine mangelfreie Bauplanung angewiesen (Frechen in: Werner/Pastor, der Bauprozess, 17. Aufl., Rn. 2922). Es bestehe eine Obliegenheit des Bauherrn, im Interesse einer mangelfreien Errichtung des Bauwerks dem Unternehmer eine mangelfreie Vorleistung zur Verfügung zu stellen, auf der er aufbauen könne (Boldt, NZBau 2009, 494, 496; Sohn/Holtmann, BauR 2010, 1480, 183). Zweck der Obliegenheit, dem Unternehmer eine mangelfreie Vorleistung zur Verfügung zu stellen, sei die Ermöglichung, seinerseits ein mangelfreies Werk zu erbringen (Weyer, IBR 2010, 603).

Dagegen ist eingewandt worden, der Folgeunternehmer wisse, dass er sich nicht auf die Qualität von Vorleistungen verlassen könne, deren Herstellung der Bauherr nur begrenzt beeinflussen könne und nicht überwachen müsse, so dass keine Obliegenheit bestehe. Der Folgeunternehmer kenne die möglichen Schwachstellen der Vorleistung besser und könne sich durch eine Prüfung schützen (Liebheit, IBR 2010, 604 und IBR 2011, 106). Die Zurechnung der Mangelhaftigkeit der Vorleistung bürde dem Bauherrn eine Erfolgshaftung auf, der er nur durch eine umfangreiche und womöglich kostenträchtige Prüfung entgehen könne (Gartz, BauR 2010, 703, 707; Liebheit, IBR 2011, 106). Der Schutzzweck der Obliegenheit sei nicht betroffen, da der Unternehmer einerseits für seine Leistung nicht in gleicher Weise auf eine mangelfreie Vorleistung angewiesen sei wie auf eine mangelfreie Planung, andererseits der Bauherr die Vorleistungen, anders als die Pläne, dem Unternehmer nicht mit dem Ziel zur Verfügung stelle, dass dieser mangelfrei leisten könne (Leupertz, BauR 2010, 1999, 2008; Gartz, BauR 2010, 703, 708). Ferner sei der Vorunternehmer nur damit beauftragt, sein Werk mangelfrei zu erbringen. Ein Wille des Bauherrn, den Vorunternehmer auch einzusetzen, um dem Nachunternehmer ein mangelfreies Werk zur Verfügung zu stellen, sei nicht zu unterstellen (Gartz, BauR 2010, 703, 709 f.).

Nach Auffassung des Senats sind dem Bauherrn mangelhafte Leistungen des Vorunternehmers nicht im Wege des Mitverschuldens zuzurechnen. Man wird zwar nicht bestreiten können, dass der Bauherr ein Eigeninteresse daran hat, dass alle mit ihren Leistungen aufeinander aufbauender Unternehmer mangelfrei leisten, damit ein mangelfreies Bauwerk entsteht. Auch hat der Nachunternehmer dasselbe Interesse an einer fehlerfreien Planung wie an fehlerfreien Vorleistungen, damit er sein Werk fehlerfrei erbringen kann. Er darf sich auch bei der Planung nicht auf deren Mangelfreiheit verlassen, sondern muss sie ihm Rahmen der von ihm zu erwartenden Fachkenntnisse prüfen. Dennoch kann zwischen der Planung und der Vorleistung differenziert werden mit der Folge, dass in der Zurverfügungstellung einer mangelhaften Vorleistung keine Obliegenheitsverletzung, jedenfalls nicht innerhalb deren Schutzzwecks, gesehen werden kann. Die Bauplanung greift unmittelbar in die Leistung des Unternehmers ein, indem sie ihm vorschreibt, wie er sein Werk zu erbringen hat. Die Vorleistung ist dagegen in der Regel lediglich die Grundlage, auf der Unternehmer sein Werk erbringt. Das gilt jedenfalls dann, wenn er unabhängig von der Qualität der Vorleistung sein eigenes Werk mangelfrei erbringen kann, und sei es nach Abstimmung mit dem Bauherrn durch die Erbringung zusätzlicher Leistungen. Dann ist nur das Vorhandensein der Vorleistung Voraussetzung für die eigene Leistung, sodass durchaus davon gesprochen werden kann, dass die Interessen von Unternehmer und Bauherrn andere sind als bei der Übergabe der Baupläne.

Der Unternehmer haftet aber nicht allein für einen Mangel seines Werks, der auf einem Mangel der Vorleistung beruht, den der vom Bauherrn eingesetzte Architekt im Rahmen der Bauüberwachung hätte verhindern können und den der Nachunternehmer nicht erkennen konnte (OLG Frankfurt, Urteil vom 22.06.2004, 14 U 76/99). Auch sind Fälle denkbar, in denen dem Mangel der Vorleistung Planungs- oder Koordinierungsfehler zugrunde liegen, die dem Bauherrn zurechenbar sind.

b) Unter Anwendung dieser Grundsätze gilt für die Verantwortung der Parteien für die einzelnen Mängel Folgendes:

aa) Das Landgericht hat die Mängel und deren Ursachen zutreffend aus dem Gutachten des Sachverständigen entnommen. An den Seiten der Betonplatten (Balkone und Laubengänge, GA v. 09.03.2018, S. 11) fehlt in dem Bereich zur Hauswand hin eine Aufkantung in der Stärke des Wärmedämmverbundsystems, sodass Niederschlagswasser seitlich in die Wanddämmung laufen konnte (GA v. 09.03.2018, S. 6 f.). Die Betonplatten weisen ein Gefälle zur Hauswand hin auf (GA v. 09.03.2018, S. 6; GA v. 12.08.2020, S. 12). Auf den Betonplatten gibt es Senken, insbesondere im Bereich zu den Hauswänden hin (GA v. 12.08.2020, S. 15 f.). Die Abdichtungsbahnen sind von der Betonplatte aus ca. 16 cm an der Hauswand hochgeführt, jedoch nicht min. 15 cm oberhalb des Trittbelags (GA v. 09.03.2018, S. 7 f.). Es fehlen Ablaufrinnen vor den bodentiefen Fenstern und Türen und Vordächer darüber (GA v. 09.03.2018, S. 8 f.). Die Flüssigkunststoffabdichtung nach Austausch der Fenster und Türen, die notwendig wurde, weil nach dem Anbringen der Dämmplatten wegen der notwendigen Erhitzung eine erneute Abdichtung mit Bitumenbahnen nicht mehr möglich war (GA v. 09.03.2018, S. 4, 11), hinterfährt die Türschwellen und -pfosten nicht, alternativ mögliche Klemmprofile fehlen (GA v. 09.03.2018, S. 10 f.). Der Sachverständige sieht Fehler der Bauplanung und der Koordinierung (GA v. 09.03.2018, S. 11; GA v. 12.08.2020, S. 15 ff.).

bb) Die Klägerin hat ohne Detailpläne gearbeitet. Sie hat solche Pläne jedenfalls auch auf Anforderung des Sachverständigen nicht vorgelegt. Soweit sie behauptet hat, die Höhe der Verkleidung der Außenwände mit Bitumenbahnen sei von der Bauleitung vorgegeben worden, hat sie dies nicht unter Beweis gestellt.

Der Detailplanung hätte insbesondere die Anschlusshöhe der Bitumenbahnen an der Hauswand und die seitliche Abdichtung zum Wärmedämmverbundsystem hin bedurft. Aufgrund dieses Planungsmangels ist die Beklagte für die Mängel der Bitumenabdichtung mit verantwortlich. Die Klägerin haftet aber deutlich überwiegend, weil sie bewusst ohne Planung gearbeitet hat. Es gehört zu den Fachkenntnissen eines Dachdeckerunternehmens, wie Abdichtungen auf flachen Außenflächen vorzunehmen sind. Die Klägerin hätte die notwendige Ausführung damit selbst erkennen können. Zumindest hätte sie auf die Notwendigkeit einer Detailplanung verweisen müssen. Das gilt auch für die fehlende Aufkantung im Bereich zum Wärmedämmverbundsystem hin, die im Bereich der Metalleinfassung der Balkone augenscheinlich durchaus vorhanden ist. In der unvollständigen Aufkantung liegt zudem ein Ausführungsfehler, der die Verursachungslast weiter in Richtung der Klägerin verschiebt.

Die überwiegende Haftung gilt auch für den Umstand, dass die Bitumenabdichtung nicht weit genug an der Wand hochgeführt worden ist, wenn auch vielleicht nicht in demselben Maße. Auch insoweit hat die Klägerin bewusst ohne Kenntnis der Planung der späteren Ausführung der Lauffläche gearbeitet. Es hätte ihr oblegen, die notwendige Höhe zu erfragen. Zwar war es theoretisch denkbar, dass die Lauffläche durch das bloße Aufbringen einer Beschichtung auf den Rohbeton nicht wesentlich erhöht wurde. Dies ist jedoch bei Gebäuden eines gewissen Standards eher unüblich. Üblich sind Laufflächen aus Fliesen oder Holzbohlen, die das Niveau des Fertigfußbodens erhöhen. Das war für die Klägerin nicht überraschend.

cc) Für die Folgen des Gegengefälles und der Lunken vor den Hauswänden haftet die Klägerin ebenfalls überwiegend. Sie hat für ihre Abdichtungsarbeiten eine mangelhafte Vorleistung vorgefunden. Die Mängel waren für die Klägerin bei der gebotenen Prüfung der Vorleistung erkennbar. Gegebenenfalls hätte sie sogar selbst eine fachgerechte Grundlage für die Abdichtungsarbeiten schaffen können, etwa durch die Verlegung einer Gefälledämmung. Grundsätzlich greift so keine Mithaftung der Beklagten ein.

Raum für eine begrenzte Mithaftung der Beklagten ist allerdings, weil sich hier auch das Fehlen einer Detailplanung bemerkbar macht. In dieser hätte dargelegt werden müssen, dass und wie ein Gefälle von der Hauswand weg herzustellen war.

Ein der Beklagten anzurechnender Koordinierungsfehler liegt nicht vor, weil es nicht um die Abstimmung der Leistungen verschiedener Gewerke geht. Die Betonplatten mussten bloß physisch vorhanden sein, damit die Klägerin ihre Leistung erbringen konnte.

dd) Für die Folgen des Austausches der Türen sind die Verursachungsbeiträge eher gleich zu gewichten. Die Beklagte muss sich die Entscheidung der Planer zurechnen lassen, nach den Abdichtungsarbeiten und der Ausführung des Wärmedämmverbundsystems die Türen austauschen zu lassen, wodurch die Schwierigkeit der Abdichtung erst verursacht worden ist. Dadurch, dass auf eine teilweise Entfernung des Wärmedämmverbundsystems verzichtet wurde, war eine fachgerechte Abdichtung mit Bitumenbahnen nicht mehr möglich. Die Beklagte hat jedoch ihrerseits bewusst ohne eine Detailplanung die Flüssigkunststoffabdichtung vorgenommen. Sie ist so zu einem erheblichen Anteil mit dafür verantwortlich, dass diese Abdichtung im Bereich der Türschwellen- und Pfosten unzureichend ausgeführt worden ist.

ee) Die Beklagte ist allein dafür verantwortlich, dass Vordächer über oder Rinnen vor den Türen nicht geplant und ausgeführt worden sind. Ebenso trifft allein sie die Verantwortung dafür, dass der Putz auf dem Wärmedämmverbundsystem im Sockelbereich nicht hinreichend vor Feuchtigkeit geschützt worden ist. Beide Versäumnisse liegen außerhalb des Gewerks der Klägerin. Diese konnte die weiteren Umstände, die zu einem unzureichenden Schutz gegen Niederschlagswasser im Bereich der Türen geführt haben, nicht beeinflussen, nicht einmal erkennen.

ff) Bei der Abwägung der Verursachungsbeiträge ist zwischen den Kosten der Mangelbeseitigung und den Folgeschäden zu unterscheiden.

Hinsichtlich der Kosten der Mangelbeseitigung bleiben das Fehlen der Vordächer und Rinnen und der unzureichende Feuchtigkeitsschutz auf dem Putz außer Betracht. Diese Umstände beeinflussen die Kosten der Beseitigung der von der Klägerin zu verantwortenden Abdichtungsmängel nicht. Würden dabei nachträglich etwa Rinnen und Vordächer eingebaut, wären dies Sowieso-Kosten. Die Verantwortung trifft überwiegend die Klägerin. Die Beklagte hat zwar keine Detailplanung zur Verfügung gestellt und die Herstellung der Abdichtung nach dem Tausch der Türen mangelhaft koordiniert, die Klägerin hat demgegenüber bewusst ohne Detailplanung gearbeitet und einen eigenen Ausführungsfehler gemacht. Diese Umstände wirken sich erheblich zu Lasten der Klägerin aus. Bei Abwägung der Verantwortungsanteile hält der Senat die Anrechung eines Mitverschuldens der Beklagten von 25 % für angemessen, sodass auf die Klägerin 75 % der Haftung entfallen.

Dagegen wirkt sich für die Folgeschäden der mangelnde Feuchtigkeitsschutz außerhalb des Gewerks der Klägerin aus. Insoweit verschieben sich die Verantwortungsanteile zu Lasten der Beklagten. Hier hält der Senat bei Abwägung der Verantwortungsanteile eine Mithaftung der Beklagten von 40 % für angemessen, sodass auf die Klägerin 60 % der Haftung entfallen.

gg) Die Höhe der Mängelbeseitigungskosten ergibt sich aus dem Gutachten vom 12.08.2020, Anlagen 1 und 2. Die Kosten sind dort aufgespalten in die nach Ansicht des Sachverständigen die verschiedenen Beteiligten treffenden Anteile. Sie betragen insgesamt 59.471,25 € netto. Davon sind die Kosten für die Herstellung eines Gefälles auf den Betonplatten in Höhe von 8.727,77 € als Sowiesokosten abzuziehen. Es verbleiben 50.743,48 € netto, entsprechend 60.384,74 € brutto.

Das Mitverschulden der Klägerin wirkt sich auf alle für die Mangelbeseitigung anfallenden Kosten aus, auch, soweit sie das Gewerk der Klägerin betreffen. Unzutreffend ist die Vorgehensweise des Sachverständigen und ihm folgend des Landgerichts und der Beklagten, das Mitverschulden der Planer nur für die Kosten zu berücksichtigen, die für Abbruch und Neuherstellung der anderen Gewerke (Trittbeläge, WDVS) anfallen, sowie für Planungskosten.

Das bedeutet allerdings, dass die Berufung nur zum Teil Erfolg hat. Gegenstand des Hauptantrages ist der nach Ansicht des Sachverständigen auf die Bauleitung entfallende Anteil von 7.359,00 € netto, entsprechend 8.757,21 € brutto. Bei richtiger Berechnung muss aber von dem Gesamtbetrag ausgegangen werden. Von dem Haftungsanteil der Klägerin ist dann noch der restliche Werklohn in Höhe von 30.279,57 € (4.065,78 + 26.213,79) abzuziehen.

Bei einem Haftungsanteil der Klägerin von 75 % muss sie 45.2889,56 € brutto tragen. Abzüglich des Werklohns verbleiben 15.008,99 € brutto. Eine Verschlechterung zu Lasten der die Berufung führenden Beklagten liegt darin nicht. Zwar liegt der Betrag unterhalb des vom Landgericht zugesprochenen Zahlungsbetrages von 16.656,53 €, er liegt aber oberhalb des effektiven Betrages von 12.590,75 €, da von den 16.656,53 € noch die Zahlung des restlichen Werklohns von 4.065,78 € abzuziehen gewesen wäre.

3. Der Beklagten steht ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten aus §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB zu, jedoch nicht in der geltend gemachten Höhe.

Die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben vorgerichtlich Mängel der Leistung der Klägerin geltend gemacht. Dies erfolgte jedoch nur zur Abwehr des von der Klägerin geltend gemachten Werklohnanspruchs, nicht zur Durchsetzung eines Vorschussanspruches. Davon und von dem in diesem Verfahren geltend gemachten Betrag war vorgerichtlich nicht die Rede. Das ergibt sich aus den jetzt vorgelegten Schreiben der Bevollmächtigten (Anlagen BB 1 – BB 3, Bl. 306 – 307, 309 – 311, 313 – 314 d. A.). Aus dem Schreiben vom 13.03.2017 ergibt sich nichts anderes, denn auch darin werden Mängelansprüche der Beklagten weder beziffert noch geltend gemacht.

Die Einschaltung eines Rechtsanwalts war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich. Auch ein Unternehmen kann zur Abwehr von Zahlungsansprüchen anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Das gilt erst recht, wenn absehbar ist, dass mit der Anspruchstellerin ein Streit über Mängel einer Bauleistung zu führen ist.

Der Anspruch ist so nach dem Wert des seinerzeit geltend gemachten Werklohnanspruchs in Höhe von 32.961,93 € zu berechnen. Der Beklagten steht Ersatz einer 1,3 Geschäftsgebühr zzgl. der Kostenpauschale von 20,00 € zu. Es ergibt sich ein Betrag von 1.474,89 € (938 x 1,3 = 1.239,40 + 20,00 = 1.239,40 + USt. 235,49).

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Rechtshängigkeit ist mit Zustellung der Widerklage am 01.02.2021 (Bl. 205 d. A.) eingetreten.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht angezeigt, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Es handelt sich um eine Entscheidung im Einzelfall. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind geklärt

VertragsManagement – VertragsMan ® Hochbaurecht OLG Nürnberg: Verletzt der Auftragnehmer seine bauvertragliche Kooperationspflicht erheblich, kann der Auftraggeber vom Bauvertrag zurücktreten

VertragsManagement - VertragsMan ® Hochbaurecht OLG Nürnberg: Verletzt der Auftragnehmer seine bauvertragliche Kooperationspflicht erheblich, kann der Auftraggeber vom Bauvertrag zurücktreten

vorgestellt von Thomas Ax

Der Bauvertrag bedarf in besonderem Maße einer Kooperation und Abstimmung der beiden Vertragspartner. Dazu gehören je nach Gegebenheiten des Falls Informations-, Mitwirkungs- und Rügeobliegenheiten und -pflichten und die Bemühung um eine einvernehmliche Lösung. Ein fachkundiges Spezialunternehmen muss den nicht sachkundigen Auftraggeber aktiv aufklären und instruieren, wenn dieser im Rahmen seiner Möglichkeiten die Unterlagen vorlegt, die er erklärtermaßen für ausreichend hält, um seinerseits den eigenen Mitwirkungspflichten zu genügen, die sich aber aus Sicht des Auftragnehmers als unzureichend erweisen. Verletzt der Auftragnehmer seine bauvertragliche Kooperationspflicht erheblich, kann der Auftraggeber vom Bauvertrag zurücktreten.
OLG Nürnberg, Urteil vom 10.12.2020 – 13 U 2087/18
vorhergehend:
OLG Nürnberg, 23.07.2020 – 13 U 2087/18
LG Nürnberg-Fürth, 21.09.2018 – 1 O 843/18
OLG Nürnberg, 10.08.2016 – 2 U 2182/13
LG Nürnberg-Fürth, 27.09.2013 – 9 O 694/13
LG Nürnberg-Fürth, 18.05.2012 – 9 O 2700/11
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 20.04.2022 – VII ZR 36/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)


Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Rückzahlung von Anzahlungen, die der Kläger an die Beklagte zur Erfüllung eines Werkvertrags über den Einbau eines Aufzugs geleistet hatte.

Die Parteien schlossen am 16./28.10.2009 einen Vertrag über den Einbau des senkrechten Plattformlifts 4500 an einem Mietshaus des Klägers für insgesamt 42.721 Euro. Hierauf leistete der Kläger Anzahlungen, insgesamt 29.104,70 Euro. Diese Anzahlungen verlangt der Kläger nunmehr klageweise zurück und stützt sich dabei auf Rücktritt vom Vertrag. Es handelt sich um den nunmehr dritten Rechtsstreit der Parteien zu diesem Gegenstand.

Im ersten Verfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth (9 O 2700/11) verlangte der Kläger erstmalig Rückzahlung der Anzahlungen. Den Anspruch stützte er darauf, dass die Parteien einen Änderungsvertrag geschlossen hätten, aufgrund dessen ein anderer Aufzug hätte installiert werden sollen; damit sei der ursprüngliche Vertrag aufgehoben worden. In seinem rechtskräftigen Urteil vom 18.05.2012, mit dem es die Klage abgewiesen hatte, führte das Landgericht aus, es habe sich nicht davon überzeugen können, dass der behauptete Änderungsvertrag geschlossen worden sei.

Im zweiten Verfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth (9 O 694/13) verlangte der Kläger erneut Rückzahlung der Anzahlungen. Diesmal stützte er den Anspruch auf Rücktritt. Zur Begründung trug er vor, er habe alle notwendigen bauseitigen Leistungen erbracht. Die Beklagte sei mit der Lieferung und Montage des Lifts in Verzug, weshalb er habe zurücktreten können. Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 27.09.2013 als derzeit unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagtenleistung sei noch nicht fällig, weil der Kläger nicht nachgewiesen habe, dass er seine notwendigen Vorleistungen – Herstellung von Grube und Bodenplatte sowie Freigabe der Zeichnungen – vollständig erbracht habe. Die dagegen gerichtete Klägerberufung hat das Oberlandesgerichts Nürnberg durch Urteil vom 10.08.2016 (2 U 2182/13) abgewiesen. Das Oberlandesgericht ist bei seiner Begründung im Wesentlichen dem Erstgericht gefolgt und hat festgestellt, dass es

durch das Verhalten des Klägers selbst nicht zu den für die baulichen Vorleistungen des Klägers erforderlichen Festlegungen zum Gebäudeanschluss und zur Position der Anschlusskabel gekommen (sei)

(Urteil vom 10.08.2016, S. 6). Mangels Freigabe sei die Beklagtenleistung noch nicht fällig gewesen und lägen die Voraussetzungen für einen Rücktritt nicht vor.

Auch in der Folgezeit wurde der streitgegenständliche Lift von der Beklagten nicht geliefert und montiert. Im hiesigen Verfahren verlangt der Kläger die Rückzahlung der geleisteten Anzahlung nach zwischenzeitlich abgegebenen weiteren Rücktrittserklärungen.

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 28.11.2016 erklärte der Kläger die Freigabe der Liftzeichnung der Beklagten vom 27.07.2012, N401-1963-A2, und bat um kurzfristige Mitteilung,

wann ungefähr mit der Lieferzeit zu rechnen ist und ob die Lieferzeit auch ordnungsgemäß eingehalten wird.

Diesbezüglich merkte sich der Kläger in diesem Schreiben eine Frist bis zum 12.12.2016 vor.

Am 09.01.2017 erteilte die Stadt Lünen die Baugenehmigung für den Anbau des Aufzugs.

Unter dem 13.01.2017 richtete der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten ein weiteres Schreiben an die Beklagte, welches durch Einschreiben mit Rückschein versandt wurde. Beigefügt war die Baugenehmigung mit der Bitte um Kenntnisnahme und Überprüfung. Der Kläger formulierte in dem Schreiben, dass er,

da alle Unterlagen ordnungsgemäß vorliegen und auch die Zahlungsbedingungen erfüllt sind“,

einen Lieferbeginn am 13.03.2017 gemäß Auftragsbestätigung errechnet habe. Diesen bitte er innerhalb von zehn Tagen zu bestätigen, da bekanntlich ein Gerüst geordert, die Wände aufgeschlagen und die Mieter ordnungsgemäß informiert werden müssten.

Die Prozessbevollmächtigten des Klägers übermittelten die Schreiben vom 28.11.2016 und vom 13.01.2017 darüber hinaus am 16.01.2017 per Telefax an den zu dieser Zeit von der Beklagten mandatierten Rechtsanwalt S.. Dieser antwortete mit Telefax vom selben Tag, er sei hinsichtlich des Themas “Lieferung des Lifts” von der Beklagten nicht mandatiert worden, sondern nur hinsichtlich von Forderungen bezüglich einer Bürgschaft.

Daraufhin beauftragten die Klägervertreter noch am 16.01.2017 die Gerichtsvollzieherin M. damit, die Schreiben vom 28.11.2016 (nebst Freigabeerklärung zu den Liftzeichnungen) sowie vom 13.01.2017 (nebst erneuter Freigabe und Baugenehmigung) an die Beklagte zuzustellen. In den beiden Schreiben wird auf die jeweiligen Anlagen ausdrücklich Bezug genommen. Am 16.02.2017 bestätigte die Geschäftsführerin der Beklagten gegenüber der Gerichtsvollzieherin unterschriftlich “den Erhalt des Schreibens der Anwälte S.“. Die Gerichtsvollzieherin M. teilte den Klägervertretern mit E-Mail vom 01.03.2017 mit:

Frau G. war kurz nach unserem Telefonat bei mir im Büro. Ich habe mir den Erhalte Ihrer Schreiben schriftlich bestätigen lassen.

Mit Schreiben des Rechtsanwalts S. vom 09.03.2017 ließ die Beklagte erklären, sie sei von der Montage des vereinbarten Liftmodells von der Leistungspflicht befreit, weil der im Jahr 2009 bestellte Lift nicht mehr den gültigen Maschinenrichtlinien entspreche und somit nicht mehr vom TÜV abgenommen werden könne.

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 22.05.2017 setzte der Kläger der Beklagten eine Nachfrist bis 20.06.2017, um mit der Bauausführung zu beginnen und dies dem Kläger nachzuweisen. Hinsichtlich des Einwands zur geänderten Maschinenrichtlinie äußerte der Kläger, dass es im Risikobereich des Werkunternehmers liege, seine Leistung an die gesetzlichen Vorgaben anzupassen. Das Schreiben wurde per Einschreiben mit Rückschein an die Beklagte versandt, der Rückschein ging am 29.05.2017 mit dem Schreiben an die Klägervertreter zurück mit dem Vermerk, dass das Schreiben von der Beklagten nicht abgeholt worden sei.

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 21.12.2017 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Vertrag.

Die Beklagte hat erstinstanzlich behauptet, abgesehen von der Zustellung durch die Gerichtsvollzieherin am 16.02.2017 sämtliche sonstigen Sendungen des Klägers nicht erhalten zu haben, auch keine Benachrichtigungsscheine von Einschreiben. Höchstvorsorglich bestreite sie, dass dem Schreiben vom 13.01.2017 eine Baugenehmigung beigefügt gewesen sei.

Im Übrigen verweist der Senat gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu den erstinstanzlichen Feststellungen und zu den Anträgen der Parteien auf das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21.09.2018.

Mit dieser Entscheidung hat das Landgericht die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Rücktrittserklärung vom 21.12.2017 sei unwirksam, da es am Nachweis einer wirksamen vorangegangenen Fristsetzung zur Leistungserbringung fehle. Im Schriftsatz des Klägers vom 28.11.2016 habe der Kläger der Beklagten keine Frist zur Erbringung ihrer Leistung gesetzt, sondern nur zur Mitteilung der Lieferzeit und zu einer Erklärung zu deren Einhaltung. Der Klägervortrag zur weiteren Fristsetzung im Schreiben vom 22.05.2017 sei unschlüssig, dieses Schreiben sei dem Landgericht gar nicht erst vorgelegt worden.

Eine Unmöglichkeit des Lifteinbaus sei nicht eingetreten. Der Beklagtenvortrag, der seinerzeit bestellte Lift könne wegen einer Änderung der Maschinenrichtlinie nicht mehr eingebaut werden, sei schon unsubstantiiert, jedenfalls aber klägerseits bestritten. Zu den Einzelheiten der Urteilsbegründung wird ergänzend auf die dortigen Entscheidungsgründe verweisen.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Klageziel in vollem Umfang weiterverfolgt.

Mit Schreiben vom 16.10.2018 (Anlage K 5.4), durch den Gerichtsvollzieher G. zugestellt am 25.10.2018 (Anlagen K 5.1 und 5.2), forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 05.11.2018 erneut auf, mit einer Ausführung der Arbeiten zur Umsetzung des Vertrages zu beginnen und dies nachzuweisen. Der Kläger kündigte in dem Schreiben weiter an, dass er bei Nichteinhaltung der Aufforderung erneut den Rücktritt erklären werde. Weiter wies der Kläger in dem Schreiben darauf hin, dass kurzfristig – innerhalb der gesetzten Frist – ein Kontakt zwischen Lifthersteller und Bauleiter hergestellt werden müsse. Für den Fall, dass im Übrigen Änderungen notwendig geworden seien, solle diesbezüglich zwecks erforderlicher Ab-sprachen Kontakt mit dem Kläger aufgenommen werden, unter Vorlage von Unterlagen, die erkennen lassen, wie sich etwaig notwendig gewordene Änderungen einarbeiten lassen. Soweit die Herstellung des Gebäudeanschlusses unklar sein sollte oder die Position der Anschlusskabel, werde auf die mit der Baugenehmigung überreichten Unterlagen verwiesen, aus denen sich alles ergebe. Wenn dann immer noch Unklarheiten verbleiben sollten, bleibe es der Beklagten unbenommen, in Absprache mit dem Bauleiter der Mandantschaft Einmessungen vor Ort vorzunehmen.

Nachdem weder innerhalb der gesetzten Frist noch in der Folgezeit irgendeine Reaktion der Beklagten auf die Aufforderung vom 16.10.2018 erfolgt war, erklärte der Kläger mit dem Schriftsatz zur Berufungsbegründung vom 19.12.2018 erneut den Rücktritt.

Zur Begründung der Berufung vertritt der Kläger die Auffassung, er sei schon mit Schreiben vom 21.12.2017 wirksam vom Vertrag zurückgetreten. Das Landgericht habe es versäumt, eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung der Beklagten zu prüfen. Diese ergebe sich aus der systematischen Zugangsvereitelung für Erklärungen und Nachrichten durch die Beklagte. Daher sei es auf Fristsetzungen nicht angekommen.

Jedenfalls sei aber durch die in der Berufungsbegründung ausgesprochene weitere Rücktrittserklärung nun ein Rückabwicklungsverhältnis entstanden.

Ein Zurückbehaltungsrecht wegen der Bürgschaftskosten stehe der Beklagten nicht zu.


Der Kläger hat in der zweiten Instanz beantragt zu erkennen:

Die Beklagte wird unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt, an den Kläger 29.904,70 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.


Die Beklagte hat beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.


Die Beklagte hält die Rücktrittserklärung in der Berufungsbegründung für verspätet. Im Übrigen stünde der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht an den Anzahlungen wegen der Bürgschaftskosten zu. Hilfsweise erklärte die Beklagte die Aufrechnung gegen die Klageforderung.

Zu den Einzelheiten des Parteivortrags in der Berufungsinstanz wird im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat zunächst erwogen, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Auf den entsprechenden Hinweis vom 23.07.2020 haben beide Parteien erneut zur Sache Stellung genommen. Der Senat hat daraufhin mit Verfügung vom 19.08.2020 von seinem Hinweis Abstand genommen und eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Auf das Protokoll vom 19.11.2020 und die ihr vorangehenden Schreiben, sowie auf den nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 25.11.2020 wird Bezug genommen.


II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache weitestgehend Erfolg, weil die Rücktrittserklärung im Berufungsbegründungsschriftsatz wirksam war und dem Kläger daher gemäß § 346 Abs. 1 BGB ein Rückerstattungsanspruch über 29.904,70 Euro zusteht. Zinsen kann der Kläger jedoch erst ab dem Zugang der Rücktrittserklärung vom 19.12.2018 bei der Beklagten verlangen; die weitergehende Berufung war zurückzuweisen

1. Der Erstattungsanspruch der Beklagten ergab sich nicht schon auf der Grundlage der Rück-trittserklärung vom 21.12.2017. Das hat der Senat in seinem Hinweis vom 23.07.2020, dort unter II, eingehend begründet und er hält daran auch im Lichte der Ausführungen im Klägerschriftsatz vom 14.08.2020 fest. Zur Meidung von Wiederholungen wird auf die dortigen Erwägungen (S. 3 bis 7 des Hinweises) Bezug genommen (vgl. Zöller/Feskorn, ZPO, 33. Aufl., § 313 Rn. 19a), nachdem der Zeitpunkt des wirksamen Rücktritts vorliegend ohnehin nur für den Beginn des Zinslaufs von Bedeutung ist.

2. Der Kläger hat allerdings in seiner Berufungsbegründung vom 19.12.2018 wirksam den Rücktritt vom Vertrag erklärt und damit das Vertragsverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, aufgrund dessen er die Rückgewähr seiner Anzahlungen verlangen kann (§ 346 Abs. 1 BGB). Insoweit hält der Senat – wie bereits in der Verfügung vom 19.08.2020 anvisiert – an seiner gegenteiligen Bewertung im Hinweis vom 23.07.2020 nicht mehr fest. Die Voraussetzungen des Rücktrittsrechts gemäß § 323 Abs. 1 BGB liegen vor.

a) Die Beklagte hat im streitgegenständlichen gegenseitigen Vertrag eine fällige Nebenleistung nicht vertragsgemäß erbracht.

aa) Die Parteien haben einen gegenseitigen (synallagmatischen) Vertrag über die Lieferung und den Einbau eines Plattformlifts an das Mehrfamilienhaus des Klägers abgeschlossen (vgl. Anlage K 1). § 323 Abs. 1 BGB verlangt allerdings nicht die Verletzung einer Pflicht, die ihrerseits im Gegenseitigkeitsverhältnis zu den Pflichten des Vertragspartners steht (BT-Drs. 14/6040, S. 183, rechte Spalte, zu § 323 Abs. 1; Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 323 Rn. 10 m. w. N.). Ausreichend ist die Verletzung einer nicht unerheblichen Nebenpflicht (arg. § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB). Vorliegend hat die Beklagte ihre bauvertragliche Kooperationspflicht in der Ausprägung der Instruktions- und Aufklärungspflichten verletzt. Der Bauvertrag bedarf in besonderem Maße einer Kooperation und Abstimmung der beiden Vertragspartner. Dazu gehören je nach Gegebenheiten des Falls Informations-, Mitwirkungs- und Rügeobliegenheiten und -pflichten und die Bemühung um eine einvernehmliche Lösung (BGH, Urteil vom 23.05.1996 – VII ZR 245/94, NJW 1996, 2158; Urteil vom 10.05.2007 – VII ZR 226/05, NJW-RR 2007, 1317 Rn. 27). Der bloße Hinweis der Beklagten auf eine “Bringschuld und keine Holschuld” (Beklagtenschriftsatz vom 22.09.2020, S. 3) verfehlt gerade den Kern der Kooperationspflichten.

bb) Vorliegend hat die Beklagte ihre Instruktions- und Aufklärungspflichten, die zur Vertragsabwicklung essenziell waren, verletzt.

(1) Bei der Beklagten handelt es sich um ein Spezialunternehmen im Bereich des Aufzugsbaus. Das bedingt, dass sie – anders als der Kläger – über das Fachwissen verfügte, das notwendig war, um den Einbau der Liftanlage erfolgreich zu Ende zu bringen. Dieser Umstand verlangte von der Beklagten eine aktive Aufklärung und Instruktion des Klägers, wenn letzterer im Rahmen seiner Möglichkeiten die Unterlagen vorlegt, die er – wie hier für die Beklagte auch erkennbar – erklärtermaßen für ausreichend hält, um seinerseits den eigenen Mitwirkungspflichten zu genügen, die sich aber aus der (fachlich überlegenen) Sicht der Beklagten als unzureichend erweisen.

(2) Die vorgenannte Ausprägung der Kooperationspflicht hat die Beklagte verletzt.

(a) Der Kläger hat – schlussendlich – der Beklagten die Freigabe der Liftzeichnung und die Baugenehmigung für den Lift nebst zugehörigen Unterlagen durch die Gerichtsvollzieherin M. übergeben lassen. Hiervon ist der Senat überzeugt. Die Gerichtsvollzieherin hat mit E-Mail vom 01.03.2017 (Anlage K, ohne Nummerierung) gegenüber den Klägervertretern mitgeteilt, dass die Geschäftsführerin der Beklagten, Frau G., bei der Gerichtsvollzieherin im Büro war und sich die Beamtin den Erhalt der Schreiben, mit deren Zustellung sie von den Klägervertretern beauftragt worden war, hat schriftlich bestätigen lassen. Der Zusammenhang der Antwort und die Verwendung des Plurals bezüglich der Schreiben in der E-Mail lässt keinen vernünftigen Zweifel daran, dass die Gerichtsvollzieherin damit die Übergabe sämtlicher ihr zur Zustellung übergebenen Schriftstücke gemeint hat. Die Gerichtsvollzieherin hatte dazu von den Klägervertretern mit Schreiben vom 16.01.2017 einen einheitlichen Zustellungsauftrag für drei Schreiben (vom 28.11.2016, 13.01.2017 und 16.01.2017, nebst Anlagen) erhalten, den sie unter einem Aktenzeichen (…) geführt und abgerechnet hatte. Unter diesem Aktenzeichen hat sich die Gerichtsvollzieherin die Bestätigung über den Erhalt vom 16.02.2017 von der Geschäftsführerin der Beklagten unterzeichnen lassen. Dass auf der von der Gerichtsvollzieherin zur Unterschrift vorgefertigten Empfangsbestätigung der Singular (“Erhalt des Schreibens“) vorgegeben war, ist ersichtlich ein Schreibversehen.

Die Überzeugung des Senats wird dadurch bestärkt, dass die Beklagte nach Empfang der Schriftstücke das Fehlen von Anlagen nicht monierte. Hätten die Unterlagen tatsächlich gefehlt, so hätte sich eine derartige Anmahnung aufgedrängt, nachdem in dem nur eine gute halbe Seite Text umfassenden Schreiben vom 13.01.2017 schon im dritten Satz ausgeführt wird:

Wir überreichen Ihnen darüber hinaus die neue Baugenehmigung … zur Kenntnisnahme

und die Beklagte im darauf folgenden Satz aufgefordert wird:

Zu Ihrer eigenen Sicherheit ist Ihrerseits diese Baugenehmigung zu überprüfen.

Im Schreiben des damals die Beklagte vertretenden Rechtsanwalts S. vom 09.03.2017 (Anlage B 1) äußerte sich die Beklagte zwar zur Frage der Montage des Lifts (mit der Auffassung, sie sei von ihrer Leistungspflicht befreit), monierte aber mit keinem Wort, dass bei dem drei Wochen zuvor zugestellten Schreiben darin benannte Anlagen fehlen würden. Selbst in der Klageerwiderung vom 25.04.2018, in welcher sich die Beklagte durchaus mit dem Schreiben vom 13.01.2017 befasst, wird noch nicht ansatzweise behauptet, diesem Schreiben seien die darin benannten Anlagen nicht beigefügt gewesen. Erst mit Schriftsatz vom 28.08.2018 hat die Beklagte erstmals erklären lassen, dass sie nun “höchstvorsorglich” bestreite, “dass dem Schreiben des Klägervertreters vom 13.01.2017 eine Baugenehmigung beigefügt war” (Bl. 42 der Akte).

(b) Nachdem im Schreiben vom 13.01.2017 der Kläger auch formuliert hatte

Da nun alle Unterlagen ordnungsgemäß vorliegen …“,

war für die Beklagte mit Erhalt des Schreibens nebst der genannten Unterlagen klar, was der Kläger als taugliche und genügende Mitwirkung ansah. Sollte die Beklagte diese Mitwirkung des Klägers für fachlich ungenügend oder nicht umfangreich halten, wäre es ihre Pflicht gewesen, ihn spezifisch darauf hinzuweisen und die aus ihrer Sicht fehlenden Informationen konkret zu benennen und damit den Kläger instand zu setzen, das zu liefern, was fehlt. Das hat sie nicht getan. Im bereits mehrfach angesprochenen Anwaltsschreiben vom 09.03.2017 (Anlage B 1) hat die Beklagte vielmehr lediglich ausrichten lassen, dass der bestellte Lift nicht mehr eingebaut werden könne, weil er nicht mehr den gültigen Maschinenrichtlinien entspreche und somit nicht mehr vom TÜV abgenommen werden könne. Wenige Tage zuvor hatte die Beklagte aber die Unterlagen vom Kläger erhalten. Daher wäre es an der Beklagten gewesen, dem nicht fachkundigen Kläger näher auseinanderzusetzen, welche rechtlichen Änderungen zwischenzeitlich eingetreten sind und welche Auswirkungen diese auf die Durchführung des vertraglichen Projekts haben, so dass der Kläger hierauf hätte sachgerecht reagieren können. Sie hätte darauf hinweisen müssen, in welchen Punkten die zwischenzeitlich vom Kläger vorgelegten Unterlagen lückenhaft oder nicht ausreichend sind, was genau er gegebenenfalls nachliefern müsse und welche technischen Optionen mit welchen Voraussetzungen bestehen, um das Projekt doch noch – gegebenenfalls modifiziert – vollenden zu können.

Von diesem – unverändert bestehenden – Ausgangspunkt aus war auch das Schreiben des Klägers vom 16.10.2018 zu bewerten. Dort teilte er der Beklagten unter anderem mit, dass eine kurzfristige Kontaktaufnahme mit seinem Bauleiter erfolgen müsse. Sollten weitere Absprachen notwendig sein, sei Kontakt aufzunehmen. Soweit die Herstellung des Gebäudeanschlusses oder die Position der Anschlusskabel unklar sein sollte, werde auf die bereits überreichten Unterlagen verwiesen. Sollten dann immer noch Unklarheiten bestehen, werde auf die Möglichkeit der Beklagten verwiesen, eine eigene Einmessung in Absprache mit dem Bauleiter des Klägers vorzunehmen. Aus diesem Schreiben geht mithin hervor, dass der Kläger davon ausging, der Beklagten die zur Vertragsdurchführung notwendigen Informationen gegeben zu haben. Hierauf hat die Beklagte jedoch wieder nicht in dem oben als erforderlich beschriebenen Sinn reagiert, sondern erstmals in der Berufungserwiderung vom 19.02.2019 – also lange nach Ablauf der klägerseits gesetzten Frist – ausrichten lassen, dass die vom Kläger geforderten ergänzenden Informationen über die Festlegungen zum Gebäudeanschluss, zur Position der Anschlusskabel und der Nachweis eines Zugangs einer Baugenehmigung für den Lift fehlen, wobei jedenfalls letzterer Punkt nach Überzeugung des Senats, wie bereits oben ausgeführt, nicht der Wahrheit entspricht. Damit stützt sich die Beklagte gerade auf Informationsdefizite des Klägers, die beheben zu helfen sie selbst pflichtwidrig unterlassen hat.

Klarzustellen ist bei alldem, dass die Frage der Erfüllung von Informationspflichten zu unterscheiden ist von der Frage der vom Kläger geschuldeten Vorleistungen. Nach der zur Akte gelangten Auftragsbestätigung K 1 (weitere Vertragsunterlagen wurden nicht vorgelegt) traf den Kläger eine Reihe von Mitwirkungspflichten bei der Einrichtung und Vorbereitung der Baustelle und bei der Klärung von bestimmten Voraussetzungen. Die Erfüllung dieser Mitwirkungspflichten setzte aber ihrerseits voraus, dass dem Kläger als Nichtfachmann von der Beklagten als Spezialunternehmen klargemacht wird, welche konkreten Informationen sie im Einzelnen noch braucht oder inwiefern die bereits erteilten Informationen – entgegen der erkennbaren Annahme des Klägers – noch ungenügend sind. Erst nach Erfüllung der nötigen Aufklärungspflichten wäre es am Kläger gewesen, seinerseits die vertraglich verlangten Vorleistungen für die endgültige Montage des Aufzugs zu erbringen.

Die Verletzung der Kooperationspflicht durch die Beklagte hatte nicht zuletzt deshalb erhebliches Gewicht, weil für die Beklagte aufgrund der Begleiterscheinungen der “Kommunikation” zwischen den Parteien – Zustellung von Schreiben durch Gerichtsvollzieherin – spätestens Mitte Februar 2017 handgreiflich deutlich geworden sein muss, dass der Kläger geradezu verzweifelt um die (rechtlich gebotene) Kooperation der Beklagten ringt, auf die er dringend angewiesen war, um eventuell noch fehlende eigene Mit-wirkungshandlungen zu vollenden.

b) Der Kläger hat der Beklagten durch den Schriftsatz seiner Rechtsanwältin vom 16.10.2018 auch eine Frist zur Behebung der von der Beklagten für sich beanspruchten Informationsdefizite gesetzt. Dieser Schriftsatz wurde der Beklagten ausweislich des Zustellungsprotokolls des Gerichtsvollziehers G. am 25.10.2018 zugestellt.

In dem Schriftsatz heißt es, dass die zum 05.11.2018 gesetzte Frist auch für die Kontaktaufnahme zur Einmessung und Absprache gilt. Es muss nicht entschieden werden, ob die gesetzte Frist angesichts des langen Vorlaufs dieses Vertragsverhältnisses unangemessen kurz gewesen sein könnte. Die Rücktrittserklärung in der Berufungsbegründung vom 19.12.2018 ist jedenfalls nach Ablauf einer als angemessen zu wertenden Frist erfolgt. Bis zur Rücktrittserklärung hätten die als fehlend angesehenen Informationen ohne Weiteres von der Beklagten beschafft oder deren Beschaffung beim Kläger veranlasst werden können. Das ist unterblieben.

Entgegen der Auffassung der Beklagten konnte die nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils abgegebene Rücktrittserklärung in der Berufungsinstanz berücksichtigt werden. Deren Einführung in den Rechtsstreit beruhte nicht auf Nachlässigkeit im Sinne von § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO. Eine solche ist grundsätzlich zu verneinen, wenn ein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel erst nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung entstanden ist (BGH, Beschluss vom 17.05.2011 – X ZR 77/10). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Die Rücktrittserklärung vom 19.12.2018 konnte noch nicht Gegenstand der am 28.08.2018 geschlossenen erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung sein. Im Übrigen war die Tatsache der Erklärung des Rücktritts am 19.12.2018 auch schon deshalb zweitinstanzlich berücksichtigungsfähig, weil diese unstreitig ist.

Die vorstehend unter 2.a dargelegten Erwägungen begründen zugleich, warum der Senat an seiner Wertung im Hinweisbeschluss vom 23.07.2020 unter III.2 zur Wirkungslosigkeit der Fristsetzung nicht festhält.

c) Als Rechtsfolge des Rücktritts haben sich die Parteien die empfangenen Leistungen zurückzugewähren (§ 346 Abs. 1 BGB). Damit hat die Beklagte die empfangenen Anzahlungen i. H. v. insgesamt 29.904,70 Euro an den Kläger zu erstatten.

d) Der Anspruch des Klägers ist durchsetzbar. Ihm steht ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten nicht entgegen. Die Beklagte beruft sich in der Berufungsbegründung vom 19.02.2019 (S. 4) auf ein vermeintliches Zurückbehaltungsrecht wegen Bürgschaftskosten. Insoweit verweist die Beklagte auf einen vermeintlichen Verzugsschaden, den sie bereits vor dem Amtsgericht Lünen (7 C 120/16) geltend gemacht hat. Das Amtsgericht Lünen hat mit rechtskräftigem Urteil vom 23.03.2017 die dahingehende Leistungsklage wegen Verjährung abgewiesen. Eine schlüssige Darlegung und Bezifferung der ver-meintlichen Beklagtenansprüche findet sich in der Berufungsbegründung nicht.

e) Der von der Beklagten zurückzugewährende Betrag ist auch nicht durch hilfsweise Aufrechnung erloschen (vgl. Berufungserwiderung vom 19.02.2019, S. 5). Ein aufrechenbarer Gegenanspruch der Beklagten wird dort ebenso wenig schlüssig behauptet.

3. Zinsen kann der Kläger nicht wie beantragt ab Rechtshängigkeit verlangen, sondern ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Rücktrittserklärung in der Berufungsinstanz. Erst damit ist der Rückgewähranspruch fällig geworden (vgl. § 291 Satz 1 Halbsatz 2, Satz 2, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB).


III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

3. Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Soweit allgemeine Rechtsfragen entscheidungserheblich waren, bewegt sich der Senat innerhalb der bestehenden höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung.

4. Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach §§ 47 GKG, 3 ZPO.

VertragsManagement – VertragsMan ® Hochbaurecht OLG München: Die Aussetzung eines Hauptsacheverfahrens im Hinblick auf ein anderweitig anhängiges selbständiges Beweisverfahren ist grundsätzlich zulässig

VertragsManagement - VertragsMan ® Hochbaurecht OLG München: Die Aussetzung eines Hauptsacheverfahrens im Hinblick auf ein anderweitig anhängiges selbständiges Beweisverfahren ist grundsätzlich zulässig

vorgestellt von Thomas Ax

Die Aussetzung eines Hauptsacheverfahrens im Hinblick auf ein anderweitig anhängiges selbständiges Beweisverfahren ist grundsätzlich zulässig. Sie setzt eine fehlerfreie Ermessensausübung des Gerichts der Hauptsache voraus. Das Gericht der Hauptsache muss neben dem Grundsatz der Prozessökonomie, nach dem mehrfache Beweiserhebungen wegen desselben Gegenstands mit möglicherweise unterschiedlichen Ergebnissen zu vermeiden sind, auch berücksichtigen, ob die gebotene Förderung und Beschleunigung des Prozesses auf andere Weise besser zu erreichen ist. Die Aussetzungsentscheidung kann nur auf Ermessensfehler überprüft werden. Maßgeblich für den Streitwert der sofortigen Beschwerde gegen den Aussetzungsbeschluss ist das Interesse an der (Nicht-) Aussetzung, das mit einem Fünftel des Werts der Hauptsache bewertet wird.
OLG München, Beschluss vom 26.07.2022 – 9 W 810/22 Bau
vorhergehend:
LG München I, 03.05.2022 – 18 O 6187/21

Gründe:

Die Klägerin macht mit Klage vom 03.05.2021 gegen die Beklagten u.a. einen Kostenvorschussanspruch in Höhe von 698.885 Euro aufgrund behaupteter mangelhafter Bauleistung der Beklagten bezüglich der Heizleitungen beim Bauvorhaben ### in ### in ### geltend. Die Leistungen an Bauteil 1 wurden am 24.09.2009, an Bauteil 2 Ende 2008 und an den Bauteilen 3 und 4 am 01.07.2009 abgenommen. Zuvor hatte die Klägerin mit Schriftsatz vom 31.07.2015 bezüglich “im Bereich der Bauteile 1 sowie 3 und 4 an sämtlichen der in diesen Bauteilen vorhandenen je 450 Heizkörper” behaupteter, streitgegenständlicher Mängel ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet, das beim Landgericht München 1 unter dem Az.: 18 OH 13485/15 noch anhängig ist. Dort wurden bislang ein Hauptgutachten des Sachverständigen ### vom 30.11.2017, ein Ergänzungsgutachten vom 17.10.2018 eingeholt und eine Anhörung des Sachverständigen am 06.09.2019 durchgeführt. Derzeit wird auf der Basis von Beschlüssen vom 10.12.2019 und 28.07.2021 ein Ergänzungsgutachten erholt zu diversen Fragen der Streithelferin der Beklagten, der Fa. ### GmbH, sowie zu einer “Tischvorlage” und einer Stellungnahme des TÜV Süd.

Mit Schreiben vom 01.06.2022 avisierte der Sachverständige eine Fertigstellung des Gutachtens, für das eine Untersuchung durch die ### GmbH erforderlich sei, bis Ende Oktober 2022 an.

Am 08.03.2022 (BI. 94) kündigte das Erstgericht an, dass eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 148 ZPO bis zur Beendigung des Verfahrens, Az.: 18 OH 13485/15, beabsichtigt sei, die Parteien erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme. Während die Streithelferin der Beklagten, die Fa. #### GmbH eine Aussetzung befürwortete (BI. 101/111), widersetzten sich sowohl die Klägerin (BI. 97/100) als auch die Beklagten (BI. 112/118) einer Aussetzung.

Mit Beschluss vom 03.05.2022 (BI. 124/126) setzte die Kammer die Verhandlung bis zur Erledigung des selbständigen Beweisverfahrens beim Landgericht München I, 18 OH 13485/15, aus, da dieses Verfahren noch nicht beendet sei und die hier streitgegenständlichen Mängel, insbesondere die Frage eines Serienmangels und der Art der Mangelbeseitigung, behandele.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.05.2022 (BI. 128/131) sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung führte sie aus, dass ein effektiver Rechtsschutz angesichts des Zeitablaufs in Gefahr sei, zuletzt mit Beschluss vom 28.07.2021 ein Ergänzungsgutachten angeordnet worden sei zu einer Stellungnahme des TÜV, deren Gegenstand der Einbau von Lyra-Bögen sei. Die bisherige Beweiserhebung habe einen Baumangel ergeben, lediglich die Streithelferin der Antragsgegnerseite möchte klären, welche kostengünstige Sanierungsart möglich sei. Das Erstgericht habe sich bei seiner Ermessensentscheidung nicht mit der Frage der gebotenen Förderung und Beschleunigung des Prozesses auf andere Weise befasst.

Mit Beschluss vom 21.06.2022 (BI. 140/143) hat das Erstgericht der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die nach §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 225, 148 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 148 Abs. 1 ZPO im Hinblick auf das noch nicht abgeschlossene selbständige Beweisverfahren 18 OH 13485/15 des Landgerichts München I ist grundsätzlich zulässig und auch nicht ermessensfehlerhaft.

1. Der Senat legt seiner Entscheidung folgende Rechtssätze zugrunde:

Die Aussetzung eines Hauptsacheverfahrens im Hinblick auf ein anderweitig anhängiges selbständiges Beweisverfahren ist grundsätzlich im Hinblick auf § 493 ZPO zulässig. Die Anordnung der Aussetzung setzt eine fehlerfreie Ermessensausübung voraus. Dabei muss das Gericht der Hauptsache neben dem Grundsatz der Prozessökonomie, nach dem mehrfache Beweiserhebungen wegen desselben Gegenstandes mit möglicherweise unterschiedlichen Ergebnissen zu vermeiden sind, auch berücksichtigen, ob die gebotene Förderung und Beschleunigung des Prozesses auf andere Weise besser zu erreichen ist (BGH, Beschluss vom 26.10.2006 – VII ZB 39/06, NZBau 2007, 98; Kniffka/ Koeble/ Jurgeleit/ Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, 14. Teil Rn. 82; Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl. 2022, Vor § 485 Rn. 6).

Das Beschwerdegericht hat uneingeschränkt zu prüfen, ob ein Aussetzungsgrund gegeben ist, im Übrigen aber kann die Aussetzungsentscheidung, die in das Ermessen des Gerichts gestellt ist, nur auf Ermessensfehler geprüft werden (MüKoZPO/Fritsche, ZPO, 6. Aufl. 2020, § 148 Rn. 17; Zöller/Greger, aaO, § 252 Rn. 5).

2. Unter Berücksichtigung dieser Rechtssätze ist die Entscheidung des Erstgerichts nicht zu beanstanden.

Zur Begründung nimmt der Senat zunächst Bezug auf die Ausführungen des Erstgerichts vom 03.05. und 21.06.2022 und ergänzt im Lichte der Beschwerdebegründung kurz folgendes:

Die abschließende Begutachtung zu den zwischen den Parteien weiterhin streitigen und streitentscheidenden Fragen, ob ein Baumangel in Form eines Serienmangels inmitten liegt und der Art der Mängelbeseitigung, welche sich auf Grund und Höhe des Klageanspruchs auswirken, steht im selbständigen Beweisverfahren, das von der Kammer geführt wird, die auch für das hiesige Hauptsacheverfahren zuständig ist, noch aus. Der Grundsatz der Prozessökonomie gebietet gerade, dass die im selbständigen Beweisverfahren zu den streitentscheidenden Fragen begonnene Beweiserhebung dort möglichst abgeschlossen wird, damit dann zeitnah der Hauptsacheprozess beendet werden kann. Ein anderer, schneller zum Ziel führender Weg der Förderung und Beschleunigung des Prozesses erscheint im derzeitigen Verfahrensstadium nicht gegeben, es sei denn die Prozessbeteiligten finden selbst einen gütlichen Weg der Streitbeilegung. Selbstverständlich hat das Erstgericht insbesondere auch im selbständigen Beweisverfahren, das bereits seit 2015 anhängig ist, das Gebot der Förderung und Beschleunigung im Auge zu behalten und ggfs. das hiesige streitige Verfahren von Amts wegen wieder fortzusetzen (§ 150 ZPO), wenn die Fragen des Vorliegens des behaupteten Serienmangels und der Mängelbeseitigungskosten dort geklärt sind. Selbstverständlich dürfte es aber auch im Interesse aller Beteiligten liegen, die Beweiserhebung nun zügig zu beenden und nicht durch sukzessive Nachfragen weiter in die Länge zu ziehen, denn gerade die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass auch die Probleme in Bauprozessen auf allen Seiten eher größer als kleiner werden, zumal hier die Abnahmen bis in Jahr 2008 zurückreichen und seit 2015 gerichtlich über etwaige Baumängel gestritten wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO. Maßgeblich für den Wert ist nicht der Wert der Hauptsache, sondern das Interesse an der (Nicht-) Aussetzung (Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 43. Aufl. 2022, § 3 Rn. 24), das hier mit einem Fünftel des Werts der Hauptsache zu bewerten ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 25.07.2019 – 1 ZB 82/18, NJWRR 2020, 98, Rn. 47).

Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 Abs. 3 Satz 1 ZPO nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Aktuelle Baurechtsentscheidungen von A bis Z

Aktuelle Baurechtsentscheidungen von A bis Z

A wie Abgebrannt
Baustelle abgebrannt: Wie muss der Bauherr den Schaden darlegen?


1. Macht der Auftraggeber nach einem Gebäudebrand gegen den Auftragnehmer einen Anspruch auf Schadensersatz geltend, muss er die Maßnahmen, die zur Wiederherstellung erforderlich waren, sowie die dafür angefallenen Kosten konkret vortragen.
2. Ist der Brand während einer Umbaumaßnahme entstanden, muss der Auftraggeber auch zum Bautenstand zum Zeitpunkt des Brands vortragen, da sich nur so der Umfang der erforderlichen Wiederherstellungsmaßnahmen bestimmen lässt.
3. Eine Vermutung dafür, dass ein Schadensversicherer nur die maximal erforderlichen Zahlungen leistet oder ein von diesem eingeschalteter Sachverständiger nur konkret entstandene Schäden ermittelt und zur Regulierung freigibt, existiert nicht.
OLG Celle, Beschluss vom 09.04.2019 – 14 U 157/18; BGH, Beschluss vom 11.03.2020 – VII ZR 119/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

A wie Anerkannte Regeln der Technik:
Verstoß gegen anerkannte Regeln der Technik: Abriss und Neubau erforderlich


1. Der Auftraggeber kann den Rückbau und die komplette Neuerstellung eines mangelhaften Bauwerks verlangen, wenn durch lediglich lokale Nachbesserungsarbeiten kein den anerkannten Regeln der Technik entsprechender Zustand hergestellt werden kann.
2. Eine Mängelbeseitigung kann nicht in jedem Fall wegen “hoher Kosten” verweigert werden. Entscheidend ist u. a., ob die Funktionsfähigkeit des Werks durch den Mangel beeinträchtigt wird.
3. Auch wenn die Statik des Gebäudes nicht gefährdet ist, muss der Auftraggeber das nach einer Nachbesserung verbleibende erhöhte Risiko von Putzrissen nicht hinnehmen.
OLG Dresden, Urteil vom 02.02.2017 – 10 U 672/12; BGH, Beschluss vom 04.09.2019 – VII ZR 42/17 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

A wie Aufstockungsverlangen:
Wann ist Aufstockungsverlangen treuwidrig?


1. Eine Geltendmachung der Mindestsätze kann nach Treu und Glauben ausgeschlossen sein, wenn der Auftraggeber auf die Wirksamkeit einer Honorarvereinbarung vertrauen durfte und ihm die Zahlung des Differenzbetrags zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nicht zugemutet werden kann (hier bejaht).
2. Ein schützenswertes Vertrauen in die Wirksamkeit einer Honorarvereinbarung kann auch dann vorliegen, wenn der Auftraggeber Voraussetzungen für gegeben hält, die eine Mindestsatzunterschreitung ausschließen, wie beispielsweise eine nicht vollständige Beauftragung aller Grundleistungen, so dass eine Honorarkürzung geboten sein könnte.
OLG Celle, Urteil vom 27.04.2022 – 14 U 156/21

B wie Bauablaufbezogene Darstellung:
Qualität der bauablaufbezogenen Darstellung


1. Macht der Auftragnehmer wegen Bauablaufstörungen einen Anspruch auf Schadensersatz geltend, hat er schlüssig darzulegen, dass er durch Pflichtverletzungen des Auftraggebers behindert worden ist. Der Auftragnehmer muss substanziiert zu den dadurch entstandenen Behinderungen seiner Leistung vortragen. Dazu ist eine konkrete, bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Behinderung unumgänglich.
2. Bei störenden Ereignissen wie z. B. verspäteten Planlieferungen genügt es nicht, die Abweichung zwischen Soll- und Ist-Planlieferung darzulegen sowie die dazwischen liegende Zeitspanne als konkrete bauablaufbezogene Störungsdauer auszugeben. Vielmehr ist es erforderlich, auch die konkret auf die Baustelle bezogenen Auswirkungen der Verspätung darzustellen.
OLG München, Urteil vom 26.09.2017 – 28 U 2834/09; BGH, Beschluss vom 15.01.2020 – VII ZR 249/17 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

B wie Bauhandwerkersicherheit:
Welche Frist ist zur Stellung einer Bauhandwerkersicherheit gem. § 650f BGB angemessen?


1. Eine Frist zur Stellung einer Sicherheit gem. § 650f BGB ist angemessen, wenn sie so bemessen ist, dass dem Besteller die Beschaffung der Sicherheit ohne schuldhaftes Verzögern möglich ist (hier bejaht für eine am 26.03.2020 zugehende Setzung einer Frist bis zum 07.04.2020).
2. Eine Bitte des Bestellers um Fristverlängerung unter Hinweis auf die Corona-Situation und die bevorstehenden Osterfeiertage ist unbeachtlich, wenn sich der Besteller auf derartige pauschale Aussagen beschränkt, ohne darzulegen, welche konkreten Auswirkungen die Corona-Situation auf seine Hausbank und damit auf die Beibringung der Sicherheit hat und aus welchem Grund ihm die Sicherheitsleistung vor den erst nach Ablauf der Frist beginnenden Osterfeiertagen nicht möglich sein wird.
KG, Beschluss vom 05.01.2021 – 27 W 1054/20

B wie Baukostenschätzung:
Architekt muss auf nur “grob” geschätzte Baukosten hinweisen


1. Eine Überschreitung der Baukosten kann als Mangel der Architektenleistung einzustufen sein, wenn die Parteien eine Beschaffenheitsvereinbarung dahin getroffen haben, dass die Baukosten ein bestimmtes Limit nicht überschreiten dürfen.
2. Der Architekt ist verpflichtet, im Rahmen der Grundlagenermittlung den wirtschaftlichen Rahmen eines privaten Bauherrn abzustecken und ihn dazu nach seinen Vorstellungen zu fragen.
3. Nimmt der Architekt eine Kostenschätzung vor, muss die Schätzung zutreffend sein. Handelt es sich nur um eine grobe Schätzung, muss er über die Schwächen der Kostenangaben aufklären.
OLG Nürnberg, Urteil vom 24.09.2019 - 6 U 521/17; BGH, Beschluss vom 08.12.2021 – VII ZR 224/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

B wie Bauüberwachung
Auch der Anscheinsbeweis für eine mangelhafte Bauüberwachung hat Grenzen


Ein Anscheinsbeweis kann (nur) dann angenommen werden, wenn Mängel vorliegen, die vom Architekten typischerweise entdeckt werden mussten, und ein typischer Geschehensablauf anzunehmen ist.
OLG Schleswig, Urteil vom 25.03.2020 – 12 U 162/19

B wie Bedenken:
Bedenken können an angestellten Bauleiter gerichtet werden


Der Grundsatz, dass dann, wenn der Bauleiter sich den vorgetragenen Bedenken des Werkunternehmers verschließt, der Bauherr selbst informiert werden muss, betrifft die Fälle, in denen der Bauleiter außerhalb der Sphäre des Bauherrn steht, insbesondere weil er mit dem Bauherrn durch einen Werkvertrag verbunden ist. Steht der Bauleiter in einem Arbeitsverhältnis mit dem Bauherrn, so gelangt der Bedenkenhinweis unmittelbar in die Sphäre des Bauherrn. Die den Hinweis missachtende Anweisung ist dann ebenfalls der Sphäre des Bauherrn zuzurechnen.
OLG Köln, Beschluss vom 05.10.2021 - 16 U 55/21

F wie Freigabe der Bürgschaft:
Muss eine Bürgschaft teilweise freigegeben werden?


1. Die Regelung des § 17 Abs. 8 VOB/B, wonach der Auftraggeber eine nicht verwertete Vertragserfüllungssicherheit spätestens nach Abnahme und Stellung der Gewährleistungssicherheit zurückzugeben hat, es sei denn, dass Ansprüche des Auftraggebers, die nicht von der gestellten Gewährleistungssicherheit umfasst sind, noch nicht erfüllt sind, hält einer isolierten Inhaltskontrolle stand und ist wirksam (Anschluss an BGH, IBR 1993, 139).
2. Auch wenn nur ein Teil der Gewährleistungsansprüche (noch) nicht verjährt ist, muss der Auftraggeber eine Gewährleistungssicherheit nicht teilweise freigeben.
OLG Frankfurt, Beschluss vom 25.08.2016 – 23 U 158/15; BGH, Beschluss vom 22.05.2019 – VII ZR 325/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

F wie Fortsetzung fremder Projekte:
Fortsetzung fremder Projekte nicht ohne Risiko


1. Der Unternehmer hat das Werk (hier: Errichtung einer Aufzugsanlage) nicht nur frei von Sachmängeln, sondern auch frei von Rechtsmängeln herzustellen.
2. Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte (hier: ein anderer Aufzugsbauer) keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können. Als Rechtsmängel kommen fremde Patentrechte (hier: im Hinblick auf eine “angefangene Aufzugsanlage”) in Betracht.
3. Der Unternehmer haftet für Patentrechtsverletzungen bei der Erstellung des vertraglich vereinbarten Werks.
OLG Koblenz, Beschluss vom 17.07.2017 – 3 U 9/17; BGH, Beschluss vom 04.09.2019 – VII ZR 178/17 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

G wie GU:
GU oder nicht GU


1. Als Generalunternehmer wird angesehen, wer die Durchführung sämtlicher zu einem Bauvorhaben erforderlichen Leistungen übernommen hat, die er dann selbst oder durch Nachunternehmer ausführen kann. Im Verhältnis zum Auftraggeber ist der Generalunternehmer ein Alleinunternehmer.
2. Ein beschränkter Leistungsumfang und die Beauftragung anderer Unternehmer durch den Auftraggeber sprechen gegen eine Stellung als Generalunternehmer.
3. Der Vollzug der notwendigen Abstimmungen auf der Baustelle führt nicht dazu, dass der daran mitwirkende Auftragnehmer zum Generalunternehmer wird, der den von anderen Unternehmern gegenüber dem Auftraggeber geschuldeten Werkerfolg wie einen eigenen zu verantworten hat.
OLG Nürnberg, Urteil vom 24.09.2020 – 13 U 2287/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen)

K wie Kontamination:
Wer mit Kontaminationen rechnen muss, erhält keine Mehrvergütung


1. Der Auftragnehmer darf nicht von einem unbelasteten Baugrund ausgehen, wenn aus dem der Ausschreibung beigefügten Baugrundgutachten hervorgeht, dass mit Kontaminationen gerechnet werden muss.
2. Berechtigen Verzögerungen aufgrund von Überprüfungen des Aushubs auf Kontaminationen nach den Ausschreibungsunterlagen nicht zur Geltendmachung von Mehrkosten, kann der Auftragnehmer für die Ausfallzeiten des von ihm eingesetzten Baggers keine Mehrvergütung oder Entschädigung verlangen, wenn der Aushub auf Schadstoffe untersucht werden muss.
OLG Naumburg, Urteil vom 18.07.2019 – 8 U 21/17 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen)

K wie Kündigung:
Auftragnehmer kann oder will nicht leisten: Auftraggeber darf fristlos kündigen!


Ein Bauvertrag kann vom Auftraggeber fristlos gekündigt werden, wenn der Auftragnehmer nicht willens oder nicht in der Lage ist, die Leistung vertragsgemäß auszuführen.
OLG Celle, Urteil vom 26.09.2019 – 5 U 40/19; BGH, Beschluss vom 02.12.2020 – VII ZR 231/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

M wie Mängelbeseitigung:
Wann ist die Mängelbeseitigung an einem Hallendach unverhältnismäßig?


1. Der Auftragnehmer kann die Mängelbeseitigung verweigern, wenn sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde. Unverhältnismäßigkeit ist anzunehmen, wenn der damit in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür gemachten Geldaufwands steht.
2. Bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit ist auch das Verschulden des Auftragnehmers zu berücksichtigen.
OLG Celle, Urteil vom 05.03.2020 – 6 U 48/19; BGH, Beschluss vom 04.08.2021 – VII ZR 42/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

M wie Mehrkostenrisiko:
Mehrkostenrisiko übernommen: Weitere Nachträge ausgeschlossen


1. Vereinbaren die Parteien eines Bauvertrags in einer Ergänzungsvereinbarung, dass “für sämtliche erforderlichen Leistungen zur Realisierung der zweiten Baustufe ein Gesamt-Pauschalpreis neu gebildet wird” und damit “gleichermaßen die bekannten, zugleich aber auch sämtliche unbekannten Sachverhalte, die zur vertragsgemäßen Fertigstellung der Gesamtleistung erforderlich sind und die Mehrkosten nach sich ziehen können,” erledigt werden sollen, trägt der Auftragnehmer die Beweislast dafür, dass ein Mehrvergütungsanspruch von dem in der Ergänzungsvereinbarung geregelten Vollständigkeits- und Mehrkostenrisiko nicht erfasst wird.
2. Nach Übernahme des Vollständigkeits- und Mehrkostenrisikos kann sich der Auftragnehmer nur noch ausnahmsweise auf einen Mehrkostensachverhalt berufen
OLG Rostock, Urteil vom 26.11.2019 – 4 U 47/18; BGH, Beschluss vom 23.09.2020 – VII ZR 290/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

P wie Pauschalpreis:
Pauschalpreis umfasst Hausanschlusskosten


Hausanschlusskosten, die dem Bauunternehmer/Verkäufer eines zu errichtenden Hauses während der Bauphase dafür entstanden sind, dass er gegenüber dem Versorgungsträger seinerseits die Errichtung der Hausanschlüsse veranlasst hat, kann der Bauunternehmer/Verkäufer im Rahmen eines Pauschalpreisvertrags grundsätzlich nicht nachträglich auf den Erwerber/Käufer abwälzen, wenn dem zugrundeliegenden Vertrag eine solche nachträgliche Übernahmeverpflichtung nicht zu entnehmen ist. Der Erwerber darf nach dem allgemeinen Verständnis davon ausgehen, dass der Unternehmer/Verkäufer derartige Kosten im Vorfeld kalkuliert und bei der Bildung des Pauschalpreises berücksichtigt hat, sodass etwaige Hausanschlusskosten mit der Zahlung des Pauschalpreises mitabgegolten sind.*)
OLG Celle, Beschluss vom 26.11.2021 – 14 U 100/21

P wie Planungsmängel:
Planungsmängel eines Bauunternehmers: Kündigung nach Bau- oder Architektenrecht?


1. Wird ein Unternehmer nicht nur mit Bauwerksarbeiten, sondern auch mit Planungsleistungen (hier: Erstellung der Tragwerksplanung) beauftragt, finden auf etwaige Planungsmängel nicht die Regelungen der VOB/B, sondern die gesetzlichen Vorschriften über Architekten- und Ingenieurverträge Anwendung.
2. Liegen besonders gravierende Planungsmängel vor, kann ein Architekten- oder Ingenieurvertrag vom Auftraggeber aus wichtigem Grund gekündigt werden.
3. Eine Kündigung muss nicht begründet werden. Der Auftraggeber ist auch an etwa geäußerte Kündigungsgründe nicht gebunden. Besteht ein benannter Grund nicht oder ist keiner benannt, kann der Auftraggeber auch später zur Rechtfertigung der Kündigung noch (andere) tatsächlich bestehende Kündigungsgründe nachschieben.
OLG Nürnberg, Urteil vom 28.03.2019 – 13 U 560/16; BGH, Beschluss vom 15.04.2020 – VII ZR 83/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

P wie Preisfortschreibung:
Vorkalkulatorische Preisfortschreibung entfällt


Wie die Vergütungsanpassung vorzunehmen ist, regelt § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B nicht. Die Klausel gibt nur vor, dass Mehr- oder Minderkosten zu berücksichtigen sind. Im Übrigen legt die VOB/B die Verantwortung für die neue Preisbestimmung in die Hände der Vertragsparteien. Die Parteien können sich sowohl vor Vertragsschluss wie auch nachträglich über einzelne Teilelemente der Preisbildung verständigen.
Eine solche Verständigung liegt vorliegend dahingehend vor, dass der GU-Zuschlag von 20 % auf Fremdkosten bei der Bildung des neuen Einheitspreises heranzuziehen ist. Wenn und soweit sich die Parteien über die Preisbildung aber nicht einigen, so enthält der Vertrag eine Lücke, welche im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden muss. Danach ist entscheidend, was die Vertragsparteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten. Es entspricht insoweit der Redlichkeit und dem bestmöglichen Ausgleich der wechselseitigen Interessen, dass durch die Mengenmehrung keine der Vertragsparteien besser oder schlechter gestellt wird. Auf Seiten des Auftragnehmers gilt es eine nicht auskömmliche Vergütung zu vermeiden und auf Seiten des Auftraggebers eine übermäßige Belastung zu verhindern.
Unter Abwägung dieser beiderseitigen Interessen ergibt die ergänzende Vertragsauslegung, dass der neue Einheitspreise für Mehrmengen nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge zu bemessen ist. Hierdurch wird, so der BGH, die Kostenwirklichkeit am besten abgebildet. Der AN erhält so für die relevanten Mehrmengen eine auskömmliche Vergütung. Es widerspricht Treu und Glauben, würde der AN aufgrund der Mengenmehrung auf Kosten des AG einen über die angemessenen Zuschläge hinausgehenden Gewinn erwirtschaften oder der AG von einem für den AN unauskömmlichen und unwirtschaftlichen Preis profitieren.
Eines Rückgriffs auf die vorkalkulatorische Preisfortschreibung bedarf es nicht um der Störung des Äquivalenzverhältnisses adäquat zu begegnen.
Die im Wettbewerb zustande gekommene Vergütungsvereinbarung bleibt unangetastet, da es für die vertraglich vereinbarte Menge zuzüglich des Toleranzzuschlages von 10 % bei der vereinbarten Vergütung verbleibt. Für die ausgeschriebenen Mengen muss das Synallagma von Leistung und Gegenleistung mit dem vertraglich verbindlich vereinbarten Preis unangetastet bleiben. Für die Bestimmung des neuen Preises gilt das Vertragspreisgefüge aber gerade nicht mehr. Eine vorkalkulatorische Preisfortschreibung und damit den Erhalt des Vertragspreisniveaus sieht der Wortlaut des § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B gerade nicht vor.
BGH, Urteil vom 8. August 2019 – VII ZR 34/18

P wie Privilegieren:
Wettbewerbssieger ist zu privilegieren


Führt die Vergabestelle im Anschluss an einen Architektenwettbewerb ein Verhandlungsverfahren durch, ist das Ergebnis des Architektenwettbewerbs gem. § 8 Abs. 2 RPW 2013 bei der Gewichtung und Binnengewichtung der Auswahlkriterien zu berücksichtigen (Fortführung der Senatsrechtsprechung, IBR 2017, 392).
OLG Frankfurt, Beschluss vom 23.06.2020 – 11 Verg 2/20

P wie Prüfbarkeit:
Pauschale Rüge fehlender Prüfbarkeit reicht nicht


1. Der Einwand der fehlenden Prüfbarkeit als Fälligkeitsvoraussetzung ist fristgebunden. Die Rüge fehlender Prüfbarkeit muss rechtzeitig nach Zugang der Schlussrechnung erhoben werden.
2. Die bloß pauschal gehaltene Rüge, die Rechnung sei nicht prüfbar, genügt nicht. Der Auftraggeber muss substanziiert vortragen, inwieweit ihm Informationen aus der Rechnung fehlen.
3. Mit nicht rechtzeitig vorgebrachten Einwendungen gegen die Prüfbarkeit ist der Auftraggeber im Hinblick auf die Fälligkeit der Werklohnforderung ausgeschlossen. Die Einwendungen sind dann nur noch im Rahmen der Schlüssigkeit im Zusammenhang mit der Prüfung der Forderungshöhe relevant.
OLG Stuttgart, Urteil vom 14.08.2018 – 10 U 154/17; BGH, Beschluss vom 12.02.2020 – VII ZR 185/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) BGB § 650g Abs. 4; VOB/B §§ 14, 16

P wie Prüfungspflicht:
Vorvertragliche Prüfungspflicht ist auf erkennbare Erschwernisse begrenzt


1. Eine detaillierte Leistungsbeschreibung erweckt Vertrauen in die Richtigkeit ihrer Angaben. Eine Aussage dahingehend, dass Positionen vor Angebotsübernahme zu überprüfen sind, hat nicht die Bedeutung, dass das Risiko einer Abweichung vollständig vom Auftragnehmer übernommen werden soll.
2. Die Formulierung in einem Bauvertrag, wonach der Auftragnehmer “als Fachunternehmen durch eigene Besichtigungen und Untersuchungen ausreichend Gelegenheit hatte, den erforderlichen Leistungsumfang zu ermitteln”, betrifft nur Offenliegendes, wie etwa die Angaben zu Flächen oder sichtbaren Materialien.
3. Auch wenn es keinen Erfahrungssatz dahingehend gibt, dass ein Auftragnehmer nur kalkulierbare Verpflichtungen eingeht, sind Mehraufwendungen, die auf falschen Angaben des Auftraggebers beruhen, durch den vereinbarten Preis nicht abgegolten. Das gilt auch bei Vereinbarung eines Pauschalpreises.
4. Hat der Auftragnehmer über die in der Leistungsbeschreibung genannten Materialen hinaus nicht beschriebene Schadstoffe gesondert zu entsorgen, steht ihm hierfür ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung zu.
OLG Frankfurt, Urteil vom 29.03.2018 – 22 U 104/16; BGH, Beschluss vom 29.07.2020 – VII ZR 104/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) VOB/B § 2 Abs. 5, 6, 7

P wie Projektmanager:
Welche Aufgaben hat ein Projektmanager?


1. Welche Leistungen ein Projektmanager und Baucontroller zu erbringen hat und damit die Beantwortung der Frage, ob dessen Leistungen mangelhaft sind, richtet sich nach dem Inhalt des geschlossenen Projektmanagement- und Baucontrollingvertrags.
2. Ein Projektmanager und Baucontroller darf keine Rechtsdienstleistungen erbringen. Die Frage, gegen welche Baubeteiligten in welchem Verfahren und mit welchen Streitverkündungen vorzugehen ist, stellt eine Rechtsdienstleistung dar, die den rechtsberatenden Berufen vorbehalten ist.
OLG München, Urteil vom 18.05.2021 – 9 U 5633/20 Bau (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen)

R wie Rückbau:
Rückbau und Neuerrichtung erforderlich: Mängelbeseitigung nicht unverhältnismäßig


1. Die Mängelbeseitigung ist unverhältnismäßig, wenn das Bestehen auf ordnungsgemäße Vertragserfüllung im Verhältnis zu den dafür erforderlichen Aufwendungen unter Abwägung aller Umstände gegen Treu und Glauben verstößt.
2. Der Auftraggeber muss im Rahmen der Nacherfüllung kein vertraglich nicht geschuldetes Werk akzeptieren.
3. Die Mängelbeseitigung ist jedenfalls dann nicht unverhältnismäßig, wenn der Bauunternehmer grob fahrlässig falsches Material verbaut.
OLG Stuttgart, Urteil vom 09.07.2019 – 10 U 14/19; BGH, Beschluss vom 15.04.2020 – VII ZR 164/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

S wie Stillstand:
Stillstand von Baugeräten aufgrund geänderter oder zusätzlicher Leistung – Mehrvergütung aus § 2 Abs. 5, 6 VOB


Führen geänderte oder zusätzliche Leistungen zu einem Stillstand von Baugeräten, welche für Folgeleistungen benötigt werden, besteht ein Anspruch aus § 2 Abs. 5, 6 VOB/B wegen diesbezüglicher Kosten.
BGH, Beschluss vom 23.03.2022 – VII ZR 191/21

S wie Stoffpreisgleitklausel:
Stoffpreisgleitklausel darf nicht zu ungewöhnlicher Kalkulation führen


Eine Stoffpreisgleitklausel des öffentlichen Auftraggebers von Bauleistungen ist überraschend und wird nicht Vertragsbestandteil, wenn sie ohne ausreichenden Hinweis den Auftragnehmer zur Vermeidung erheblicher Nachteile bei Stoffpreissenkungen dazu anhält, bereits bei seiner Kalkulation von üblichen Grundsätzen abzuweichen.
BGH, Urteil vom 25.01.2018 – VII ZR 219/14

U wie Unfähigkeit:
Unfähigkeit ist kein Befangenheitsgrund


Ein Mangel an Sachkunde, Lücken, Unzulänglichkeiten oder Fehler im Gutachten entwertet dieses gegebenenfalls, rechtfertigt jedoch für sich allein regelmäßig nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit.
OLG München, Beschluss vom 18.08.2020 – 20 W 1121/20 ZPO § 404a Abs. 1, § 406 Abs. 1 Satz 1, § 412 Abs. 1

V wie Vergütung:
Auch Nachträge wegen zusätzlicher Leistungen werden nach tatsächlichen Kosten vergütet!


Der vom BGH mit Urteil vom 08.08.2019 (IBR 2019, 536) aufgestellte Grundsatz, dass für die Bemessung des neuen Einheitspreises bei Mehrmengen gem. § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich sind, findet auch bei der Ermittlung des neuen Einheitspreises von zusätzlichen Leistungen gem. § 2 Abs. 6 VOB/B Anwendung.
OLG Brandenburg, Urteil vom 22.04.2020 – 11 U 153/18

W wie Wertsteigerung:
Mehraufwand führt zu Wertsteigerung: Keine Haftung für höhere Baukosten


1. Verletzt der Architekt seine Pflicht, die Planungsvorgaben des Auftraggebers zu den Herstellungskosten des Bauwerks bei der Erbringung der von ihm geschuldeten Leistungen zu beachten, haftet er dem Auftraggeber auf Schadenersatz wegen schuldhafter Überschreitung einer vereinbarten Bausumme.
2. Der Schaden bei Überschreitung einer mit dem Architekten vereinbarten Bausumme kann zwar in den überschießenden Baukosten bestehen. Dem Auftraggeber entsteht jedoch insoweit kein Nachteil, als der zu seinen Lasten gehende Mehraufwand zu einer Wertsteigerung des Objekts geführt hat.
OLG Frankfurt, Urteil vom 14.11.2019 – 15 U 85/19

Z wie Zwischentermine:
Verbindliche Zwischentermine auch ohne ausdrückliche Vereinbarung

KG, Urteil vom 26.04.2022 – 21 U 1030/20 BGB § 271 Abs. 1, § 323 Abs. 1, 4, § 631 Abs. 1, §§ 648, § 648a Abs. 1; ZPO § 287 Abs. 2

1. Insbesondere bei einem Werk- oder Architektenvertrag können die Parteien die gesonderte Fälligkeit von Teilleistungen vereinbaren, die nicht am Ende der Vertragsdurchführung stehen, sondern einen Zwischenerfolg darstellen.
2. Eine solche Vereinbarung kann auch konkludent getroffen werden und setzt nicht voraus, dass die Parteien kalendermäßig eine Frist oder einen Termin bestimmt haben. Der Fälligkeitszeitpunkt der Teilleistung ist gegebenenfalls durch Auslegung, notfalls mit Hilfe der Vermutung des § 271 Abs. 1 BGB zu bestimmen.
3. Erbringt der Werkunternehmer eine Teilleistung zum Fälligkeitszeitpunkt nicht, kann der Besteller unter den Voraussetzungen von § 323 Abs. 1 BGB vom Vertrag zurücktreten bzw. ihn aus wichtigem Grund kündigen; auf § 323 Abs. 4 BGB kommt es nicht an.
4. Ein Zivilgericht kann den Streit zwischen zwei Prozessparteien über den von einem Architekten erreichten Leistungsstand und die Höhe des sich daraus ergebenden Honorars in geeigneten Fällen ohne Hinzuziehung eines Honorarsachverständigen nach freier Überzeugung entscheiden (§ 287 Abs. 2 ZPO).
KG, Urteil vom 26.04.2022 – 21 U 1030/20

Effektive Auftraggeberentlastung – Projektsteuerung für den Neubau kommunaler Hallenbäder

Effektive Auftraggeberentlastung – Projektsteuerung für den Neubau kommunaler Hallenbäder

Mit der Vergabe von Projektsteuerungsleistungen für den Neubau kommunaler Hallenbäder können sich Kommunen effektiv entlasten und den Projekterfolg sicherstellen.

Die Planungsleistungen für die Fachdisziplinen Objektplanung Gebäude, Tragwerksplanung, Freianlagen, Ingenieurleistungen technische Ausrüstung und Freianlagenplanung für den Neubau des Hallenbades werden nach europaweiter Ausschreibung gesondert vergeben. Mit der Vergabe der Planungsleistungen Objektplanung, Tragwerksplanung und technische Gebäudeausrüstung wird begonnen, wenn der Projektsteuerer mit im Boot ist.

Hintergrund:
Die Kommunen verfügen vielfach nicht über die erforderlichen Personalkapazitäten zur weiteren Steuerung dieses Projektes. Deshalb ist der Einsatz einer Projektsteuerung geplant. Dadurch kann die Gesamtmaßnahme bis zur Inbetriebnahme koordiniert werden, die Planungs- und Bauleistungen überwacht und die Zeitplanung kontrolliert und gesteuert werden.

Leistungsumfang:

Die zu erbringenden Projektsteuerungsleistungen orientieren sich am Leistungsbild des Heft 9 AHO „Projektmanagement in der Bau- und Immobilienwirtschaft“ (Stand März 2020 Projektstufen II bis V). Eine angemessene Präsenz des Projektleiters ist vorzusehen.

Es ist eine stufenweise Beauftragung zu bevorzugen:

– Beauftragungsstufe I: Planung (anteilig)
– Beauftragungsstufe II: Ausführungsvorbereitung, Ausführung (jeweils anteilig)
– Beauftragungsstufe III: Projektabschluss (optional)

Gegenstand des Vertrages sind auch Leistungen des Projektcontrollings sowie in den Leistungsbildern des Projektsteuerungsvertrages. Die Projektsteuerung soll im Verhältnis zu den unterschiedlichen Planern delegierbare Aufgaben und Interessen des Auftraggebers wahrnehmen. Originäre Bauherrenentscheidungen sind den Gremien des Auftraggebers vorbehalten. Das Nähere regelt der Vertrag. Hauptaufgabe der Projektsteuerung ist es daher, durch die Koordination der unterschiedlichen Leistungen in den Planungszeiträumen sicherzustellen, dass die technischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Ziele des Auftraggebers verwirklicht werden. In Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber soll die Projektsteuerung die in der Leistungsbeschreibung beschriebenen Anforderungen an die Qualität des Projektes in technischer, zeitlicher und finanzieller Hinsicht prüfen und deren Einhaltung sicherstellen.

Aufgaben des Projektsteuerers sind insbesondere:

– Kostenmanagement/Kostenüberwachung/Nachtragsmanagement/Abrechnung: Die vom Auftraggeber vorgegebenen Planungskosten einschließlich Nebenkosten für alle Fachplanungen und Leistungen des Projektsteuerers sind einzuhalten
– Terminmanagement Terminüberwachung: 
Der Auftragnehmer hat auf die Einhaltung der vertraglichen Terminzeile hinzuwirken.
– Organisations-,Koordinations- und Informationsmanagement
– Dokumentation
– Mitwirkung und Beratung bei der Vorbereitung und bei der Vergabe von Bauleistungen
– Qualitätsmanagement:

Der Projektsteuerung obliegt es, eine aufeinander abgestimmte und effiziente Zusammenarbeit der Fachplaner sowie einen reibungslosen Planungsprozess während des Bearbeitungszeitraumes zu gewährleisten.

– Vorbereitung von Beschlussvorlagen für die Gremien
– Bearbeitung der Bedingungen und Auflagen der jeweiligen Zuschussgeber
– Koordinierung und Mitwirkung bei Abnahmen und Übergaben
– Teilnahme an Planungs- und Baubesprechungen
– Beweissicherung der umliegenden Bebauung
– Abstimmung mit den Fachbehörden

Umsetzung:

Die Vergabe erfolgt in einem EG-weiten Verhandlungsverfahren.

Angabe zur Beschränkung der Zahl der Bewerber, die zur Angebotsabgabe bzw. Teilnahme aufgefordert werden

Geplante Mindestzahl: 3
Höchstzahl: 6

Objektive Kriterien für die Auswahl der begrenzten Zahl von Bewerbern:
Die Auftraggeberin behält sich vor, die Anzahl der Bewerber*innen für die zweite Stufe des Verfahrens zu reduzieren. Sollten mehr als 6 Bewerber*innen die Mindestbedingungen erfüllen, erfolgt eine weitere Abschichtung der Bewerber nach folgenden Kriterien:
Zur Abgabe eines Angebotes werden vorrangig Bewerber*innen (Bewerbendengemeinschaften) aufgefordert, mit einem Umsatz von mindestens 3,0 Mio. EUR in jedem einzelnen abgeschlossenen Geschäftsjahr 2019 bis 2021 (Auswahlkriterium 1) und die zusätzlich über mindestens eine Referenz über die Durchführung von Projektsteuerungsleistungen beim Neubau eines Hallenbades im Bearbeitungszeitraum 2015- 2021 verfügen (Auswahlkriterium 2).
Die erforderliche Referenz (Eigenerklärung) muss prüffähige Angaben enthalten Projektbezeichnung, Auftraggeber, Leistungszeitraum. Leistungsumfang).
Es kann auch eine Referenz benannt werden, die bereits als Nachweis der Mindestbedingungen benannt wurde.
Die Auswahlkriterien 1 und 2 müssen beide erfüllt sein, damit ein Bewerber vorrangig berücksichtigt wird. Liegen danach immer noch mehrere Bewerber*innen auf dem 6. Platz, entscheidet das Los.

Es wird eine stufenweise Beauftragung empfohlen:
Beauftragungsstufe I: Planung (anteilig) Beauftragungsstufe II: Ausführungsvorbereitung, Ausführung (jeweils anteilig) Beauftragungsstufe III: Projektabschluss (optional) Zunächst wird nur Stufe I beauftragt. Es besteht kein Anspruch auf Beauftragung der Stufen II und III. Der Auftragnehmer ist jedoch verpflichtet, weitere Leistungsstufen auszuführen, wenn der Auftraggeber nachfolgend Bearbeitungsstufen ganz oder teilweise, spätestens 5 Monate nach Abschluss der zuvor beauftragten Leistungsstufe abruft.

Teilnahmebedingungen sind wie folgt:
Befähigung zur Berufsausübung einschließlich Auflagen hinsichtlich der Eintragung in einem Berufs- oder Handelsregister

Auflistung und kurze Beschreibung der Bedingungen:
Die nachfolgend geforderten Nachweise und Erklärungen sollten möglichst in der aufgeführten Reihenfolge abgegeben werden. Bei mehreren Unternehmen (Bewerbendengemeinschaften) sollte auf eine entsprechende Bezeichnung der Unterlagen geachtet werden (z. B Anlage 1.1 für Firma 1, Anlage 1.2 für Firma 2 usw.).
1) Auszug aus dem Handels- oder Berufsregister, nicht älter als 3 Monate (Stichtag: Bewerbungsfrist). Bei ausländischen Bewerber*innen ist ein vergleichbarer Nachweis einer zuständigen Stelle vorzulegen;
2) Eigenerklärung zur Eignung, u. a. Angaben zum Unternehmen und Ausschlussgründen gem. §§ 123, 124 GWB;
3) Erklärung Antikorruption;
4) Bewerbendengemeinschaftserklärung, falls erforderlich;
5) Nachunternehmerverpflichtungserklärung, falls erforderlich; Im Falle von Bewerbendengemeinschaften sind die vorgenannten Erklärungen/Nachweise für jedes Mitglied der Bewerbendengemeinschaft abzugeben.

Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit

Auflistung und kurze Beschreibung der Eignungskriterien:
Die in diesem Abschnitt geforderten Erklärungen und Nachweise müssen im Falle einer Bewerbendengemeinschaft durch die Bewerbendengemeinschaft insgesamt erfüllt sein. Es ist daher ausreichend, wenn mindestens ein Mitglied der Bewerbendengemeinschaft die geforderten Erklärungen und Nachweise erbringt. Die Nachweise und Erklärungen sollten möglichst in der aufgeführten Reihenfolge abgegeben werden.

1) Nachweis einer bestehenden Berufshaftpflichtversicherung. Alternativ kann eine Erklärung des Versicherungsgebers abgegeben werden, dass eine den nachfolgend benannten Anforderungen entsprechende Berufshaftpflichtversicherung im Auftragsfall für das Projekt abgeschlossen wird. In diesem Fall ist spätestens vor Zuschlagserteilung ein entsprechender Nachweis unaufgefordert an die angegebene Kontaktstelle zu übergeben;

2) Eigenerklärung zum Umsatz für jedes einzelne der Geschäftsjahre getrennt nach Umsatz insgesamt und Umsatz mit vergleichbaren Leistungen in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren. Beruft sich ein Bewerber*in hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit auf Erklärungen/ Nachweise eines Dritten/Nachunternehmers, sind die Erklärungen/Nachweise für den Dritten/ Nachunternehmer gesondert beizufügen. In diesem Fall muss der/ die Bewerber*in eine Verpflichtungserklärung des Dritten/ Nachunternehmers vorlegen. Ausländische Bewerber*innen haben gleichwertige Nachweise der für die zuständigen Behörde/ Institutionen ihres Heimatlandes beizubringen. Diese sind ins Deutsche von einem öffentlich bestellten und vereidigten Übersetzer in beglaubigter Form zu übersetzen.

Möglicherweise geforderte Mindeststandards:

Zu 1):
Mindestdeckungssumme von 5,0 Mio. EUR je Schadensfall für Personenschäden sowie 3,0 Mio. EUR für sonstige Schäden, wobei der Betrag je Versicherungsjahr 2-fach maximiert sein muss. Eine projektbezogene Aufstockung der bestehenden Berufshaftpflichtversicherung im Auftragsfall wird akzeptiert. In diesem Fall ist mit dem Teilnahmeantrag eine Erklärung des Versicherungsnehmers abzugeben, dass eine den Mindeststandards entsprechende Berufshaftpflichtversicherung im Auftragsfall für das Projekt abgeschlossen wird. Spätestens vor Zuschlagserteilung ist ein entsprechender Nachweis unaufgefordert an die angegebene Kontaktstelle zu übergeben.

Zu 2):
Mindestens ein durchschnittlicher Jahresumsatz mit vergleichbaren Leistungen von 3,0 Mio. EUR netto in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren. Vergleichbar sind Planungsleistungen zu dem hier betroffenen Leistungsbild der Projektsteuerung von Großbauvorhaben mit anrechenbaren Kosten (KG 200- 600) von mindestens 7,0 Mio. EUR netto

Technische und berufliche Leistungsfähigkeit

Auflistung und kurze Beschreibung der Eignungskriterien:
Die in diesem Abschnitt geforderten Erklärungen und Nachweise müssen im Falle einer Bewerbergemeinschaft durch die Bewerbergemeinschaft insgesamt erfüllt sein. Es ist daher ausreichend, wenn mindestens ein Mitglied der Bewerbendengemeinschaft die geforderten Erklärungen und Nachweise erbringt.
Die Nachweise und Erklärungen sollten möglichst in der aufgeführten Reihenfolge abgegeben werden.

1) Aussagekräftige Darstellung von den Mindeststandards entsprechenden Referenzen: Referenzen zu Projektsteuerungsleistungen betreffend den Neubau von öffentlichen Badeeinrichtungen, insbesondere Hallenbädern oder vergleichbare Projekte. Vergleichbar sind Leistungen zu dem hier betroffenen Leistungsbild der Projektsteuerung bei Projekten öffentlicher Auftraggeber in Anlehnung an die AHO mit anrechenbaren Kosten KG 200,300/400/500/600 von mindestens 7,0 Mio. € netto.

2) Bei den Projekten muss bis zur Abgabe des Teilnahmeantrages die Leistungsphase 8 der abgeschlossen sein und sie dürfen nicht vor dem 01.01.2015 beauftragt worden sein.
Beruft sich ein/e Bewerber*in hinsichtlich der technischen Leistungsfähigkeit auf Erklärungen/Nachweise einer/ eines Dritten/ Nachunternehmerin/ Nachunternehmers, sind die Erklärungen/ Nachweis für die/ den Dritte*n/ Nachunternehmer*in gesondert beizufügen. In diesem Fall muss die Bewerberin eine Verpflichtungserklärung der/ des Dritte*n/ Nachunternehmerin/ Nachunternehmers vorlegen. Ausländische Bewerber*innen haben gleichwertige Nachweise der für sie zuständigen Behörde/Institutionen ihres Heimatlandes beizubringen.
Diese sind ins Deutsche von einem öffentlich bestellten und vereidigten Übersetzer*in beglaubigter Form zu übersetzen;
3) Erklärung über die durchschnittliche Beschäftigtenzahl des Unternehmens im Zeitraum von 2019 bis zum Ende der Teilnahmefrist.  Geforderte Mindeststandards: Im Büro des Projektsteuerers waren über diesen Zeitraum mindestens 3 fest angestellte Mitarbeiter (ohne Verwaltung) beschäftigt gewesen, die vergleichbare Projektsteuerungsleistungen erbringen, davon mindestens 1 Mitarbeiter mit der Berufsqualifikation Architekt. Dieser Nachweis ist während der Vertragsabwicklung auf Anforderung des Auftraggebers nachzuweisen. Diese Qualifikation ist nachzuweisen, durch einen Mitarbeiter, der nach den Architektengesetzen der Länder berechtigt ist, die Berufsbezeichnung Architekt*in zu tragen oder nach den EU-
Richtlinien, insbesondere den Richtlinien für die gegenseitige Anerkennung der Diplome Bachelor und Master berechtigt ist, in der Bundesrepublik Deutschland als Architekt*in tätig zu werden. Mit dem Teilnahmeantrag ist eine entsprechende Befugnis der hier benannten Personen nachzuweisen.

Ax Projects – CPV-Code-Service

Ax Projects - CPV-Code-Service

Das „Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge“ (engl. Common Procurement Vocabulary) beschreibt den Auftragsgegenstand einer Vergabe.
Hierzu wurden 9.454 EU-weit gültige sog. CPV-Codes definiert. Die CPV-Codes sind hierarchisch strukturiert und beschreiben einen Auftragsgegenstand von allgemein (oberste Ebene) bis zu spezifisch (unterste Ebene).

Je spezifischer der CPV-Code, desto aussagekräftiger.

Hinweis für eine Meldung an die Vergabestatistik: Wählen Sie einen möglichst spezifischen CPV-Code der untersten Ebene aus. Dieser beschreibt den zu meldenden Auftrag bzw. die zu meldende Konzession am genauesten. Bitte beachten Sie bei der Auswahl zudem den Kontext des CPV-Codes, da manche Auftragsgegenstände mehrfach enthalten sind.

Maurer

45210000-2 Bauleistungen im Hochbau
45216000-4 Bauarbeiten an Gebäuden für öffentliche Einrichtungen oder für Not- und Rettungsdienste und an Militärgebäuden
45223000-6 Bau von Konstruktionen und baulichen Anlagen
45262300-4 Betonarbeiten
45262310-7 Stahlbetonarbeiten
45262520-2 Mauerarbeiten
45262521-9 Verblendmauerwerk
45262522-6 Mauerwerksarbeiten
45262700-8 Umbau von Gebäuden

Zimmermann:

44212300-2 Konstruktionen und Teile davon
44220000-8 Material für Bautischlerarbeiten
44230000-1 Material für Bauzimmermannsarbeiten
44232000-5 Dachgebinde aus Holz

Gerüstbauer:

45262100-2 Gerüstarbeiten
45262110-5 Abbau von Gerüsten
45262120-8 Errichtung von Gerüsten
45261000-4 Errichtung von Dachstühlen sowie Dachdeckarbeiten und zugehörige Arbeiten
45261100-5 Errichtung von Dachstühlen

Dachdecker

45261213-0 Blechdachdeckarbeiten
45261211-6 Ziegeldachdeckarbeiten
45261200-6 Dachdeck- und Dachanstricharbeiten
45261320-3 Dachrinnenarbeiten
45261300-7 Klempnerarbeiten
45320000-6 Abdichtungs- und Dämmarbeiten
45321000-3 Wärmedämmarbeiten

Raumlufttechnik:

42500000-1 Kühl- und Lüftungseinrichtungen
42512400-2 Klimaanlagen für Fahrzeuge
42512500-3 Teile für Klimageräte
42512510-6 Luftklappen
42512520-9 Lüftungsschlitze mit Jalousieklappen
42520000-7 Lüftungsvorrichtungen
42521000-4 Rauchabzugsvorrichtungen

Mess-, Regel- und Steuerungstechnik:

31210000-1 Elektrische Geräte zum Schalten oder Schützen von Stromkreisen
31211000-8 Schalttafeln und Sicherungskästen
31211100-9 Schaltbretter
31211110-2 Steuertafeln
31211200-0 Sicherungskästen
31211300-1 Sicherungen
31211310-4 Sicherheitsausschalter
31211320-7 Sicherungssockel

Heizungstechnik

42510000-4 Wärmeaustauscher, Klimaanlagen und Kältemaschinen sowie Filtriergeräte
42530000-0 Teile von Kühl- und Tiefkühlvorrichtungen sowie Wärmepumpen
45315000-8 Heizungs- und sonstige Elektroinstallationen in Gebäuden
09320000-8 Dampf, Warmwasser und zugehörige Produkte
09321000-5 Warmwasser

Geothermie

45120000-4 Versuchs- und Aufschlussbohrungen
45121000-1 Versuchsbohrungen
45122000-8 Aufschlussbohrungen

Elektrotechnik

45311100-1 Installation von elektrischen Kabeln
45311200-2 Elektroinstallationsarbeiten
45310000-3 Installation von elektrischen Leitungen
45312100-8 Installation von Brandmeldeanlagen
45312200-9 Installation von Einbruchmeldeanlagen
45311000-0 Installation von Elektroanlagen
45312000-7 Installation von Alarmanlagen und Antennen
45314000-1 Installation von Fernmeldeanlagen
45315000-8 Heizungs- und sonstige Elektroinstallationen in Gebäuden
45316000-5 Installation von Beleuchtungs- und Signalanlagen
45317000-2 Sonstige Elektroinstallationsarbeiten
45316000-5 Installation von Beleuchtungs- und Signalanlagen
45316100-6 Installation von Beleuchtungsanlagen im Freien
45316200-7 Installation von Signalanlagen
45317000-2 Sonstige Elektroinstallationsarbeiten
45315000-8 Heizungs- und sonstige Elektroinstallationen in Gebäuden
45315100-9 Elektrotechnikinstallation
45315300-1 Stromversorgungsanlagen
45316200-7 Installation von Signalanlagen
45343200-5 Installation von Feuerlöschanlagen

Sanitärtechnik:

45332000-3 Installateurarbeiten und Verlegung von Abwasserleitungen
45332200-5 Wasserinstallationsarbeiten
45332300-6 Verlegen von Abwasserleitungen
45332400-7 Installation von Sanitäreinrichtungen
39715230-8 Elektrische Bodenheizgeräte
39715240-1 Elektrische Raumheizgeräte
42130000-9 Leitungsventile, Hähne, Rohrarmaturen und ähnliche Vorrichtungen
42131000-6 Leitungsventile, Hähne und Rohrarmaturen
42120000-6 Pumpen und Kompressoren
42121000-3 Wasserkraft- oder Druckluftmaschinen und -motoren
42122000-0 Pumpen

Bauleitplanerische Leistungen als Rahmenvertrag vergeben

Bauleitplanerische Leistungen als Rahmenvertrag vergeben

Bauleitplanerische Leistungen umfassen die Vorbereitung und die Erstellung der für Bauleitpläne nach § 1 Absatz 2 des Baugesetzbuchs erforderlichen Ausarbeitungen und Planfassungen sowie die Mitwirkung beim Verfahren. Die Leistungen bei Flächennutzungsplänen sind in fünf Leistungsphasen zusammengefasst und werden wie folgt in Prozentsätzen der Honorare des § 20 HOAI bewertet: 1. für die Leistungsphase 1 (Klären der Aufgabenstellung und Ermitteln des Leistungsumfangs) mit 1 bis 3 Prozent, 2. für die Leistungsphase 2 (Ermitteln der Planungsvorgaben) mit 10 bis 20 Prozent, 3. für die Leistungsphase 3 (Vorentwurf) mit 40 Prozent, 4. für die Leistungsphase 4 (Entwurf) mit 30 Prozent und 5. für die Leistungsphase 5 (Genehmigungsfähige Planfassung) mit 7 Prozent. Die Leistungen bei Bebauungsplänen sind in fünf Leistungsphasen zusammengefasst.

Für die Beauftragung sind an sich jeweils Einzelvergaben durchzuführen.

Es werden Rahmenverträge mit einer definierten Anzahl von Rahmenvertragspartnern vergeben, mithilfe derer ein Expertenpool gebildet wird, über den die Stadt ohne ein weiteres Verfahren die Erstellung von Rechtsplänen gemäß §§ 17-19 HOAI zuzüglich von Besonderen Leistungen gemäß Anlage 9 HOAI beauftragen können.

Auf der Grundlage von Rahmenvereinbarungen kann die Stadt ihr Planer-Team zügig zusammenstellen und auch auf späteren, aus haushalterischen Gründen aber noch ungewissen Bedarf spontan reagieren. Viele kleinere Vergabeverfahren werden durch ein großes Verfahren zur Ermittlung der Rahmenvertragspartner ersetzt. Das spart erheblichen Personaleinsatz im Vergabeverfahren und führt zu einer längerfristigen Bindung der Projektpartner, was zu einer insgesamt qualitätvolleren Projektdurchführung beitragen kann.

Für das Verfahren Stadt werden Rahmenvertragspartner ausgewählt, die Aufträge der Stadt bearbeiten.

Es ist für die Stadt vergaberechtsmäßig zulässig und umsetzbar, über eine Rahmenvereinbarung mit qualifizierten Planungsbüros für die Übernahme von Bebauungsplanverfahren erhebliche Beschleunigung und Reduzierung des Aufwandes zu erreichen. Ziel der Rahmenvereinbarung kann und soll sein, aus einem Pool qualifizierter Planungsbüros die mit geringem auftraggeberseitigem und standardisiertem Steuerungs- und Beauftragungsaufwand die jeweils anstehenden Verfahren zügig und kostengünstig bearbeiten können.

Hierdurch kann die Stadt idealerweise auch bei größeren Maßnahmen aus einem vorher nach sorgfältig ausgearbeiteten Eignungs- und Zuschlagskriterien ausgewählten Pool von Planungsbüros zurückgreifen, die in einem weniger aufwendigen Verfahren über einen Einzelabruf mit einem objekt-konkreten Vertrag ausgestattet werden.

Die Stadt schließt Rahmenverträge mit einem Pool von Rahmenvertragspartnern.

Die Stadt legt in den Rahmenverträgen fest, dass aus dem Pool der Rahmenvertragspartner nach Kapazität auf Grund einer Kapazitätsanfrage bei den Rahmenvertragspartnern einzelne Leistungen abgerufen werden können.

Zunächst erfolgt die Abfrage bei dem wirtschaftlichsten Rahmenvereinbarungspartner.

Steht dieser kapazitativ nicht zur Verfügung, erfolgt die Abfrage bei dem zweitwirtschaftlichsten Rahmenvereinbarungspartner.

Steht dieser kapazitativ nicht zur Verfügung, erfolgt die Abfrage bei dem drittwirtschaftlichsten Rahmenvereinbarungspartner usw..

Durchgeführt wird ein EG-weites Verhandlungsverfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb nach GWB und VgV.

Bei dem Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb fordert die Stadt eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs öffentlich zur Abgabe von Teilnahmeanträgen auf. Jedes interessierte Unternehmen kann einen Teilnahmeantrag abgeben. Mit dem Teilnahmeantrag übermitteln die Unternehmen die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Informationen für die Prüfung ihrer Eignung.

Wir verzichten auf eine Nachforderung bei unvollständigen Bewerbungen:

Die Stadt kann den Bewerber oder Bieter grundsätzlich unter Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung auffordern, fehlende, unvollständige oder fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen, insbesondere Eigenerklärungen, Angaben, Bescheinigungen oder sonstige Nachweise, nachzureichen, zu vervollständigen oder zu korrigieren, oder fehlende oder unvollständige leistungsbezogene Unterlagen nachzureichen oder zu vervollständigen. Die Stadt legt fest, dass sie keine Unterlagen nachfordern wird.

Nur diejenigen Unternehmen, die von der Stadt nach Prüfung der übermittelten Informationen dazu aufgefordert werden, können ein Erstangebot einreichen. Die Stadt beschränkt die Zahl geeigneter Bewerber, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden.

Die Stadt verhandelt mit den Bietern über die von ihnen eingereichten Erstangebote und alle Folgeangebote, mit Ausnahme der endgültigen Angebote, mit dem Ziel, die Angebote inhaltlich zu verbessern. Dabei darf über den gesamten Angebotsinhalt verhandelt werden mit Ausnahme der vom öffentlichen Auftraggeber in den Vergabeunterlagen festgelegten Mindestanforderungen und Zuschlagskriterien.

Die Stadt behält sich vor, den Auftrag auf der Grundlage der Erstangebote vergeben, ohne in Verhandlungen einzutreten.

Die Stadt stellt sicher, dass alle Bieter bei den Verhandlungen gleichbehandelt werden. Insbesondere enthält sie sich jeder diskriminierenden Weitergabe von Informationen, durch die bestimmte Bieter gegenüber anderen begünstigt werden könnten.

Die Stadt unterrichtet alle Bieter, deren Angebote nicht ausgeschieden wurden, in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs über etwaige Änderungen der Leistungsbeschreibung, insbesondere der technischen Anforderungen oder anderer Bestandteile der Vergabeunterlagen, die nicht die Festlegung der Mindestanforderungen und Zuschlagskriterien betreffen. Im Anschluss an solche Änderungen gewährt die Stadt den Bietern ausreichend Zeit, um ihre Angebote zu ändern und gegebenenfalls überarbeitete Angebote einzureichen. Die Stadt darf vertrauliche Informationen eines an den Verhandlungen teilnehmenden Bieters nicht ohne dessen Zustimmung an die anderen Teilnehmer weitergeben. Eine solche Zustimmung darf nicht allgemein, sondern nur in Bezug auf die beabsichtigte Mitteilung bestimmter Informationen erteilt werden.

Beabsichtigt die Stadt, die Verhandlungen abzuschließen, so unterrichtet sie die verbleibenden Bieter und legt eine einheitliche Frist für die Einreichung neuer oder überarbeiteter Angebote fest. Die Stadt vergewissert sich, dass die endgültigen Angebote die Mindestanforderungen erfüllen, und entscheidet über den Zuschlag auf der Grundlage der Zuschlagskriterien.

Preisanpassung nicht um jeden Preis – faire und ausgewogene Regelungen zur Handhabung der beide Seiten treffenden Unwägbarkeiten

Preisanpassung nicht um jeden Preis - faire und ausgewogene Regelungen zur Handhabung der beide Seiten treffenden Unwägbarkeiten

Der Krieg in der Ukraine wirkt sich auch in Deutschland aus. Steigende Preise für beispielsweise Kraft- und Baustoffe führen zu geänderten Rahmenbedingungen. Vergebene Verträge geraten durch die Preissteigerungen in Schieflage. Aber können solche Verträge einfach angepasst werden? Die öffentliche Hand hat unter Anwendung des Vergaberechts Verträge geschlossen, die z.T. lange Laufzeiten haben. In Folge der verhängten Sanktionen gegen Russland sind etwa die Preise vieler Baustoffe oder für Kraftstoffe extrem gestiegen. So kommt etwa ein erheblicher Anteil des Baustahls aus Russland oder der Ukraine. Auch weitere Rohstoffe sind betroffen (z. B. Gas- oder Kraftstoffe). In bestehenden Vertragsverhältnissen kann das dazu führen, dass der Auftragnehmer die Leistung nicht mehr wirtschaftlich oder nur mit Verlusten erbringen kann. Gleichwohl führen die geänderten Rahmenbedingungen nicht dazu, dass Verträge wegfallen oder der Leistungspflichten entfallen. Wie kann also mit den neuen Bedingungen umgegangen werden?

Auf Preisanpassungsklauseln grundsätzlich verzichten

Für den Fall, dass Komponenten oder technisch in Frage kommende Alternativen nicht lieferbar sind, finden aber Auftraggeber und das beauftragte Unternehmen eine Regelung unter Berücksichtigung der folgenden Maßgaben:

Sind Materialien nachweislich nicht oder vorübergehend nicht, auch nicht gegen höhere Einkaufspreise als kalkuliert, durch das Unternehmen beschaffbar, ist von einem Fall der höheren Gewalt bzw. einem anderen nicht abwendbaren Ereignis auszugehen. Als Rechtsfolge wird die Ausführungsfrist angemessen verlängert um die Dauer der Nichtlieferbarkeit der Stoffe zuzüglich eines angemessenen Aufschlags für die Wiederaufnahme der Arbeiten. Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche gegen das Unternehmen entstehen dadurch nicht. Umgekehrt gerät auch der Auftraggeber ggü. Folgegewerken nicht in Annahmeverzug, wenn sich deren Leistung in der Folge verschieben muss (vgl. BGH, Urteil vom 20.4.2017 – VII ZR 194/13).

Mit der Verlängerung der Ausführungsfrist kommt eine Verwirkung der Vertragsstrafe nicht mehr auf Grundlage der ursprünglichen Ausführungsfrist, sondern nur noch auf Grundlage der angemessen verlängerten Ausführungsfrist in Betracht.

Sind die Materialien zwar zu beschaffen, muss das Unternehmen jedoch höhere Einkaufspreise zahlen als kalkuliert, gilt Folgendes: Auftraggeber und Auftragnehmer schließen den Vertrag in der Annahme, dass sich die erforderlichen Materialien grundsätzlich beschaffen lassen und deren Preise nur den allgemeinen Unwägbarkeiten des Wirtschaftslebens unterliegen. Zwar weist der Vertrag das Materialbeschaffungsrisiko grundsätzlich der Sphäre des Unternehmens zu. Das gilt jedoch nicht in Fällen höherer Gewalt. Insoweit sind die aktuellen Ereignisse grundsätzlich geeignet, die Geschäftsgrundlage des Vertrages im Sinne von § 313 BGB zu stören.

Die daran anschließende weitere Frage, ob dem Auftragnehmer dann gleichwohl das Festhalten an den unveränderten Vertragspreisen zumutbar ist, kann nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall beantwortet werden. Es gibt keine feste Grenze, ab deren Überschreiten von einer Unzumutbarkeit auszugehen ist. Die Rechtsprechung hat zum ebenfalls auf eine gestörte Geschäftsgrundlage abstellenden und daher vergleichbaren § 2 Absatz 7 VOB/B (Änderungen im Pauschalvertrag) in einzelnen Entscheidungen Werte zwischen 10 und 29 Prozent Mengen- bzw. Preissteigerung angenommen, bei denen von einer Unzumutbarkeit auszugehen war. Ähnlich uneinheitlich ist das Meinungsbild in der Literatur, die Angaben bewegen sich zwischen 20 und 25 Prozent, teilweise aber auch bereits bei 15 Prozent Kostensteigerung (vgl. Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, Rn. 66 f.; BeckOK VOB/B, Rn. 34).

Dabei ist nicht auf die einzelne Position, sondern auf eine Gesamtbetrachtung des Vertrages abzustellen. Je geringer der Anteil einer betroffenen Position am Gesamtauftragsvolumen ist, desto höher wird die anzusetzende Schwelle sein. Eine ohne Vertragsanpassung drohende Insolvenz des Unternehmens ist einerseits zwar nicht Voraussetzung, andererseits genügt es nicht, wenn die höheren Materialpreise den kalkulierten Gewinn aufzehren (die insoweit stellenweise angeführte Entscheidung des BGH aus 2011 (Urteil vom 30.06.2011, AZ VII ZR 13/10) betraf einen Einzelfall, bei dem irreführende Angaben des Auftraggebers in der Leistungsbeschreibung zu einer Fehlkalkulation des Unternehmens beigetragen haben; sie ist nicht verallgemeinerungsfähig).

Wenn nach dieser Prüfung von einer gestörten Geschäftsgrundlage auszugehen ist, hat das Unternehmen einen Anspruch auf Anpassung der Preise für die betroffenen Positionen.

Das bedeutet nicht, dass der Auftraggeber sämtliche die Kalkulation übersteigenden Kosten trägt. Die Höhe der Vertragsanpassung ist im Einzelfall festzusetzen, wobei die o.g. Gesichtspunkte der Zumutbarkeit erneut zu berücksichtigen sind.

Eine Übernahme von mehr als der Hälfte der Mehrkosten wird jedenfalls regelmäßig unangemessen sein. Grundlage der Anpassung sind die reinen Materialpreise. Die Zuschläge für BGK, AGK, Wagnis und Gewinn bleiben unberücksichtigt.

Eine etwaige Preisanpassung im bestehenden Vertrag berührt den Anwendungsbereich des § 132 GWB.

Hier gilt Folgendes. Nach § 132 Absatz 1 Nummer 2 GWB liegt eine wesentliche Auftragsänderung u.a. insbesondere dann vor, wenn mit der Änderung das wirtschaftliche Gleichgewicht des öffentlichen Auftrags zugunsten des Auftragnehmers in einer Weise verschoben wird, die im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehen war. Nach dem Vorgesagten dient § 313 BGB gerade dazu, das ursprüngliche wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages wiederherzustellen. Es wird nicht zugunsten des Auftragsnehmers verschoben. Insoweit ist im Umkehrschluss regelmäßig bereits nicht von einer wesentlichen Auftragsänderung auszugehen. Sollte – hilfsweise – gleichwohl eine wesentliche Vertragsänderung anzunehmen sein, so ist eine solche ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens zulässig, soweit die Änderung aufgrund von Umständen erforderlich geworden ist, die der öffentliche Auftraggeber im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht nicht vorhersehen konnte, und sich aufgrund der Änderung der Gesamtcharakter des Auftrags nicht verändert (§ 132 Absatz 2 Nummer 3 GWB). Davon ist auszugehen, da die Kriegsereignisse in der Ukraine und ihre Folgen für den Auftraggeber in gleicher Weise unvorhersehbar waren wie für den Auftragnehmer.

Wenn Leistungen nicht rechtzeitig beigestellt werden und Nachfolgeleistungen deshalb nicht erbracht werden können, kann wie folgt ein Ausschluss der Vertragsstrafe bewirkt werden:

Der Auftragnehmer kann dann Behinderung anmelden mit den folgenden Rechtswirkungen auch und insbesondere auf die vereinbarte Ausführungsfrist und sich anschließende Vertragsstrafen: Glaubt sich der Auftragnehmer in der ordnungsgemäßen Ausführung der Leistung behindert, so hat er es dem Auftraggeber unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Unterlässt er die Anzeige, so hat er nur dann Anspruch auf Berücksichtigung der hindernden Umstände, wenn dem Auftraggeber offenkundig die Tatsache und deren hindernde Wirkung bekannt waren. Ausführungsfristen werden verlängert, soweit die Behinderung verursacht worden ist durch einen Umstand aus dem Risikobereich des Auftraggebers. Der Auftragnehmer hat alles zu tun, was ihm billigerweise zugemutet werden kann, um die Weiterführung der Arbeiten zu ermöglichen. Sobald die hindernden Umstände wegfallen, hat er ohne weiteres und unverzüglich die Arbeiten wieder aufzunehmen und den Auftraggeber davon zu benachrichtigen. Die Fristverlängerung wird berechnet nach der Dauer der Behinderung mit einem Zuschlag für die Wiederaufnahme der Arbeiten. Wird die Ausführung für voraussichtlich längere Dauer unterbrochen, ohne dass die Leistung dauernd unmöglich wird, so sind die ausgeführten Leistungen nach den Vertragspreisen abzurechnen und außerdem die Kosten zu vergüten, die dem Auftragnehmer bereits entstanden und in den Vertragspreisen des nicht ausgeführten Teils der Leistung enthalten sind.

Wir gehen davon aus bereits, so einen fairen und ausgewogenen Modus zur Handhabung der beide Seiten treffenden Unwägbarkeiten ausgearbeitet und erläutert zu haben.