Ax Hochbaurecht

OLG München: HOAI-Mindestsätze = übliche Vergütung

OLG München: HOAI-Mindestsätze = übliche Vergütung

vorgestellt von Thomas Ax

1. Macht der Architekt sein Honorar geltend, muss er nicht nur darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass ein Architektenvertrag geschlossen wurde, sondern auch, welche Leistungen sein Auftrag umfasst und welche Vergütung hierfür vereinbart wurde.
2. Haben die Parteien eines Architektenvertrags keine Honorarvereinbarung getroffen, ist die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Auch nach der Entscheidung des EuGH vom 04.07.2019 (IBR 2019, 476) stellt die Abrechnung nach HOAI-Mindestsätzen die übliche Vergütung dar.
3. Die Abrechnung des Architektenhonorars hat prüfbar nach den Vorgaben der DIN 276 zu erfolgen.
OLG München, Urteil vom 15.06.2021 – 9 U 631/20 Bau
vorhergehend:
LG München I, 17.01.2020 – 24 O 10960/17
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 01.03.2023 – VII ZR 661/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)


Gründe:

I.

Der Kläger begehrt auf Grund mündlich erteilter Aufträge Honorar für seine Ingenieurleistungen bei 2 verschiedenen Abschnitten eines Bauvorhabens der Beklagten in B. A. (“Wohnen am S. 4” [‘SP4’], Am L. 5, 5a, 5b, ursprünglich E. Straße in B. A.). Hierbei handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus mit 4 Wohngeschoßen und 25 Wohneinheiten sowie eine geschlossene Tiefgarage mit 42 Stellplätzen.

Die Beklagte bestreitet im Wesentlichen die Auftragserteilungen an den Kläger. Der Kläger behauptet, die abgerechneten Leistungen erbracht zu haben. Diese seien von der Beklagten auch angenommen worden. Die Parteien haben erstmals 2011 zusammengearbeitet. Den hier gegenständlichen ersten Bauabschnitt, ein Mehrfamilienhaus, führte die Klägerin in den Jahren 2015 und 2016 durch. Der Kläger behauptet, bei Baustellenbesprechungen im Februar 2015 mit Leistungen im Zusammenhang mit dem erforderlichen Verbau beauftragt worden zu sein und begehrt hierfür auf der Grundlage seiner überarbeiteten Rechnung vom 05.04.2016 den Betrag von 10.146,78 Euro brutto. Die Beklagte räumt ein, vom Kläger beraten worden zu sein und habe das daraus folgende Honorar von 4.315,40 Euro bezahlt brutto.

Für den zweiten hier gegenständlichen Bauabschnitt, “Wohnen am S.“, hatte die Beklagte den Architekten S.-N. mit den Leistungsphasen 1 – 8 beauftragt. Der Kläger war damals als Nachunternehmer für den Architekten im Rahmen der Leistungsphase 8 tätig. Der Kläger behauptet, von der Beklagten für die Bauabschnitte SP1 und SP2 im Laufe des Jahres 2012 direkt mit der Fachbauleitung für die technische Ausrüstung, mit der Bauüberwachung für Kundenwünsche, mit zusätzlichen Leistungen außerhalb des Auftragsumfangs des Architekten und für die Außenanlagen beauftragt worden zu sein. Eben dieser Leistungsumfang sei vom Geschäftsführer bzw. einer Mitarbeiterin der Beklagten dann auch für den hier streitgegenständlichen Bauabschnitt SP4 angefordert worden (LGU S. 5). Hierfür begehrt der Kläger auf der Grundlage seiner überarbeiteten Rechnung vom 25.01.2018 den Betrag von 102.360,20 Euro brutto. Die Beklagte behauptet, für dieses Bauvorhaben sei der Kläger lediglich als Mitarbeiter des Architekten S.-N. tätig geworden.

Das Landgericht hat zur Auftragserteilung Zeugen vernommen und zur Honorarhöhe Sachverständigenbeweis erhoben. Die Zeugin A. W. habe die Auftragserteilung für den ersten Bauabschnitt bestätigt. Für den zweiten Bauabschnitt habe der Zeuge S.-N. lediglich eine Auftragserteilung für Leistungsphase 8 im Bereich der technischen Ausrüstung sowie für die Außenanlagen bestätigt. Der Sachverständige K. habe auf dieser Grundlage für die beiden Bauabschnitte restliche Honoraransprüche des Klägers ermittelt, die das Landgericht dann zugesprochen hat.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er verfolgt weiterhin die bereits erstinstanzlich beantragten Honorarbeträge von 10.146,78 Euro brutto bzw. 102.360,20 Euro brutto. Die Beklagte tritt dem entgegen.

Der Kläger beantragte zuletzt,

I. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 17.01.2020 zu dem Az.: 24 O 10960/17 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 10.146,78 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Teilbetrag von 9.775,26 Euro seit 11.05.2016 und aus einem weiteren Teilbetrag von 371,52 Euro seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

II. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 17.01.2020 zu dem Az.: 24 O 10969/20 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 102.360,20 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2020 hat der Senat rechtliche Hinweise erteilt. Insoweit wird Bezug genommen auf den Hinweisbeschluss vom 22.12.2020 (Bl. 250/254 d.A.). Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Landgerichts München I weist keine Rechtsfehler auf. Sowohl der Auftragsumfang als auch die Höhe des Honorars hat das Landgericht – sachverständig beraten – zutreffend festgestellt.

Ein weiteres Honorar steht dem Kläger nicht zu, da es an einem ausreichenden Sachvortrag zu den von ihm erbrachten Leistungen und einer prüffähigen Schlussrechnung fehlt. Dies hat das Erstgericht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen zutreffend festgestellt.

Auch im Berufungsverfahren hat der Kläger seine erbrachten Leistungen nicht näher bzw. nachvollziehbarer dargestellt, sondern vielmehr angegeben, hierzu auch nicht mehr vortragen zu können (Schriftsatz vom 29.04.2021 (Bl. 283/285 d.A.). Soweit der Kläger auf Bl. 47 d.A. Bezug nimmt, ist der dortige Sachvortrag zu unkonkret, um daraus einen Honoraranspruch ableiten zu können. Der Kläger begnügt sich bei dieser Darstellung weitgehend damit, die Leistungsbilder der HOAI in unspezifischer Weise allgemein wiederzugeben, ohne seine Tätigkeit im Einzelnen nachvollziehbar und konkret nach Datum, Zeit, Personen etc. aufzuschlüsseln.

Zudem hat der Kläger seine erbrachten Leistungen nicht in einer HOAI-konformen Weise prüfbar abgerechnet. Eine generelle Abrechnung auf Stundenbasis kommt – auch nach der Entscheidung des EuGH vom 04.09.2019, Baurecht 2019, 1624 – nicht in Betracht. Zudem fehlt es an einer wirksamen Vereinbarung der Parteien zur Abrechnung auf Stundenbasis. Nur bei dem Auftrag, der darin bestand, zur Beweissicherung bei einem Nachbargrundstück den Status quo vor den Verbauarbeiten sicherzustellen, ist eine Stundenabrechnung zulässig.

1. Auftragsumfang:

a) Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Erstgericht davon aus, dass die Auftragserteilung des Klägers durch die Beklagte beim Bauvorhaben Wohnen am S. 4, Am L. 5, 5a, 5b, in … B. A. in dem vom Erstgericht angenommenen Umfang durch die Beweisaufnahme in erster Instanz (Aussagen der Zeugin A. W. und des Zeugen V. S.-N.) sowie durch eine Zusammenschau und Auswertung der vorgelegten Anlagen K8, K11, K12, K14, K21, B1 und B2 nachgewiesen ist und damit dem Grunde nach eine vergütungspflichtige Tätigkeit des Klägers vorliegt. Die Aussagen der Zeugen wurden vom Erstgericht zutreffend gewürdigt.

b) Danach ist hinreichend belegt, dass der Kläger mit der Neukonzeption bzw. der Optimierung der Verbauarbeiten hinsichtlich der Leistungsphasen 1, 2, 6, 7 und 8 gemäß § 43 I HOAI 2013 und der damit zusammenhängenden Beweissicherung (auf Stundenbasis) beauftragt wurde (künftig: “Auftrag 1“), die der Kläger mit Rechnung vom 05.04.2016 (Anlage K23) abgerechnet hat, sowie mit Bauüberwachungsleistungen gemäß Leistungsphase 8 aus den Leistungsbildern “Gebäude und Innenräume“, “Technische Ausrüstung” sowie “Freianlagen“, welche der Kläger mit Rechnung vom 25.01.2018 (Anlage K24) geltend macht (künftig: “Auftrag 2“), wobei bei den Freianlagen neben der Leistungsphase 8 auch die Leistungsphasen 6 und 7 abgerechnet wurden, für deren Beauftragung der Kläger bislang beweisfällig geblieben ist, welche aber betragsmäßig nur 3.695,80 Euro netto (Differenz aus 14.783,20 Euro und 11.087,40 Euro) ausmachen.

c) Bei der Neukonzeption des Verbaus etc. (Auftrag 1) ist der Kläger von der Beklagten entgegen deren Vortrags nicht nur mit (unentgeltlichen) Beratungsleistungen beauftragt worden, sondern mit typischen Architektenleistungen, die er als solche auch erbracht hat. Dasselbe gilt für den “Auftrag 2” jedenfalls für die Leistungsphase 8.

d) Hier ist die Beklagte mit ihrer Verteidigungsstrategie gescheitert. Danach soll der Kläger Leistungen nur als Mitarbeiter oder Subunternehmer des Architekturbüros V. S.-N. erbracht haben, welche bereits bezahlt sind. Dies mag zu Beginn der Tätigkeiten des Klägers für die Beklagte in früheren Jahren der Fall gewesen sein, ist aber für den Bauabschnitt SP4 durch die durchgeführte Beweisaufnahme in erster Instanz und durch die vorgelegten Anlagen K8, K11, K14, K21, B1 und B2 klar widerlegt. Denn der Zeuge S.-N. hat unmissverständlich ausgesagt, dass der Kläger beim zugrundeliegenden Bauvorhaben Wohnen am S. 4 in B. A. nicht für ihn als Bauleiter tätig war, soweit er als Bauleiter tätig war, und dass die Sonderwünsche im Übrigen vom Kläger betreut wurden und gesondert abzurechnen waren, d.h. im Vertrag des Zeugen S.-N. lediglich ein Sonderwunsch enthalten war. Dass der Kläger insoweit nicht für das Architekturbüro S.-N. tätig geworden sein kann, ergibt sich schon aus der getroffenen vertraglichen Vereinbarung der Beklagten mit dem Architekturbüro S.-N. (Anlagen B1, B2 und K21), wonach die notwendigen Sonderfachleute (darunter die technische Ausrüstung für Heizung, Lüftung, Sanitär und Elektrik) vom Bauherren beauftragt werden und auch die Koordination der Sonderwünsche der Käufer ausschließlich über den Bauherren abgewickelt wird.

e) Da der Senat in Übereinstimmung mit dem Erstgericht von einem Auftrag des Klägers in beiden Fällen (“Auftrag 1” und “Auftrag 2“) – lediglich mit der genannten Einschränkung beim Auftrag 2 bezüglich Leistungsphasen 6 und 7 bei den Freianlagen – ausgeht, war eine vom Kläger beantragte weitere Beweiserhebung durch erneute Einvernahme der Zeugen A. W. und S. N. sowie eine persönliche Anhörung beider Parteien hierzu nicht erforderlich. Ein spezielles Beweisangebot zur Frage der Beauftragung mit den Leistungsphasen 6 und 7 bei den Freianlagen beim “Auftrag 2” lag nicht vor.

2. Leistungsumfang:

a) Der Kläger ist im Hinblick auf den Umfang seiner erbrachten Leistungen, soweit diese nicht in den beiden Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. -Ing. J. K. vom 22.08.2019 (Bl. 104/131 d.A.) und vom 18.11.2019 (Bl. 151/164 d.A.) Berücksichtigung fanden, beweisfällig geblieben. Eine Beweiserhebung zum Sachvortrag des Klägers durch Sachverständigenbeweis fand bereits erstinstanzlich statt. Dabei wurde der gesamte Sachvortrag des Klägers berücksichtigt und nachvollziehbar durch den Sachverständigen bewertet.

b) Eine weitere Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten kam entgegen anfänglicher Überlegungen des Senats nicht mehr in Betracht, da der Kläger auch in der Berufungsinstanz keinen relevanten neuen bzw. ergänzenden Sachvortrag vorgebracht hat, der zu einer grundlegenden anderen Beurteilung zwingen würde. Das Beweisangebot im Schriftsatz vom 08.04.2021, S. 3, Bl. 275 d.A. ist zu unsubstantiiert und kann fehlenden Sachvortrag nicht ersetzen. Unklar ist auch, welche Hilfsindizien hierdurch unter Beweis gestellt werden sollen.

c) Richtig ist, dass der Umstand, dass das Erstgericht ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben hat, nahelegt, dass das Erstgericht von einem schlüssigen Sachvortrag des Klägers hierzu ausgegangen ist. Dies führt aber nicht dazu, dass ein für alle Mal von einem schlüssigen Sachvortrag des Klägers auszugehen ist, selbst wenn die Begutachtung ergibt, dass der Sachvortrag des Klägers unzureichend ist, um seine angeblich erbrachten Leistungen honorarmäßig überprüfen zu können. Auch für den Senat erschließt sich nicht, welche Tätigkeiten der Kläger konkret bei den vom Sachverständigen als nicht prüffähig angesehenen Positionen entfaltet hat. Sowohl der Sachvortrag im Zivilprozess als auch die Begründung in den Honorarschlussrechnungen ist zu unbestimmt und unkonkret.

d) Der Umfang der in den beiden Schlussrechnungen (K 23 und K 24) als erbracht abgerechneten Leistungen war keinesfalls zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte hat bereits die Auftragserteilung an den Kläger bestritten und gemeint, dass etwaige Leistungen des Klägers vom Leistungsumfang des Architekturbüros S. N. oder anderer Beteiligter erfasst waren und von diesen erbracht wurden. Dies impliziert die Behauptung, dass die Leistungen jedenfalls nicht vom Kläger erbracht wurden, womit dessen Leistungserbringung vollumfänglich bestritten wurde. Untunlich ist daher der Hinweis des Klägers darauf, dass die Beklagte überhaupt nicht bestritten hat, dass diese Arbeiten ausgeführt worden sind und deshalb bezahlt werden müssen. In rechtlicher Hinsicht dringt die Beklagte zwar mit ihrer Argumentation zur Auftragserteilung nicht durch (vgl. die obigen Ausführungen zur Auftragserteilung unter Ziffer 1.d)), dies bedeutet aber nicht, dass damit schon der Umfang der erbrachten Leistungen zugestanden oder unstreitig gestellt wurde. Über den Umfang der erbrachten Leistung war daher vom Erstgericht zutreffend Beweis zu erheben.

3. Abrechnung bei fehlender Honorarvereinbarung nach der Entscheidung des EuGH vom 04.09.2019:

a) Eine Honorarvereinbarung hat zwischen den Parteien unstreitig nicht stattgefunden. Der Senat ist der Auffassung, dass auch nach der Entscheidung des EuGH vom 04.07.2019, Baurecht 2019, 1624 die Abrechnung nach HOAI-Mindestsätzen die übliche Vergütung darstellt, einschließlich der durch die DIN 276 vorgegebenen Abrechnungsgrundsätze. Hierauf hat der Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20.10.2020 (Bl. 238 d.A.) hingewiesen.

b) Sehr streitig in Rechtsprechung und Literatur ist nach wie vor, inwieweit Entscheidungen des EuGH in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland überhaupt Rechtswirkungen für am Gerichtsverfahren Nichtbeteiligte, insbesondere zwischen Privaten, entfalten können (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl. 2020, Kapitel 4, Rz. 594).

c) Jedenfalls besteht kein Grund, die HOAI auch in den Fällen für unanwendbar und insgesamt unwirksam zu erklären, in denen diese lediglich das angemessene Honorar festlegt, wenn die Parteien auf eine entsprechende Vereinbarung verzichtet haben. Denn in diesem Fall stellt die HOAI kein rechtlich zu beanstandendes zwingendes Preisrecht dar, das weder eine Mindestsatzunterschreitung noch eine Höchstsatzüberschreitung zulässt. Vielmehr stellt der Mindestsatz das angemessene Honorar i.S.d. § 632 Abs. 2 BGB dar. Andernfalls würde man ohne Not die Entscheidung des EuGH auf Sachverhalte ausdehnen, die der Entscheidung nicht zugrunde lagen und von dieser nicht erfasst sind. Dem hat auch der Gesetzgeber in der neuen HOAI 2021 Rechnung getragen, indem dort bei unterbliebener Honorarvereinbarung statt eines verbindlichen Preisrahmens die neue Honorarreglung in Form des “Basishonorarsatzes” in §§ 1 Abs. 2, 2a Abs. 1 HOAI 2021 den Vertragsparteien eine Orientierung und Hilfestellung “bei der Ermittlung des angemessenen Honorars bieten” soll (BR-Drucks. 539/20, S. 17; Aufsatz von Rechtsanwalt Dr. Matthias Orlowski, ZfBR, 2021, 315, 320).

4. Prüfbarkeit der Abrechnung:

a) Richtig ist, dass die Frage der Prüfbarkeit des Honorars eine vom Gericht und nicht vom Sachverständigen zu beurteilende Rechtsfrage ist. Sowohl das Erstgericht als auch der Senat beurteilen die Frage der Prüfbarkeit der Schlussrechnungen in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen.

b) Die Abrechnung hat prüfbar nach den Vorgaben der DIN 276 zu erfolgen. Dem ist der Kläger nicht in ausreichender Weise nachgekommen. Denn bei der Bauüberwachung für die Kundensonderwünsche hat der Kläger ganz darauf verzichtet, das Honorar nach den anrechenbaren Kosten zu ermitteln, sondern hat lediglich die Handwerkerkosten pauschal ohne Angabe eines Einheitspreises zugrunde gelegt. Dies ist nicht zulässig und ausreichend, um das angemessene Honorar zu ermitteln.

c) Mit dieser Art der Abrechnung ist der Kläger von den vorhergehenden Abrechnungen zu den Bauabschnitten “S. 1 bis 3” (vgl. Anlagen BK 3 bis 5) abgewichen, ohne dass dies nachvollziehbar oder notwendig war. Der Senat konnte jedenfalls ausschließen, dass zwischen den Parteien eine andere Art der Abrechnung vereinbart oder als üblich angesehen wurde, die eine Berufung der Beklagten auf eine fehlende Prüfbarkeit oder Unzulässigkeit der Abrechnung als Verstoß gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB erscheinen ließe.

d) Für den Fall, dass der Kläger sich in einer Notlage befunden hätte, weil ihm von der Beklagten die zugrunde zu legenden anrechenbaren Kosten nicht mitgeteilt worden wären, hätte er ohne weiteres diese Kosten schätzen können, worauf der Klägervertreter selbst zutreffend hingewiesen hat (Berufungsbegründung vom 23.03.2020, S. 9/19, Bl. 214/215 d.A.). Umso unverständlicher ist, dass der Kläger dies nicht getan hat.

5. Abrechnung im Einzelnen:

a) Beim “Auftrag 1” (Schlussrechnung vom 05.04.2016, Anlage K 23) hat der Sachverständige in seinen beiden Gutachten nachvollziehbar einen Honoraranspruch des Klägers von 3.957,71 Euro netto errechnet, den das Erstgericht auch zugesprochen hat. Zu Recht hat der Sachverständige die örtliche Bauüberwachung mit Null bewertet, da die Tätigkeiten weder in der Schlussrechnung noch in der nachgereichten Anlage B 01 inhaltlich nachvollziehbar waren und zudem unklar geblieben ist, ob der Kläger neben der ohnehin mit 15 % abgerechneten Leistungsphase 8 (Bauoberleitung gemäß § 43 (1) HOAI 2013) ergänzende Tätigkeiten im Rahmen der Bauüberwachung wahrnahm und falls ja, welche. Für die Beweissicherung im Zusammenhang mit dem Verbau hat der Sachverständige nachvollziehbar ein Stundenhonorar von 8 Stunden á 70,00 Euro, also 560,00 Euro netto, zugrunde gelegt. Auch der Senat hält einen Stundensatz von 70,00 Euro für angemessen und nicht den nachträglich vom Kläger geltend gemachten Stundensatz von 115,00 Euro.

b) Beim “Auftrag 2” (Schlussrechnung vom 25.01.2018, Anlage K 24) hat der Kläger die Bauüberwachung für Gebäude und Innenräume (Kundensonderwünsche) sowie für die technische Ausrüstung aus den vom Sachverständigen genannten Gründen nicht prüfbar abgerechnet. Lediglich für die Außenanlagen bzw. Freianlagen konnte ein Honorar für die Leistungsphase 8 zugesprochen werden.


II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.

Die Zulassung der Revision kam nicht in Betracht, da die gesetzlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Anwendung der HOAI hinsichtlich der Mindestsätze bei fehlender Honorarvereinbarung wird durch die Entscheidung des EuGH vom 04.09.2019, Baurecht 2019, 1624 nicht in Frage gestellt.

Interessante Förderung bei der Umsetzung von Projekten zur Verbesserung der Energieeffizienz von öffentlichen Gebäuden mit den Nutzungen Kultur, Sport, Tourismus sowie karitativen Zwecken und hohen Energie-Einsparpotentialen

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  • Gebäudetechnik (Heizungs- und Lüftungsanlagen, etc.)
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Nicht-Investive Maßnahmen

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AxProjects: Unsere Zukunftsprojekte: Projektierung von Photovoltaikanlagen

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vorgestellt von Thomas Ax

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OLG Celle zur Frage, ob ein Umbauzuschlag für den Bereich der Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen zu gewähren ist, wenn Sanitärobjekte zumindest teilweise an vorhandene Wasser- und Abwasserrohre angeschlossen werden müssen und dies der Planer bei seiner Planung zu berücksichtigen hat

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vorgestellt von Thomas Ax

Bei der Planung einer vollständigen neuen technischen Anlage im Rahmen des Umbaus eines Gebäudes ist kein Umbauzuschlag zu gewähren. Ein Umbauzuschlag für den Bereich der Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen ist zu gewähren, wenn Sanitärobjekte zumindest teilweise an vorhandene Wasser- und Abwasserrohre angeschlossen werden müssen und dies der Planer bei seiner Planung zu berücksichtigen hat. Bei der Frage, ob ein Umbauzuschlag zu gewähren ist, ist unerheblich, wie das Verhältnis des Werts der Neugestaltung der Sanitäreinrichtung zum Erstellungspreis einer Schmutzwasserleitung ist. Der “Wert bzw. Preis” einer Neugestaltung ist in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen. Es kommt ausschließlich auf den Einfluss der vorhandenen Bausubstanz auf die planerischen bzw. überwachenden Tätigkeiten des Architekten an. Auf einen Abnahmewillen kann regelmäßig nur geschlossen werden, wenn der Auftraggeber Gelegenheit hatte, die Beschaffenheit des Werks ausreichend zu prüfen. Die Dauer der Prüfungs- und Bewertungsfrist hängt vom Einzelfall ab und wird von der allgemeinen Verkehrserwartung bestimmt. Es ist unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Architekten, den Zeitpunkt der konkludenten Abnahme nicht unangemessen nach hinten zu verschieben, nicht gerechtfertigt, den Prüfungszeitraum beliebig zu erweitern. Hat der Auftraggeber das Bauwerk bezogen, liegt darin nach Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist eine konkludente Abnahme, wenn sich aus dem Verhalten des Auftraggebers nichts Gegenteiliges ergibt. Bei einem Einfamilienhaus erscheint eine ca. sechsmonatige Prüfungsfrist angemessen. Allein die Rüge, es seien nicht alle in § 34 HOAI 2013, Anhang 10.1, aufgeführten Grundleistungen erbracht worden, führt – ohne einen Mangel in der Bauwerksleistung – nicht zu einer Vergütungsminderung bzw. einem Schadensersatzanspruch gegen den Architekten.*)
OLG Celle, Urteil vom 02.08.2023 – 14 U 200/19

vorhergehend:
LG Verden, 28.10.2019 – 8 O 275/17

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Zahlung restlichen Architektenhonorars für den Umbau und die Modernisierung des Wohnhauses des Beklagten in Sulingen.

Der Beklagte beauftragte den Kläger, einen Architekten, im Mai 2015 mit dem Umbau und der Modernisierung seines Einfamilienhauses. Die Parteien schlossen keinen schriftlichen Architektenvertrag ab, vereinbarten aber mündlich die Erbringung von Grundleistungen der Grundlagenermittlung, Vorplanung, Entwurfsplanung, Ausführungsplanung, Vorbereitung und Mitwirkung bei der Vergabe und Objektüberwachung (Leistungsphasen 1 bis 3 und 5 bis 8 gem. § 34 HOAI 2013) durch den Kläger. Streitig ist, ob auch eine Vereinbarung im Hinblick auf die Erbringung von kostenpflichtigen Planungsleistungen durch den Kläger zur technischen Ausrüstung des umgebauten Gebäudes des Beklagten vorliegt. Die Parteien streiten ferner über den Umfang der erbrachten Leistungen des Klägers.

Der Beklagte zog mit seiner Familie im Juli 2015 aus dem Objekt aus.

Während der Bauarbeiten fanden regelmäßige Baubesprechungen statt. Der Kläger übersandte dem Beklagten Kostenberechnungen bzw. -zusammenstellungen (vgl. hierzu die Ausführungen im LGU, Seite 2).

Am 12.07.2016 unterzeichnete der Beklagte das Nachabnahmeprotokoll betreffend die Parkettarbeiten der Firma ### GmbH (Anlage K 23, Bl. 17 f. AH). Der Beklagte zog mit seiner Familie Ende Juli 2016 wieder in das umgebaute Haus ein.

Mit Schlussrechnung vom 9. Juni 2017 rechnete der Kläger gegenüber dem Beklagten einen Restbetrag in Höhe von 82.725,33 € brutto ab (Einzelheiten siehe LGU, Seite 3 und Schlussrechnung Anlage K 25, Bl. 7 ff. AH).

Auf den Gesamt-Honoraranspruch des Klägers in Höhe von 93.326,10 € netto zahlte der Beklagte Abschläge in Höhe von 15.000,00 € und 8.809,02 €. Mit seiner Klage macht er den sich aus der Differenz zzgl. Mehrwertsteuer ergebenden Betrag in Höhe von 82.725,33 € geltend.

Nach Prüfung der Schlussrechnung durch den Prozessbevollmächtigten des Beklagten lehnte der Beklagte weitere Honorarzahlungen an den Kläger ab.

Der Kläger hat behauptet, die Leistungen seien durch den Beklagten jedenfalls konkludent abgenommen worden. Es lägen zehn verschiedene von dem Beklagten unterzeichnete Abnahmeprotokolle einzelner Gewerke vor. Die gesamte Baumaßnahme sei damit abgenommen. Wegen der Parkettarbeiten gebe es ein Nachabnahmeprotokoll, wonach gerügte Mängel beseitigt worden seien. Ferner sei der Beklagte in das Haus wieder eingezogen, sodass eine tägliche Nutzung seit über einem Jahr vorliege.

Er habe gemäß § 34 HOAI 2013 92 % der Grundleistungen erbracht. Hierzu kämen ein Umbauzuschlag von 20 % sowie Fahrtkosten und Druckkosten. Wegen der hohen Planungsanforderungen bei der Modernisierung des Gebäudes seien die Leistungen der Honorarzone IV zuzuordnen gem. § 35 Abs. 2 HOAI 2013.

Schließlich sei er durch den Beklagten jedenfalls konkludent mit der technischen Gebäudeausstattung beauftragt worden. Es habe insoweit eine umfassende Kommunikation über die technische Gebäudeausstattung per E-Mail gegeben. Außerdem habe es umfassende Kommunikation mit den an der Gebäudeausstattung beteiligten Handwerkern gegeben. Der Kläger habe auch die gestellten Handwerkerrechnungen geprüft.

Der Beklagte ist der Ansicht, der Anspruch des Klägers sei schon wegen fehlender Abnahme nicht fällig, die Leistungen seien auch nicht abnahmefähig. Eine Abnahme läge auch nicht dadurch vor, dass er wieder in das Gebäude eingezogen sei. Denn es fehle insoweit an einem entsprechenden Erklärungswillen, zudem sei er gezwungenermaßen dort eingezogen, denn das andere Haus sei verkauft worden. Die Mängel an den Parkettarbeiten seien bis heute nicht vollständig beseitigt.

Die Schlussrechnungen der Firmen ###, ### und ### lägen nicht vor, sodass eine Rechnungsprüfung durch den Kläger nicht habe stattfinden können.

Die abgerechneten Leistungen seien durch den Kläger nicht vollständig erbracht, die gewählten Honorarzonen seien nicht einschlägig und der Umbauzuschlag nicht angefallen, soweit kein Umbau im Sinne des § 2 Abs. 5 HOAI 2013 vorliege. Der Beklagte verweist dazu auf ein von ihm eingeholtes Gutachten des Privatsachverständigen Prof. Dr.-Ing. ### (Bl. 49 ff. Bd. I d.A.)

Das Landgericht hat den Beklagten nach der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Zahlung von 52.727,45 € nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Landgericht legt bei der Bemessung des Honoraranspruchs den Mindestsatz nach § 7 Abs. 5 HOAI 2013 zugrunde, weil eine konkrete Honorarvereinbarung zwischen den Parteien nicht gegeben sei. Die Mindestsätze der HOAI 2013 stellten nach der Überzeugung des Gerichts jedenfalls die übliche Vergütung für Architekten im Jahr 2015 auch in Sulingen dar. Es könne dem Kläger überdies nicht zugemutet werden, unabhängig von der HOAI im Nachhinein zur ortsüblichen Vergütung in Sulingen von Architekten im Jahr 2015 vorzutragen. Der Kläger habe darauf vertrauen dürfen, dass, wenn keine konkrete Honorarvereinbarung getroffen wurde, die Mindestsätze der HOAI gelten würden. Nur in Kenntnis dieser gesetzlichen Regelung habe der Kläger es unterlassen, eine ansonsten zu treffende Honorarvereinbarung zu schließen, die z.B. auf die Mindestsätze der HOAI hätte Bezug nehmen können.

Das Landgericht hat zur Bemessung des Honoraranspruchs die Feststellungen des Sachverständigen zugrunde gelegt und ist davon ausgegangen, dass der Kläger 81 % der Grundleistungen betreffend das Gebäude und 49,50 % der Grundleistungen betreffend die Technische Ausrüstung erbracht habe. Die Leistungen des Klägers für das Gebäude seien der Honorarzone III zuzuordnen.

Gegen dieses Urteil, auf das im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlichen Anträge verwiesen wird, wenden sich die Parteien mit beiderseitig eingelegten Berufungen.

Der Kläger meint, er könne seiner Rechnung die Honorarzone IV zugrunde legen. Vorliegend sei ein komplettes Gebäude entkernt und einschließlich des Daches mit aufwendigem Aus- und Aufbauten neu durchstrukturiert und konstruiert worden. Hinzu komme, dass alle Fenster ausgetauscht worden seien, was sich aus den Unterlagen ergebe und vom gerichtlichen Sachverständigen nicht berücksichtigt worden sei. Ferner sei ihm ein Umbauzuschlag in Höhe von 20% zu Unrecht versagt worden.

Das Landgericht habe ihm auch zu Unrecht die Nebenkosten versagt. Der diesbezügliche Hinweis in der mündlichen Verhandlung sei deutlich zu spät und völlig überraschend erfolgt. Das Landgericht hätte ebenfalls die Zinsforderung und die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zusprechen müssen. Insoweit sei unstreitig, dass sich der Beklagte zum Zeitpunkt der Schlussrechnungsstellung in Verzug befunden habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Verden vom 28. Oktober 2019 aufzuheben soweit die Klage abgewiesen wurde und nach Maßgabe der in erster Instanz verfolgten Anträge zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und das Urteil des Landgerichts Verden vom 28. Oktober 2019 – 8 O 275/17 – teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte meint, das Landgericht habe zu Unrecht eine Abnahme der Architektenleistungen angenommen. Eine solche habe – bis heute – nicht stattgefunden. Er habe zudem keine Leistungen der Technischen Ausrüstung in Auftrag gegeben. Er sei davon ausgegangen, dass diese Leistungen Bestandteil der Gebäudeplanung seien. Dass diese einen eigenen Honoraranspruch auslösten, sei ihm nicht bewusst gewesen.

Die Mindestsatzfiktion des § 7 Abs. 5 HOAI (2013) sei zudem gegenstandslos. Die Mindestsätze entsprächen auch nicht der üblichen Vergütung des § 632 Abs. 2 BGB, wie das Landgericht in einer Hilfserwägung meine. Das Landgericht habe sich auch nicht mit den Einwendungen des Beklagten gegen das gerichtliche Gutachten befasst. Der Beklagte habe hierzu die Stellungnahme eines Privatgutachters Prof. Dr.-Ing. ### vorgelegt, mit der sich das Landgericht nicht hinreichend auseinandergesetzt habe. Überdies habe der Kläger dem Beklagten einen Nachlass von 10% eingeräumt, was das Landgericht nicht berücksichtigt habe.

Der Senat hat Beweis erhoben durch drei weitere Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. ### und ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dipl.-Ing. ### Auf das Gutachten vom 20. September 2021 und die Gutachten vom 2. August 2022, 23. Dezember 2022 und 17. April 2023 sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2020 mit den dortigen Hinweisen wird verwiesen.

Mit Zustimmung der Parteien hat der Senat mit Beschluss vom 6. Juni 2023 die Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet. Als Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden konnten, wurde der 30. Juni 2023 bestimmt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

II.

Die Berufungen beider Parteien sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache haben beide Berufungen keinen Erfolg.

1. Der Kläger hat einen Anspruch gem. §§ 631 Abs. 1, 632 Abs. 2 BGB iVm den Gebührenregelungen der HOAI 2013 auf Zahlung von Architektenhonorar in Höhe von 52.727,45 €. Auf die Berechnung im landgerichtlichen Urteil, Seite 16, wird Bezug genommen. Darüber hinaus besteht kein weiterer Anspruch des Klägers. Im Einzelnen:

a) Die Parteien haben unstreitig einen Architektenvertrag geschlossen, wonach der Kläger Leistungen der Grundlagenermittlung, Vorplanung und Entwurfsplanung sowie der Ausführungsplanung, Vorbereitung der Vergabe, Mitwirkung bei der Vergabe und Objektüberwachung (gem. Leistungsphasen 1 bis 3 und 5 bis 8 des Leistungsbildes Gebäude und Innenräume gem. § 34 HOAI 2013 a.F.) erbringen sollte. Auf das Rechtsverhältnis der Parteien ist die Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen vom 10. Juli 2013 (in Kraft getreten am 17. Juli 2013, in der bis zum 31.12.2020 gültigen Fassung) anzuwenden (im Folgenden: HOAI).

b) Vertraglich vereinbart war auch die Erbringung von Planungsleistungen im Bereich der Technischen Ausrüstung (§§ 53 ff. HOAI).

aa) Ein solcher Vertrag kann auch durch schlüssiges Handeln zustande kommen, sofern diesem ein entsprechender Rechtsbindungswille beigemessen werden kann. Ob ein Rechtsbindungswille vorhanden war, beurteilt sich nicht nach dem inneren Willen des Leistenden, sondern danach, ob der Leistungsempfänger – hier also der Beklagte – aus dem Handeln des Leistenden nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Willen schließen durfte. Es kommt also darauf an, wie sich dem objektiven Betrachter das Handeln des Leistenden darstellt. Insbesondere die wirtschaftliche Bedeutung einer Angelegenheit, das erkennbare Interesse des Begünstigten und die nicht ihm, wohl aber dem Leistenden erkennbare Gefahr, in die er durch eine fehlerhafte Leistung geraten kann, können auf einen rechtlichen Bindungswillen schließen lassen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 20. September 2005 – 22 U 210/02, Rn. 37 – nachgehend BGH, Beschluss vom 27. April 2006 – VII ZR 234/05, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen; Senat, Urteil vom 17. Februar 2010 – 14 U 138/09, Rn. 28 f.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 5. Juni 2018 – 21 U 108/17, Rn. 71; Senat, Urteil vom 26. Januar 2022 – 14 U 116/21, Rn. 32, nachgehend BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2022 – VII ZR 21/22, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Der Abschluss eines Architektenvertrages richtet sich dabei allein nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Durch die Verwertung von Planungsleistungen gibt der Auftraggeber in der Regel schlüssig zu erkennen, dass die erbrachten Architektenleistungen seinem Willen entsprechen und er die Honorarzahlungspflicht übernehmen will (vgl. KG, Urteil vom 28. Dezember 2010 – 21 U 97/09; nachgehend BGH, Beschluss vom 29. April 2013 – VII ZR 32/11, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen – IBR 2013, 688). Ein etwaiger innerer Wille, keinen Vertrag abschließen zu wollen, steht dem Vertragsabschluss nicht entgegen (vgl. Koeble, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, 11. Teil, Rn. 287; Senat, Urteil vom 26. Januar 2022 – 14 U 116/21).

So liegt der Fall hier. Der Senat folgt der Ansicht des Landgerichts, dass sich vorliegend aus dem Verhalten der Parteien, namentlich aus den vorgelegten Unterlagen, eine gewollte und vergütungspflichtige Beauftragung seitens des Beklagten ergibt, die der Kläger angenommen hat. Die vom Kläger vorgelegten Anlagenkonvolute K39 und K40 enthalten ca. 270 E-Mails und belegen, dass der Beklagte intensiv in die Planung des Klägers einbezogen wurde und diese gewollt hat. Der Beklagte hat dabei die umfangreichen Planungen und Koordinierungsleistungen des Klägers (und seiner Mitarbeiter) nicht nur entgegengenommen, sondern auch eingefordert. Er war mit den klägerischen Mitarbeitern in einem kleinteiligen permanenten Austausch über einzelne Planungsschritte (exemplarisch: E-Mail vom 3.1.2016 des Beklagten:

“bitte halten sie mich informiert, sollte das aktualisierte angebot der fa. ### vorliegen”;

E-Mail vom 20.1.2016 des Beklagten:

“wie heute bereits telefonisch besprochen…erteilten sie bitte den auftrag gemäß absprache … bitte berücksichtigen sie bei der prüfung, dass wir keine kabelfernbedienung für die wandgeräte benötigen … sobald sie das Angebot bzgl. des wartungsvertrags bekommen haben, können wir das gerne besprechen und erledigen…ist somit das thema – erweiterung klimaanlage – komplett geklärt und meinerseits abgeschlossen?”

E-Mail des Beklagten vom 15.1.2016:

“bitte weisen sie die fa. ### darauf hin, dass die komponenten zur regelung der klimageräte (…) von der fa. ### bezogen werden. Weiterhin werden meiner meinung nach keine kabelfernbedienungen (…) benötigt, ich gehe davon aus, daß dies über den bus (z.) erfolgt, oder?”

E-Mail des Beklagten vom 18.1.2016:

“guten tag frau ###, würden sie bitte bei der fa. ### und/oder ### die datenblätter vom elektro- und serverschrank (datenschrank) anfordern, dankeschön. hauptsächlich geht es mir um die abmessungen, damit ich mich entscheiden kann, wo die bohrung zum abwurfschacht erfolgen muß, damit der restliche HWR beplant werden kann.”

E-Mail des Beklagten vom 21.1.2016:

“guten Tag frau ###, bitte finden sie anbei die informationen zum datenschrank. würden sie bitte die informationen an die fa. ### und ### entsprechend weiterreichen, dankeschön.”

E-Mail des Beklagten vom 17.2.2016:

“guten morgen frau ###, wurde sie bitte bei dem hersteller nochmal nachfassen, ob wir ein datenblatt von dem funk-steuergerät bekommen können, (…)”).

Soweit der Beklagte zunächst behauptet hatte, er habe keine Leistungen im Bereich der Technischen Ausrüstung beauftragt, behauptet er nunmehr, er sei davon ausgegangen, dass die Leistungen der Technischen Ausrüstung Bestandteil der Gebäudeplanung gewesen seien.

Der Senat erachtet (auch) diesen Vortrag als eine Schutzbehauptung. In Bezug auf die zunächst aufgestellte Behauptung, der Beklagte habe keinen Auftrag für Leistungen im Bereich der Technischen Ausrüstung erteilt, wird auf die obigen Ausführungen hingewiesen, die deutlich belegen, dass der Beklagte die vom Kläger und seinen Mitarbeitern erbrachten Leistungen gewollt hat (Anlagenkonvolut K39 und K40 mit ca. 500 Seiten E-Mail Korrespondenz im Zeitraum vom 2. September 2015 bis 11. November 2016, die vom Kläger bzw. seinen Mitarbeitern und dem Beklagten sowie mit ausführenden und anbietenden Firmen geführt wurde).

In Bezug auf die nunmehr geänderte Behauptung des Beklagten, er sei davon ausgegangen, dass die Leistungen des Klägers in der Gebäudeplanung inbegriffen seien, setzt dies indes einen (zuvor bestrittenen) Vertragsschluss voraus.

Ist aber von einem Vertragsschluss auszugehen, richtet sich die Vergütungspflicht nach § 632 Abs. 1 BGB. Danach gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werks den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Ferner gilt § 632 Abs. 2 BGB: Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Architekt die Umstände, nach denen Architektenleistungen nur gegen Vergütung zu erwarten sind, darlegen und beweisen; dass die Leistungen gleichwohl unentgeltlich erbracht werden sollten, muss dagegen der Auftraggeber darlegen und beweisen (z.B. BGH, Urteil vom 9. April 1987 – VII ZR 266/86). Es besteht ein Erfahrungssatz, dass Architekten üblicherweise nur entgeltlich tätig werden (BGH, aaO.). Dies gilt jedenfalls außerhalb der Akquisitionsphase (vgl. Senat, Urteil vom 26. Januar 2022 – 14 U 116/21, nachgehend BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2022 – VII ZR 21/22, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Danach ist hier anzunehmen, dass der Kläger entgeltlich tätig geworden ist. Hierfür spricht der Umfang der erbrachten Leistungen im Bereich der Technischen Ausrüstung. Es handelt sich nicht nur um geringfügige Leistungen oder solche zur Beantwortung von Vorfragen.

Es wäre daher an dem Beklagten gewesen zu beweisen, dass der Kläger vergütungsfrei für ihn gearbeitet hat. Dies ist nicht erfolgt und wird in dieser Konsequenz (wohl) auch nicht behauptet.

Der Beklagte führt vielmehr aus, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass die Leistungen des Klägers zu bezahlen seien und nicht in den Kosten für die Gebäudeplanung inbegriffen seien. Dieser (seitens des Senats unterstellte) innere Vorbehalt des Beklagten ist indes unbeachtlich.

Der Beklagte hat – wie auch im landgerichtlichen Urteil auf Seite 7 ausgeführt – monatliche Kostenaufstellungen erhalten, in denen auch die Kosten für Leistungen im Bereich der Technischen Ausrüstung enthalten waren (vgl. exemplarisch Anlagen K10, K11, K12, K13). Aus den Kostenaufstellungen ergeben sich im Einzelnen die Kosten für die einzelnen Gewerke (auch im Bereich der Technischen Ausrüstung) und die insoweit anfallenden Architektenkosten (vgl. exemplarisch: Anlage K13, Kostenaufstellung vom 31.1.2016, Seite 3 “Technische Gebäudeausrüstung” nach einzelnen Gewerken und Seite 4 “Nebenkosten” Architekt).

Es war ohne weiteres für den Beklagten erkennbar, dass der Kläger seine Leistungen im Bereich der Technischen Ausrüstung, wie auch von der HOAI vorgesehen, abrechnet und diese nicht in der Gebäudeplanung inkludiert sind.

Dieses Ergebnis gilt im vorliegenden Fall umso mehr, weil es sich bei dem Beklagten nicht um eine geschäftlich unerfahrene Partei handelt, sondern um ein Vorstandsmitglied einer international tätigen Aktiengesellschaft, dem – bei lebensnaher Betrachtung – unterstellt werden kann, dass er in geschäftlichen Dingen, wie auch dem Lesen von Kostenaufstellungen und Rechnungen, erfahren ist und die Zahlungspflichtigkeit der klägerischen Leistungen unschwer erkannt hat. Einwendungen gegen die Kostenaufstellungen hat der Beklagte in der gesamten Bauzeit nicht erhoben, sondern – im Gegenteil – die Leistungen des Klägers weiter eingefordert.

Wenn der Beklagte aber umfangreiche Leistungen des Klägers einfordert und von diesem regelmäßig Kostenschätzungen, -berechnungen und -zusammenstellungen erhält und zu keinem Zeitpunkt Einwände erhebt – worauf das Landgericht im Übrigen schriftlich hingewiesen hat (Beschluss vom 4. Februar 2019, S. 1, Bl. 257) – sind seine etwaigen inneren Vorstellungen, keine Vergütung zahlen zu müssen, unbeachtlich (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 26. Januar 2022 – 14 U 116/21, Rn. 34, nachgehend BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2022 – VII ZR 21/22, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen; KG, Urteil vom 28. Dezember 2010 – 21 U 97/09, nachgehend BGH, Beschluss vom 29. April 2013 – VII ZR 32/11, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen – IBR 2013, 688; s. auch die umfangreichen Rechtsprechungsnachweise bei Werner, in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Auflage, Rn. 617 iVm Rn. 127).

bb) Gegenrechte gem. §§ 280 Abs. 1, 241631633634 BGB, die der Beklagte dem Honoraranspruch des Klägers entgegenhalten könnte, stehen ihm nicht zu. Der Beklagte hat keine Beanstandungen in Bezug auf die klägerischen Leistungen erhoben.

cc) Soweit der Beklagte rügt, der Kläger habe als Architekt keine Kompetenz gehabt, Planungen im Bereich der Technischen Ausrüstung zu erbringen, und der gerichtliche Sachverständige habe nicht die Kompetenz, diese zu bewerten, ist das nicht richtig.

Es handelt sich vorliegend nicht um eine fachtechnische Planung bzw. Bewertung, sondern der Kläger hat in seiner mündlichen Anhörung bekundet, er habe nur in den Bereichen geplant, in denen dies ohne technische Kenntnisse möglich gewesen sei. Er hat ausgeführt, die Vereinbarung mit dem Beklagten im Bereich der Technischen Anlagen sei ein “schleichender Prozess” gewesen. Wenn ein Gebäude geplant werde, werde zwangsläufig auch über technische Gewerke gesprochen, so auch hier. Er habe dann im weiteren Verlauf auch bspw. die Elektropläne erstellt. Da er aber kein Fachplaner sei, könne er nur bis zu bestimmten Abschnitten planen, beispielsweise könne er nicht den Querschnitt von Rohrführungen berechnen. Derartige Leistungen habe er aber auch nie abgerechnet (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2018, Seite 2, Bl. 217).

Der gerichtliche Sachverständige Dipl.-Ing. ### hat diese Vorgehensweise bestätigt. Es habe sich vorliegend um einen planerischen Bereich ohne spezielle fachtechnische Kenntnisse gehandelt. Der Architekt bespreche die Wünsche des Bauherrn mit diesem und stelle sie in Plänen dar, die sodann mit dem jeweiligen Fachplaner oder – bei kleineren Objekten – mit den jeweiligen Fachfirmen abgestimmt würden. So sei auch der Kläger vorgegangen. Er habe die Wünsche des Beklagten gesammelt und mit diesem zusammen Planungen erstellt. Diese (geläufige) Vorgehensweise setze kein technisches Fachwissen voraus (vgl. Gutachten vom 23. Dezember 2022, Seite 7 und Gutachten vom 17. April 2022, Seite 4).

In seiner Vernehmung ist der gerichtliche Sachverständige Dipl.-Ing. ### erneut auf diesen Punkt eingegangen (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. September 2019, Seite 2). Es gebe bei technischen Anlagen Teilbereiche, die auch ein Architekt planen und koordinieren könne. Den technischen Teil stimme er mit einem Fachplaner oder – bei kleineren Objekten – mit den jeweiligen Fachfirmen ab. Als Beispiel könne die Elektroplanung herangezogen werden, bei der zunächst der Architekt mit dem Bauherrn die Anordnung der Steckdosen, Schalter und bspw. Alarmanlagen abspreche, einen Plan erstelle und diesen dann mit dem Fachplaner durchgehe. Vorliegend handele es sich zudem um ein relativ einfaches Gebäude mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad, so dass ein Architekturbüro den vom Kläger erstellten Anteil der TGA-Planung selbst leisten könne und – vorliegend – auch geleistet habe, wie dokumentiert (vgl. Gutachten vom 17. April 2023, Seite 6, s.o.).

Diese Erläuterungen des Sachverständigen sind für den Senat nachvollziehbar und auch als übliche Vorgehensweise aus anderen Verfahren bekannt. Es handelt sich bei dieser Zusammenarbeit zwischen dem Architekten und dem Fachplaner um ein geläufiges und sinnvolles Vorgehen. Die jeweiligen Wünsche und Vorstellungen des Bauherrn werden vorab sortiert, priorisiert und in Plänen aufbereitet. Der technische Bereich wird sodann von dem Fachplaner übernommen.

dd) Der Senat folgt auch nicht den weiteren Einwendungen, die der Beklagte im Bereich der Technischen Ausrüstung erhoben hat.

(a) Der Einwand des Beklagten, die Audioanlage gehöre nicht in die Kostengruppe 450 gem. DIN 276-1:2008-12, ist nicht richtig (vgl. Privatgutachten vom 7. August 2019, Seite 12). Der gerichtliche Sachverständige hat korrekt festgestellt, dass die Audioanlage des Beklagten als “Beschallungsanlage” in der Kostengruppe 454 der vorgenannten DIN unter “Elektroakustische Anlagen” aufgeführt ist und diese Anlagengruppe geprüft.

Die Kosten der Audioanlage sind vom Kläger aber auch nicht in seiner Kostenberechnung aufgeführt (Anlage K11, anders, als der Beklagte offensichtlich meint, vgl. Privatgutachten vom 7. August 2019, Seite 13). Die Leistungen für die Audioanlage (KG 454) sind damit nicht über die anrechenbaren Kosten berücksichtigt, so dass unklar ist, was der Beklagte konkret rügt.

(b) Der Senat folgt auch der Bewertung des gerichtlichen Sachverständigen, die erbrachten klägerischen Leistungen mit 7,75 Prozentpunkten von 22 möglichen Prozentpunkten zu bewerten. Die technischen Bewertungen (Berechnungen, Bemessungen) wurden von Dritten (den jeweiligen ausführenden Fachfirmen) erbracht, so dass dem Kläger nur seine planerische Vorarbeit und die Vermittlung und Koordination zwischen den Vorstellungen des Beklagten und den Möglichkeiten der Fachfirmen zu vergüten ist. Der Senat erachtet diese Bewertung des gerichtlichen Sachverständigen als nachvollziehbar und schlüssig.

(c) In Bezug auf einen Umbau- und Modernisierungszuschlag im Bereich der Technischen Ausrüstung hat der gerichtliche Gutachter diesen nur bei zwei von fünf Anlagengruppen für gerechtfertigt erachtet. Der stattgefundene Eingriff in den Bestand der Anlage rechtfertige insoweit den gewährten Umbauzuschlag. Dieser Bewertung schließt sich der Senat nach einer eigenen Überprüfung an.

Ein Umbauzuschlag, der bei mindestens durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad in Ermangelung einer anderweitigen schriftlichen Vereinbarung mindestens 20 % des Planungshonorars beträgt (§ 56 Abs. 5 iVm § 6 Abs. 2 HOAI), fällt nach der Verordnungsregelung nur dann an, wenn sich die Planungsleistungen auf einen Umbau iSv § 2 Abs. 5 HOAI eines “Objekts” im Sinne des § 2 Abs. 1 HOAI beziehen. Der Kläger war mit der Planung der technischen Ausrüstung des Gebäudes betraut (Objekt im Sinne des § 2 Abs. 1 HOAI). Gem. § 2 Abs. 5 HOAI sind Umbauten Umgestaltungen mit wesentlichen Eingriffen in Konstruktion oder Bestand. Wesentliche Eingriffe stellen “deutliche” Eingriffe dar (vgl. Wirth/Galda, in: Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 9. Aufl. 2016, § 2, Rn. 15). Es kommt darauf an, ob die vorhandene Bausubstanz Einfluss auf die planerischen und überwachenden Tätigkeiten des Architekten hatte und in seine Planungen einzubeziehen war.

Bei der Planung einer vollständigen neuen technischen Anlage im Rahmen des Umbaus eines Gebäudes wäre demnach kein Umbauzuschlag zu gewähren (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 5. November 1999 – 4 U 47/99; Wuchner, in: Korbion/Matscheff/Vygen, HOAI, 9. Aufl., § 56, Rn. 29 mwN).

Der Senat folgt den nachvollziehbaren Ergebnissen des gerichtlichen Sachverständigen, der nur für den Bereich der Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen (KG 410) und im Bereich der Starkstromanlagen (KG 440) einen Umbauzuschlag gewährt und diesen ansonsten verneint.

Ein Umbauzuschlag für den Bereich der Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen (KG 410) ist zu gewähren, weil die Sanitärobjekte zumindest teilweise an vorhandene Wasser- und Abwasserrohre angeschlossen wurden, was der Kläger bei seiner Planung zu berücksichtigen hatte.

Dass möglicherweise ein Schmutzwasserrohr neu verlegt worden war (so der Beklagte), führt zu keinem anderen Ergebnis, wenn die übrigen Objekte an bereits vorhandene Wasser- und Abwasserleitungen angeschlossen wurden (vgl. Gutachten vom 5. Juni 2019, Seite 26). Dass eine komplette Neuinstallation der Gruppe der Abwasser- Wasser und Gasanlagen stattgefunden habe, lässt sich aus den Unterlagen nicht erkennen (vgl. Gutachten vom 23. Dezember 2022, Seite 10).

Bei der Frage, ob ein Umbauzuschlag zu gewähren ist, spielt auch keine Rolle, wie das Verhältnis des Wertes der Neugestaltung der Sanitäreinrichtung zum Erstellungspreis einer Schmutzwasserleitung ist (so der Beklagte, Privatgutachten vom 7. August 2019, Seite 17). Der “Wert bzw. Preis” einer Neugestaltung ist in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen. Es kommt ausschließlich auf den Einfluss der vorhandenen Bausubstanz auf die planerischen bzw. überwachenden Tätigkeiten des Architekten an.

Schließlich rügt der Kläger, dass der gerichtliche Sachverständige ihm einen Umbau- und Modernisierungszuschlag für Heizungsanlagen, Lüftung und Fernmeldeanlage verwehrt habe (Schriftsatz vom 20. Januar 2020, Seite 3, Bl. 549), weil der Sachverständige dazu keine Feststellungen habe treffen können.

Diese Behauptung ist nicht richtig, wie sich aus dem Gutachtens vom 5. Juni 2019 und der mündlichen Erläuterung des Sachverständigen vom 9. September 2019 (Protokoll Seite 6, Bl. 414) ergibt.

Der gerichtliche Sachverständige hat sich mit den vorbenannten Anlagen in dem Gebäude auseinandergesetzt und Feststellungen getroffen. Zu den Wärmeversorgungsanlagen hat er unter Ziffer 4.2.2 seines Gutachtens vom 5. Juni 2019 ausgeführt, dass es sich hierbei um eine neu geplante und errichtete Anlage gehandelt habe (“Das Gebäude einschl. der Garage erhält eine komplett neue Heizungsanlage mit Brennwertheizgerät, Fußbodenheizung und bereichsweise Radiatoren, wie die Angebote (…) und die Schlussrechnung (…) belegen”, aaO, Seite 27). Er erachte daher einen Zuschlag nicht für gerechtfertigt.

Der gerichtliche Sachverständige hat ebenso für die Lüftungsanlage ausgeführt, dass diese komplett neu in das Gebäude eingebaut worden sei (aaO, Seite 27).

Für den Bereich der Starkstromanlagen, Fernmelde- und informationstechnischen Anlagen hat der gerichtliche Sachverständige differenziert zwischen den Anlagen der Gruppe 440 und 450. Die Elektroinstallation seien als Umbaumaßnahmen mit Zuschlag zu werten, weil diese an Schnittstellen in den Bestand eingriffen. Dagegen sei die Alarmanlage (KG 450) eine Neu-Installation, so das diesbezüglich kein Zuschlag gerechtfertigt sei (aaO, Seite 27). Der Senat schließt sich dieser Bewertung nach eigener Überprüfung an. Es lässt sich der Akte weder entnehmen, dass der gerichtliche Sachverständige Dipl.-Ing. ### von falschen Tatsachen ausgegangen ist noch einen falschen Bewertungsmaßstab gewählt hat.

2. Die Honorarrechnung des Klägers ist auch fällig gem. § 15 Abs. 1 HOAI 2013. Das Landgericht ist zu Recht von einer konkludenten Abnahme der Architektenleistungen ausgegangen. Soweit der Beklagte rügt, das Landgericht habe die Abnahme der Bauleistungen mit der Abnahme des Architektenwerkes verwechselt, folgt der Senat dieser Einwendung nicht.

a) Eine konkludente Abnahme liegt vor, wenn dem Verhalten des Auftraggebers zu entnehmen ist, dass er die Leistung als im Wesentlichen vertragsgerecht billigt (BGH, Urteil vom 25. Februar 2010 – VII ZR 64/09; BGH, Urteil vom 10. Juni 1999 – VII ZR 170/98). Es kommt nicht darauf an, ob tatsächlich Mängel bestehen, sondern darauf, ob der Auftragnehmer annehmen darf, dass aus der Sicht des Auftraggebers das Werk im Wesentlichen mängelfrei hergestellt ist, weil sich bspw. Mängel noch nicht gezeigt haben, und er durch sein Verhalten die Billigung des Werkes zum Ausdruck gebracht hat (BGH, Urteil vom 20. Februar 2014 – VII ZR 26/12).

Auf einen Abnahmewillen kann regelmäßig nur geschlossen werden, wenn der Auftraggeber Gelegenheit hatte, die Beschaffenheit des Werkes ausreichend zu prüfen. Die Dauer der Prüfungs- und Bewertungsfrist hängt vom Einzelfall ab und wird von der allgemeinen Verkehrserwartung bestimmt (BGH, Urteil vom 20. September 1984 – VII ZR 377/83).

Die konkludente Abnahme einer Architektenleistung kann darin liegen, dass der Besteller nach Fertigstellung der Leistung und nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist nach Bezug des fertiggestellten Bauwerks keine Mängel der Architektenleistungen rügt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2010 – VII ZR 64/09; BGH, Urteil vom 11. März 1982 – VII ZR 128/81). Es ist unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Architekten, den Zeitpunkt der konkludenten Abnahme nicht unangemessen nach hinten zu verschieben (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 1984 – VII ZR 377/83), nicht gerechtfertigt, den Prüfungszeitraum beliebig zu erweitern (BGH, Urteil vom 26. September 2013 – VII ZR 220/12).

Hat der Auftraggeber das Bauwerk bezogen, liegt darin nach Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist eine konkludente Abnahme, wenn sich aus dem Verhalten des Auftraggebers nichts Gegenteiliges ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 2013 – VII ZR 220/12 mwN). Der Bundesgerichtshof geht insofern von einer ca. sechsmonatigen Prüfungsfrist bei einem Einfamilienhaus aus (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 2013 – VII ZR 220/12).

b) Nach diesen Maßstäben lag jedenfalls zum Zeitpunkt der Stellung der Schlussrechnung im Juni 2017 eine konkludente Abnahme der Architektenleistungen des Klägers vor. Der Kläger ist mit seiner Familie bereits im Juli 2016 in das umgebaute modernisierte Objekt eingezogen. Ausgehend von einer ca. sechsmonatigen Prüfungsfrist wäre diese bereits im Januar 2017 abgelaufen. Spätestens aber mit Stellung der Schlussrechnung im Juni 2017 ist von einer konkludenten Abnahme der Architektenleistungen des Klägers auszugehen, zumal der Beklagte zu keinem Zeitpunkt Beanstandungen an den Architektenleistungen des Klägers vorgebracht hat.

Die Behauptung des Beklagten, er sei unter Zwang infolge der bereits erfolgten Veräußerung seiner zwischenzeitlichen Unterkunft in das umgebaute Objekt eingezogen, führt zu keiner anderen Betrachtung. Der Beklagte hatte ausreichend Zeit, die Architektenleistungen des Klägers in dem bezogenen Objekt zu prüfen (s.o.).

Der Umstand, dass an einem Teilgewerk – namentlich dem Parkett – ein evtl. Restmangel bestanden hat, hindert nicht die Abnahme der Architektenleistung. Überdies hat der Beklagte noch bereits im Juli 2016 – und somit noch deutlich vor Ablauf der vorgenannten Prüffrist – ein Nachabnahmeprotokoll unterschrieben (vgl. Anlage K23).

c) Die zwischen den Parteien streitigen Rechtsfragen, ob die geltend gemachten Mindestsätze gem. § 7 Abs. 5 HOAI europarechtswidrig seien und sodann zur üblichen Vergütung gem. § 632 Abs. 2 BGB Beweis zu erheben wäre, sind zwischenzeitlich geklärt. Der vom Kläger geltend gemachte Honoraranspruch ist, soweit er die Mindestsätze gem. § 7 Abs. 5 HOAI zugrunde legt, zulässig.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat festgestellt, dass der Dienstleistungsrichtlinie eine unmittelbare Wirkung in einem Rechtsstreit zwischen Privatpersonen nicht zukommt und die zuständigen nationalen Gerichte nicht allein aufgrund eines gemäß den Art. 258 bis 260 AEUV erlassenen Urteils verpflichtet sind, im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Privatpersonen eine nationale Regelung, die gegen die Bestimmung einer Richtlinie verstößt, unangewendet zu lassen (EuGH, Urteil vom 18. Januar 2022 – Rs. C-261/20 Tz. 31-37, BauR 2022, 527 = NZBau 2022, 103 – Thelen Technopark Berlin). Nach diesen Grundsätzen hat der Bundesgerichtshof zur HOAI 2013 entschieden, dass eine Unverbindlichkeit der Mindestsätze und die Wirksamkeit einer die Mindestsätze unterschreitenden Honorarvereinbarung im Verhältnis zwischen Privatpersonen nicht mit einer richtlinienkonformen Auslegung begründet werden kann (BGH, Urteil vom 3. November 2022 – VII ZR 724/21, Rn. 39).

3. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von 52.727,45 €. Der Senat folgt den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dipl.-Ing. ###, der sich in weiteren drei Ergänzungsgutachten vom 2. August 2022, vom 23. Dezember 2022 und vom 17. April 2023 – zusätzlich zu dem Ausgangsgutachten vom 5. Juni 2019 – ausführlich, widerspruchsfrei und überzeugend mit den Einwänden der Parteien und insbesondere denjenigen des Privatsachverständigen des Beklagten auseinandergesetzt und diese in nachvollziehbarer, umfassender und logischer Argumentation entkräftet hat. Der Senat sieht nach insgesamt vier Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. ### alle Gegenargumente widerlegt und keinen Raum für eine weitere Aufklärung. Auch die beiden Parteien haben insoweit erklärt, dass sie keine persönliche Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen mehr benötigen. Im Einzelnen:

a) Honorarzone

Der Senat folgt der Einordnung des gerichtlichen Sachverständigen, dass die klägerischen Leistungen der Honorarzone III zuzuordnen sind. Der Kläger rügt, dass der Sachverständige die Honorarzone IV hätte zugrunde legen müssen, weil aus den Unterlagen ersichtlich sei, dass auch ein Austausch der Fenster stattgefunden habe. Der Senat hat den gerichtlichen Sachverständigen hierzu um schriftliche Stellungnahme gebeten, und dieser hat in seinem Ergänzungsgutachten vom 2. August 2022 einen Komplettaustausch der Fenster zugrunde gelegt. Dennoch kommt er zu dem Ergebnis, dass selbst die Zugrundelegung eines Komplettaustauschs der Fenster keine höhere Honorarzone begründen würde. Der Senat schließt sich der im folgenden nachvollziehbaren Begründung des Sachverständigen an.

Der Sachverständige führt im Einzelnen aus, dass die Honorarzone eines Objekts den qualitativen Parameter für die Berechnung einer angemessenen Vergütung darstellt, indem sie für den Einzelfall die Schwierigkeit der Planungsanforderungen berücksichtigt. Die vom Kläger gerügte Nichtberücksichtigung der Eingriffe in die Konstruktion und den Bestand gehörten aber zu den konstruktiven Planungsanforderungen. Die Vergütung dieses – durch konstruktive Planungsanforderungen – erschwerten Planungsaufwandes erfolgt nicht über die Honorarzone, sondern über die anrechenbaren Kosten.

Ein Fensteraustausch sei ein konstruktiver Eingriff, der nicht die qualitativen Planungsanforderungen erhöhe, sondern den quantitativen Planungsaufwand (Gutachten vom 2. August 2022, Seite 6). Der Senat erachtet die Erläuterungen des Sachverständigen für plausibel und nachvollziehbar. Die Planungsanforderungen an einen Architekten steigen nicht qualitativ, wenn der Bauherr den Austausch der Fenster wünscht. Die diesbezügliche Mehrarbeit in konstruktiver Hinsicht wird über die anrechenbaren Kosten honoriert.

Soweit der Kläger die Anzahl der Funktionsbereiche anführt, die vorliegend abweichend vom Standard seien und somit eine höhere Honorarzone begründeten, folgt der Senat ebenfalls den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, denen der Kläger nicht weiter entgegengetreten ist.

Der gerichtliche Sachverständige führt sowohl in seinem Gutachten als auch in seiner Vernehmung vom 9. September 2019 (Bl. 411) aus, es bleibe bei einem Funktionsbereich, “dem Wohnen” (Gutachten vom 2. August 2022, Seite 6). Zusätzliche Funktionsbereiche wie bspw. ein Büroraum mit Kundenbesuch oder ein Gästebereich mit eigenem Zugang seien nicht vorgesehen gewesen. Ein anspruchsvoller Standard, wie der Kläger ausführt, werde nicht durch eine Erhöhung der Anzahl der Funktionsbereiche honoriert, sondern (ebenfalls) bei den anrechenbaren Kosten.

Der Sachverständige bekundet weiter, dass Schwierigkeiten bei Umbaumaßnahmen nicht eine höhere Honorarzone begründeten, sondern bspw. einen Honorarsatz oberhalb des Mindestsatzes oder die Vereinbarung eines Umbauzuschlages bis 33 % zuließen (vgl. Gutachten vom 2. August 2022, Seite 7).

Der Senat hat keinerlei Zweifel, dass die nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Erklärungen des gerichtlichen Sachverständigen zutreffend sind. Danach ist der – bereits erstinstanzlich ausgeurteilte – Anspruch des Klägers in Bezug auf das Gebäude nach den Berechnungen des gerichtlichen Sachverständigen in Höhe von 45.120,92 € (brutto) richtig (vgl. Gutachten vom 5. Juni 2019, Seite 28).

b) Erbrachte Leistungen

In seinem Gutachten vom 23. Dezember 2022 setzt sich der gerichtliche Sachverständige mit den Einwendungen des Beklagten bzw. dessen Privatgutachters bei der Bewertung der erbrachten Leistungen auseinander.

Soweit der Beklagte rügt, es habe keine zeitlich vorgelagerte Planung der Haustechnik gegeben, diese sei erstmals im Zusammenhang mit der Ausführungsplanung für das Gebäude erfolgt, erwidert der gerichtliche Sachverständige, dies sei nicht richtig. Der Kläger habe bereits in den Leistungsphasen 2 und 3 Zeichnungen zu der Technischen Ausrüstung erstellt (siehe: Gutachten vom 17. April 2023, Seite 5 und vom 5. Juni 2029, Seite 6, Tabelle 2 mit Angaben zu Zeichnungen im Bereich Heizung/Sanitär, Elektro, Audio in Leistungsphase 2 und Leistungsphase 3).

Hinzu komme aber, dass der Kläger vorliegend in Personalunion das Gebäude und einen Teil der Technischen Ausrüstung geplant habe. Eine Planungskoordination in den Leistungsphasen 2 und 3 sei daher – naturgemäß – nicht besonders dokumentiert worden. Der Kläger habe vielmehr das Ergebnis seiner Planungen im Bereich der Technischen Ausrüstung in die Gebäudeplanung übernommen (vgl. Gutachten vom 23. Dezember 2022, Seite 4). Der Senat erachtet diese Vorgehensweise für nachvollziehbar. Im Übrigen ist aus der Tabelle 2 ersichtlich, dass die Planung im Bereich der Technischen Ausrüstung in den Planungsablauf eingearbeitet worden ist (vgl. Tabelle 2, Seite 7, Gutachten vom 5. Juni 2019, Bl. Nr. 010a-016). Dies ist nicht zu beanstanden.

Der Aussage des Parteigutachters, der Gerichtsgutachter gehe von falschen Prämissen aus, weil die Übernahme der Haustechnik in die Architektenplanung eine Grundleistung darstelle und nicht gesondert vergütet werde (Parteigutachten vom 11. Februar 2023, Seite 5), wird seitens des Senats nicht gefolgt. Es geht vorliegend um Grundleistungen eines TGA-Planers, die der Kläger abrechnet, und die (noch) ohne technisches Fachwissen erbracht werden können (s.o.). Der technische Planer kann auch die Gebäudeplanung des Architekten verwenden und in diese seine technische Planung einzeichnen. Der Sachverständige führt aus, er habe die vom Kläger erbrachten Leistungen aufgrund der vorgelegten Dokumentation festgestellt und bewertet.

Der Senat folgt auch den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen, soweit dieser die Leistungen des Klägers nach den Vergütungsbestimmungen der HOAI und nicht – wie der Privatgutachter des Beklagten – aus bauwirtschaftlicher Sicht bewertet (vgl. Privatgutachten vom 7. August 2019, Seite 20, Bl. 369). Es mag insoweit zu unterschiedlichen Leistungsbewertungen kommen, maßgeblich sind aber die fachlichen Vergütungsbestimmungen der HOAI und nicht bauwirtschaftliche Überlegungen.

Der gerichtliche Sachverständige hat auch den Einwand der Beklagtenseite entkräftet, es fehlten im Rahmen der Vorplanung und Entwurfsplanung (Leistungsphasen 2 und 3) Ansichten und Schnitte. Ebenso fehle ein Lageplan (vgl. Privatgutachten vom 7. August 2019, Seite 7, Bl. 356). Der gerichtliche Sachverständige führt insoweit aus, Ansichten, Schnitte und ein Lageplan seien bei der hiesigen Umbauplanung nicht erforderlich, sie könnten deshalb auch nicht fehlen. Gem. § 3 Abs. 2 HOAI sind Grundleistungen, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung eines Auftrags im Allgemeinen erforderlich sind, in Leistungsbildern erfasst. Die Bezeichnung als “im Allgemeinen erforderlich sind” soll klarstellen, dass nicht alle in den Leistungsbildern aufgeführten Leistungen bei jedem Objekt zur Erreichung des Vertragsziels notwendig sind (Wirth/Galda, in: Korbion/Mantscheff/ Vygen, HOAI, 9. Aufl. 2016, § 3, Rn. 2).

So liegt der Fall hier. Der gerichtliche Sachverständige hat ausgeführt, bei dem vorliegenden Objekt seien Schnitte, Ansichten und ein Lageplan nicht zur Auftragserfüllung erforderlich gewesen. Der Beklagte ist dem nicht entgegengetreten und hat bspw. die Notwendigkeit dieser Leistungen für die Auftragserfüllung bekundet.

Soweit der Beklagte rügt, die klägerischen Planungen hätten vielfach vor Ort angepasst werden müssen bzw. seien nicht ausführbar gewesen (Privatgutachten vom 7. August 2019, Seite 7, Bl. 356), fehlt es an konkreten Mängelbehauptungen.

Die weitere Rüge des Beklagten, die Bewertung der erbrachten Leistungen des gerichtlichen Sachverständigen bei den Leistungsphasen 6 und 7 sei zu hoch, geht gleichfalls ins Leere. Gem. § 34 Abs. 3 Nr. 6 HOAI sind die Grundleistungen in der Leistungsphase 6 bei Gebäuden mit 10 Prozentpunkten für die gesamte Leistungsphase bewertet. In der Leistungsphase 7 sieht die HOAI bei Gebäuden 4 Prozentpunkte für die gesamte Leistungsphase vor. Der gerichtliche Sachverständige hat die erbrachten Leistungen für die Vorbereitung der Vergabe mit 3,5 Prozentpunkten bewertet und die Mitwirkung bei der Vergabe mit 3 Prozentpunkten. Insgesamt hat der gerichtliche Sachverständige für die beiden Leistungsphasen 6 und 7 von den maximal möglichen 14 Prozentpunkten nach den Maßgaben der HOAI bei einer vollen Erbringung der jeweiligen gesamten Grundleistungen weniger als die Hälfte erfüllt gesehen. Der Sachverständige hat dies damit begründet, dass auch wenn der Kläger keine Ausschreibungen mit Mengen und Leistungsbeschreibungen durchgeführt habe, er die entsprechenden Informationen durch direkte Abstimmungen mit den beteiligten Firmen erhalten habe. Insbesondere enthält das Anlagenkonvolut (K39 und K40) eine Fülle von E-Mails zwischen dem Kläger bzw. seinen Mitarbeitern und Unternehmen über die Ausführung von Gewerken, aus denen deutlich werde, dass der Kläger die notwendigen Informationen, die es für die Erbringung der Leistungsphase 6 bedarf, erhalten habe.

Der Senat folgt der gut nachvollziehbaren Bewertung des Sachverständigen. Insbesondere sind nicht alle in § 34 Abs. 3 HOAI (Anhang 10.1) aufgeführten Grundleistungen vollständig zu erbringen, wenn die Beauftragung und die notwendig damit verbundenen Leistungen zum vertraglichen Leistungsumfang dies nicht erforderlich machen. Dies ergibt sich aus der Erfolgsbezogenheit des Architektenvertrages, der die Entstehung einer umfassenden gebrauchsfähigen Architektentätigkeit voraussetzt. Es handelt sich insoweit bei § 34 Abs. 3 HOAI und dessen Anhang 10.1. nicht um eine abschließende Darstellung, sondern um eine Auslegungshilfe zur Bestimmung der vertraglich geschuldeten Leistung dar (BGH, Urteil vom 26. Juli 2007 – VII ZR 42/05; Korbion, in: Korbion/Mantscheff/ Vygen, HOAI, 9. Aufl. 2016, § 34, Rn. 48).

Der Beklagte hat bereits nicht behauptet, dass der Kläger bestimmte Grundleistungen nicht erbracht hat, welche aber erforderlich gewesen wären, um die vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Allein die beklagtenseits erhobene Rüge, es seien nicht alle in § 34 HOAI, Anhang 10.1, aufgeführten Grundleistungen erbracht worden, führt – ohne einen Mangel in der Bauwerksleistung – nicht zu einer Vergütungsminderung bzw. einem Schadensersatzanspruch gegen den Architekten. Ein Mangel in dem Architektenwerk wurde vorliegend nicht geltend gemacht.

Die vorgenannten Maßgaben geltend auch für die Einwände des Beklagten in Bezug auf die Bewertung des gerichtlichen Sachverständigen der Leistungsphase 8. Die vom Privatgutachter herangezogenen tabellarischen Übersichten (vgl. Privatgutachten vom 7. August 2019, Seite 9 f., Bl. 358 f.) mögen zwar ebenfalls als Auslegungshilfe herangezogen werden, dies ist aber nicht zwingend. Der Senat schließt sich der Bewertung des gerichtlichen Sachverständigen an, der die Leistungen der Objektüberwachung mit 30,25 Prozentpunkten bewertet. Er habe die Bauleitung mit Anwesenheit vor Ort beispielhaft belegt durch die Protokolle der Baubesprechungen. Der Bauablauf sei belegt durch Terminpläne und Bauprotokolle. Ebenso sei die Rechnungsprüfung belegt (siehe Gutachten vom 5. Juni 2019, Seite 14). Die vom gerichtlichen Sachverständigen festgestellten Leistungen werden von dem Beklagten auch nicht in Abrede gestellt, er meine nur, es müssten für eine vollständige Erbringung darüber hinaus auch die von ihm aufgeführten Leistungen (s.o.) erbracht worden sein. Dem folgt der Senat mit den vorgenannten Argumenten nicht.

Soweit der Beklagte stets wiederholt, der gerichtliche Sachverständige sei von einer Abnahme und mangelfreien Leistungen ausgegangen (bspw. Privatgutachten vom 11. Februar 2023, Seite 4), widerspricht der gerichtliche Sachverständige. Er habe unabhängig von einer Abnahme die erbrachten Leistungen dokumentiert (Gutachten vom 17. April 2023, Seite 4). Er habe dabei zwischen Bauleistungen und Planungsleistungen differenziert. Die Mangelfreiheit sei nicht Gegenstand seines Auftrags gewesen.

Der Privatgutachter des Beklagten unterstellt dem gerichtlichen Sachverständigen, das Anlagenkonvolut K39 und K40 nicht untersucht zu haben, obwohl sie ihm selbst nicht vorgelegen hätten (“die hier nicht vorliegenden Anlagen K39 und K40 (…), Privatgutachten vom 11. Februar 2023, Seite 5). Der gerichtliche Sachverständige bekundet indes, alle “270 Mails gelesen, inhaltlich sortiert und die darin enthaltenen ‚Leistungen‘ des Klägers bewertet” zu haben. Der Senat hat keine Anhaltspunkte, dass der gerichtliche Sachverständige, der alle an ihn gerichteten Beweisfragen detailliert und nachvollziehbar beantwortet hat, seine Gutachten ohne genaue Kenntnis der Pläne und sonstigen Dokumente erstellt hat.

c) Nebenkosten

Der Senat erachtet die landgerichtliche Entscheidung zu einem Anspruch auf Nebenkosten in Höhe von 1.339,84 € netto für richtig. Soweit der Kläger in seiner Berufungsbegründung anmerkt, dass die von ihm angesetzten Nebenkosten in Höhe von 1.681,84 € netto üblich und angemessen und im Übrigen unstreitig seien, verkennt er, dass der Beklagte im Rahmen seines Parteigutachtens vom

4. Januar 2018, Seite 18 (Bl. 66) lediglich von begründeten Nebenkosten in Höhe von 1.339,84 € netto ausgeht und somit der Restbetrag streitig ist, worauf das Landgericht auch im Termin hingewiesen hat. Ein Verfahrensfehler ist insoweit nicht ersichtlich. Der Kläger rügt weiter, der Hinweis in der mündlichen Verhandlung sei zu spät erfolgt. Es hätte ihm aber freigestanden, auf diesen Hinweis vorzutragen. Dies ist nicht erfolgt. Es wird auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil, Seite 13, Bezug genommen.

d) Der Beklagte kann sich auch nicht auf einen Nachlass in Höhe von 10% auf die begründeten Forderungen des Klägers berufen. Zwar ist ein Architekt nicht gehindert, ein unter den Mindestsätzen liegendes Pauschalhonorar zu verlangen, wenn die Preisvereinbarung unwirksam ist und er den Mindestsatz fordern könnte (BGH, Urteil vom 13. September 2001 – VII ZR 380/00; BGH, Versäumnisurteil vom 13. Januar 2005 – VII ZR 353/03), soweit der Senat aber eine Honorarrechnung zu überprüfen hat, geschieht dies gemäß den Grundsätzen der HOAI, die einen pauschalen Abschlag von 10% nicht vorsehen. Da die Honorarforderung des Klägers nicht unter der vom Senat ermittelten Summe liegt, dringt der Beklagte mit seiner hilfsweise erhobenen Forderung nicht durch.

Hinzu kommt, dass der vom Kläger gewährte Nachlass in Höhe von 10% lediglich in einer Teilrechnung aus dem Jahr 2016 zu finden ist (vgl. 2. Teilrechnung vom 1. Juni 2016, Seite 3, Bl. 402). Daraus lässt sich keinesfalls schließen und ist von dem Beklagten auch nicht bewiesen, dass der Kläger auf sämtliche Leistungen einen solchen Nachlass gewährt hätte.

4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Zur Begründung wird auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil, Seite 16 f., verwiesen. Ein Hinweis war gem. § 139 Abs. 2 ZPO entbehrlich, so dass eine Gehörsverletzung nicht in Betracht kommt.

Selbst wenn man diese aber annehmen wollte, hätte der Kläger im Rahmen seiner Berufungsbegründung die Möglichkeit gehabt, zu diesem Punkt Stellung zu beziehen und gegebenenfalls vorzutragen.

Ein Prozessbeteiligter muss die nach Lage der Sache gegebenen prozessualen Möglichkeiten ausschöpfen, um eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (BGH, Beschluss vom 17. März 2016 – IX ZR 211/14, Rn. 4 mwN). Diese Würdigung entspricht dem in § 295 ZPO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken, nach dessen Inhalt eine Partei eine Gehörsverletzung nicht mehr rügen kann, wenn sie die ihr nach Erkennen des Verstoßes verbliebene Möglichkeit zu einer Äußerung nicht genutzt hat (BGH, Beschluss vom 12. Februar 2020 – XII ZB 445/19, Rn. 13 f.).

Nach diesen Maßgaben hätte der Kläger nach Kenntnis der Rechtsposition des Landgerichts – was spätestens mit Zustellung des Urteils der Fall war – den gebotenen Vortrag halten können. Dies ist nicht erfolgt.

5. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren. Der Senat folgt der Ansicht des Landgerichts (siehe LGU, Seite 17). Der klägerische Prozessbevollmächtigte war bereits vor der Stellung der Schlussrechnung tätig, d.h. bevor der Beklagte mit einer Zahlung in Verzug gekommen war. Soweit der Kläger mit seiner Berufung rügt, dass später weitere Tätigkeiten notwendig gewesen seien, ist nicht vorgetragen, inwieweit dadurch ein weitergehender Gebührenanspruch im Innenverhältnis ausgelöst worden ist, der über den bereits bestehenden 1,3-fachen Gebührensatz hinausgeht.

Ein möglicher Verzug des Beklagten in Bezug auf Teilbeträge aus vorherigen Abschlagsrechnungen ist vom Kläger nicht dargelegt und wäre vom Landgericht auch nicht eigenständig unter Berücksichtigung der Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen herauszuarbeiten gewesen. Das Beweisangebot des Klägers bezog sich insoweit auf die Richtigkeit seiner Schlussrechnung. Ein Hinweis des Landgerichts war im Hinblick auf die Geltendmachung einer Nebenforderung nicht geboten, § 139 Abs. 2 ZPO. Im Übrigen wird auf die obigen Ausführungen zu den Pflichten eines Prozessbeteiligten verwiesen, denen der Kläger mit seiner Berufungsbegründung nicht nachgekommen ist.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts abweicht, so dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 ZPO.

V.

Die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren beruht auf § 3 ZPO, § 47 Abs. 1 GKG.

OLG Braunschweig zu der Frage, ob unbekannte Mängel eine konkludente Abnahme ausschließen

OLG Braunschweig zu der Frage, ob unbekannte Mängel eine konkludente Abnahme ausschließen

vorgestellt von Thomas Ax

Eine Abnahme kann nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent, d.h. durch schlüssiges Verhalten des Auftraggebers, erklärt werden. Konkludent handelt der Auftraggeber, wenn er dem Auftragnehmer gegenüber ohne ausdrückliche Erklärung erkennen lässt, dass er dessen Werk als im Wesentlichen vertragsgerecht billigt. Eine konkludente Abnahme kann im Regelfall nur angenommen werden, wenn alle vertraglich geschuldeten Leistungen erbracht sind. Das gilt jedoch nicht ausnahmslos. Unbekannte Mängel stehen einer konkludenten Abnahme grundsätzlich nicht entgegen. Wird die VOB/B nicht “als Ganzes” vereinbart, hält die Regelungen des § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B zur fiktiven Abnahme der Leistung einer AGB-Kontrolle nicht stand und ist unwirksam, wenn der Auftragnehmer Verwender der VOB/B ist.
OLG Braunschweig, Urteil vom 02.06.2022 – 8 U 205/21

vorhergehend:
LG Göttingen, 05.08.2021 – 8 O 50/20

nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 21.06.2023 – VII ZR 128/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Gründe

A.

Die Klägerin, ein Stahlbauunternehmen, nimmt den Beklagten für einen von ihr errichteten Milchviehstall (Boxenlaufstall) auf Zahlung restlichen Werklohns i.H.v. 166.629,38 Euro in Anspruch. Die Klägerin hat mit Schlussrechnung vom 28.12.2017 für die Werkleistungen insgesamt 388.302 Euro geltend gemacht und unter Abzug von seitens des Beklagten geleisteten Teilzahlungen auf Zwischenrechnungen in Höhe von (jeweils netto) 155.000 Euro und 93.277,31 Euro den streitgegenständlichen Restbetrag gefordert. Auf die mit der Schlussrechnung geltend gemachten Beträge entfiel ein Betrag i.H.v. 339.519 Euro auf ein am 03.04.2012 durch die Parteien geändertes Angebot vom 29.02.2012, ein Betrag von 40.000 Euro auf eine Nachtragsvereinbarung vom 08.01.2014 sowie weitere 8.783 Euro auf weitere kleinere Nachträge.

Für das von der Klägerin zu erstellende Werk war eine baurechtliche Genehmigung erforderlich. Die Baumaßnahme wurde auf Seiten des Beklagten durch einen von diesem beauftragten Architekten begleitet. Im Rahmen der nach dem Baurecht erforderlichen öffentlich-rechtlichen Prüfung wurde das Büro A. Beratende Ingenieure für Bauwesen als Prüfstatiker tätig.

Mit Schreiben vom 12.11.2014 (Anlage K 8) teilten die Prüfstatiker von A. dem Landkreis Göttingen – Amt für Kreisentwicklung und Bauen – zu dem streitgegenständlichen Bauvorhaben mit, dass für die Bauteile Dacheindeckung, Pfetten, Wandverkleidung, Wandriegel, Dachverband, Wandverband und Koppelprofile sowie Wandansichten noch die Konstruktionszeichnungen fehlten und diese noch zur Prüfung vorzulegen seien. Ferner wurde seitens der Prüfstatiker darauf hingewiesen, dass die vorliegenden Konstruktionszeichnungen in Geometrie und Profilen abweichend von den geprüften Berechnungen angefertigt worden seien. Ferner sei für die geänderte Dacheindeckung und die Pfetten noch ein statischer Nachweis zur Prüfung vorzulegen. Daraufhin schrieb der Landkreis Göttingen den Beklagten am 19.03.2015 (Anlage K 9) unter Beifügung des vorgenannten Schreibens der Prüfstatiker an und wies darauf hin, dass Konstruktionspläne und Nachweise über die geänderte Dacheindeckung fehlen würden. Dabei wurde ferner darauf hingewiesen, dass in Abstimmung mit dem Prüfstatiker auch eine Nutzungsuntersagung oder teilweise Nutzungsuntersagung in Erwägung gezogen werden könne. Aufgrund des Schreibens des Landkreises rief der Beklagte zudem den von ihm beauftragten Architekten an, der sich des Vorgangs annehmen sollte. Der Beklagte forderte zudem die Klägerin mit E-Mail vom 20.04.2015 (Anlage K 10) auf, die von den Prüfstatikern geforderten Unterlagen beizubringen. Hierauf ließ die Klägerin durch die Firma S. Montage GmbH einen Nachtrag zur Statik anfertigen, der ergab, dass noch Ertüchtigungsmaßnahmen durchzuführen waren. Diese Statik übermittelte die Firma S. Montage GmbH mit E-Mail vom 12.10.2015 (Anlage K 11) den Prüfstatikern mit der Bitte um Kenntnisnahme und Rückruf über die weitere Vorgehensweise. Seitens der Prüfstatiker wurde der Nachtrag zur Statik wiederum mit E-Mail vom 07.12.2015 an die Klägerin weitergeleitet. Der Beklagte erhob gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 12.01.2018 die Einrede der Verjährung. Mit Schreiben vom 13.02.2018 übermittelte der Prüfstatiker dem Beklagten einen Kontrollbericht über die von ihm gem. § 76 NBauO durchgeführte Kontrolle bezogen auf die statische und konstruktive Ausführung der von der Klägerin erstellten Stahlkonstruktion. In dem Kontrollbericht waren insgesamt drei Beanstandungen aufgeführt, zu deren Beseitigung der Beklagte aufgefordert wurde. Beanstandet wurde, dass noch eine fehlende Druckstrebe – wie in dem Nachtrag der Firma S. Montage GmbH – einzubauen sei, ferner eine Längskopplung bzw. alternativ ein zusätzlicher Wandverband und eine Durchkopplung mit Zugstangen. Wie in dem vorgenannten Nachtrag zur Statik der Firma S. Montage GmbH angegeben, wurde zudem gefordert, zusätzliche Druckrohre in der Dachebene einzubauen. Diesen Bericht – der nach dem dort aufgeführten Verteiler auch dem von dem Beklagten beauftragten Architekten per E-Mail übermittelt wurde – leitete der Beklagte nicht an die Klägerin weiter, auch eine anderweitige Informierung erfolgte nicht. Insbesondere erfolgte auch keine Mängelrüge seitens des Beklagten. Die durchzuführenden Maßnahmen zur Ertüchtigung der Statik führte er in der Folge in Eigenleistung durch.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (LGU, S.2 f, Bl. 164 Rücks. f. d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Zahlung des restlichen Werklohns in Höhe von 166.629,38 Euro nach § 631 Abs. 1 BGB zu, da der Beklagte nach § 214 Abs. 1 BGB berechtigt sei, die Zahlung der Klageforderung zu verweigern. Der Anspruch sei verjährt.

Die Geltung der VOB/B sei zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Diese seien nicht nach § 305 Abs. 2 und 3 BGB Bestandteil des Vertrages geworden. Es sei davon auszugehen, dass dem Beklagten, der gewerbsmäßig Landwirtschaft betreibe, die VOB nicht vertraut sein dürfte, ein bloßer Hinweis auf die Geltung derselben reiche daher nicht aus. Vielmehr sei das Einverständnis des Vertragspartners notwendige Voraussetzung für deren Einbeziehung. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin habe eine Einbeziehung der VOB/B in das Vertragsverhältnis nicht schlüssig vorgetragen. Dem Angebot vom 29.02.2012 sowie der Auftragsbestätigung vom 14.04.2013 lasse sich ein Hinweis auf die Geltung der VOB/B auf der Vorderseite nicht entnehmen, es sei daher unerheblich, ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin tatsächlich auf der Rückseite abgedruckt gewesen seien.

Selbst wenn der Hinweis auf die Geltung der VOB/B und ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen auf der als Anlage K 5 aktenkundigen Privaturkunde vom 08.01.2014 bei der Unterschriftsleistung durch den Beklagten vorhanden gewesen wäre, begründe dies keine wirksame Einbeziehung hinsichtlich des Hauptauftrages. Es sei darüber hinaus auch nicht dargetan, dass sich auf dem Original des Schriftstücks auf der Rückseite ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen befunden hätten. Nach Einsichtnahme der im Verhandlungstermin vom 15.07.2021 vorgelegten Originalurkunden sei festzustellen gewesen, dass sich auf keiner der Urkunden auf der Rückseite abgedruckte AGB befunden hätten.

Es sei danach von einem BGB-Werkvertrag auszugehen und einer Verjährungsfrist von drei Jahren gem. § 195 BGB. Der Werklohnanspruch der Klägerin sei spätestens im November 2015 gem. § 641 BGB zur Zahlung fällig geworden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Beklagte das Werk konkludent durch Ingebrauchnahme noch im Jahr 2015 abgenommen habe. Die Klägerin trage unwidersprochen vor, dass der Beklagte das Objekt seit August 2015 ohne Beanstandungen nutze, worin eine konkludente Abnahme zu sehen sei. Dem stehe auch nicht die – zugunsten der Klägerin als wahr unterstellte – Behauptung entgegen, dass von dieser noch in 2016/2017 Unterlagen an den Prüfstatiker übersandt worden seien. Denn dies begründe nicht die Annahme, die zu errichtende Stallanlage sei nicht im Jahre 2015 funktional fertig gestellt worden. Dass die Genehmigung des Statikers nicht erteilt worden sei bzw. die Statik mangelbehaftet gewesen sei, habe die Klägerin nicht vorgetragen. Dass die Erklärung zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Stalls nicht vorgelegen habe, hindere die konkludente Abnahme nicht. Angesicht der unstreitigen Nutzung durch Einzug der Viehherde sei spätestens seit August 2015 von einer Benutzung des im Wesentlichen fertig gestellten Werks auszugehen. Da unstreitig Mängel nicht gerügt worden seien, habe die Klägerin davon ausgehen können, dass der Besteller das Werk als vertragsgerechte Leistung akzeptierte.

Vorliegend sei eine Prüffrist von 12 Wochen als ausreichend anzusehen. Da die Erstellung einer prüffähigen Schlussrechnung nicht Fälligkeitsvoraussetzung sei, sei der Anspruch auf Werklohnzahlung mit Ablauf des 11.11.2015 zur Zahlung fällig geworden. Die regelmäßige Verjährung habe nach § 199 BGB am 31.12.2015 zu laufen begonnen und sei am 31.12.2018 abgelaufen. Die Klage sei am 12.12.2019, mithin nach Ablauf der Verjährungsfrist, bei dem Landgericht Leipzig eingegangen.

Die Klägerin habe nicht bewiesen, dass das von ihr zu errichtende Werk im Jahre 2015 nicht im Wesentlichen vertragsgerecht fertiggestellt gewesen sei. Der für die Einrede der Verjährung darlegungs- und beweisbelastete Beklagte habe bewiesen, dass im Jahr 2016 keine Arbeiten mehr an dem Stallgebäude durch Mitarbeiter der Klägerin durchgeführt worden seien. Der Zeuge B. habe bestätigt, dass der Stall im Jahre 2016 fertiggestellt gewesen sei und keine Arbeiten mehr ausgeführt worden seien und das Bauwerk bereits am 04.04.2015 ohne weitere Beeinträchtigung zum Einstellen der Viehherde nutzbar gewesen sei. Die Aussage werde im Kern durch die Angaben des Zeugen H. bestätigt, der angegeben habe, dass im Jahre 2014 noch ausstehende Restarbeiten (Fallrohre und Vogelschutznetze) bereits im Jahr 2015 erledigt worden seien. Demgegenüber sei die Aussage des Zeugen D. wenig ergiebig gewesen, dieser habe auch nicht nachvollziehbar begründen können, warum die wesentlichen Arbeiten der Klägerin bereits im Jahr 2015 erledigt gewesen sein sollen. Dieser sei sich auch nicht sicher gewesen, noch 2016 auf der Baustelle gewesen zu sein. Es sei daher davon auszugehen, dass die Arbeiten an dem Bauvorhaben Ende 2015 durchgeführt worden sein dürften.

Einen Antrag der Klägerin auf Schriftsatznachlass nach § 283 ZPO hat das Landgericht zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 15.07.2021 überreichte Schriftsatz unter Verletzung von § 296 Abs. 2 ZPO eingereicht worden sei. Der Vortrag sei für die zu treffende Entscheidung unerheblich gewesen, sodass der Klägerin dazu neuer Vortrag nicht zu eröffnen gewesen sei. Auch aufgrund des nicht nachgelassenen klägerischen Schriftsatzes vom 29.07.2021 habe kein Grund bestanden, gem. § 156 ZPO wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten. Die Pflicht des Auftraggebers, die Leistungen des Auftragnehmers bei Abnahmereife abzunehmen, lasse sein Recht unberührt, dies auch freiwillig schon vorher zu tun. Sofern der Auftraggeber abnehme, würden die Erfüllungswirkungen der Abnahme unabhängig davon eintreten, ob die abgenommene Werkleistung abnahmereif und damit erfüllungstauglich gewesen sei. Die Klägerin habe insoweit nicht hinreichend vorgetragen, dass sie aufgrund der geänderten beauftragten Dachausführung vertraglich zur Erstellung einer Nachtragsstatik berechtigt gewesen sei. Dies lasse sich dem Nachtrag der Anlage K 5 nicht entnehmen. Das durch die Ausführung vorgeschriebene Sicherheitsstandards nicht eingehalten worden seien, könne nicht als Indiz für die mangelnde Abnahmereife des Bauwerks herangezogen werden.

Mangels Bestehens der Hauptforderung seien auch keine Nebenforderungen zuzuerkennen.

Die Klägerin hat gegen dieses ihr am 09.08.2021 zugestellte (Bl. 173 d.A.) Urteil mit Schriftsatz vom 06.09.2021, bei dem Oberlandesgericht Braunschweig eingegangen am selben Tage (Bl. 185 d.A.), Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 26.10.2021, eingegangen am selben Tage (Bl. 196 d.A.) begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf Antrag der Klägerin vom 04.10.2021 (Bl. 191 d.A.) bis zum 26.10.2021 (Bl. 192 d.A.) verlängert worden war.

Die Klägerin greift das erstinstanzliche Urteil in vollem Umfang an und begehrt mit dem Hauptantrag – wie erstinstanzlich beantragt – die Zahlung des Werklohns i.H.v. 166.629,38 Euro nebst Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren.

Die Klägerin meint, dass das Landgericht die Anforderungen der Rechtsprechung zur Einbeziehung der VOB/B zwischen Unternehmern verkannt habe. Sie habe vorgetragen, dass sowohl auf der Rückseite des Angebots als auch auf der Rückseite der Auftragsbestätigung ihre AGB abgedruckt gewesen seien, die auf die Geltung der VOB/B verwiesen hätten. Sie habe zudem ausgeführt, dass in einer Nachtragsvereinbarung vom 08.01.2014 (K 5) sowohl auf die ursprüngliche Auftragsbestätigung, als auch auf die Geltung der VOB/B verwiesen worden sei. Der Beklagte sei auch Unternehmer. Dies reiche als schlüssiger Vortrag zur Einbeziehung der VOB/B aus. Für Unternehmer fänden die Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 und 3 BGB – auch hinsichtlich der VOB/B – gem. § 310 Abs. 1 BGB keine Anwendung. Zwischen Unternehmern würden AGB mangels Widerspruchs auch dann Vertragsinhalt, wenn sie nicht Gegenstand der Vertragsverhandlungen oder nicht beigefügt gewesen seien. Umso mehr sei dies der Fall, wenn diese – wie hier – gerade beigefügt gewesen seien. Die AGB seien unstreitig auf der Rückseite des Auftragsbestätigungsschreibens Anlagen K 3 und K 4 abgedruckt gewesen. Der Beklagte habe diese erhalten und der Einbeziehung nicht widersprochen, sodass diese Vertragsbestandteil geworden seien. Die Auftragsbestätigung (K 3) sei auch nicht erst nach Vertragsschluss übersandt worden, sondern diese habe ihr Angebot dargestellt.

Das im Jahr 2012 seitens der Klägerin unterbreitete Angebot habe der Beklagte während der Besprechung nicht angenommen und erst Anfang April 2013 das Angebot beauftragt. Darin habe ein neues Angebot des Beklagten nach § 150 Abs. 1 i.V.m. § 147 Abs. 1 S.1 BGB gelegen, welches sie, die Klägerin, mit der Auftragsbestätigung (Anlage K 3) unter Beifügung ihrer AGB angenommen habe. Dabei habe es sich um eine Annahme unter Änderungen und damit um ein neues Angebot i.S.v. § 150 Abs. 2 BGB gehandelt. Es komme insoweit nicht darauf an, ob dem Beklagten als Landwirt die VOB/B vertraut gewesen seien.

Danach seien die VOB/B bereits bei Vertragsschluss wirksam vereinbart gewesen. Ungeachtet dessen sei auch eine nachträgliche Einbeziehung der VOB/B möglich, was hier ebenfalls anzunehmen sei, da nachträglich zusätzliche Leistungen zum Hauptauftrag vereinbart worden seien, mithin eine Änderung des Hauptauftrages erfolgt sei. In diesem Zusammenhang sei auch die Geltung der VOB/B vereinbart worden, und zwar nicht nur für Nachtragsleistungen, sondern für den gesamten Vertrag. Zwar habe der Beklagte bestritten, dass der betreffende Hinweis auf der von ihm unterzeichneten Urkunde des Nachtrags vorhanden gewesen sei, hierzu seien die Parteien indes nur angehört und nicht vernommen worden, sodass Aussage gegen Aussage stehe. Insoweit sei ihrerseits auch Parteivernehmung beantragt worden. Dies sei nicht erfolgt, da zu ihren Gunsten unterstellt worden sei, dass der Hinweis auf dem Nachtrag enthalten gewesen sei.

Die Leistungen seien bislang auch nicht wirksam abgenommen worden. Hierzu seien ihrerseits mit Schriftsatz vom 29.07.2021 neue Sachverhalte vorgetragen worden, die erst in der mündlichen Verhandlung bekannt geworden seien. Der Prüfstatiker habe das Bauordnungsamt mit Schreiben vom 12.11.2014 (Anlage K 8) darüber informiert, dass für das Bauvorhaben Konstruktionszeichnungen gefehlt hätten und Zeichnungen abweichend von der geprüften Berechnung angefertigt worden seien und noch ein statischer Nachweis vorzulegen sei. Das Bauordnungsamt habe den Beklagten hierüber auch mit Schreiben vom 19.03.2015 (Anlage K 9) informiert. Mit Schreiben vom 20.04.2015 (Anlage K 10) habe der Beklagte die Klägerin aufgefordert, die Unterlagen beim Prüfstatiker einzureichen, was auch erfolgt sei (Anlage K 11). Hierzu habe sie, die Klägerin, in der Folge keine Informationen mehr erhalten. Erst aufgrund von Hinweisen im Verhandlungstermin habe sie den bauleitenden Architekten der Beklagten kontaktiert, der ihr am 29.07.2021 einen Kontrollbericht des Prüfstatikers vom 13.02.2018 übermittelt habe (Anlage K 12), der drei Beanstandungen an der Dachkonstruktion enthalte, die erheblich seien, da diese unmittelbar die Statik der Dachkonstruktion betreffen würden. Der Beklagte hätte in der Folge die Klägerin über das Prüfergebnis informieren und die Klägerin zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen auffordern müssen. Eine stillschweigende Abnahme komme nur in Betracht, wenn das Werk im Wesentlichen mangelfrei hergestellt sei. Im konkreten Fall hätten jedoch noch wesentliche Vertragsleistungen ausgestanden, sodass von einer konkludenten Abnahme nicht ausgegangen werden könne. Dem Beklagten sei aufgrund des Schriftverkehrs auch bekannt gewesen, dass wesentliche Leistungen noch nicht fertiggestellt gewesen seien. Mangels Abnahme sei die Schlussrechnung daher bis heute nicht fällig.

Der Schriftsatz vom 29.07.2021 sei – trotz Antrags in der mündlichen Verhandlung – vom Landgericht nicht nachgelassen worden. Der Kontrollbericht vom 13.02.2018 sei ausschließlich an den Beklagten und seinen Architekten übersandt worden. Hierüber habe sie, die Klägerin, keine Information erhalten, noch sei sie aufgefordert worden, die dort genannten Maßnahmen noch auszuführen. Sie habe daher davon ausgehen müssen, dass der Beklagte die Leistungen anderweitig beauftragt habe. Ihr sei aufgrund des Schriftverkehrs mit dem Bauordnungsamt im Jahr 2015 (Anlagen K 8 und K 9) bekannt gewesen, dass dem Beklagten andernfalls eine Nutzungsuntersagung drohe. Eine stillschweigende Abnahme, wie sie das Landgericht bejaht habe, komme nur in Betracht, wenn das Werk im Wesentlichen mangelfrei fertiggestellt sei. Sofern – wie hier – noch wesentliche Vertragsleistungen ausstünden, könne eine konkludente Abnahme regelmäßig nicht angenommen werden. Aufgrund des Schriftverkehrs zwischen dem vom Beklagten beauftragten Prüfstatiker von AMK vom 12.11.2014 (Anlage K 8), den Schreiben des Bauordnungsamts vom 05.02.2015 und 19.03.2015 (Anlage K 9), der E-Mail des Beklagten vom 20.04.2015 (Anlage K 10) und der E-Mail der S. Montage GmbH vom 12.10.2015 (Anlage K 11) sei dem Beklagten auch schon im November 2015 bekannt gewesen, dass wesentliche Leistungen noch nicht fertiggestellt gewesen seien. Unter diesen Umständen komme eine konkludente Abnahme zu diesem und auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht in Betracht.

Mangels Abnahme sei die Schlussrechnungsforderung daher bis heute nicht fällig, woraus der Hilfsantrag resultiere. Da der Werklohnanspruch der Klägerin nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B erst mit Übersendung einer prüffähigen Schlussrechnung fällig geworden sei und die Schlussrechnung vom 28.12.2017 (Anlage K 6) datiere, sei die am 12.12.2019 eingereichte Klage vor Eintritt der Verjährung erhoben worden.

Die Klägerin beantragt,

1. unter Abänderung des am 05.08.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Göttingen, Az. 8 O 50/20, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin EUR 166.629,38 nebst Zinsen hieraus von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.01.2019 sowie vorgerichtliche Kosten von EUR 2.415,90 (RA-Gebühr) nebst Zinsen hieraus von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht eine Abnahme der Leistungen der Klägerin durch den Beklagten verneint, beantragt die Klägerin unter Abänderung des am 05.08.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Göttingen, Az. 8 O 50/20, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin EUR 166.629,38 Zug um Zug gegen Ausführung der vom Prüfstatiker Dipl.-Ing. K. mit Kontrollbericht Nr. 8 vom 13.02.2018 (Anlage K 12) unter Ziffern 2.) bis 4.) festgelegten Leistungen zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sofern der Schriftsatz vom 29.07.2021 neuen Vortrag enthalte, sei dieser als verspätet zurückzuweisen. Der Schriftsatz vom 15.07.2021 beziehe sich ausschließlich auf die Themenkomplexe Einbeziehung der VOB/B und AGB. Selbst im Falle der Gewährung eines Schriftsatznachlasses wäre die Klägerin mit nicht auf diesen Schriftsatz bezogenem Sachverhalt präkludiert. Dies gelte insbesondere deshalb, weil sie noch in der Klageschrift ausdrücklich die Abnahme fordere.

Das Berufungsgericht sei auch an die Feststellungen des Landgerichts gebunden, in denen es heiße:

“Die Klägerin behauptet weiter, der Beklagte nutze das Objekt seit August 2015 ohne Beanstandung, ihre Leistung sei vertragsgerecht und mangelfrei – was unstreitig ist -.”

Er habe nicht davon ausgehen können und müssen, dass die Statik der Halle fehlerhaft gewesen sei und dies einen Mangel darstellen könne. Die Klägerin habe ihre Schlussrechnung gestellt und damit konkludent vorgetragen, dass ihr Werk mangelfrei, vollständig fertiggestellt und abgenommen sei. Dies entspreche auch dem Vortrag aus der Klageschrift. Er habe die Einrede der Verjährung auch bereits mit Schreiben vom 12.01.2018 erhoben und damit vor dem Kontrollbericht des Prüfstatikers vom 13.02.2018. Bis zu diesem Zeitpunkt sei ihm ein irgendwie gearteter Mangel an der Statik des Bauvorhabens gänzlich unbekannt gewesen.

Im Übrigen habe die Klägerin selbst ihre eigenen Eingaben an den Prüfingenieur gemäß Anlage K 11 nicht als abnahmehindernd gewertet, da sie andernfalls das Werk nicht schlussgerechnet und Zahlung verlangt hätte. Wenn beide Parteien das Werk für abnahmereif halten würden und eine konkludente Abnahme durch Inbenutzungnahme erfolge, könnten im Nachhinein bekannt gewordene Mängel daran nichts mehr ändern. Da die Klägerin die angeblich noch notwendigen Leistungen nicht ausgeführt habe, befände sich das Bauvorhaben nach deren Vortrag noch in der Erfüllungsphase. Gleichwohl habe die Klägerin die Schlussrechnung erstellt und Zahlung verlangt. Sie sei danach gehindert, sich auf den mit der Anlage K 12 vorgelegten Prüfbericht zu berufen. Diese Umstände hätten sich auch nicht erst nach dem Termin am 15.07.2021 ergeben.

Die VOB/B und die AGB der Klägerin seien nicht wirksam einbezogen worden. Auf den Rückseiten der Originalurkunden des Angebots vom 19.02.2012 sowie des Nachtrages vom 08.01.2014 seien die AGB der Klägerin nicht enthalten gewesen. Auch dürfte eine Einbeziehung der VOB/B durch AGB nicht möglich sein, da eine Vertragspartei nicht damit rechnen müsse, dass mit einseitig gestellten AGB weitere nicht vorgelegte AGB einbezogen werden sollten. Abgesehen davon könne eine nachträgliche rückwirkende Einbeziehung der VOB/B in ein laufendes Vertragsverhältnis durch das Nachtragsangebot nicht erfolgen. Soweit sich auf der von der Klägerin vorgelegten Anlage K 5 ein Zusatz befinde:

“Dieser Nachtrag gilt als Ergänzung zu AB-MR.2012-20004 v. 14.04.2013 in Verbindung mit der aktuell gültigen VOB und unseren umseitigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen”,

sei dies nachträglich aufgedruckt worden und habe sich auf dem von ihm, dem Beklagten, unterzeichneten Exemplar nicht befunden. Darüber hinaus bewirke allein der Abdruck der AGB auf der Rückseite der Auftragsbestätigung noch keine Einbeziehung. Diese sei auch kein neues Angebot gewesen. Bezogen auf die Auftragsbestätigung vom 14.04.2013 sei anzuführen, dass eine Vertragspartei auch nicht damit rechnen müsse, dass ohne ausdrücklichen Hinweis und ohne Erwähnung in dem Auftragstext selbst, bisher nicht vorgelegte, auf der Rückseite des Auftrags verkehrt herum aufgedruckte AGB wirksamer Vertragsbestandteil werden, welche wiederum einen Verweis auf weitere AGB, nämlich die VOB/B, enthalten.

Da ein Hinweis auf die AGB nicht vorhanden sei, sei keine wirksame Einbeziehung der AGB erfolgt. Eine Geltung von AGB durch unkommentiertes, nachträgliches Unterschieben eines Textes auf der Rückseite einer Auftragsbestätigung – womit er auch nicht habe rechnen müssen – komme nicht in Betracht. Darüber hinaus sei auch zu beachten, dass er Landwirt sei und kein Kaufmann. Die Rechtsprechung für kaufmännische Bestätigungsschreiben sei daher auf ihn nicht anwendbar. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass er gewerblich Landwirtschaft betreibe. Er sei auch kein Bauunternehmer.

Soweit die Klägerin nunmehr vortrage, dass das Bauvorhaben mangelhaft und nicht abnahmereif sei, setze sich diese damit in Widerspruch zu ihrem erstinstanzlichen Vortrag. Gründe, der verspätete klägerische Vortrag nachträglich zuzulassen wäre, seien nicht ersichtlich. Insbesondere sei nicht ersichtlich, warum die Klägerin hierzu nicht schon in der Klageschrift hätte vortragen können. Die angeblichen Mängel des Bauvorhabens seien der Klägerin selbst durch das von ihr beauftragte Unternehmen S. Montage GmbH bereits seit dem Jahr 2015 bekannt. Gleichwohl habe diese konkludent durch Stellung der Schlussrechnung und ausdrücklich in der Klageschrift Abnahmereife und Abnahme des Baus behauptet, was nur als unlauter bezeichnet werden könne. Für ihn habe es sich so dargestellt, dass zwar noch Unterlagen nachzureichen gewesen seien, aber an der Vollständigkeit und Abnahmereife der Werkleistungen der Klägerin kein Zweifel bestanden habe. Er habe nach Abschluss der Arbeiten bis zur Stellung der Schlussrechnung nichts weiter von der Klägerin gehört. Ihm hätten keine Erkenntnisse vorgelegen, wonach Mängel vorliegen würden. Solche hätte er ansonsten gegenüber der Klägerin gerügt.

Auch der Hilfsantrag sei unbegründet. Es sei keine Rechtsgrundlage ersichtlich, wonach er zur Zahlung Zug um Zug verpflichtet sein sollte.

Die Klägerin hat hierauf mit Schriftsatz vom 13.01.2021 erwidert und weiter vorgetragen, dass sie keinesfalls schon im Jahr 2015 von einer Fertigstellung und damit einer konkludenten Abnahme ihrer Leistungen ausgegangen sei. Grund sei, dass sie angenommen habe, dass sie noch im Jahr 2016 aus ihrer Sicht wesentliche Leistungen erbracht habe. Zum anderen sei sie jedenfalls bis Ende 2017 davon ausgegangen, dass noch statische Ertüchtigungen der Stahlkonstruktion notwendig seien. Ihre Nachunternehmerin, die mit der kompletten Statik beauftragte S. Montage GmbH, habe vom Prüfstatiker geforderte Unterlagen bei diesem eingereicht. Sie habe in der Folge auf eine Reaktion oder Information des Beklagten zum Ergebnis der geprüften statischen Nachträge und der daraus noch erforderlichen Arbeiten gewartet. Nachdem sie im gesamten Jahr 2016 und 2017 hierzu nichts mehr gehört habe, sei sie Ende 2017 davon ausgegangen, dass der Beklagte die Arbeiten, die sich aus ihrer Sicht aus den Nachforderungen des Prüfstatikers von 2015 noch ergeben mussten, anderweitig beauftragt hatte. Aufgrund dieses aus ihrer Sicht bis dahin offenen Punktes habe sie die Schlussrechnung erst am 28.12.2017 gestellt. Es habe damit im Jahr 2015 an einer Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis einer vom Landgericht angenommenen konkludenten Abnahme gefehlt, erst Ende 2017 sei sie davon ausgegangen, dass die Leistungen fertig gestellt sein mussten.

Die Verjährungsfrist habe danach frühestens am 31.12.2017 zu laufen begonnen. Ausgehend von einer wirksamen Vereinbarung der VOB/B, gelte die Leistung nach § 12 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B als am 12.01.2018 abgenommen. Andernfalls ergebe sich die Abnahme aus § 640 Abs. 1 S. 3 BGB. Mit Schriftsatz vom 12.12.2019 habe sie den Beklagten aufgefordert, die Abnahme spätestens innerhalb von 14 Kalendertagen nach Zustellung der Klage zu erklären, worauf der Beklagte nicht reagiert habe. Die Leistung sei daher nach Zustellung spätestens seit 30.01.2020 abgenommen.

Der Beklagte hat mit weiterem Schriftsatz vom 25.01.2022 entgegnet, dass die Klägerin mit der Klageschrift selbst vorgetragen habe, dass sie davon ausgegangen sei, dass ihre Leistung mangelfrei und vollständig erbracht sei, der Beklagte diese ohne Beanstandungen nutze. Daraus gehe eindeutig hervor, dass die Klägerin vollständige Kenntnis der Umstände gehabt habe, welche die konkludente Abnahme begründeten, und dies auch bereits im Jahr 2015. Diese Kenntnis ergebe sich auch daraus, dass die Klägerin ihre Schlussrechnung erteilt habe. Wenn die Klägerin im Jahr 2017 der Ansicht gewesen sei, dass die Schlusszahlung fällig sei, müsse ihr dies auch schon im Jahr 2015 klar gewesen sein, jedenfalls müssten ihr die den Anspruch begründenden Umstände, nämlich vollständige mangelfreie Leistungserbringung und konkludente Abnahme, bekannt gewesen sein. Ansonsten hätte sie vor Stellung der Schlussrechnung noch weitere Arbeiten ausführen oder ihn zu einer irgendwie gearteten Mitwirkung auffordern müssen. Dies habe die Klägerin jedoch nicht getan. Erst im Verlauf des Rechtsstreits habe die Klägerin plötzlich abweichend von ihren Ausführungen aus der Klageschrift behauptet, dass ihre Leistungen weder abgenommen noch vollständig seien. Neuer Vortrag aus dem nicht nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 29.07.2021 sei als verspätet zurückzuweisen. Die mit dem Bericht vom 13.02.2018 (Anlage K 12) vorgelegte Beanstandung könne die Abnahme im Jahr 2015 nicht gehindert haben. Er habe vielmehr davon ausgehen dürfen, dass die Angelegenheit durch die Anlage K 11 ihre Erledigung gefunden habe. Die Klägerin habe auch keinen Antrag auf Tatbestandsberichtigung gestellt, es sei daher von den Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil auszugehen.

Zu diesem Vorbringen des Beklagten hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 16.03.2022 ergänzend Stellung genommen und weiter vorgetragen, dass sie zum Zeitpunkt der Klageerhebung tatsächlich davon ausgegangen sei, dass ihre Leistung mangelfrei und vertragsgerecht sei. Dies sage aber nichts darüber aus, wann sie von einer konkludenten Abnahme ausgegangen sei. Der Vortrag zur Abnahmereife sei – wie mit Schriftsatz vom 29.07.2021 dargetan – nicht verspätet. Der Beklagte trage die Beweislast dafür, dass sie, die Klägerin, bereits im Jahr 2015 Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen gehabt habe. Dazu sei nichts vorgetragen, das bloße Bestreiten reiche nicht aus.

Auf den vom Senat in der mündlichen Verhandlung gewährten Schriftsatznachlass hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 04.05.2022 ausgeführt, dass auf den streitgegenständlichen Werkvertrag das BGB i.d.F. vor dem 01.01.2018 anzuwenden sei. Ausgehend von der Annahme, dass das Werk wegen der noch vorzunehmenden Ertüchtigungsmaßnahmen noch nicht fertiggestellt sei, fehle es nach wie vor an einer Abnahme. Hilfsweise hat sich der Beklagte auf die Geltung der VOB/B berufen. Nach § 12 Abs.5 VOB/B sei danach im Jahr 2015 eine Abnahme eingetreten. Auf das Erfordernis der Stellung einer Schlussrechnung könne sich der Kläger nicht berufen, da die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart worden sei. Die zusätzlich vereinbarten AGB der Klägerin würden in vielfacher Hinsicht von wesentlichen Regelungen der VOB/B abweichen, sodass AGB und VOB/B der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegen würden. § 16 Abs.3 Nr. 1 VOB/B sei daher zugunsten des Beklagten unwirksam. Die Klägerin handele auch rechtsmissbräuchlich, da sie ihren Anspruch in der Klageschrift mit der Mangelfreiheit ihres Werkes, später dagegen mit einer fiktiven Abnahme trotz bekannter schwerwiegender Baumängel begründe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die Parteien ergänzend angehört. Insoweit wird auf das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 07.04.2022 (Bl. 249 – 252 d. A.) verwiesen.

B.

Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.

I.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Werklohns in Höhe von 166.629,38 Euro gem. § 631 Abs. 1 BGB a. F. zu.

1. Zwischen den Parteien ist im Jahr 2013 ein wirksamer Werkvertrag gem. § 631 BGB über die Errichtung eines Milchviehstalls zustande gekommen. So übersandte die Klägerin dem Beklagten zunächst ein auf den 29.02.2012 datierendes Angebot. Über dieses Angebot verhandelten die Parteien am 03.04.2012 und es erfolgte die handschriftliche Abänderung verschiedener Positionen. Anfang des Jahres 2013 kam es dann auf Basis der Verhandlungen vom 03.04.2012 zur Auftragserteilung durch den Beklagten über die Errichtung des Stalls zu einem Betrag von 339.519 Euro, die die Klägerin mit Auftragsbestätigung vom 14.04.2013 schriftlich bestätigte. Eine Ende 2013/Anfang 2014 vereinbarte Änderung der Dacheindeckung und weitere zusätzliche Kosten hierfür i.H.v. 40.000 Euro wurde mit Nachtragsvereinbarung vom 08.01.2014 fixiert. Daneben vereinbarten die Parteien die weiteren in der Schlussrechnung vom 28.12.2017 aufgeführten Nachträge – wegen deren Einzelheiten auf die Schlussrechnung Bezug genommen wird – über insgesamt 8.783 Euro. Für das Schuldverhältnis gilt gem. Art. 229, § 39 EGBGB das BGB in der bis zum 01.01.2018 geltenden Fassung.

Unter Abzug der auf Grundlage dieser vertraglichen Vereinbarungen erfolgten Teilzahlungen von insgesamt 248.277,31 Euro (netto) auf den Gesamtbetrag i.H.v. 388.302 Euro (brutto) verbleibt – wie von der Klägerin geltend gemacht – der zuerkannte Restbetrag von 166.629,38 Euro (brutto).

2. Der restliche Werklohnanspruch ist auch durchsetzbar. Die Forderung ist fällig (a.), dem Beklagten steht auch kein Leistungsverweigerungsrecht zu (b.):

a. Die Vergütung der Klägerin ist gemäß § 641 Abs. 1 BGB fällig. Der Beklagte hat das Werk im Jahr 2018 konkludent abgenommen.

aa. Eine Abnahme kann nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent, d. h. durch schlüssiges Verhalten des Auftraggebers, erklärt werden. Konkludent handelt der Auftraggeber, wenn er dem Auftragnehmer gegenüber ohne ausdrückliche Erklärung erkennen lässt, dass er dessen Werk als im Wesentlichen vertragsgerecht billigt. Erforderlich ist ein tatsächliches Verhalten des Auftraggebers, das geeignet ist, seinen Abnahmewillen dem Auftragnehmer gegenüber eindeutig und schlüssig zum Ausdruck zu bringen. Ob eine konkludente Abnahme vorliegt, beurteilt sich grundsätzlich nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. BGH, Urt. v. 20.02.2014 – VII ZR 26/12, Tz. 15 – BauR 2014, 1023). Dabei kann eine konkludente Abnahme im Regelfall nur angenommen werden, wenn alle vertraglich geschuldeten Leistungen erbracht sind (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 18). Die Vollendung des Werks ist jedoch nicht ausnahmslos Voraussetzung für eine konkludente Abnahme, da es stets maßgeblich darauf ankommt, ob nach den gesamten Umständen das Verhalten des Auftraggebers vom Auftragnehmer dahin verstanden werden kann, er billige die erbrachte Leistung als im Wesentlichen vertragsgerecht (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 18). Eine konkludente Abnahme kommt dementsprechend in Betracht, wenn das Werk jedenfalls nach den Vorstellungen des Auftraggebers im Wesentlichen mangelfrei fertiggestellt ist und der Auftragnehmer das Verhalten des Auftraggebers als Billigung seiner erbrachten Leistung als im Wesentlichen vertragsgerecht verstehen darf (vgl. Jurgeleit in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., 3. Teil Rn. 54). Darüber hinaus stehen Mängel einer konkludenten Abnahme nur dann entgegen, wenn der Unternehmer wegen ihres Vorliegens oder vom Besteller behaupteten Vorliegens nicht davon ausgehen kann, der Besteller würde das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß hergestellt hinnehmen. Hiervon kann regelmäßig nur ausgegangen werden, wenn die Mängel den Vertragsparteien bekannt bzw. durch den Besteller gerügt sind. Unbekannte Mängel stehen einer konkludenten Abnahme daher grundsätzlich nicht entgegen (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 05.07.2012 – 12 U 231/11 -; OLG München, Urteil vom 10.11.2015 – 9 U 4218/14, Tz. 42 – BauR 2016, 846; Oppler in Ingenstau/Korbion, VOB, 20. Auflage, § 12 Abs. 1 VOB/B Rd-Nr. 15). Es kommt nicht darauf an, ob tatsächlich Mängel bestehen, sondern darauf, ob der Auftragnehmer annehmen darf, dass aus der Sicht des Auftraggebers das Werk im Wesentlichen mängelfrei hergestellt ist, etwa weil sich Mängel noch nicht gezeigt haben und er durch sein Verhalten die Billigung des Werkes zum Ausdruck gebracht hat (vgl. OLG München, a.a.O., Tz. 43; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage, 3. Teil, Rn. 52).

bb. Nach diesen Maßstäben kommt eine konkludente Abnahme zwar nicht durch die rügelose Ingebrauchnahme ab 2015 in Betracht, allerdings nach Vorlage des Prüfberichts des Prüfstatikers im Jahr 2018 sowie Vornahme der notwendigen Ertüchtigungsmaßnahmen in Eigenleistung durch den Beklagten und rügeloser Weiternutzung. Im Einzelnen:

Zwar nutzte der Beklagte das Objekt durch Ingebrauchnahme des Werks im Jahr 2015 ohne Beanstandungen. Aber vorliegend war das Werk zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertiggestellt, denn es fehlten noch Konstruktionszeichnungen und ein statischer Nachweis. Zudem waren aus statischen Gründen noch Ertüchtigungsmaßnahmen erforderlich. Die Klägerin konnte daher nicht davon ausgehen, dass der Beklagte das Werk als vertragsgemäß hinnimmt.

(a.) Ausweislich des Schreibens vom 12.11.2014 (Anlage K 8) ergab eine Prüfung des Prüfstatikers, dass noch die Konstruktionszeichnungen fehlten. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass für die geänderte Dacheindeckung und die Pfetten noch ein statischer Nachweis zur Prüfung vorzulegen sei. Auf das Schreiben des Landkreises Göttingen an den Beklagten am 19.03.2015 (Anlage K 9) unter Hinweis auf das Fehlen der Konstruktionspläne und Nachweise über die geänderte Dacheindeckung forderte dieser die Klägerin am 20.04.2015 (Anlage K 10) auf, die Unterlagen beizubringen. Auf Grundlage dieser Korrespondenz war offenbar, dass noch maßgebliche – von der Klägerin auch vertraglich geschuldete – Leistungen fehlten, nämlich die Erstellung bzw. Einreichung der Pläne und statische Nachweise. Der durch die Firma S. Montage GmbH in der Folge erstellte Nachtrag zur Statik ergab überdies, dass noch Ertüchtigungsmaßnahmen durchzuführen waren. Die Klägerin, der die Forderung der Prüfstatiker, die statischen Berechnungen der S. Montage GmbH und das Erfordernis weiterer Ertüchtigungsmaßnahmen bekannt waren, konnte vor diesem Hintergrund nicht davon ausgehen, dass der Beklagte das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß hergestellt hinnehmen würde. Dies gilt gerade auch angesichts des Umstandes, dass sich aus dem der Klägerin zur Kenntnis gelangten Schriftverkehr ergab, dass die Vorlage der vom Landkreis geforderten Unterlagen für die Erlangung einer behördlichen Genehmigung erforderlich war bzw. andernfalls eine Nutzungsuntersagung drohte. Ferner folgte aus dem Nachtrag der S. Montage GmbH, dass die Statik der Ertüchtigung bedurfte. Der Beklagte hatte die Klägerin zudem auch mit E-Mail vom 20.04.2015 ausdrücklich zur Beibringung der von den Prüfstatikern geforderten Unterlagen aufgefordert. Zudem stand noch nicht fest, ob der von der Firma S. Montage GmbH erstellte Nachtrag zur Statik und die vorgeschlagenen Ertüchtigungsmaßnahmen von Seiten der Prüfstatiker gebilligt werden würden. Dafür, dass der Beklagte zu diesem Zeitpunkt dieses noch bestehende “Prüfungsrisiko” für die ordnungsgemäße Statik der Halle hat übernehmen wollen, gab es – auch aus Sicht der Klägerin – keine Anhaltspunkte.

(b.) Der vorstehend aufgeführte, sich aus den mit Schriftsatz vom 29.07.2021 eingereichten Anlagen K 8 ff. ergebende, Sachverhalt ist auch noch im Berufungsverfahren zuzulassen. Dieser folgt bereits aus den eingereichten Kopien der Schreiben und vorgelegten Ausdrucke von E-Mails. Zwischen den Parteien, die ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände gem. § 138 ZPO vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben haben, ist der in den vorgenannten Schriftstücken verkörperte Sachverhalt auch nicht streitig. Der Beklagte hat hierzu – in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat persönlich angehört – auch noch verschiedene Umstände ergänzt, so etwa, dass er aufgrund des Schreibens des Landkreises vom 19.03.2015 (Anlage K 9) seinen Architekten angerufen habe und sich dieser um die Angelegenheit habe kümmern sollen. Er hat von der Prüfung durch den Prüfstatiker berichtet und wie die von diesem angeordneten Ertüchtigungsmaßnahmen umgesetzt worden sind. Im Berufungsrechtszug nicht (mehr) bestrittene oder unstreitig gestellte Tatsachen sind keine neuen Angriffs- oder Verteidigungsmittel iSv § 531 Abs. 2 ZPO und damit der Präklusion entzogen (vgl. BGH, Beschluss vom 9.10.2014 – V ZB 225/12, Tz.8 – NJW-RR 2015, 465; BGH, Beschluss vom 23. 6. 2008 – GSZ 1/08, Tz. 10 – NJW 2008, 3434; BGH, Beschluss vom 12.10.2021 – VI ZB 76/19, Tz.7 – NJW-RR 2021).

Der Berücksichtigung des Sachverhalts steht daher auch nicht § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO entgegen. Darüber hinaus begründen die vorgelegten Anlagen sowie die ergänzenden Angaben der Parteien Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen i.S.d. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Im Übrigen ist die Feststellung von Tatsachen abzugrenzen von deren rechtlicher Wertung, etwa der Vertragsgemäßheit einer Werkleistung. Die rechtliche Wertung unterliegt der uneingeschränkten Überprüfung durch das Berufungsgericht.

(2.) Eine konkludente Abnahme ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil die Klägerin vorgetragen hat, dass sie vor Stellung der Schlussrechnung im Jahr 2017 davon ausgegangen sei, dass der Beklagte nunmehr die notwendigen Ertüchtigungsarbeiten an dem Dach habe anderweitig vornehmen lassen. Denn dem Verhalten des Beklagten kann nach den dargestellten Maßstäben dieser Erklärungswert nicht beigemessen werden. Der Klägerin war der wesentliche Mangel weiterhin bekannt. Außer dem zum Zeitpunkt der Stellung der Schlussrechnung eingetretenen Zeitablauf hatte sich die Situation nicht verändert. Umstände, aufgrund derer hätte angenommen werden können, dass tatsächlich die notwendigen Ertüchtigungsmaßnahmen vorgenommen worden sind, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Es bestand hier weiterhin die Situation, dass noch wesentliche Vertragsleistungen ausstanden bzw. das Werk so noch wesentliche Mängel aufwies, sodass von einer konkludenten Abnahme nicht ausgegangen werden konnte. Es ist bei der Prüfung einer Willenserklärung durch konkludentes Verhalten auch zu bedenken, dass mit der Abnahme erklärt wird, dass die Leistung im Wesentlichen vertragsgerecht erbracht ist. Ist das nicht der Fall, weil – wie hier zu unterstellen ist – noch eine wesentliche Vertragsleistung fehlt, führt die Annahme einer konkludenten vorbehaltlosen Abnahme dazu, dass nicht nur alle Folgen der Abnahme eintreten, sondern der Auftraggeber auch noch Ansprüche wegen wesentlicher Mängel gemäß § 640 Abs. 2 BGB nicht mehr durchsetzen kann. Dass dem Verhalten des Beklagten in dieser konkreten Situation ein derartiger Erklärungswert beigemessen werden kann, ist – wie ausgeführt – nicht anzunehmen.

(3.) Eine konkludente Abnahme durch den Beklagten ist jedoch dadurch erfolgt, dass er, nachdem der Prüfstatiker mit Bericht vom 13.02.2018 die noch erforderlichen Ertüchtigungsmaßnahmen aufführte und anordnete, diese selbst vornahm und das Werk der Klägerin ohne Mängel zu rügen weiter nutzte. Dass zu diesem Zeitpunkt noch keine Abnahme nach öffentlichem Recht durch die zuständige Fachbehörde stattgefunden hatte, steht dem nicht entgegen. Denn auf Grundlage des vorgenannten Sachverhalts ist anzunehmen, dass der Beklagte die Leistung der Klägerin (nunmehr) als vertragsgerecht billigte und damit abgenommen hat, was nicht identisch ist mit der Abnahme nach öffentlichem Recht. Zu diesem Zeitpunkt stand nämlich durch den Kontrollbericht des Prüfstatikers fest, welche Maßnahmen – auch aus Sicht der für die öffentlich- rechtlich zulässige Nutzung maßgeblichen Stelle – noch zu treffen waren. Diese hat der Beklagte selbst ergriffen, wobei er die durchgeführten Maßnahmen dahingehend konkretisiert hat, dass lediglich ein Umbau von Verstrebungen habe stattfinden müssen. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte zudem durch einen Architekten beraten, der den Kontrollbericht ebenfalls erhalten hatte.

(4.) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist eine Abnahme – die Geltung der VOB/B für das Vertragsverhältnis unterstellt – nicht bereits zuvor gemäß § 12 Abs. 5 VOB/B nach Ablauf von 6 Werktagen nach Beginn der Benutzung des Werks eingetreten. Denn diese Regelung wäre nicht wirksam einbezogen worden. Der Beklagte handelte bezogen auf das streitgegenständliche Rechtsgeschäft als Unternehmer. Unternehmer ist gem. § 14 Abs. 1 BGB unter anderem eine natürliche Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Dies war vorliegend der Fall, denn der Werkvertrag bezog sich auf einen zu errichtenden Stall und betraf damit unmittelbar die gewerbliche Tätigkeit des Beklagten als Landwirt. Die Abnahmefiktion des § 12 Abs. 5 VOB/B kann nach § 310 Abs. 1 S. 3 BGB gegenüber einem Unternehmer nur dann Abnahmewirkungen herbeiführen, wenn die VOB/B als Ganzes vereinbart worden ist und sie gegenüber einem Unternehmer verwendet wird. In allen anderen Fällen unterliegt die VOB/B einer Inhaltskontrolle. Dabei führt jede inhaltliche Abweichung von der VOB/B dazu, dass diese nicht als Ganzes vereinbart ist und in ihrer Gesamtheit einer Inhaltskontrolle unterzogen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, welches Gewicht der Eingriff hat (BGH, Urteil vom 22.01.2004 – VII ZR 419/02, Tz. 11 – BauR 2004, 668; BGH, Urteil vom 15.04.2004 – VII ZR 129/02, Tz. 11 – BauR 2004, 1142). Die Regelungen der VOB/B sind nach den Vertragsbedingungen der Klägerin nicht i.S.v. § 310 Abs. 1 S. 3 BGB ohne inhaltliche Abweichung insgesamt einbezogen und damit nicht privilegiert. § 12 Abs. 5 VOB/B ist auch gegenüber einem Unternehmer – hier dem Beklagten – mit § 307 BGB nicht vereinbar (vgl. Peters in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 640 Rn. 71 m.w.N.; vgl. auch: Bröker in: Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Auflage 2013, VOB/B § 12 Abs. 5 [Fiktive Abnahme], Rn. 5a).

(5.) Ob neben einer Abnahme der Zugang einer prüfbaren Schlussrechnung weitere Fälligkeitsvoraussetzung gem. § 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B war, kann dahinstehen. Eine Abnahme ist durch den Beklagten wie dargestellt erfolgt, darüber hinaus hat die Klägerin jedenfalls unter dem 28.12.2017 unstreitig eine Schlussrechnung erstellt und dem Beklagten übermittelt.

b. Der danach fällige Anspruch der Klägerin ist weder verjährt, noch stellt dessen Geltendmachung eine unzulässige Rechtsausübung dar.

aa. Der Anspruch der Klägerin ist nicht verjährt. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 12.01.2018 (Anlage K 13) und durch seinen Prozessbevollmächtigten mit der Klageerwiderung die Einrede der Verjährung erhoben. Diese greift jedoch nicht durch. Nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist wenn der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Davon, dass der Prüfstatiker die Halle vor Ort geprüft und einen Prüfbericht erstellt hatte sowie vom Inhalt des Prüfberichts und der Selbstvornahme durch den Beklagten, hat die Klägerin unstreitig erst nach Erhebung der Klage im Verfahren Kenntnis erlangt. Die Verjährung ist bereits zuvor durch Erhebung der Klage auf Leistung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden. Es kommt danach auch an dieser Stelle nicht darauf an, ob zwischen den Parteien die VOB/B wirksam einbezogen worden sind oder ein BGB-Werkvertrag vorliegt.

bb. Dem Werklohnanspruch kann der Beklagte auch nicht § 242 BGB entgegen halten. Eine unzulässige Rechtsausübung ist jede Geltendmachung eines “an sich” gegebenen Rechts und jede Ausnutzung einer “an sich” bestehenden günstigen Rechtsposition oder Rechtslage im Widerspruch zu den Anforderungen von § 242 BGB (vgl. Mansel in: Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch, 18. Auflage 2021, § 242 Rn. 32). Unzulässige Rechtsausübung umfasst in ihrem Kernbereich die Fälle der missbräuchlichen Geltendmachung von subjektiven Rechten und Einreden (vgl. Mansel a.a.O. Tz. 34). Das Vorliegen eines solchen Sachverhalts ist seitens des Beklagten nicht dargetan. Bereits vor Erhebung der Klage im Jahr 2019 hatte der Beklagte selbst Kenntnis davon, dass seitens der Genehmigungsbehörde noch Konstruktionszeichnungen und ergänzende statische Nachweise gefordert wurden und dass – auch nach Einschätzung der Prüfstatiker – noch Ertüchtigungsmaßnahmen erforderlich waren. Zunächst hat weder die Klägerin im Verfahren den ihr bekannten vollständigen Sachverhalt vorgetragen, noch der Beklagte. Die Klägerin hat im weiteren Verlauf des Verfahrens schließlich ihrerseits bereits vor der mündlichen Verhandlung am 11.02.2021 ihr Vorbringen ergänzt und mit Schriftsätzen vom 04.03.2020 sowie vom 02.09.2020 auf von ihr auf Anforderung des Prüfstatikers nachgereichte statische Nachweise hingewiesen und ausgehend davon die Rechtsauffassung vertreten, dass es 2015 an den Grundlagen für eine Abnahme durch schlüssiges Verhalten gefehlt habe, da die Statik noch unvollständig gewesen sei. Dieses Verhalten begründet keine unzulässige Rechtsausübung.

II.

1. Der Klägerin stehen darüber hinaus Verzugszinsen gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 S.1 BGB seit dem 01.03.2019 zu. Die Klägerin hat dem Beklagten nach Eintritt der Fälligkeit mit anwaltlichem Schreiben vom 18.12.2018 (vgl. Anlage 7) eine Nachfrist zur Zahlung der restlichen Werklohnforderung bis zum 02.01.2019 gesetzt. Der Beklagte befindet sich mit der Zahlung daher seit dem 03.01.2019 im Verzug. Der Verzugszinssatz beläuft sich gem. § 288 Abs. 2 BGB i.d.F. v. 02.01.2002 i.V.m. Art. 229, § 34 EGBGB auf 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Bei der geltend gemachten Werklohnforderung handelt es sich auch um eine Entgeltforderung im Sinne von § 288 BGB, an dem streitgegenständlichen Rechtsgeschäft ist ferner kein Verbraucher beteiligt gewesen. Da das Schuldverhältnis vor dem 28.07.2014 entstanden ist, war auf dieses § 288 BGB in der Fassung vom 02.01.2002 anzuwenden.

2. Die Klägerin kann dagegen nicht mit Erfolg vorgerichtliche anwaltliche Kosten geltend machen. Ein Schaden in Form der Rechtsanwaltskosten ist erst dann entstanden, wenn der Mandant einem einforderbaren Zahlungsanspruch seines Prozessbevollmächtigten ausgesetzt ist und er die entsprechenden Anwaltskosten auch bezahlt hat (vgl. OLG Celle, Urteil v. 20.11.2013 – 3 U 65/13 -).

a. Voraussetzung eines solchen Zahlungsanspruchs ist eine dem Mandanten zugegangene ordnungsgemäße anwaltliche Vergütungsrechnung gemäß § 10 RVG (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 22. Aufl., § 10 Rn. 4). Ohne diese Berechnung ist der Auftraggeber nicht zur Zahlung gegenüber seinem Rechtsanwalt verpflichtet (vgl. Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., § 10 Rn. 3; Gerold/Schmidt/Burhoff, a. a. O., Rn. 22). Eine entsprechende Zahlungsklage des Rechtsanwalts müsste abgewiesen werden (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, a. a. O., Rn. 30; Schneider/Wolf, RVG, 6. Aufl., § 10 Rn. 86 ff). Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass ihr von Seiten ihres Prozessbevollmächtigten eine entsprechende Honorarrechnung erteilt worden sei. Ein entsprechender Vortrag ist auch nicht entbehrlich (vgl. OLG Celle, a. a. O.).

b. Ferner hat die Klägerin auch nicht vorgetragen, auf eine etwaige Anwaltshonorarrechnung eine Zahlung geleistet zu haben, so dass es an einem Vortrag zu einem bereits eingetretenen Schaden fehlt. Einen Antrag auf Freistellung von den Rechtsanwaltskosten hat sie nicht gestellt. Der Senat ist nach § 139 Abs. 2 S. 1 ZPO auch nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin auf ihren nicht genügenden Sachvortrag hinzuweisen, weil insofern eine Nebenforderung vorliegt.

C.

I.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

II.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 S.1, 709 S.2, 711 ZPO.

III.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO, liegen nicht vor.

IV.

Der Festsetzung des Berufungsstreitwertes liegen § 3 ZPO und §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG zugrunde.

OLG München zur Beweisnot des Auftraggebers, wenn nicht AN sondern Drittfirma mit Wartungsvertrag beauftragt wird

OLG München zur Beweisnot des Auftraggebers, wenn nicht AN sondern Drittfirma mit Wartungsvertrag beauftragt wird

vorgestellt von Thomas Ax

Nach der Abnahme der Leistung muss der Auftraggeber darlegen und beweisen, dass der Auftragnehmer für einen Mangel verantwortlich ist. Errichtet der Auftragnehmer im Jahr 2001/2002 eine Lüftungsanlage und wird er nicht mit der Wartung der Anlage beauftragt, kann aus einem im Jahr 2007 festgestellten Überdruck der Lüftungsanlage nicht auf einen Mangel der Leistung des Auftragnehmers rückgeschlossen werden.
OLG München, Urteil vom 27.04.2021 – 28 U 7117/19 Bau

vorhergehend:
LG München I, 13.11.2019 – Az. 18 O 22672/15
OLG München, Urteil vom 26.03.2013 – 28 U 2645/10

nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 10.05.2023 – VII ZR 465/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Gründe:

I.

Die Klägerinnen nehmen im vorliegenden Verfahren die Beklagten in Regress im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben ###-Hochschule Ökologisches Bildungszentrum in ###.

Die Klägerin zu 1) wurde in einem Vorprozess als Planerin und Bauüberwacherin rechtskräftig zur Zahlung von etwa 760.000 Euro Schadensersatz verurteilt, da die errichtete Dachkonstruktion mangelbehaftet war; die Klägerin zu 2) ist die Haftpflichtversicherung der Klägerin zu 1).

Die Klägerinnen fordern nunmehr von an der Errichtung des Dachs beteiligten Unternehmern Ausgleichszahlungen. Das Landgericht München I verurteilte am 13.11.2019 – hinsichtlich der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung – soweit im Berufungsverfahren von Relevanz die Beklagten zu 3) und 4) zur Zahlung eines Gesamtschuldnerausgleichs, da deren Werkleistungen an dem errichteten Dach mangelhaft gewesen seien:

• Die Beklagte zu 3) habe fehlerhaft bei der installierten Lüftungsanlage einen Überdruck eingestellt.

Der Beklagten zu 3) sei der Streit verkündet worden, sie hätte sich aber nicht am Vorprozess beteiligt und könne daher mit ihren Einwendungen nicht gehört werden. Der Fehler der Beklagten zu 3) sei bei dem vorzunehmenden Ausgleich mit 11.300 Euro anzusetzen, den diese der Klägerin zu 2) schulde.

Die weitergehenden Klageanträge – die Klägerin zu 1) forderte insgesamt 26.879,14 Euro, die Klägerin zu 2) 77.115,31 Euro – wurden abgewiesen.

Die Beklagte zu 4) habe die Einblasdämmung mangelhaft erstellt und hafte im selben Umfang wie die Beklagte zu 3), d. h. auf Zahlung von 11.300 Euro an die Klägerin zu 2).

Auch die Beklagte zu 4) sei aufgrund der Interventionswirkung an das Ergebnis des Vorprozesses gebunden. Die weitergehenden Klageanträge – die Klägerin zu 1) verlangte insgesamt 14.932,86 Euro, die Klägerin zu 2) 42.841,84 Euro – wurden abgewiesen.

Hiergegen wenden sich die Beklagten zu 3) und 4) jeweils mit ihrer Berufung; die Klägerinnen haben sich mit einer Anschlussberufung verteidigt.

Die Beklagte zu 3) macht mit ihrer Berufung geltend, dass zwar im Vorprozess festgestellt worden sei, dass die Lüftungsanlage fehlerhaft mit erheblichem Überdruck betrieben worden sei. Es stünde aber nicht fest, dass die Beklagte zu 3) hierfür die Verantwortung trage. Auch aus der Interventionswirkung ergebe sich nicht, dass die Beklagte zu 3) die “Betreiberin” der Lüftungsanlage gewesen sei. Auch habe die Beklagte zu 3) nicht erkennen können, dass ein Betreiben mit Überdruck zu einem Gebäudeschaden führen könne. Dies sei vom Sachverständigen### bestätigt worden.

Die Beklagte zu 4) argumentiert in ihrer Berufung, sie hafte nicht für die Mängel der Dachkonstruktion als “Gesamt“schuldnerin, da die Voraussetzungen des § 426 BGB nicht vorlägen. So bestünden bereits Schadensersatzansprüche dem Grunde nach nicht, da die Beklagte zu 4) niemals unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung aufgefordert worden sei; eine “Gleichstufigkeit” im Sinne des § 426 BGB könne nicht angenommen werden. Auch hätte die Klägerin zu 1) den Mangel – ungenügende Einblasdämmung – im Rahmen der Überwachung gar nicht feststellen können, so dass auch insoweit die Voraussetzungen der Gesamtschuld nicht vorlägen. Die vom Erstgericht angenommene Bindungswirkung gem. §§ 74, 68 ZPO könne schon deshalb nicht greifen, da ausdrücklich handwerkliche Mängel als Mitursache offen gelassen worden seien. Der Mangel sei zudem nicht kausal. Die Schäden wären bei richtiger Dachausbildung nicht und bei ordnungsgemäßer Leistung trotzdem eingetreten. Der Mitverschuldensanteil sei mit 1,5 % von untergeordneter Bedeutung.

Im Berufungsverfahren wird beantragt:

Die Beklagte zu 3) beantragt:

I. Das am 13.11.2019 verkündete Urteil des Landgerichts München I, Az.: 18 O 22672/15 wird aufgehoben, soweit die Beklagte zu 3) darin zur Zahlung in Höhe von Euro 11.300,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2015 verurteilt wird.

II. Die Klage gegen die Beklagte zu 3) wird abgewiesen.

Die Beklagte zu 4) beantragt:

I. Das Urteil des Landgerichts München I, Az 18 O 22672/15 vom 13.11.2019, wird aufgehoben, soweit die Beklagte zu 4) in Ziff. 3 zur Zahlung von 11.300,00 nebst Zinsen und in Ziff. 5 zur Tragung von Kosten verurteilt worden ist.

II. Die Klage in Richtung gegen die Beklagte zu 4) wird kostenpflichtig abgewiesen.

Die Klägerinnen beantragen

die Berufungen der Beklagten zu 3) und 4) zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung

I. Das Ausgangsurteil wird abgeändert und die Beklagte zu 3) verurteilt, folgende Beträge jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2015 zu bezahlen:

1. an die Klägerin zu 1): 26.879,14 Euro;

2. an die Klägerin zu 2): 77.115,31 Euro.

II. Die Beklagte zu 4) wird verurteilt, folgende Beträge jeweils zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2015 zu bezahlen:

1. an die Klägerin zu 1): 14.932,68 Euro;

2. an die Klägerin zu 2): 42.841,84 Euro.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 3) verpflichtet ist, jeden weiteren Betrag im Zusammenhang mit ihrer gesamtschuldnerischen Ausgleichsverpflichtung an die Klägerin zu 1) zu bezahlen, soweit dieser über die in Ziffer I.1 genannten Beträge hinausgeht.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 3) verpflichtet ist, jeden weiteren Betrag im Zusammenhang mit ihrer gesamtschuldnerischen Ausgleichsverpflichtung an die Klägerin zu 2) zu bezahlen, der über in Ziffer I.2 genannten Beträge hinausgeht.

V. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 4) verpflichtet ist, jeden weiteren Betrag im Zusammenhang mit ihrer gesamtschuldnerischen Ausgleichsverpflichtung an die Klägerin zu 1) zu bezahlen, der über die in Ziffer II.1 genannten Beträge hinausgeht.

VI. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 4) verpflichtet ist, jeden weiteren Betrag im Zusammenhang mit ihrer gesamtschuldnerischen Ausgleichsverpflichtung an die Klägerin zu 2) zu bezahlen, der über die Beträge in Ziffer II.2 hinausgeht.

Die Beklagten zu 3) und 4) beantragen

die Zurückweisung der Anschlussberufung.

Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass das Erstgericht zu Recht eine Bindungswirkung im Hinblick auf den Vorprozess angenommen habe. Im Übrigen seien die vom Erstgericht angesetzten Quoten jedoch willkürlich und nicht nachvollziehbar; es bestünde der Verdacht, dass das Erstgericht die Quoten so gebildet habe, dass es zu den identischen Beträgen wie im Vergleichsvorschlag gekommen sei.

Der Senat hat mit Verfügungen vom 9.3.2020 und 13.1.2021 Hinweise erteilt. Auf die Hinweise, die jeweiligen Berufungsbegründungen der Parteien und die eingereichten Gegenerklärungen wird Bezug genommen.

Auf Grund der Zustimmungserklärungen der Parteien wurde mit Beschluss vom 17.02.2021 eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet. Mit Beschluss vom 16.03.2021 wurde die Frist, bis zu deren Ablauf Schriftsätze eingereicht werden konnten bis zum 17.03.2021 verlängert.

II.

1. Die Berufung der Beklagten zu 3) ist begründet, da die Klägerinnen ihr gegenüber keine Ansprüche aus § 426 BGB (in Richtung der Klägerin zu 2) i.V.m. § 86 VVG) haben.

Entsprechend ist auch die Anschlussberufung der Klägerinnen insoweit zurückzuweisen.

a. Zwischen der Klägerin zu 1) und der Beklagten zu 3) besteht kein Gesamtschuldverhältnis, da die Beklagte zu 3) neben der Klägerin zu 1) nicht haftet. Daher kommt es auf die weiteren Voraussetzungen der Gesamtschuld – insbesondere die Beantwortung der Frage nach der Gleichstufigkeit – nicht an.

(1) Die Klägerin zu 1) haftet ausweislich der rechtskräftigen Senatsentscheidung der Bauherrin – ### ###-Hochschule – wegen Planungsfehlern auf Schadensersatz in Höhe von 755.443,87 Euro (Az. 28 U 2645/10, Endurteil des Oberlandesgerichts München vom 26.3.2013).

(2) Die Beklagte zu 3) haftet gegenüber der Bauherrin jedoch nicht wegen Fehlern an der Lüftungsanlage.

aa. Entgegen der Ansicht der Klägerinnen folgt aus der Interventionswirkung des §§ 74, 68 ZPO nicht, dass die Beklagte zu 3) für einen Betrieb mit Überdruck verantwortlich ist (auf die weitergehenden Einzelheiten des Senatshinweises wird Bezug genommen).

[1] Die Beklagte zu 3) ist an die rechtskräftige Entscheidung des Vorprozesses gebunden.

Der Beklagten zu 3) wurde von der Klägerin zu 1) im Vorprozess der Streit verkündet, so dass der Anwendungsbereich des § 68 ZPO im Hinblick auf § 74 Abs. 2 ZPO grundsätzlich eröffnet ist.

[2] Die Bindungswirkung umfasst entgegen der Ansicht der Klägerinnen aber keine handwerklichen Ausführungsfehler.

Für die Fiktion der Richtigkeit der Entscheidung des Vorprozesses ist in erster Linie die Entscheidung des Berufungsgerichts maßgeblich. Auf die erstinstanzliche Entscheidung kann nur abgestellt werden, soweit sie nicht angefochten oder vom Berufungsgericht inhaltlich bestätigt wurde.

Das Oberlandesgericht hat die Feststellungen des Erstgerichts seinerzeit gerade nicht bestätigt, dass die Klägerin zu 1) gegen ihre Verpflichtung zur Bauüberwachung verstoßen habe. Fehler der Bauüberwachung setzen bestimmte handwerkliche Fehler – wie beispielsweise die fehlerhafte Einstellung der Lüftungsanlage mit Überdruck – voraus, die der begleitende Planer – d. h. Klägerin zu 1) – hätte erkennen können und müssen. Das Oberlandesgericht hat im Vorprozess die Klägerin zu 1) aber allein wegen Planungsfehlern verurteilt; die weitere Aufklärung von Ausführungsfehlern, die eine Bauüberwachungshaftung hätte begründen können, war nicht mehr geboten, da solche für die Entscheidung des Vorprozesses nicht erheblich waren. Da eine Verurteilung wegen einer mangelhaften Bauüberwachung nicht erfolgte, wurden denknotwendig handwerkliche Fehler nicht festgestellt, auf die sich die Klägerinnen berufen könnten.

bb. Die Klägerinnen konnten den sie treffenden Nachweis nicht führen, dass die Beklagte zu 3) gegenüber der Bauherrin für den Betrieb der Lüftungsanlage mit Überdruck aus Gewährleistungsrechten gemäß § 634 BGB verantwortlich war.

[1] Die Feststellungen des Sachverständigen sind für einen Nachweis nicht ausreichend.

Der Sachverständige hat in seinem Ortstermin am 29.1.2007 einen Betrieb der Lüftungsanlage mit Überdruck festgestellt. Da die Beklagte zu 3) aber die Anlage im Jahr 2001 errichtet und am 5.12.2002 programmiert hatte und danach für die Wartung der Anlage nicht beauftragt war, kann aus den Feststellungen des Sachverständigen nicht auf einen Mangel rückgeschlossen werden.

[2] Die Klägerinnen tragen die Beweislast dafür, dass die Beklagte zu 3) bei der Lüftungsanlage fehlerhaft einen Überdruck eingestellt habt.

Der unstreitig letzte Zugriff der Beklagten zu 3) war die Programmierung im Jahr 2002; in der Folgezeit war diese für die Wartung nicht verantwortlich (Wertung des § 640 BGB).

Jedenfalls haben die Klägerinnen sich hierzu nicht ausreichend erklärt. Da die Beklagte zu 3) ihre Programmierung detailliert schlüssig dargetan hat und über einen Zeitraum von mehreren Jahren keinen Zugriff auf die Anlage hatte, hätten die Klägerinnen konkret (§ 138 Abs. 3 ZPO) erwidern und darlegen müssen, welche Arbeiten durch wen und wann im Verantwortungsbereich der Beklagten zu 3) an der Anlage nach dem 5.12.2002 durchgeführt wurden. Hierzu fehlt ein ausreichend substantiierter Vortrag.

Auch haben sich die Klägerinnen weder ausreichend und und noch dazu widersprüchlich zu den tatsächlich behaupteten Einstellwerten erklärt. Die Beklagte zu 3) hat nachvollziehbar dargelegt, dass auf Betreiben der verantwortlichen Stadtwerke die Lüftungsanlage eingerichtet wurde; die Klägerinnen haben zunächst die inhaltliche Richtigkeit in Abrede gestellt, sind aber (unter anderem im Schriftsatz vom 22.8.2017) davon ausgegangen, dass die behaupteten Einstellwerte mit Zu- und Abluft von jeweils 5.800 m? keinen Überdruck erzeugen; nunmehr (Schriftsatz vom 7.4.2021) wird ins Blaue hinein und nicht weiter nachvollziehbar behauptet, aus diesen Einstellwerten ergebe sich ein Überdruck. Dieser Vortrag ist für den Senat nicht mehr nachvollziehbar.

Für den Nachweis einer kausalen Verantwortlichkeit hätten die Klägerinnen darlegen müssen, dass die Beklagte zu 3) die Lüftungsanlage eingestellt hat, die Einstellung über mehrere Jahre nie verändert wurde und dass die so unveränderte Einstellung fehlerhaft war. Trotz wiederholter Aufforderung durch den Senat haben die Klägerinnen sich zu keinem Zeitpunkt zu dem Aspekt der Wartung erklärt. Das verwundert umso mehr, als Lüftungsanlagen wartungsintensive Gewerke sind. Da – aufgrund des Vorbringens der Beklagten zu 3) – von einer regelmäßige Wartung gemäß § 138 Abs. 3 ZPO auszugehen ist, sind die Feststellungen des Sachverständigen als Nachweis für einen Mangel ungeeignet.

Soweit die Klägerinnen auf den Schriftsatz vom 23.8.2017 (richtig wohl 22.8.) verweisen, enthält dieser bereits das Zugeständnis, dass Einstellungen vorgenommen wurden, enthält aber keine konkrete Sachverhaltsschilderung und beschränkt sich im Übrigen auf ein unzulässiges Ausforschungsansinnen.

cc. Da die Klägerinnen somit nicht nachweisen konnten, dass auch die Beklagte zu 3) gegenüber der Bauherrin aus Gewährleistungsrechten gemäß § 634 BGB haftete, scheidet ein Gesamtschuldverhältnis aus und damit bestehen keine entsprechenden Regressansprüche aus § 426 BGB.

2. Da die Klägerinnen gegen die Beklagte zu 3) bereits dem Grunde nach keine Ansprüche haben, ist die Anschlussberufung der Klägerinnen entsprechend zurückzuweisen.

3. Da die Klägerin zu 2) gegen die Beklagte zu 4) einen Anspruch aus § 426 Abs. 1 BGB hat, ist die Berufung der Beklagten zu 4) zurückzuweisen. Da das Erstgericht den Anspruchsumfang zu gering festgesetzt hatte, ist die Anschlussberufung teilweise erfolgreich:

a. Zwischen der Klägerin zu 1) und der Beklagten zu 4) besteht ein Gesamtschuldverhältnis, da neben der Klägerin zu 1) auch die Beklagte zu 4) der Bauherrin gegenüber haftete. Auch die weitere Voraussetzung der Gesamtschuld – die Gleichstufigkeit – liegt vor.

(1) Die Klägerin zu 1) haftet ausweislich der rechtskräftigen Entscheidung wegen Planungsfehlern (Az. 28 U 2645/10, Endurteil des Oberlandesgerichts München vom 26.3.2013) der Bauherrin – ### ###-Hochschule GmbH – auf Schadensersatz in Höhe von 755.443,87 Euro.

(2) Die Beklagte zu 4) haftet der Bauherrin gegenüber aus Gewährleistungsrecht (§ 634 BGB).

aa. Eine Haftung dem Grunde nach folgt nicht bereits aufgrund der Interventionswirkung der Streitverkündung (§§ 74, 68 ZPO); auf obige Ausführungen im Prozessverhältnis Klägerinnen/Beklagte zu 3) wird Bezug genommen.

bb. Die Beklagte zu 4) haftet der Bauherrin gegenüber nach §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB wegen der Feuchtigkeitsschäden an der Dachkonstruktion, da die von ihr geschuldete Einblasdämmung in zu geringem Umfang hergestellt wurde:

[1] Die Beklagte zu 4) hat ihr Gewerk – Einblasdämmung – mangelhaft erstellt (§ 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB).

So konnte der Sachverständige feststellen, dass die von der Beklagten zu 4) erstellte Einblasdämmung nicht ausreichend war, um den zu füllenden Hohlraum auszufüllen, wie es nach den anerkannten Regeln der Technik erforderlich gewesen wäre.

[2] Hierdurch ist dem Besteller – der Bauherrin – ein kausaler Schaden entstanden, da es an der Dachkonstruktion zu Feuchtigkeitsschäden kam. Hierbei handelt es sich um Mangelfolgeschäden, die zum Schadensersatz neben der Leistung rechnen.

Hiergegen argumentiert die Beklagten zu 4) allein rechtlich unzutreffend, ein größerer Ursachenbeitrag verdränge jeden kleineren Ursachenbeitrag; zum anderen verteidigt sie sich mit dem Einwand, der vom Sachverständigen ermittelte Ursachenbeitrag müsse angesichts der Dimensionierung von 5 % als vernachlässigbar angesehen werden.

Der Sachverständige ### hat in seinem Gutachten vom 16.2.2007 diverse Mängel festgestellt und konnte nachvollziehbar und überzeugend darlegen, dass diese jeweils für den Feuchtigkeitsschaden mitverantwortlich waren. So hat der Sachverständige nachvollziehbar herausgearbeitet, dass die größeren Ursachen die Mängel der Dampfbremsenfolie – diese war an zahlreichen Stellen durchstoßen und die eigentlich erforderliche Abdichtung hat gefehlt – und die Mängel an der Dampfbremse waren.

Anders als die Beklagte zu 4) aber meint, hat der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt, dass neben den vorgenannten Mängeln auch die nicht ausreichende Einblasdämmung und der Betrieb der Lüftungsanlage mit Überdruck einen nennenswerten Ursachenbeitrag gesetzt haben, während weitere Ursachen – fehlerhafte Dampfdiffusionsberechnung oder Flankendiffusionsproblematik – vernachlässigbare Ursachen gewesen seien.

Das überzeugt und es entspricht der alltäglichen Problematik bei komplexen Bauwerken, dass diverse Mängel bei der Entstehung eines größeren Gesamtschadens eine Rolle spielen. Ein Sachverständiger kann jeweils nur den mangelhaften “Ist-Zustand” ermitteln und aus sachverständiger Sicht darlegen, welcher Mangel dem Grunde nach geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Sodann kann der Sachverständige eine auf Grundlage seiner Sachkunde beruhende Einschätzung abgeben, ob ein Mangel so gravierend ist, dass andere Fehler vernachlässigbar sind oder aber ob gerade das Zusammenspiel der Mängel für den Schaden relevant wurde.

Die konkreten Darlegungen des Sachverständigen überzeugen. Die Schadensursache war eine nicht ausreichende Abdichtung, so dass Luftströmungen aus dem Rauminneren in die Dachkonstruktion gelangen konnten. Das liegt bei der Problematik der Dampfbremse, der ungenügenden Einblasdämmung aber auch bei dem Betrieb mit Überdruck letztlich auf der Hand, da hierdurch jeweils maßgeblich das Luftströmungsverhalten beeinflusst wird. Wenn nun der Sachverständige insoweit als Größenordnung für den Ursachenbeitrag 5 Prozent ermittelt hat, ist diese Größenordnung nicht zu beanstanden.

Es existiert kein Rechtssatz, dass ein Ursachenbeitrag von 5 % als rechtlich vernachlässigbar zu gelten hat. Zudem ist der Ansatz für den Senat so nicht verständlich, denn dies hätte zur Folge, dass derjenige, der einen größeren Ursachenbeitrag setzt, dann auch für Fehler der weiteren Beteiligten haften müsste. Das wird umso fragwürdiger, je größer ein Projekt wird und je mehr Verantwortliche daran beteiligt sind. Letztlich ist es eine sachverständige Bewertung, ob eine Ursache als vernachlässigbar ermittelt wird und genau das hat der Sachverständige an zwei Stellen nachvollziehbar dargelegt. Der Sachverständige hat diverse Mängel ermittelt, bestimmte als vernachlässigbar eingeschätzt und weitere als schadenskausal.

(3) Die jeweiligen Ansprüche sind gleichstufig.

Ein Gesamtschuldverhältnis setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass die Verpflichtungen der jeweiligen Schuldner nach der maßgeblichen Interessenlage des Gläubigers grundsätzlich inhaltsgleich sind und gleichstufig nebeneinander stehen; auf die Einzelheiten des Senatshinweises vom 9.3.2020 wird insoweit Bezug genommen.

aa. Im konkreten Fall haftet auf der einen Seite die Klägerin zu 1) als Architektin und sodann die Beklagte zu 4) als Werkunternehmerin.

bb. Soweit die Beklagte zu 4) meint, die Klägerin zu 1) als Architektin hafte monetär und sie als Unternehmerin zunächst auf Mangelbeseitigung, folgt der Senat dem nicht (auf die wertenden Erwägungen in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, IV Mitverantwortung der Baubeteiligten, Rnr. 118 wird Bezug genommen, die der Gesetzgeber durch Schaffung des § 650 t BGB letztlich bestätigt hat). Die Beklagte zu 4) verkennt an dieser Stelle, dass aufgrund des obigen Ausführungsfehlers diese wegen der Schäden an der Dachkonstruktion haftet; die Schäden an der Dachkonstruktion sind nicht mit dem Mangel – ungenügende Einblasdämmung – oder dem von der Beklagten zu 4) geschuldeten Werk identisch, d.h. es liegt ein Mangelfolgeschaden vor. Insoweit haftet die Beklagte zu 4) unmittelbar auf Schadensersatz (§ 634 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB).

(4) Für die Haftungshöhe ist zudem entscheidungserheblich, ob über § 254 BGB eine “verdrängende” Alleinhaftung der Klägerin zu 1) in Betracht kommt (vgl. insoweit Staudinger/Looschelders, 2017, BGB § 426 Rnr. 66).

Auf obige Ausführungen zur Kausalität wird Bezug genommen. Anders als die Beklagte zu 4), die allein auf die Verhältnisse zum Gesamtschaden abstellt, sind aus Sicht des Senats die Besonderheiten des Werkvertrags maßgeblich, bei dem diverse Unternehmer in völlig unterschiedlichem Umfang an der Entstehung eines Gesamtwerks mitwirken. Es würde “kleinere” Gewerkersteller völlig unbillig bevorteilen, würde man allein auf das Verhältnis zum Gesamtwerk abstellen. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalles, insbesondere die Bedeutung des Mangels zum konkret geschuldeten Gewerk, das Ausmaß der Pflichtverletzung, der Grad des Verschuldens u.s.w. Auch hat die Rechtsprechung die Geringfügigkeit über die “Unerheblichkeit” z. B. in § 323 Abs. 5 BGB konkretisiert.

Da im konkreten Fall der Ausführungsfehler der Beklagten zu 4) – zu geringer Umfang der Einblasdämmung – für deren Gewerk gravierend war, da die Abdichtung der zentrale Vertragsinhalt war, werden die Kosten nicht verdrängt.

(5) Das Erstgericht hat zutreffend die Hilfsaufrechnung der Beklagten zu 4) mit Ansprüchen aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss nicht berücksichtigt.

Das Landgericht hat insoweit eine Billigkeitsentscheidung getroffen und ein Aufrechnungsverbot aus § 242 BGB angenommen. Das ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte zu 4) ist entgegen ihrer Rolle als Gesamtschuldnerin dem Rechtsstreit auf Seiten der Bauherrin beigetreten und ist damit “gegen ihre Mitgesamtschuldnerin” vorgegangen. Durch die Steigerung des Prozesskostenrisikos hat sie jedenfalls die aus dem Gesamtschuldverhältnis folgenden Rücksichtnahmepflichten verletzt. Ob hierdurch der Klägerin zu 1) ein eigenständiger Schadensersatzanspruch entstanden ist, kann offen bleiben, da jedenfalls eine Aufrechnung treuwidrig ist.

Die Berufung der Beklagten zu 4) ist daher zurückzuweisen.

b. Da der Sachverständige als Haftungsquote 5 Prozent ermittelt hat, das Landgericht aber – ohne tragfähige Begründung – hiervon abgewichen ist und 2,5 Prozent zu Grunde gelegt hat, ist auf die Anschlussberufung hin der Betrag zu verdoppeln.

c. Die weitergehende Anschlussberufung war zurückzuweisen:

(1) Das Erstgericht hat zutreffend die Prozesskosten im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs nicht berücksichtigt; der Senat nimmt insoweit auf die Grundsatzentscheidung des OLG München, 9 U 2596/11 Bezug.

Die Klägerinnen verkennen an dieser Stelle, dass die Klägerin zu 1) als Architektin auch auf Grundlage einer fehlerhaften Planung berechtigt in Anspruch genommen wurde. Im Verhältnis zur Bauherrin hat die Klägerin zu 1) keine denkbaren Einwendungen im Hinblick auf mögliche Ausführungsfehler der weiter am Bau beteiligten Personen. Bereits vor diesem Hintergrund der “parallelen Haftung” ist die ablehnende Haltung der Klägerin zu 1) ihrer eigenen Prozessrisikoentscheidung geschuldet.

(2) Der Klägerin zu 1) stehen keine mit der Anschlussberufung geltend gemachten Ansprüche zu.

Soweit die Beklagt zu 4) haftet, stehen Ausgleichsansprüche gemäß § 86 VVG allein der Klägerin zu 2) zu. Schadensersatzansprüche, die über die gewährten Versicherungsleistungen hinausgehen, bestehen gerade nicht, da die Beklagte zu 4) nur im Umfang der tenorierten 22.600,00 Euro haftet.

(3) Hinsichtlich der Abweisung der Feststellungsanträge nimmt der Senat Bezug auf die Entscheidung des Erstgerichts.

Im Hinblick auf die Zeitdauer, die bisher geführten Rechtsstreitigkeiten und im Hinblick auf die eingeholten Gutachten ist nicht nachvollziehbar, warum weitere zu befürchtende Kosten im Raum stehen sollen. Letztlich findet sich – obwohl ein entsprechender Antrag gestellt wurde – auch keine Rechtfertigung hierzu in der Begründung der Anschlussberufung.

Die Anschlussberufung ist daher teilweise zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO; der Ausspruch in Ziff. 3 “Rechtsstreit” umfasst auch das Berufungsverfahren.

Da dem Landgericht die Baumbach’sche Formel offenbar nicht bekannt ist, der Senat jedoch in die Kostenentscheidungen bezüglich der Beklagten zu1), 2) und 5) mangels deren Beteiligung am Berufungsverfahren nicht eingreifen will, beschränkt sich der Senat auf eine Abänderung der Kostenentscheidung des Landgerichts insoweit, als sie auf Grund der Abänderung des Ersturteils durch die Berufungsentscheidung zwingend geboten ist.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 3 ZPO i.V.m. §§ 47, 48 GKG.

Vergabe Planungsleistung Generalplaner LP 5-9 der HOAI – Neubau KiTa Hergershausen erfolgreich gestartet

Vergabe Planungsleistung Generalplaner LP 5-9 der HOAI – Neubau KiTa Hergershausen erfolgreich gestartet

Die Gemeinde Babenhausen plant eine erdgeschossige 6-gruppige Kindertagesstätte in dem Stadtteil Hergershausen. Die 6-Gruppen teilen sich derzeit in 4 Gruppen Ü3-Kinder und 2 Gruppen U3-Kinder auf. Für die Maßnahme steht ein Grundstück mit ca. 3.889 m2 zur Verfügung.

Die ausgeschriebene Leistung umfasst die Leistungsphasen 5-9:

– Objektplanung inkl. Inneneinrichtungsplanung gem. §34 ff. HOAI
– Freianlagenplanung gem. §38 ff. HOAI
– Tragwerksplanung gem. §49 ff. HOAI
– Planung der technischen Ausrüstung §55ff. HOAI
– Besondere Leistungen Objektplanung inkl. Inneneinrichtungsplanung gem. §34 ff. HOAI Leistungsphase 9 Objektbetreuung:
– Erstellen einer Gebäudebestandsdokumentation,
– Erstellen eines Instandhaltungskonzepts

Nach der Beauftragung ist von einem direkten Projektstart auszugehen.

Erweiterung der CMS Grundschule Tauberbischofsheim – Vergabe der Objektplanungsleistungen Leistungsphasen 2 bis 8 erfolgreich gestartet

Erweiterung der CMS Grundschule Tauberbischofsheim – Vergabe der Objektplanungsleistungen Leistungsphasen 2 bis 8 erfolgreich gestartet

Den Gegenstand des Verfahrens bilden Objektplanungsleistungen Leistungsphasen 2 bis 8 für das Vorhaben:

Erweiterung der Christian-Morgenstern-Schule – Grundschule (durch Aufstockung bzw. Anbau) und Sanierung des bestehenden Gebäudes für eine 1-zügige Ganztagesschule, mit der Option auf Zweizügigkeit zu erweitern.

Es erfolgt eine stufenweise Beauftragung:

Leistungsphasen 2-4

Leistungsphasen 5-8

Leistungsphase 9 gesondert

Teilnahmebedingungen sind wie folgt:

1)Befähigung zur Berufsausübung einschließlich Auflagen hinsichtlich der Eintragung in einem Berufs- oder Handelsregister

Bewerber- oder Bietergemeinschaften sind zugelassen, jedoch mit der Vorgabe, dass eine durchgängige Projektleitung, einschließlich Bauleitung in gleichbleibender, personeller Besetzung zu gewährleisten ist.

Aus Gründen der Qualitätssicherung ist die Vergabe der Leistungsphase 8 an Nachunternehmer nicht gewünscht.

2)Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit

Im Hinblick auf die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Bewerber stellt die Stadt TBB Anforderungen, die sicherstellen, dass die Bewerber über die erforderlichen wirtschaftlichen und finanziel-len Kapazitäten für die Ausführung des Auftrags verfügen. Zu diesem Zweck verlangt die Stadt TBB einen Mindestjahresumsatz der letzten 5 Jahre: durchschnittlich > 300.000,00 EUR/a.

Die Bestätigung eines Versicherers, dass für den Beauftragungsfall die Versicherung zugesagt wird, sollte als Nachweis ausreichend sein.

(2.000.000,00 EUR Personen- und 2.000.000,00 EUR sonstige Schäden, bzw. nach Bedarf)

3)Technische und berufliche Leistungsfähigkeit

Referenzen:

Als Beleg der erforderlichen technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit des Bewerbers fordert die Stadt TBB die Vorlage geeigneter Referenzen über früher ausgeführte vergleichbare Dienstleistungsaufträge in Form einer Liste der erbrachten wesentlichen Dienstleistungen mit Angabe des Werts, des Erbringungszeitpunkts sowie des öffentlichen oder privaten Empfängers Dienstleistungsaufträge sind vergleichbar: Nutzungsart nicht nur Grundschulen, sondern Gebäude für Bildungseinrichtungen im weiteren Sinn, einzelne Leistungsphasen, die nicht im Grundschulbau nachgewiesen werden können, können mit alternativen Projekten nachgewiesen werden, mindestens 2 Projekte mit Fertigstellung der Projekte in den letzten 8 Jahren.

Technische Fachkräfte:

Abfrage der vorgesehenen technischen Fachkräfte

-> Qualifikation des Projektteams (bis zu 3 Beteiligte)

Studien- und Ausbildungsnachweise:

Bestätigung der Berufszulassung durch eine Architektenkammer

Beschäftigtenzahl:

geforderter Beschäftigtenzahl der letzten 5 Jahre: durchschnittlich mindestens 3

Schlusstermin für den Eingang der Teilnahmeanträge:

Tag: 14/08/2023

Ortszeit: 11:00

Lesen Sie Heft 08/23 der HochbauRecht – gerade erschienen

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Von der Redaktion

Sie bauen – Wir informieren
 

Gebäude (Büro-/ Geschäftshäuser und Wohngebäude, Fabrikanlagen, Kraftwerk etc.) und Bauwerke für alle Facetten der Infrastruktur sind langlebig, benötigen aber auch eine längere Errichtungsphase.

Bauen ist auch deshalb ein zeitintensives teures Geschäft.

Die Projekte sind gekennzeichnet durch außergewöhnlich viele Beteiligte, viele Risiken, viele Schnittstellen und damit auch viele Konflikte, die unvermeidlich auftreten und möglichst einvernehmlich, notfalls aber auch streitig, aber dann möglichst effizient gelöst werden müssen.

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Die fachlichen Beiträge unserer AutorInnen gehen dabei über rein baurechtliche Fragestellungen hinaus.

Typische Problemkreise einer Baumaßnahme werden kompetent vom Vertrag bis zum Nachtrag in den Blick genommen:

Verträge zwischen Arbeitsgemeinschaften und Projektträgern,

Grundstücksverträge,

Investitions- und Erschließungsvereinbarungen,

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Architekten- und Ingenieurverträge.

Darüber hinaus betrachten wir benachbarte Fragestellungen wie dem Bauplanungs-/ Bauordnungsrecht und dem Umweltrecht (Baulärm, Nachbarrecht, Bodenschutz).

Wir prägen die Fachliteratur zum VOB/B-Vertrag sowie dem BGB-Bauvertragsrecht.

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VORSPRUNG durch Knowhow
aus der PRAXIS für die PRAXIS

Öffentliches Baurecht – kurz belichtet

Öffentliches Baurecht – kurz belichtet

von Thomas Ax

Gehört eine am Ortsrand liegende Freifläche zum Siedlungsbereich?

BVerwG, Urteil vom 25.04.2023 – 4 CN 5.21

1. Ob eine diesseits der äußeren Grenzen der Ortslage belegene Freifläche dem Siedlungsbereich zuzuordnen ist und folglich im Wege des beschleunigten Verfahrens nach § 13a BauGB überplant werden kann, entscheidet sich nach der Verkehrsauffassung unter Beachtung siedlungsstruktureller Gegebenheiten.

2. § 13a BauGB umfasst über eine quantitative Vermehrung baulicher Nutzungsmöglichkeiten hinaus auch eine qualitative Entwicklung des Siedlungsbereichs, etwa durch Einbeziehung und Bewahrung von Grünflächen.

Doppelhaus muss Doppelhaus bleiben

VGH Bayern, Beschluss vom 27.06.2023 – 1 CS 23.583

1. Der Nachbarschutz bei Doppelhäusern im unbeplanten Innenbereich richtet sich nach dem Rücksichtnahmegebot. Ist ein unbeplanter Innenbereich in offener Bauweise bebaut, weil dort nur Einzelhäuser, Doppelhäuser und Hausgruppen den maßgeblichen Rahmen bilden, fügt sich ein grenzständiges Vorhaben grundsätzlich nicht nach der Bauweise ein, wenn es unter Beseitigung eines bestehenden Doppelhauses grenzständig errichtet wird, ohne mit dem verbleibenden Gebäudeteil ein Doppelhaus zu bilden.

2. Ein Doppelhaus ist anzunehmen, wenn zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden und beide Haushälften in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden.

Kein Abwehranspruch gegen MFH in von EFH geprägtem Baugebiet

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.06.2023 – 10 S 17/23

1. Die Nachbaranfechtung einer Baugenehmigung ist kein objektives Beanstandungsverfahren. Vielmehr sind nur solche Beeinträchtigungen des Nachbarn zu prüfen, die drittschützende Normen verletzen.

2. Der Gebietserhaltungsanspruch begründet kein Abwehrrecht gegen Mehrfamilienhäuser in einem bisher durch Einfamilienhäuser mit Gärten geprägten Wohngebiet.

3. Auch Gründe des Nachbarschutzes rechtfertigen es nicht, den Gebietserhaltungsanspruch der Sache nach systemwidrig auf Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung zu erweitern.

4. Das Nachbarrechtsgesetz regelt nur die privatrechtlichen Beziehungen der Grundstücksnachbarn untereinander. Öffentlich-rechtliche Vorschriften werden durch dieses Gesetz nicht berührt.

Verwirkung bauaufsichtlicher Befugnisse nur im Ausnahmefall

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.06.2023 – 10 N 22/23

1. Bauaufsichtliche Befugnisse können regelmäßig nicht verwirken.

2. Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt es der Bauaufsichtsbehörde lediglich, systemlos (bzw. planlos) oder willkürlich vorzugehen. Entschließt sie sich zu einem Einschreiten, so ist es ihr unbenommen, die Verhältnisse nach und nach zu bereinigen. Sie ist insbesondere nicht gehalten, eine Beseitigungsanordnung nur dann zu erlassen, wenn sie zuvor ermittelt hat, ob in dem Gebiet andere vergleichbare Baurechtsverstöße vorliegen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es nicht, ein Einschreiten generell von derartigen Ermittlungen abhängig zu machen. Ebenso wenig bedarf es der vorherigen Festlegung einer Prioritätenfolge, wenn die Behörde gegen andere Fälle alsbald nach Bekanntwerden einschreitet.

Bordelle sind keine Vergnügungsstätten, sondern Gewerbebetriebe

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30.06.2023 – 1 LA 112/22

1. Zur Auslegung einer Festsetzung in einem Bebauungsplan, die durch Regelbeispiele konkretisiert wird.

2. Bordelle und bordellartige Betriebe sind bauplanungsrechtlich keine Vergnügungsstätten, sondern als Gewerbebetriebe zu behandeln (Anschluss u. a. an BVerwG, Beschluss vom 05.06.2014 – 4 BN 8.14, IBRRS 2014, 2906).

Kaufvertrag ist keine Duldung einer baurechtswidrigen Nutzung

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.07.2023 – 7 A 1049/22

Mit dem Abschluss des Kaufvertrags als privatem Rechtsgeschäft gibt die Baubehörde nicht zu erkennen, dass sie sich auf Dauer mit der Existenz einer formell illegalen Nutzung abfinden wird.