Ax Hochbaurecht

OLG Dresden zu der Frage, ob der Auftraggeber dazu verpflichtet ist, den Auftragnehmer nach Wegfall einer Behinderung zur Fertigstellung der Leistung aufzufordern

OLG Dresden zu der Frage, ob der Auftraggeber dazu verpflichtet ist, den Auftragnehmer nach Wegfall einer Behinderung zur Fertigstellung der Leistung aufzufordern

vorgestellt von Thomas Ax

1. Eine unvollständige Ausführungsplanung kann die nicht fristgerechte Leistung nicht zu rechtfertigen, wenn nicht ersichtlich ist, was an der Ausführungsplanung fehlt und warum dies zu einer Verzögerung führt. Der Auftragnehmer muss Angaben dazu machen, bis wann der Auftraggeber die Ausführungsplanung vorlegen musste und wie sich eine verspätete Planvorlage auf die Leistungserbringung konkret ausgewirkt hat.
2. Der Auftraggeber ist nicht dazu verpflichtet, den Auftragnehmer nach Wegfall einer Behinderung zur Fertigstellung der Leistung aufzufordern. Vielmehr hat der Auftragnehmer seinen Verzug zu beenden und die Leistung so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich anzubieten.
3. Die Leistung des Auftragnehmers ist nicht abnahmereif, wenn fehlende oder mangelhafte Arbeiten (hier: fehlende Geländer der Dachterrasse) sicherheitsrelevant sind.
4. Auch anderen Unternehmern zuzurechnende Mängel an der Leistung des Auftragnehmers berechtigen den Auftraggeber zur Abnahmeverweigerung. Wenn zwei Umstände einen Schaden verursachen und jeder für sich allein ausgereicht hätte, den ganzen Schaden zu verursachen, sind beide Umstände als ursächlich zu behandeln.
5. Die Leistung ist zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat, den anerkannten Regeln der Technik entspricht und – falls nichts anderes nicht vereinbart ist – eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber nach der Art der Leistung erwarten kann.
6. Wird der Auftragnehmer mit dem Einbau von Schaufensterscheiben beauftragt, gehört es zu nach der vom Vertrag vorausgesetzten bzw. gewöhnlichen Verwendungseignung, dass die Schaufensterscheiben mit Folien, etwa zu Informations- und Werbezwecken oder als Sichtschutz, beklebt werden können.
7. Können die eingebauten Schaufensterscheiben im Grundsatz beklebt werden, wenn auch im Einzelfall die Gefahr von Rissbildungen besteht, erfüllen sie ihre gewöhnliche Funktion.
OLG Dresden, Urteil vom 16.07.2021 – 13 U 1583/18
vorhergehend:
LG Dresden, 31.08.2018 – 41 HK O 252/15
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 05.07.2023 – VII ZR 823/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Gründe:

A.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten der Höhe nach unstreitige Vergütung aus zwei Werkverträgen. Die Beklagte rechnet mit einem Schadensersatzanspruch aus abgetretenem Recht der Z. GmbH (künftig: Zedentin) auf und macht ein Zurückbehaltungsrecht wegen mangelhafter Schaufensterscheiben geltend. Auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung verurteilt, in Höhe von 1.600,00 Euro allerdings nur Zug um Zug gegen Beseitigung eines Mangels an einem Fensterelement. Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Die Beklagte meint, sie habe zu dem zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch ausreichend vorgetragen. Den Vortrag im Schriftsatz vom 20.02.2018 habe das Landgericht komplett ignoriert. Bei den fehlenden Geländern habe es sich unstreitig um sicherheitsrelevante Mängel gehandelt, die zur Abnahmeverweigerung berechtigt hätten. Hätte hingegen die Klägerin ihre Leistung vertragsgemäß fertiggestellt, wäre die Abnahmeverweigerung unberechtigt gewesen und der Zedentin hätte deswegen ein Schadensersatzanspruch gegen die Erwerberin zugestanden. Die Höhe wäre mit dem hier geltend gemachten Schaden identisch gewesen. Der Verlust dieses Schadensersatzanspruchs stelle einen Verzugsschaden dar, den die Beklagte aus abgetretenem Recht geltend machen könne.

Außerdem stehe ihr ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe des vollen Klagebetrags zu, da die gesamte von der Klägerin gelieferte und montierte Schaufensterverglasung mangelhaft sei und sich die Mangelbeseitigungskosten auf 35.000,00 Euro beliefen. Der Sachverständige sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Schaufensterverglasung höheren Temperaturunterschieden auf Dauer nicht standhalte. Dass es bislang nur zu dem kleinen streitgegenständlichen Riss gekommen sei, habe er als pures Glück bezeichnet. Es habe der Klägerin oblegen, eine für die angestrebte Verwendung geeignete Glasqualität vorzuschlagen. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, dazu eine Fachplanung einzuholen. Die Leistung der Klägerin sei nur frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst für die gewöhnliche Verwendung eigne und eine Beschaffenheit aufweise, die bei Werken gleicher Art üblich sei und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten könne. Jedenfalls habe die Klägerin Bedenken gegen die Ausführungsqualität anmelden müssen, selbst wenn diese vertraglich vorgegeben gewesen wäre.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Dresden – 41 HK O 252/15 – abzuändern und die Klage abzuweisen,

hilfsweise den Rechtsstreit an das Landgericht Dresden unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Verfahrens zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und meint, die Schaufensterverglasung sei funktionsgerecht und für die gewöhnliche Verwendung geeignet. Eine direkte Sonneneinstrahlung über mehrere Stunden sei durch die gegenüberliegende Bebauung ausgeschlossen. LKWs dürften in dem Bereich nur kurzfristig parken. Dass Schaufensterscheiben vollflächig mit Fensterfolie beklebt würden, sei unüblich. Die Klägerin habe zudem von einer Fachplanung ausgehen dürfen, da die von der Beklagten beauftragte Architektin die Vorgabe für die Verglasung übermittelt habe. Das untergeordnete Aufbringen von Klebefolien zu Werbezwecken führe zu keiner thermischen Rissbildung. Die Höhe der Mangelbeseitigungskosten stellt die Klägerin in Abrede.

Der Schadensersatzanspruch bestehe nicht. Die Klägerin bestreitet sicherheitsrelevante Mängel ihrer Leistung. Selbst wenn es solche gegeben hätte, habe die Zedentin wegen der Verletzung anderer Vertragspflichten die Abnahmeverweigerung hinnehmen müssen. Dabei komme es nicht darauf an, ob sich im Nachgang herausgestellt habe, dass einzelne Abnahmemängel unberechtigt gerügt worden seien. Letztlich habe die Zedentin mit ihrem Auftraggeber eine Einigung abgeschlossen, so dass es nicht mehr darauf ankomme, ob wegen einzelner Mängel eine Abnahme berechtigt gewesen sei oder nicht. Aus dem Beklagtenvortrag ergebe sich nicht, dass die nicht aus dem Leistungsbereich der Klägerin stammenden Mängel nicht zur Abnahmeverweigerung hätten führen dürfen. Die Folgen der Einigung mit der Auftraggeberin könne die Beklagte nicht bei der Klägerin geltend machen.

Hätte die Zedentin nach dem Abnahmetermin der Klägerin die Möglichkeit gegeben, die Restleistungen auszuführen, hätte sie die nächste Kaufpreisrate erhalten. Im Übrigen sei von der Auftraggeberin keine fehlende Absturzsicherung gerügt worden, sondern lediglich eine zu ergänzende. Diese Restleistung sei nicht als besonders wesentlich oder gravierend gerügt worden.

Der tatsächliche Vermietungsstand des Objekts sei für die Zeit vor März 2015 nicht belegt. Damit hätten die Fälligkeitsbedingungen der dritten Kaufpreisrate vor März 2015 nicht vorgelegen, so dass die Zahlungsverweigerung der Auftraggeberin gerechtfertigt gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens und wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die eingereichten Schriftsätze und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen sowie auf die schriftlichen Sachverständigengutachten Bezug genommen.

B.

Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Die Beklagte kann dem nach Grund und Höhe unstreitigen Werklohnanspruch der Klägerin weder eine aufrechenbare Forderung entgegenhalten noch ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen, das über das in dem angefochtenen Urteil bereits berücksichtigte hinausginge.

I.

Der Beklagten steht ein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch aus abgetretenem Recht der Z. GmbH (künftig: Zedentin) nicht zu. Zwar bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Abtretung. Der behauptete Schaden wurde jedoch nicht zur Überzeugung des Senats durch die Klägerin verursacht.

1. Die Abtretung an die Beklagte ist zulässig.

a) Der abgetretene Anspruch ist hinreichend bestimmt.

Gemäß der Abtretungserklärung (Anlage B 4) trat die Zedentin die ihr gegen die Klägerin zustehenden Schadensersatzansprüche aus dem Bauvertrag über das Bauvorhaben …-Straße … teilweise, nämlich in Höhe von 46.410,00 Euro ab. Welche Schadensersatzansprüche erfasst sein sollen, ergibt sich aus dem Gesamttext der Abtretungsurkunde. Aus diesem erschließt sich, dass es um den Schaden geht, der der Zedentin dadurch entstand, dass die Klägerin “ihre Leistungen zum einen mangelhaft und zum anderen nicht fristgemäß fertig gestellt hat“. Weiter konkretisiert wird die Abtretung im Folgenden, indem auf den Schaden abgestellt wird, der “der Unternehmensgruppe … letztlich durch die gescheiterte Abnahme am 15.12.2014” entstand. Zudem ist näher erläutert, dass der Schaden darin begründet liegt, dass die Zedentin ihrer Verpflichtung, der Beklagten ein Darlehen auszureichen, nicht nachkommen konnte und die Beklagte wiederum zur Erfüllung ihrer Kaufpreiszahlungsverpflichtung aus einem Grundstückskaufvertrag nicht in der Lage war und deswegen Verzugszinsen und einen pauschalen Schadensersatz von 40.000,00 Euro an die Veräußerin zu zahlen hat. Diese beiden Schadenspositionen sind unselbständige Rechnungsposten des Verzugsschadens der Veräußerin, so dass auch der Beklagten aus der Nichterfüllung des Darlehensvertrags ein einheitlicher, betragsmäßig teilbarer Schadensersatzanspruch gegen die Zedentin erwuchs.

b) Dieser konnte teilweise an die Beklagte abgetreten werden.

Der behauptete Schaden der Zedentin besteht in ihrer eigenen Schadensersatzpflicht gegenüber der Beklagten, die ihr daraus entstand, dass sie mit der Ausreichung des Darlehens, zu der sie sich für den 30.12.2014 verpflichtet hatte (Anlage B 2), aber wegen der ausbleibenden dritten Kaufpreisrate für das Bauvorhaben …-Straße … nicht in der Lage war, in Verzug geriet. Da die Zedentin keine Zahlungen an die Beklagte auf deren Schadensersatzanspruch leistete, stand ihr zunächst gegen die Klägerin – deren Einstandspflicht unterstellt – (nur) ein Freistellungsanspruch zu. Diesen konnte sie an die Beklagte als Gläubigerin der Verbindlichkeit, von der sie zu befreien ist, teilweise abtreten, weil damit keine Inhaltsänderung des Anspruchs verbunden ist, die nach § 399 BGB der Abtretung entgegenstünde. Der Befreiungsanspruch wandelte sich, soweit er abgetreten wurde, in einen Zahlungsanspruch (BGH, Beschluss vom 08.11.2017 – VII ZB 9/15).

2. Der abgetretene Schadensersatzanspruch besteht indes nicht.

a) Die Klägerin geriet allerdings gegenüber der Zedentin in Verzug.

Nach den vertraglichen Vereinbarungen hatte sie ihre Leistungen bis zum 06.12.2014 zu erbringen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Geländer der Dachterrasse, insbesondere die Eckausbildungen der Attika nicht montiert und das Parkplatzgeländer entsprach nicht den sicherheitstechnischen Anforderungen, weil die Mindesthöhe teilweise unterschritten war. Damit war die Leistung der Klägerin nicht abnahmefähig ausgeführt, da die fehlenden oder mangelhaften Arbeiten sicherheitsrelevant waren und sich daraus ein nicht unerhebliches Gefahrenpotential für die Nutzer und Besucher des Objekts ergab, so dass der Zedentin im Schadensfall drohte, als Verkehrssicherungspflichtiger in Anspruch genommen zu werden (OLG Hamm, Urteil vom 26.11.2003 – 12 U 112/02). Bezüglich des zu niedrigen Parkplatzgeländers hat der Sachverständige SV1 im Vorprozess zwischen der Klägerin und der Zedentin in seinem Gutachten, das die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit selbst vorgelegt (Anlage K 54) und nicht in Zweifel gezogen hat, die Sicherheitsrelevanz des Mangels ausdrücklich festgestellt. Dass die fehlenden Eckausbildungen der Attikageländer, die auf der Dachterrasse einen Abstand von ca. 60 cm zwischen Geländer und Mauerwerk ausfüllen sollten, eine Sicherungsfunktion gegen Abstürze haben, liegt auf der Hand (s. Bild 1 der Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2019, GA 398).

Umstände, die einen Verzug gehindert hätten, hat die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Klägerin nicht schlüssig vorgebracht.

aa) Eine Änderung des Bauentwurfs, die die Ausführungsfrist obsolet gemacht hätte, trägt die Klägerin nicht hinreichend vor. Es lässt sich ihrem Vorbringen nicht entnehmen, was für Änderungen die Zedentin vornahm und wie sich diese auf den Bauablauf auswirkten.

bb) Auch der Vortrag zu einer Behinderung wegen einer unvollständigen Ausführungsplanung vermag die nicht fristgerechte Leistung nicht zu rechtfertigen. Es ist nicht ersichtlich, was an der Ausführungsplanung fehlte und warum dies zu einer Verzögerung führte. Dazu hätte die Klägerin insbesondere vortragen müssen, bis wann die Zedentin die Ausführungsplanung vorlegen musste und wie sich eine verspätete Planvorlage auf die Leistungserbringung der Klägerin konkret auswirkte.

cc) Soweit die Klägerin am Aufmaß zu einer bestimmten Leistungsposition gehindert gewesen sein will, ist nicht ersichtlich, warum dies Auswirkungen auf den vereinbarten Fertigstellungstermin gehabt haben soll, nachdem die Klägerin selbst vorträgt, dass die Zedentin diese Leistung schließlich entfallen ließ.

dd) Am bereits mit Ablauf des 06.12.2014 eingetretenen Verzug ändert nichts, dass die Klägerin am 13.12.2014 in der Ausführung ihrer Leistung teilweise behindert gewesen sein mag, weil mittlerweile die Hülsen zur Befestigung der Geländerelemente zugeschüttet worden waren. Zwar hätte der Verzug geendet, wenn die Zedentin in Annahmeverzug geraten wäre. Dies war indes nicht der Fall, weil die Klägerin das Zuschütten der Hülsen durch ihren Verzug verursacht hatte und deswegen gehalten gewesen wäre, die Hülsen selbst – wenn auch möglicherweise gegen Vergütung – wieder freizulegen. Im Hinblick auf das mangelhafte Parkplatzgeländer war die Behinderung durch die verschütteten Hülsen ohnehin irrelevant.

ee) Der streitige Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 02.05.2019, die Eckausbildungen des Attikageländers seien nicht ausgeführt worden, weil die Zedentin die Klägerin aufgefordert habe, die Arbeiten einzustellen und die Baustelle zu verlassen, ist erstmals in der Berufungsinstanz gehalten worden und kann nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht berücksichtigt werden. Erstinstanzlich war unstreitig, dass die Klägerin die sicherheitsrelevanten Leistungen bis zum 13.12.2014 erbringen und nur im Übrigen die Arbeiten einstellen sollte. Zu den sicherheitsrelevanten Leistungen gehörten ersichtlich auch die Eckausbildungen der Attikageländer, die der Absturzsicherung dienen. Diese baute die Klägerin laut ihrem eigenen Vortrag im Schriftsatz vom 12.09.2016 (dort S. 8) nicht ein, weil die Hülsen verschüttet waren. Eine – zu dieser Darstellung im Widerspruch stehende – Anordnung der Zedentin, den Einbau sicherheitsrelevanter Teile nicht bis zum 13.12.2014 vorzunehmen, die Arbeiten einzustellen und die Baustelle zu verlassen, lässt sich dem erstinstanzlichen Vortrag nicht entnehmen. Da die Klägerin ersichtlich Anlass gesehen hat, zu den Umständen des Fehlens der Eckausbildungen vorzutragen, besteht kein Grund, die abweichende Darstellung in der Berufungsinstanz nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen, auch wenn der Sachverhalt aus der Sicht des Landgerichts letztlich nicht entscheidungserheblich gewesen ist.

ff) Irrelevant ist für die Fortdauer des Verzugs, dass die Zedentin die Klägerin im Januar 2015 nicht zur Fertigstellung ihrer Leistung aufforderte. Es war an der Klägerin, ihren Verzug zu beenden und die Leistung so, wie sie zu bewirken war, tatsächlich anzubieten, § 294 BGB. Ein solches Angebot trägt die Klägerin nicht vor. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Zedentin die Fertigstellung der Leistung durch die Klägerin im für die Schadensentstehung maßgeblichen Zeitraum verweigerte.

b) Der Verzug der Klägerin rechtfertigte die Abnahmeverweigerung der Käuferin.

Nach Nr. 10.5.1 des Kaufvertrags zwischen der Zedentin und der Käuferin (Anlage B 4) war die Abnahmefähigkeit jedenfalls dann nicht gegeben, wenn sicherheitsrelevante Mängel vorliegen. Dies war, wie oben unter a) ausgeführt, im Hinblick auf die fehlenden Eckausbildungen des Attikageländers und das mangelhafte Parkplatzgeländer der Fall.

c) Es steht indes nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass hierdurch der geltend gemachte Schaden entstand.

aa) Die Kausalität des klägerischen Verzugs für den Schaden der Zedentin kann allerdings nicht mit der Begründung des Landgerichts verneint werden.

Zwar kann davon ausgegangen werden, dass die Käuferin die Abnahme auch dann verweigert hätte, wenn die Klägerin ihre Leistung rechtzeitig und mangelfrei erbracht hätte. Der kausale Zusammenhang entfällt dadurch jedoch nicht. Sollten auch andere, nicht der Klägerin, sondern anderen Subunternehmern zuzurechnende Mängel zur Abnahmeverweigerung berechtigt haben, entlastet das die Klägerin nicht. Wenn zwei Umstände einen Schaden verursachen und jeder für sich allein ausgereicht hätte, den ganzen Schaden zu verursachen, sind beide Umstände als ursächlich zu behandeln (sog. Doppelkausalität, BGH, Urteil vom 04.04.2014 – V ZR 275/12). Hätte die Käuferin hingegen bei rechtzeitiger und mangelfreier Leistung der Klägerin die Abnahme zu Unrecht verweigert, hätte die Zedentin einen Anspruch auf Verzugsschadensersatz gegen die Käuferin gehabt. So war diese aber wegen der nicht rechtzeitig erbrachten Leistungen der Klägerin berechtigt, die Abnahme zu verweigern, so dass sich die Zedentin nicht bei der Käuferin schadlos halten kann. Unerheblich ist dabei, ob die Käuferin die Abnahmeverweigerung tatsächlich auf Mängel der Leistung der Klägerin stützte, da sie nicht daran gehindert war, diese Gründe nachträglich zur Rechtfertigung vorzubringen.

bb) Der Kausalzusammenhang besteht indes nur, wenn die dritte Kaufpreisrate nicht aus von der Zedentin zu verantwortenden Gründen nicht fällig geworden wäre (BGH, Urteil vom 04.04.2014 – V ZR 275/12). Dies hat die Beklagte nicht beweisen können.

Nach Nr. 13.1.2 (c) des Kaufvertrags zwischen der Zedentin und der Käuferin war Voraussetzung für die Fälligkeit der dritten Kaufpreisrate unter anderem, dass die Zedentin “schriftlich einen Vermietungsstand in Höhe von mindestens 90,5 % der nach diesem Vertrag prognostizierten tatsächlichen Fläche von 9.392 qm … nachweist“. Die Beweisaufnahme hat nicht zur Überzeugung des Senats ergeben, dass dies der Fall war.
Der Senat hat hierzu insbesondere den Zeugen Z1 vernommen, der Mehrheitsgesellschafter der Beklagten, deren leitender Angestellter und der Verlobte der Geschäftsführerin der Beklagten ist und zum maßgeblichen Zeitpunkt noch selbst Geschäftsführer der Zedentin war. Aufgrund einer Verurteilung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt kann er derzeit nicht Geschäftsführer sein. Er hat als einziger der vernommenen Zeugen zum Vermietungsstand etwas sagen können. Seine Aussage vermag indes dem Senat – auch nicht unter Berücksichtigung weiterer Umstände – eine vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietende Gewissheit, dass der erforderliche Vermietungsstand erreicht war, nicht zu vermitteln.

In seiner ersten Vernehmung hat der Zeuge zwar zunächst als ihm erinnerliche Tatsache behauptet, dass der erforderliche Vermietungsstand überschritten gewesen sei. Auf Nachfragen hat er aber eingeräumt, dies nicht recherchiert zu haben, sondern (nur) davon auszugehen, dass eine entsprechende Liste existiert habe. Diese Annahme hat er aus einer üblichen Vorgehensweise abgeleitet. Entgegen seiner anfänglichen Darstellung hat dieser also kein konkretes Wissen zugrunde gelegen.

In seiner zweiten Vernehmung, die aufgrund eines Wechsels in der Besetzung des Senats erforderlich geworden ist, hat er sich auf die als Anlage B 10 eingereichte Vermietungsliste, die er nach seiner ersten Vernehmung in den Unterlagen der Beklagten gefunden hat, berufen und erläutert, diese komme in der Weise zustande, dass seine Verlobte die Mietverträge prüfe, die sodann von Mitarbeiterinnen der Beklagten in die Vermietungsliste eingepflegt würden. Er selbst habe durch Aufaddition überprüft, ob der notwendige Vermietungsstand damit erreicht gewesen sei. Dies sei der Fall gewesen. Zu seiner Verlobten und deren Mitarbeiterinnen habe er Vertrauen. Es habe im Nachhinein seitens der Erwerberin des Objekts keine Monierungen gegeben, sodass er davon ausgehe, dass die Liste korrekt gewesen sei.

Auf der Grundlage dieser Darstellung hat der Senat nicht die notwendige Gewissheit erlangt, dass der für die Fälligkeit der dritten Kaufpreisrate vorausgesetzte Vermietungsstand rechtzeitig erreicht war. Der Zeuge hat keine eigenen Kenntnisse der Vermietungssituation wiedergeben können, sondern hat sich lediglich darauf verlassen, dass die von Dritten erstellte Liste inhaltlich richtig ist, ohne diesbezüglich irgendwelche – auch nicht stichprobenartige – Überprüfungsmaßnahmen vorgenommen zu haben. Die Zuverlässigkeit der Personen, die die Liste erstellten, vermag der Senat anhand der Aussage des Zeugen nicht zu beurteilen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Zeuge als Mehrheitsgesellschafter und leitender Angestellter der Beklagten ein starkes Interesse an der Klageabweisung hat und außerdem der derzeitigen Geschäftsführerin der Beklagten in besonderer Weise persönlich verbunden ist. Hinzu kommt, dass das Aussageverhalten des Zeugen dessen Intention hat erkennen lassen, das Vorliegen der Fälligkeitsvoraussetzungen für die dritte Kaufpreisrate zu bestätigen, obwohl er eigene Erkenntnisse dazu gar nicht gehabt hat. Eine ausreichende Gewähr für die Richtigkeit der Vermietungsliste kann der Zeuge dem Senat unter diesen Umständen nicht bieten.

Das rechtzeitige Erreichen des notwendigen Vermietungsstands wird nicht etwa dadurch bestätigt, dass die Käuferin dies zu keinem Zeitpunkt beanstandet haben mag. Zu dem fehlgeschlagenen Abnahmetermin am 15.12.2014, bei dem die die Vermietung betreffenden Unterlagen übergeben worden sein sollen, hatte die Käuferin keinen Anlass, den Vermietungsstand eingehend zu prüfen und ein Nichterreichen zu monieren, da sie ohnehin die Abnahme wegen Mängeln verweigerte und es für sie daher auf die anderen Voraussetzungen für die Fälligkeit der dritten Kaufpreisrate zu diesem Zeitpunkt nicht entscheidend ankam. Dass sie Anfang März 2015 die dritte Kaufpreisrate zahlte, besagt nichts darüber, ob sie die vorgelegten Vermietungsnachweise schon im Dezember 2014 für ausreichend hielt.

Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz als weitere Zeugin Z2 zum Beweis angeboten hat, ist dieses neue Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Der Vermietungsstand war schon im ersten Rechtszug thematisiert und streitig, so dass die Beklagte die erforderlichen Beweismittel hätte benennen müssen. Auch wenn für das erstinstanzliche Gericht die Frage bei der Urteilsfindung letztlich nicht erheblich gewesen ist, ist die Beklagte nicht etwa durch die Prozessleitung vom Beweisantritt abgehalten worden. Vielmehr hat das Landgericht mit Verfügung vom 09.01.2018 die Beklagte darauf hingewiesen, zum Vermietungsstand nicht hinreichend substantiiert vorgetragen zu haben, wodurch es hat erkennen lassen, dass es hierauf durchaus ankommen könne. Dies hat die Beklagte auch so verstanden, da sie sodann im Schriftsatz vom 20.02.2018 auf Seite 3 (GA 181) für das Erreichen des Vermietungsstands Zeugen, nämlich Herrn Z1 und Frau Z3 (auf die Vernehmung Letzterer hat die Beklagte in der Berufungsinstanz verzichtet), nicht aber Frau Z2 benannt hat.

II.

Der Beklagten steht gegen die Werklohnforderung der Klägerin kein weitergehendes Zurückbehaltungsrecht zu, als es in dem angefochtenen Urteil berücksichtigt worden ist. Die Schaufensterscheiben sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht deswegen mangelhaft, weil sie nicht einschränkungslos mit Folien beklebbar sind.

1. Die Leistung ist nach § 13 Abs. 1 VOB/B zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten Regeln der Technik entspricht, und, falls die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber nach der Art der Leistung erwarten kann. Dabei kann nicht allein die Vereinbarung der Ausführungsart Grundlage für die Beurteilung sein, inwieweit die vereinbarte Beschaffenheit eingehalten ist (BGH, Urteil vom 08.11.2007 – VII ZR 183/05). Ist die Funktionstauglichkeit für den vertraglich vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch vereinbart und ist dieser Erfolg mit der vertraglich vereinbarten Leistung oder Ausführungsart oder den anerkannten Regeln der Technik nicht zu erreichen, schuldet der Unternehmer die vereinbarte Funktionstauglichkeit (BGH, Urteil vom 08.05.2014 – VII ZR 203/11, Rn. 14; Urteil vom 08.11.2007 – VII ZR 183/05).

2. Die vertraglich geschuldete Qualität der Schaufenster richtet sich demnach nicht nach der vereinbarten und von der Architektin der Beklagten freigegebenen Ausführungsart, wenn diese für die nach dem Vertrag vorausgesetzte bzw. gewöhnliche Verwendung nicht geeignet ist. Da eine besondere nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung nicht ersichtlich ist, ist maßgeblich auf die gewöhnliche abzustellen.

3. Der Senat geht aufgrund eigener Lebenserfahrung davon aus, dass es heutzutage wie auch schon zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zwischen den Parteien üblich ist und war, Schaufensterscheiben mit Folien etwa zu Informations- und Werbezwecken, als Sichtschutz o.ä. zu bekleben. Die Möglichkeit, dies zu tun, gehört mithin zur Funktionstauglichkeit für den gewöhnlichen Gebrauch und war daher von der Klägerin geschuldet, auch wenn die Beklagte der Klägerin keine Vorgaben hinsichtlich eines Beklebens mit Folien machte.

4. Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass die von der Klägerin eingebauten Schaufensterscheiben für die gewöhnliche Verwendung nicht geeignet sind. Nach den Ausführungen des Sachverständigen SV2 können die Schaufensterscheiben im Grundsatz beklebt werden, wenn auch mit einer Planung im Einzelfall der Gefahr von Rissbildung zu begegnen ist. Diese Einschränkung ist vor dem Hintergrund, dass ein jegliche Beklebung zulassendes Glas gegenüber dem hier eingebauten nach den Ausführungen des Sachverständigen ein Mehrfaches an Kosten verursacht hätte, zumutbar. Damit erfüllen die eingebauten Fensterelemente ihre gewöhnliche Funktion als Schaufensterscheiben.

5. Darüber hinaus müssen die Fensterelemente die Beschaffenheit aufweisen, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller erwarten kann. Ein Mangel läge somit vor, wenn Schaufensterscheiben üblicherweise in größerem Umfang oder mit geringeren Einschränkungen beklebt werden können, als es bei den eingebauten der Fall ist. Dabei kommt es nicht darauf an, inwieweit Beklebungen mit Folien – möglicherweise ohne Prüfung der Eignung der jeweiligen Scheibe – faktisch vorgenommen werden. Eine verbreitete Nutzung ist nicht als für die übliche Beschaffenheit von Werken der gleichen Art maßgeblich anzusehen, wenn diese für eine solche Nutzung nicht geeignet sind.

Die Beklagte hat ihre Behauptung, Schaufensterscheiben seien üblicherweise so beschaffen, dass sie ohne jegliche Einschränkungen beklebt werden können, nicht bewiesen. Das hierzu eingeholte Gutachten des Sachverständigen SV2 hat vielmehr zur Überzeugung des Senats ergeben, dass bei den meisten Schaufensterscheiben, insbesondere den nach Süden ausgerichteten, die Gefahr besteht, dass sich durch thermische Einwirkungen Risse bilden, wenn Beklebungen mit Folien vorgenommen werden, ohne deren Auswirkungen auf die thermische Belastung des Glases zu berücksichtigen. Zwar hat der Sachverständige keine statistische Erhebung bezüglich der tatsächlich eingebauten Schaufensterscheiben vorgenommen, sondern lediglich aus seiner langjährigen Berufserfahrung als Unternehmer im Glaserrei- und Metallbau geschätzt, dass 95 % der geplanten und verbauten Schaufensterisolierglaseinheiten im Bundesgebiet für eine Beklebung jeglicher Art nicht geeignet sind. Diese Schätzung hat er indes mit den Ausführungen unterlegt, dass lediglich stark gehärtete Gläser voll und frei beklebbar seien, solche jedoch selten verwendet würden. In der Industrie würden wegen des erheblichen Preisgefälles ganz überwiegend weniger harte Gläser hergestellt. Harte Gläser kämen nur dort zum Einsatz, wo dies zwingend notwendig sei, etwa aus Gründen des Unfallschutzes. Diese fachkundige Darstellung begründet, ohne dass es auf die Richtigkeit der vom Sachverständigen genannten Prozentzahl ankäme, die Überzeugung des Senats, dass uneingeschränkt beklebbare Schaufensterscheiben jedenfalls nicht die Regel und damit nicht als üblich anzusehen sind. Auch ohne statistische Erhebung ist nachvollziehbar, dass der Einsatz von stark gehärteten Gläsern, die gegenüber weniger harten erheblich teurer sind, nur ausnahmsweise erfolgt, wie der Sachverständige ausgeführt hat. Eine solche Übung entspricht der von den Bauherren regelmäßig beachteten Wirtschaftlichkeit. Es ist daher fernliegend, dass die überwiegende Menge der als Schaufenster dienenden Fensterelemente aus so hartem Glas bestehen, dass eine uneingeschränkte Beklebung ohne die Gefahr eines Glasbruchs möglich ist.

Ob möglicherweise eine Pflichtverletzung der Klägerin darin liegt, dass sie die Beklagte auf die Einschränkungen in der Beklebbarkeit nicht hinwies, ist für die Frage der Mangelhaftigkeit der Scheiben und damit für das geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht nicht relevant. Einen gegebenenfalls aus einer solchen Pflichtverletzung resultierenden Schadenersatzanspruch verfolgt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit nicht.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711, § 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.

OLG Braunschweig zu der Frage, wann ein Bauvertrag notariell beurkundet werden muss, weil er mit einem Grundstückskaufvertrag verbunden ist

OLG Braunschweig zu der Frage, wann ein Bauvertrag notariell beurkundet werden muss, weil er mit einem Grundstückskaufvertrag verbunden ist

vorgestellt von Thomas Ax

1. Ein Bauvertrag muss notariell beurkundet werden, wenn er mit einem Grundstückskaufvertrag eine rechtliche Einheit bildet und wenn die Verträge nach dem Willen der Parteien derart voneinander abhängen, dass sie miteinander “stehen und fallen” sollen.
2. Ist ein Bauvertrag von einem Grundstückskaufvertrag abhängig, dieser aber nicht von ihm, ist er nicht gem. § 313b BGB zu beurkunden (Anschluss an BGH, IBR 2002, 461).
3. Ein etwaiger Formverstoß wird durch Auflassung und Eintragung in das Grundbuch geheilt. Das gilt auch für die Heilung eines nicht mitbeurkundeten, an sich formfreien und nur wegen des Verknüpfungswillens formbedürftigen Bauvertrags.
4. Auf einen Bauträgervertrag finden die Vorschriften des Werkvertragsrechts Anwendung, auch wenn er von den Parteien als “Bauträger-Kaufvertrag” bezeichnet worden ist.
5. Ein Bauträger darf nur Zahlungen entgegennehmen, die den jeweiligen Raten der MaBV entsprechen. Eine von den Vorschriften der MaBV abweichende Vereinbarung zwischen einem Bauträger und einem Erwerber ist nichtig.
6. Die Nichtigkeit erfasst ausschließlich die Zahlungsvereinbarung und berührt die Wirksamkeit des Vertrags im Übrigen nicht. An die Stelle der nichtigen Vereinbarung tritt die Vorschrift des § 641 Abs. 1 BGB, so dass die Zahlungsverpflichtung des Erwerbers erst mit der Abnahme fällig wird.
7. Die Klausel in einem vom Bauträger vorformulierten Vertrag, wonach die Abnahme des Gemeinschaftseigentums auch durch die Hausverwaltung erfolgen kann, benachteiligt den Erwerber unangemessen und ist unwirksam, weil jeder Erwerber einen individuellen Anspruch auch auf Abnahme es Gemeinschaftseigentums hat.
8. Der Begriff “schlüsselfertig” ist die funktionale Beschreibung des Leistungsinhalts. Daher gehen konkrete Leistungsbeschreibungen vor. Nur soweit diese Lücken aufweisen, können diese durch die Schlüsselfertigklausel gefüllt werden. Eine Lücke liegt aber nicht vor, wenn ausdrücklich bestimmte Leistungen herausgenommen werden.
OLG Braunschweig, Urteil vom 16.01.2020 – 8 U 2/17
vorhergehend:
LG Göttingen, 06.12.2016 – 8 O 203/14
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 02.11.2022 – VII ZR 22/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Gründe

A.

Die Parteien machen gegenseitige Ansprüche aus einem Kaufvertrag (Angebot vom 13.05.2013 – UR-Nr. …./2013 des Notars Dr. K. – Anlage K 1 und Annahme vom 25.06.2013 – UR-Nr. …/2013 des Notars Dr. K. – Anlage K 2) und einem Bauträger-Kaufvertrag (fortan nur Bauträgervertrag) vom 07.10.2013 (UR-Nr. …/2013 des Notars Dr. K. – Anlage K 3) geltend.

Die Klägerin begehrt die Rückzahlung von 306.900,00 Euro. Dies betrifft zum einen eine Zahlung in Höhe von 216.900,00 Euro, die in dem Kaufvertragsangebot vom 13.05.2013 für Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten erwähnt wird, sowie zum anderen einen Betrag in Höhe von 90.000,00 Euro, der als 1. Rate auf den Bauträgervertrag vom 07.10.2013 von der Klägerin an die Beklagte gezahlt worden ist. Ferner macht sie die Zahlung auf einen Beitragsbescheid der Stadt N. für die Ablösung eines Stellplatzes geltend.

Die Beklagte macht im Wege der Widerklage geltend, dass der Bauträgervertrag wirksam und daher die Klägerin verpflichtet sei, die noch offenen Raten des “Kaufpreises” für zwei Eigentumswohnungen, zwei Tiefgaragenplätze und eine Gewerbefläche Zug-um-Zug gegen Übergabe dieser Objekte zu zahlen. Ferner begehrt sie die Feststellung, dass sich die Klägerin mit der Abnahme der vorgenannten Wohnungs- und Teileigentume in Verzug befinde. Des Weiteren ist sie der Auffassung, dass die Klägerin den Schaden aus der nicht erfolgten Übergabe der Wohnungs- und Teileigentume zu ersetzen habe.

Wegen des Sach- und Streitstands und der Anträge erster Instanz wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (LGU S. 1 bis 8, Bl. 177 ff. d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage teilweise stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Klägerin kein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Kaufpreisanteile in Höhe von 306.900,00 Euro aus ungerechtfertigter Bereicherung zustehe, weil der Bauträgervertrag vom 07.10.2013 nicht formunwirksam zustande gekommen sei. So ergebe sich aus der Beweisaufnahme nicht, dass der seitens der Klägerin an die Beklagte gezahlte Betrag von 216.900,00 Euro ganz oder teilweise eine versteckte Zahlung eines weiteren Kaufpreises sei. Vielmehr habe die Klägerin ihren Sachvortrag in der Anhörung dahingehend geändert, dass dieser Betrag für Anbindungsarbeiten geleistet worden sei und man vereinbart habe, dass der insoweit nicht verbrauchte Rest mit dem Kaufpreis zu verrechnen sei. Diese Verrechnung sei keine zusätzliche, versteckte Kaufpreiszahlung. Die Formvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches seien daher nicht verletzt. Soweit ein Verstoß gegen die Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) vorliege, führe dieser lediglich dazu, dass die Vergütung nach § 641 Abs. 1 BGB mit der Fertigstellung zu erbringen, die Abschlagszahlungsvereinbarung dagegen nichtig sei. Das Vorbringen der Klägerin zur Verrechnung entspreche auch ihrem weiteren Vortrag, wonach der Geschäftsführer der Beklagten eine Anschubfinanzierung gewollt habe. Der sogenannte “Zettel” (Anlagen K 17-18), auf dem der Geschäftsführer der Beklagten im Zuge der Vertragsverhandlungen verschiedene Preise notiert habe, sei daher unbeachtlich. Der Formzwang des § 311 b BGB erstrecke sich zwar auf die Verrechnung mit Gegenforderungen. Die Klägerin habe aber für die von ihr behauptete Verrechnung, welche die Beklagte in Abrede gestellt habe, keinen Beweis angeboten.

Der Klägerin stehe auch kein Anspruch auf Zahlung von 191.900,00 Euro (216.900,00 Euro abzüglich 25.000,00 Euro als unstreitige Kosten für Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten) aus ungerechtfertigter Bereicherung zu, weil die Klägerin selbst nunmehr einen Rechtsgrund für die Zahlungen vorgetragen habe. Soweit die Parteien über den Umfang dieser Arbeiten stritten, betreffe dieser Streit nicht den Rechtsgrund der Zahlung.

Der Klägerin stehe weiter auch kein Anspruch auf Ausgleich der Zahlung zu, die sie aufgrund der an sie gerichteten Ablösungsbeitragsbescheide der Stadt N. in Höhe von 3.783,00 Euro geleistet habe. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass nach Ziffer III. 4. des Anbietungsvertrages vom 13.05.2013 (Anlage K 1) eventuelle Ablösungsbeträge von der Klägerin zu leisten seien.

Mangels Bestehens einer Hauptforderung bestehe auch kein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtanwaltskosten.

Die Zwischenfeststellungswiderklage sei dagegen zulässig und begründet. Letzteres folge aus den vorangegangenen Ausführungen. Die weitergehende Widerklageforderung auf Zahlung des restlichen Kaufpreises für die Wohnungs- und Teileigentume sei nicht fällig. Die Klägerin habe mit Schriftsatz vom 28.08.2016 (Blatt 153 d. A.) unter Bezugnahme auf das Protokoll der Wohnungseigentümerversammlung vom 20.03.2016 vorgetragen, dass das Blockheizkraftwerk des Hauses nicht in der Lage sei, das Objekt ausreichend mit Warmwasser zu versorgen. Diesem Vortrag sei die Beklagte nicht entgegengetreten. Daher habe die Klägerin zu Recht die Abnahme verweigert. Eine Wohnung, die nicht ausreichend mit Warmwasser versorgt werden könne, sei nur eingeschränkt nutzbar. Daher befinde sich die Klägerin auch nicht mit der Abnahme des Werkes in Verzug. Ein Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten seitens der Beklagten scheide mithin ebenso aus.

Gegen dieses der Klägerin am 07.12 2016 zugestellte Urteil hat sie mit Schriftsatz vom 03.01.2017, eingegangen beim Oberlandesgericht am 06.01.2017, Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 03.03.2017, eingegangen beim Oberlandesgericht am selben Tage, begründet, nachdem die Frist für die Begründung der Berufung auf den am 06.02.2017 eingegangenen Antrag bis zum 07.03.2017 verlängert worden war.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 09.12 2016 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 04.01.2017, eingegangen beim Oberlandesgericht am 06.01.2017, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 03.02.2017, eingegangen beim Oberlandesgericht am 06.02.2017, begründet.

Die Klägerin greift das Urteil, soweit ihre Klage abgewiesen worden ist, in vollem Umfang an. Sie ist hinsichtlich des Betrages von 216.900,00 Euro der Auffassung, dass sie ohne Rechtsgrund gezahlt habe.

Das Angebot (Anlage K 1), das die Beklagte mit notariellem Vertrag vom 25.06.2013 (Anlage K 2) angenommen habe, stelle nur eine Absichtserklärung hinsichtlich der Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten dar. Dies ergebe sich aus den entsprechenden vertraglichen Formulierungen. Die Klägerin habe u.a. entsprechend der Vorbemerkung des Angebotes (S. 2 der Anlage K 1) nicht den Willen zu einem Vertragsschluss gehabt. Auf S. 3 des Angebots sei z. B. weiter ausdrücklich geregelt, dass “mit diesem Vertrag” keine rechtlich verbindliche Bauverpflichtung begründet werde. Die in der Urkunde vom 13.05.2013 (Anlage K 1) angesprochenen Kaufpreise für die Wohnungs- und Teileigentume seien lediglich unverbindliche Absprachen nach der Art eines “letters of intent” gewesen. Verpflichtungen zum Erwerb der zwei Eigentumswohnungen und der Nebenanlagen sollten erst nach Herstellung und Fertigstellung der gesamten Wohnungseigentumsanlage erfolgen. Zu diesen unverbindlichen Absprachen habe es auch gehört, dass die Klägerin bei Baubeginn 216.900,00 Euro als eigenen Leistungsanteil für Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten in der K. Straße 9 zu zahlen gehabt habe. Eine nähere Konkretisierung der geschuldeten Leistung sei aber gerade ausdrücklich nicht vorgenommen worden. Vielmehr seien lediglich Bauabsichten bekundet worden. Eine nähere Konkretisierung der Bauverpflichtung sei auch nicht aus den Plänen zu entnehmen. Der Ablauf der verschiedenen Verträge spreche auch für diese Auslegung. So ergebe sich aus dem Zahlungsplan, dass zunächst die Grundstücke in der H.-straße von der Beklagten erworben werden sollten. Anschließend seien die Teilungserklärung und schließlich der Abschluss des Bauträgervertrages vereinbart worden. Daraus folge, dass die Dachanbindung nur sinnvoll vereinbart werden könne, wenn die Grundstücke in der H.-straße erworben und die Bauausführung verbindlich festgelegt seien. Erst aufgrund dieser Unterlagen könne die Dachanbindung konkret vereinbart werden. Auch die Annahmeurkunde verweise nicht auf einen Bauträgervertrag. Erst der spätere Bauträgervertrag (Anlage K 3) zeige, dass allein in diesem Vertrag entsprechende Herstellungsverpflichtungen vereinbart worden seien.

Es habe auch keine abschließende Einigung der Parteien über die zu leistenden Arbeiten vorgelegen. Man habe sich insofern noch in einer Vertragsanbahnungsphase befunden. Die Parteien seien sich lediglich einig gewesen, dass die Zahlung der 216.900,00 Euro nur eine “Finanzspritze” sein sollte, um der Beklagten die Realisierung des Projekts zu ermöglichen. Die in dem Angebot (Anlage K 1) erwähnten 216.900,00 Euro seien als Anschubfinanzierung zwecks Durchführung des Bauvorhabens gezahlt worden, was der Zeuge B. W. auch bestätigt und die Beklagte selbst im Schriftsatz vom 20.11.2014 (Blatt 51 f d. A.) eingeräumt habe. Die Klägerin und ihre Familie hätten in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht verschiedene Punkte angesprochen und dabei die Zahlung als Anschubfinanzierung betrachtet. Wofür am Ende das Geld Verwendung finden sollte oder ob eine Verrechnung mit dem späteren Kaufpreis für die Wohnungen erfolgen sollte, sei offen gewesen. Man habe darauf vertraut, dass alle Verbindungsarbeiten zwischen dem Alt- und dem Neubau von diesem Betrag geleistet werden und der Restbetrag mit dem Kaufpreis verrechnet werde. Einen entsprechenden separaten Vertrag habe die Beklagte nicht abschließen wollen. Welche Arbeiten auszuführen seien, sei daher nie festgehalten worden. Der Begriff der Anschubfinanzierung setze im Übrigen voraus, dass der Betrag zurückzuzahlen sei. Mit dem von der Feuerversicherung gezahlten Betrag habe die Verbindung der H.-straße mit der K. Straße inklusive der Stellplätze, des Rolltores und des Daches erstellt werden und, soweit nach Erledigung dieser Arbeiten noch ein Betrag übriggeblieben wäre, dieser mit dem Kaufpreis für die Wohnungen verrechnet werden sollen. Das Bestreiten der Beklagten hinsichtlich einer Verrechnungsvereinbarung stehe zu der unstreitigen Anschubfinanzierung im Widerspruch. Eine versteckte Kaufpreiszahlung liege darin, dass die 216.900,00 Euro für die Erstellung des gemeinsamen Treppenhauses und für die geforderte Anbindung an die H.-straße 1/2 zu zahlen gewesen seien, die den künftigen Wohnungs- und Teileigentümern nicht hätten auferlegt werden können, so dass – wie die Beklagte selbst einräume – diese Kosten die Nutznießerin habe übernehmen müssen. Die Klägerin habe für ihre Tochter die 216.900,00 Euro gezahlt und damit auch Leistungen und Bauarbeiten in der H.-straße 1/2 bezahlt, obwohl dieser Kaufpreisanteil nicht im Vertrag erwähnt sei. Noch vor dem Notartermin sei es am 06.05.2013 zu einem Gespräch zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und der Klägerin gekommen, in dem jener den als Anlagen K 17/18 überreichten Notizzettel gefertigt habe. Auf der Vorderseite seien die veranschlagten Preise aufgeführt, die wesentlich höher als die auf der Rückseite genannten Preise seien, die wiederum Niederschlag in den notariellen Urkunden gefunden hätten.

Es fehle auch an einer ausreichenden Bestimmtheit der etwaig vereinbarten Leistungen. Zum Zeitpunkt des Angebots und der Annahme sei unbestimmt gewesen, welche Gegenleistungen zu erbringen gewesen seien oder mit welchen Zahlungen ein eventuell verbleibender Restbetrag habe verrechnet werden sollen. Das Bauvorhaben sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend geplant gewesen. So sei offen geblieben, welche Arbeiten aufgrund der Verbindung der Wohnhäuser in der H.-straße 1/2 ausgeführt werden sollten. Die Beklagte habe nicht ansatzweise dargetan, wie sich der Betrag von 216.900,00 Euro zusammensetze, obwohl sie hierzu vom Gericht aufgefordert worden sei. Die mangelnde Bestimmbarkeit der Leistung sei an den unterschiedlichen Äußerungen der Beklagten erkennbar. In der Email vom 19.02.2014 (Anlage K 5) stelle die Beklagte darauf ab, dass der Betrag von 216.900,00 Euro Gegenleistung für alle Unterfangungsarbeiten an den gesamten Nachbargebäuden sein sollte. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat habe der Geschäftsführer der Beklagten erklärt, dass der Betrag benötigt worden sei, um das Treppenhaus und den Fahrstuhl zu errichten. Die mangelnde Einigung zeige sich auch daran, dass die Beklagte mit Rechnung vom 08.07.2013 (Anlage K 6) die Klägerin zur Zahlung für Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten in Höhe von 216.900,00 Euro unter Angabe des Objekts “Neubau einer Wohnanlage mit Tiefgarage in der H.-straße/O. Straße in N.” aufgefordert habe. Erst später, nämlich nach Bildung von Wohnungseigentum und dem Vorliegen der Teilungserklärung (Anlage B 1), habe die Beklagte mit Vertrag vom 07.10.2013 (Anlage K 3) die Wohnungen und Nebenanlagen zum Kaufpreis von 390.500,00 Euro verkauft. Dass die Parteien sich eines Einigungsmangels bewusst gewesen seien, folge aus dem Absatz nach Ziff. VIII. 3. des Angebotes (Anlage K 1). Weiter habe der Geschäftsführer der Beklagten unterschiedliche Erklärungen hinsichtlich des Inhalts der Gegenleistung abgegeben. In der Email vom 18.03.2014 (K 5) seien Unterfangungsarbeiten der Nachbargebäude usw. genannt worden. In der Anhörung vor dem Senat habe der Geschäftsführer der Beklagten die Kosten als Mehrkosten für die Anbindung des Altbaus an den Neubau bezeichnet. Wenn nach den bereits bestehenden Plänen des Architekten G. gebaut werden sollte, dann könne es aber keine Mehrkosten gegenüber dem ursprünglichen Bauziel geben, weil alle Baumaßnahmen Bestandteil des Neubaus seien. Im Laufe des Berufungsverfahrens legt die Klägerin ein Schreiben der M. GmbH vom 04.06.2012 (Anlage BB 7) vor, deren Geschäftsführer ebenfalls Geschäftsführer der Beklagten ist. Dort werde ausgeführt, dass die Kosten für die Dachanbindungsarbeiten noch zu ermitteln seien und in den Kaufvertrag als Festbetrag aufgenommen werden sollten. Weiter legt die Klägerin im Laufe des Berufungsverfahrens Teile eines notariellen Vertragsentwurfes vor (Anlage BB 8). Dort sei für die Anbindungsarbeiten ein Betrag von 100.000,00 Euro vorgesehen gewesen. Weiter legt die Klägerin ein Schreiben ihrer Tochter vom 17.11.2013 (Anlage BB 9) vor. Nach deren Auffassung seien diverse Arbeiten mit den Kosten für die Dachanbindung kostenmäßig abgegolten. Ferner fordert die Klägerin nunmehr hilfsweise mit Schreiben vom 12.11.2018 (Anlage BB 14) die Fertigstellung der Dachanbindungsarbeiten. Weiter legt die Klägerin eine ergänzende Aufstellung des Architekten G. vor, wonach die erbrachten Arbeiten lediglich einen Wert von 33.287,76 Euro hätten. Unter Bezugnahme auf diese neu vorgelegten Urkunden und den bereits überreichten Zettel (Anlage K 17) führt die Klägerin nunmehr aus, dass die Einzelbeträge auf diesem Zettel für die Dachanbindungsarbeiten und die neuen Wohnungen nur verschoben worden seien. Ohne das Teileigentum an dem Tiefgarageneinstellplatz sei es stets um den Betrag von 607.400,00 Euro gegangen. Daraus folge, dass der Betrag, der über die ursprünglich vereinbarten 100.000,00 Euro hinausgehe, als Vorauszahlung auf die Bauträgerleistung gedient habe. Weiter legt die Klägerin – ebenfalls neu – ein Schreiben der Fa. M. vor, indem ausgeführt wird, dass die Kosten für die Dachanbindung und Unterfangung bei 120.000,00 Euro liegen würden, woran sich die Familie der Klägerin mit 90.000,00 Euro beteiligen solle.

Ferner fehle es nach Ansicht der Klägerin selbst bei einer unterstellten wirksamen Einigung der Parteien an der notwendigen Beurkundung der Vereinbarung. Die notarielle Form sei nach Ziff. X. 6. des Angebots (Anlage K 1) vereinbart worden. Sie folge aber auch daraus, dass die Dachanbindungsarbeiten untrennbar mit dem Grundstückskauf und dem Erwerb der beiden Eigentumswohnungen verbunden gewesen seien. Die Gegenleistung für die Zahlung der 216.900,00 Euro erschöpfe sich nicht in reinen Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten. Diese weiteren Arbeiten seien im Rahmen der Herstellung des Gemeinschaftseigentums der Wohnanlage H.-straße 1/2 erbracht worden. In dem Bauträgervertrag seien diese Arbeiten aber nicht beurkundet worden. Eine Verrechnung bzw. Rückführung der Anschubfinanzierung sei vorgesehen gewesen, aber nicht im Notarvertrag vereinbart worden. Hierzu führt die Klägerin im Laufe des Berufungsverfahrens aus, dass eine nicht beurkundete Vorfinanzierungsabrede vorliege. Es fehle an der Beurkundung der Einigung über die Anrechnung der Vorauszahlung. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bauträgervertrages (Anlage K 3) am 07.10.2013 seien die über den Betrag von 100.000,00 Euro hinausgehenden Zahlungen Vorauszahlungen auf diesen späteren Vertrag gewesen. Eine Abrede über die Anrechnung der Vorauszahlung fehle in beiden Verträgen. Die Beklagte habe dadurch, dass sie einen Teil des Erwerbspreises zu den Anbindungs- und Unterfangungsarbeiten gezogen habe, verschleiert, dass sie nicht berechtigt sei, Vermögenswerte entsprechend der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) entgegenzunehmen. Die fehlende Beurkundung führe zur Unwirksamkeit des Bauträgervertrages und damit des gesamten Rechtsgeschäftes. Auch liege darin ein Verstoß gegen das Bauforderungssicherungsgesetz (BauFordSiG).

Weiter verweist die Klägerin auf die Entscheidung des Amtsgerichts Northeim vom 02.02.2017. Auf Antrag der Wohnungseigentümergemeinschaft H.-straße 2 sei die Tochter der Klägerin, Frau P. W., zur Bewilligung der Löschung der im Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeit verurteilt worden. Es fehle – so das amtsgerichtliche Urteil – an den Voraussetzungen für die Entstehung der Grunddienstbarkeit, weil es zu keiner dinglichen Einigung gekommen sei. P. W. sei lediglich bei der Beurkundung des Kaufvertragsangebotes anwesend gewesen, wo jedoch nur die Absicht beurkundet worden sei, eine dingliche Absicherung zu schaffen. Erst im Rahmen der Beurkundung des Teilungsplanes sei die Einräumung der Grunddienstbarkeit geregelt worden. Hieran sei aber P. W. nicht beteiligt gewesen. Als Gegenleistung für die gezahlten 216.900,00 Euro sei der Klägerin dieses Verfahrens unter anderem die Nutzung des Treppenhauses im Nachbarhaus durch ihre Tochter sowie eine dingliche Absicherung dieser Nutzung versprochen worden. Diese sei aber nicht wirksam erfolgt, so dass gemäß § 139 BGB eine Teilnichtigkeit im Zweifel zur Gesamtnichtigkeit des Bauträgervertrages führe.

Hilfsweise stellt die Klägerin darauf ab, dass die Vereinbarung sittenwidrig sei. Die Kosten für die Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten würden unstreitig lediglich 25.000,00 Euro betragen. Die Beklagte habe nicht dargetan, welche weitere Gegenleistung sie darüber hinaus habe erbringen sollen. Daher liege im Verhältnis zur Zahlung von 216.900,00 Euro ein auffälliges Missverhältnis vor, das den Einwand der Sittenwidrigkeit rechtfertige. Auf jeden Fall liege eine Pflichtverletzung darin, dass die Beklagte nicht darüber aufgeklärt habe, dass der Wert der Arbeiten entsprechend der ursprünglichen Abrede nur 100.000,00 Euro betrage.

Unter Vorlage der Zeichnungen und Pläne, die Anlage zum Angebot vom 13.05.2013 seien (Anlage K 1), hebt die Klägerin weiter hervor, an welchen Stellen die Durchbrüche zwischen den beiden Häusern geplant gewesen, aber nicht ausgeführt worden seien. Die Dachanbindung der K. Straße 9 sei als Torso hinterlassen worden, weil der untere Teil des errichteten Daches mangels ausreichender Höhe nicht als Wohnraum genutzt werden könne. Die Klägerin habe sich auch nicht mit der Dachanbindung, wie sie tatsächlich erfolgt sei, einverstanden erklärt. Sie habe auch nicht auf den Durchbruch im Keller verzichtet. Vielmehr habe die Beklagte selbstherrlich gehandelt. Dies ergebe sich auch aus dem Schreiben der Gegenseite vom 18.03.2014 (Anlage K 5), wonach eingeräumt werde, dass ein Teil des Betrages von 216.900,00 Euro dazu gedient habe, andere Nachbargebäude, nämlich das Objekt H.-straße 3, zu unterfangen und die Erschließung der Eigentumsanlage vorzunehmen. Der Geschäftsführer der Beklagten habe in einem späteren Termin beim Aussuchen der Türen und Fliesen weitere Arbeiten abgelehnt, weil die Unterfangungsarbeiten im Nachbargebäude H.-straße 3 und die Arbeiten in der O. Straße teurer geworden seien, als es geplant gewesen sei. Richtig sei, dass die Beklagte dazu verpflichtet sei, alle insgesamt erforderlichen Umbaumaßnahmen im Haus K. Straße 9 (insbesondere auch die Anbindung des Treppenhauses) auszuführen. Letztlich trägt die Klägerin im Berufungsverfahren neu vor, dass nach § 4 Abs. 7 der Anlage K 3 eine schlüsselfertige Leistung versprochen worden sei. Nach Ziff. 15 der Leistungsbeschreibung (Anlage B 1) seien aber keine Bodenbeläge in den Wohnräumen und Fluren vereinbart worden, obwohl dies zu einer schlüsselfertigen Ausführung gehören würde.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 06.12.2016 – Az.: 8 O 203/14 – teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

1. der Klägerin 216.900,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.08.2013,

2. der Klägerin 90.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.11.2013,

3. der Klägerin 3.783,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.08.2013 sowie

4. der Klägerin eine Nebenforderung in Höhe von 6.654,24 Euro zu zahlen sowie schließlich

5. die Widerklage, soweit ihr stattgegeben worden ist, abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die Abweisung der Klage. Entgegen der Auffassung der Klägerin bezögen sich die Leistungsvorbehalte in der notariellen Urkunde vom 13.05.2013 (Anlage K 1) allein auf den unter dem 07.10.2013 abgeschlossenen Bauträgervertrag (Anlage K 3). Gerade dies ergebe sich aus den Formulierungen unter Abschnitt VIII. der erstgenannten Urkunde. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der von der Klägerin bei Baubeginn zu zahlenden 216.900,00 Euro. Wenn sich die Klägerin geweigert hätte, die von ihr in der Urkunde vom 13.05.2013 übernommene Kaufverpflichtung zu erfüllen, hätte dies keinen Einfluss auf die ebenso übernommene Verpflichtung zur Zahlung der 216.900,00 Euro bei Baubeginn gehabt. Es hätte ggf. der Beklagten freigestanden, die Eigentumswohnungen und Nebenanlage anderweitig zu veräußern. Deshalb sei es auch nicht notwendig gewesen, die Zahlung der 216.900,00 Euro nochmals im Bauträgervertrag zu erwähnen. Der von der Klägerin eingebrachte Begriff der “Anschubfinanzierung” sei kein Synonym für ein Darlehen und erfordere daher auch keine Rückzahlung. Vereinbart worden sei eine Zahlung für eine Leistung und kein Darlehen. Daher gebe es auch keine wie auch immer geartete Verrechnung.

Es sei auch nicht zutreffend, dass die Beklagte die aus den Zeichnungen der Anlage K 1 zu entnehmenden Öffnungen, soweit sie sich auf die zum Grundstück H.-straße 1/2 gehörende Wand beziehen, nicht hergestellt habe. Soweit es die korrespondierenden Öffnungen in der zum Objekt K. Straße 9 gehörenden Wand anbelange, seien diese von der Eigentümerin des Objekts K. Straße 9 selbst herzustellen. Dies ergebe sich aus Ziffer VIII. Nr. 4 des Angebots vom 13.05.2013. Für die Entscheidung des Rechtsstreits sei es unerheblich, ob die Beklagte der Eigentümerin des Objekts K. Straße 9 im Hinblick auf die Anbindung ihres Objekts noch weitere Leistungen schulde. Entscheidend sei vielmehr, dass sich die Eigentumsverschaffungs- und Leistungspflicht der Beklagten aus dem Bauträgervertrag allein auf die Herstellung und Verschaffung des Eigentums am Gemeinschafts- und Sondereigentum beziehe. Diese Pflicht sei auch erfüllt worden. Soweit die Klägerin den Notizzettel (Anlagen K17/K18) erwähne, könne es darauf nicht ankommen, weil es nicht ersichtlich sei, ob die dort enthaltenen Informationen in den beurkundeten Vertrag mit eingeflossen seien. Es habe zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages vom 13.05.2016 keine Planung zur Sanierung bzw. zum Ausbau des Objekts K. Straße 9 gegeben. Da es immer noch an Plänen gefehlt habe, habe die Beklagte die Dachanbindung an die vorhandenen Gegebenheiten anpassen müssen. Zwischen den Parteien bestehe über die vereinbarten Zahlungen und den Inhalt der Leistungspflichten eigentlich kein Streit. Lediglich die Tochter der Klägerin vertrete als nunmehrige Eigentümerin des Objekts K. Straße 9 in Bezug auf die Leistungspflichten eine andere Rechtsauffassung. Erkennbar sei dieses an dem Schreiben der Zeugin P. W. vom 17.11.2013 (Anlage BB 9). In diesem habe sie deutlich gemacht, welche Umbauarbeiten an ihrem Objekt anfallen, ohne dass sie sich über deren Kosten vorab Gedanken gemacht habe. Diese Arbeiten bezögen sich nicht auf Dachanbindungsarbeiten und seien nicht vereinbart gewesen. Es läge entgegen dem Schreiben der Klägerin und ihrer Tochter vom 12.11.2018 (Anlage BB 14) auch keine unfertige Leistung vor, mithin auch kein “Torso“, wie von der Gegenseite behauptet. Die von der Beklagten herzustellende Dachanbindung habe entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zur Schaffung von Wohnraum im Bestandsgebäude führen sollen. So enthalte der Plan (Anlage BB3) für das Bestandsgebäude die Eintragung “Boden und Bodenraum“. Auch der Anlage BB5 seien keine Dachflächenfenster zu entnehmen. Dem als Anlage BB 14 vorgelegten Schreiben vom 12.11.2018 sei als Anlage 2 der als Anlage BE 1 beigefügte Grundriss angehängt gewesen. Dieser Grundriss weiche von der Anlage BB3 ab und sei der Beklagten erst mit Schreiben vom 12.11.2018 bekannt geworden. Diese Zeichnung sei nicht Gegenstand der Planung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gewesen. Die Tochter P. W. habe im Juli 2014 Bauantragsunterlagen für einen völlig anderen Dachausbau durch den Architekten G. erstellen lassen (Anlage BE 2), die nichts mit den Unterlagen der Anlagen BB3 und BB5 gemein hätten. Die Zeugin W. habe in kurzen Abständen unterschiedliche Pläne für den Umbau des Dachgeschosses vorgelegt. Bereits im November 2013 habe die Beklagte die klägerische Familie hinsichtlich der Ausführung der Dachanbindung kontaktiert. Im Januar und April 2014 seien die Arbeiten mit der Zeugin W. und dem Architekten G. abgestimmt worden. Wenn anschließend die Zeugin W. ihren Plan für den Dachgeschossausbau verändere, gehe dies zu ihren Lasten. Die Leistungspflichten der Beklagten hinsichtlich Unterfangung und Dachanbindung seien in dem Vertrag vom 13.05./25.06.2013 jedenfalls ausreichend formuliert. Alles was dort beurkundet worden sei, könne man nicht nachträglich aus dieser Urkunde herauslösen und in eine andere Urkunde implizieren. Eine Verrechnungsabrede sei nicht abgesprochen worden. Sie sei auch nicht zu beurkunden gewesen. Diese Behauptung sei auch erst im Laufe des Rechtsstreits in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin aufgestellt worden. Die Zeugen hätten ebenfalls keine Verrechnungsabrede bekundet. Die Beklagte habe die von ihr geschuldeten Leistungen auch erbracht. Das Rolltor sei weder in den Vertragsurkunden noch in den Zeichnungen dargestellt. Gleiches gelte für die Belichtung und Belüftung des Objekts K. Straße 9. Die Dachanbindung sei ausgeführt worden. Die Schaffung von neuem Wohnraum im Dachgeschoss K. Straße 9 sei von der Beklagten nicht geschuldet gewesen. Weiter ergebe sich aus dem Vertrag, dass man sich darüber einig gewesen sei, dass jede Partei die auf ihrem Grund und Boden notwendigen Aufwendungen selbst zu tragen habe. Der Kaufvertrag sei wirksam geworden, weil die Beklagte als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen worden sei. Die Dachanbindung sollte entsprechend den mit dem Kaufvertrag beurkundeten Plänen und Ansichten erfolgen. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe man in dem Vertrag gerade nicht auf den Plan Anlage BB 20 verwiesen, obwohl dieser bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorgelegen habe. Die Beklagte habe von diesem Plan auch erst nach Abschluss des streitgegenständlichen Vertrages (13.5/25.06.2013) Kenntnis erlangt. Der Grundriss gemäß Anlage BB 20 sei auch keine geeignete Planunterlage für die Dachanbindung und zu diesem Zwecke auch nicht vom Architekten G. erstellt worden. Dieser Plan weiche auch von der Anlage BE 1 ab. Bei den Planunterlagen Anlage BE 2 sei die Nutzung des Treppenhauses des Neubaus als zweiter Rettungsweg vorgesehen gewesen. Man habe auch der Vorstellung der klägerischen Familie entsprochen, indem das Bestandgebäude barrierefrei über den Neubau zugänglich gemacht worden sei. Weitere Vorstellungen der Tochter über die Nutzung und Ausgestaltung des Dachgeschosses seien nicht besprochen worden und auch nicht Gegenstand der Verhandlungen gewesen. Es gebe daher auch keinen Dissens über den Umfang der Leistungspflichten. Soweit die Tochter der Klägerin weitere Leistungen gefordert habe, komme es auf deren Vorstellung nicht an. Sie sei nicht Vertragspartnerin des Kaufvertrages. Der Umbau des Dachgeschosses K. Str. 9 sei auch nicht Bedingung für den Grundstückskauf gewesen. Die im Laufe des Berufungsverfahrens von der Klägerin vorgelegten Kostenschätzungen des Architekten G. (Anlagen BB16 – BB18) werden der Höhe nach bestritten und seien verspätet in den Rechtsstreit eingeführt worden.

Die Beklagte führt weiter aus, dass das Amtsgericht Northeim keine Teilnichtigkeit des Vertrages angenommen habe. Vielmehr fehle es an der notwendigen dinglichen Einigung zwischen ihr und der Tochter der Klägerin. Jene habe die Einigung verweigert, obwohl in der ebenfalls unterzeichneten Notarurkunde vom 13.05.2013 für die Beklagte zumindest eine vorvertragliche Bindung eingetreten gewesen sei. Die Klägerin könne sich daher nach Treu und Glauben nicht auf eine Unwirksamkeit der Abrede berufen, nachdem die Eintragung der Grunddienstbarkeit zu Gunsten ihrer Tochter zunächst erfolgt sei. Letztlich sei die Entscheidung des Amtsgerichts Northeim allein eine Folge des irrationalen Verhaltens der Tochter der Klägerin.

Weiter greift die Beklagte das Urteil im Wege einer eigenen Berufung insoweit an, als die Widerklage auf Zahlung des restlichen Kaufpreises aus dem Bauträgervertrag mangels fehlender Fälligkeit abgewiesen worden ist. Das Landgericht habe zu Unrecht sowohl das Fehlen der nach § 5 Ziffer 5 des Bauträger-Kaufvertrages erforderlichen schriftlichen Bestätigung über den Baufortschritt gerügt als auch das Vorliegen eines wesentlichen Mangels in Form einer unzureichenden Wärmeversorgung durch das Blockkraftheizwerk angenommen. Hinsichtlich beider Tatsachen fehle es an dem notwendigen Hinweis des Landgerichts an die Beklagte auf die vermeintlich fehlende Schlüssigkeit ihres Sachvortrages. Auf den angenommenen ungenügenden Sachvortrag in Bezug auf § 5 Ziffer 5 des Bauträger-Kaufvertrages habe das Landgericht nicht hingewiesen, sondern vielmehr im Hinweis- und Beweisbeschluss vom 03.05.2016 zu den mit der Widerklage verfolgten Zahlungsansprüchen lediglich auf die Unschlüssigkeit der von der Klägerin erhobenen Einwendung hingewiesen, was wiederum den Schluss darauf zulasse, dass der eigene Sachvortrag schlüssig gewesen sei. Weiter seien sehr wohl mit den Abschlagsrechnungen, die bereits mit Schriftsatz vom 16.09.2014 vorgelegt worden seien, die entsprechenden Anforderungen aus § 5 Ziffer 5 des Bauträgervertrages erfüllt worden. Die Bestätigung des jeweiligen Bautenstandes ergebe sich aus den einzelnen Rechnungen. Die vertragliche Regelung erfordere nicht, dass ein Dritter eine entsprechende schriftliche Bestätigung zu erteilen habe. Auch die weiteren Anlagen B 11 und B 12 würden jeweils die Angabe enthalten, dass das Sondereigentum und das Gemeinschaftseigentum fertiggestellt seien, so dass damit die formellen Voraussetzungen für eine schriftliche Bestätigung des Bautenstandes erfüllt seien. Weiter habe das Landgericht unbeachtet gelassen, dass bereits aus dem vorgelegten Schreiben vom 03.06.2014 (Anlage K 9) ersichtlich sei, dass die Klägerin endgültig und ernsthaft die Zahlung verweigere, indem sie auf die Nichtigkeit des Bauträgervertrages hingewiesen und die Rückzahlung bereits geleisteter Zahlungen gefordert habe. Daher sei das formale Erfordernis einer schriftlichen Bestätigung des Bautenstandes entsprechend den Grundsätzen über die Hinfälligkeit des Erfordernisses einer Mahnung zum Eintritt des Verzuges nicht erforderlich.

Der Kaufpreisforderung stehe auch kein die Abnahme der Leistung hindernder Mangel entgegen. Soweit sich das Landgericht auf den klägerischen Schriftsatz vom 31.08.2016 (Blatt 153 d. A.) stütze, sei dieser dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht zugegangen. Die Klägerin habe mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 22.08.2016 beantragt, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Mit Hinweisbeschluss vom 13.09.2016 sei das Landgericht dem nicht nachgekommen. Vielmehr sei nur Gelegenheit gegeben worden, zu der von der Klägerin persönlich in der mündlichen Verhandlung vom 11.07.2016 abgegebenen Erklärung Stellung zu nehmen. Der dem Gericht bereits vorgelegene Schriftsatz der Klägerin vom 31.08.2016 sei in dem Hinweisbeschluss nicht erwähnt worden. Auch die Klägerin sei in den nachfolgenden Schriftsätzen nicht auf ihre Behauptung aus dem Schriftsatz vom 31.08.2016 zurückgekommen. Mit Beschluss vom 18.10.2016 sei die mündliche Verhandlung auch nicht wiedereröffnet worden, sondern lediglich die Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet und den Parteien eine abschließende Frist zur Sacherklärung gesetzt worden. Jedenfalls sei der neue Sachvortrag nicht prozessual rückwirkend im Sinne des § 296a ZPO “legitimiert” worden. Das Landgericht hätte zumindest darauf hinweisen müssen, dass dieser neue Sachvortrag für die Entscheidungsfindung zu berücksichtigen sei. Die Leistung der Beklagten sei auch abnahmefähig. Sämtliche Wohnungen seien nach der Fertigstellung hinreichend mit Warmwasser versorgt. Dies erfolge über ein Blockheizkraftwerk in Kombination mit einem gasbetriebenen Brennwertkessel. Die Anlage funktioniere einwandfrei. Soweit in dem Beschluss der Wohnungseigentümer ausgeführt werde, dass Warmwasser in nicht ausreichender Menge zur Verfügung stehe, beruhe dies auf dem Nutzungsverhalten eines einzelnen Wohnungseigentümers, der die Angewohnheit habe, nachts zu baden. Aufgrund der üblichen Nachtabsenkung erfolge aber nur eine reduzierte Warmwasserversorgung. Die Einstellung der Warmwasserversorgung sei daraufhin geändert worden. Die vom Sachverständigen gerügte unzureichende Einstellung des Strangventils koste jedenfalls weniger als 100,00 Euro. Soweit die Klägerin in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat Mängel behauptet habe, die einer Abnahme des Gemeinschaftseigentums des Objekts H.-straße 1/2 entgegenstünden, sei der Vortrag verspätet, aber auch unbeachtlich. Es handele sich insofern nicht um Leistungen, die im Rahmen der Errichtung des Gemeinschaftseigentums zu erbringen gewesen seien. Hierzu legt sie noch die Abgeschlossenheitsbescheinigung für das Objekt (Anlage BB 22) vor. Auch habe die Tochter der Klägerin nach der Beurkundung vom 13.05.2013 auf die Herstellung der Anbindung im Kellergeschoss verzichtet, so dass die anschließende Teilungserklärung nebst Abgeschlossenheitsbescheinigung keine Öffnung der Außenwand des Kellergewölbes enthalten habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 06.12.2016 – Az.: 8 O 203/14 – teilweise abzuändern und auf die Widerklage

1. die Klägerin zu verurteilen, an die Kreis-Sparkasse N. auf das dort für die Klägerin geführte Konto Nr. …. einen Betrag in Höhe von 302.151,79 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.11.2014 und zusätzlich Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

auf 21.150,00 Euro vom 26.11.2013 bis zum 10.11.2014,

auf weitere 109.340,00 Euro vom 20.12.2013 bis zum 10.11.2014,

auf weitere 21.430,00 Euro vom 31.01.2014 bis zum 10.11.2014,

und auf weitere 50.765,00 Euro vom 07.03.2013 bis zum 10.11.2014

zu zahlen

und zwar Zug-um-Zug gegen

Übergabe der im Objekt H.-straße 1/2 in 3… N. gelegenen

Eigentumswohnung Aufteilungsplan Nr. 1 (1.OG),

Eigentumswohnung Aufteilungsplan Nr. 2 (1.OG),

Tiefgaragenstellplatz Aufteilungsplan Nr. 14,

Tiefgaragenstellplatz Aufteilungsplan Nr. 15

und der Gewerbefläche Aufteilungsplan Nr. 10 (EG);

2. festzustellen, dass sich die Klägerin mit der Übernahme der von ihr im Objekt H.-straße 1/2 in 3… N. erworbenen

Eigentumswohnung Aufteilungsplan Nr. 1 (1.OG),

Eigentumswohnung Aufteilungsplan Nr. 2 (1.OG),

Tiefgaragenstellplatz Aufteilungsplan Nr. 14,

Tiefgaragenstellplatz Aufteilungsplan Nr. 15

und der Gewerbefläche Aufteilungsplan Nr. 10 (EG)

seit dem 02.09.2014 in Verzug befindet und seit dem in dem durch den Bauträgervertrag vom 07.10.2013 (UR-Nr. … der Urkundenrolle für 2013 des Notars Dr. K.) zwischen den Streitparteien geschaffenen Rechtsverhältnis für das Gemeinschaftseigentum und für das Sondereigentum der von der Klägerin gekauften Wohnungs- und Teileigentume die Wirkungen einer Abnahme eingetreten sind;

3. weiter festzustellen, dass die Klägerin der Beklagten jedweden aus der nicht erfolgten Übernahme der im Objekt H.-straße 1/2 in 3… N. gelegenen

Eigentumswohnung Aufteilungsplan Nr. 1 (1.OG),

Eigentumswohnung Aufteilungsplan Nr. 2 (1.OG),

Tiefgaragenstellplatz Aufteilungsplan Nr. 14,

Tiefgaragenstellplatz Aufteilungsplan Nr. 15

und der Gewerbefläche Aufteilungsplan Nr. 10 (EG)

entstandenen und zukünftig entstehenden Schaden zu ersetzen hat;

4. die Klägerin weiter zu verurteilen, der Beklagten 2.792,90 Euro zzgl. in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.04.2014 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin meint, es fehle sehr wohl an der Fälligkeit des Werklohnes, weil nach § 5 Ziffer 5 des Bauträgervertrages (Anlage K 3) eine Bestätigung über den Baufortschritt vorliegen müsse. An einer solchen fehle es aber. Es liege auch keine Abnahmereife vor. Die Zeugen B. und P. W. hätten bekundet, dass hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums versprochene Leistungen durch die Beklagte nicht ausgeführt worden seien. Dies betreffe das nicht fertiggestellte Dach, nicht vorhandene Durchbrüche und das nicht vorhandene Rolltor. Hinsichtlich des Blockkraftheizwerkes sei von permanenten Störungen aller Wärmetauscher, von einer Leckstelle und mangelnder Funktionsfähigkeit der Lichtanlage auszugehen. Daher liege sehr wohl keine abnahmereife Werkleistung vor. Dies beziehe sich nicht nur auf eine Wohnung, sondern auf eine Vielzahl von Wohnungen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat trägt die Klägerin vor, dass das Gemeinschaftseigentum bezüglich des Objekts H.-straße 1/2 nicht vertragsgerecht erstellt worden sei, weil die Anbindung im Keller und Dach nicht erfolgt sei. Das Gemeinschaftseigentum der neu errichteten Wohnungseigentumsanlage sei nicht mangelfrei erstellt worden, weil – so in ihrem nicht nach gelassenen Schriftsatz vom 19.12.2019 (Bl. 427 ff. d. A.) – die Vorteile in ihrem Gemeinschaftseigentum (Nutzung Treppenhaus und des Aufzuges, Nutzung des Keller- und Tiefgaragenbereichs und Dachanbindung) nicht vorliegen würden. Es bestehe daher keine Abnahmeverpflichtung hinsichtlich der Wohnungs- und Teileigentume. Jedenfalls lägen wesentliche Mängel vor, die eine Abnahme hindern würden.

Der Senat hat mit Beschluss vom 29.03.2018 (Bl. 321, 321 R d. A.) durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachten Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.- Ing. M. vom 22.02.2019 (Gutachtenband) Bezug genommen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

B.

Beide Berufungen – mit Ausnahme der Berufung der Klägerin hinsichtlich des Klageantrages zu 3. – sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Berufung der Beklagten ist mit Ausnahme eines weitergehenden Zinsanspruchs (Widerklageantrag zu 2.) und des Ersatzes vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten (Widerklageantrag zu 5.) begründet.

I. Berufung der Klägerin

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Rückzahlung der insgesamt geleisteten 306.900,00 Euro aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Diese Summe setzt sich aus einem Teilbetrag in Höhe von 216.900,00 Euro (Klageantrag zu 1.), der auf die Rechnung vom 08.07.2013 (Anlage K 6) für Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten gezahlt worden ist, sowie aus einer Zahlung auf die 1. Abschlagsrechnung (Anlage K 7) über insgesamt 90.000,00 Euro (Klageantrag zu 2.) zusammen. Hinsichtlich des Betrages für die Stellplatzablösung in Höhe von 3.783,00 Euro (Klageantrag zu 3.) ist die Berufung unzulässig.

1. Klageantrag zu 1. (Zahlung eines Teilbetrages von 216.900,00 Euro)

Der Klägerin steht kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung oder aus einem anderen Rechtsgrund zu.

a. Die Beklagte hat “etwas” im Sinne des § 812 BGB erlangt, nämlich die Zahlung von 216.900,00 Euro.

b. Diese Zahlung hat die Klägerin – entgegen ihrer Auffassung – nicht in Erfüllung des Bauträgervertrages (Anlage K 3), sondern in Erfüllung des Kaufvertrages (Anlagen K 1 und K 2) geleistet.

aa. Nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB muss der Bereicherungsgegenstand, also das Erlangte, durch Leistung eines anderen erlangt worden sein. Leistung ist jede auf bewusste und zweckgerichtete Vermögensmehrung gerichtete Zuwendung (vgl. BGH, Urt. v. 04.02.1999 – III ZR 56/98NJW 1999, 1393, Tz. 20). Dabei kommt es in erster Linie auf die der Zuwendung gegebene Zweckbestimmung, also zunächst darauf an, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben. Stimmen die Vorstellungen der Beteiligten nicht überein, ist eine objektive Betrachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers geboten (vgl. BGH, a.a.O.).

bb. Die Zahlung des Betrages von 216.900,00 Euro ist – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht zum Zwecke der Erfüllung des (etwaig nichtigen) Bauträgervertrages vom 07.10.2013 (Anlage K 3) erfolgt.

(1) Die Klägerin hat diesen Betrag nicht als Gegenleistung für den Kauf der Wohnungs- und Teileigentume gezahlt. Der Bauträgervertrag vom 07.10.2013 bestimmt, dass die Klägerin für die Übertragung der Miteigentumsanteile und des Sondereigentums verpflichtet ist, einen Betrag von 390.500,00 Euro zu zahlen. In dieser vertraglichen Regelung findet sich keine Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages von 216.900,00 Euro.

(2) Die Zahlung ist auch im Rahmen des Bauträgervertrages keine Vorauszahlung auf einen um 216.900,00 Euro höheren, aber nicht beurkundeten Kaufpreis. Die Klägerin hat diesen Betrag vielmehr als Gegenleistung für Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten in der K. Straße 9 gezahlt. Dies folgt aus Ziff. VIII. 1.5 des Grundstückskaufvertrages vom 13.5/25.06.2013 (Anlagen K1/K2). Diese Zahlung bildet aber nicht nur die Gegenleistung für diese Arbeiten, sondern sie ist darüber hinaus Gegenleistung für die Vorteile, die das Grundstück “K. Str. 9” erhält. So bestimmt Ziff. VIII. Nr. 2, dass ein Treppenhaus nebst Aufzug auf dem Grundstück H.-str. 1/2 gebaut und von den Eigentümern der K. Str. 9, der Tochter der Klägerin, genutzt werden kann. Als weiterer Vorteil sollte ein Zugang von der Tiefgarage zur K. Straße 9 angelegt werden (Ziff. VIII. Nr. 3). Für diese Auslegung spricht neben dem Wortlaut auch der Umstand, dass die klägerische Familie ursprünglich das gesamte Bauvorhaben selbst ausführen wollte. So sollte das Haus H.-straße 1/2 wieder aufgebaut werden und das bestehende Objekt K. Straße 9 in seinem Wert verbessert werden. Die Zeugin W. hat dies in ihrer Vernehmung zutreffend als “Synergieeffekte” bezeichnet. Es käme zu einer “Aufwertung” ihres Objekts. Sie wäre in “gewissem Maße Nutznießerin” (S. 6 des Protokolls vom 11.07.2016). So hätten für die Fleischerei (K. Straße 9) getrennte Eingänge für Mitarbeiter und Mieter des Hauses geschaffen werden können, um die Auflagen des Veterinäramtes zu erfüllen. Die klägerische Familie hatte daher auch eine Planung durch den Architekten G. erstellen lassen. Diese sollte zunächst in Eigenregie durch die klägerische Familie umgesetzt werden. Dies ist aber nach der Aussage des Zeugen W. (S. 6 des Protokolls vom 11.07.2016) an der Finanzierung gescheitert. Daher sollte der Betrag von 216.900,00 Euro dazu dienen, dass die Vorteile auch dem Objekt K. Straße 9 zufließen. Für die Beklagte hat jedenfalls kein Anlass bestanden, ihr Objekt genau so zu planen, d.h. mit angrenzendem Treppenhaus und Durchbrüchen zur K. Straße 9. Vielmehr erfolgte die Planung auch entsprechend den Interessen des Eigentümers der Immobilie K. Straße 9.

cc. Die Zahlung der Klägerin ist vielmehr in Erfüllung der Pflichten aus dem Kaufvertrag (Anlagen K1 und K 2) erfolgt.

(1) Die vereinbarten Leistungen sollten der bestehenden Bebauung (K. Straße 9) dienen und dort erbracht werden. Soweit die Klägerin vorträgt, dass die Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten auf dem Grundstück H.-straße 1/2 vorzunehmen seien (so Bl. 8 d. A.), ist das unzutreffend. Die Klägerin wollte nicht eine Anbindung des neuen Hauses an den Altbestand, sondern umgekehrt eine Anbindung des Altbaus an den Neubau. So wird in Ziff. VIII. 1.5 des Grundstückskaufvertrages ausgeführt, dass die Arbeiten “in der K. Str. 9” ausgeführt werden. Weiter heißt es im selben Absatz, dass “die über die Dachdecker- und Zimmererarbeiten und die statischen Erfordernisse des Bestandsgebäudes hinausgehenden Arbeiten nicht Grundlage und Gegenstand dieses Leistungsanteils sind“. Mithin sollten mit dem gezahlten Leistungsanteil Arbeiten am Bestandsgebäude durchgeführt werden. Dies deckt sich mit Ziff. IX. Nr. 3. des Grundstückkaufvertrages, wonach die Dachanbindungsarbeiten zwischen den Gebäuden auf dem Flurstück …/.., also dem Grundstück K. Straße 9, erfolgen sollten. Letztlich bleibt nur eine indirekte Beeinflussung. Die Zahlung des Leistungsanteils führte lediglich dazu, dass das Objekt H.-straße 1/2 letztlich so geplant und gebaut werden sollte, dass die Eigentümerin des Hauses K. Str. 9 auch einen Vorteil erhält. Ansonsten hätte die Beklagte das neue Haus auch anders erstellen können, nämlich ohne Anpassung an die bereits bestehende Bebauung der Tochter der Klägerin.

Die Zahlung der Klägerin hat hier mithin dem Zweck gedient, sich von der Verpflichtung zur Zahlung gemäß Ziff. VIII. 1.5. des Angebots vom 13.05.2013 (Anlage K 1) i. V. m. der Annahmeerklärung vom 25.06.2013 (Anlage K 2) zu befreien. Innerhalb des Kaufvertrages (Anlagen K 1/K2) hatte sich die Klägerin verpflichtet, einen Kostenanteil an den Dach- und Unterfangungsarbeiten zu zahlen. Diese Verpflichtung setzt aber nur als Bedingung (und nicht als Frist) voraus, dass es zum Baubeginn kommt. Es heißt insofern unter Ziff. VIII. 1.5., dass die Zahlung “bei Baubeginn” zu erfolgen hat. Ziff. I. der Anlage K 1 bestimmt ausdrücklich, dass eine Bauverpflichtung der Beklagten durch diese Abrede nicht erfolge.

(2) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Zahlung auf eine Rechnung vom 08.07.2013 (Anlage K 3) erfolgt ist, die als Zahlungsgrund “Objekt 731402/Neubau einer Wohnanlage mit Tiefgarage in der H.-straße/O. Straße in N.” angibt. Das folgt schon daraus, dass die Rechnung vor dem Abschluss des Bauträgervertrages (Anlage K 3) und noch vor Vereinbarung der Teilungserklärung (Anlage B 1) gestellt worden ist. Folglich hat als Rechtsgrund nur der Grundstückskaufvertrag (Anlagen K 1 und K 2) dienen können. Darauf bezieht sich die Rechnung auch ausdrücklich, indem auf Ziff. VIII. 1.5. des Angebots vom 13.05.2013 Bezug genommen wird.

(3) Soweit die Klägerin weiter vorträgt, dass der Betrag von 216.900,00 Euro eine Anschubfinanzierung gewesen sei (so Bl. 63 d. A.), so dass Grundlage der Zahlung jedenfalls nicht der Kaufvertrag (Anlagen K1 und K 3) sei, kann dem nicht gefolgt werden. Insofern handelt es sich bei dem Begriff der Anschubfinanzierung um keine rechtliche Kategorie. Vielmehr hat dieser Betrag dazu gedient, dass die Beklagte so bauen sollte, dass der Eigentümerin des Hauses K. Straße 9 auch Vorteile aus dem neuen Objekt H.-straße 1/2 zufließen können. Dass dieser Betrag von der Beklagten genutzt worden ist, um das Objekt zu finanzieren – also eine Art Anschub zu leisten – macht ihn nicht zur Gegenleistung der Klägerin. Die Klägerin hat keine Finanzierungsleistung im Sinn einer Kreditvergabe an die Beklagte erbracht. Von einer Verzinsungspflicht und einer Rückzahlung eines Kredits ist an keiner Stelle im Vertrag die Rede. Die Ausführungen der Klägerin dahin, dass die Finanzierungsleistung unstreitig sei, so dass sich daraus zwangsläufig eine Rückzahlungspflicht ergebe, sind abwegig. Der Umstand, dass die Beklagte den erhaltenen Betrag von 216.900,00 Euro in ihre Gesamtkalkulation eingebracht hat, führt nicht dazu, den Zweck dieser Zahlung in einer Finanzierung zu sehen. Die Klägerin wollte nicht Kreditgeberin der Beklagten sein.

c. Die Zahlung ist auch mit Rechtsgrund erfolgt. Ziff. VIII. 1.5. des Angebots vom 13.05.2013 (Anlage K 1), in dem die Klägerin angedient hatte, 216.900,00 Euro für Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten in dem Objekt K. Straße 9 an die Käuferin zu zahlen, hat die Beklagte unter dem 25.06.2013 (Anlage K 2) angenommen. Diese Abrede ist auch wirksam zustande.

aa. Soweit die Klägerin meint, dass ihrer Erklärung in dem Angebot der Rechtsbindungswille fehle, ist dem nicht zu folgen.

(1) Willenserklärungen müssen auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet sein (vgl. Backmann in juris PK-BGB, 8. Aufl., § 145 Rn. 11). Daran fehlt es bei Gefälligkeiten. Um eine solche geht es hier aber nicht. Die Klägerin hat ihre Erklärungen im Rahmen eines notariellen Vertrages über den Verkauf eines Grundstücks abgegeben. Die daran anknüpfenden Rechtsfolgen waren von der Klägerin auch so gewollt.

(2) Wie die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat und in dem Schriftsatz vom 19.03.2018 deutlich gemacht hat, ist sie der Auffassung, dass es bezüglich der Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten noch nicht zu einem endgültigen Vertragsschluss gekommen sei. Vielmehr habe man sich insofern noch in einer Vertragsanbahnungsphase (Bl. 313 d.A.) befunden. Es seien lediglich Absichtserklärungen abgegeben worden. Folglich sei von einem “letter of intent” auszugehen. Diese Rechtsauffassung überzeugt nicht. Das Gegenteil folgt unter Berücksichtigung aller Umstände aus der Auslegung der Erklärungen der Klägerin in dem Angebot vom 13.05.2013 (Anlage K 1). Dazu:

(aa) Die Erklärung in der Vorbemerkung (I.) auf Seite 3 des Angebots, lautet:

“Der Notar wies die Erschienenen ausdrücklich darauf hin, dass “eine rechtlich verbindliche Bauverpflichtung der Angebotsempfängerin/Käuferin, der H. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH, mit dieser Bauabsicht und mit diesem Vertrag nicht begründet wird und insoweit seitens der Anbietenden/Verkäuferin kein rechtlich durchsetzbarer Anspruch auf Durchführung der geplanten Baumaßnahmen (Ausbau des Objektes, Herstellung der Wohnungen und Aufteilung in Wohnungseigentum etc. auf der Grundlage eines konkreten Leistungsverzeichnisse mit mengen- und Qualitätsangaben) nicht besteht und mit dieser Urkunde nicht begründet wird.

Diese Vorbemerkung ist allein auf die Erstellung des Neubaus gerichtet. Die vorgenannte Bauverpflichtung bezieht sich erkennbar allein auf das erst noch zu erstellende Objekt auf dem Grundstück H.-straße 1/2 und nicht auf das Bestandsgebäude. So werden die noch geplanten Baumaßnahmen näher im Klammerzusatz beschrieben. Dieser Klammerzusatz enthält keinen Hinweis darauf, dass das Objekt K. Straße 9 betroffen ist.

(bb) Diese Auslegung deckt sich mit dem Inhalt der weiter auf S. 3 des Angebots getroffenen Aussage:

Eine rechtsverbindliche Bauverpflichtung soll ggf. zu einem späteren Zeitpunkt auf der Grundlage konkreter Baubeschreibungen und Leistungsverzeichnisse mit der Angebotsempfängerin/Käuferin vereinbart und notariell beurkundet werden.

Eine Baubeschreibung war für das Bestandsgebäude nicht erforderlich, sondern allein für den Neubau. Die Bauverpflichtung für das neu zu erstellende Objekt sollte im Rahmen des später auch geschlossenen Bauträgervertrages (Anlage K 3) durch Baubeschreibungen und Leistungsverzeichnisse noch konkretisiert werden. Genau dieses ist dann durch § 4 Abs. 2 des Bauträgervertrages geschehen, der auf die Teilungserklärung vom 31.07.2013 (UR …./13 des Notars Dr. K. – Anlage B 1) als Bezugsurkunde verweist. Mithin ist auch die Klägerin davon ausgegangen, dass hinsichtlich der Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten eine nähere Konkretisierung nicht mehr erfolgen wird. Sie ist jedenfalls nicht in dem Bauträgervertrag vorgenommen worden, was aber folgerichtig wäre, wenn man der Auffassung der Klägerin im Berufungsverfahren folgen würde. Es bestand entgegen der Auffassung der Klägerin auch kein Anlass, erst die Bauausführung des Neubaus “verbindlich” festzulegen, bevor die Anbindungsarbeiten hätten vereinbart werden können. Die Beklagte wollte das Objekt nach den bereits vorliegenden Plänen des Architekten G. bauen. Es kommt nicht darauf an, ob sie mit dem jeweiligen Erwerber eines Wohnungseigentums erst später im Rahmen eines Bauträgervertrages eine verbindliche Leistungsbeschreibung vereinbart. Die Dachanbindung betrifft allein das Bestandsgebäude. Sollte ein einzelner potentieller Erwerber eine andere Art der Verbindung der Häuser wünschen, was lebensfremd ist, dann hätte die Beklagte dem ggfs. nicht zugestimmt. Es ist daher nicht richtig, dass die Dachanbindung nur nach endgültiger Festlegung der Bauausführung des Neubaus erfolgen kann.

Soweit in Ziff. I. des Kaufvertrages (Anlagen K1/K2) ausgeführt wird, dass verbindliche Ansprüche mit dieser Urkunde nur hinsichtlich des Verkaufs des Grundstücks und des Ankaufs der Eigentumswohnungen vereinbart werden sollen, ist das zutreffend und steht dem gewonnenen Auslegungsergebnis nicht entgegen. Die Klägerin hat nämlich keinen Anspruch auf Erstellung des Werkes. Vielmehr ergibt sich aus Ziff. I. (S. 3 oben der Anlage K 1), dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, ein Gebäude zu errichten. Vielmehr kann die Klägerin einen Anspruch auf Durchführung der Dachanbindung nur unter der Bedingung geltend machen, dass mit den Bauarbeiten für den Neubau begonnen wird. Insoweit liegt lediglich ein Anwartschaftsrecht auf Seiten der Klägerin und damit kein “verbindlicher Anspruch” im Sinne dieses Vertrages vor.

(cc) Soweit in der Vorbemerkung auf S. 3 des Angebots weiter ausgeführt wird,

Rechtlich verbindliche Ansprüche werden mit dieser Urkunde nur hinsichtlich des Grundstücks mit aufstehenden Gebäuden im bisherigen Zustand und hinsichtlich der von der Verkäuferin zu erwerbenden zwei Wohnungen (Miteigentumsanteile verbunden mit dem Sondereigentum etc.) begründet“,

führt dies nicht dazu, hinsichtlich der Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten von einer bloßen Absichtserklärung der Parteien auszugehen. Vielmehr bezieht sich die Vorbemerkung nur auf den Kern der Abreden, nämlich den Kauf der Grundstücke H.-straße 1/2 und den Vorvertrag für den Erwerb zweier Wohnungen im neu zu erstellenden Objekt. Die nähere Ausgestaltung der Pflichten ist vielmehr in den nachfolgenden beurkundeten Erklärungen zu sehen. Außerdem verweist der vorgenannte Absatz auf die zu erwerbenden Wohnungen und damit auch auf Ziff. VIII. des Angebotes und daher auch auf die Zahlungspflicht unter Ziff. 1.5. des erwähnten Abschnitts.

(dd) Auch die Formulierungen in Ziff. VIII. 1. sind dahin auszulegen, dass keine bloße Absichtserklärung bzgl. der Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten vorliegt. Der Abschnitt lautet:

1. Nach Herstellung und Fertigstellung der vorbeschriebenen Wohnungseigentumsanlage verpflichtet sich die Anbietende/Verkäuferin im Zusammenhang mit der Abgabe dieses Kaufangebots, von der erwerbenden H. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH zwei Eigentumswohnungen und Nebenanlagen wie folgt käuflich zu erwerben:

1.1 …

1.5 Weiterhin zahlt die Erschiene zu 1 bei Baubeginn 216.900,00 Euro als eigenen Leistungsanteil (Kostenanteil) an den Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten in der “K. Str. 9”. Die über die Dachdecker- und Zimmerarbeiten und der statischen Erfordernis des Bestandsgebäudes hinausgehenden Arbeiten sind nicht Grundlage und Gegenstand dieses Leistungsanteils.

Zwar wird in Ziff. VIII. 1. in der oberen Gliederungsebene davon ausgegangen, dass die nachfolgenden Verpflichtungen erst nach Herstellung des neuen Objekts entstehen; gleichwohl soll aber nach Ziff. VIII. 1.5. der unteren Gliederungsebene der Kostenanteil bereits bei Baubeginn gezahlt werden. Dieser Widerspruch ist nach objektiver Auslegung dahingehend aufzulösen, dass die speziellere Regelung, nämlich Ziff. VIII. 1.5., der generellen Abrede vorgeht. Die Zahlung des Leistungsanteils sollte unstreitig deshalb erfolgen, um aus dem Neubau auch Vorteile für das Bestandsgebäude zu ziehen. Dies setzt aber voraus, dass der Neubau auch entsprechend geplant wird. Diese Auslegung wird durch den nachfolgenden Satz in Ziff. VIII. 1.5 bestätigt. Dort wird ausgeführt:

Der Notar belehrte eingehend über die Risiken dieser Zahlungsweise und belehrte intensiv über die Möglichkeiten der Sicherung dieser Zahlung (Vorleistung), z.B. Bankbürgschaft.

Die Bezeichnung als Vorleistung macht deutlich, dass zunächst eine Zahlung und erst anschließend die entsprechende Bauleistung zu erbringen war. Daher sollte der Leistungsanteil nicht erst nach der Erstellung des Neubaus gezahlt werden, sondern vorab. Die Klägerin hat dies selbst daher zutreffend wirtschaftlich als eine Anschubfinanzierung betrachtet. Dies setzt gerade voraus, dass eine Vorleistung zu erbringen war.

(ee) Die weitere Erklärung auf S. 11 des Angebots lässt ebenso nicht auf eine bloße Absichtserklärung schließen.

Dort heißt es:

Eine nähere Konkretisierung der geschuldeten Leistungen kann und soll nicht vorgenommen werden. … Die Parteien erklären ausdrücklich, dies nur so im persönlichen Vertrauen zwischen den Parteien so vereinbaren zu wollen und nehmen die rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken vollumfänglich in Kauf.”

Dies bedeutet nicht, wie die Klägerin meint (so Bl. 304 d. A.), dass später noch eine Vereinbarung geschlossen werden sollte. Vielmehr wird das Modalverb “wollen” hier nicht in dem Sinn gebraucht, eine Maßnahme zu beabsichtigen, also in der Zukunft umzusetzen, sondern eine Rechtsfolge ausdrücklich zu wünschen, also zu wollen. Die Aussage bezieht sich auf die Gegenwart und die vorherigen Erklärungen, auf das “dies” in dem Satz. Hätten die Parteien erst später verbindliche Erklärungen abgeben wollen, so wäre es unverständlich, dass sie schon bei Abschluss der Vereinbarung vom 13.05/ 25.06.2013 Risiken in Kauf nehmen wollten, die noch nicht erkennbar waren.

Soweit in Ziff. VIII. des Angebots (Seite 11 der Anlage K 1) steht, dass eine nähere Konkretisierung der geschuldeten Leistung erst später erfolgen solle, bezieht sich dieser Passus nicht auf die vereinbarte Werkleistung, sondern auf den Inhalt der Bauverpflichtung. Ziff. VIII. 1. betrifft in der Überschrift die Kaufverpflichtung der Verkäuferin. Die Beschreibung der Werkleistung betrifft keine Verpflichtung der Klägerin, sondern die Pflicht der Beklagten. Der Passus steht zwar unter 1.6. der Ziff. VIII., gehört aber nicht zu den dortigen Ausführungen. Diese betreffen allein den Fall, dass die Eigentumswohnungen nur schleppend verkauft werden. Das hat nichts mit der Konkretisierung der Leistung zu tun. Deutlich wird dies dadurch, dass der entsprechende Absatz auch nicht wie Ziff. 1.6. eingerückt ist. Vielmehr handelt es um Ergänzungen zu der Kaufverpflichtung bzgl. der zu erwerbenden Eigentumswohnungen, worauf Ziff. 1. des Abschnitts VIII. verweist. Weitere zwei Absätze später wird im gleichen Abschnitt auch nur auf den noch abzuschließenden Kaufvertrag bzgl. der neu zu erstellenden Wohnungen und nicht auf den Werkvertrag verwiesen.

(ff) Auch die weitere Passage auf Seite 11 des Angebots lässt nicht auf eine bloße Vertragsanbahnung schließen. Dort heißt es:

“Nach Annahme durch die H. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH und der Anlage von Wohnungsgrundbüchern ist der Kaufvertrag (mit Teilungserklärung und Baubeschreibung -Leistungsverzeichnis -) für die Kaufgegenstände notariell zu beurkunden und ein Zahlungsplan (ggf. nach MaBVO) verbindlich zu vereinbaren.

Diese Formulierung bezieht sich erkennbar auf den geplanten Neubau. Nur für diesen waren Wohnungsgrundbücher anzulegen und die MaBVO einschlägig. Für die Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten am Bestandsgebäude ist kein Kaufvertrag abzuschließen gewesen. Vielmehr hat sich das Objekt K. Straße 9 bereits im Eigentum der Familie der Klägerin befunden. Es ist auch kein Zahlungsplan zu vereinbaren gewesen, weil nach Ziff. VIII. 1.5. eine Vorleistung vereinbart worden ist.

(gg) Auch die weitere Regelung auf Seite 12 des Angebots, wonach

erst mit diesen Kaufverträgen rechtlich verbindliche, konkretisierte und durchsetzbare Ansprüche gegen die H. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH entstehen und begründet werden (…).“,

bezieht sich nur auf die in der Zukunft abzuschließenden Kaufverträge für die neu zu bauenden Wohnungen und damit nicht auf die Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten am Bestandsgebäude. Dies wird auch dadurch erkennbar, dass in dem Klammerzusatz erneut die Fälligkeit des Kaufpreises und die MaBVO erwähnt wird. Für die vorgenannten Arbeiten wäre das aber nicht erforderlich gewesen.

(hh) Auch die übrigen Formulierungen, wie sie von der Klägerin im Schriftsatz vom 19.03.2018 hervorgehoben werden, sprechen nicht für eine bloße Vertragsanbahnung. So wird in Ziff. VIII. 2. (S. 12 des Angebots) ausgeführt, dass eine gemeinschaftliche Nutzung des Treppenhauses nebst Aufzug auch zugunsten der Eigentümerin des Hauses K. Straße 9 erfolgen soll. Die nachfolgende Ziffer legt eine Verpflichtung für einen Zugang vom Bestandsgebäude zur neu zu erstellenden Tiefgarage fest. In dem nachfolgenden Absatz werden die künftigen Unterhaltungs- und Instandhaltungskosten für die gemeinsame Nutzung festgelegt. Auch bestimmt Ziff. VIII. 4., dass es der Eigentümerin des Objekts K. Straße 9 freistehe, die entsprechenden Zugänge auch zu nutzen. Die weitere Regelung in Ziff. VIII. 4. (“Die Vertragsparteien sind sich einig, dass der jeweilige Eigentümer des Flurstücks …/.. alle Aufwendungen, die sich auf Grund und Boden oder Gebäudeteile des Flurstücks …/.. beziehen trägt.“) macht ebenfalls deutlich, dass feste und verbindliche Absprachen getroffen werden sollten. Zudem ist weder ersichtlich noch von der Klägerin vorgetragen worden, welche weiteren Regelungen noch getroffen werden sollten.

(ii) Vielmehr ergibt sich aus Ziff. IX. 3., dass die am Vertrag Beteiligten feste Vereinbarungen schließen und nicht bloße Absichten erklären wollten. Dort heiß es:

Die Erschienen zu1.). 2.) und 3.) sind sich einig, dass eine Dachanbindung zwischen den Gebäuden auf dem Flurstück …/.. von der H. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH erfolgt und hergestellt wird.

Die Kosten für diese Dachanbindung (lt. zeichnerischer Darstellung gem. Anlage Nr. 5 bis 8) sind bereits in dem von der Erschienen zu 1.) gem. Zif. VIII. Nr. 1.5 zu zahlenden Leistungsanteil in Höhe von 216.900,00 Euro enthalten.

Damit hat die Klägerin eindeutig abschließende Erklärungen abgegeben. Es ist nicht ersichtlich, dass und ggfs. welche weiteren Erklärungen insoweit, in Bezug auf die Anbindung Alt- zum Neubau, noch abzugeben gewesen wären.

(jj) Im Ergebnis haben die Parteien unter Berücksichtigung der gesamten Vertragswerke durch die in dem Grundstückskaufvertrag (Anlagen K 1 und K 2) enthaltenen Erklärungen eine weitere werkvertragliche Abrede mit dem Inhalt getroffen, dass die Beklagte entsprechend bereits vorliegender Pläne, nämlich die des Architekten G. (vgl. Ziff. IX. 3.), Bauleistungen erbringt, um der Tochter der Klägerin die Vorteile für das Bestandsgebäude zu sichern. Die Klägerin ihrerseits hat damit korrespondierend die Verpflichtung übernommen, die entsprechenden Kosten zu tragen. Der spätere Bauträgervertrag (Anlage K 3) betrifft allein die Leistungspflichten der Beklagten gegenüber den Erwerbern der Eigentumswohnungen und nicht das Verhältnis zur Nachbarin bzw. deren Mutter.

bb. Ein Dissens zwischen den Erklärungen der Parteien liegt nicht vor. Ob die Willenserklärungen der an dem Rechtsgeschäft Beteiligten zu einer Übereinstimmung führen, ist ggf. im Wege der Auslegung zu ermitteln. Gegenstand der Willenseinigung müssen die wesentlichen Vertragsbestandteile sein, die “essentialia negotii” (vgl. Backmann in jurisPK-BGB, a.a.O., § 145 Rn. 15). Beim Werkvertrag gehören hierzu Art und Umfang der Leistung und der damit vom Unternehmer konkret geschuldete Erfolg, wenngleich nach der Verkehrssitte grundsätzlich auch eine Einigung über die Vergütung erwartet wird (vgl. OLG München, Urteil vom 12.04.2011 – Az.: 9 U 4323/09NZBau 2011, 487, Tz. 44.) Diese muss jedenfalls objektiv bestimmbar sein (Palandt/Sprau, BGB, 78. Aufl., § 631 Rn. 2).

Die wesentlichen Vertragsbestandteile sind hier hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar. Die Parteien haben hier eine Werkleistung vereinbart, nämlich eine bestimmte Anbindung des Bestandsgebäudes an den Neubau. Hier wird die Leistung durch die beigefügten Pläne bestimmt.

(1) Die Verpflichtung der Beklagten, Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten zu erbringen und das Haus so zu bauen, dass die Möglichkeit von Zugängen zum Treppenhaus geschaffen werden kann, ergibt sich aus dem Kaufangebot (Anlage K 1), welches die Beklagte angenommen hat (Anlage K 2). Wie bereits oben ausgeführt, bestimmt Ziff. VIII. 1.5. des Angebots, dass die Beklagte Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten am Objekt K. Straße 9 ausführt. Weiter wird dort geregelt, dass die über die Dachdecker- und Zimmerarbeiten und “der statischen Erfordernis des Bestandsgebäudes hinausgehende Arbeiten” nicht Gegenstand des Vertrages sind. Dies bedeutet, dass die vorgesehenen Arbeiten dazu dienen sollten, die Statik des Gebäudes zu erhalten. Weiter bestimmt Ziff. VIII. 1.6., dass die bisherigen Planunterlagen des Architektenbüros G. der Beklagten zur Verfügung gestellt werden. Nach diesen Unterlagen sollte gebaut werden. Auf die der Urkunde beiliegenden Pläne wird auch in Ziff. VIII.5. Bezug genommen. Ziff. VIII. 2. und 3. verweisen darauf, dass ein Treppenhaus mit Aufzug und ein Zugang zur Tiefgarage zu erstellen sind. In Ziff. IX. 3. des Angebots wird ausgeführt, dass die Dachanbindung für das Bestandsgebäude durch die Beklagte zu erfolgen hat. Ferner heißt es dort:

Die Kosten für diese Dachanbindung (lt. zeichnerischer Darstellung gem. Anlage Nr. 5 bis 8) sind bereits in dem von der Erschienenen zu 1.) gem. Ziff. VIII Nr. 1.5 zu zahlenden Leistungsanteil von 216.900,00 Euro enthalten.

Mit dieser Regelung haben die Parteien die für den Abschluss eines Werkvertrages erforderlichen wesentlichen Vertragsbestandteile bestimmt. Sie haben sich letztlich darauf geeinigt, dass die Beklagte ein Haus nach den bereits vorliegenden Plänen baut, um so für das Bestandsgebäude entsprechende Vorteile (Treppenhaus, Zugang, Fahrstuhl) zu schaffen. Soweit die Klägerin eine gesonderte Regelung zu den Kosten für Arbeiten, die aufgrund der Verbindung der Wohnhäuser in der H.-straße 1/2 entstehen, vermisst, ist das unbeachtlich. Die Kosten des Neubaus sollten zunächst durch die Beklagte aufgebracht werden und sind Teil ihrer gesamten Kalkulation. Sie waren daher auch nicht gesondert auszuweisen und nicht Teil der Gegenleistung. Die Klägerin führt in diesem Zusammenhang selbst aus (Bl. 402 d. A.), dass die Pläne (Anlagen BB20/BE 1) Eingang in den Vertrag (Anlagen K1/K2) gefunden hätten. Sie verweist auf S. 11 dieser Abrede und trägt vor, dass die Pläne dem Vertrag als Anlage beigefügt gewesen sind. Auch die Beklagte hat mit Schreiben vom 01.07.2013 (Anlage B 18) selbst eingeräumt, die Pläne erhalten zu haben. Das folgt auch aus der dem Schreiben der Beklagten vom 05.07.2012 (Anlage BB 19) beigefügten Zustimmungserklärung. Das kann nicht anders verstanden werden, als dass hinsichtlich der Leistungspflicht der Beklagten eine ausreichende Einigung vorliegt. Für die Frage der Einigung kommt es mithin nicht darauf an, dass die Beklagte nunmehr behauptet, die Anlage BE 1 nicht zu kennen. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Pläne Anlagen BE 1 und BB 20 gleich sind und ob die Beklagte den Plan Anlage BB 20 erst nach dem Vertragsschluss erhalten hat. Entscheidend für die Frage der Einigung ist allein, dass die Pläne nach Ziff. VIII. 5. mitbeurkundet worden sind. Diese zeichnerische Darstellung ist Teil und damit Inhalt der Einigung der Parteien. Die Regelung auf S. 11 des Angebots (vorletzter Absatz) dient in diesem Zusammenhang nicht der Beschreibung der Leistungsverpflichtung, sondern allein der Pflicht der Klägerin zur kostenfreien Überlassung der Planunterlagen des Architekten an die Beklagte. Damit sind nicht sämtliche Pläne des Architekten G. Gegenstand der Leistungsverpflichtung der Beklagten geworden. Eine Einigung fehlt entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht aus dem Grund, dass die faktische Umsetzung der Dachanbindungsarbeiten nicht den Plänen entspreche. Derartige etwaige Abweichungen ziehen allenfalls Gewährleistungsansprüche nach sich.

(2) Soweit die Klägerin meint, dass Gegenleistung für die 216.900,00 Euro auch alle Umbauarbeiten auf dem Grundstück K. Straße 9 sein sollten (so Klage – Bl. 7 d.A.), ist das nicht zutreffend. Denn nach dem Anbietungsvertrag (Anlage K 1) ist unter Ziff. VIII. 4. vorgesehen, dass die Eigentümerin der Immobilie K. Straße 9 die Aufwendungen für die Herstellung des Zugangs auf dem eigenen Grundstück (Durchbruch Brandmauer) auf eigene Kosten zu zahlen hat. Gleiches gilt für den Zugang zum Treppenhaus. Unter der gleichen Gliederungsziffer wird ausgeführt, dass sich die Parteien darüber einig sind, dass “alle Aufwendungen, die sich auf Grund und Boden oder Gebäudeteile des Flurstücks …/.. (Anm.: K. Straße 9) beziehen,” von dem Eigentümer dieses Grundstücks auch getragen werden. Damit sind die Umbauarbeiten am Grundstück der Tochter nicht Gegenstand der vertraglichen Abrede geworden, soweit es sich nicht um die Dachanbindung und die Unterfangung handelt.

(3) Soweit die Klägerin vorträgt, dass die von ihr gezahlten 216.900,00 Euro auch noch als Gegenleistung für weitere Leistungen (wie Errichtung eines Rolltores) vorgesehen gewesen seien (Bl. 82 d. A.), ist das unzutreffend. Die Gegenleistung bestimmt sich aus den notariellen Vereinbarungen. Für die Beklagte streitet dabei die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Urkunde (BGH, Urt. v. 05.07.2002 – V ZR 143/01NJW 2002, 3164, Tz.7). Denn die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit einer Urkunde ist bereits dann begründet, wenn der Urkundentext nach Wortlaut und innerem Zusammenhang unter Berücksichtigung der Verkehrssitte einen bestimmten Geschäftsinhalt zum Ausdruck bringt (BGH, a.a.O., Tz.7). Die außerhalb der Urkunde liegenden Mittel der Auslegung, die Begleitumstände des Vertragsabschlusses, dessen Entstehungsgeschichte, Äußerungen der Parteien außerhalb der Urkunde und anderes bleiben hierbei außer Betracht (BGH, a.a.O., Tz.7). Sie sind lediglich Hilfsmittel zur Widerlegung der durch die Urkunde begründeten Vermutung des Geschäftsinhalts (BGH, a.a.O., Tz. 7). Letztlich sind die von der Klägerin geschilderten Gespräche mit dem Geschäftsführer der Beklagten so nicht in dem Vertrag umgesetzt worden. Danach ist nicht ersichtlich, dass ein Rolltor zu erstellen war.

(4) Auch die Rechtsauffassung der Klägerin, dass die Gegenleistung nicht hinreichend bestimmt sei, sondern vielmehr eine Verrechnung vereinbart worden sei, was sich aus dem unstreitigen Sachvortrag ergebe, wonach sie der Beklagten eine Anschubfinanzierung gewährt habe, ist nicht zu folgen. Die Klägerin hat eine Zahlung geleistet, die nicht auf den Kaufpreis zu “verrechnen” gewesen ist. Der Wortlaut der Abrede (Anlagen K 1 und K 3) enthält keinen Hinweis auf eine Verrechnung. Eine Verrechnung wäre gar nicht notwendig gewesen. Die Beklagte hat einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises für die Teil- und Wohnungseigentume. Die Klägerin sollte nicht ihrerseits Leistungen erbringen, die dann auf diesen von der Beklagten geforderten Kaufpreis zu verrechnen gewesen wären. Vielmehr wurde eine konkrete Zahlung verabredet. Die Parteien streiten nur darüber, welche Leistungen die Beklagte für den Betrag zu erbringen hatte. Anhaltspunkte dafür, dass Teile des “Kostenanteils” (Zif. VIII. 1.5.) darlehensweise der Beklagten überlassen worden sind, sind dem Vertrag nicht zu entnehmen. Der Begriff der “Anschubfinanzierung” betrifft nur die wirtschaftlichen Folgen der Zahlung, nicht aber die vertraglichen Pflichten zwischen den Parteien.

(5) Die Klägerin trägt in diesem Zusammenhang vor, dass man vereinbart habe, dass der Restbetrag nach den Verbindungsarbeiten mit den Wohnungen verrechnet werden sollte (so Bl. 310 d. A.). Dies kann man dahin verstehen, dass die Klägerin den Betrag von 216.900,00 Euro zunächst leistet, anschließend über diesen abzurechnen ist und der Rest dann an die Klägerin ausgekehrt wird, die davon wiederum den Kaufpreis für die Eigentumswohnungen mitbegleichen kann. Eine Abrechnungspflicht hat die Beklagte dagegen bestritten und eine Pauschalsumme behauptet (Bl. 145 d. A.).

Zunächst hatte die Klägerin allerdings vorgetragen, dass der Betrag von 216.900,00 Euro “gesetzt” gewesen sei (Bl. 41 d. A.). Das spricht gegen eine Abrechnungspflicht und damit gegen einen noch abzurechenden Vorschuss. Der Ehemann der Klägerin hat ebenso vor dem Landgericht in seiner Vernehmung als Zeuge zunächst bekundet (Bl. 128 d. A.), dass der Betrag von 216.900,00 Euro seitens der Beklagten gesetzt gewesen sei. Er wisse auch nicht, wie sich diese Summe zusammensetze. Weiter hat er lediglich erklärt, dass das “vielleicht noch mit den Wohnungen verrechnet werden” sollte. Dabei ist er wohl davon ausgegangen, dass für die Durchbrüche knapp 200.000,00 Euro zu bemessen wären. Die Klägerin hat in ihrer Anhörung ausgeführt, dass der Geschäftsführer der Beklagten ihr gegenüber erklärt habe, dass in dem Falle, wenn was übrig bleibe würde, der Betrag mit den Wohnungen verrechnet würde (Bl. 135 d. A.). Nach dem Wortlaut der Abrede in Ziff. VIII. 1.5. wird der Betrag als “Leistungsanteil (Kostenanteil)” bezeichnet. Von einer Abrechnungspflicht steht nichts in dem Vertrag. Der Betrag wird im nächsten Absatz nur als “Vorleistung” bezeichnet. Das lässt offen, ob abzurechnen ist oder nicht. In Ziff. IX. 3. der Anlage K 1 wird ausgeführt, dass die Dachanbindungskosten in dem zu zahlenden Leistungsanteil gemäß Ziff. VIII. 1.5 in Höhe von 216.900,00 Euro bereits enthalten sind. Auch diese Abrede enthält keine Regelung für eine Abrechnung. Der Begriff “Anteil” spricht vielmehr für einen festen und nicht einen variablen Betrag, der der Höhe nach noch offen ist. Auch fehlt es an Hinweisen, wie abzurechnen wäre. So bliebe offen, ob die Beklagte nur die tatsächlich aufgewendeten Kosten (Selbstkosten) weitergeben oder sie einen Aufschlag für ihre eigenen Aufwendungen erheben dürfte. Ungeregelt bliebe auch der Fall, dass die Kosten für die Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten höher gewesen wären als der vereinbarte Betrag. Letztlich hat die Klägerin nicht bewiesen, dass abweichend vom Wortlaut der zu zahlende Betrag als ein noch (abzurechnender) Vorschuss vereinbart worden ist.

cc. Es liegt auch kein Scheingeschäft, § 117 Abs. 1 BGB, vor. Soweit die Klägerin im Laufe des Berufungsverfahrens neu vorgetragen hat, dass sich die Parteien auf einen anderen Kostenbetrag für die Anbindungsarbeiten verständigt hätten, ist diese Behauptung unbeachtlich.

Unter Bezugnahme auf den Urkundenentwurf (Anlage BB 8) sei nach klägerischem Vortrag von “ursprünglich vereinbarten Kosten i.H.v. 100.000,00 Euro” auszugehen. Soweit damit gemeint sei, dass ein solcher Betrag zwar vereinbart, aber nicht gewollt gewesen sei, läge hierin nur dann ein Scheingeschäft, wenn die Parteien übereinstimmend einen anderen Betrag beurkundet hätten, als er letztlich gewollt gewesen ist. Allerdings hat die Klägerin dies selbst so erstinstanzlich nicht vorgetragen. Auch in ihrer Anhörung vor dem Landgericht findet sich nicht die Erklärung, dass in Wahrheit statt 216.900,00 Euro ein Betrag von 100.000,00 für die Werkleistung vereinbart worden sei. Allein die Bezugnahme auf den Vertragsentwurf ist unerheblich. Auch wenn der Geschäftsführer der Beklagten den Vorschlag gemacht hat, dass ein Kostenanteil von 90.000,00 Euro zu zahlen sei (Anlage BB 19), so bezieht sich diese Erklärung auf einen Zeitpunkt im Juli 2012, während die Vereinbarung aus Mai/Juni 2013 stammt. Es fehlt auch an einem entsprechenden Beweisantritt. Der vorgelegte Zettel (Anlage K 18) besagt hierzu nichts. Im Übrigen hat die Klägerin keine Gründe dafür vorgetragen, dass dieser neue Vortrag nach §§ 529, 531 ZPO im Berufungsverfahren noch zu berücksichtigen wäre.

dd. Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob die Vereinbarung zwischen den Parteien der Formvorschrift des § 311 b BGB unterfällt. Diese Frage bedarf keiner Entscheidung Ein etwaiger Verstoß gegen Formvorschriften ist jedenfalls geheilt.

(1) Grundsätzlich unterfällt eine schuldrechtliche Vereinbarung über eine Bauleistung keiner gesetzlichen Formvorschrift.

(2) Es kann offen bleiben, ob diese Vereinbarung aufgrund des Zusammenhangs mit dem Grundstückskaufvertrag (Anlagen K 1 und K2) dem Beurkundungserfordernis des § 311 b BGB unterliegt.

(aa) Unmittelbar bezieht sich § 311b Abs. 1 BGB nur auf die vertragliche Verpflichtung zur Veräußerung und zum Erwerb eines Grundstücks. Beurkundet werden müssen alle Vereinbarungen, aus denen nach dem Willen der Beteiligten der schuldrechtliche Veräußerungsvertrag gebildet wird (vgl. BGH, Urt. v. 11.11.1983 – V ZR 150/82NJW 1984, 974, Tz. 10). Bei Grundstücksgeschäften unterliegen nach gefestigter Rechtsprechung dem Beurkundungserfordernis (hier nach § 313 BGB aF) nicht nur die Verpflichtung des Veräußerers zur Grundstücksübertragung, sondern alle Vereinbarungen, aus denen sich nach dem Willen der Vertragspartner das schuldrechtliche Veräußerungsgeschäft zusammensetzt; dabei spielt es keine Rolle, inwieweit die einzelnen Ansprüche aus dem Vertrag nach Kauf- oder Werkvertragsrecht zu beurteilen sind (vgl. BGH, Urteil vom 06.04.1979 – V ZR 72/74 -, BGHZ 74, 346, Tz. 16). Das Formerfordernis gilt ferner nicht nur für objektiv wesentliche Bestandteile des Vertrages (“essentialia negotii“), sondern auch für dessen an sich nicht wesentliche Bestandteile (“accidentalia“), sofern es sich um eine Regelung handelt, mit der Rechtswirkungen verbunden sind (vgl. Grziwotz in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 311b Rn. 43). Gleiches gilt, wenn weitere, nicht zum Grundstücksgeschäft gehörende Vereinbarungen mit diesem eine rechtliche Einheit bilden sollen. Das ist dann der Fall, wenn die Vereinbarungen nach dem Willen der Vertragschließenden derart voneinander abhängig sind, dass sie miteinander “stehen und fallen” sollen (vgl. BGH, Urteil vom 13.06.2002 – VII ZR 321/00NJW 2002, 2559, Tz. 12). Dies setzt nicht voraus, dass die Abhängigkeit der Verträge wechselseitig ist. Auch bei einseitiger Abhängigkeit stehen und fallen beide Geschäftsteile mit dem Vertrag, von dem der andere abhängt (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 13). So gebietet allein eine wirtschaftliche Verknüpfung eines Bauvertrages mit einem Grundstückskaufvertrag nicht, das Formerfordernis des § 311 b BGB auf den Bauvertrag zu erstrecken. Erst bei einer Abhängigkeit des Grundstücksgeschäfts vom Bauvertrag besteht Anlass, zur Wahrung der Funktionen des § 311 b BGB (Warn- und Schutzfunktion, Gewährsfunktion für richtige, vollständige und rechtswirksame Wiedergabe des Parteiwillens, Beweisfunktion) das Formgebot auf den Bauvertrag zu erstrecken (vgl. BGH, a.a.O., Tz.13).

(bb) Ausgangspunkt ist, dass beide Verträge, nämlich der Erwerb des Grundstücks H.-straße 1/2 und der Abschluss eines Werkvertrages, auch selbstständig in sich schlüssig und sinnvoll sind. Insoweit geht es nicht um einen gemischten Vertrag, sondern um zusammengesetzte Rechtsgeschäfte. In diesen Fällen kann nur die rechtliche Abhängigkeit des Grundstücksgeschäfts von einem oder mehreren weiteren Verträgen zur Beurkundungspflicht auch dieser weiteren Verträge führen, nicht aber die bloße Abhängigkeit weiterer Verträge vom Abschluss eines Grundstücksgeschäfts (vgl. MK-Ruhwinkel, BGB, 8. Aufl., § 311 b Rn. 58). Es kommt darauf an, ob das Grundstücksgeschäft auch ohne das weitere Geschäft (hier Werkvertrag) geschlossen worden wäre (vgl. BGH, Urt. v. 22.07.2010 – VII ZR 246/08 – DNotZ 2011, 197, Tz. 11).

Der Kaufvertrag für das Objekt H.-straße 1/2 und der Werkvertrag “stehen und fallen” nicht miteinander. Die Abschlüsse des Kaufvertrages und des Werkvertrages sind zwar in einer Urkunde erfolgt, aber unabhängig voneinander. Dies folgt daraus, dass sich die Beklagte zwar verpflichtet hat, ein bestimmtes Grundstück zu erwerben, sich aber nicht verpflichtet hat, dort ein Haus zu bauen. Aus Ziff. I. des Kaufvertrages (Anlagen K1/K2) folgt, dass kein Anspruch der Klägerin auf die Bauleistung besteht. Baut die Beklagte auf dem Grundstück H.-straße 1/2 kein Haus, dann hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Dachanbindungsarbeiten. Es besteht zwar ein wirtschaftlicher, aber kein rechtlicher Zusammenhang. Der Kaufvertrag bleibt auch bestehen, wenn die Beklagte das Grundstück nicht bebaut.

(cc) Letztlich kann die Frage der Einhaltung der Form dahinstehen, weil ein etwaiger Formverstoß nach § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt wäre. Die wirksame Auflassung und die wirksame Eintragung im Grundbuch zusammen haben die heilende Wirkung (Staudinger/Schumacher, BGB, Bearb. 2018, § 311 b Rn. 264). Das gilt auch für die Heilung eines nicht mitbeurkundeten, an sich formfreien und nur wegen des Verknüpfungswillens formbedürftigen Vertrages. Die Heilung tritt nicht bereits durch Erfüllung dieses an sich formfreien Vertrages ein (Schumacher, a.a.O.).

Die Auflassung ist bereits in der Urkunde über die Annahme des Grundstückskaufvertrages (Anlage K 2) erklärt worden. In dem Bauträgervertrag (Anlage K 3) wird ausgeführt, dass die Beklagte Eigentümerin des Grundstücks wird und der Eigentumsumschreibungsantrag gestellt worden ist, § 2 Abs. 2. Wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend erklärt haben, ist die Beklagte als Eigentümerin des Grundstücks H.-.straße 1/2 eingetragen worden. Daher ist eine Heilung eines etwaigen Formverstoßes eingetreten.

(3) Entgegen der Auffassung der Klägerin bilden die Werkvertragsverpflichtung und der Bauträgervertrag (Anlage K 3) auch keine Einheit. Auch hier kommt es darauf an, ob der Bauträgervertrag auch ohne den Werkvertrag abgeschlossen worden wäre. Die Klägerin hat sich in dem Bauträgervertrag verpflichtet, den Grundstücksanteil und die Bauleistung zu einem einheitlichen Preis zu erwerben. Daher ist dieser Vertrag formbedürftig. Dieser Erwerb hängt nicht davon ab, dass die Klägerin zuvor einen Werkvertrag bezüglich Leistungen am Nachbarhaus, dem Bestandsgebäude, schließt. Der Werkvertrag war nur Anlass dazu, den Bauträgervertrag abzuschließen. Die Klägerin hat nicht bei Abschluss des Werkvertrages eine Verpflichtung zum Erwerb von Wohnungs- und Teileigentumen übernommen. Vielmehr hat die Klägerin in diesem Vertrag, wie jeder beliebige Dritte, die entsprechenden Wohnungen erworben. Auch ohne den Erwerb dieser Wohnungen durch die Klägerin wäre die Beklagte verpflichtet, die entsprechenden Bauleistungen gegenüber der Eigentümerin des Bestandsgebäudes, also der Tochter der Klägerin, zu erbringen.

(4) Die vertragliche Regelung in Zif. X. 6. des Angebots (Anlage K 1) führt letztlich nicht dazu, einen Verstoß gegen eine vertraglich vereinbarte Formvorschrift annehmen zu können. Wie bereits ausgeführt, ist die zu erbringenden Werkleistung durch die Pläne hinreichend beschrieben und damit auch beurkundet.

ee. Die schuldrechtliche Vereinbarung ist auch nicht nach § 138 BGB sittenwidrig und damit nichtig. Die Begründung der Klägerin (Bl. 65 d.A.), dass die Bauarbeiten einen Wert von maximal 25.000,00 Euro brutto hätten, die Klägerin dafür aber 216.900,00 Euro gezahlt habe, verfängt nicht. Sie ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht unstreitig. Die Klägerin hat nicht nur eine “reine Bauleistung” auf dem Grundstück ihrer Tochter erhalten, sondern durch die versprochenen Anpassungen (Durchbrüche, Nutzung des Treppenhauses und des Aufzuges) eine Aufwertung ihres eigenen Grundstücks. Die Gegenleistung bezieht sich daher auf weit mehr als die Kosten für die Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten. Ein entsprechendes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ist daher nicht mit Substanz vorgetragen worden.

ff. Ob die erbrachte Leistung der Beklagten hinsichtlich der Dachanbindungs- und Unterfangungsarbeiten mangelhaft ist, bedarf in diesem Verfahren keiner Entscheidung. Insofern hat die Klägerin keine Mängelrechte geltend gemacht. Ob das Werk abnahmefähig ist, kann auch dahinstehen, weil die Klägerin hier die Rückzahlung einer Vorauszahlung begehrt. Auf die Abnahmefähigkeit als Fälligkeitsvoraussetzung für den Werklohn kommt es daher nicht an.

d. Soweit die Zahlung der 216.900,00 Euro auch zur Absicherung der Nutzungsmöglichkeiten am Grundstück H.-straße 1/2 von der Klägerin geleistet worden ist und schließlich die Zeugin P. W. zur Löschung der Grunddienstbarkeit verurteilt wurde, folgt daraus ebenfalls kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung.

(1) Eine Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB in der Variante des späteren Wegfalls des Rechtsgrundes für die Leistung liegt nicht vor. Rechtsgrund für die Zahlung war u.a. die Verpflichtung zur Verschaffung einer dinglichen Absicherung gewesen. Diese Verpflichtung besteht weiter; sie ist nur nicht zutreffend umgesetzt worden. Die Grunddienstbarkeit ist nach dem Urteil des Amtsgerichts Northeim nur nicht wirksam vereinbart worden.

(2) Es liegt auch kein Fall der Zweckverfehlungskondiktion, § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, vor. Diese Vorschrift kommt nur dann in Betracht, wenn ein nach dem Inhalt des Vertrages bezweckter Erfolg nicht eintritt, wobei dieser Erfolg nicht durch eine vertragliche Vereinbarung erzwingbar sein darf. Es darf keine vertragliche Verpflichtung bestehen. Das ist hier aber gerade der Fall. Die Verpflichtung ist nur nicht wirksam umgesetzt worden.

e. Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren die Auffassung vertritt, dass ihr ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 216.900,00 Euro nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 MaBV oder i.V.m. § 1 BauFordSiG zustehe, kann dem nicht gefolgt werden. So ist die Zahlung nicht im Rahmen eines Bauträgervertrages erfolgt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte zweckwidrig Baugeld verwendet hat,

2. Klageantrag zu 2. (Zahlung eines Teilbetrages von 117.150,00 Euro)

Der Klägerin steht ebenso kein Anspruch auf Rückzahlung dieses Teilbetrages aus ungerechtfertigter Bereicherung, § 812 BGB, oder aus einem anderen Rechtsgrund zu.

Dieser Betrag ist als Leistung auf den Bauträgervertrag (Anlage K 3) gezahlt worden. Das ist zwischen den Parteien auch nicht streitig. Der Bauträgervertrag ist formwirksam zustande gekommen. Aus den obigen Ausführungen (zum Klageantrag zu 1.) folgt, dass entgegen der Auffassung der Klägerin der Kaufpreis zutreffend beurkundet worden ist.

3. Klageantrag zu 3. (Stellplatzablösung)

Die Klägerin begehrt nach Änderung des Antrages aufgrund eines Schreibfehlers weitere 3.783,00 Euro für die Ablösung des Stellplatzes.

a. Die Berufung der Klägerin ist im Hinblick auf den Klageantrag zu 3. unzulässig.

Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO hat, wenn die Berufung darauf gestützt wird, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO), die Berufungsbegründung die Bezeichnung derjenigen Umstände zu enthalten, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Da die Berufungsbegründung erkennen lassen soll, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält, hat dieser – zugeschnitten auf den Streitfall und aus sich heraus verständlich – diejenigen Punkte rechtlicher und tatsächlicher Art darzulegen, die er als unzutreffend beurteilt ansieht, und dazu die Gründe anzugeben, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit jener Punkte und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung herleitet. Zur Darlegung der Fehlerhaftigkeit ist somit lediglich die Mitteilung der Umstände erforderlich, die das Urteil aus der Sicht des Berufungsführers in Frage stellen. Besondere formale Anforderungen werden nicht gestellt. Für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 13.09.2012 – III ZB 24/12MDR 2012, 1362, Tz.11). Betrifft die erstinstanzliche Entscheidung mehrere prozessuale Ansprüche, so ist für jeden Anspruch eine den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO genügende Begründung der Berufung erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 26. 01.2006 – I ZR 121/03GRUR 2006, 429, Tz. 21; BGH, Urteil vom 29.11.2017 – XII ZB 414/17NJW-RR 2018, 386, Tz. 9; Zöller-Heßler, ZPO, 33. Aufl., § 520 Rn. 37), so auch hier.

Die Klägerin begehrt die Rückzahlung des Ablösebetrages für die Stellplätze aufgrund eines behaupteten nichtigen Bauträger-Kaufvertrages. Die Berufung verhält sich zu der Abweisung des Klageantrages durch das Landgericht nicht. Man kann allenfalls vermuten, dass die Klägerin die Auffassung vertritt, dass der Bauträgervertrag (Anlage K 3) formunwirksam sei, so dass dieser nicht Rechtsgrund für die Ablösung der Stellplätze sein könne. Das Landgericht hat aber in seiner Entscheidung nicht nur ausgeführt, dass der Bauträgervertrag wirksam sei, sondern auch, dass der Anspruch aus dem Ziff. III. 4. des Kaufvertrages (Anlage K 1) herrühre. Dazu verhält sich die Berufung nicht. Hierauf hat der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 15.02.2018 hingewiesen. Die Klägerin hat gleichwohl ihren Vortrag nicht ergänzt.

b. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet. Dies folgt daraus, dass der Bauträgervertrag (Anlage K 3) gerade nicht unwirksam ist.

4. Klageantrag zu 4. (vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten)

Der Antrag zu 4. auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten ist mangels Hauptforderung unbegründet.

5. Widerklage

Das Landgericht hat im Wege der Widerklage festgestellt, dass der Bauträgervertrag vom 07.10.2013 formwirksam zustande gekommen ist. Die dagegen erhobene Berufung ist unbegründet. Klarstellend hat der Senat den Ausspruch antragsgemäß neu gefasst.

a. Die Zwischenfeststellungsklage ist zulässig.

aa. Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde (§ 256 Abs. 2 ZPO).

Die Beklagte hat mit Klageerwiderung vom 16.09.2014 (Bl. 16 d. A.) einen Zwischenfeststellungsantrag angekündigt. Danach sollte festgestellt werden, dass der Bauträgervertrag vom 07.10.2013 formwirksam zustande gekommen ist. Dieser Antrag wurde von der Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 11.04.2016 (Bl. 110 d. A.) gestellt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte ihren Antrag dahingehend klargestellt, festzustellen, dass der Bauträgervertrag nicht nur formwirksam, sondern insgesamt wirksam geschlossen worden sei.

bb. Der Antrag richtet sich auch auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 Abs. 2 ZPO.

(1) Unter Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder einer Person zu einer Sache zu verstehen. Darunter fallen auch einzelne auf einem umfassenderen Rechtsverhältnis beruhende Ansprüche oder Rechte, nicht dagegen einzelne Vorfragen. So kann die Wirksamkeit eines Vertrages festgestellt werden (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., § 256 Rn. 4). Daher war abweichend vom Urteilsausspruch nach Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 16.02.2018 (Bl. 295 d. A.) antragsgemäß die Feststellung der Wirksamkeit des Vertrages nicht auf die Frage der Einhaltung der Form zu reduzieren.

(2) Entsprechend diesen Grundsätzen handelt es sich bei der Frage der Wirksamkeit einer Abrede um ein – zwischen den Parteien streitiges – Rechtsverhältnis, weil hiervon abhängt, ob die Klägerin verpflichtet ist, die Wohnungs- und Teileigentume abzunehmen und den Kaufpreis zu zahlen. Ebenso hängt davon ab, ob sich die Klägerin in Annahmeverzug befindet und insoweit Schadensersatz zu leisten hat.

(3) Weiter muss sich nach § 256 Abs. 2 ZPO die begehrte Feststellung grundsätzlich auf einen Gegenstand beziehen, der über den der Rechtskraft fähigen Gegenstand des Rechtsstreits hinausgeht (BGH, Urteil vom 07.03.2013 – VII ZR 223/11NJW 2013, 1744, Tz. 19). Für eine Zwischenfeststellungsklage ist daher grundsätzlich kein Raum, wenn mit dem Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend geregelt werden (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 19). Eine Zwischenfeststellungsklage ist jedoch dann zulässig, wenn mit der Hauptklage mehrere selbständige Ansprüche aus dem Rechtsverhältnis verfolgt werden, mögen sie auch in ihrer Gesamtheit die Ansprüche erschöpfen, die sich aus ihm überhaupt ergeben können (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 19). Diesen Rechtsgrundsatz hat der Bundesgerichtshof auf den Fall übertragen, dass die Parteien mit Klage und Widerklage mehrere selbständige Ansprüche verfolgen, für die das streitige Rechtsverhältnis vorgreiflich ist, mögen sie auch in ihrer Gesamtheit die Ansprüche erschöpfen, die sich aus dem Rechtsverhältnis überhaupt ergeben können (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 19).

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Klage und Widerklage betreffen die Verpflichtung zur Zahlung der Gegenleistung im Rahmen des Bauträgervertrages und alle damit zusammenhängenden Ansprüche. Für alle diese Ansprüche kommt es auf die Vorfrage der Wirksamkeit des Bauträgervertrages an, die ansonsten nicht im Wege eines Teilurteils geklärt werden kann (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 20).

b. Die Widerklage ist auch begründet, weil nicht ersichtlich ist, dass der Bauträgervertrag unwirksam ist. Insoweit ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen.

II.

Berufung der Beklagten

1. Widerklageantrag zu 2. (Antrag auf Zahlung von 302.151,79 Euro nebst Zinsen)

Der Widerklageantrag ist weitgehend begründet. Der Beklagten stehen lediglich keine Zinsen auf die Abschlagsrechnungen zu.

Dis Beklagte hat aus § 631 BGB i.V.m. § 5 Abs. 1 des Bauträgervertrages (Anlage K 3) einen Anspruch auf Zahlung des “Kaufpreises“, soweit nicht bereits Teilerfüllung durch Zahlung der 1. Rate eingetreten ist. Dabei findet auf das Vertragsverhältnis der Parteien das Werkvertragsrecht in der Fassung bis zum 31. 12.2017 Anwendung (Art. 229 § 39 EGBGB). Auf den Bauträgervertrag finden die Vorschriften des Werkvertragsrechts Anwendung, §§ 631 ff. BGB, obgleich er von den Parteien als “Bauträger-Kaufvertrag” bezeichnet worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2016 – VII ZR 171/15BGHZ 210, 206, Tz. 21).

a. Der Bauträgervertrag ist zwischen den Parteien wirksam geschlossen worden. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.

b. Soweit die Parteien eine überhöhte 3. Rate vereinbart haben, führt dies dazu, dass diese gesamte vertragliche Ratenzahlungsregelung unwirksam ist und die Zahlung erst mit der Abnahme fällig wird.

aa. Nach § 3 Abs. 1 MaBV darf ein Bauträger, § 34c Abs. 1 Nr. 3 a GewO, nur Vermögenswerte entgegennehmen, wenn die jeweiligen Raten der MaBV entsprechen. Die Beklagte ist Bauträgerin und hat der Klägerin durch den Bauträgervertrag Wohnungs- und Teileigentume verschafft, so dass der Anwendungsbereich der MaBV eröffnet ist.

bb. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 MaBV darf der Bauträger in bis zu 7 Teilbeträgen Abschlagszahlungen entsprechend dem Bauablauf entgegennehmen. Dabei bestimmt § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 MaBV, dass 30% der Vertragssumme nach Beginn der Erdarbeiten und die restliche Vertragssumme, also die weiteren 70% des “Kaufpreises“, in bestimmten Raten verlangt werden können. Die Rate für die Herstellung der Dachflächen und Dachrinnen (3. Rate) kann in Höhe von 8% der restlichen Vertragssumme, mithin 70% des “Gesamtkaufpreises“, entgegengenommen werden. Daher darf diese 3. Rate nur in Höhe von 5,6 % der Gesamtvertragssumme verlangt werden. § 5 Abs. 4 des Bauträgervertrages (Anlage K 3) geht aber von 6% aus. Damit liegt ein Verstoß gegen die MaBV vor.

cc. Eine solche von § 3 Abs. 2 MaBV abweichende Vereinbarung zwischen einem Bauträger und einem Auftraggeber ist gemäß § 134 BGB nichtig (vgl. BGH, Urt. v. 07.11.2013 – VII ZR 167/11BauR 2014, 262, Tz. 14). Die Nichtigkeit erfasst ausschließlich die von § 3 Abs. 1, § 3 Abs. 2 MaBV abweichende Vereinbarung, mithin alle Abschlagszahlungen, und berührt die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen nicht. An die Stelle der nichtigen Vereinbarung tritt die Regelung des § 641 Abs. 1 BGB, so dass mit der Abnahme die Zahlungsverpflichtung des Auftraggebers fällig wird (vgl. BGH, a.a.O.). Auf die Höhe der Abweichung kommt es nicht an. Der Schutzzeck gilt auch bei geringer Abweichung von der zulässigen Ratenhöhe. Ein Rückgriff auf den Zahlungsplan des § 3 Abs. 2 MaBV oder § 632 a BGB scheidet ebenso aus (vgl. BGH, Urteil vom 22.03.2007 – VII ZR 268/05BauR 2007, 1235, Tz. 22).

dd. Dies führt hier dazu, dass die Raten nicht entsprechend dem Widerklageantrag angefallen sind, sondern die Fälligkeit des restlichen “Kaufpreises” erst mit der Abnahme zu entrichten ist.

c. Soweit das Landgericht die Fälligkeit der Abschlagsrechnungen verneint hat, weil keine nach § 5 Abs. 5 des Bauträgervertrages vorgesehene schriftliche Bestätigung über den Baufortschritt vorgelegt worden sei, kann diese Frage dahinstehen, weil – wie bereits ausgeführt – die gesamte Abschlagsregelung (Ratenzahlungsabrede) unwirksam ist, so dass die Fälligkeit des Kaufpreises erst mit der Abnahme der Wohnungs- und Teileigentume eintritt.

d. Der Gesamtkaufpreis ist auch fällig, weil das Werk abgenommen bzw. abnahmefähig ist, § 640 BGB. Hierbei ist zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum zu unterscheiden.

aa. Das Sondereigentum gilt als abgenommen.

(1) Hinsichtlich des Sondereigentums haben die Parteien nach § 8 Abs. 3 des Bauträgervertrages eine gemeinsame Abnahme vereinbart. Eine solche Abrede ist wirksam (vgl. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 11. Teil, Rn. 244). Eine solche ausdrückliche Abnahme liegt aber nicht vor, weil die Klägerin die Abnahme unstreitig verweigert hat.

(2) Soweit in § 8 Abs. 1 des Bauträgervertrages auf die Verpflichtung zur Abnahme nach bezugsfertiger Herstellung abgestellt wird, verweist diese Regelung auf § 5 Abs. 4 f) des Vertrages, wonach die vorletzte Rate zur Bezugsfertigstellung der Wohnung zu zahlen ist. Die letzte Rate ist nach Erstellung der Fassade und vollständiger Fertigstellung zu zahlen. Damit wird die Abnahme, d.h. die Billigung des Werkes als Erfüllung, auf den Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit vorverlagert. Dies bedeutet, dass vor vollständiger Fertigstellung und bei noch fehlender Fassade bereits eine Abnahme zu erklären wäre. Die vertragliche Regelung setzt insofern die Zahlung der vorletzten Rate mit der Abnahme gleich.

Eine solche Abrede ist aber unwirksam, weil sie nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB standhält. Es handelt sich um eine von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung, so dass §§ 305 ff BGB eingreifen. Mit dem Grundgedanken des Werkvertrages ist es nicht vereinbar, wenn die Abnahme allein an die Bezugsfertigkeit anknüpft, nicht aber an die Billigung der Leistung als vertragsgerecht. So bestimmt § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 MaBV, dass die drittletzte Rate bereits bei Bezugsfertigkeit des Objekts zu zahlen ist, während die letzte Rate erst nach vollständiger Fertigstellung zu leisten ist.

(3) Das Sondereigentum gilt aber – wie hier – nach § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB als abgenommen, weil der Besteller das Werk nicht innerhalb einer vom Unternehmer gestellten angemessenen Frist abgenommen hat (fiktive Abnahme).

(aa) Die mit Schreiben vom 25.07.2014 gesetzte Frist zur Abnahme bis zum 31.07.2014 (Anlage B 2) war allerdings zu kurz, weil sie weniger als die nach § 12 VOB/B üblichen 12 Tage beträgt. Im Falle einer zu kurzen Frist gilt die angemessene Frist (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 79. Aufl., § 640 Rn. 15).

(bb) Allerdings ist die Vergütung schon zum 25.07.2014 deshalb fällig gewesen, weil die Klägerin zuvor mit Schreiben vom 03.06.2014 (Anlage K 9) die Zahlung verweigert und die Rückzahlung bereits geleisteter Beträge begehrt hat. Die Fristsetzung ist in diesem Fall entbehrlich. Sie wäre bloße Förmelei (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 79. Aufl., § 640 Rn. 10), weil die Klägerin die Abnahme verweigert und die Rückzahlung begehrt hat.

(cc) Die Klägerin ist auch zur Abnahme verpflichtet. Die Abnahmefiktion des § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB tritt grundsätzlich nur dann ein, wenn der Auftraggeber zur Abnahme verpflichtet ist. Dies ist er nur, wenn das unternehmerische Werk zum Zeitpunkt der Abnahme – oder hier zum Eintritt der Abnahmefiktion – nicht mit einem wesentlichen Mangel behaftet ist (vgl. Ingenstau/Korbion/Locher/Vygen/ Oppler, 20. Aufl., VOB, B § 12 Rn. 28). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der wesentliche Mangel zum Zeitpunkt des Eintritts der Abnahmefiktion erkennbar war bzw. gerügt worden ist, sondern ob ein solcher zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorhanden ist (vgl. Ingenstau/Korbion/Locher/Vygen/Oppler, a.a.O.). Dabei hat der Auftragnehmer darzulegen und zu beweisen, dass sein Werk nicht mit wesentlichen Mängeln behaftet ist.

Die Klägerin hat unter Hinweis auf einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft vom 21.03.2016 (Anl. K 20) vorgetragen, dass warmes Wasser nicht in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt werden könne. Dies betrifft jedenfalls nicht das Sondereigentum der Klägerin, sondern das Gemeinschaftseigentum. Hintergrund soll eine Störung des Blockheizkraftwerkes sein. Dieses ist Teil des Gemeinschaftseigentums.

Soweit die Klägerin im Laufe des Berufungsverfahrens erstmalig die fehlende Abnahmefähigkeit des Sondereigentums damit begründet hat, dass entgegen § 4 Abs. 7 des Bauträgervertrages keine schlüsselfertige Leistung vorliege, weil nach Ziff. 15 der Leistungsbeschreibung Bodenbeläge in den Wohnräumen und Fluren nicht enthalten seien, was zu einer schlüsselfertigen Erstellung gehöre, steht dieser Umstand einer Abnahme nicht entgegen. Es liegt bereits kein Mangel, § 633 BGB, vor. Der Begriff “schlüsselfertig” ist die Beschreibung einer Pauschalierung des Leistungsinhalts (Werner/Pastor,14. Aufl., Rn. 1533). Daher gehen konkrete Leistungsbeschreibungen vor. Nur soweit diese Lücken aufweisen, können diese durch die Pauschalangabe “schlüsselfertig” gefüllt werden. Eine solche Lücke liegt aber nicht vor, wenn ausdrücklich bestimmte Leistungen herausgenommen werden.

Sind keine Mängel des Sondereigentums ersichtlich, ist daher von einer Abnahmereife auszugehen.

bb. Das Gemeinschaftseigentum gilt ebenfalls als abgenommen.

(1) Hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums haben die Parteien unter § 8 Abs. 5 des Bauträgervertrages vereinbart, dass die Abnahme des Gemeinschaftseigentums auch durch die Hausverwaltung erfolgen kann.

Eine solche vertragliche Regelung der Abnahme ist aber als Allgemeine Geschäftsbedingung hier deshalb unwirksam, weil der Bauträger in der Teilungserklärung den Hausverwalter bestellt hat, die Abnahme zu erklären. Insoweit besteht eine Interessenkollision zwischen dem Bauträger und dem jeweiligen Erwerber (vgl. BGH, Beschluss vom 12. 09. 2013 – VII ZR 308/12 – NJW 200113, 3360, Tz. 6 ff.). Die Beklagte hat im Übrigen nicht vorgetragen, dass der Hausverwalter die Abnahme erklärt hat.

(2) Die individuelle Abnahme des Gemeinschaftseigentums wird durch die vertragliche Regelung auch nicht ausgeschlossen. Vielmehr erhält der einzelne Erwerber einer Eigentumswohnung einen individuellen Anspruch auch auf Abnahme des Gemeinschaftseigentums (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2016 – VII ZR 171/15BGHZ 210, 206, Tz. 33).

(3) Das Gemeinschaftseigentum gilt aber auch hier nach § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB als abgenommen, weil die Klägerin das Werk nicht innerhalb einer vom Unternehmer gesetzten angemessenen Frist abgenommen hat (fiktive Abnahme).

Die Aufforderung zur Abnahme ist hier durch Schreiben vom 23.07.2014 zum 01.08.2014 erfolgt (Anlage B 3). Ob diese Frist zu kurz bemessen war oder nicht, kann dahinstehen, weil die Klägerin bereits mit Schreiben vom 03.06.2014 die Zahlung verweigert und die Rückzahlung bereits geleisteter Beträge begehrt hat. Auf die obigen Ausführungen zur Abnahme des Sondereigentums wird verwiesen.

Die Klägerin war auch zur Abnahme verpflichtet.

(aa) Soweit die Klägerin unter Hinweis auf einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft vom 21.03.2016 (Anl. K 20) rügt, dass Warmwasser in dem Objekt nicht in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt werden könne, liegt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kein die Abnahme hindernder wesentlicher Mangel, § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB, vor. Dazu:

(1.1.) Das Landgericht hat festgestellt, dass das Werk der Beklagten mangelhaft sei, weil keine ausreichende Warmwasserversorgung vorliege. Die Beklagte sei dem Vortrag der Klägerin nicht entgegengetreten. Diese Feststellung ist verfahrensfehlerhaft getroffen worden. Sie stellt eine Überraschungsentscheidung dar.

Die Klägerin hatte erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erstmalig mit Schriftsatz vom 31.08.2016 (Bl. 153 d. A.) behauptet, dass eine nicht ausreichende Warmwasserversorgung einer Abnahme der Wohnungs- und Teileigentume entgegenstehe. Die Klägerin hatte bereits zuvor unter dem 24.08.2016 (Bl. 147 ff d. A.) die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 22.07.2016 (Bl. 144 ff d. A.) vorsichthalber beantragt. Die Frage eines Mangels und der fehlenden Abnahmereife war aber nicht Gegenstand des Schriftsatzes der Beklagten vom 22.07.2016. Das Landgericht hat das Verfahren wiedereröffnet, ohne allerdings auf den Vortrag in dem Schriftsatz vom 31.08.2016 einzugehen. Vielmehr hat es im Hinblick auf die Widerklage in seinem Hinweisbeschluss vom 13.09.2016 (Bl. 155 f. d. A.) nur von einer möglichen Erfüllung gesprochen. Daher hat die Beklagte davon ausgehen können, dass der klägerische Vortrag, der ihr nach ihrem Vorbringen nicht zur Kenntnis gebracht worden sei, nicht streitentscheidend ist. Die Parteien haben auch in ihren weiteren Schriftsätzen nichts mehr zu dem Mangel ausgeführt. Gleichwohl hat das Landgericht bei seiner Entscheidung auf die fehlende Abnahmefähigkeit überraschend und damit verfahrensfehlerhaft abgestellt.

Die Beklagte ist daher mit ihrem streitigen im Berufungsverfahren erstmalig gehaltenen Vortrag und Beweiserbieten, dass die Warmwasserversorgung ausreichend sei und jedenfalls kein wesentlicher Mangel vorliege, nicht nach §§ 529, 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO ausgeschlossen.

Ob der neue Vortrag der Beklagten auch aus dem Grunde zuzulassen ist, dass ihr der klägerische Schriftsatz vom 31.08.2016 nicht übersandt worden sei, so dass ihr neuer Vortrag nicht auf Nachlässigkeit beruht, §531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO, kann daher dahinstehen.

(1.2.) Ob ein Mangel “wesentlich” ist und deshalb zur Verweigerung der Abnahme nach § 640 Abs. 1 Satz 2 berechtigt, bestimmt sich nach der Art des Mangels, seinem Umfang und vor allem seinen Auswirkungen, wobei dies unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu entscheiden ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.04.1992 – VII ZR 185/90NJW 1992, 2481, Tz. 8).

Die Beklagte hat bewiesen, dass die Warmwasserversorgung ausreichend ist, jedenfalls kein wesentlicher Mangel vorliegt.

Die Warmwasserversorgung ist ausreichend. Der gerichtliche Gutachter hat festgestellt, dass hinsichtlich der Wohnung 1 im 1. OG die Warmwassertemperatur keine Mängel aufweist (S. 13 SVG). Lediglich das Strangregulierventil im Rücklauf des Heizungsanschlusses ist falsch eingestellt (S. 11, 13 SVG). Es muss hydraulisch nachgestellt werden (S. 13 SVG). Dieser Mangel kann zwar zu einer Minderversorgung der Heizleistung führen (S. 25 SVG). Der Wasserdruck ist aber ansonsten genügend (S. 14 SVG). Die Heizleistung von Q = 20 KW ist ausreichend, um den Warmwasserbedarf einer vierköpfigen Familie zu decken (S. 25 SVG). Soweit eine Minderversorgung mit Warmwasser in der Nacht vorgelegen hat, hat der Sachverständigen es als nachvollziehbar angesehen, dass im Rahmen der Einstellung der Nachtabsenkung eine Einregulierung aufgrund eines individuellen Nutzerverhaltens erforderlich war (S. 28 SVG). Die Anlage ist jedenfalls ausreichend für die ausreichende Warmwasserversorgung (S. 28 SVG). Bei den weiteren Wohnungen sind keine Mängel in der Warmwasserversorgung erkennbar.

Die fehlerhafte Einstellung eines Strangventils ist – entgegen der Einschätzung des Sachverständigen (S. 25 SVG) – kein wesentlicher Mangel. Insofern handelt es sich um eine Rechtsfrage, die nicht der Beurteilung des Sachverständigen unterfällt. Unstreitig kann der Mangel behoben werden, indem Einstellarbeiten für unter 100,00 Euro auszuführen sind. Auch dieser Umstand ist zu bei der Gesamtabwägung zu berücksichtigen.

(bb) Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat und in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 19.12.2019 (Bl. 427 ff. d. A.) erstmalig vorgetragen hat, dass keine abnahmefähigen Wohn- und Teileigentume vorliegen, weil es an der erforderlichen Anbindung des Neubaus an das Bestandsgebäude fehle, kann dem nicht gefolgt werden. Die Frage, ob das Dach, der Keller, die Tiefgarage oder das Treppenhaus mangelfrei erstellt sind, bestimmt sich gemäß § 1 des Bauträgervertrages (Anlage K 3) nach der Bezugsurkunde und damit nach der Teilungserklärung, der Abgeschlossenheitsbescheinigung mit Zeichnungen/Plänen und der Gemeinschaftsordnung. Es ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass Abweichungen zu der Leistungsbeschreibung vorhanden sind, die als Anlage 3 zur Teilungserklärung (UR-Nr. …./2013 des Notars Dr. K. – Anlage B 1), vorgelegt worden ist. Vielmehr handelt es sich um Leistungen, die das der Tochter gehörende Bestandsgebäude betreffen. Das Gemeinschaftseigentum des Neubaus ist nicht durch fehlende Öffnungen oder Verbindungen betroffen.

e. Der Anspruch ist auch der Höhe nach zutreffend berechnet.

Die Klägerin hat nach § 5 des Bauträgervertrages für die von ihr erworbenen Wohnungs- und Teileigentume insgesamt 390.500,00 Euro zu zahlen. Aufgrund von Zusatzleistungen hat die Beklagte gegen die Klägerin einen Anspruch in Höhe von insgesamt 392.151,79 Euro. Dem Inhalt der Schlussrechnung der Beklagten vom 30.12.2014 (Anlage B 12) ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Unter Abzug der Abschlagzahlung von 90.000,00 Euro errechnet sich so eine noch offene Hauptforderung in Höhe von 302.151,79 Euro.

f. Die Zahlung hat dabei Zug-um-Zug gegen Übergabe der Wohnungs- und Teileigentume zu erfolgen, wie sie im Tenor näher bezeichnet sind.

g. Soweit die Beklagte Zinsen auf die 4. Abschlagsrechnung begehrt, kann sie damit allerdings nicht durchdringen. Wie bereits oben ausgeführt, liegt eine von § 3 Abs. 2 MaBV abweichende Ratenzahlungsvereinbarung vor, so dass die jeweiligen Abschlagsrechnungen nicht fällig gewesen sind. Ein Anspruch auf Verzugszinsen auf die Abschlagsrechnungen scheidet daher aus. Insoweit hat die Berufung keinen Erfolg.

h. Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen auf die Gesamtforderung bestimmt sich nach §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Einer Mahnung nach Übersendung der Schlussrechnung vom 30.10.2014 (Anlage B 12) hat es dabei nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht bedurft, weil die Klägerin bereits mit Schreiben vom 03.06.2014 (Anlage K 9) ihre Zahlungspflicht ernsthaft und endgültig verweigert hatte.

2. Widerklageantrag zu 2. (Feststellung des Abnahmeverzuges)

Die Beklagte hat gegen die Klägerin des Weiteren einen Anspruch auf die Feststellung, dass sich die Klägerin mit der Abnahme der Wohnungs- und Teileigentume im Verzug befindet.

a. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Die Frage, ob eine Abnahmeerklärung erfolgt ist und deshalb die Abnahmewirkungen eingetreten sind, kann nach § 256 Abs. 1 ZPO Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Gleiches gilt für die Frage, ob die Abnahmewirkungen gemäß § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB eingetreten sind, weil eine Verpflichtung zur Abnahme besteht (vgl. BGH, Urteil vom 09.05.2019 – VII ZR 154/18NZBau 2019, 572, Tz. 22 ff.). Die Zulässigkeit der Feststellungs(wider-)klage folgt hier daraus, dass die Parteien über die Abnahmefähigkeit der Leistungen aus dem Bauträgervertrag streiten.

b. Der Feststellungsantrag ist auch begründet.

Die Klägerin befindet sich jedenfalls zum 02.09.2014 in Abnahmeverzug. Mit der Pflicht zur Abnahme kann der Besteller unter den Voraussetzungen des § 286 BGB in Verzug geraten (vgl. Messerschmidt in Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Aufl., § 640 BGB, Rn. 47). Weiter ist erforderlich, dass eine Pflicht zur Abnahme besteht. Wie bereits oben ausgeführt, ist das von der Beklagten erstellte Werk abnahmefähig. Es weist keine die Abnahme hindernden Mängel auf. Die Klägerin ist jedenfalls zum 02.09.2014 auch verpflichtet gewesen, die Abnahme zu erklären, nachdem sie hierzu mit Schreiben vom 05.08.2014 (Anlage B 11) aufgefordert worden war, aber ihre Bereitschaft zur Abnahme bereits durch Schreiben vom 03.06.2014 (Anlage K 9) ernsthaft verweigert hatte. Einer Mahnung hat es daher nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht bedurft. Insofern hat sich die Klägerin zum 05.09.2014 mit der Abnahme der Wohnungs- und Teileigentume in Verzug befunden.

3. Widerklageantrag zu 4. (Feststellung des Schadens)

Dieser Feststellungantrag ist ebenso zulässig und begründet.

a. Gegenstand einer Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO können ein Rechtsverhältnis aber auch einzelne Beziehungen oder Folgen eines Rechtsverhältnisses sowie Umfang und Inhalt einer Leistungspflicht, nicht aber einzelne rechtserhebliche Vorfragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses oder bloße Grundlagen für die Berechnung eines Anspruchs sein (vgl. BGH, Urteil vom 12.12.1994- II ZR 269/93 – NJW 1993,1097, Tz. 6). Auch die Verpflichtung, aufgrund einer Vertragsverletzung Schadensersatz leisten zu müssen, kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (vgl. BGH, Urteil vom 26.09.1991 – VII ZR 245/90NJW 1992, 697, Tz. 10).

Die Beklagte begehrt hier die Feststellung, dass ihr die Klägerin den Schaden zu ersetzen habe, der ihr durch die unterlassene Abnahme der Wohnungs- und Teileigentume bereits entstanden ist und noch entstehen wird. Gegenstand des Rechtsverhältnisses ist mithin eine behauptete Vertragsverletzung der Klägerin, indem sie ihrer Verpflichtung zur Abnahme nicht nachgekommen ist.

Erforderlich ist weiter ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Dies ist dann gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage der Beklagten eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. BGH, Urt. v. 13.1.2010 – VIII ZR 351/08NJW 2010,1877, Tz. 12). Ein Feststellungsinteresse fehlt allerdings, wenn die Beklagte ihr Ziel auch auf andere Art oder durch Erhebung einer Leistungsklage (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 33. Aufl., § 256 Rn. 8) erreichen kann.

Die Beklagte hat einen ihr für das Jahr 2014 bereits entstandenen Schaden beziffert und vorgetragen, dass sie durch die unterlassene Abnahme der Wohnungs- und Teileigentume auch für die Folgejahre das Wohngeld und die Instandhaltungsrücklage zu tragen habe. Ist wie hier die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen, so kann der Anspruchssteller die Feststellung begehren, dass der Anspruchsgegner in vollem Umfang ersatzpflichtig ist (vgl. BGH, Urteil vom 19.04.2016 – VI ZR 506/14 – NJW-RR 2016, 786, Tz. 6).

b. Der Feststellungsanspruch ist auch begründet. Wie bereits oben ausgeführt, ist die Klägerin zur Abnahme der Wohnungs- und Teileigentume verpflichtet und hat sich mit der Abnahme seit dem 02.09.2014 in Verzug befunden. Daher hat sie auch nach § 280 Abs. 2 BGB den durch den Verzug, § 286 BGB, entstandenen Schaden zu ersetzen.

4. Widerklageantrag zu 5. (vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten)

Die Beklagte hat gegen die Klägerin allerdings keinen Anspruch auf Schadensersatz bzgl. vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, dass sie ihren späteren Prozessbevollmächtigten beauftragt habe, die 1. bis 4. Abschlagsrechnung bzgl. des Bauträgervertrages von der Klägerin einzufordern. Ihre späteren Prozessbevollmächtigten hätten daher mit Schreiben vom 24.03.2014 die Abschlagszahlungen eingefordert. Die Klägerin hat sich mit den begehrten Abschlagszahlungen aber nicht in Verzug, § 286 BGB, befunden. Wie bereits oben ausgeführt, ist die vertragliche Regelung, § 5 Abs. 4 des Bauträgervertrages (Anlage K 3), über die Abschlagszahlungen nichtig. Folglich hat sich die Klägerin zum Zeitpunkt der Zahlungsaufforderungen mangels Fälligkeit der Abschläge nicht in Verzug befunden.

OLG Schleswig zu der Frage welche Vorsichtsmaßnahmen bei der Demontage einer Siebanlage beim Einsatz von Schneidbrennern zu ergreifen sind

BGH zu der Frage, wann ein Architekt wegen unerlaubter Rechtsberatung haftet

vorgestellt von Thomas Ax

1. Wird ein Unternehmer mit der Demontage einer Siebanlage beauftragt, hat er die Zerlegungsarbeiten mittels Schneidbrennern so durchzuführen, dass Brände vermieden werden.
2. Beim Einsatz von Schneidbrennern sind geeignete Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Die Bereitstellung von Feuerlöschern reicht jedenfalls dann nicht aus, wenn bei der Durchführung der Arbeiten solche Teile der Anlage in Brand geraten können, die nicht ungehindert zugänglich sind.
3. Zur Schadensberechnung bei der Beschädigung einer gebrauchten Maschine.
OLG Schleswig, Urteil vom 27.10.2022 – 11 U 23/20
vorhergehend:
LG Kiel, 31.01.2020 – 10 O 88/19
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 30.08.2023 – VII ZR 218/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche wegen Schäden an einer Anlage zum Sieben von Kies.

Der Kläger ist Inhaber verschiedener Einzelunternehmen, die sich mit Kiesabbau und den hierfür erforderlichen Maschinen und Anlagen beschäftigen. Außerdem ist er u.a. Geschäftsführer des Unternehmens Kieswerke x GmbH. Der Kläger beauftragte den Beklagten, einen Maschinenbauer, eine auf dem Gelände der y GmbH & Co. KG in B. stehende Doppelsiebanlage für Kies abzubauen. Die Anlage aus dem Jahr 1992 war bis 2002 in dem dortigen Kieswerk genutzt worden. An den Arbeiten beteiligten sich der Sohn des Beklagten und der vom Kläger beauftragte Transportunternehmer F., wobei streitig ist, welche Rolle diese bei den Arbeiten einnahmen. Der Beklagte setzte bei den Zerlegungsarbeiten einen Brennschneider ein. Dabei geriet die Anlage in Brand und wurde schwer beschädigt. Überreste der Anlage wurden später nach S. gebracht.

Der Kläger hat behauptet, er sei Eigentümer der Anlage. Die x GmbH habe etwaige Schadensersatzansprüche an ihn abgetreten. Er habe die Anlage im Jahr 2002 durch Vermittlung des Dipl.-Ing. B1 von der y GmbH & Co. KG durch mündliche Vereinbarungen gekauft und übereignet erhalten. Es sei vereinbart worden, dass die Anlage zunächst auf dem Gelände der Verkäuferin stehen bleiben solle. Die Anlage sei seit dem Jahr 2002 in den Büchern seines Einzelunternehmens geführt worden.

Der Kaufpreis der Anlage habe unter 100.000,00 Euro gelegen. Für die Wiederbeschaffung einer solchen Anlage müsse er jetzt 450.000,00 Euro aufwenden.

Die Beklagte hat behauptet, die Anlage sei für 58.000,00 Euro brutto gekauft worden. Eigentümerin sei die x GmbH & Co. KG oder ein Unternehmen J1 GmbH aus T.. Gegenüber Schadensersatzansprüchen der x GmbH & Co. KG hat sich der Beklagte auf Verjährung berufen.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keine Schadensersatzansprüche aus eigenem Recht. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Anlage in Brand geraten sei, weil der Beklagte Sorgfaltspflichten verletzt habe. Der Kläger habe jedenfalls nicht schlüssig dargelegt, dass er die Anlage im Jahr 2002 von der ursprünglichen Eigentümerin oder auch später erworben habe, da er weder einen schriftlichen Kaufvertrag vorgelegt noch im einzelnen vorgetragen habe, unter welchen Umständen und zu welchen konkreten Bedingungen, insbesondere zu welchem Preis er die Anlage gekauft habe. Es sei nicht gemäß § 164 Abs. 1 BGB anzunehmen, dass der Wille der Beteiligten dahin gegangen sei, ihn als Einzelunternehmer des durch Vermittlung geschlossenen Vertrages zum Vertragspartner zu machen. Zwar solle bei unternehmensbezogenen Geschäften im Zweifel der Betriebsinhaber verpflichtet werden. Dies gelte aber nur im Verhältnis zwischen Unternehmen und handelndem Vertreter.

Aus den vom Kläger vorgelegten Buchungsunterlagen gehe ebenfalls nicht hinreichend deutlich hervor, dass der Kläger die Anlage in seinem Einzelunternehmen verbucht und den Kaufpreis an die y GmbH & Co. KG entrichtet habe. Zwar würden dort unter anderem zwei Doppeldeckersiebmaschinen genannt. Dass es sich dabei um die streitgegenständliche Maschine handeln könne, sei aber nicht ersichtlich. Da bei allen weiteren genannten Buchungen Preise entfernt worden seien, bleibe unklar, ob sich die Buchung auch auf diese Anlage bezögen.

Der Kläger habe auch nicht ausreichend dargelegt, dass er die Anlage im Wege eines Insichgeschäfts von der Kieswerke x GmbH erworben habe. Er habe weder schriftliche Unterlagen vorgelegt, die einen Eigentumsübergang belegten, noch ergebe sich ein Vorgang aus den eingereichten Buchungsunterlagen.

Im ersten Polizeibericht vom Brandtag werde die Kieswerke x GmbH als Geschädigte aufgeführt. Der Sohn des Klägers habe in seiner polizeilichen Vernehmung ebenfalls auf Frage nach den Eigentumsverhältnissen ausdrücklich die Kieswerke x GmbH als Käuferin bezeichnet. Gleiches gelte für den Transportunternehmer F..

Mögliche abgetretene Schadensersatzansprüche der Kieswerke x GmbH seien verjährt. Die Abtretung sei erst im Jahr 2019 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt sei Verjährung bereits eingetreten. Die durch den Kläger im eigenen Namen erhobene Klage habe die Verjährung nicht gehemmt.

Gegen die Klageabweisung wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er ist der Auffassung, dass das Landgericht seinen Sachverhaltsaufklärungspflichten nicht nachgekommen sei. Seine – des Klägers – Beweisantritte seien nicht gewürdigt worden. Er habe mit Vermittlung des Dipl.-Ing. B1 den Anlagenkauf mit der y GmbH & Co. KG abgemacht. Weiter habe man die Vereinbarung getroffen, dass er die bezahlte und zu Eigentum erworbene Anlage notfalls auch für längere Dauer in B. bei y stehen lassen dürfe. Dieser Sachvortrag reiche zur Schlüssigkeit der Begründung des Eigentumserwerbs aus.

Der Kaufpreis, den er gezahlt habe, habe unterhalb des Wiederbeschaffungswertes gelegen. Die y GmbH & Co. KG habe auch von ihm den Abtransport der Anlage verlangt. Hierfür habe er Beweis angeboten. Soweit das Landgericht Zweifel darauf gestützt habe, dass ein schriftlicher Kaufvertrag nicht vorliege und Detailschilderungen zum Kaufabschluss und zu den konkreten Bedingungen, insbesondere zum Preis fehlten, sei dies unverständlich. Ein schriftlicher Kaufvertrag existiere nicht. Er habe auch Beweis durch Vernehmung seines Steuerberaters, des Herrn N., dafür angeboten, dass die Anlage nicht in den Jahresabschlüssen sowie Bilanzen und Steuererklärungen als Aktivbestand der Gesellschaften des Klägers berücksichtigt worden sei. Der Dipl.-Ing. B1, der den Kaufvertrag vermittelt habe, habe von der Existenz einer x GmbH oder einer anderen vom Kläger geleiteten GmbH zurzeit des Kaufvertrages keine Kenntnis gehabt. Die y KG habe deshalb nur mit ihm – dem Kläger – den Vertrag schließen können. Der Steuerberater habe die Anlage und auch den vom Kläger bezahlten Kaufpreis in den Büchern des Einzelhandelsunternehmens des Klägers im Jahr 2002 unmittelbar nach dem Kauf notiert und diese Buchung unverändert bis zum heutigen Tag für den Kläger als Eigentümer von Jahresabschluss zu Jahresabschluss fortgeführt, niemals aber einer der Rohstoffgesellschaften zugeschrieben. Dass der Zeuge H. J1 in seiner polizeilichen Vernehmung die x GmbH als Eigentümerin genannt habe, liege daran, dass er nicht gewusst habe, dass diese GmbH kein eigenes Gelände und keine eigenen Maschinen zu ihrem Betriebsvermögen zähle.

Er habe auch den Steuerberater angewiesen, die Anlage als sein Eigentum im Einzelunternehmen zu verbuchen. Selbst wenn die x GmbH Eigentümerin geworden sein sollte, so sei die Anlage spätestens dadurch auf ihn übertragen worden. Er habe hierzu auch die Dokumente aus der Buchhaltung vorgelegt. Dabei habe er zwar die Geldsummen abgedeckt. Diese seien aber nicht prozessentscheidend. Er habe ein schutzwürdiges Interesse daran, die in seinem Maschinenhandel und Besitzunternehmen verbuchten Preise und Jahresverkehrszahlen nicht öffentlich zu machen. Dass die Anlage niemals bei dem Handels- und Speditionsunternehmen J1 GmbH oder der x GmbH verbucht worden sei, habe er durch Benennung der Zeugen N1, H1 und W1 untermauert. Hierzu habe er auch einen Buchungsauszug vom 06.10.2002 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 450.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zugang des Ablehnungsschreibens der z Nord AG vom 09.03.2016 zu zahlen, also ab 10.03.2016,

den Beklagten ferner zu verurteilen, an ihn außergerichtliche und im Festsetzungsverfahren nicht berücksichtigungsfähige rechtsanwaltliche Gebühren in Höhe von 2.404,34 Euro nebst 5 Prozentpunkten Jahreszinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.09.2018 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das Urteil. Die Anhörung des Klägers im Verhandlungstermin vom 01.11.2019 habe offengelassen, wer Partei des Kaufvertrags geworden sei. Der Kläger sei nicht in Beweisnot. Er verfüge über Unterlagen, lege diese aber nicht vor. Verträge zwischen den unterschiedlichen Firmen müssten im einzelnen dokumentiert werden. Buchungsanweisungen ersetzten keine Vertragsschlüsse.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen N.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2021 verwiesen. Weiter hat der Senat ein Sachverständigengutachten des Dipl. Ing. (FH) L1 zum Wert der verbrannten Anlage eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gutachten vom 06.09.2021 und 09.05.2022 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.09.2022 Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 125.389,33 Euro wegen schuldhafter Verletzung der Pflichten aus einem Werkvertrag gemäß § 280 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Beklagte hat fahrlässig bei Demontagearbeiten an der Siebanlage das Eigentum des Klägers verletzt.

1. Der Beklagte hatte bei den Arbeiten an der Anlage so vorzugehen, dass Brände vermieden werden. Da die Anlage wegen der Siebe und der Abdeckungen erkennbar teilweise aus Kunststoffen bestand, herrschte grundsätzlich Brandgefahr. Zudem waren nicht alle Teile der Anlage ungehindert zugänglich. Dort konnten sich brennbare Materialien befinden, die davor zu schützen waren, dass Funken und glühende Eisenteile sie in Brand setzen. Sicherungsmaßnahmen hiergegen hat der Beklagte nach seinem eigenen Vorbringen nicht ergriffen.

Sein Vorbringen, Feuerlöscher bereitgestellt zu haben, reicht zur Entlastung nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB nicht aus. Die zuerst in Brand geratenen Teile konnten unter anderem deshalb nicht gelöscht werden, weil sie nicht zugänglich waren. Deshalb nutzten auch die Feuerlöscher nichts.

Auf die Frage, ob auch die Zeugen F. und J1 vom Kläger beauftragt worden waren, die Anlage zu zerlegen, und deshalb möglicherweise ebenfalls haften, kommt es für die Haftung des Beklagten dem Grunde nach nicht an. Sollten die diese drei Personen gemeinsam beschlossen haben, den Schneidbrenner einzusetzen und dabei auf Vorsichtsmaßnahmen zu verzichten, hafteten sie alle drei nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB als Gesamtschuldner. Dadurch würde der Beklagte im Verhältnis zum Kläger nicht entlastet. Dass der Beklagte an den Schneidarbeiten nicht beteiligt war, behauptetet er selbst nicht.

2. Durch den Brand ist dem Kläger auch ein Schaden entstanden. Die in seinem Eigentum stehende Anlage ist von dem vom Beklagten ausgelösten Feuer zerstört worden.

2.1. Der Kläger war Eigentümer der Anlage.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat der Kläger schlüssig dargelegt, dass er Eigentümer der Anlage geworden ist. Er hat dies auch bewiesen. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, die Veräußerin der Maschine, die y GmbH & Co. KG, habe sich mit ihm über den Eigentumsübergang geeinigt, und zwar durch den Vermittler des Geschäfts als Boten oder Vertreter, und mit ihm ein Besitzkonstitut vereinbart, hier die Verwahrung der Maschine auf dem Gelände der y GmbH & Co. KG. Auch wenn Details zu dem Geschäft fehlen -so wird der Preis nicht genannt, es wird nicht mitgeteilt, wer wann welche Willenserklärung abgegeben hat, eine schriftliche Rechnung fehlt – erfüllt dieser Sachverhalt den Tatbestand der §§ 929 S. 1, 930 BGB. Auch der Umstand, dass der Kläger den Kaufpreis der Maschine nicht nennt, macht den Vortrag zum Eigentumserwerb nicht unschlüssig, denn ein bestimmter Preis ist keine Voraussetzung für eine Übereignung.

Der Kläger hat auch bewiesen, dass ihm selbst die Anlage übereignet worden ist.

Der Senat hat den Zeugen N., Steuerberater des Klägers, zu der Behauptung des Klägers vernommen, dass die durch den Brand beschädigte Doppelsiebanlage in den Jahren 2002-2015 in der Buchführung des Unternehmens J1 Naturkies und nicht in der Kieswerk x GmbH mit den Erwerbskosten und dem Anlagevermögen berücksichtigt worden ist. Dieser Umstand ist ein Indiz dafür, dass dem Kläger die Anlage übereignet worden ist.

Die Aussage des Zeugen war hierzu ergiebig. Der Zeuge hat bekundet, dass die Maschine seit 2002 bei der Einzelfirma Maschinenhandel J1 erfasst und eigentumsrechtlich zugeordnet worden und nur die Bezahlung über die Firma Kieswerke x GmbH erfolgt sei. Dass die Firma Kieswerke x GmbH gezahlt habe, konnte der Zeuge plausibel dadurch erläutern, dass üblicherweise das Unternehmen zahle, das gerade Geld habe. Die Grundkonzeption habe so ausgesehen, dass die Firmengruppe aufgespalten sei. Die GmbH habe aktiv die Geschäfte betrieben, die Sachwerte sein dagegen der Vermögensverwaltung oder auch der Besitzfirma zugeordnet, die habe diese Werte gehalten. Dies habe Haftungsgründe für den Fall gehabt, dass Ansprüche gegen die GmbH geltend gemacht würden. Der Maschinenhandel des Klägers habe die Funktion gehabt, Maschinen zu halten, die eingekauft worden seien und bei denen unklar gewesen sei, welcher Firma sie zugeordnet werden oder die möglicherweise auch weiterverkauft werden sollten. Der Zeuge konnte sich zwar nicht an Gespräche darüber erinnern, wem die Anlage habe gehören sollen. Aus seinen Unterlagen ergebe sich aber eindeutig, dass die Maschine so gebucht worden sei, wir er es beschrieben habe. Aus der Art und Weise der Buchung schließe er, dass auch in diesem Fall die einzelnen Maschinen für das Jahr 2002 durchgegangen worden seien. Bei einer Besprechung aus dem Jahr 2003 sei die Maschine von dem Besitzunternehmen x, einem Einzelunternehmen des Klägers, für das sie zunächst eingebucht worden sei, in das Einzelunternehmen Maschinenhandel umgebucht worden. Die Maschinen seien in einer Liste aufgeführt, die er und der Kläger jedes Jahr abhakten und besprächen. Die Besprechungen erfolgten in der Weise, dass der Zeuge persönlich mit dem Kläger die Liste durchgehe.

Die Aussage des Zeugen war glaubhaft. Zwar konnte sich der Zeuge an einzelne Details im Rahmen der Buchung der Maschine schon wegen des Zeitablaufs nicht erinnern. Er konnte sich aber auf den Ausdruck des von ihm geführten EDV-Protokolls und Ausdrucke der für die Unternehmen des Klägers geführten Konten stützen. Der Zeuge wusste auch noch, dass die Maschine im Jahr 2015 abgebrannt ist. Erinnerungslücken hat der Zeuge eingeräumt, er war ersichtlich um eine wahrheitsgemäße Darstellung bemüht. Seine Aussage wirkte nicht mit dem Kläger abgesprochen.

Anhaltspunkte dafür, dass die vorgelegten Kontounterlagen, in denen “y div. u.a. 2 Doppeld” und “2 Doppeldeckersiebmaschinen” verbucht sind, falsch sind, hat der Senat nicht. Diese stützen die Darstellung des Zeugen. Dass dort zwei Maschinen aufgeführt sind, konnte der Zeuge plausibel damit erklären, dass es sich um zwei Maschinen in einer Anlage gehandelt habe. Dass der Kläger im Jahr 2002 andere Doppeldeckersiebmaschinen von einem mit “y” – immerhin Namensbestandteil der Verkäuferin – bezeichneten Unternehmen erworben hat, ist zudem ganz unwahrscheinlich. Denn aus dem Sachverständigengutachten des Sachverständigen L1 ist ersichtlich, dass der Markt für Doppelsiebmaschinen sehr klein ist (Seite 12 des Gutachtens vom 06.09.2022). Andere Käufe von derartigen Anlagen durch den Kläger hat der Sachverständige nicht ermittelt.

2.2. Dem Kläger ist durch den Brand ein Schaden in Höhe von 125.389,33 Euro entstanden.

Der Kläger kann verlangen, so gestellt zu werden, wie er bei pflichtgemäßem Zerlegen der Anlage gestanden hätte. Ohne den Brand wäre er Eigentümer einer Anlage im Wert von 122.139,33 Euro. Dies ist zur Überzeugung des Senats der Wiederbeschaffungswert der Anlage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Der Senat legt seiner Feststellung das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. L1 zugrunde.

Der Sachverständige hat den Wiederbeschaffungswert für die Gesamtanlage für das Jahr 2015 auf 104.571,34 Euro beziffert. Nach dem nach Angabe des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung letzten für das Jahr 2022 vorliegenden Preisindexfaktor von 116,8 errechnet sich ein Wiederbeschaffungswert von 122.139,33 Euro (104.571,34*116,8/100).

Der Senat ist von der Richtigkeit der vom Sachverständigen ermittelten Werte überzeugt. Der Sachverständige hat den Markt für Siebanlagen untersucht. Er hat aus Angeboten für Neu- und Gebrauchtmaschinen und -anlagen errechnet, welche Preise für einen Quadratmeter Siebfläche im Markt erzielt werden. Der Sachverständige ist dabei so vorgegangen, dass er aus einer Auswertung von Preisen für Siebmaschinen aus den Jahren 1992-2021 ermittelt hatte, inwieweit die Preise sich in Abhängigkeit vom Baujahr verändern. Er hat dabei errechnet, dass für eine 23 Jahre alte Siebmaschine der Wert rund 1.580,28 Euro je Quadratmeter Siebfläche beträgt (Seite 14 des Gutachtens). Der Sachverständige hat seinen Berechnungen dabei auch das vom Kläger vorgelegte Angebot der A. GmbH zugrunde gelegt (Seite 11 des Gutachtens). Er hat dabei den Wert für den Quadratmeter Siebfläche auf der Grundlage von zwei Angeboten nämlich der A. GmbH und der Siebtechnik GmbH gemittelt und diesen auf das Jahr 2020 indexiert. Bei 12 qm Siebfläche ergibt sich daraus ein Wert von netto 18.219,36 Euro je Siebmaschine oder 36.438,72 Euro für 2 Siebmaschinen. Der Wert der Siebmaschinen macht 33,7 % des Angebotspreises der A. GmbH aus. Dieser Prozentsatz errechnet sich aus einem Nettopreis von 534.200,00 Euro bei Kosten der Siebmaschinen von netto 179.760,00 Euro. Beim Nettopreis des Angebots der A. GmbH hat er zutreffend die Installationskosten herausgerechnet, da diese auch bei der Neuinstallation der zerlegten Anlage auf einer Liegenschaft des Klägers angefallen wären, der Kläger diese also erspart hat. Daraus hat der Sachverständige einen Wert in Höhe von 108.126,77 für das Jahr 2020 errechnet (36.438,72 Euro *100/33,7).

Diese Berechnungen des Sachverständigen überzeugen und es waren entgegen der Auffassung des Klägers keine weiteren sachverständigen Ermittlungen zu Menge und Sorte des Stahls anzustellen. Die Berechnungen des Sachverständigen erfolgten auf Grundlage des auch vom Kläger als Referenz herangezogenen Angebots der A. GmbH vom 27.01.2016. Nach dem Vorbringen des Klägers in der Klageschrift entspricht die darin angegebene Konstruktion derjenigen der zerstörten Anlage (Schriftsatz des Klägers vom 24.08.2018, Blatt 47 der Akte). Auf die von dem Kläger aufgeworfene Frage, ob die Auffassung des Sachverständigen zutrifft, dass ein anderes Angebot der W2 GmbH in Höhe von netto 394.800,00 Euro für den Stahlbau (Blatt 55 und 56 der Akte) überhöht ist, kommt es nicht an. Der Sachverständige hat an dem Angebot bemängelt, dass es von einer Masse der Stahlkonstruktion von 60 t ausgehe, tatsächlich die erforderliche Stahlmasse aber ca. 30 t betrage. Aber auch der Kläger stützt seinen bezifferten Schaden auf das von ihm für zutreffend gehaltene und als Referenz herangezogene Angebot der A. GmbH. Dieses Angebot hält auch der Sachverständige für realistisch. Es mag sein, dass es teurere Angebote wie das der W2 GmbH gibt. Zu beschaffen ist eine Anlage indessen schon zum Preis der A. GmbH. Dies sieht auch der Kläger so.

Der Sachverständige hat auch zutreffend Abschläge wegen des Alters der Anlage vorgenommen. Abschläge sind nicht deshalb zu unterlassen, weil die Maschinen und Anlage besonders langlebig, extrem wirksam und langanhaltend vor Witterung geschützt waren. Der Kläger hat gegen das Gutachten soweit eingewandt, es habe keine Reparaturschweißungen gegeben, die Lebensdauer betrage mehr als die vom Sachverständigen angenommenen 30-40 Jahre. Die Stahlteile seien aufgrund der Verzinkung dauerhaft vor Korrosion geschützt. Lager seien gekapselt und könnten nicht fest gehen, korrodieren oder Stillstandsschäden erleiden.

Entscheidend für die Berechnungen des Sachverständigen war indessen nicht die durchschnittliche technische Nutzungsdauer. Die Wertminderung aufgrund des Alters der Anlage hat der Sachverständige verständlich auf Grund der von ihm gebildeten Mittelpreise für derartige Anlagen über einen Zeitraum von 1992 bis 2021 am Markt errechnet. Die Werte stammten aus konkreten Marktangeboten für neue und gebrauchte Siebmaschinen, auch wenn es sich dabei nicht um Doppelsiebmaschinenen handelte. Der Ansatz des Sachverständigen für die Vergleichbarkeit auf den Preis pro Quadratmeter Siebfläche abzustellen, leuchtet ein. Andere Vergleichsmaßstäbe benennt auch der Kläger nicht und sind für den Senat nicht ersichtlich. Auch die Ausführungen des Sachverständigen, dass aufgrund der Spezialisierung dieser Anlagen eine Wertermittlung ohne die Bildung von Mittelwerten als Richtwerte nicht verständlich möglich gewesen wäre, überzeugen, da offensichtlich der Markt für derartige Anlagen sehr klein ist. Als Maßstab für den Vergleich die Siebfläche und nicht andere Faktoren zu nehmen, erscheint dem Senat richtig. Der Sachverständige hat hierzu überzeugend ausgeführt, dass Umfang und Größe der Versorgung und Umgebungsperipherie für Siebanlagen nach dem vorgesehenen Durchsatz des Siebgutes dimensioniert wird. Je durchsatzstärker eine solche Siebanlage ist, desto umfangreicher müssen Transport-, Sammel-, Bedien- und Tragekonstruktion sein. Der Schluss des Sachverständigen, dass deshalb die Gesamtgröße der Anlage zur Größe der Siebfläche in einer Korrelation steht, ist verständlich.

Die Ausführungen des Sachverständigen sind auch nicht deshalb weniger überzeugend, weil er noch nie zuvor Doppelsiebanlagen begutachtet hat. Der Sachverständige ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Maschinen, Anlagen und technische Betriebseinrichtung, Bewertung und Schadenverstellung und als Dipl.-Ing. Maschinenbau fachlich in der Lage, Werte von Maschinen und Anlagen zu ermitteln. Der Sachverständige hat das einschlägige Marktsegment ermittelt und die Preise für Maschinen ähnlicher Funktion, davon immerhin zwei vom Hersteller der beschädigten Anlage, in der Vergangenheit verglichen. Diese Methode erscheint dem Senat wegen der Besonderheit der betreffenden Anlagen und Maschinen und des kleinen Marktsegments geeignet. Schließlich fehlen über den berücksichtigten Zeitraum Marktangebote für eine Anlage, die genau der des Klägers entspricht.

Das Ergebnis des Sachverständigen, dass die Anlage nicht den vom Kläger behaupteten hohen Wert von mindestens 450.000,00 Euro hatte, wird im Übrigen durch weitere Indizien gestützt.

So hat nach den vom Kläger vorgelegten Jahreskonten die Anlage bei der Übernahme von der Verkäuferin einen Preis von 58.000,00 Euro brutto gehabt, ist im Maschinenhandel des Klägers dann zunächst mit 50.000,00 Euro, später dann nach der Aussage des Zeugen N. nach Ausbuchung einer kleinen Entwässerungsmaschine und einer Pumpe mit 45.000,00 Euro für die Zeit ab 2009 verbucht worden. Der geringe Kaufpreis, den der Kläger für die Maschine aufwenden musste und der in der Buchhaltung berücksichtigten niedrige Wert von nur einem Zehntel des behaupteten Wertes spricht dafür, dass der tatsächliche Wert jedenfalls nicht höher als der vom Sachverständigen ermittelte Wert der Anlage war. Ebenso ist auffällig, dass der Kläger die Anlage ohne eine Dokumentation seines Eigentumserwerbs und auf fremden Grund hat stehen lassen. Wäre die Verkäuferin in finanzielle Schwierigkeiten geraten, hätte die Gefahr der Pfändung durch Dritte auf dem Gelände bestanden. Dem Kläger wäre dann ein Nachweis des Eigentumserwerbs nur schwer möglich gewesen. Auch der Umstand, dass der Kläger erst dann Veranlassung gesehen hat, die Anlage zu sich nach S. zu holen, als er von der Veräußerin dazu aufgefordert worden ist, spricht gegen eine hohe Wertschätzung der Anlage durch den Kläger. Zwar ist nicht völlig auszuschließen, dass der Kläger einerseits die Anlage zu einem besonders niedrigen Preis erworben hat, andererseits auf die Sicherung seines Betriebsvermögens nur geringen Wert lege, eher lassen diese Umstände indessen an dem vom Kläger behaupteten besonders hohen Wert der Anlage zweifeln.

2.3 Der Kläger kann auch nicht deshalb die Kosten der Herstellung einer neuen Anlage verlangen, weil derzeit eine gebrauchte Anlage, die der verbrannten gleicht, auf dem Markt nicht erhältlich ist. Würde die gebrauchte Anlage des Klägers durch eine neue ersetzt, käme dem Kläger eine Werterhöhung zugute. Da aus den oben genannten Gründen die Anlage derzeit deutlich weniger wert wäre als eine neu errichtete Anlage, träte eine messbare Vermögensmehrung ein, die durch einen Abzug neu für alt zu berücksichtigen ist (vgl. Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl., Vorbemerkung vor § 249, Rn. 98).

2.4 Dass für den Wiederbeschaffungswert nur der Nettopreis berücksichtigt werden kann, folgt aus § 249 Abs. 2 S. 2 BGB.

2.5 Von dem Wiederbeschaffungswert abzuziehen ist der Restwert der Anlage, den der Sachverständige mit 13.750,00 Euro ermittelt hat. Der Sachverständige hat hierzu ein Angebot für den Ankauf von Stahlschrott eingeholt. Zu addieren sind die Kosten der Räumung der Lagerfläche, die der Senat auf der Grundlage des Gutachtens auf 2.000,00 Euro schätzt.

Die Transportkosten hat der Sachverständige auf netto 7.000,00-15.000,00 Euro eingeschätzt. Aufgrund der allgemein Preissteigerungen schätzt der Senat, dass die Transportkosten aktuell den höheren Wert erreichen, mithin 15.000,00 Euro im Jahr 2022 betragen.

Der Gesamtschaden zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung beträgt damit 125.389,33 Euro (122.139,33 + 15.000,00 + 2.000,00 – 13.750,00).

3. Der Kläger muss sich kein Mitverschulden gemäß §§ 254 Abs. 1, Abs. 2 S. 2, 278 BGB deshalb anrechnen lassen, weil möglicherweise sein von ihm beauftragter Sohn oder der Frachtunternehmer F. bei dem Abbau der Anlage Sorgfaltspflichten verletzt haben. Der Beklagte war als Maschinenbauer derjenige, der die für den Abbau erforderliche Fachkenntnis besaß und musste deshalb auch Vorsichtsmaßnahmen gegen Feuer treffen. Er hätte in dieser Rolle F. und J1 auf mögliche Gefahren hinweisen müssen, bevor diese Arbeiten durchführten. Der Zeuge J1 musste als Kaufmann, der Zeuge F. als Transportunternehmer die Gefahren nicht in dem Maße kennen wie der Beklagte.

4. Der Anspruch auf Erstattung der hälftigen nicht anrechenbaren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB.

Bei einem Gegenstandswert von 125.389,33 Euro entstehen nach RVG-Sätzen bis 2020 eigene Anwaltskosten in Höhe von 2.611,93 Euro. Diese errechnen sich aus

1,3 Geschäftsgebühr Nummer 2300 2.174,90 Euro

Auslagenpauschale 20,00 Euro

Mehrwertsteuer, 19 % 417,03 Euro

Summe 2.611,93 Euro

davon die Hälfte 1.305,97 Euro

5. Der Zinsanspruch folgt gemäß §§ 286 Abs. 2 Nr 3, 288 Abs. 1 BGB aus Verzug.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

7. Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsätze des Klägers boten keine Veranlassung, wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten.

BGH zu der Frage, wann ein Architekt wegen unerlaubter Rechtsberatung haftet

BGH zu der Frage, wann ein Architekt wegen unerlaubter Rechtsberatung haftet

vorgestellt  von Thomas Ax

Eine Vereinbarung, durch die sich ein Architekt verpflichtet, eine von ihm selbst entworfene, der Interessenlage des Bestellers entsprechende Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung zu stellen, ist wegen eines Verstoßes gegen das in § 3 RDG geregelte gesetzliche Verbot nach § 134 BGB nichtig.
BGH, Urteil vom 09.11.2023 – VII ZR 190/22
vorhergehend:
OLG Stuttgart, Urteil vom 30.09.2022 – 10 U 12/22
LG Tübingen, 23.12.2021 – 7 O 426/20

Tatbestand: 

Die Klägerin verlangt vom dem beklagten Architekten Schadensersatz.

Anfang 2010 beauftragte M. V. e.K., der Rechtsvorgänger der Klägerin (nachfolgend einheitlich: Klägerin), den Beklagten mit Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 gemäß § 33 HOAI (2009) hinsichtlich des Neubaus eines Fabrikations- und Verwaltungsgebäudes. Der Beklagte stellte der Klägerin unter anderem einen Bauvertragsentwurf mit einer von ihm formulierten Skontoklausel zur Verfügung, den diese bei der Beauftragung von zumindest vier bauausführenden Unternehmern verwandte.

Unter Verwendung dieses Bauvertragsentwurfs beauftragte die Klägerin im März 2011 auch die J. & J. Bau GmbH mit Erd- und Kanalisations- sowie Rohbauarbeiten. Dieser Vertrag enthält unter “E. Auftragsbestätigung” folgende Vereinbarung: “Die Fa. J. gewährt … ein Skonto von 3 % bei Zahlungen der durch die Bauleitung geprüften und angewiesenen Abschlagszahlungen bzw. Schlussrechnung innerhalb 10 Arbeitstagen nach Eingang bei der Bauherrschaft.”

Von der Schlussrechnung der J. & J. Bau GmbH behielt die Klägerin einen 3 %-igen Skontoabzug von 105.125,00 Euro netto (entsprechend 125.098,75 Euro brutto) ein.

In einem Rechtsstreit der Klägerin gegen die J. & J. Bau GmbH erhob diese Widerklage auf Zahlung von 125.098,75 Euro mit der Begründung, die Skontoklausel sei als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam, so dass die Klägerin zu Unrecht von der Schlussrechnung 125.098,75 Euro einbehalten habe. In diesem Prozess schlossen die Klägerin und die J. & J. Bau GmbH einen Vergleich, in dem sich die Klägerin den von der Schlussrechnung zurückbehaltenen Betrag auf die von ihr gegen die J. & J. Bau GmbH geltend gemachten Ansprüche anrechnen ließ.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr sei der auf die Schlussrechnung der J. & J. Bau GmbH vorgenommene Skontoabzug nur deshalb nicht verblieben, da die vom Beklagten vorgeschlagene Skontoklausel unwirksam gewesen sei. Der Beklagte sei deshalb zum Schadensersatz in Höhe von 125.098,75 Euro verpflichtet.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Auf das Schuldverhältnis der Parteien ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung anzuwenden, die für ab dem 1. Januar 2002 und bis zum 31. Dezember 2017 geschlossene Verträge gilt, Art. 229 § 5 Satz 1, § 39 EGBGB.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (IBR 2023, 28) im Wesentlichen ausgeführt:

Ein Anspruch der Klägerin aus § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB bestehe nicht.

Zwar habe der Beklagte mit der Skontoklausel eine Allgemeine Geschäftsbedingung vorgeschlagen, die einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht standhalte. Denn nach der Skontoklausel beginne die Skontofrist erst nach der Prüfung der Rechnung durch den Architekten und der Weiterleitung der geprüften Rechnung mit dem Eingang beim Auftraggeber, ohne dass der Auftragnehmer auf diesen Zeitraum vom Eingang der Rechnung beim Architekten bis zu deren Eingang beim Auftraggeber irgendeinen Einfluss hätte. Damit könne der Beginn der Skontofrist von Seiten des Auftraggebers auf einen vom Auftragnehmer nicht beherrschbaren Zeitraum verschoben werden, der unter Umständen Monate nach Rechnungseingang beim Architekten liege. Dies stelle eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers dar.

Der Beklagte habe mit dem Vorschlag zur Verwendung der Skontoklausel jedoch keine Pflicht verletzt. Nach Anlage 11 zu § 33 Satz 3 HOAI (2009) gehöre zur Leistungsphase 7 gemäß Buchst. h) die Mitwirkung bei der Auftragserteilung. Unter Mitwirkung bei der Auftragserteilung sei die Vorbereitung und Anpassung der Verträge zu verstehen. Damit komme jedoch nicht zum Ausdruck, dass der Beklagte einen juristisch geprüften, rechtlich einwandfreien Vertragsentwurf geschuldet habe. Ein Architekt würde wie ein Rechtsanwalt behandelt werden, wenn man ihm die Pflicht auferlegte, jede selbst entworfene oder aus einen ihm zur Kenntnis gelangten Bauvertrag entnommene Klausel einem Anwalt zur Überprüfung vorzulegen. Anderenfalls könnte der Architekt einer Haftung im Bereich der Vertragsgestaltung nur entgehen, wenn er sich selbst anwaltlich beraten lassen würde. Das Architektenhonorar decke jedoch grundsätzlich die Leistung des Architekten ab und nicht zusätzliche Anwaltskosten. Ein Bauherr könne auch von seinem Architekten angesichts von dessen Ausbildung bei der Vertragsgestaltung keine vertieften juristischen Kenntnisse erwarten.

Vor diesem Hintergrund sei eine Verletzung einer – beschränkten – Pflicht des Beklagten zur juristischen Kontrolle der von ihm vorgeschlagenen Skontoregelung nicht festzustellen. Eine nähere Prüfung oder die Anregung einer rechtlichen Überprüfung einer Vertragsbestimmung in einem Bauvertrag müsse der mit der Leistungsphase 7 beauftragte Architekt nur vornehmen oder veranlassen, wenn es hierfür einen konkreten Anlass gebe, was hinsichtlich der hier verwendeten Skontoklausel nicht der Fall sei. Eine eigene AGB-rechtliche Kontrolle der Klausel habe der Beklagte nicht vornehmen können und müssen.

Den Beklagten habe des Weiteren keine Hinweispflicht auf nur begrenzte Rechtskenntnisse getroffen, da auch ohne einen solchen Hinweis jedem klar sei und damit auch der Klägerin hätte klar gewesen sein müssen, dass von einem Architekten als Nicht-Juristen keine vertieften Rechtskenntnisse zu erwarten seien und auch nicht zu erwarten sei, dass der Architekt alle Verträge auf eigene Kosten rechtlich prüfen lasse.

In der Berufungsinstanz habe der Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt, er habe die Skontoklausel entworfen und diese Fassung mit einem inzwischen verstorbenen Rechtsanwalt abgestimmt. Die Klägerin habe diesen Vortrag des Beklagten bestritten, aber nicht widerlegt. Damit habe der Beklagte seine Pflichten zur Mitwirkung an der Vertragsgestaltung dadurch vertragsgemäß erfüllt, dass er die Skontoklausel einem Rechtsanwalt zur Prüfung vorgelegt habe, der keinen Grund gesehen hätte, diese Klausel zu beanstanden.

Mangels Pflichtverletzung des Beklagten könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin und die J. & J. Bau GmbH die Skontoklausel individualvertraglich vereinbart hätten und ob der Klägerin tatsächlich ein Schaden entstanden sei.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden.

Zwar hat das Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis zu Recht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB verneint. Der Revision kann aber gleichwohl der Erfolg nicht versagt werden, weil das Berufungsgericht bei seiner rechtlichen Würdigung den Streitstoff nicht ausgeschöpft hat. Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts kommt nämlich ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz aus § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB beziehungsweise aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 RDG in Betracht, weil der Beklagte durch die Zurverfügungstellung der von ihm selbst entworfenen Skontoklausel gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstoßen hat. Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht den Sachverhalt nicht geprüft und deshalb eine hierauf gestützte Haftung des Beklagten in seine Erwägungen nicht einbezogen.

1. a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte einen Vertragstext mit der von ihm selbst entworfenen Skontoklausel der Klägerin zu deren Verwendung in ihren eigenen Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung gestellt. Die Klägerin hat diese Klausel in der Annahme, dass sie ihrer Interessenlage gerecht wird, bei Vertragsabschlüssen mit zumindest vier bauausführenden Unternehmern – darunter der Beauftragung der J. & J. Bau GmbH im März 2011 – verwendet. Dieser Erwartung der Klägerin wollte der Beklagte auch entsprechen, da er nach seinem Vortrag die von ihm entworfene Skontoklausel vor ihrer Verwendung einem Rechtsanwalt zur Prüfung vorgelegt hat.

b) Auf dieser Grundlage kann eine Haftung des Beklagten – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – nicht damit abgelehnt werden, “jedem” habe klar sein müssen, dass der Beklagte als Architekt nicht über entsprechende juristische Kenntnisse verfüge. Ein solcher Erfahrungssatz besteht nicht. Dem Besteller als im Regelfall Laien auf dem Gebiet des Bauens und des Rechts erschließt sich grundsätzlich nicht, was von der Kompetenz des Architekten noch umfasst wird oder ausschließlich zum Aufgabenbereich der Anwaltschaft gehört.

c) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft außer Betracht gelassen, dass die Parteien mit der Zurverfügungstellung der Skontoklausel durch den Beklagten, damit die Klägerin diese zur Wahrnehmung ihrer Interessen in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern verwenden konnte, eine gemäß § 3 RDG unzulässige Rechtsdienstleistung zum Gegenstand ihres Architektenvertrages gemacht haben (dazu unter 2.). Der Verstoß gegen § 3 RDG entzieht zwar einem Schadensersatzanspruch aus § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB die erforderliche vertragliche Grundlage, da er jedenfalls insoweit zur Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 134 BGB führt, als dieser die unerlaubte Rechtsdienstleistung umfasst. Er schließt aber eine Haftung des Beklagten aus § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB beziehungsweise aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 RDG nicht aus (dazu unter 3.).

2. Nach § 3 RDG ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das Rechtsdienstleistungsgesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.

Die Voraussetzungen von § 3 RDG liegen vor. Der Beklagte erbrachte eine Rechtsdienstleistung nach § 2 Abs. 1 RDG (a), die weder durch § 5 Abs. 1 Satz 1, 2 RDG (b) noch durch Anlage 11 Leistungsphase 7 Buchstabe h) zu § 33 Satz 3 HOAI (2009) erlaubt wird (c) und für die es auch sonst keine Rechtfertigung gibt (d).

a) Der Beklagte hat eine Rechtsdienstleistung erbracht, indem er der Klägerin eine vermeintlich ihrer Interessenlage entsprechende Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung gestellt hat.

Nach § 2 Abs. 1 RDG ist eine Rechtsdienstleistung jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine Prüfung des Einzelfalls erfordert. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfasst diese Vorschrift jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen, die über die bloße schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht. Ob es sich um eine einfache oder schwierige Rechtsfrage handelt, ist unerheblich (BGH, Urteil vom 31. März 2016 – I ZR 88/15 Rn. 23, NJW 2016, 3441).

Nach diesen Maßstäben erforderte die Zurverfügungstellung der Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern eine Prüfung im Einzelfall, ob die Regelung der Interessenlage der Klägerin entspricht.

b) Die Rechtsdienstleistung des Beklagten war nicht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 RDG erlaubt. Danach sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Ziel dieser Regelungen ist es einerseits, diejenigen, die in einem nicht spezifisch rechtsdienstleistenden Beruf tätig sind, in ihrer Berufsausübung nicht zu behindern und andererseits, den erforderlichen Schutz der Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rechtsrat zu gewährleisten (BGH, Urteil vom 31. März 2016 – I ZR 88/15 Rn. 32, NJW 2016, 3441; BT-Drucks. 16/3655, S. 51). Auf dieser Grundlage handelte es sich bei der vom Beklagten übernommenen Pflicht, der Klägerin eine ihrer Interessenlage entsprechende Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung zu stellen, nicht um eine Nebenleistung, die zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Architekten gehört.

aa) Der Architekt hat die Pflicht, die Leistungen zu erbringen, die erforderlich sind, um die mit dem Besteller vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Dieses Aufgabengebiet und damit das Berufsbild des Architekten hat in vielfacher Hinsicht Berührungen zu Rechtsdienstleistungen. So kann es zum Erreichen der vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele notwendig sein, über Kenntnisse des öffentlichen und privaten Baurechts zu verfügen und diese in der Beratung des Bauherrn umzusetzen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Architekt als geschäftlicher Oberleiter, sachkundiger Berater und Betreuer des Bauherrn nicht unerhebliche Kenntnisse des Werkvertragsrechts, des BGB und der entsprechenden Vorschriften der VOB/B besitzen (BGH, Urteil vom 26. April 1979 – VII ZR 190/78, BGHZ 74, 235, 238). Die Tätigkeit des Architekten kann zudem erfordern, dem Bauherrn das planerische, wirtschaftliche und rechtliche Umfeld des Vorhabens zu erläutern und in diesem Zusammenhang öffentlich-rechtliche Vorschriften zum Bauplanungs- und Bauordnungsrecht in seine Beratung einzubeziehen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2021 – I ZR 227/19 Rn. 52, BauR 2021, 990 = NZBau 2021, 259). Insoweit soll der Architekt in seiner Berufsausübung durch das Rechtsdienstleistungsgesetz nicht behindert werden.

bb) Der Architekt ist jedoch nicht einem Rechtsberater des Bauherrn gleichzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2021 – I ZR 227/19 Rn. 53, BauR 2021, 990 = NZBau 2021, 259; Urteil vom 25. Oktober 1984 – III ZR 80/83, NJW 1985, 1692, 1693 zu 2). Eine allgemeine Rechtsberatung wird von dem Berufsbild des Architekten nicht erfasst, da es insoweit an einer hinreichenden juristischen Qualifikation fehlt. Insoweit greift der Zweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes, den Schutz der Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rechtsrat zu gewährleisten.

cc) Die Zurverfügungstellung einer der Interessenlage der Klägerin entsprechenden Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern geht über die typischerweise mit der Verwirklichung von Planungs- und Überwachungszielen verbundenen Aufgaben und damit über das Berufsbild des Architekten hinaus. Denn die Erfüllung einer solchen Pflicht erfordert qualifizierte Rechtskenntnisse, wie sie grundsätzlich nur in der Anwaltschaft vorhanden sind. Es bedarf deshalb des Schutzes des Bauherrn als Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rat (vgl. Keldungs, Festschrift Ulrich Werner, S. 81, 86; Rath, Festschrift Koeble, S. 457, 460). Demgegenüber wird der Architekt in seiner Berufsausübung nicht behindert, da er die mit dem Bauherrn vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele erreichen kann, ohne selbst eine Skontoklausel zur Verfügung zu stellen, die die Interessenlage des Bauherrn im Verhältnis zu den bauausführenden Unternehmern abbildet. Der Architekt muss den Bauherrn nur darauf hinweisen, dass ihm eine solche Tätigkeit nicht erlaubt ist und sich der Bauherr insoweit an einen Rechtsanwalt zu wenden hat (vgl. schon zum Rechtsberatungsgesetz Kniffka, ZfBR 1994, 253, 256; vgl. des Weiteren Kniffka/Jurgeleit/Zahn, Bauvertragsrecht, 4. Aufl., § 650p Rn. 152). Die vom Senat getroffene Auslegung des Rechtsdienstleistungsgesetzes verletzt deshalb den Beklagten nicht in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).

c) Die von dem Beklagten übernommene Rechtsdienstleistung war des Weiteren durch Anlage 11 Leistungsphase 7 h) zu § 33 Satz 3 HOAI (2009) weder unmittelbar noch mittelbar erlaubt.

aa) Nach dieser Regelung erhält ein Architekt ein Entgelt für das “Mitwirken bei der Auftragserteilung”. Insoweit wird vertreten, der Architekt sei verpflichtet, Verträge zu entwerfen bzw. sämtliche Vertragsunterlagen zusammenzustellen, die auf die Interessen des Bauherrn abgestellt sind (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 26. September 2002 – 12 U 63/02, BauR 2003, 1751 = NZBau 2003, 684; Locher/Koeble/Frik-Koeble, Kommentar zur HOAI, 15. Aufl., § 34 Rn. 205; Langen, AnwBl. 2009, 436, 438; Bruns, NZBau 2007, 737, 738; Preussner, Architektenrecht, 2. Aufl., Teil D Rn. 84 f.; ähnlich Korbion in Korbion/Mantscheff/Vygen, Kommentar zur HOAI, 9. Aufl., § 34 HOAI Rn. 239; a.A. Scholtissek, HOAI, 2. Aufl., § 34 Rn. 297; Keldungs, Festschrift Ulrich Werner, S. 81, 85 f.; Rath, Festschrift für Koeble, S. 457, 460). Soweit der Verordnungsgeber insbesondere für rechtsbesorgende Tätigkeiten im Rahmen der HOAI eine Vergütung vorgesehen habe, sei damit ein Erlaubnistatbestand im Sinne von § 5 Abs. 1 RDG geschaffen, weil ansonsten eine Leistung vergütet werde, die wegen § 134 BGB nicht wirksam vereinbart werden könne (Locher/Koeble/Frik-Locher, Kommentar zur HOAI, 15. Aufl., Einl. Rn. 209; vgl. zudem Langen AnwBl. 2009, 436, 438).

bb) Ein Erlaubnistatbestand im Sinne von § 5 Abs. 1 RDG kann unmittelbar aus Anlage 11 Leistungsphase 7 h) zu § 33 Satz 3 HOAI (2009) bereits deshalb nicht abgeleitet werden, weil der Verordnungsgeber durch die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in Art. 10 § 1 MRVG nicht ermächtigt wurde, Erlaubnistatbestände für die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen im Sinne von § 3 RDG zu regeln.

Gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der dem Verordnungsgeber erteilten Ermächtigung in dem ermächtigenden Gesetz bestimmt werden. Beachtet die Verordnung diese Grenzen der Ermächtigung nicht, ist sie insoweit unwirksam (vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Juli 1999 – 2 BvF 3/90, BVerfGE 101, 1; BGH, Urteil vom 24. April 2014 – VII ZR 164/13 Rn. 13 ff., BGHZ 201, 32). Mit Art. 10 § 1 MRVG hat der Gesetzgeber die Bundesregierung ausschließlich ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats eine Honorarordnung für Ingenieur- und Architektenleistungen zu erlassen. Art. 10 § 1 MRVG enthält dagegen über die reinen Honorarregelungen hinaus keine Ermächtigung, das Architekten- und Ingenieurrecht zu gestalten und beispielsweise Erlaubnistatbestände für grundsätzlich unzulässige Rechtsdienstleistungen zu normieren. Dementsprechend ist Anlage 11 Leistungsphase 7 zu § 33 HOAI Satz 3 (2009) verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass diese Regelung keinen Erlaubnistatbestand im Sinne von § 3 RDG enthält.

cc) Aus Anlage 11 Leistungsphase 7 h) zu § 33 Satz 3 HOAI (2009) kann daher auch nicht mittelbar geschlossen werden, eine Vereinbarung über die Zurverfügungstellung einer Skontoklausel, die die Interessen des Bauherrn berücksichtigt, zur Verwendung in den Verträgen mit bauausführenden Unternehmern sei vom Berufsbild des Architekten gedeckt. Eine solche Auslegung verkennt zudem das Verhältnis von formellen und materiellen Gesetzen wie dem Rechtsdienstleistungsgesetz zu bloß materiellen Gesetzen wie der HOAI als Rechtsverordnung.

Die HOAI steht als Rechtsverordnung im Rahmen der Normenhierarchie unter dem Rechtsdienstleistungsgesetz als formellem Gesetz, das deshalb Vorrangwirkung entfaltet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 1981 – 1 BvR 413/80, 768/80, 820/80, BVerfGE 56, 216). Dementsprechend ist nicht das Rechtsdienstleistungsgesetz unter Heranziehung der Honorarregelungen der HOAI auszulegen. Vielmehr ist umgekehrt bei der Frage der Auslegung von Anlage 11 Leistungsphase 7 h) zu § 33 HOAI Satz 3 (2009) zu berücksichtigen, dass es keine Vergütung für eine Verpflichtung geben kann, die nach § 3 RDG in Verbindung mit § 134 BGB nichtig ist.

d) Schließlich ist die von dem Beklagten übernommene unzulässige Rechtsdienstleistung nicht deshalb gerechtfertigt, weil er sich nach seinem Vortrag hinsichtlich der Skontoklausel der Hilfe eines Rechtsanwalts bedient hat. Die Einbeziehung eines Rechtsanwalts als Erfüllungsgehilfen zur Erbringung der Rechtsdienstleistung ändert nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nichts an der Unzulässigkeit der Rechtsdienstleistung und der Nichtigkeit der entsprechenden schuldrechtlichen Vereinbarung (BGH, Urteil vom 30. Juli 2019 – VI ZR 486/18 Rn. 21 m.w.N., NJW-RR 2019, 1524).

3. Vereinbarungen, die auf die Erbringung einer unerlaubten Rechtsdienstleistung zielen, sind nach § 134 BGB nichtig (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2019 – VIII ZR 285/18 Rn. 58 m.w.N., NJW 2020, 208).

Die Nichtigkeit der Vereinbarung der Parteien zur Pflicht des Beklagten, eine der Interessenlage der Klägerin entsprechende Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung zu stellen, führt nicht dazu, dass der streitgegenständliche Anspruch nicht besteht. Zwar ergibt sich ein solcher Anspruch, wie vom Berufungsgericht ausschließlich geprüft, nicht aus § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB. Er kann jedoch unter den Voraussetzungen von § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2019 – VIII ZR 285/18 Rn. 94, NJW 2020, 208) beziehungsweise gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 RDG (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2019 – VI ZR 486/18 Rn. 19, NJW-RR 2019, 1524; OLG Koblenz, Urteil vom 7. Mai 2020 – 3 U 2182/19, BauR 2021, 99 = NZBau 2021, 187) zuzusprechen sein.

III.

Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben und ist aufzuheben. Der Senat kann nicht gemäß § 563 ZPO in der Sache selbst entscheiden. Die Sache ist vielmehr zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um diesem Gelegenheit zu geben, die erforderlichen weiteren Feststellungen zu einem Anspruch der Klägerin aus § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 RDG zu treffen.

Sollte es für die neue Verhandlung und Entscheidung darauf ankommen, ob die von dem Beklagten zur Verfügung gestellte Skontoklausel einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhält, weist der Senat darauf hin, dass die Erwägungen des Berufungsgerichts zu § 307 BGB rechtlich nicht zu beanstanden sind.

OLG Köln zu der Frage, ob die Werkleistung den anerkannten Regeln der Technik entsprechen muss

OLG Köln zu der Frage, ob die Werkleistung den anerkannten Regeln der Technik entsprechen muss

vorgestellt von Thomas Ax

1. Das Werk eines Bauunternehmers ist mangelfrei, wenn es zum Zeitpunkt der Abnahme die vereinbarte Beschaffenheit hat, den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht und funktionstauglich ist. Das gilt nicht nur im VOB/B-, sondern auch im BGB-Vertrag.
2. Der Unternehmer hat vor der Abnahme die Mangelfreiheit des Werks zu beweisen. Das ist nicht anders zu beurteilen, wenn der Besteller bereits vor der Abnahme Mängelansprüche geltend macht.
3. Eine Zustimmung des Bestellers zu einer hinter den allgemein anerkannten Regeln der Technik zurückbleibenden Ausführung kommt regelmäßig nur in Betracht, wenn der Unternehmer auf die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken hinweist, es sei denn, diese sind dem Besteller bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen.
4. Gegenüber einem privaten, im Baurecht nicht bewanderten und bei Vertragsschluss nicht durch einen erfahrenen Fachmann rechtsgeschäftlich vertretenen Besteller wird die VOB/B nur dann wirksam in den Vertrag einbezogen, wenn der Unternehmer dem Besteller die Gelegenheit einräumt, den vollen Text der VOB/B zur Kenntnis zu nehmen.
5. Die Bezugnahme auf die VOB/B im schriftlichen Vertrag reicht bei einem im Baurecht unerfahrenen privaten Besteller für ihre Einbeziehung nicht aus. Auch der Umstand, dass der Besteller zunächst noch selbst von der Einbeziehung der VOB/B ausgeht, ist unerheblich.
OLG Köln, Urteil vom 10.02.2021 – 11 U 128/19

Gründe:

A.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten zu 1 Schadensersatz wegen einer angeblich mangelhaften Werkleistung. Die Beklagte zu 2 nimmt sie als Bürgin der Beklagten zu 1 in Anspruch.

Mit schriftlichem Vertrag vom 8. Februar 2003 (Anlage K 1 zur Klageschrift), der Bezug nahm auf ein Einheitspreisangebot vom Vortag (Anlage K 2 zur Klageschrift) und auf die VOB Teil B, beauftragte die Klägerin die Beklagte zu 1 mit der Aufstockung des Flachdaches eines ihr und ihrem Ehemann gemeinsam gehörenden Wohnhauses. Die von der Beklagten zu 1 übernommenen Leistungen umfassten die Lieferung und Herstellung einer mit einer Holzverschalung zu versehenen Außenwand (Position 1.4), die Lieferung und Herstellung von Gipskartonwänden im Inneren (Position 1.5), die Lieferung und Montage einer Dachrinne (Position 6.1) und eines Regenfallrohres (Position 6.6) sowie Heizungs- und Sanitärinstallationen (Titel 10). Den weiteren Innenausbau des neu zu errichtenden Dachgeschosses, insbesondere Maler- und Tapezierarbeiten, schuldete die Beklagte zu 1 nicht.

Die Leistungen der Heizungs- und Sanitärinstallation wurden nicht von der Beklagten zu 1, sondern von einer Firma X. ausgeführt. Diese hatte die Klägerin zumindest mit der Lieferung der einzubauenden Sanitärobjekte (Waschtisch, WC, Dusche, Heizkörper) beauftragt, da ihr die von der Beklagten zu 1 angebotenen Objekte nicht zugesagt hatten. Jedenfalls diese Leistungen hatten die Parteien deshalb einvernehmlich aus dem Auftragsumfang der Beklagten zu 1 herausgenommen. Ob dies auch hinsichtlich der übrigen Leistungen der Heizungs- und Sanitärinstallation, also insbesondere hinsichtlich der Verlegung der erforderlichen Rohre und des Anschlusses der Sanitärobjekte, geschehen war oder ob die Firma X. insoweit als Subunternehmerin der Beklagten zu 1 tätig wurde, ist streitig. Im Zuge der Arbeiten schloss die Firma X. die Abwasserleitungen des neu errichteten Bades an eine bereits vorhandene Entwässerungsleitung an. Die vorhandene Leitung wurde darüber hinaus auch mit einem Fallrohr der Regenrinne verbunden, das durch eine an das Nachbargebäude angrenzende Gebäudeabschlusswand in das Gebäude geführt wurde; wer diese Arbeiten ausführte, ist streitig.

Nachdem die Beklagte zu 1 ihre Arbeiten – abgesehen von der Heizungs- und Sanitärinstallation – zumindest weitgehend fertiggestellt hatte, ließ die Klägerin die Leistungen durch den Bausachverständigen C. begutachten. Dieser stellte in einem Gutachten vom 21. August 2003 zahlreiche Mängel unter anderem an der Holzverschalung und den Trockenbauwänden fest; abschließend führte er aus, bis zur Beseitigung der Mängel könne eine Abnahme nicht erfolgen (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 25. Juni 2014).

Ohne Berücksichtigung von Leistungen der Heizungs- und Sanitärinstallation und unter Berücksichtigung unstreitiger Änderungen des Auftragsumfangs stellte die Beklagte zu 1 der Klägerin unter dem 9. Februar 2004 eine Schlussrechnung über 77.838,66 Euro. Unter Berücksichtigung eines seinerzeit streitigen Skontoabzugs hatte die Klägerin 52,39 Euro mehr als den Rechnungsbetrag bereits gezahlt. Mit Schreiben vom 28. Februar 2004 forderte sie die Beklagte zu 1 auf, mehrere Mängel zu beseitigen, nämlich unter anderem angebliche Setzungen an den Decken und Wänden des Dachgeschosses sowie eine angeblich nicht ordnungsgemäße Montage von Rollladenkästen. Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben und einen Ortstermin vom 13. März 2004 wies die Beklagte zu 1 die Mängelrüge mit Schreiben vom 17. März 2004 zurück und teilte mit, die Arbeiten seien vereinbarungsgemäß ausgeführt worden. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 25. Juni 2004 kam die Klägerin auf die Mängelrüge zurück und setzte der Beklagten zu 1 eine Frist zur Beseitigung der angeblichen Mängel.

Durch rechtskräftig gewordenes Urteil des Landgerichts Köln vom 15. Juli 2005 – 17 O 334/04 – wurde die Beklagte zu 1 verurteilt, den zu viel gezahlten Betrag von 52,39 Euro an die Klägerin zurückzuzahlen und eine Gewährleistungsbürgschaft zu stellen. Die Beklagte zu 2 übernahm daraufhin am 28. Juli 2005 für die Leistungen der Beklagten zu 1 eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe eines Betrags von 3.777,79 Euro.

Infolge des Anschlusses der im Dachgeschoss neu errichteten Toilette an die vorhandene Entwässerungsleitung kam es am 5. Oktober 2005 zu einer Rohrverstopfung, für deren Beseitigung dem Ehemann der Klägerin 252,78 Euro in Rechnung gestellt wurden. Um die Ursache für diese und weitere Verstopfungen sowie für einen bei starkem Regen regelmäßig auftretenden Rückstau in der Wasserleitung feststellen zu lassen, wurde die Leitung am 11. Oktober 2005 mit einer Kamera untersucht, wofür dem Ehemann der Klägerin weitere 534,88 Euro in Rechnung gestellt wurden.

Im Jahr 2006 ließ die Klägerin die Leistungen der Beklagten zu 1 durch den Bausachverständigen O. begutachten (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 11. Januar 2021), der ihr dafür 1.295,78 Euro in Rechnung stellte. Anschließend rügte die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 28. März 2007 gegenüber der Beklagten zu 1 verschiedene angebliche Mängel, nämlich unter anderem die Durchdringung der Gebäudeabschlusswand durch das Fallrohr, den Anschluss des Fallrohres an den vorhandenen Entwässerungsstrang, einen angeblich nicht ordnungsgemäßen Abfluss der Abwässer der neu errichteten Toilette, Risse in den Gipskartonwänden sowie Zuglufterscheinungen im Bereich der Flachdachaufstockung. Zur Beseitigung der angeblichen Mängel setzte die Klägerin der Beklagten zu 1 eine Frist bis zum 27. April 2007. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 14. Dezember 2007 rügte die Klägerin darüber hinaus angebliche Mängel der Holzverschalung. Mit weiterem Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 14. Dezember 2007 machte sie gegenüber der Beklagten zu 2 die Forderung aus der Bürgschaft geltend. Mit weiterem Schreiben vom 22. August 2008 forderte der Prozessbevollmächtigte die Beklagte zu 2 erneut zur Zahlung auf.

Mit notariellem Vertrag vom 17. Mai 2013 verkauften die Klägerin und ihr Ehemann das Grundstück zum Preis von 269.000 Euro (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten zu 1 vom 30. April 2019).

Mit ihrer bereits am 29. Januar 2009 erhobenen Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten zu 1 Schadensersatz in Höhe eines Betrags von 20.420,40 Euro. Die Klägerin hat zunächst geltend gemacht, dieser Betrag sei erforderlich, um die vorgerichtlich gerügten Mängel zu beseitigen. Nach einem Hinweis des Landgerichts auf die Änderung der Rechtsprechung zur Schadensbemessung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten hat die Klägerin den Anspruch unter anderem auf einen angeblichen Minderwert des Grundstücks gestützt. Über den Betrag von 20.420,40 Euro hinaus verlangt die Klägerin von der Beklagten zu 1 Ersatz der wegen der Rohrverstopfung aufgewandten Beträge (787,66 Euro), der Gutachterkosten (1.295,78 Euro) und vorgerichtlicher Anwaltskosten (1.065,04 Euro). Die Beklagte zu 2 nimmt sie in Höhe der Bürgschaftssumme (3.777,79 Euro) zuzüglich vorgerichtlicher Anwaltskosten (402,81 Euro) in Anspruch. Nach einem weiteren Hinweis des Landgerichts hat die Klägerin ihren Klageantrag dahin umgestellt, dass sie in Höhe eines Betrags von insgesamt 21.485,44 Euro (20.420,40 Euro + 1.065,04 Euro) nicht länger Zahlung nur an sich selbst, sondern Zahlung an sich und ihren Ehemann begehrt hat.

Das Landgericht hat sodann der Klage nach Vernehmung mehrerer Zeugen und Einholung mehrerer Sachverständigengutachten stattgegeben. Auf sein Urteil wird insbesondere hinsichtlich der erstinstanzlichen Anträge und des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien Bezug genommen.

Dagegen richten sich die Berufungen beider Beklagten. Die Beklagte zu 1 wiederholt und vertieft im Berufungsverfahren im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie rügt, dass das Landgericht dieses Vorbringen nicht ausreichend berücksichtigt habe. Die Beklagte zu 2 schließt sich der Berufungsbegründung der Beklagten zu 1 an.

Die Beklagten beantragen,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

B.

Die Berufung der Beklagten zu 2 hat keinen, die Berufung der Beklagten zu 1 nur zu einem geringen Teil Erfolg.

I.

Zur Berufung der Beklagten zu 1

1. Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte zu 1 dagegen, dass das Landgericht der Klägerin gemäß den §§ 634 Nr. 4, 280 Absätze 1 und 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB Schadensersatz wegen eines mangelbedingten Minderwerts des Grundstücks zugesprochen hat. Dieser Anspruch ist allerdings der Höhe nach begrenzt auf den von der Klägerin geltend gemachten Betrag von 20.420,40 Euro. Soweit das Landgericht einen Anspruch in Höhe von 21.485,44 Euro angenommen hat, hat es übersehen, dass der Differenzbetrag von 1.065,04 Euro auf vorgerichtliche Anwaltskosten entfällt (dazu unten Ziffer 4).

a) Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1 ist unstreitig ein Werkvertrag über die Aufstockung des Flachdaches des im gemeinschaftlichen Eigentum der Klägerin und ihres Ehemannes stehenden Wohnhauses zustande gekommen. Die VOB Teil B ist entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht Vertragsinhalt geworden. Die Bezugnahme im schriftlichen Vertrag reicht dafür nicht aus. Denn gegenüber Vertragspartnern, die im Baurecht nicht bewandert sind und bei Vertragsschluss auch nicht durch einen erfahrenen Fachmann, etwa einen Architekten, rechtsgeschäftlich vertreten sind (Jurgeleit, in: Kniffka/Koeble/Sacher/Jurgeleit, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., 2. Teil Rn. 187), wird die VOB Teil B nur wirksam einbezogen, wenn der Verwender seinem zukünftigen Vertragspartner die Gelegenheit einräumt, den vollen Text zur Kenntnis zu nehmen (BGH, Urteil vom 10. Juni 1999 – VII ZR 170/98, NJW-RR 1999, 1246, 1247 mwN). Dass dies im Streitfall geschehen ist, ist trotz eines Hinweises des Senats nicht dargelegt. Nicht dargelegt ist auch, dass die Klägerin bei Vertragsschluss im Baurecht bewandert war. Die Beklagte zu 1 hat hierzu auf den Hinweis des Senats vorgetragen, die Klägerin sei ausgewiesene Bankkauffrau und habe den Bauantrag mit Hilfe eines Architekten selbst gestellt. Das reicht nicht aus, um auf hinreichende baurechtliche Kenntnisse schließen zu können. Die vorgetragene Einschaltung eines Architekten bei Stellung des Bauantrages führt ebenfalls nicht zur wirksamen Einbeziehung der VOB/B, da der Architekt am Abschluss des Vertrages nicht beteiligt war. Auch der Umstand, dass die Klägerin jedenfalls bis zu dem Hinweis des Senats selbst von der Einbeziehung der VOB Teil B ausgegangen ist, ist unerheblich (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 1994 – VII ZR 26/93, NJW 1994, 2547).

b) Da die Beklagte zu 1 das Werk als fertiggestellt angeboten und eine Schlussrechnung erteilt hat, kann die Klägerin den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes auch unabhängig von einer Abnahme geltend machen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2017 – VII ZR 301/13, NJW 2017, 1604 Rn. 44).

c) Zu Lasten der Beklagten zu 1 ist davon auszugehen, dass das von ihr hergestellte Werk in mehrfacher Hinsicht mangelhaft ist.

aa) Die Beweislast trifft insoweit die Beklagte zu 1. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Auftragnehmer vor der Abnahme die Mangelfreiheit seiner Leistungen zu beweisen. Dies gilt auch dann, wenn der Auftraggeber vor der Abnahme Mängelansprüche geltend macht (Urteil vom 23. Oktober 2008 – VII ZR 64/07, NJW 2009, 360 Rn. 14 mwN). Im Streitfall ist eine Abnahme nicht erfolgt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1 hat die Klägerin das Werk nicht im September 2003 gegenüber dem für die Beklagte zu 1 tätigen Zeugen Z. abgenommen. Die Beklagte zu 1 verweist insoweit auf ihren Vortrag, wonach der Zeuge, als er mit restlichen Bauteilen auf die Baustelle gefahren sei, festgestellt habe, dass die von der Beklagten zu 1 noch nicht vollständig fertiggestellten Trockenbauwände bereits von einem anderen Unternehmer verspachtelt und verschlossen worden seien. Die Klägerin habe dazu erklärt, die von ihr beauftragten Leute seien gut und könnten die Arbeiten ordnungsgemäß ausführen. Diese angebliche Erklärung der Klägerin bezieht sich nur auf die Fertigstellung der Trockenbauwände durch einen anderen Unternehmer. Der Erklärung lässt sich hingegen nicht entnehmen, dass die Klägerin die von der Beklagten zu 1 in Bezug auf die Trockenbauwände erbrachten Leistungen als vertragsgemäß gebilligt hat; dies gilt erst recht für die weiteren vertraglich geschuldeten Leistungen an anderen Gebäudeteilen.

Nicht nachvollziehbar ist, dass die Beklagte zu 1 in diesem Zusammenhang auf das Privatgutachten des Bausachverständigen C. vom 21. August 2003 verweist. Ausweislich des Gutachtens hat der Sachverständige der Klägerin ausdrücklich von einer Abnahme abgeraten. Dass die Klägerin dieser Empfehlung nicht gefolgt ist, lässt sich nicht feststellen.

Auch mit der Behauptung, die Klägerin habe am 4. November 2003 3.927,50 Euro gezahlt, womit sie – die Beklagte zu 1 – bereits überzahlt gewesen sei, hat die Beklagte zu 1 eine (stillschweigende) Abnahme nicht dargelegt. Denn die Schlussrechnung datiert erst vom 9. Februar 2004. Auf diese Schlussrechnung hat die Klägerin keine weiteren Zahlungen mehr geleistet. Stattdessen hat sie unter dem 28. Februar und 25. Juni 2004 Mängel gerügt. Dass sie zu irgendeinem Zeitpunkt – etwa bei dem Ortstermin vom 13. März 2004 – von diesen Rügen abgerückt ist, ist nicht dargetan. Es ist deshalb auch nicht zu erkennen, dass die Klägerin das Werk durch Nutzung des Gebäudes stillschweigend abgenommen hat.

Eine fiktive Abnahme gemäß § 12 Nr. 5 VOB/B 2002 scheidet schon deshalb aus, weil die VOB Teil B nicht wirksam in den Werkvertrag einbezogen worden ist (dazu oben a). Dass die Klägerin im Vorprozess 17 O 334/04 Landgericht Köln selbst von einer fiktiven Abnahme ausgegangen und das erkennende Gericht dem gefolgt ist, ist unerheblich. Denn an ihre im Vorprozess vertretene Rechtsauffassung ist die Klägerin nicht gebunden. Die rechtliche Beurteilung des Landgerichts im Vorprozess ist auch nicht in Rechtskraft erwachsen.

bb) Den ihr in Ermangelung einer Abnahme obliegenden Beweis der Mangelfreiheit der Werkleistung hat die Beklagte zu 1 bezüglich mehrerer Mängelrügen nicht geführt.

(1) Dies gilt zunächst hinsichtlich der von der Klägerin gerügten Rissbildungen im Bereich der Trockenbauwände.

(a) Der Sachverständige L. hat in seinem Gutachten vom 11. Januar 2013 zahlreiche Risse im Bereich der Anschlüsse der Trockenbauwände an die Decke, im Bereich von Wand-Wand-Anschlüssen sowie an den Fugen der Plattenanschlüsse an den Decken und Wänden festgestellt (Seiten 6 ff.). Jedenfalls ein Teil dieser Risse ist nach den Ausführungen des Sachverständigen auf eine nicht fachgerechte Konstruktion der Wände zurückzuführen. An einer von ihm vorgenommenen Bauteilöffnung im zufällig ausgewählten Bereich eines Wand-Decken-Anschlusses hat der Sachverständige nämlich festgestellt, dass entgegen den Herstellerrichtlinien kein konstruktiver Anschluss der innen liegenden Wand an die Decke erfolgt ist und zudem die Befestigungsklammer nicht den Querbalken der Unterkonstruktion getroffen hat. Darüber hinaus wies auch die Trennwand zwischen Flur und Kinderzimmer keinen konstruktiven Anschluss an die Außenwand auf. Der Sachverständige konnte ein Lineal 13 Zentimeter weit in den im Bereich des Anschlusses vorgefundenen Riss schieben und konnte das Lineal über die gesamte Risshöhe nach oben und unten bewegen, ohne auf Widerstand zu stoßen (Seiten 33, 51 ff. und 58 des Gutachtens vom 11. Januar 2013, Seiten 3 und 6 der Sitzungsniederschrift vom 10. Juni 2015).

Sichere Feststellungen zum Ausmaß der konstruktionsbedingten Mängel können nicht getroffen werden. Dazu wären nach den Ausführungen des Sachverständigen weitere Bauteilöffnungen erforderlich (Seite 59 des Gutachtens vom 11. Januar 2013, Seite 3 der Sitzungsniederschrift vom 10. Juni 2015). Solche Öffnungen waren beim ersten Ortstermin nicht gewünscht; beim zweiten Ortstermin waren sie nicht mehr möglich, weil das Grundstück zwischenzeitlich veräußert worden war und die Erwerber keine weiteren Untersuchungen vor Ort duldeten (Seite 4 des Ergänzungsgutachtens vom 8. Mai 2013, Seite 3 der Sitzungsniederschrift vom 10. Juni 2015). Dass sich an dieser Haltung der Erwerber zwischenzeitlich etwas geändert hat, hat die Beklagte zu 1 auch nach einem diesbezüglichen Hinweis des Senats nicht dargelegt; auch ein von ihr vorgelegtes Schreiben der Erwerber vom 23. Dezember 2020 bietet dafür keine Anhaltspunkte (Anlage zum Schriftsatz vom 14. Januar 2021).

Da weitere Ermittlungen demzufolge nicht möglich sind, muss zu Lasten der beweisbelasteten Beklagten zu 1 davon ausgegangen werden, dass konstruktionsbedingte Mängel in einem erheblichen Ausmaß vorliegen. Dass der Sachverständige neben den Konstruktionsmängeln auch eine fehlerhafte Ausbildung und Verspachtelung von Fugen als Ursache von Rissbildungen in Betracht gezogen hat (Seiten 56 ff. des Gutachtens vom 11. Januar 2013), steht dem nicht entgegen. Der Sachverständige ist nämlich, ohne insoweit abschließende Feststellungen treffen zu können, vor allem auf Grund der Größe der vorgefundenen Risse zu der nachvollziehbaren Einschätzung gelangt, dass jedenfalls die meisten Risse auf Bewegungen in der Konstruktion zurückzuführen sind, die darauf schließen lassen, dass die Konstruktion nicht in Ordnung ist. Er hält es sogar für möglich, dass mehr oder minder alle Risse auf die Konstruktion zurückzuführen sind (Seiten 3 ff. der Sitzungsniederschrift vom 10. Juni 2015). Daran hat er auch in seinem abschließenden mündlichen Ergänzungsgutachten festgehalten (Seite 6 der Sitzungsniederschrift vom 20. März 2019). Schließlich hat die Beklagte zu 1 auch selbst vorgetragen, ihre Arbeiten insoweit nicht abschließend fertiggestellt zu haben (siehe sogleich unten Buchstabe b). Ob und inwieweit die Beklagte zu 1 für eine fehlerhafte Ausbildung und Verspachtelung von Fugen verantwortlich ist, kann der Senat deshalb offenlassen.

(b) Dass die Klägerin auf eine fachgerechte Fertigstellung der Konstruktion der Trockenbauwände verzichtet hat, lässt sich nicht feststellen.

Die Beklagte zu 1 hat – ohne nähere Erläuterung – eingeräumt, bei der Herstellung der Trockenbauwände hätten noch “das Anbringen der Blech-Kantteile an den im Grundriss 45°-Wänden” und “der Gips-Eckplatten in den Anschlussbereichen” gefehlt (Seiten 9 f. des Schriftsatzes vom 8. April 2013). Sie hat behauptet, der Zeuge Z. habe, als er mit den so vorbereiteten Teilen auf die Baustelle gefahren sei, festgestellt, dass die nicht vollständig fertiggestellten Trockenbauwände bereits von einem anderen Unternehmer verspachtelt und verschlossen worden seien. Der Zeuge habe daraufhin der Klägerin erklärt, das eigenmächtige Verschließen der noch offenen Wandteile lasse keine Überprüfung durch die Beklagte zu 1 mehr zu. Die Klägerin habe erklärt, die von ihr beauftragten Leute seien gut und könnten die Arbeiten ordnungsgemäß ausführen.

Dieser Vortrag ist unerheblich. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt eine rechtsgeschäftliche Zustimmung des Auftraggebers zu einer hinter den allgemein anerkannten Regeln der Technik zurückbleibenden Ausführung regelmäßig nur in Betracht, wenn der Auftragnehmer auf die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken hinweist, es sei denn diese sind dem Auftraggeber bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen (Urteil vom 14. November 2017 – VII ZR 65/14, NJW 2018, 391 Rn. 29). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Denn weder hat der Zeuge Z. die Klägerin auf das Risiko von Rissbildungen hingewiesen noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin dieses Risiko auch ohne einen solchen Hinweis klar vor Augen stand.

(2) Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen L. liegt ein weiterer Mangel der Werkleistung darin, dass die Rollladenkästen im Schlafzimmer des Dachgeschosses nicht luftdicht verschlossen sind (Seite 62 des Gutachtens vom 11. Januar 2013).

(3) Des Weiteren sind die Entwässerungsleitungen in zweifacher Hinsicht mangelhaft.

(a) Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen M. ist zum einen die Hindurchführung des Regenfallrohres durch die an das Nachbargebäude angrenzende Gebäudeabschlusswand nicht fachgerecht. Bei dieser Wand handelt es sich um eine Brandwand, durch die nach § 33 Abs. 5 BauO NRW 2000 Leitungen nur hindurchgeführt werden durften, wenn eine Übertragung von Feuer und Rauch nicht zu befürchten war oder Vorkehrungen hiergegen getroffen waren. Diesen Anforderungen genügt die Hindurchführung des Regenfallrohres nicht. Es fehlen die erforderlichen Rohrabschottungen nach DIN 4102-11 (Seiten 2 f. des Gutachtens vom 16. September 2010, Seiten 2 f. der Sitzungsniederschrift vom 4. Mai 2018).

Zum anderen werden die Abwasserleitungen des neu errichteten Bades über das Regenfallrohr entlüftet. Das ist unzulässig, weil nach DIN 1986-100 Abschnitt 5 Regen- und Schmutzwasser über getrennte Leitungen aus dem Gebäude herauszuführen sind (Seiten 3 f. der Sitzungsniederschrift vom 4. Mai 2018, Seite 4 des Gutachtens vom 16. September 2010).

(b) Für beide Mängel ist die Beklagte zu 1 verantwortlich.

Ihre Behauptung, die Parteien hätten sämtliche Leistungen der Heizungs- und Sanitärinstallation nachträglich aus dem Auftragsumfang herausgenommen, ist unerheblich, da die Verlegung des Regenfallrohres zu den Klempnerarbeiten (Titel 6 des Angebots vom 7. Februar 2003) und nicht zu den Leistungen der Heizungs- und Sanitärinstallation gehört (Titel 10).

Im Übrigen hat das Landgericht die Behauptung nach Vernehmung von drei Zeugen als widerlegt angesehen. Es spricht viel dafür, dass diese Würdigung einer Überprüfung gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO standhält. Das kann aber letztlich offenbleiben. Denn für ihren Einwand einer nachträglichen Vertragsänderung ist die Beklagte zu 1 beweisbelastet. Jedenfalls diesen Beweis hat sie angesichts der divergierenden Zeugenaussagen nicht geführt. Mit dieser Maßgabe nimmt der Senat Bezug auf die Würdigung im angefochtenen Urteil und schließt sich dieser an.

Dass die Klägerin die behauptete Auftragsänderung im Vorprozess 17 O 334/04 Landgericht Köln nicht bestritten hatte, ist unerheblich. Denn daran ist sie nicht gebunden. Sie ist auch nicht dafür verantwortlich, dass die Beklagte zu 1 eine Vergütung für die Leistungen der Heizungs- und Sanitärinstallation zu keinem Zeitpunkt gefordert hat.

(4) Ob und in welchem Umfang die von der Klägerin gerügten Mängel an der Holzverkleidung der Fassade vorliegen, lässt der Senat offen.

d) Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 28. März 2007 hat die Klägerin der Beklagten zu 1 eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt. Diese ist erfolglos abgelaufen. Das gilt auch für die Luftundichtigkeit der Rollladenkästen. Eine Reaktion der Beklagten zu 1 auf die diesbezügliche Fristsetzung lässt sich nur insoweit feststellen, als die Beklagte zu 1 der Klägerin während des Prozesses eine Nacherfüllung angeboten hat (Seite 63 des Gutachtens des Sachverständigen V. vom 11. Januar 2013). Dieses Angebot kam zu spät, weil die Frist zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen war.

e) Umstände, auf Grund derer die Beklagte zu 1 die Mängel und deren Nichtbeseitigung innerhalb der Nacherfüllungsfrist nicht zu vertreten hätte, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB).

f) Durch die Mängel ist der Klägerin ein Schaden in Höhe von mindestens 20.420,40 Euro entstanden.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Besteller die Möglichkeit, den Schaden nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen in der Weise zu bemessen, dass er im Wege einer Vermögensbilanz die Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der durch das Werk geschaffenen oder bearbeiteten, im Eigentum des Bestellers stehenden Sache ohne Mangel und dem tatsächlichen Wert der Sache mit Mangel ermittelt (Urteil vom 22. Februar 2018 – VII ZR 46/17, NJW 2018, 1463 Rn. 27 mwN). Dabei kann in geeigneten Fällen der mangelbedingte Wertunterschied aus Gründen der Vereinfachung anhand fiktiver Mängelbeseitigungskosten geschätzt werden (Beschluss vom 8. Oktober 2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 30).

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen, die nach dem Rechtsgedanken des § 1011 BGB auch bei einer nur im Miteigentum des Bestellers stehenden Sache Geltung beanspruchen, schätzt der Senat im Streitfall den Unterschied zwischen dem tatsächlichen Wert des Grundstücks und dem hypothetischen Wert des Grundstücks ohne Mängel auf Grund der vorliegenden Sachverständigengutachten bezogen auf den Zeitpunkt des Grundstücksverkaufs im Jahr 2013 auf mindestens 20.420,40 Euro (§ 287 Abs. 1 ZPO).

Bezüglich der Trockenbauwände hat der Sachverständige L. Mangelbeseitigungskosten in Höhe von 15.000 Euro netto geschätzt (Seite 82 des Gutachtens vom 11. Januar 2013, Seite 16 der Aktennotiz zum Anhörungstermin vom 20. März 2019). Dieser Betrag ist ausgehend davon, dass zu Lasten der Beklagten zu 1 von konstruktionsbedingten Mängeln in einem erheblichen Ausmaß auszugehen ist, nicht zu beanstanden. Denn bereits den Aufwand für die Sanierung der beiden von ihm untersuchten und einer möglichen weiteren Fehlstelle hat der Sachverständige auf 6.500 Euro bis 8.500 Euro geschätzt. In Abhängigkeit vom Ergebnis weiterer Bauteilöffnungen können nach den Ausführungen des Sachverständigen auch deutlich höhere Kosten als 15.000 Euro anfallen (Seiten 5 f. der Sitzungsniederschrift vom 10. Juni 2015).

Die Kosten für ein Verschließen und eine eventuelle Erneuerung der undichten Rollladenkästen hat der Sachverständige auf 2.000 Euro netto geschätzt (Seite 82 des Gutachtens vom 11. Januar 2013, Seite 16 der Aktennotiz zum Anhörungstermin vom 20. März 2019).

Der Sachverständige M. hat schließlich die Kosten für eine Ertüchtigung der Hindurchführung des Regenfallrohres durch die Brandwand auf 800 Euro netto und die Kosten für eine Fallrohrentlüftung der Schmutzwasserleitung auf 3.400 Euro netto geschätzt (Seite 3 des Gutachtens vom 19. März 2012). Sowiesokosten sind insoweit nicht abzuziehen. Denn die Beklagte zu 1 schuldete eine insgesamt fachgerechte Leistung, zu der auch eine ordnungsgemäße Entlüftung der Abwasserleitung gehörte.

Es errechnet sich auch ohne Berücksichtigung von Umsatzsteuer und Regiekosten ein zur Beseitigung der Mängel erforderlicher Gesamtbetrag von 21.200 Euro. Dass die Wertminderung des Grundstücks diesen Betrag unterschreitet, ist nicht ersichtlich. Denn nach der nachvollziehbaren Einschätzung des Sachverständigen L. wird sich ein über die Mängel vollständig aufgeklärter Kaufinteressent an den Mangelbeseitigungskosten orientieren (Seiten 16 f. der Aktennotiz zum Anhörungstermin vom 20. März 2019).

cc) Zu welchen Konditionen die Klägerin und ihr Ehemann das Grundstück verkauft haben, ist unerheblich. Denn sollte das Grundstück über Wert verkauft worden sein, würde der Schaden dadurch nicht gemindert. Nach den von Treu und Glauben geprägten schadensrechtlichen Wertungen unter Berücksichtigung des in § 254 Abs. 2 BGB zum Ausdruck gekommenen Gedankens sollen dem Ersatzpflichtigen nämlich solche Vorteile grundsätzlich nicht zugutekommen, die sich der Ersatzberechtigte durch Abschluss eines Vertrags mit einem Dritten erarbeitet hat (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – VII ZR 46/17, NJW 2018, 1463 Rn. 29). Eine abweichende Beurteilung ist selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn man zugunsten der Beklagten zu 1 unterstellt, dass die Klägerin und ihr Ehemann das Grundstück nur deshalb über Wert verkaufen konnten, weil sie die Erwerber über die Mängel arglistig getäuscht haben. In diesem Fall ist eine Vorteilsanrechnung nämlich schon deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin und ihr Ehemann den Erwerbern zum Schadensersatz verpflichtet sind (§ 437 Nr. 3, § 280 Absätze 1 und 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB).

g) Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1 ist der Anspruch nicht nach § 640 Abs. 2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung ausgeschlossen. Denn diese Vorschrift betrifft nur die in § 634 Nr. 1 bis 3 BGB geregelten Rechte, nicht aber den in § 634 Nr. 4 BGB geregelten Schadensersatzanspruch. Ohnehin liegt eine Abnahme nicht vor.

h) Der Anspruch ist schließlich auch nicht verjährt. Die fünfjährige Verjährungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB hat erst mit der Entstehung des Abrechnungsverhältnisses, also mit der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs (vgl. § 281 Abs. 4 BGB), die frühestens im Jahr 2007 erfolgt sein kann, begonnen. Die Frist ist deshalb durch die Klageerhebung Anfang 2009 gehemmt worden. Unerheblich ist es, dass die Klägerin den Klageantrag später insoweit umgestellt hat, als sie zunächst Zahlung nur an sich und später Zahlung an sich und ihren Ehemann verlangt hat. Denn durch diese Korrektur des Antrags hat sich der Streitgegenstand ebenso wenig geändert wie durch die Änderung der Schadensberechnung.

2. Mit Erfolg wendet sich die Beklagte zu 1 dagegen, dass das Landgericht sie ohne nähere Begründung gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB zum Ersatz der wegen der Rohrverstopfung aufgewandten Beträge verurteilt hat. Nach den Feststellungen des Sachverständigen M. war die Rohrverstopfung auf eine Engstelle in der im Bestand bereits vorhandenen Entwässerungsleitung zurückzuführen, an die die Firma X. die Abwasserleitungen des neu errichteten Bades angeschlossen hatte (Seite 2 des Gutachtens vom 19. März 2012, Seite 4 der Sitzungsniederschrift vom 4. Mai 2018). Nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen war die Beklagte zu 1 nicht verpflichtet, die Bestandsleitung vor dem Anschluss der neuen Abwasserleitungen zu untersuchen (Seiten 5 f. der Sitzungsniederschrift vom 4. Mai 2018). Ein Mangel liegt deshalb insoweit nicht vor.

3. Neben dem mangelbedingten Minderwert des Grundstücks kann die Klägerin von der Beklagten zu 1 in Höhe eines Betrags von 647,89 Euro anteiligen Ersatz der Kosten des Sachverständigen O. verlangen (§ 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB). Der geltend gemachte Gesamtaufwand von 1.295,78 Euro, der durch die an die Klägerin gerichtete Rechnung des Sachverständigen (Anlage K 9 zur Klageschrift) hinreichend belegt ist (§ 287 Abs. 1 ZPO), erweist sich auch in Ansehung des vorangegangenen Gutachtens des Sachverständigen C. insoweit als ersatzfähig, als der Sachverständige O. sich mit den zwischenzeitlich aufgetretenen Rissbildungen (Titel 4, dazu oben Ziffer 1 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb Ziffer 1) und den von der Klägerin gerügten Zuglufterscheinungen (Titel 3, dazu oben Ziffer 1 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb Ziffer 2) beschäftigt hat. Soweit der Sachverständige O. darüber hinaus Ausführungen zur Engstelle der im Bestand vorhandenen Entwässerungsleitung gemacht hat (Titel 2), ist die Beklagte zu 1 dafür hingegen nach den vorstehenden Ausführungen (oben Ziffer 2) nicht verantwortlich. Entsprechendes gilt für die Ausführungen unter Titel 1, die einen im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemachten Mangel betreffen. Den ersatzfähigen Anteil der Kosten schätzt der Senat gemäß § 287 Abs. 1 ZPO auf 50 %, also auf 647,89 Euro.

4. Des Weiteren kann die Klägerin von der Beklagten zu 1 gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB Ersatz der durch das Anwaltsschreiben vom 28. März 2007 entstandenen Kosten verlangen. Ersatzfähig sind eine 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Wert von bis zu 22.000 Euro zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer, wobei die bis zum 31. Juli 2013 geltende Gebührentabelle heranzuziehen ist. Es errechnet sich ein Betrag von 1.023,16 Euro.

5. Die Zinsansprüche folgen aus den § 288 Abs. 1, § 291 BGB.

II.

OLG München zu der Frage, ob Mängelansprüche der Erwerber zeitlich unbeschränkt fortwirken

OLG München zu der Frage, ob Mängelansprüche der Erwerber zeitlich unbeschränkt fortwirken

vorgestellt von Thomas Ax

1. Auch wenn die Abnahme fehlschlägt, bestehen Mängelansprüche der Erwerber nicht zeitlich unbeschränkt fort. Die Erwerber können ihre Mängelansprüche verwirken.
2. Allein ein erheblicher Zeitablauf reicht nicht aus, um von einer Verwirkung der Mängelansprüche auszugehen. Maßgeblich ist jeweils eine Gesamtschau der konkreten Umstände des Einzelfalls.
3. Die Verwendung einer unwirksamen Abnahmeklausel durch den Bauträger steht der Verwirkung der Mängelansprüche nicht entgegen.
OLG München, Beschluss vom 19.10.2023 – 28 U 3344/23 Bau

Hinweis

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 13.07.2023, Az. 2 O 1924/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

I. Urteil des Landgerichts

Das Landgericht wies die auf Kostenvorschuss der klagenden Wohnungseigentumsgemeinschaft gerichtete Klage als verwirkt ab.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass zwischen den Mitgliedern der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten 1999 ein Bauträgervertrag geschlossen worden sei. Die Erwerber hätten das Gemeinschaftseigentum nicht abgenommen; die Verträge sähen eine Abnahme durch einen vom Käufer unwiderruflich zu bestellenden Sachverständigen vor, wobei streitig geblieben sei, ob der eingesetzte Sachverständige nach Übergabe des Objekts 2001 die Abnahme erklärt habe.

Die Klägerin habe 2004 diverse Mängel an der Heizanlage gerügt, in der Folgezeit habe sie einen Sachverständigen beauftragt, der 2005 auf 37 Seiten eine Vielzahl an Mängeln festgestellt habe. Die Klägerin sei davon ausgegangen, dass 2006 die Mängel überwiegend behoben worden seien; 2007 sei in einer Eigentumsversammlung vermerkt worden, dass die Gewährleistung nunmehr abgelaufen sei, die Mängelbeseitigung weit fortgeschritten und fast abgeschlossen sei.

Die Klägerin habe 2021 erhebliche Mängel am Dach gerügt, deren Beseitigung sie mit über 800.000 Euro beziffert habe.

Die im Raum stehenden Ansprüche der Klägerin seien aber verwirkt.

II. Berufung der Klägerin

Die Klägerin argumentiert, das Erstgericht habe zu Unrecht eine Verwirkung der Ansprüche angenommen.

III. Gegenwärtige Einschätzung des Senats

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

1. Die im Raum stehenden Ansprüche der Klageseite gemäß § 637 Abs. 3 BGB sind jedenfalls verwirkt.

a) Die im vorliegenden Fall zu behandelnde – eher rechtspolitische – Fragestellung ist, ob im Hinblick auf eine fehlgeschlagene Abnahme Mängelansprüche zeitlich unbeschränkt fortbestehen.

Dies ist aus Sicht des Senats mit den Gründen der Rechtssicherheit und der Billigkeit nicht in jedem Fall zu vereinbaren. Der 28. Zivilsenat hat in diversen Entscheidungen hierbei aber deutlich gemacht, dass allein auch ein erheblicher Zeitablauf nicht ausreichend ist, die Verwirkung die Ausnahme darstellt und diese auf besondere und atypische Einzelfälle beschränkt ist. Maßgeblich ist jeweils eine Gesamtschau der konkreten Umstände des Einzelfalls.

b) Mit der Verjährung hat der Gesetzgeber ein Rechtsinstitut geschaffen, dass aus Gründen des Schuldnerschutzes und vor allem des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit allgemein als zwingend erforderlich anerkannt ist, eine spezialgesetzliche Ausformulierung von Treu und Glauben darstellt und letztlich auch öffentliche Interessen schützt.

Der Gesetzgeber hat sich hierbei wertend entschieden, den Aspekt der Verjährung auf Ansprüche i.S.d. § 194 BGB zu beschränken und gerade das gesetzliche Regelungskonzept der §§ 197, 199, 200 f. BGB zeigt, dass grundsätzlich keine Ausnahmen gewollt sind und sogar Zustände, wie z.B. das Eigentum, betroffen sein können (§ 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

Auch die §§ 438 Abs. 3, 634a Abs. 3 BGB zeigen, dass sogar bei einem arglistigen (meist gleichzeitig deliktischem) Verhalten den Aspekten des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit immanente Bedeutung zugemessen wird und eine Verjährung in Betracht kommt.

Gleiche Erwägungen gelten im Hinblick auf die Dauer der Verjährungsfristen. Auch insoweit hat der Gesetzgeber Wertungsentscheidungen dahingehend getroffen, welche Vertragsseite das Risiko in Richtung der Lebensdauer von Wirtschaftsgütern tragen muss. In Bausachen wird eine Gewährleistung als nicht mehr gerechtfertigt angesehen, wenn sich nicht innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren Mängel zeigen.

Zur Überzeugung des Senats müssen diese Wertungen bei der Anwendung des § 242 BGB einfließen, um unbillige Ergebnisse zu korrigieren.

c) Im vorliegenden Fall prägen folgende tatsächliche Momente die Entscheidung.

aa) Die erhebliche Zeitdauer von etwa 20 Jahren, gemessen zwischen Übergabe im Jahr 2001 und den Beanstandungen der streitgegenständlichen Mängel im Jahr 2021.

Berücksichtigt man die Wertung in § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB ist das Zeitmomentum das Vierfache der regulären Verjährungsfrist überschritten und sogar im Strafrecht kommt der doppelten Verjährungsfrist erhebliche Rechtsbedeutung zu (§ 78c Abs. 3 S. 2 StGB).

In § 199 Abs. 4 BGB ist eine allgemeine Verjährungshöchstfrist von 10 Jahren vorgesehen.

bb) Die Besteller – und diesem Gesichtspunkt kommt erhebliches Gewicht zu – handelten im Bewusstsein (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB), dass ihnen potentiell Ansprüche zustehen.

So haben sie von ihrem Recht Gebrauch gemacht, die fertig gestellte Sache auf ihre Mangelhaftigkeit hin zu untersuchen, Mängel wurden festgestellt, diese wurden rechtlich geltend gemacht und durchgesetzt.

Die Situation ist somit – was die Berufung rügt – nicht im Ansatz mit einer Fallgestaltung vergleichbar, in der ein Gläubiger keine Kenntnis von seiner Rechtsposition hat, von dieser erst später erfährt und dessen Unkenntnis daher schützenswert scheint (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

cc) Abnahmeklauseln – wie hier verwendet – waren zum Zeitpunkt der Errichtung des gegenständlichen Objekts die Regel und wurden notariell beurkundet.

Die Rechtsprechung hat – bis heute – erhebliche Schwierigkeiten im Umgang mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums bei Wohnungseigentumsanlagen, ein Umstand, der durch die Nachzügler-Rechtsprechung noch verschärft wird.

(1) Einem Unternehmer kann daher bei einer Gesamtbetrachtung nicht der Vorwurf gemacht werden, sich unredlich verhalten zu haben.

Diesen, im Hinblick auf die Unwirksamkeit der Abnahmeklauseln, für alle Zeit zu sanktionieren, ist eher eine angloamerikanische Betrachtungsweise.

Im deutschen Zivilrecht neigt man stattdessen zu hypothetischen Erwägungen und im vorliegenden Fall wäre dann ausgeschlossen, dass die Klägerin für die geltend gemachten Mängel noch Ersatz fordern könnte. Die Klägerin hat umfassend zum Zeitpunkt des vermeintlichen Verjährungseintritts die Sache untersucht. Da eine positive Untersuchung stattfand und sich – in Richtung der streitgegenständlichen Mängel – weder Mängelsymptome gezeigt haben, noch Mängelursachen festgestellt wurden, ist nicht ersichtlich, dass sie durch die unwirksame Abnahmeklausel Nachteile erlitten hätte.

(2) Auch die konkrete Form der Abnahmeklausel ist zu berücksichtigen.

Die Rechtsprechung sieht formularmäßige Klauseln zur Abnahme kritisch, da das Rechtsinstitut der Abnahme nicht nur eine Pflicht des Bestellers ist, sondern gleichzeitig dessen Recht, dem überragende Bedeutung zukommt.

Im konkreten Fall sah der Vertrag vor, dass der Besteller unwiderruflich einen Sachverständigen wählt, der die Abnahme erklärt. Auch wenn insoweit die Klausel im Hinblick auf die nicht gegebene Widerruflichkeit nicht ausreichend dem gesetzlichen Wertbild entspricht, wurde zumindest gewährleistet, dass das Prüfrecht des Dritten in der Bestellersphäre verankert war.

(3) Der Senat misst dem Umstand, dass die Besteller / Klägerin zweifach das Werk über einen Sachverständigen prüfen ließ und die Beklagte jeweils die dort festgestellten Mängel beseitigt hat, erhebliches Gewicht zu.

Auch wurden, soweit die Klägerin ohne Einsatz eines Sachverständigen Mängel gerügt hat, diese abgearbeitet.

(a) Das Objekt wurde unmittelbar nach der Übergabe am 22.02.2001 durch den Sachverständigen Winkler geprüft, der nach einer weiteren Begehung im Mai 2001 eine mehrseitiges “Mängelprotokoll” erstellte.

(b) Vier Jahre später beauftragte die Klägerin den Sachverständigen ###, der 2005 insgesamt 140 Positionen rügte.

(c) Die Klägerin hat im Jahr 2004 Mängel an der Heizanlage gerügt.

(d) Für einen verständigen Empfänger in der Position der

Beklagten, haben die Besteller durch ihr Verhalten zum Ausdruck gebracht, abschließend die Gewährleistungssituation beurteilen zu wollen.

Wäre eine Abnahme wirksam vorgenommen worden, wären die Sekundäransprüche 2007 verjährt. Der Einsatz eines Privatsachverständigen kurz vor dem Eintritt der vermeintlichen Verjährung bringt gegenüber der Beklagten deutlich zum Ausdruck, dass die Klägerin als Bestellerin umfassend ihr Prüfrecht wahrnehmen wollte.

2.

OLG Brandenburg zu der Frage, ob wenn die Leistung funktionstauglich ist bei regelwidriger Ausführung ein Mangel vorliegt

OLG Brandenburg zu der Frage, ob wenn die Leistung funktionstauglich ist bei regelwidriger Ausführung ein Mangel vorliegt

vorgestellt von Thomas Ax

1. Verwendet der Auftragnehmer ein anderes als das in seinem Angebot konkret genannte Baumaterial, liegt darin kein Mangel, wenn das ursprünglich angebotene Baumaterial für den konkreten Verwendungszweck ungeeignet ist.
2. Ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik stellt keinen Mangel dar, wenn sich der Verstoß nicht nachteilig auswirkt und keine Gebrauchsnachteile erkennbar sind.
OLG Brandenburg, Urteil vom 28.09.2023 – 10 U 21/23

Gründe

I.

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche aus einem Werkvertrag über die Herstellung einer Horizontalsperre zur Abdichtung eines Einfamilienhauses.

Die Klägerin hat geltend gemacht, sie habe mangelfrei geleistet; die Verwendung des Mittels ### für die Mauertrockenlegung stelle keinen Mangel der Werkleistung dar, weil das ursprünglich angebotene Mittel ### für das Mauerwerk der Beklagten nicht geeignet gewesen sei.

Die Beklagten haben geltend gemacht, ein Vergütungsanspruch der Klägerin bestehe nicht, weil das Werk mangelhaft sei, zudem sei – unstreitig – nicht das vereinbarte Mittel ### verwendet worden. Jedenfalls bestehe ein Anspruch nur in geringerer Höhe, weil das tatsächlich verwendete Mittel ### preiswerter sei. Im Übrigen wird auf die tatbestandlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagten mit Urteil vom 28. Juli 2022 (Blatt 317 ff.) zur Zahlung von 9.762,35 Euro nebst Zinsen sowie zur Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt. Hinsichtlich der vereinbarten, aber nicht erbrachten, Schimmelbehandlung sowie Bautrocknung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Voraussetzungen einer fälligen Werklohnforderung der Klägerin vorliegen würden. Diese habe die geschuldete Hauptleistung, die Erstellung einer Horizontalabdichtung im Ergebnis mangelfrei erbracht; die Beklagten hätten die Leistung abgenommen.

Ein Mangel der Werkleistung liege trotz der Verwendung eines anderen Injektionsmittels als des vertraglich vereinbarten ### nicht vor, weil das ursprünglich vereinbarte Mittel, wie der Sachverständige ### festgestellt habe, im hiesigen Fall ungeeignet sei. Ein Mangel ergebe sich auch nicht aus einem Verstoß gegen anerkannte Regeln der Technik. Zwar habe der Sachverständige ausgeführt, dass die in den Merkblättern 4-10 WTA 2016 niedergelegten Ausführungsvorschriften schon zum Zeitpunkt der Abnahme 2014 anerkannte Regeln der Technik dargestellt hätten und die Klägerin dagegen verstoßen habe, weil sie keine Voruntersuchungen/Bauzustandsanalyse, insbesondere keine Feststellungen zum Durchfeuchtungsgrad der einzelnen Bauteile getroffen habe. Es habe sich jedoch in der konkreten Ausführung der Abdichtung das Risiko, dem die Bauzustandsanalyse vorbeugen solle, nicht manifestiert, da nach der Beweisaufnahme feststehe, dass die Abdichtung erfolgreich und ohne Gebrauchsnachteile für die Beklagten ist.

Entgegen der Ansicht der Beklagten sei auch keine Preisanpassung im Hinblick auf das verwendete preiswertere Mittel ### nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage vorzunehmen, da hinsichtlich der Materialkosten nicht die Schwelle von 20 % erreicht sei, bei der eine wesentliche Änderung anzunehmen sei. Unter Zugrundelegung von 2,0 kg Injektionsmittel/qm ergebe sich für die Trockenlegung nach konkreter Berechnung ein Preis von 5.221,14 Euro netto; unter Berücksichtigung der Baukostendatei ein Wert von 7.138,26 Euro netto. Ausgehend vom Mittelwert von 6.179,70 Euro netto liege der Preisunterschied zu der von der Klägerseite vorgelegten Kalkulation Anlage K3 und K4 unter 20 %.

Soweit die Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 23. Februar 2022 erstmals vorgetragen habe, dass nur 15 kg Injektionsmittel verwendet worden seien, was nicht ausreichend zur Herstellung einer Horizontalsperre sei, sei das Vorbringen zum einen verspätet im Sinne von § 296 Abs. 1 ZPO und zum anderen widersprüchlich.

Gegen die Verurteilung wenden sich die Beklagten mit der Berufung. Sie machen weiterhin geltend, dass die Abdichtung mit ### geschuldet gewesen sei, da die Beraterin der Klägerin Frau ### dieses Mittel ausgewählt und die Beklagten dahingehend beraten habe. Ferner nehmen die Beklagten Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Sie beantragen,

das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 28. Juli 2022 – 4 O 4/21 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsrechtszug wird auf die tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichtlichen Urteils sowie die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat im tenorierten Umfang Erfolg.

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagten gemäß § 631 BGB ein Werklohnanspruch in Höhe von 6.689,16 Euro aus dem am März 2014 geschlossenen Werkvertrag über die Ausführung einer Horizontalsperre in ihrem Haus in (Adresse 02) zu.

a) Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Werkvertrag über die Herstellung einer Horizontalsperre im Bohrlochverfahren zur Bauwerksabdichtung des Einfamilienhauses der Beklagten geschlossen worden ist, die Klägerin die Arbeiten ausgeführt und die Beklagten die Leistung der Klägerin abgenommen haben.

aa) Ein Mangel des Werkes im Sinne des § 633 BGB liegt nicht darin, dass die Klägerin statt des angebotenen Injektionsmittels ### das Mittel ### Injektionskonzentrat verwendet hat.

Ein Mangel im Sinne des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB liegt nicht vor, denn die Parteien haben über die Verwendung des Mittels ### keine Beschaffenheitsvereinbarung geschlossen, indem sie die Verwendung des konkreten Produkts zum Vertragsinhalt erhoben haben. Zwar ist das Produkt ausdrücklich im Auftrag aufgeführt. Die Beklagte zu 2) hat auch unwidersprochen vorgetragen, dass sie im Zuge der Vertragsverhandlungen von der Mitarbeiterin der Klägerin Frau ### über die Wahl des richtigen Injektionsmittels beraten worden sei und sich deshalb für ### entschieden habe.

Allerdings ist der Vertrag nach §§ 133,157 BGB dahingehend auszulegen, dass das Interesse der Besteller vornehmlich dahingeht, den im Ergebnis des geschlossenen Werkvertrags geschuldeten Erfolg, hier die Erstellung einer ordnungsgemäßen nachträglichen Horizontalsperre, zu erreichen. Bei der Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen – wie hier – ist gemäß den zu §§ 133, 157 BGB in der Rechtsprechung und im Schrifttum entwickelten Grundsätzen darauf abzustellen, wie sie der jeweilige Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Danach konnte die Klägerin, wie im Regelfall bei Werkverträgen, bei denen der geschuldete Erfolg im Vordergrund steht, davon ausgehen, dass das Interesse der Beklagten dahin geht, ihren Keller erfolgreich abzudichten und nicht ein bestimmtes – im vorliegenden Fall ungeeignetes – Mittel zu verwenden. Anders mag es im Kaufrecht sein, wo der Kaufgegenstand den Vertragsinhalt bestimmt und kleinere Abweichungen einen Mangel darstellen können; das von den Beklagten in der Berufungsbegründung herangezogene Urteil des BGH vom 8. Mai 2007 – VIII ZR 19/05 -, NJW 2007, 2111, bezieht sich denn auch auf einen Kaufvertrag.

Der geschuldete Werkerfolg konnte vorliegend mit der Auswahl des Mittels ### nicht erreicht werden, denn es ist für die bauliche Situation des Einfamilienhauses der Beklagten nicht geeignet. Wie das Landgericht unter Bezugnahme auf das Sachverständigengutachten ### zutreffend ausgeführt hat, ist das Mittel ### im Gegensatz zu ### lediglich für erdberührte Bauteile das Mittel der Wahl, nicht für die vorliegend im Ziegelmauerwerk oberhalb des Feldsteinsockels ausgeführte Horizontalsperre. Insoweit ist der Senat an die Feststellungen des Landgerichts gemäß § 529 Abs. 1 Nummer 1 ZPO gebunden, da Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen nicht ersichtlich sind und mit der Berufung auch nicht geltend gemacht werden.

Zwar kann im Ausnahmefall auch die Verwendung eines ungeeigneten Mittels oder einer ungeeigneten Ausführungsart Vertragsinhalt werden, jedoch nur dann, wenn der Besteller vorher ordnungsgemäß vom Unternehmer über die Ungeeignetheit und die daraus erwachsenden Nachteile aufgeklärt worden ist. Es ist vorliegend nicht vorgetragen, dass sich die Beklagten trotz einer solchen Aufklärung für das Mittel ### entschieden haben, vielmehr wurde ihnen durch die Mitarbeiterin der Klägerin ### lediglich als geeignetes Mittel dargestellt.

bb) Ein Mangel liegt auch nicht darin, dass die Klägerin bei der Herstellung der Horizontalsperre durch das Mittel ### gegen anerkannte Regeln der Technik verstoßen hat, weil sie vor der Herstellung der Horizontalsperre durch Injektion des Mittel ### keine Voruntersuchungen/Bauzustandsanalyse vorgenommen, insbesondere keine Feststellungen zur Durchfeuchtung der einzelnen Bauteile getroffen hat. Der Verstoß gegen anerkannte Regeln der Technik stellt grundsätzlich einen Mangel dar, es sei denn, dass der Verstoß sich nicht nachteilig ausgewirkt hat und Gebrauchsnachteile nicht erkennbar sind (OLG Stuttgart, Urteil vom 11.8.2005 – 19 U 55/05; OLG Nürnberg, Urteil vom 25. Juli 2002 – 13 U 979/02 -). Dafür, dass der Verstoß gegen die Regeln der Technik sich nicht nachteilig ausgewirkt hat, ist der Werkunternehmer darlegungs- und beweispflichtig.

Diesen Beweis hat die Klägerin erbracht. Das Landgericht hat zwar auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens zu Recht Verstöße gegen die anerkannten Regeln der Technik festgestellt, allerdings haben sich diese Verstöße nicht nachteilig ausgewirkt und Gebrauchsnachteile für die Beklagte sind nicht erkennbar. Es hat, gestützt auf die Feststellungen des Sachverständigen ###, festgestellt, dass die Horizontalabdichtung erfolgreich war. Die Vergleichsmessungen durch den Sachverständigen haben ergeben, dass die Feuchtigkeitswerte in den Wänden des Einfamilienhauses erheblich gesunken sind; die verbleibende Feuchtigkeit führt der Sachverständige darauf zurück, dass der Austrocknungsprozess, der bei einem alten Haus, das über Jahre Feuchtigkeit gespeichert hat, zehn Jahre andauern kann, noch nicht abgeschlossen ist. Insoweit ist der Senat an die Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts ebenfalls gemäß § 529 Abs. 1 S. 1 ZPO gebunden, zumal die Berufung diese Feststellungen nicht angreift.

Soweit die Beklagten mit der Berufung rügen, dass die Schimmelbehandlung und Bautrocknung nicht durchgeführt worden sind, geht die Rüge ins Leere, da das Landgericht die Klage insoweit abgewiesen hat.

b) Der Klägerin steht deshalb ein fälliger Werklohnanspruch zu, allerdings nur in der tenorierten Höhe. Wie das Landgericht im Grundsatz zutreffend erkannt hat, ist der Werklohn nach § 313 BGB wegen des Fehlens der Geschäftsgrundlage im Hinblick auf die Verwendung eines anderen, preiswerteren Mittels als des vertraglich vereinbarten anzupassen. Dies führt im Ergebnis zu einer Verringerung des Werklohnanspruchs der Klägerin.

Ein Unterfall der Störung der Geschäftsgrundlage stellt das Fehlen der Geschäftsgrundlage dar, wenn gemäß § 313 Abs. 2 BGB wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen. Darunter fällt auch der gemeinsame Kalkulationsirrtum (Grüneberg-Grüneberg BGB 81. Aufl. § 313 Rn. 39). So liegt der Fall hier. Vorliegend geht es nicht um eine Preisanpassung infolge von nachträglichen Mengenmehrungen oder Preissteigerungen, sondern darum, dass beide Parteien – wobei es hinsichtlich der Klägerin auf den Irrtum ihrer Vertreterin ### ankommt, § 166 Abs. 1 BGB – irrtümlich bei Abschluss des Vertrages davon ausgegangen sind, dass es sich bei ### um das geeignete Mittel für die Trocknung des Kellers der Beklagten handelt. Darauf beruhten, wie sich auch aus den eingereichten Kalkulationen ergibt, die Kalkulation der Klägerin und die Preisangaben in dem Angebot, das die Beklagten angenommen haben. Die fehlerhafte Vorstellung von einer Eignung des Mittels ### und die darauf beruhende Kalkulation waren jedoch von vornherein falsch, sodass sich die Klägerin nach Treu und Glauben darauf einlassen muss, dass der vertraglich vereinbarte Preis auf den Preis angepasst wird, den die Parteien vereinbart hätten, wenn sie ihren Irrtum bemerkt hätten. Unstreitig ist das Mittel ### erheblich preiswerter als ###, und es wird davon weniger verbraucht, weil es verdünnt aufgetragen wird. Da die Klägerin nach eigenem Vortrag bei einer Verwendung des Produkts ### einen Preis von 225 Euro anstelle von 274,89 Euro pro laufenden Meter Horizontalsperre kalkuliert hätte, wäre ein erheblich geringerer Festpreis für die Arbeiten insgesamt vereinbart worden. Die Personal- und sonstigen Kosten sind bei beiden Produkten gleich.

Die Beklagten schulden deshalb nicht mehr als 6.689,16 Euro brutto (5.621,14 Euro netto). Der Betrag setzt sich zusammen aus den vom Sachverständigen unter Berücksichtigung der Kalkulation der Klägerin (K4, K5) errechneten Kosten von 5.221,14 Euro netto zuzüglich Baustelleneinrichtung von 400 Euro. Der Rückgriff auf die Kalkulation nach dem Baukostenindex sowie die Bildung eines Mittelwertes sind vorliegend nicht angebracht. Der Baukostenindex setzt sich aus den Kosten vieler verschiedener Unternehmen mit unterschiedlichen Kalkulationsgrundsätzen zusammen, ohne Rücksicht auf lokale Ausprägungen. Da hier die Kalkulationsgrundsätze der Klägerin vorliegen, ist die konkrete Berechnung des Sachverständigen vorzugswürdig, zumal die Preisbildung unter Verwendung des Mittels ### mit der Preisbildung unter Verwendung des Produkts ### verglichen werden soll. Die Verwendung des Baukostenindexes würde diesen Vergleich erheblich verzerren.

Zum gleichen Ergebnis kommt man, wenn man, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, in den Blick nimmt, dass die Beklagten der Klageforderung einen Anspruch aus fehlerhafter Beratung bei Vertragsschluss entgegenhalten können. Den Beklagten steht ein Anspruch aus §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB zu, weil die Mitarbeiterin der Klägerin ### die Beklagten bei dem Abschluss des Vertrages unstreitig falsch über die Wahl des konkreten Injektionsmittels beraten hat und die Klägerin sich die falsche Beratung gemäß § 278 BGB zurechnen lassen muss. Sie auch eingeräumt, dass ihre Mitarbeiterin ### die Beklagten vor Kaufabschluss hinsichtlich des zu verwenden Mittels falsch beraten hat.

Der Senat legt den erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten zu dem überhöhten Werklohn aufgrund der geringeren Materialkosten, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, dahingehend aus, dass die Beklagten insoweit einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter vorvertraglicher Beratung geltend machen.

Den Beklagten ist ein Schaden dergestalt entstanden, dass der Festpreis für die Herstellung der Horizontalsperre auf der Grundlage des teureren, nicht geeigneten, Mittels vereinbart worden ist. Der Schadenersatz ist grundsätzlich auf der Grundlage der Urkalkulation der Klägerin unter Beibehaltung ihrer Kalkulationsgrundsätze zu berechnen. Der Schaden besteht in der unter Berücksichtigung der Kalkulationsgrundsätze der Klägerin errechneten Differenz zwischen dem auf der Grundlage des teureren Injektionsmittels vereinbarten Werklohn und dem Werklohn, der sich ergäbe, hätte die Klägerin das Angebot für eine Verwendung von ### erstellt. Danach wäre ausweislich der Berechnung des Sachverständigen für die Position 2 der Rechnung (Horizontalsperre) 5.221,14 Euro zugrundezulegen; zu addieren ist die Position 1 Baustelleneinrichtung mit 400 Euro. Dies ergibt einen Bruttobetrag von 6.689,16 Euro. Im Hinblick auf die Klageforderung von 9.762,35 Euro steht den Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 3.073,19 Euro zu, den sie der Klageforderung der Beklagten entgegenhalten können.

2. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 96 ZPO.

Gemäß § 96 ZPO können die Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen Angriffs- oder Verteidigungsmittels der Partei auferlegt werden, die es geltend gemacht hat, auch wenn sie in der Hauptsache (teilweise) obsiegt. Das gleiche gilt, wenn ein Sachverständigengutachten allein durch die falschen Angaben einer Partei erforderlich geworden ist (KG, Urteil vom 10. Februar 2021 – 25 U 160/19 -). Nichts anderes kann für den Fall gelten, dass ein an sich nicht notwendiges Sachverständigengutachten allein wegen fehlender Angaben eingeholt werden musste, obwohl die Partei diese Angaben ohne weiteres hätte machen können. Damit wird dem Sanktionscharakter von § 96 ZPO sowie dem darin zum Ausdruck kommenden Veranlasserprinzip (vgl. dazu BGH NJW 2019, 2464) sachgerecht Rechnung getragen.

Die Kosten der Berechnung/Kalkulation (Rechnung vom 20. Januar 2020, Bl. 293 der elektronischen Akte) durch den Sachverständigen ### vom 19. Januar 2020 in Höhe von 839,94 Euro hat deshalb allein die Klägerin gemäß § 96 ZPO zu tragen, weil sie trotz Beanstandung durch den Sachverständigen und mehrfacher Aufforderung durch das Landgericht keine ordnungsgemäße Urkalkulation eingereicht hat. Auch die nach Hinweis und erneuter Aufforderung eingereichte “Kalkulation” (K 4,5/242ff.) arbeitet mit Pauschalpreisen, denen sich ein Bezug zu dem verwendeten Produkt, der benötigten Menge pro laufendem Meter oder Quadratmeter Horizontalsperre nicht entnehmen lässt. Das Landgericht hat mangels Einreichen einer ordnungsgemäßen Kalkulation schließlich den Sachverständigen ### mit der Kalkulation beauftragt. Die Klägerin hat die daraufhin erstellte Berechnung des Sachverständigen nicht beanstandet, sondern lediglich eingewendet, dass der Sachverständige (mangels näherer Angaben der Klägerin) mit einer benötigten Menge Injektionsmittel von 1,5-2,5 kg/qm gerechnet hat. Die erneute Berechnung war deshalb notwendig, weil die Klägerin nach Übermittlung der ersten Berechnung durch den Sachverständigen erstmals mitgeteilt hat, dass ein Materialeinsatz von 2 kg/qm notwendig gewesen sei und der Sachverständige erneut rechnen musste. Hätte die Klägerin eine ordnungsgemäße Urkalkulation eingereicht, aus der sich der Materialeinsatz für das Injektionsmittel ergeben hätte, wäre die Erstellung der erneuten Berechnung durch den Sachverständigen nicht notwendig gewesen.

3.

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OLG Karlsruhe dazu, ob die Frage nach der Einhaltung der “anerkannten Regeln der Technik” einer Beweiserhebung entgegensteht

OLG Karlsruhe dazu, ob die Frage nach der Einhaltung der "anerkannten Regeln der Technik" einer Beweiserhebung entgegensteht

vorgestellt von Thomas Ax

1. Der Antrag auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens bedarf einer hinreichenden Bezeichnung der Tatsachen, über die ein Beweis erhoben werden soll. Es genügt die Angabe der Beweistatsachen in groben Zügen. Insbesondere ist kein Vortrag zu den (vermuteten) Ursachen von Mängeln erforderlich.
2.Die Formulierung der Beweisbehauptungen in Frageform – anstelle tatsächlicher Behauptungen – steht einer Beweiserhebung nicht entgegen und macht den Beweisantrag nicht zum Ausforschungsbeweis.
3. Frage nach der Einhaltung der “anerkannten Regeln der Technik” steht einer Beweiserhebung ebenfalls nicht entgegen.
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.09.2023 – 8 W 6/23

Gründe:

I.

Die Parteien streiten im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens über Mängel an der Tiefgarage eines Bauvorhabens in der ###-Straße ### in ###.

Auf Antrag vom 30.09.2019 wurde die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens beschlossen. Noch vor Erstattung des schriftlichen Gutachtens stellte die Antragstellerin mehrfach weitere Beweisfragen, die ebenfalls dem Sachverständigen zur Beantwortung aufgegeben wurden.

Nach Vorlage des schriftlichen Gutachtens wurde auf Antrag der Antragsgegnerin Termin zur Anhörung des Sachverständigen auf den 05.12.2022 bestimmt. Mit Schriftsatz vom 23.11.2022 formulierte die Antragstellerin weitere Beweisfragen zu weiteren behaupteten Mängeln der Tiefgarage. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Aktenseiten 209 bis 212 verwiesen.

Das Landgericht hat durch den angegriffenen Beschluss

“den Antrag der Antragstellerseite vom 23.11.2022, weitere Fragen im Rahmen dieses Verfahrens zu klären”

zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag sei als Ausforschungsbeweisantrag unzulässig. Zudem

“erschließe sich das Rechtsschutzbedürfnis auch nicht im Hinblick auf die zeitliche Komponente”.

Das Verfahren laufe seit Herbst 2019. Die Bezugnahme auf Ausführungen im Ursprungsantrag vom 30.09.2019 genüge nicht für die Darlegung oder gar Glaubhaftmachung des Rechtsschutzbedürfnisses.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie ihr Ziel der Fortsetzung der Begutachtung weiterverfolgt. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht vorgelegt. Ein Antrag sei unzulässig, wenn der Antragsteller ohne konkrete Anhaltspunkte die tatsächlichen Grundlagen für einen Anspruch ermitteln lassen wolle. Das Begehren nach dem Feststellen von Löchern und die Frage, ob die Bauteile den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, sei viel zu unkonkret. Zudem fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil über drei Jahre seit der ersten Antragstellung vergangen seien und nicht erkennbar sei, weshalb die Fragen erst jetzt/noch immer wesentlich sein sollen. Es sei bereits ein schriftliches Gutachten eingeholt und der Sachverständige habe dies mündlich erläutert.


II.

Die gegen die Ablehnung des Antrags zulässige (vgl. Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 91 m.w.N.) sofortige Beschwerde hat Erfolg. Die beantragte Beweiserhebung ist durchzuführen.

1. Der Antrag genügt den Anforderungen des § 487 Nr. 2 ZPO.

a) Eine hinreichende Bezeichnung der Tatsachen, über die ein Beweis erhoben werden soll (§ 487 Nr. 2 ZPO) liegt bereits bei Angabe der Beweistatsachen in groben Zügen vor. Insbesondere ist kein Vortrag zu den (vermuteten) Ursachen von Mängeln erforderlich.

Andererseits müssen die Baumängel jedenfalls nach ihrem äußeren Erscheinungsbild (“Symptome”) angegeben werden. Das geforderte Minimum an Substantiierung ist dann nicht erreicht, wenn ein Antragsteller in lediglich formelhafter und pauschaler Weise Tatsachenbehauptungen aufstellt, ohne diese zu dem zugrundeliegenden Sachverhalt in Beziehung zu setzen (BGH, Beschluss vom 10.11.2015 – VI ZB 11/15 -, NJW-RR 2016, 63 Rn. 9), oder die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau und pauschal bezeichnet werden, dass sie weder eine sachgerechte Stellungnahme des Antragsgegners ermöglichen noch einem Sachverständigen im Fall der Beweisanordnung konkrete Anhaltspunkte für die durchzuführenden Prüfungen geben (Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Auflage, Rn. 51 m.w.N.).

Zudem ist eine reine Ausforschung unzulässig, wenn also keine konkreten Tatsachen vorgetragen werden, sondern lediglich Fragen an einen Gutachter in der Hoffnung gestellt werden sollen, um dadurch anspruchsbegründende Tatsachen zu erfahren und hierdurch die Grundlagen für einen beweiserheblichen Tatsachenvortrag zu gewinnen (Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 53 m.w.N.).

b) Gemessen hieran liegt ein hinreichend substantiierter Antrag vor.

Im Schriftsatz vom 23.11.2022 unter IX. rügt die Antragstellerin eine den anerkannten Regeln der Technik nicht entsprechende und damit mangelhafte Vermörtelung oder Versiegelung der Wandanschlüsse des Batterieraums, des Elektroraums sowie des Müllraums sowie der Notausgänge. Weiter rügt sie, dass die Tür des Elektroraums zu viel Bodenluft aufweise, Spalte außerhalb des zulässigen Bereichs bestünden und vom Rahmen Klotzhölzer herausstehen würden. Zudem habe der Boden des Müllraums einen sich außerhalb Toleranzen im Hochbau bewegenden Bogen nach unten und der Obertürschließer sei defekt. Weiter lässt sich dem Antrag bei sachgerechter Auslegung die Behauptung entnehmen, die Bodenabsenkdichtung des Müllraums sei defekt. Schließlich wird behauptet, dass die Kabelführung an der Decke am Wandanschluss außen den anerkannten Regeln der Technik widerspreche und Löcher mit Brandschutzsilikat abgedichtet werden müssen.

Die Formulierung der Beweisbehauptungen in Frageform – anstelle tatsächlicher Behauptungen – steht einer Beweiserhebung nicht entgegen und macht den Beweisantrag nicht zum Ausforschungsbeweis (Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 53 m.w.N. sowie die Muster Rn. 66 und 74). Zudem ergibt sich aus dem von der Antragstellerin ausdrücklich in Bezug genommenen Angebot der Firma Mages vom 10.11.2022, dass die in Frageform formulierten Mangelbehauptungen aufgestellt werden sollen (vgl. etwa: “Wandanschluss innen hat stellenweise Löcher. Dieser muss ausgemörtelt werden.” oder “Wandanschluss außen ist nicht versiegelt. Dieser muss versiegelt werden.”).

c) Die vom Landgericht angedeutete Unklarheit, um welche Räume es sich handele und der von Landgericht hervorgehobene Umstand, dass es das Gebäude nicht kenne, ist nicht nachvollziehbar.

Zum einen konnte sich die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 21.12.2022 jedenfalls teilweise zu den einzelnen Mangelbehauptungen eingelassen. Zum anderen hat das Landgericht auch in den bisher im Verfahren erfolgten Beweisanordnungen etwa auf den Müllraum abgestellt, ohne dass dies zu Schwierigkeiten der Zuordnung der Räume geführt hat (vgl. etwa S. 5, 9, 41, 45 f. des Gutachtens vom 18.05.2022), zumal die Räume im Angebot der Forma Mages vom 10.11.2022 nochmals hinsichtlich ihrer Lage näher beschrieben sind.

Zum anderen wurde bereits im Schriftsatz vom 25.02.2023 klargestellt, dass alle Türen der Tiefgarage vom Antrag umfasst seien. In der Beschwerdeschrift wurde zudem klargestellt, dass die Wandanschlüsse der Türen angeblich Löcher haben.

2. Die im Schriftsatz vom 23.11.2022 gestellte Frage nach der Einhaltung der “anerkannten Regeln der Technik” steht einer Beweiserhebung nicht entgegen.

Zur Zustandsfeststellung einer Sache im Sinne des § 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört auch die fachtechnische Einordnung einer sich in einem Bauwerk zeigenden Leistung als den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechend oder widersprechend (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.01.2017 – 15 W 170/16 -; OLG München, Beschluss vom 06.05.1993 – 27 W 101/92 -, BauR 1994, 275 f.; Herget in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 487 Rn. 4; Manteufel in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 3117; Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 26).

3. Entgegen der Auffassung des Landgerichts liegt ein rechtliches Interesse an der Feststellung im Sinne des § 485 Abs. 2 ZPO vor. Ein rechtliches Interesse an der Feststellung im Sinne des § 485 Abs. 2 ZPO liegt bereits dann vor, wenn die Behauptungen erkennen lassen, dass aufgrund der gewünschten Feststellung Ansprüche gegen den Antragsgegner in Betracht kommen (vgl. hierzu Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 32 m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall.

Zudem kann die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen (§ 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Die Parteien befinden sich nach wie vor in Vergleichsverhandlungen, sodass zumindest die vage Hoffnung auf eine Einigung im Fall eines eindeutigen Beweisergebnisses besteht (vgl. hierzu Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 32 m.w.N.). Zudem wird die Antragstellerin im Fall eines ihr ungünstigen Gutachtens eventuell von einer Klageerhebung abgehalten (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.05.2013 – 9 W 15/13 -,).

Die Auffassung des Landgerichts, es fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil über drei Jahre seit der ersten Antragstellung vergangen seien und nicht erkennbar sei, weshalb die Fragen erst jetzt/noch immer wesentlich sein sollen, ist unzutreffend. Die nunmehr geltend gemachten Mängel waren noch nicht Gegenstand der sachverständigen Begutachtung. Auch war das Beweisverfahren zum Zeitpunkt der ergänzenden Antragstellung bereits deshalb noch nicht beendet, da die bereits terminierte mündliche Anhörung des Sachverständigen noch ausstand (vgl. Frechen, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 94 f.). Auf die Verfahrensdauer kommt es hierbei entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht an.

4.

OLG Köln zu der Frage, ob bei öffentlichen Auftraggebern eine echte Verhandlungschance besteht

OLG Köln zu der Frage, ob bei öffentlichen Auftraggebern eine echte Verhandlungschance besteht

vorgestellt von Thomas Ax

1. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen im Einzelnen ausgehandelt sind. An ein Aushandeln sind hohe Anforderungen zu stellen. Im Kern muss der Verwender zum einen den gesetzesfremden Kerngehalt ernsthaft zur Disposition stellen und zum anderen dem Partner reale Einflussmöglichkeiten einräumen.
2. Ein Aushandeln schlägt sich in aller Regel in Änderungen nieder. Fehlende Änderungen begründen eine (kaum widerlegbare) Vermutung, dass dem Vertragspartner keine reale Gestaltungsmöglichkeit eingeräumt wurde.
3. Bei öffentlichen Auftraggebern besteht regelmäßig keine echte Verhandlungschance.
4. Eine vom Auftraggeber vorformulierte Vertragsstrafenregelung, wonach der Auftragnehmer für jeden Kalendertag des Verzugs 0,1 % der Netto-Auftragssumme, insgesamt jedoch höchstens 5 % der Netto-Auftragssumme, ist weder intransparent noch benachteiligt sie den Auftragnehmer unangemessen.
OLG Köln, Urteil vom 23.06.2021 – 16 U 10/19

Gründe:

A.

Die Klägerin ist ein Unternehmen der österreichischen ###, die sich mit der Planung, der Errichtung und dem Management von Gesundheitseinrichtungen befasst.

Die Beklagte ist der städtische Krankenhausträger der Stadt ### mit Standorten u.a. in ###.

Nach einem im Jahr 2008 durchgeführten europaweiten Vergabeverfahren schlossen die Klägerin und die Beklagte in Bezug auf das bereits vorhandene Klinikumsgelände in ### am 19.06.2009 einen Generalübernehmervertrag (nachfolgend: GÜ-Vertrag, Anlage K 1), mit dem der Klägerin u. a. folgende Leistungen übertragen wurden:

– die Errichtung eines östlich des Bestandsgebäudes Haus N02 platzierten Neubaus N01 als 7-geschossiges Behandlungs- und Betten-Gebäude,

– inclusive Dach-Hubschrauberlandeplatz und

– mit der sog. festen und losen zivilen Ausstattung wie Tische, Stühle, Schränke, Beleuchtung usw. und mit der erforderlichen medizinischen Ausstattung einschließlich kompletter Ausstattung der Operationssäle sowie der kompletten Ausstattung auf dem Gebiet der Informationstechnologie sowie

– die Errichtung eines weiter östlich angrenzenden Parkhauses.

Gemäß § 2 (4) GÜ-Vertrag findet die VOB/B keine Anwendung. Zum Leistungsumfang bestimmt § 3 GÜ-Vertrag, dass der Auftragnehmer alle Leistungen erbringt, die zur schlüsselfertigen, voll funktionsfähigen, mängelfreien, klinikbetriebsbereit gereinigten und den anerkannten Regeln der Baukunst und der Technik sowie den öffentlichen-rechtlichen Bestimmungen entsprechenden Erstellung des gesamten Bauvorhabens inklusive aller dazu notwendigen Leistungen in den Bereichen Planung und Bau erforderlich sind. Als Vergütung für alle Planungs- und Bauleistungen, inclusive aller Nebenleistungen sowie der “festen Einbauten zivil”, nicht aber für die “lose Ausstattung (zivil, medizinisch), die festen Einbauten medizinisch und die lose IT”, wurde in § 10 GÜ-Vertrag ein Pauschalfestpreis iHv 50.411.820 Euro vereinbart, der gemäß § 11 (1) GÜ-Vertrag nach Abnahme aller Leistungen in einem Betrag vier Wochen nach Eingang der prüfbaren Rechnung zahlbar war. In § 12 GÜ-Vertrag sichert die Klägerin die Einhaltung der Termine verbindlich zu. Danach sollten alle Leistungen bis zum 30.09.2011 fertiggestellt und abgenommen sein. Dieser Termin wurde wegen verspäteter Zuschlagserteilung zunächst auf den 13.12.2011 verlegt. § 16 (2) GÜ-Vertrag enthält eine Vertragsstrafen-Regelung.

Mit den Arbeiten bezüglich der technischen Anlagen beauftragte die Klägerin die Streithelferin zu 1. Gesellschafter dieser U. sind die Streithelferinnen zu 2. und zu 3., die Streithelferin zu 6. ist die Komplementär-GmbH der Streithelferin zu 3. Die Streithelferin zu 1. beauftragte wiederum die Streithelferin zu 5. mit Arbeiten der Wasserinstallation.

Ab dem 28.09.2009 führte die Streithelferin zu 4. für die Klägerin Arbeiten an Trinkwasserleitungen auf dem Klinikgelände durch. Das Haus N01 sollte an das vorhandene Trinkwassernetz angeschlossen werden. Bei der hierfür vorgenommenen Demontage eines Schieberkreuzes kam es zur Überschwemmung einer Baugrube (sog. Havarie vom 28.09.2009).

Mit sog. Klarstellungsvereinbarung vom 28.02.2011 (Anlage K 2) vereinbarten die Parteien u.a., dass die Klägerin ein 10 kV-(Strom)-Ringleitungsnetz für das gesamte Klinikumsgelände herstellt, wobei die Kosten nicht in dem Pauschalfestpreis nach § 10 GÜ-Vertrag enthalten sind (§ 3) und dass das Parkhaus als am 30.09.2010 (teil-)abgenommen gelte und die Beklagte insoweit eine Vergütung von 4.102.199 Euro zahlt (§ 4).

Mit Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 (Anlage K 3) wurde die Klägerin für eine zusätzliche Vergütung iHv 1.499.507,51 Euro mit der Umplanung bzw. dem Umbau der zunächst geplanten Weaning-Station in eine Intensivstation beauftragt. In diesem Zusammenhang wurde der Termin für die Fertigstellung und Abnahme aller Leistungen auf den 31.03.2012 verschoben, § 3 (1) (d) der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011. § 5 (2) der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 enthält eine Vertragsstrafen-Regelung.

Mit Schreiben vom 30.03.2012 (Anlage K 14) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie den Neubau Haus N01 zum geplanten Termin nicht abnehmen werde, u.a. weil die öffentlich-rechtliche Bauabnahme fehle sowie exemplarisch aufgeführte wesentliche Mängel noch nicht behoben seien.

Am 30.03. und 01.04.2012 wurden bei einer seitens der Klägerin durchgeführten kompletten Desinfektion des Trinkwassernetzes des Hauses N01 auf allen Ebenen erstmals sog. Sandeinspülungen vorgefunden. Die Verantwortlichkeit dafür ist streitig, u.a. wurde die Havarie vom 28.09.2009 als mögliche Ursache in Betracht gezogen.

Die Abnahme des Neubaus Haus N01 erfolgte im Rahmen der 4. Ergänzungsvereinbarung zum GÜ-Vertrag vom 16.05.2012 (Anlage K 5). In dieser ist in Ziffer 2.1 e. weiter festgehalten, dass Mängel in der “Planung und Umsetzung Brandschutz Übergang Haus N02 / N01” gerügt werden. Weiterhin wurde(n) vereinbart:

– In Ziffer 3.2 für bestimmte Mängel Beseitigungsfristen nebst Vertragsstrafen-Regelung.

– In Ziffer 3.4 ein Einbehalt für noch zu beseitigende Mängel und noch zu erbringende Restleistungen in Gesamthöhe von 1.250.000 Euro. Davon wurden nachfolgend 790.000 Euro an die Klägerin ausbezahlt. Bezüglich des Restbetrages iHv 460.000 Euro macht(e) die Beklagte aus 8 Einzelpositionen Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechte geltend.

– In den Ziffern 3.5 und 3.6 ein Minderungsbetrag in Gesamthöhe von 630.000 Euro netto (= 749.700 Euro brutto).

Die Klägerin erstellte unter dem 16.05.2012 die beiden Rechnungen Nr. 2012/550 (Anlage K 19) für “Leistungsänderungen – Anteil Haus N01” iHv 1.588.850,43 Euro und Nr. 2012/579 (Anlage K 20) für “Leistungsänderungen – Anteil Parkhaus” iHv 556.940,19 Euro.

Im Juni 2012 wurde der Klinikbau eröffnet.

Aus der undatierten Rechnung 2012/548 (Anlage K6) über 56.894.510,61 Euro brutto steht zugunsten der Klägerin ein Rest-Werklohn in Gesamthöhe von 3.478.651,36 Euro brutto offen. Mit der Rechnungsprüfung vom 12.06.2012 (Anlage K 7) nahm die Beklagte folgende Abzüge vor:

– Minderung iHv 749.700 Euro brutto,

– Vertragsstrafe iHv 2.196.051,96 Euro,

– Baukostenzuschuss iHv 72.899,40 Euro brutto und

– Mängel-Einbehalte in Gesamthöhe von 1.250.000 Euro gemäß der 4. Ergänzungsvereinbarung vom 16.05.2012.

Mit Schreiben vom 13.08.2014 (Anlage HK 2) erklärte die Klägerin insoweit gegenüber der von ihr anerkannten Forderung der Beklagten für Verbrauchskosten während der Bauzeit gemäß deren Rechnung vom 13.02.2013 iHv 48.677,84 Euro die Aufrechnung mit ihr zustehenden Restwerklohnansprüchen.

In der 5. Ergänzungsvereinbarung zum GÜ-Vertrag vom 08.10.2012 (Anlage HK 82) trafen die Parteien bezüglich streitiger Leistungsänderungen aus den beiden Teilschluss-Rechnungen vom 16.05.2012 mit den Nummern 2012/550 (Anlage K 19) und 2012/579 (Anlage K 20) eine Verständigung dahingehend, dass die Beklagte nach Maßgabe einzelner, der Vereinbarung als Anlagen beigefügter Aufstellungen gemäß dem damaligen Verhandlungsstand auf die Positionen der beiden Teilschluss-Rechnungen jeweils 50% (= 208.200 Euro und 410.300 Euro) zahlte. Bezüglich der überschießenden Rechnungsbeträge sollte(n) mit der Vereinbarung kein Verzicht der Klägerin verbunden sein, vielmehr die Verhandlungen fortgesetzt werden.

In dem Protokoll der Beiratssitzung der Beklagten vom 20.11.2012 (Anlage K 18a) ist zu Punkt 5.4 festgehalten, es bestehe mit der Klägerin Einvernehmen, dass für die von der Klägerin hinsichtlich der Nachträge zu leistenden Zwischenfinanzierung pauschal 3,72 % auf die beauftragten Nachtragsbeträge anzusetzen sind.

Am 19.03.2013 erstellte die Klägerin die weitere Rechnung Nr. 2013/796 (Anlage K 21) betreffend “weitere Nachträge Haus N01” über 1.533.157,61 Euro.

Auf einer Wochenendklausur vom 01.-03.11.2013 in der Kommende K., auf der auf Seiten der Klägerin die erstinstanzlich vernommenen Zeugen A., J. und Rechtsanwalt S. sowie auf Seiten der Beklagten deren Geschäftsführer P., der erstinstanzlich vernommene Zeuge N. und Rechtsanwalt H. teilnahmen, wurde auf Basis einer von dem Zeugen J. erstellten Auflistung (Anlage K 83) über die Berechtigung der seinerzeit noch streitigen Nachträge verhandelt. Zwischen den Zeugen J. und N. erfolgten insoweit am 08.12.2013, 11.12.2013, 20.02.2014 und 26.02.2014 weitere Gespräche.

Die Klägerin hat zur Erläuterung ihrer auf die Rechnungen Nrn. 2012/579, 2012/550 und 2013/796 gestützten Vergütungsansprüche von insgesamt 2.225.997,31 Euro brutto in der 1. Instanz – im Anschluss an die zwischenzeitlich überholte Anlage K 22 – mit Schriftsatz vom 10.03.2016 die aktualisierte Anlage K 22.1 eingereicht. Die Beklagte hat daraufhin die mit Schriftsatz vom 31.05.2016 vorgelegte Anlage HK 85 erstellt, in der den einzelnen Nachtragsforderungen der Anlage K 22.1 die von der Beklagten in Vollziehung der 5. Ergänzungsvereinbarung zum GÜ-Vertrag vom 08.10.2012 (Anlage HK 82) geleisteten Zahlungen gegenübergestellt sind.

Mit Schreiben vom 12.11.2013 (Anlage K 49) machte die Klägerin als LÄ 122.1 für den ihr infolge der Trinkwasserverunreinigung entstandenen Mehraufwand eine Forderung von 1.969.885,19 Euro netto = 2.344.163,38 Euro brutto geltend.

Insgesamt hat die Beklagte an die Klägerin im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Bauvorhaben Zahlungen iHv 53.950.756,27 Euro geleistet.

Mit Schriftsatz vom 31.08.2016 (GA 1007 ff) erklärte die Beklagte bezogen auf sechs Nachtragspositionen mit den Nummern LÄ 038, 031, 051, 057, 075, 076 in Gesamthöhe von 211.935,33 Euro jeweils die Hilfsaufrechnung gegenüber einer etwaigen Vergütungsforderung der Klägerin aus den Nachtrags-Rechnungen Nr. 2012/550 (Anlage K 19), 2012/579 (Anlage K 20) und 2013/796 (Anlage K 21).

Auf Grundlage der aus der Klageschrift (GA 5) in den Tatbestand des angegriffenen Urteils (UA S. 8) übernommenen Aufstellung sind Gegenstand der Vergütungsklage die dort ab der Überschrift “Gekürzte Rechnungen” dargestellten Forderungs-Komplexe, die sich in folgende 4 Teile mit Unter-Positionen gliedern lassen:

[Die nachfolgende Bezifferung von (1.) bis (7.) (b.) orientiert sich bestmöglich an der auf Seite 9 des erstinstanzlichen Urteils begonnenen Nummerierung.]

1. Teil:

Der bezüglich der Rechnung 2012/548 offene Rest-Werklohn in Gesamthöhe von 3.478.651,36 Euro brutto beruht auf folgenden zur Aufrechnung gestellten Beklagten-Forderungen (s. auch Anhang-Blatt zu Anlage K 7):

(1.) Vertragsstrafe iHv 2.196.051,96 Euro wegen Nichteinhaltung des auf den 31.03.2012 bestimmten Fertigstellungstermins,

(1a.) wobei die Beklagte hilfsweise mit Schadensersatz-Ansprüchen iHv 1.495.843,91 Euro aufrechnet.

(2.) Minderung iHv 749.700 Euro brutto gemäß der Ergänzungsvereinbarung vom 16.05.2012

(3.) Baukostenzuschuss iHv 72.899,40 Euro brutto gemäß Rechnung der T. vom 01.12.2011 (Anlage K 18)

(4.) 460.000 Euro brutto als Rest-Forderung aus dem Mängel-Einbehalt in früherer Höhe von 1.250.000 Euro gemäß der 4. Ergänzungsvereinbarung vom 16.05.2012,

(4a.) wobei die Beklagte aus acht Einzelpositionen eine – im Hinblick auf die Forderung zu (1a.) hilfsweise – zur Aufrechnung gestellte Gesamtforderung iHv 250.192,80 Euro und zusätzlich unter Einbeziehung einer weiteren Position ein Zurückbehaltungsrecht iHv 306.252,86 Euro hergeleitet hat.

2. Teil:

(5.) Aus den Rechnungen 2012/550, 2012/579 und 2013/796 macht die Klägerin Rest-Vergütungsansprüche für zusätzliche und geänderte Leistungen in verbleibender Gesamthöhe von letztlich 1.607.497,31 Euro geltend.

– Gemäß der [Farb-]Einteilung der Anlage K 22.1 beruft sich die Klägerin auf eine Gesamtforderung iHv 2.225.997,31 Euro brutto:

(a.) [orange] 205.703,01 Euro brutto auf der Basis beidseits zu 4 Positionen eingeholter und akzeptierter Schiedsgutachten

(b.) [grün] 691.267,68 Euro brutto bezüglich zu 42 Positionen erzielter Einigungen der Parteien

(c.) [weiß] 1.329.026,62 Euro brutto bzgl im Einzelnen streitig gebliebener 14 Positionen.

– Von der Gesamtforderung iHv 2.225.997,31 Euro bringt die Klägerin die von der Beklagten gemäß der 5. Ergänzungsvereinbarung zum GÜ-Vertrag vom 08.10.2012 (Anlage HK 82) geleisteten Zahlungen iHv 208.200 Euro und 410.300 Euro in Abzug.

3. Teil:

(6.) Mehraufwendungen der Klägerin gemäß LÄ 122.1 iHv 1.969.885,19 Euro netto = 2.344.163,38 Euro brutto im Hinblick auf eine infolge von Sandeinspülungen im Trinkwassernetz eingetretene Bauzeitverlängerung.

4. Teil:

(7.) Von der Klägerin gemäß LÄ 123.1 begehrter Zinsschaden in Gesamthöhe von 1.289.863,73 Euro, davon entfallen

(a.) 313.939,97 Euro auf die Verschiebung des Abnahmetermins infolge der Sandeinspülungen im Trinkwasser und

(b.) 975.923,76 Euro auf verspäteten Rechnungsausgleich.

Wegen der die vorstehenden Forderungskomplexe betreffenden Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in 1. Instanz wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils sowie die nachfolgend unter Punkt B. bei den einzelnen Forderungskomplexen und -positionen ergänzend erwähnten Behauptungen und unstreitigen Informationen Bezug genommen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich letztlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.263.660,71 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.11.2014 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das LG hat gemäß Beweisbeschluss vom 28.3.2017 (GA 1052 f.) Beweis erhoben. Zum einen über das Ergebnis der vorprozessualen Einigungsgespräche vom 01.-03.11.2013 durch Vernehmung der Zeugen I., J., A. und N. (GA 1090-1095R) und zum anderen zu der Ursache der Trinkwasserverunreinigung im März/April 2012 durch Einholung schriftlicher Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Z. vom 10.01.2018 (GA 1120-1139), 29.08.2018 (GA 1278-1287) und 23.09.2018 (GA 1349-1353) nebst mündlicher Anhörung des Sachverständigen Dipl.-Ing. Z. am 30.08.2018 (GA 1291-1294) und am 28.09.2018 (GA 1372-1373R) sowie durch Vernehmung des Zeugen R. am 30.08.2018 (GA 1288-1291).

Sodann hat das Landgericht die Klage in Höhe von 3.057.399,83 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.06.2012 zugesprochen und sie im Übrigen abgewiesen.

Die einzelnen Forderungs-Komplexe hat das Landgericht wie folgt bewertet:

1. Teil:

Hinsichtlich des unstreitigen Rest-Werklohn-Anspruchs aus der Rechnung 2012/548 iHv 3.478.651,36 Euro stehe der Klägerin – nur – eine Forderung von 2.626.949,55 Euro zu, denn:

(1.) Der Abzug einer Vertragsstrafe iHv 2.196.051,96 Euro sei nicht berechtigt, da die entsprechenden Vertragsstrafen-Klauseln aufgrund der Verwendung des zu unbestimmten Begriffs der “Nettoauftragssumme” wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB der AGB-Kontrolle nicht standhielten.

(1a.) [Gemäß der LG-Bezifferung US S. 52 = Ziffer 1. c.] Im Hinblick auf die demzufolge zu beurteilende Hilfsaufrechnung mit Schadensersatzansprüchen iHv 1.495.843,91 Euro sei diese nur iHv 21.710,52 Euro begründet. Zwar trage die Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Verantwortlichkeit für die bauzeitverzögernden Sandeinspülungen im Trinkwasser, jedoch sei der geltend gemachte Verzugsschaden von der Beklagten nur in Höhe von 21.710,52 Euro hinreichend substantiiert worden.

(2.) Die Minderungsforderung der Beklagten iHv 630.000 Euro netto sei begründet, denn die Ergänzungsvereinbarung vom 16.05.2012 sei weder infolge Anfechtung nichtig, noch treuwidrig.

(3.) Der Baukostenzuschuss iHv 72.988,40 Euro brutto stehe der Beklagten zu, da die vertragliche Verpflichtung der Klägerin zur Übernahme des Baukostenzuschusses auch den Neuanschluss für das Gesamtgelände umfasse.

(4.) + (4a.) Bezüglich des Mängel-Einbehalts iHv 460.000 Euro sei zunächst ein Vergütungsanspruch der Klägerin iHv – lediglich – 56.680,73 Euro berechtigt, denn die Beklagtenaufrechnung sei iHv insgesamt – nur – 403.319,27 Euro begründet. Abzüglich der am 13.08.2014 seitens der Klägerin erklärten Aufrechnung iHv 48.677,84 Euro verbleibe eine Forderung der Klägerin iHv 8.002,89 Euro.

2. Teil:

(5.) Aus den Rechnungen 2012/550, 2012/579 und 2013/796 stehe der Klägerin insgesamt eine Vergütung von – lediglich – 875.055,31 Euro zu. Gemäß den Angaben auf S. 58 und 60 des Urteils hat das Landgericht im Einzelnen auf die [Farb-]Positionen zuerkannt:

(a.) [orange] 166.657,94 Euro netto auf die Schiedsgutachten-Positionen,

(b.) [grün] – nur – 558.322,17 Euro netto auf insoweit endgültig erzielte Einigungen bei der Wochenendklausur vom 01.-03.11.2013 und

(c.) [weiß] – lediglich – 179.093,83 Euro brutto auf die streitig gebliebenen Nachtragspositionen.

3. Teil:

(6.) Ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung des Mehraufwandes gemäß LÄ 122.1 iHv 2.344.163,38 Euro brutto wegen der infolge der Verunreinigungen im Trinkwassernetz eingetretenen Bauzeitverlängerung sei nicht gegeben, da die Klägerin mangels der im Zeitpunkt des Auftretens der Sandeinspülungen noch nicht erfolgten Werk-Abnahme beweisbelastet und nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme beweisfällig geblieben sei.

4. Teil:

(7.) Einen Zinsschaden in Gesamthöhe von 1.289.863,73 Euro könne die Klägerin nicht geltend machen:

(a.) Im Hinblick auf den Betrag von 313.939,97 Euro für die Verschiebung des Abnahmetermins infolge der Sandeinspülungen im Trinkwasser fehle es an der Verantwortlichkeit der Beklagten.

(b.) Ein Schaden iHv 975.923,76 Euro wegen verspäteten Rechnungsausgleichs sei nicht ausreichend dargelegt. Der Klägerin stünden lediglich die ab dem 13.06.2012 tenorierten abstrakten Verzugszinsen zu.

Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien und die Streithelferinnen zu 1., 2. und 5. Berufung sowie die Klägerin weiter Anschlussberufung eingelegt. Im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung der geltend gemachten Vertragsstrafe hat die Beklagte ihren erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten, die vorprozessual die Vertragsgestaltung übernommen hatten, im Berufungsverfahren den Streit verkündet. Diese sind dem Rechtstreit auf Seiten der Beklagten als Streithelferin zu 7. beigetreten.

Die Klägerin rügt mit ihrer Berufung, das Landgericht habe der Beklagten rechtsfehlerhaft den Minderungsanspruch 749.700 Euro brutto und den Baukostenzuschuss iHv 72.988,40 Euro brutto zuerkannt. Auch im Hinblick auf den Mängel-Einbehalt von 460.000 Euro seien die überwiegenden Positionen jedenfalls nicht in dem vom Landgericht der Berechnung zugrunde gelegten Umfang begründet. In Bezug auf ihre Rest-Vergütungsansprüche wegen zusätzlicher und geänderter Leistungen habe das Landgericht zu Unrecht einzeln benannte Positionen in Gesamthöhe von 526.741,54 Euro nicht berücksichtigt und bei seiner Berechnung die Finanzierungskosten iHv 3,72 % sowie die Mehrwertsteuer iHv 19 % nicht immer in Ansatz gebracht. Letztlich habe das Landgericht auch den Verzugs-Zinsschaden in einer Höhe von 12.833,23 Euro zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin stützt ihre Klage – unter Widerspruch der Streithelferin zu 7. – hilfsweise auf die “vom Landgericht zugesprochenen” Nachtrags-Positionen LÄ 015, 041, 061a und 112 – sowie auch 047, die indes vom Landgericht nicht zuerkannt wurde.

Die Klägerin beantragt,

das am 06.12.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Köln zum Geschäftszeichen 86 O 17/15 teilweise aufzuheben und dahingehend neu zu fassen, dass die Beklagte verurteilt wird, an sie 4.755.535,83 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.06.2012 aus 4.742.702,60 Euro zu zahlen.

Die Streithelferinnen der Klägerin zu 1., 2. und 5. monieren im Einzelnen die ihrer Auffassung nach unzureichende Beweisaufnahme und unzutreffende Beweiswürdigung des Landgerichts zu den Sandeinspülungen und deren Verantwortlichkeit.

Die Streithelferinnen zu 1. und 2. beantragen,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 06.12.2018 insoweit abzuändern, soweit die Klage in Höhe von 2.679.813,87 Euro abgewiesen wurde;

hilfsweise, das Urteil des Landgerichts Köln vom 06.12.2018 aufzuheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück zu verweisen;

äußerst hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Die Streithelferin zu 5. beantragt,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 06.12.2018 insoweit abzuheben, soweit der Anspruch aus der Rechnung LÄ 122.1 in Höhe von 1.969.858,19 Euro abgewiesen wurde.

Die Beklagte sowie die Streithelferin zu 7. beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Mit ihrer eigenen Berufung wendet sich die Beklagte insbesondere gegen die Nichtberücksichtigung der geltend gemachten Vertragsstrafe. Im Hinblick auf die Aufrechnungsposition GLT-Fertigstellung greift sie die Nichtberücksichtigung iHv 4.728,11 Euro an und erhöht ihre Hilfsaufrechnungs-Positionen im Einzelnen auf 70.547,09 Euro. In Bezug auf die Rest-Vergütungsansprüche wegen zusätzlicher und geänderter Leistungen habe das Landgericht zuunrecht unterstellt, dass bezüglich sämtlicher auf der Anlage K 22.1 grün hinterlegter Positionen bei der Wochenendklausur eine Einigung erzielt worden sei. Zudem habe das Landgericht insoweit nicht alle von ihr erbrachten Zahlungen berücksichtigt und ihre sechs Hilfsaufrechnungen in Gesamthöhe von 211.935,33 Euro insgesamt nicht beachtet. Die vom Landgericht der Klägerin zuerkannten streitigen zusätzlichen und geänderten Leistungen seien allesamt jedenfalls nicht in der erkannten Höhe begründet. Der vom Landgericht tenorierte Beginn der Verzugszinsen verstoße gegen § 308 Abs. 1 ZPO.

Die Beklagte sowie die Streithelferin zu 7. beantragen,

das Urteil des LG Köln vom 06.12.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussberufung beanstandet die Klägerin weiter, das Landgericht habe der Beklagten aufgrund unzureichender Beweisaufnahme und unzutreffender Beweiswürdigung zu Unrecht in Bezug auf die Sandeinspülungen im Trinkwassernetz einen Schadensersatzanspruch iHv 21.710,52 Euro zuerkannt und ihr – der Klägerin – die gemäß der LÄ 122.1 berechtigten Mehraufwendungen in reduzierter Höhe von 785.582,07 Euro versagt.

Mit ihrer Anschlussberufung beantragt die Klägerin,

die Beklagte unter Abänderung des am 06.12.2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln zum Geschäftszeichen 86 O 17/15 zu verurteilen, an sie weitere 807.292,59 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.06.2012 zu zahlen.

Die Beklagte sowie die Streithelferin zu 7. beantragen,

die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Rechtsmittelgegner verteidigen jeweils das erstinstanzliche Urteil gegen die einzelnen Angriffe der jeweiligen Rechtsmittelführer, wobei sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholen und vertiefen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens zur Begründung der Rechtsmittel sowie zur Erwiderung auf diese Rechtsmittel wird auf die von den Parteien und Streithelferinnen zur Akte gereichten Schriftsätze und Unterlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. Zudem wird auf die nachfolgend unter Punkt B. bei den einzelnen Forderungskomplexen und -positionen ergänzend aufgeführten Informationen Bezug genommen.

Der Senat hat am 10.02.2021 einen Beweisbeschluss gefasst (GA 2500 ff), dessen Ausführung sich im Termin am 02.06.2021 aufgrund des Unstreitigstellens einzelner Forderungspositionen erübrigt hat.

B.

Von den zulässigen Rechtsmitteln hat in der Gesamtschau allein die Berufung der Beklagten auch in der Sache Erfolg.

I.

Zulässigkeit der (Anschluss-)Berufungen

Die eingelegten Rechtsmittel sind allseits zulässig, insbesondere jeweils form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Soweit die Streithelferinnen zu 1., 2. und 5. mit ihren Berufungen im Hinblick auf die Ansprüche der Klägerin wegen der Sandeinspülungen höhere Zahlungsansprüche als die Klägerin selbst geltend machen, setzen sie sich nicht im Sinne von § 67 Satz 1 ZPO in Widerspruch zur Klägerin als Hauptpartei. Insoweit hat der Klägervertreter im Termin am 18.11.2020 auf Nachfrage keine Erklärung abgegeben und damit insbesondere keinen Widerspruch geäußert. In der die entsprechende Anschlussberufungsforderung der Klägerin von 807.292,59 Euro überschießenden Höhe von 1.872.521,28 Euro (Streithelferinnen zu 1. und 2.) bzw. 1.162.565,60 Euro (Streithelferin zu 5.) sind die Berufungen der Steithelferinnen jeweils selbständig.

II.

Begründetheit der (Anschluss-)Berufungen

Im Ergebnis ist allein die Berufung der Beklagten teilweise begründet, denn unter Berücksichtigung der einzelnen (Anschluss-)Berufungsangriffe reduziert sich in der Gesamtberechnung die Verurteilung der Beklagten von erstinstanzlich 3.057.399,83 Euro nebst Zinsen auf nunmehr noch 813.662,76 Euro nebst Zinsen aus 808.220,06 Euro.

Dieser Betrag errechnet sich aus folgenden Teilergebnissen der einzelnen Forderungs-Komplexe:

1. Teil:

Hinsichtlich des unstreitigen Rest-Werklohn-Anspruchs aus der Rechnung 2012/548 iHv 3.478.651,36 Euro steht der Klägerin – nur – eine Forderung von 114.913,10 Euro zu, denn:

(1.) Der Abzug einer Vertragsstrafe iHv 2.196.051,96 Euro ist berechtigt.

(2.) Die Minderungsforderung der Beklagten iHv 749.700 Euro brutto ist begründet.

(3.) Der Abzug des Baukostenzuschusses iHv 72.988,40 Euro ist nicht begründet.

(4.) + (4a.) Der berechtigte Mängel-Einbehalt beträgt 369.308,46 Euro.

Weiter abzuziehen ist die Aufrechnung der Klägerin vom 13.08.2014 iHv 48.677,84 Euro.

2. Teil:

(5.) Aus den Rechnungen 2012/550, 2012/579 und 2013/796 steht der Klägerin unter Berücksichtigung der Hilfsaufrechnungen der Beklagten insgesamt eine Vergütung von – lediglich – 693.306,96 Euro zu.

3. Teil:

(6.) Ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung des Mehraufwandes gemäß LÄ 122.1 iHv 2.344.163,38 Euro brutto besteht nicht.

4. Teil:

(7.)

(a.) Im Hinblick auf die Verschiebung des Abnahmetermins besteht kein Zinsschadensanspruch.

(b.) Wegen verspäteten Rechnungsausgleichs ist ein Zinsschaden iHv – nur – 5.442,70 Euro begründet.

Die nachfolgende Darstellung orientiert sich an den bereits dargestellten Forderungs-Komplexen. Dabei wird zu jeder zu beurteilenden Position jeweils der dafür maßgebliche Sachverhalt nebst erstinstanzlichem Vorbringen (nachfolgend: Sachverhalt), die Entscheidung und Begründung des Landgerichts (nachfolgend: LG-Entscheidung), der jeweilige Rechtsmittelführer und die von den Parteien im Einzelnen vorgebrachten Berufungsrügen bzw -erwiderungen (nachfolgend: Berufungsgegenstand) dargestellt und anschließend rechtlich bewertet (nachfolgend: Bewertung des Senats).

1. Teil:

Hinsichtlich des unstreitigen Rest-Werklohn-Anspruchs (§ 631 BGB) aus der Rechnung 2012/548 iHv 3.478.651,36 Euro steht der Klägerin – nur – eine Forderung von 114.913,10 Euro zu, denn die Beklagte hat folgende zur Aufrechnung gestellte Gegen-Forderungen:

(1) Vertragsstrafe iHv 2.196.051,96 Euro

(2) Minderung iHv 749.700 Euro

(3) Baukostenzuschuss iHv 0 Euro

(4) Mängel-Einbehalt iHv 369.308,46 Euro

und es ist weiter die Aufrechnung der Klägerin vom 13.08.2014 iHv 48.677,84 Euro in Abzug zu bringen.

Dazu im Einzelnen:

(1.) Vertragsstrafe iHv 2.196.051,96 Euro

Der Abzug einer Vertragsstrafe iHv 2.196.051,96 Euro ist berechtigt, insoweit ist die Berufung der Beklagten im vollen Umfang begründet. Der Rest-Werklohn-Anspruch der Klägerin aus der Rechnung 2012/548 erlischt damit gemäß § 389 BGB in dieser Höhe und beläuft sich auf zunächst noch (3.478.651,36 Euro abzgl. 2.196.051,96 Euro =) 1.282.599,40 Euro.

Sachverhalt:

In § 12 des GÜ-Vertrages (Anlage K 1) sichert die Klägerin die Einhaltung der Termine verbindlich zu. Danach sollten alle Leistungen bis zum 30.09.2011 fertiggestellt und abgenommen sein. Dieser Termin wurde wegen der verspäteten Zuschlagserteilung zunächst auf den 13.12.2011 verlegt.

§ 16 (2) des GÜ-Vertrages bestimmt für den Fall der nicht rechtzeitigen Fertigstellung:

“Der Auftragnehmer hat für jeden Kalendertag, um den sich die Fertigstellung der jeweiligen Leistung nach § 12 Absatz 1 lit. c) und lit d) dieses Vertrages aus Gründen, die vom Auftragnehmer zu vertreten sind, verzögert, als Vertragsstrafe 0,1 % der Nettoauftragssumme an den Auftraggeber zu zahlen, es sei denn, er weist nach, dass er die Verzögerung nicht zu vertreten hat. Weitere 0,1 % der Nettoauftragssumme sind als Vertragsstrafe zur Zahlung fällig, wenn nicht 95% der vertraglichen Leistungen termin- und vertragsgerecht fertig gestellt worden sind. Der Höchstsatz der Vertragsstrafe beträgt insgesamt 5 % der Nettoauftragssumme.”

Mit Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 (Anlage K 3) wurde die Klägerin mit der Umplanung bzw. dem Umbau der zunächst geplanten sog. Weaning-Station in eine Intensivstation beauftragt. In diesem Zusammenhang wurde der Termin für die Fertigstellung und Abnahme aller Leistungen auf den 31.03.2012 verschoben, § 3 (1) (d) der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011.

Zur Vertragsstrafe bestimmt § 5 (2) dieser Zusatzvereinbarung:

“Die M. hat für jeden Kalendertag, um den sich die Fertigstellung der jeweiligen Leistungen nach § 3 Abs. 1 lit. d) dieser Vereinbarung aus Gründen, die von der M. zu vertreten sind, verzögert, als Vertragsstrafe 0,1 % der Nettoauftragssumme an die Kliniken der Stadt X. zu zahlen, es sei denn, die M. weist nach, dass sie die Verzögerung nicht zu vertreten hat. Weitere 0,1 % der Nettoauftragssumme sind als Vertragsstrafe zur Zahlung fällig, wenn nicht 95 % der vertraglichen Leistungen termin- und vertragsgerecht fertig gestellt sind. Der Höchstsatz beträgt insgesamt 5 % der Nettoauftragssumme.”

Mit Schreiben vom 30.03.2012 (Anlage K 14) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie den Neubau Haus N01 zum geplanten Termin nicht abnehmen werde, da u.a. die öffentlich-rechtliche Bauabnahme fehle und exemplarisch aufgeführte wesentliche Mängel noch nicht behoben seien. Die für den 31.03.2012 vereinbarte Abnahme erfolgte gemäß Ziffer 5. 1 der 4. Ergänzungsvereinbarung vom 16.05.2012 (Anlage K 5) erst am 16.05.2012. Nach Ziffer 5.3 dieser Vereinbarung behielt sich die Beklagte die Geltendmachung der Vertragsstrafe vor.

Gemäß ihrem Schreiben vom 12.06.2012 (s. Anlage K 7) macht die Beklagte einen “Abzug der Vertragsstrafe für die verspätete Fertigstellung gemäß § 16 GÜ-Vertrag” nach folgenden Parametern geltend:

– Nettoauftragswert iHv 47.740.258,51 Euro x [offenkundig fehlerhaft angegeben: 0,01 %, richtig:] 0,1 % = 47.740,26 Euro/Tag

– Fertigstellung am 16.05.2012 statt am 31.03.2012 = Verzugsdauer von 46 Tagen

– 46 Tage x 47.740,26 Euro = 2.196.051,96 Euro.

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat der Beklagten keinen Vertragsstrafen-Anspruch zuerkannt.

Zum einen handele es sich bei den Vertragsstrafe-Regeln vom 19.06.2009 und 25.07.2011 um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die nicht ausgehandelt, sondern von der Beklagten gestellt worden seien. Dass die Beklagte diese Vertragsbedingungen nicht in Mehrfachverwendungsabsicht, sondern nur für den vorliegenden Vertrag formuliert habe, sei unerheblich. Denn die Beklagte habe eine im Allgemeinen vorformulierte Klausel verwendet, die auch von anderen im Baubereich Tätigen so oder mit ähnlicher Formulierung benutzt werde. Der von der Beklagten dargestellte Ablauf der Vertragsverhandlungen führe nicht dazu, dass die AGB ausgehandelt worden seien. Die Beklagte habe nicht hinreichend dargetan, dass sie zu einer Abänderung ihrer Bedingungen bereit gewesen und dies der Klägerin bei Vertragsabschluss auch bewusst gewesen sei. Es reiche nicht aus, wie die Beklagte substanzlos erläutere, dass die Regelungen des Vertrages Gegenstand intensiver Verhandlungen gewesen und sie dabei von ihr ernsthaft zur Disposition gestellt worden seien. Es sei auch üblich und damit rechtlich unerheblich, dass es unterschiedliche Vertragsfassungen zum Vertrag (vgl. Anlagen HK 5 und HK 6) gegeben habe. Auch die von der Beklagten dargelegten Aufforderungen an die Klägerin, “weitere und letzte Anmerkungen” mitzuteilen (Anlage HK 5) bzw. Anmerkungen zur Zusatzvereinbarung im Änderungsmodus vorzunehmen (Anlage HK 11), lasse die Verwendereigenschaft der Beklagten nicht entfallen.

Zum anderen verstießen die Vertragsstrafe-Klauseln gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, welches das Bestimmtheitsgebot einschließe, das verlange, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Diesen Anforderungen würden die Vertragsstrafe-Klauseln nicht gerecht, weil der darin verwendete Begriff der “Nettoauftragssumme”, nach dem die Vertragsstrafe bemessen werden soll, im Kontext der Klausel jeweils mehrere Deutungen zulasse und daher zu unbestimmt sei. Es sei insbesondere unklar, ob die Nettoauftragssumme auch den auf das Parkhaus entfallenden Teil der Vergütung mitumfasst. Weiter sei unklar, ob der Begriff der “Nettoauftragssumme” auch die Vergütung für die lose Ausstattung (zivil, medizinisch), die festen Einbauten medizinisch und die lose IT umfasse, die nach § 10 des GÜ-Vertrages nicht Teil der dort genannten Vergütung von 50.411.820,00 Euro seien. Auch die als Satz 2 niedergelegte Klausel (“Weitere 0,1 % der Nettoauftragssumme sind als Vertragsstrafe zur Zahlung fällig, wenn nicht 95 % der vertraglichen Leistungen termin- und vertragsgerecht fertig gestellt worden sind.”) sei nicht hinreichend bestimmt. Denn es bleibe nicht nur unklar, wie der Fertigstellungsstand bestimmt werden soll. Vor allem aber sei auch insoweit nicht bestimmt, ob zur vertraglichen Leistung auch das Parkhaus sowie zusätzlich übernommene Leistungen zählten.

Berufungsgegenstand:

Die Berufung der Beklagten wendet sich gegen diese rechtlichen Bewertungen des Landgerichts.

Das Landgericht habe zum einen nicht zwischen den beiden Verhandlungen bzgl des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009 einer- und der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 andererseits differenziert und daher verkannt, dass jedenfalls die Zusatzvereinbarung am 26.05.2011 mündlich verhandelt und erst nach getroffener Einigung schriftlich fixiert worden sei. Zudem habe die Klägerin durch ihren Vortrag, sie habe vorgeschlagen, keine Vertragsstrafe zu vereinbaren, ein Aushandeln zugestanden.

Zum anderen liege kein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor. Das Landgericht habe den Begriff “Nettoauftragssumme” objektiv auslegen und bei mehreren Auslegungsergebnissen auch berücksichtigen müssen, ob eine davon den klaren Vorrang verdient. Die objektive Auslegung ergebe, dass mit der “(Netto-)Auftragssumme” immer diejenige zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gemeint sei. Zweifelsfrei sollte der auf das Parkhaus entfallende Vergütungsanteil nicht einzuberechnen sein, da Vertragsgegenstand der Zusatzvereinbarung ausschließlich Haus N01 und das Parkhaus zu diesem Zeitpunkt bereits fertiggestellt, abgenommen und bezahlt gewesen sei. Die in Satz 2 niedergelegte Klausel sei nicht unklar, sie stütze ihren Anspruch zudem nur auf Satz 1 der Vertragsstrafen-Klausel, was nach dem sog. “blue pencil test” aufgrund der trennbaren Bestandteile zulässig sei.

Während die Streithelferin zu 7. die Ansicht der Beklagten stützt, verteidigen die Klägerin sowie die Streithelferinnen zu 1., 2., 3. und 6. die angegriffene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres jeweiligen erstinstanzlichen Vorbringens.

Die Klägerin verweist zudem auf das Urteil des KG vom 06.10.2017 in dem dortigen Verfahren 21 U 61/15 (Anlage BK 16, GA 2472 ff) und meint, gemäß den §§ 74 Abs. 1, 68 ZPO sei mit Wirkung für die Beklagte bereits bindend entschieden, dass dieser die Vertragsstrafe von 2.196.052,96 Euro nicht zustehe. In dem erstinstanzlich beim LG Berlin zu 3 O 415/13 geführten Urkunds-Verfahren hatte die hiesige Streithelferin zu 1. (hier nachfolgend: U.) die hiesige Klägerin (hier nachfolgend: M.) auf Zahlung von Werklohn aus dem streitgegenständlichen Bauvorhaben verklagt. M. hatte dagegen u.a. mit einer Forderung iHv 2.196.951,96 Euro hilfsweise aufgerechnet und dies damit begründet, dass die hiesige Beklagte (hier nachfolgend: C.) in dieser Höhe eine Vertragsstrafe gegenüber M. wegen verspäteter Fertigstellung geltend mache, wofür nach Auffassung von M. die U. einzustehen habe. Weiter hatte M. der C. im Hinblick auf deren Zahlungskürzungen mit Schriftsatz vom 21.01.2015 den Streit verkündet (GA 2487f), woraufhin die C. mit Schriftsatz vom 10.02.2015 dem Rechtsstreit auf Seiten der M. beigetreten war (GA 2489R). Nachdem das LG Berlin der Klage mit Vorbehaltsurteil vom 29.04.2015 iHv 250.000 Euro nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen hatte, hat das KG auf die Berufung der U. mit Vorbehaltsurteil vom 06.10.2017 (GA 2472 ff) – in dem die C. auch als Streithelferin der M. aufgeführt ist (GA 2472R) – der U. weitere 600.604,23 Euro nebst Zinsen zuerkannt. Dabei hat das KG entschieden, dass M. im Hinblick auf die von der C. geforderten Vertragsstrafe von 2.196.052,96 Euro gegenüber der U. keinen aufrechenbaren Anspruch habe, da M. keinen Schaden erlitten habe (GA 2475). Zum einen – s. “aa)” (GA 2475) – schulde M. der C. keine Vertragsstrafe, da die Regelung in § 16 Abs. 2 des GÜ-Vertrages gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sei. Zum anderen – s. “bb)” (GA 2476) – sei M. als Hauptunternehmerin nicht berechtigt, die Zahlung des der U. als Nachunternehmerin zustehenden Werklohns so lange zu verweigern, bis geklärt sei, ob die seitens C. als Auftraggeberin erfolgende Aufrechnung mit einem Vertragsstrafenanspruch zu Recht erfolgt; außerdem könne M. auch nicht mit einem noch nicht in einen Zahlungsanspruch übergegangenen Freistellungsanspruch aufrechnen. In dem Urkunds-Nachverfahren, in dem das Vorbehaltsurteil des KG vom 06.10.2017 mit Urteil des KG vom 09.03.2018 für vorbehaltslos erklärt wurde, verfolgte M. die streitgegenständliche Vertragsstrafenforderung von 2.196.052,96 Euro nicht weiter (s. GA 2481). Die von M. gegen das Urteil des KG vom 09.03.2018 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH zu VII ZR 76/18 mit Beschluss vom 24.03.2021 zurückgewiesen (GA 2577/R).

Die Beklagte und die Streithelferin zu 7. sind den Auffassungen der Klägerin zur Bindungswirkung des KG-Urteils vom 06.10.2017 im Einzelnen entgegengetreten.

Bewertung des Senats:

Entgegen der Ansicht des Landgerichts steht der Beklagten ein Anspruch auf eine Vertragsstrafe iHv 2.196.051,96 Euro zu. Dieser ist gemäß § 5 (2) Satz 1 der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 begründet, denn die dort aufgenommene Vertragsstrafen-Klausel bezieht sich konkret auf den nach § 3 (1) (d) der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 auf den 31.12.2012 verschobenen Fertigstellungstermin. Soweit die Klägerin in ihrem Schreiben vom 12.06.2012 (Anlage K 7) die Vertragsstrafe auf “§ 16 GÜ-Vertrag” stützt, ist diese Fehlbezeichnung irrelevant.

Es besteht keine entgegenstehende Bindung aufgrund der Interventionswirkungen des KG-Urteils vom 06.10.2017 (dazu I.). § 5 (2) Satz 1 der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 ist eine wirksame Vertragsstrafen-Regelung (dazu II.) und die Vertragsstrafe ist in der geltend gemachten Höhe von 2.196.051,96 Euro verwirkt worden (dazu III.).

I. Keine Bindung durch die Interventionswirkung des KG-Urteils vom 06.10.2017

Es ist nicht aufgrund des Urteils des KG vom 06.10.2017 gemäß den §§ 74 Abs. 1, 68 ZPO mit Wirkung für die Beklagte bindend festgestellt, dass dieser die Vertragsstrafe von 2.196.052,96 Euro deshalb nicht zusteht, weil die dem geltend gemachten Anspruch zugrunde liegende Klausel in § 5 (2) Satz 1 der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 der AGB-Kontrolle nicht stand hält.

Dabei kann dahinstehen, welche Bindungswirkungen dem Urkunds-Vorbehaltsurteil generell und auch speziell in der vorliegenden Konstellation, in der die Klägerin in dem Urkunds-Nachverfahren die streitgegenständliche Vertragsstrafenforderung nicht weiter verfolgt hat, zukommen. Denn das Urteil des KG vom 06.10.2017 entfaltet jedenfalls aus folgenden Gründen keine die Beklagte treffende Bindungswirkung:

1. Gegenstand des KG-Urteils vom 06.10.2017 war die Vertragsstrafen-Regelung in § 16 (2) des GÜ-Vertrages, nicht die des im hiesigen Verfahren einschlägigen § 5 (2) der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011. Auch wenn die beiden Klauseln – bis auf die gewählte Parteibezeichnung nahezu – identisch sind, erfasst die Interventionswirkung des KG-Urteils vom 06.10.2017 allein § 16 (2) des GÜ-Vertrages. Denn die in § 68 Halbsatz 1 (iVm § 74 Abs. 1) ZPO beschriebene Wirkung, dass der Streithelfer im Verhältnis zur Hauptpartei nicht mit der Behauptung gehört wird, dass der Rechtsstreit, so wie er dem Richter vorgelegen habe, unrichtig entschieden sei, bezieht sich auf die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen des Vorprozesses sowie die insoweit tragenden Entscheidungselemente (s. BGH Urt. v. 15.11.1984 – III ZR 97/83 = MDR 1986, 127; v. 18.12.2014 – VII ZR 102/14 = NJW 2015, 559 Rz. 20). § 5 (2) der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 gehört nicht dazu, denn das KG-Urteil vom 06.10.2017 behandelt ausschließlich § 16 (2) des GÜ-Vertrages. Bloß ähnliche Sachverhalte werden von der Bindungswirkung nicht erfasst (so auch MüKo-Schultes, ZPO, 6. Aufl. 2020, § 68 Rz. 15; Stein/Jonas-Jacoby, ZPO, 23. Aufl. 2014, § 68 Rz. 7).

2. Unabhängig davon scheitert eine Bindung daran, dass die Entscheidung des KG auf einer Mehrfachbegründung beruht.

a. Das KG hat die Ablehnung des im dortigen Verfahren hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Anspruchs der Klägerin gegen die hiesige Streithelferin zu 1. auf Erstattung der von der Beklagten gegen die Klägerin begehrten Vertragsstrafe iHv 2.196.052,96 Euro in dreifacher Hinsicht begründet. Zum einen mit dem mangels Schadens fehlenden Anspruch der Klägerin, also mit dem Nichtvorliegen der nach § 387 BGB erforderlichen Gegenseitigkeit der Ansprüche. Die Feststellung zum fehlenden Schaden hat das KG dabei auf zwei gleichberechtigte Begründungen gestützt. Die Klägerin habe deshalb keinen Schaden erlitten, weil diese der Beklagten wegen AGB-Widrigkeit des § 16 Abs. 2 des GÜ-Vertrages keine Vertragsstrafe schulde (Begründung zu 1) und sie als Hauptunternehmerin nicht berechtigt sei, die Zahlung des der Streithelferin zu 1. als Nachunternehmerin zustehenden Werklohns so lange zu verweigern, bis geklärt sei, ob die seitens der Beklagten als Auftraggeberin erfolgende Aufrechnung mit einem Vertragsstrafen-Anspruch zu Recht erfolge (Begründung zu 2). Zum anderen könne die Beklagte gegen den Zahlungsanspruch der Streithelferin zu 1. auch nicht mit einem noch nicht in einen Zahlungsanspruch übergegangenen Freistellungsanspruch aufrechnen – womit die ebenfalls nach § 387 BGB erforderliche Gleichartigkeit fehlt (Begründung zu 3).

Diese drei Einzelbegründungen des KG-Urteils sind jeweils gleichwertig und stellen keine Eventualbegründungen dar. Dies ergibt sich bezüglich der Begründungen zu 1 und 2 bereits aus der Bezifferung auf gleicher Ebene (“aa)” und “bb”) und hinsichtlich der Begründung zu 3) aus der Wortwahl “Außerdem”. Aufgrund ihrer Gleichwertigkeit beruht das KG-Urteil auf allen drei Einzelbegründungen, es handelt sich nicht um sog. überschießende Feststellungen, die von vorneherein keine Bindungswirkungen entfalten (vgl. dazu BGH Urt. v. 19.11.2020 – I ZR 110/19 = NJW 2021, 1242, Rz. 48; v. 18.12.2014, a.a.O.).

b. Diese Mehrfachbegründung steht einer Bindungswirkung der der Beklagten als Streithelferin ungünstigen Feststellung entgegen, denn diese war praktisch daran gehindert, allein die sie belastende Begründung zu 1 = unwirksame Vertragsstrafen-Klausel im Rechtsmittelweg mit Erfolg anzugreifen (vgl. Wieczorek/Schütze-Mansel, ZPO, 4. Aufl. 2018, § 68 Rz. 101 ff; Zöller-Althammer, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 68 Rz. 10; Stein/Jonas-Jacoby, a.a.O.; Saenger-Bendtsen, ZPO, 9. Aufl. 2021, Rz. 7). Deshalb ist zu ihren Gunsten davon auszugehen, dass sie die Einlegung eines Rechtsmittels nur deshalb unterlassen hat, weil ihr dies wegen der kumulativen Begründung des Ersturteils nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen ist (vgl. Wieczorek/Schütze-Mansel, a.a.O.).

II. Wirksame Vertragsstrafen-Regelung in § 5 (2) Satz 1 der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011

Bei der Regelung in § 5 (2) Satz 1 der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 handelt es sich zwar um eine nicht ausgehandelte und von der Beklagten gestellte AGB-Klausel (dazu 1.), diese ist aber weder wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (dazu 2.), noch wegen unangemessener Benachteiligung der Klägerin gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (dazu 3.).

1. Nicht ausgehandelte und von der Beklagten gestellte AGB-Klausel

Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass es sich bei der Regelung in § 5 (2) der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 gemäß § 305 BGB um eine nicht ausgehandelte und von der Beklagten gestellte AGB-Klausel handelt. Der Senat nimmt insoweit auf die erstinstanzliche Begründung Bezug und verweist ergänzend auf folgende Umstände:

a. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (s. BGH, Urt. v. 20.03.2014 – VII ZR 248/13 = NJW 2014, 1725 Rz. 27 mwN) sind an ein Aushandeln hohe Anforderungen zu stellen, im Kern muss der Verwender zum einen den gesetzesfremden Kerngehalt ernsthaft zur Disposition stellen und zum anderen dem Partner reale Einflussmöglichkeiten einräumen. Diese Voraussetzungen sind bereits nach dem Vortrag der Beklagten – die für das Aushandeln die Darlegungslast trägt (vgl. BGH, Urt. v. 15.02.2017 – IV ZR 91/16 = NJW 2017, 2346 Rz. 12) – nicht erfüllt. Bezüglich § 5 (2) der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 ist ein Aushandeln schon deshalb ausgeschlossen, weil der Inhalt dieser Zusatzvereinbarung zunächst am 26.05.2011 mündlich verhandelt und erst anschließend schriftlich fixiert wurde. Während der Verhandlungen gab es also keinen Vertragsentwurf, der ausgehandelt werden konnte. Erst das zur beidseitigen Unterzeichnung seitens der Beklagten hergestellte Schriftdokument erhielt dann die streitgegenständliche, allein der Beklagten günstige Vertragsstrafen-Abrede. Soweit die Beklagte darauf hinweist, die Klägerin habe selbst vorgetragen, vorgeschlagen zu haben, keine Vertragsstrafe zu vereinbaren, begründet auch dies kein Aushandeln. Denn der entsprechende Klägervortrag geht ergänzend mit “Das lehnte die Beklagte rundweg ab …” weiter (GA 313), so dass auch nach diesem von der Beklagten in Bezug genommenen Vorbringen die Vertragsstrafen-Klausel nicht ernsthaft zur Disposition gestellt und der Klägerin keine reale Einflussmöglichkeiten eingeräumt wurden.

b. In aller Regel schlägt sich ein Aushandeln in Änderungen nieder (Werner/Pastor-Manteufel, Der Bauprozess, 17. Aufl. 2020 Rz. 2658), fehlende Änderungen begründen “eine (kaum widerlegbare) Vermutung, dass dem Vertragspartner keine reale Gestaltungsmöglichkeit eingeräumt worden ist” (so Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher-Jurgeleit, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, 2. Teil Rz. 179). Die auch vom Landgericht erwähnten unterschiedlichen Vertragsfassungen (vgl. Anlage HK 5 und HK 6) weisen zwar Änderungen auf, nicht aber bzgl der streitgegenständlichen Vertragsstrafen-Klausel. Es ist aber gerade auf die einzelne Klausel abzustellen (vgl. “soweit” in § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB), so dass ein Verhandeln über andere Klauseln das Gesamtwerk nicht zwingend zu einem Individualvertrag macht (vgl. Werner/Pastor-Manteufel, a.a.O., Rz. 2654).

c. Bei öffentlichen Auftraggebern besteht regelmäßig keine echte Verhandlungschance (s. insoweit Werner/Pastor-Manteufel, a.a.O., Rz. 2649).

2. Kein Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB)

Entgegen der Ansicht des Landgerichts verstößt § 5 (2) der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 nicht gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), welches das Bestimmtheitsgebot einschließt. Gemäß der BGH-Rechtsprechung (s. Urt. v. 06.12.2007 – VII ZR 28/07 = BauR 2008, 508 Rz. 12) bestehen grundsätzlich folgende Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot von Bau-Vertragsstrafen: “Dieses verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Eine Klausel genügt dem Bestimmtheitsgebot nur dann, wenn sie im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreibt.”

Anders als das Landgericht meint, wird die Vertragsstrafen-Klausel des § 5 (2) der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 diesen Anforderungen trotz des darin verwendeten Begriffs der “Nettoauftragssumme” gerecht. Da “Netto” zweifelsfrei die Nichtberücksichtigung der Mehrwertsteuer bedeutet, ist allein streitentscheidend, ob der Verkehrskreis der Parteien dem Begriff “Auftragssumme” einen eindeutigen Inhalt zuweist. Dies ist aus folgenden Gründen der Fall:

a. Gemäß der BGH-Entscheidung vom 06.12.2007 (a.a.O., Rz. 14) ist unter “Auftragssumme” grundsätzlich die nach der Abwicklung des Vertrags geschuldete Vergütung zu verstehen, also im Sinne des “endgültigen Preises” (s. insoweit auch Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher-Jurgeleit, a.a.O., 6. Teil Rz. 148). In der Baurechts-Literatur wird der Begriff der Auftragssumme aber auch als die vor Ausführung des Auftrags vereinbarte Vergütung, also im Sinne des “ursprünglichen Preises” verstanden (vgl. Werner/Pastor-Werner, a.a.O., Rz. 2573; Markus in Markus/Kapellmann/Pioch, AGB-Handbuch Bauvertragsklauseln, Kap. 16 Rz. 567: “in der Regel”; Bschorr/Zanner, Die Vertragsstrafe im Bauwesen, S. 50).

b. Wegen der verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten ist eine auf das konkrete Vertragswerk bezogene Auslegung erforderlich und entscheidend. Bei der AGB-Auslegung bestehen folgende Regeln (vgl. etwa BGH, Urt. v. 20.08.2009 – VII ZR 212/07 = BauR 2009, 1736 Rz. 18f): “Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei ist in erster Linie der Wortlaut der auszulegenden Klausel maßgeblich. Nach diesen Auslegungsgrundsätzen ist ein Begriff, der innerhalb eines AGB-Klauselwerks mehrfach verwendet wird, grundsätzlich für alle Klauseln einheitlich auszulegen. Ein verständiger und redlicher Vertragspartner wird in der Regel davon ausgehen, dass einem identischen Wortlaut auch eine identische Bedeutung beizumessen ist.”

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist der Inhalt der “Auftragssumme” hinreichend bestimmt dahingehend auszulegen, dass damit die vertraglich vereinbarte Vergütung gemeint ist. Dabei ist generell zu beachten, dass bei der Auslegung des § 5 (2) der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 auch der Inhalt des Klauselwerks des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009 zu berücksichtigen ist, denn gemäß § 1 Satz 4 der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 (Anlage K 3) finden die Regelungen des GÜ-Vertrages vollumfänglich Anwendung und bleiben unberührt.

(1) In dem GÜ-Vertrag vom 19.06.2009 ist der Begriff “Auftragssumme” noch einmal in § 19 im Zusammenhang mit der von der Klägerin innerhalb eines Monats nach Vertragsschluss für die Vertragserfüllung zu leistenden Bürgschaft (Abs. 1 Satz 1) genannt, denn gemäß Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 5 beträgt die Bürgschaftssumme 10 % bzw 5 % der Nettoauftragssumme. Der Berufung der Beklagten (GA 1726) ist dahingehend zuzustimmen, dass aufgrund der zeitlichen Komponente (“innerhalb eines Monats nach Vertragsschluss”) mit dem in § 19 verwandten Begriff Auftragssumme nur die vertraglich vereinbarte Vergütung gemeint sein kann.

(2) Zudem ist in § 10 Abs. 1 GÜ-Vertrag vom 19.06.2009 ein “Pauschalfestpreis” vereinbart worden. Dass damit die Vergütung der Klägerin von Anfang an festgeschrieben war, spricht ebenfalls dafür, dass dies die vertragliche Auftragssumme ist.

(3) Der Inhalt des Begriffs “Auftragssumme” ist insbesondere auch unter Beachtung der beteiligten Verkehrskreise (s. dazu etwa Palandt-Grüneberg, BGB, 80. Aufl. 2021, § 307 Rz. 21) ausreichend bestimmt. Bei der Klägerin handelt es sich um ein ständig mit Großprojekten befasstes Unternehmen, welches an umfangreiche Vertragswerke und dem Zusammenspiel verschiedener Vertragsregelungen gewöhnt ist. Aufgrund der vorstehend genannten Anhaltspunkte konnte sie ohne weiteres den Schluss auf den zutreffenden Inhalt des Begriffs “Auftragssumme” ziehen.

(4) Das Auslegungsergebnis wird auch nicht durch das Verhalten der Parteien im Zusammenhang mit der Teil-Abnahme und Teil-Vergütung iHv 4.102.199 Euro in Frage gestellt. Vielmehr spricht der Umstand, dass die Beklagte bei der Berechnung der Vertragsstrafe (s. Anlage K 7) den Pauschalfestpreis iHv 50.411.820 Euro um die bereits vorab ausgezahlte Teilvergütung iHv 4.102.199 Euro reduziert und insoweit nur “46.240.751 Euro Haus N01 ohne Parkhaus” in Ansatz gebracht hat und zusätzlich mit dem in der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 für den Umbau der Weaning- in eine Intensivstation vereinbarten Vergütung iHv 1.499.507,51 Euro insgesamt 47.740.258,51 Euro als Auftragssumme angesetzt hat, für die Bestimmtheit der Vertragsstrafenklausel. Das Vorgehen der Beklagten zeigt, dass für sie als Verwenderin der AGB-Klausel keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume bestanden.

(5) Auch dadurch, dass nach § 6 (3) des GÜ-Vertrages die Vergütung nach § 19 (2) des GÜ-Vertrages nicht die lose Ausstattung, feste Einbauten medizinisch und lose IT umfasst, sondern dafür ein detailliertes Procedere zur Vergütungsberechnung vorgesehen war, bestand keine Unsicherheit in dem Sinne, dass der Beklagten für die Berechnung der Vertragsstrafe ein ungerechtfertigter Beurteilungsspielraum zur Verfügung stand. Gemäß den obigen Ausführungen zu (1) wird der Inhalt des Begriffs Auftragssumme maßgeblich von § 19 des GÜ-Vertrages und der dort beschriebenen zeitlichen Komponente (“innerhalb eines Monats nach Vertragsschluss”) bestimmt. In diesem kurzen Zeitrahmen kann nach dem in § 6 Abs. 3 vorgesehenen Procedere der Vergütungsermittlung aber noch überhaupt keine Vergütung festgestanden haben, denn dazu hatte die Klägerin vor der Beschaffung der Gegenstände ein entsprechendes Leistungsverzeichnis vorzulegen, mit dem Leistungsverzeichnis Angebote am Markt abzufragen und diese nach Einholung der Beklagten zur Entscheidung vorzulegen. Damit war ausreichend klar bestimmt, dass zur Auftragssumme keine Vergütung für die lose Ausstattung, feste Einbauten medizinisch und lose IT zählt.

c. Ob eine etwaige Unbestimmtheit des Satzes 2 der Vertragsstrafen-Klausel “Weitere 0,1 % der Nettoauftragssumme sind als Vertragsstrafe zur Zahlung fällig, wenn nicht 95 % der vertraglichen Leistungen termin- und vertragsgerecht fertig gestellt worden sind.” besteht, kann dahin stehen, denn die Beklagte weist zurecht darauf hin, dass sie sich nur auf den Satz 1 der Vertragsstrafen-Klausel stützt und eine etwaige Unwirksamkeit des Satzes 2 nicht den – gemäß dem “blue pencil test” – ohne weiteres abtrennbaren Satz 1 erfasst.

3. Keine nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessene AGB-Klausel

Die für die Vertragsstrafen-Höhe anerkannten zulässigen Obergrenzen werden von dem maßgeblichen § 5 (2) der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 eingehalten. Der gemäß Satz 1 für jeden Kalendertag bestimmte Betrag von 0,1 % der Nettoauftragssumme ist ebenso unbedenklich (vgl. BGH, Urt. v. 18.01.2001 – VII ZR 238/00 = BauR 2001, 791), wie der in Satz 3 festgehaltene Höchstsatz von insgesamt 5 % der Nettoauftragssumme (vgl. BGH, Urt. v. 23.01.2003 – VII ZR 210/01 = BauR 2003, 870).

Soweit die Klägerin meint, die Obergrenzen würden überschritten, wenn man berücksichtigt, dass für die Fertigstellung des Hauses N01, des Parkhauses und die Außenflächen unterschiedliche Einzeltermine festgesetzt worden waren (GA 2049 f iVm 12 f, 317 ff), übersieht sie, dass sich das Vertragsstrafenbegehren der Beklagten allein auf die Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 stützt und die Parteien in dieser gemäß § 1 gerade einen “neuen vertragsstrafbewehrten Fertigstellungstermin” auf – s. § 3 (1) d) dieser Zusatzvereinbarung – den 31.03.2012 vereinbart haben. Damit war ausgeschlossen, dass durch eine verzögerte Fertigstellung eines Einzelwerks aufgrund der auf die Gesamtvergütung bezogenen Vertragsstrafe die zulässigen Werte überschritten werden konnten.

III. Verwirkung der Vertragsstrafe iHv 2.196.051,96 Euro

1. Die Vertragsstrafe ist auch gemäß § 339 Satz 1 BGB verwirkt, denn die Klägerin hat die verspätete Fertigstellung am 16.05.2012 anstelle des in der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 (Anlage K 3) vereinbarten 31.03.2012 zu vertreten.

Gemäß § 345 BGB trägt die Klägerin als Schuldnerin der Vertragsstrafe die Darlegungs- und Beweislast für die vertragsgemäße Erfüllung. Weiterhin trägt sie nach § 286 Abs. 4 BGB die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie die Fristüberschreitung nicht zu vertreten hat.

Der Klägerin ist die entsprechende Darlegung und Beweisführung nicht gelungen.

a. Ob die erstmals am 31.03.2012 bemerkten Sandeinspülungen im Trinkwassernetz der Klägerin zuzurechnen sind, bedarf an dieser Stelle noch keiner weiteren Erörterung, denn ihr Werk war auch aus sonstigen, von ihr zu vertretenden Umständen nicht abnahmefähig. Die Beklagte hatte in ihrem Schreiben vom 30.03.2012 (Anlage K 14), mit dem sie die Abnahme von Haus N01 verweigert hat, als Begründung maßgeblich auf die fehlende öffentlich-rechtlicher Bauabnahme sowie exemplarisch aufgeführte wesentliche Mängel abgestellt.

b. Das Bauwerk der Klägerin war am 31.03.2012 wegen der fehlenden öffentlich-rechtlichen Bauabnahme und einer großen Anzahl zum Teil wesentlicher Mängel nicht abnahmereif. Im Einzelnen:

(1) Gemäß § 5 (2) der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 knüpft die Vertragsstrafe an die verzögerte Fertigstellung an. In dem vorangehenden § 3 (2) Satz 2 bis 4 ist die Fertigstellung wie folgt definiert: “Fertigstellung bedeutet die Erbringung aller Vertragsleistungen für die schlüsselfertige, voll funktionsfähige, mängelfreie, klinikbetriebsbereite, gereinigte und den anerkannten Regeln der Baukunst und -technik sowie den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen entsprechende Errichtung des Hauses N01 des Klinikums Q. nebst Parkhaus. Unwesentliche Restleistungen sowie unwesentliche Mängel, wobei eine Vielzahl unwesentlicher Restleistungen und/oder Mängel einem wesentlichen Mangel gleichstehen, hindern das Vorliegen der Fertigstellung nicht. Mit Fertigstellung erfolgt die Abnahme nach den Regeln des § 14 des Generalübernehmervertrages.” Einen nahezu identischen Wortlaut hat § 12 (2) Satz 2 bis 4 des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009.

(2) Nach Maßgabe vorstehender Regeln schuldete die Klägerin zur vertragsgemäßen Erfüllung ein abnahmereifes Werk, das insbesondere den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen entspricht und keine wesentlichen Mängel aufweist. Am 31.03.2012 erfüllte das bis dahin erstellte Bauwerk der Klägerin nicht diese Anforderungen:

(a) Unstreitig fehlte am 30.03.2012 die öffentlich-rechtliche Bauabnahme. Diese war nach § 14 (3) b), § 5 (3) f) des GÜ-Vertrages von der Klägerin herbeizuführen. Weshalb die öffentlich-rechtliche Bauabnahme noch nicht erfolgt war, ist im vorliegenden Parteiverhältnis irrelevant. Selbst wenn der Vortrag der Klägerin zutrifft, wonach die erforderliche Genehmigung seinerzeit ausschließlich wegen der fehlenden Prüfung des Trinkwassers auf Legionellen und wegen der Probenentnahme durch eine nicht zertifizierte Stelle nicht rechtzeitig erteilt worden sei, entlastet sie dies nicht, denn gerade diesen Prüfungen kommt bei einem Krankenhaus eine besondere Bedeutung zu.

(b) Auch das Vorliegen von wesentlichen Mängeln ist nach den vorgelegten Unterlagen im Kern unstreitig. Denn die Klägerin ist zum einen in ihrer E-Mail vom 30.03.2012, 19:00 Uhr (Anlage HK 19) in einer beigefügten aktualisierten Version der Begehungsliste selbst davon ausgegangen, dass die Übergabe des gesamten Gewerkes neu zu vereinbaren sei, wobei als Termin der 12./13.04.2012 genannt ist. Zum anderen hat sie in der von ihr nachfolgend entworfenen Übersicht vom 16.04.2012 mit dem Titel “Ergänztes Konzept [,] Mängelbeseitigung nach Übernahme des Gebäudes” (Anlage HK 18) eine Bewertung und Gruppierung der Mängel vorgenommen und selbst erklärt, es gebe eine “lange” Liste noch offener Mängel, die auch in dem Sinne betriebserheblich seien, als sie im laufenden Klinikbetrieb nur mit deutlichen Beeinträchtigungen für die Benutzung behoben werden könnten. Auf beigefügten 36 Seiten werden sodann von der Klägerin durchschnittlich 40 Mängelpositionen pro Seite aufgeführt und deren Erledigungsstatus dargestellt. Im Fließtext wird für einige Mangelgruppen eine Erledigung bis zum 30.04.2012 prognostiziert. Soweit die Klägerin abweichend davon schriftsätzlich von einer Abnahmefähigkeit ihrer Werkleistung ausgeht, setzt sie sich mit diesen von ihr selbst geschaffenen Unterlagen in unauflösbaren Widerspruch – womit ihr Bestreiten unbeachtlich ist.

(c) Der Vortrag der Klägerin, die Verzögerung der Fertigstellung und der öffentlich-rechtlichen Bauabnahme seien auf Zusatzleistungen zurückzuführen, die von der Beklagten erst kurz vor Fertigstellung angeordnet worden seien, ist nicht hinreichend substantiiert. Die Klägerin hat schon nicht dargetan, um welchen Zeitraum sich etwa die Fertigstellung wegen der zusätzlichen Ausstattung der Patientenzimmer oder wegen zusätzlicher Anschlüsse für die Speisenverteilung verzögert haben soll. Allein der in die Leistungsänderungen Nr 061A und 074 aufgenommene pauschale Hinweis auf eine Bauzeitverlängerung reicht insoweit zur Substantiierung nicht aus.

2. Die Beklagte hat sich in dem in der 4. Ergänzungsvereinbarung vom 16.05.2012 (Anlage K 5) enthaltenen Abnahmeprotokoll unter Ziffer 5.3 auch die Geltendmachung der Vertragsstrafe auch im Sinne von § 341 Abs. 3 BGB vorbehalten.

3. Die Berechnung der Vertragsstrafe iHv 2.196.051,96 Euro gemäß dem Schreiben der Beklagten vom 12.06.2012 (Anlage K 7)

– Nettoauftragswert iHv 47.740.258,51 Euro x 0,1 % [offenkundig fehlerhaft angegeben: 0,01 %] = 47.740,26 Euro/Tag

– Fertigstellung am 16.05.2012 statt am 31.03.2012 = Verzugsdauer von 46 Tagen

– 46 Tage x 47.740,26 Euro = 2.196.051,96 Euro

ist nicht zu beanstanden.

Die von der Klägerin erstinstanzlich hinsichtlich der Anzahl der Tage erhobenen Einwände (GA 15, 320) greifen nicht durch. Gemäß § 5 (2) der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 fällt die Vertragsstrafe “für jeden Kalendertag” an. Beim vorliegenden BGB-Vertrag – die VOB/B findet nach § 2 (4) GÜ-Vertrag ausdrücklich keine Anwendung – werden Sonn-, Feier- und Samstage mitgezählt (Werner/Pastor-Werner, a.a.O., Rz. 2574). Dann besteht auch entgegen der Ansicht der Klägerin kein Anlass, über § 193 BGB den ersten Sonntag nach der an dem Samstag (31.3.2012) geschuldeten Fertigstellung zu privilegieren. Entgegen der weiteren Meinung der Klägerin ist auch der 16.05.2012 als Verspätungs-Tag zu berücksichtigen, denn jeder angebrochene Tag nach dem 31.03.2012 erfüllt den Verspätungs-Tatbestand.

4. Da der von der Beklagten geltend gemachte Vertragsstrafen-Anspruch in voller Höhe zu berücksichtigen ist, bedarf die von ihr wegen der Nichteinhaltung des Fertigstellungstermins bzgl. des Neubaus Haus N01 hilfsweise erklärte Aufrechnung mit Schadensersatz-Ansprüchen iHv erstinstanzlich 1.495.843,91 Euro und zweitinstanzlich 1.622.397,40 Euro – das Landgericht hat insoweit einen Betrag von 21.710,52 Euro als begründet erachtet – keiner Entscheidung.

a. § 5 Abs. 3 Satz 3 der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 sieht vor, dass die Vertragsstrafe auf den konkret geltend gemachten Schaden anzurechnen ist. Da die Forderungshöhe der Vertragsstrafe höher ist als der konkret begehrte Schaden, ist letzterer vollständig abgegolten.

b. Da die Vertragsstrafen-Forderung der Beklagten iHv 2.196.051,96 Euro besteht, tritt zudem die prozessuale Bedingung für die Hilfsaufrechnung(en) nicht ein.

Zudem erübrigt sich eine Entscheidung über die gegen die erstinstanzliche Verurteilung iHv 21.710,52 von den Streithelferinnen zu 1. und 2. eingelegte Berufung und von der Klägerin erhobenen Anschlussberufung.

(2.) Minderung iHv 749.700 Euro brutto

Die Minderungs-Forderung der Beklagten iHv 749.700 Euro brutto ist ebenfalls begründet, insoweit bleibt die Berufung der Klägerin erfolglos. Ihr Rest-Werklohn-Anspruch aus der Rechnung 2012/548 von verbliebenen 1.282.599,40 Euro reduziert sich weiter auf zunächst (1.282.599,40 Euro abzgl. 749.700 Euro =) 532.899,40 Euro, § 389 BGB.

In der 4. Ergänzungsvereinbarung zum GÜ-Vertrag vom 16.5.2012 (Anlage K 5) vereinbarten die Parteien unter Ziffer 3.5, dass für die in deren Anlage 3 aufgelisteten Mängel, deren Beseitigung unverhältnismäßig sei, ein Minderungsbetrag von netto 100.000 Euro netto von der Schlussrechnungssumme in Abzug gebracht wird. Für weitere in deren Anlage 4 genannte Leistungen haben die Parteien unter Ziffer 3.6 einen Abzug von der Schlussrechnungssumme iHv 530.000 Euro netto vereinbart, da insoweit eine negative Abweichung zwischen tatsächlicher Ausführung und geschuldetem Bau-Soll vorliege.

Die Klägerin hat dazu erstinstanzlich vorgetragen, die Beklagte habe ihr am 15.05.2012 eine Liste mit verschiedenen optischen und technischen Mängeln vorgelegt mit dem Verlangen, in eine Minderung von 1.250.000 Euro einzuwilligen, da anderenfalls die für den Folgetag geplante Abnahme verweigert werde. Da sie zu diesem Zeitpunkt bereits ca. 70 Mio. Euro vorfinanziert habe, sei es ihr zwar gelungen, den Betrag auf 630.000 Euro zu reduzieren. Die Beklagte habe aber insgesamt ihre wirtschaftliche Zwangslage ausgenutzt, so dass dieser nach Treu und Glauben die Berufung auf die Vereinbarung verwehrt sei.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten.

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat der Beklagten die Minderungs-Forderung iHv 749.700 Euro brutto aus der 4. Ergänzungsvereinbarung zum GÜ-Vertrag vom 16.5.2012 zuerkannt. Die Klägerin könne die vereinbarten Minderungen weder nach § 123 BGB wegen einer widerrechtlichen Drohung mit einer Abnahmeverweigerung anfechten, noch sich auf Treu und Glauben berufen. Die Mängel bzw. Vertragsabweichungen seien stichwortartig beschrieben und mit einem konkreten Minderungsbetrag angesetzt, ohne dass offenkundig sei, noch von der Klägerin behauptet werde, dass diese Mängel bzw. Abweichungen nicht vorlägen bzw. die angesetzten Minderungsbeträge unberechtigt oder jedenfalls vollkommen unangemessen seien.

Berufungsgegenstand:

Mit ihrer Berufung rügt die Klägerin, das Landgericht habe übersehen, dass sie sowohl die Existenz der Mängel, als auch die Angemessenheit der angesetzten Minderungsbeträge bestritten habe. Ihr stünden Ansprüche aus § 826 BGB sowie aus Verschulden bei Vertragsschluss zu, die auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist greiften. Die Sittenwidrigkeit des Beklagten-Vorgehens ergebe sich insbesondere aufgrund der inadäquaten Mittel-Zweck-Relation. Ihr Schaden bestehe darin, dass sie mangels entsprechender Mängelrüge seitens der Beklagten den Minderwert etwaiger Mängel nicht mehr kostenneutral an ihre Nachunternehmen weiterreichen könne.

Die Berufungserwiderung der Beklagten tritt dem entgegen.

Bewertung des Senats:

Die Entscheidung des Landgerichts trifft zu, die Klägerin kann dem in der 4. Ergänzungsvereinbarung zum GÜ-Vertrag vom 16.5.2012 begründeten Anspruch der Beklagten auf den Minderungsbetrag iHv 630.000 Euro netto = 749.700 Euro brutto keine eigenen Rechte entgegen halten.

1. Bereicherungsansprüche aufgrund einer Anfechtung nach § 123 BGB scheitern bereits an der Nichteinhaltung der 1jährigen Anfechtungsfrist (§ 124 BGB). Zum einen räumt die Klägerin deren Versäumung mit ihrer Berufungsbegründung inzident ein. Zum anderen trägt die Klägerin auch nichts für eine zeitgerechte (ggfs. konkludente) Anfechtungserklärung bis zum 16.05.2013 vor. Sie geht erstmals in der Replik vom 20.10.2015 aufgrund der Beklagten-Erwiderung auf Anfechtungsaspekte der am 16.05.2012 getroffenen Einigung ein.

2. Schadensersatzansprüche aus § 826 BGB sowie aus Verschulden bei Vertragsschluss scheitern daran, dass die Minderungs-Einigung nicht gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Maßstab ist die Sozialmoral für den jeweiligen Lebenskreis (s. OLG Braunschweig, NJW-RR 2016, 624 Rz. 50), hier also für das Geschäftsleben. Insoweit kann insbesondere der Missbrauch wirtschaftlicher Macht verwerflich sein (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 80. Aufl. 2021, § 826 Rz. 48 mwN). Die Einigung wurde aber von beidseits erfahrenen Partnern, zwischen denen kein grundsätzliches Machtgefälle bestand, geschlossen. So ist die Klägerin Teil einer Unternehmensgruppe, die sich mit der Planung, der Errichtung und dem Management von Gesundheitseinrichtungen befasst. Soweit die Beklagte sich 1 Tag vor der geplanten Abnahme aus den in der Berufungsbegründung weiter genannten Gründen – die Klägerin war auf die Abnahme angewiesen, da davon gemäß den §§ 10, 11 GÜ-Vertrag die Zahlung des Pauschalfestpreises abhing – in einer besseren Verhandlungsposition befand, resultierte diese aus den von der Klägerin bei der Unterzeichnung des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009 akzeptierten – und bei der Findung der Vergütungshöhe berücksichtigten – Vertragsvereinbarungen. Es ist jedenfalls im Geschäftsleben nicht verwerflich, solche Vorteile ggfs auch “auszunutzen”. Angesichts des Gesamtvolumens des Bauvertrages von ca. 63 Mio Euro [Zahlungen der Beklagten iHv 54 Mio Euro + ca. 9 Mio Euro im erstinstanzlichen Rechtsstreit streitgegenständliche Rest-Vergütung] stellt der Minderungsbetrag von 749.700 Euro mit etwas mehr als 1% auch keine solche Größe dar, dass mit dessen Forderung seitens der Beklagten ein Machtmissbrauch und damit eine Verwerflichkeit verbunden war.

3. Aus vorstehenden Gründen widerspricht die Geltendmachung dieser Forderung seitens der Beklagten auch nicht den von der Klägerin reklamierten Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB).

(3.) Baukostenzuschuss iHv 72.988,40 Euro brutto

Die Beklagte hat gegen die Klägerin hingegen keinen Anspruch auf den begehrten Baukostenzuschuss iHv 72.988,40 Euro brutto, so dass die Berufung der Klägerin insoweit Erfolg hat und ihr bislang verbliebener Rest-Vergütungsanspruch iHv 532.899,40 Euro unangetastet bleibt.

Sachverhalt:

Nach den Allgemeinen technischen Standards zum GÜ-Vertrag (Anlage HK 31) hatte die Klägerin den “Anschluss des Gebäudes N01 in die technische Infrastruktur im Gelände … mit einzukalkulieren (Anschlussbauwerke, Übernahmestationen, Leitungsführung im Gelände bis zum Gebäude, Anschlussgebühren, Baukostenzuschüsse etc.)”.

Mit der Rechnungsprüfung zur Teilschlussrechnung 2012/548 (Anlage K 7) nahm die Beklagte einen Abzug iHv 72.899,40 Euro vor, den sie bereits mit Schreiben vom 24.04.2012 (Anlage HK 33) angekündigt hatte und der sich auf einen in der Rechnung der T. an die Beklagte vom 01.12.2011 (Anlage K 18) ausgewiesenen Betrag von netto 61.260 Euro [= brutto 72.899,40 Euro] für “Baukostenzuschuss Strom 10kV” bezieht, den die Beklagte der T. ausgeglichen hat.

Die Klägerin hält den Abzug des Baukostenzuschusses für unberechtigt, da über diesen Anschluss keineswegs nur das Haus N01 versorgt werde.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten.

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat den Abzug als berechtigt bewertet, denn nach den anhand der Allgemeinen technischen Standards zum GÜ-Vertrag (Anlage HK 31) getroffenen Vereinbarungen habe die Klägerin auch die auf einen Neuanschluss für das Gesamtgelände anfallenden Baukostenzuschüsse zu tragen. In dem als Anlage HK 32 vorgelegten “Katalog der Fragen und Antworten der Bieter im Verfahren zur Vergabe der Bau-, Planungs- und Finanzierungsleistungen für die Errichtung des Neubaus des Hauses N01 nebst Parkhaus” sei unter Ziffer 40 weiter ausdrücklich erwähnt, dass im Rahmen des Neubaus Haus N01 eine für das gesamte Klinikum ausgelegte Stromversorgung neu errichtet und an die 10 kV Ringleitung angeschlossen werden müsse.

Berufungsgegenstand:

Mit ihrer Berufung beanstandet die Klägerin, das Landgericht gehe fälschlicherweise davon aus, dass sich der an die T. gezahlte “Baukostenzuschuss Strom 10kV” auf den Anschluss des von der Klägerin zu errichtenden Neubaus an die 10kV-Ringleitung bezieht. Tatsächlich habe nicht die T., sondern die Klägerin selbst – gemäß einer Nachtragsvereinbarung und der insoweit beglichenen Rechnung vom 19.04.2012 (Anlage BK 1 = GA 1676-1683) – sowohl die 10kV-Ringleitung verlegt, als auch den Neubau daran angeschlossen. Die Beklagte habe bis dato nicht dargelegt, dass die T. den streitgegenständlichen Baukostenzuschuss für Leistungen abgerechnet habe, die in unmittelbaren Zusammenhang mit der Errichtung des Neubaus und dessen Energieversorgung standen. Denn nur diesbezüglich sei sie vertraglich zur Übernahme von Baukostenzuschüssen verpflichtet gewesen.

Mit ihrer Berufungserwiderung weist die Beklagte darauf hin, es sei entgegen der Meinung der Klägerin irrelevant, dass diese selbst den Anschluss an die 10kV-Ringleitung vorgenommen hat, denn der Versorger erhebe den Baukostenzuschuss für jeden Neuanschluss als Beitrag zu den Herstellungs- und laufenden Unterhaltungskosten seines vorgelagerten Verteilungsnetzes. Sie habe – wie jeder Kunde – nur 1 Anschluss an das Stromnetz. Wegen der durch den Neubau N01 benötigten zusätzlichen Leistung sei der bestehende 25kV-Anschluss nicht mehr ausreichend gewesen und es erforderlich geworden, das Grundstück insgesamt an das 10kV-Netz anzuschließen – was auch der Antwort auf die Bieterfrage 40 zu entnehmen sei. Gegenstand der T.-Rechnung sei aber nur die für den Neubau benötigte Zusatzleistung, was sich auch aus dem Schreiben der T. vom 25.10.2010 (Anlage B 113) ergebe.

Bewertung des Senats:

Der Beklagten steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu, denn sie hat nicht ausreichend substantiiert vorgetragen, dass die Klägerin gemäß den vertraglichen Vereinbarungen – insbesondere den Allgemeinen technischen Standards zum GÜ-Vertrag (Anlage HK 31) – verpflichtet ist, den streitgegenständlichen Baukostenzuschuss zu übernehmen.

Nach den Allgemeinen technischen Standards zum GÜ-Vertrag (Anlage HK 31) war die Klägerin vertraglich verpflichtet, etwaige Baukostenzuschüsse für den “Anschluss des Gebäudes N01 in die technische Infrastruktur im Gelände … mit einzukalkulieren”. Aufgrund der eindeutigen Wortwahl “im Gelände” besteht diese Verpflichtung gemäß der nach den §§ 133, 157 BGB gebotenen objektiven Auslegung nach dem Empfängerhorizont ausschließlich für Kosten, die den auf dem Klinikgelände vorzunehmenden Anschluss des Neubaus N01 an das Versorgungsnetz der Bestandsbebauung betreffen. Für diese Beschränkung der Verpflichtung der Klägerin auf die Versorgungs-Vernetzung auf dem Klinkgelände spricht auch die sog. Klarstellungsvereinbarung vom 28.02.2011 (Anlage K 2), wonach die Klägerin ein 10 kV-(Strom)-Ringleitungsnetz für “das gesamte Klinikumsgelände” herzustellen hatte.

Der streitgegenständliche Baukostenzuschuss betrifft aber nicht die Verhältnisse auf dem Klinikgelände, sondern das vorgelagerte Stromnetz. Mit dem Schreiben der T. an die Beklagte vom 01.12.2011 (Anlage K 18) stellt dieser Energieversorger für die “Herstellung eines Mittelspannungsanschlusses, … Unser Angebot-Nr.: 70034524 / Ihre Auftragserteilung vom 04.10.2010” mit der Bezeichnung “Baukostenzuschuss Strom 10kV” einen Betrag von 61.260 Euro nebst 19% MwSt in Rechnung. Das Angebot-Nr.: 70034524 ist das von der Beklagten vorgelegte Schreiben der T. vom 25.10.2010 (Anlage B 113), aus dem sich ausdrücklich ergibt, dass die T. gemäß einer entsprechenden Vorgabe der Bundesnetzagentur den Baukostenzuschuss für den Anschluss des Klinikgeländes an das dem Klinikgelände vorgelagerte Verteilungsnetz einforderte.

(4.) + (4a.) Mängel-Einbehalt iHv 460.000 Euro

Bezüglich des Mängel-Einbehalts iHv 460.000 Euro steht der Beklagten insgesamt ein Anspruch iHv 369.308,46 Euro zu, der sich aus folgenden 8 Einzelpositionen zusammensetzt:

a. GLT-Vertragsstrafe iHv 104.000,00 Euro

b. GLT-Fertigstellung iHv 59.427,03 Euro

c. Wandschutz OP- und Warte-Bereich iHv 28.386,08 Euro

d. Brandschutzmaßnahmen iHv 135.772,19 Euro

e. Außenzapfstelle iHv 696,86 Euro

f. WC-Besetztanzeigen iHv 6.110,51 Euro

g. Türantrieb Notfallweg iHv 424,83 Euro

h. Filter an Wasserhähnen iHv 34.490,96 Euro

Damit erlischt der bis hierhin verbliebene Restwerklohn-Anspruch der Klägerin iHv 532.899,40 Euro gemäß § 389 BGB um weitere 369.308,46 Euro und es verbleiben zunächst (533.599,40 Euro abzüglich 369.308,46 Euro =) 163.590,94 Euro. Unter weiterer Berücksichtigung der am 13.08.2014 seitens der Klägerin erklärten Aufrechnung iHv 48.677,84 Euro verbleibt nach § 389 BGB letztlich ein Rest-Werklohn iHv (163.590,94 Euro abzüglich 48.677,84 Euro =) 114.913,10 Euro.

Hintergrund dieses Forderungskomplexes ist, dass die Parteien gemäß der 4. Ergänzungsvereinbarung zum GÜ-Vertrag (Anlage K 5) in Ziffer 3.2 besonders wichtige Mängel mit Beseitigungsfristen und Vertragsstrafen-Regelung aufgeführt und in Ziffer 3.4 einen Mängel-Einbehalt in Höhe von 1.250.000 Euro vereinbart hatten. Davon sollte ein Teilbetrag iHv 1.000.000 Euro nach Beseitigung der in Ziffer 3.2 aufgeführten Mängel und die restlichen 250.000 Euro nach Beseitigung weiterer Mängel und Erbringung von Restleistungen fällig werden.

Gemäß dem Schreiben der Beklagten vom 10.12.2012 (Anlage HK 35) wurden im August 2012 ein Betrag von 390.000 Euro und aktuell weitere 400.000 Euro, also insgesamt 790.000 Euro an die Klägerin ausbezahlt. In dem Schreiben ist weiter ausgeführt, dass der Restbetrag iHv 460.000 Euro zurückbehalten wird, “um Leistungen ausführen zu können, die … [von der Beklagten] hätten erbracht werden müssen (Ersatzvornahme)” sowie im Hinblick auf die Vertragsstrafe.

Die Beklagte macht im Hinblick auf 8 Einzelpositionen – von denen 6 berufungsgegenständlich sind – Aufrechnungen (und erstinstanzlich auch Zurückbehaltungsrechte) geltend.

Im Einzelnen zu den 8 Positionen:

a. GLT-Vertragsstrafe

Sachverhalt:

In Ziffer 3.2 der 4. Ergänzungsvereinbarung vom 16.5.2012 (Anlage K5) heisst es mit Blick auf die zuvor aufgelistete Frist zur Mangelbeseitigung bis zum 05.06.2012: “Der AN hat für jeden Werktag, um den eine der genannten Fristen überschritten wird, als Vertragsstrafe für jeden der genannten 16 Mängelpunkte jeweils einen Betrag in Höhe von EUR 2.000,- pro Werktag an den AG zu zahlen. Insgesamt ist die Vertragsstrafe auf einen Betrag in Höhe von EUR 160.000,- begrenzt.” Die Beklagte hat vorgetragen, es sei eine Fristüberschreitung von – im Einzelnen näher dargelegten – 63 Werktagen zu berücksichtigen und damit eine Vertragsstrafe von 126.000 Euro verwirkt worden. Die Klägerin ist dem erstinstanzlich entgegengetreten.

LG-Entscheidung:

Der Beklagten steht der geltend gemachte Vertragsstrafen-Anspruch insgesamt zu. Ziffer 3.2 stellt eine wirksame Individualvereinbarung dar. Die Klägerin ist ihrer Pflicht zur Fertigstellung der Gebäudeleittechnik (GLT) bis zum vereinbarten 05.06.2012 zunächst bis zum 06.08.2012 [= 52 Werktage] nicht nachgekommen und nach der ihr erneut eingeräumten Gelegenheit zur Fertigstellung nochmals nicht vom 14.08.2012 bis zum 27.08.2012 [= 11 Werktage]. 63 Werktage x 2.000 Euro = 126.000 Euro.

Berufungsgegenstand:

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung nur gegen einen zugesprochenen Teil-Betrag iHv 40.000 Euro. Sie akzeptiert die Vertragsstrafe von 86.000 Euro für die ihrer Meinung nach zwischen dem 06.06.2012 und dem 06.08.2012 liegenden 43 Werktage. Der Zeitraum vom 14. bis 27.08.2012 sei bei der Bemessung der Vertragsstrafe hingegen nicht zu berücksichtigen, da die Beklagte am 06.08.2012 die weitere Leistungserbringung seitens der Klägerin abgelehnt hatte und damit der eine Vertragsstrafe auslösende Verzug endete. Für einen Neubeginn der Vertragsstrafe sei eine erneute Vereinbarung erforderlich gewesen.

Mit ihrer Berufungserwiderung verteidigt die Beklagte die vom Landgericht vorgenommene Berechnung. Samstage seien gemäß § 11 Abs. 3 VOB/B als Werktage zu berücksichtigen. Bezüglich des Zeitraums vom 14. bis 27.08.2012 sei keine weitere Vereinbarung erforderlich gewesen, da sie der Klägerin auf deren Bitte hin ab dem 14.08.2012 erneut die Mangelbeseitigung gestattete, diese also wieder ab dem 15.08.2012 geschuldet wurde, ehe die Beklagte am 27.08.2012 erneut die weitere Mängelbeseitigung seitens der Klägerin ablehnte.

Bewertung des Senats:

Die Beklagte hat eine berechtigte Vertragsstrafen-Forderung iHv 104.000 Euro. Damit hat die Berufung der Klägerin iHv 22.000 Euro teilweise Erfolg.

Die Berechnung beginnt mit Ablauf des Fristende-Tages (= 05.06.2012), also ab dem 06.06.2012 (= Mittwoch) bis zum 06.08.2012 (= Montag). Auch wenn die VOB/B nicht vereinbart wurde und § 11 Abs. 3 VOB/B daher nicht anwendbar ist, zählen bei dem BGB-Vertrag Samstage als Werktage mit (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl. 2020, Rz. 2574). Der Zeitraum vom 06.06. bis zum 06.08.2012 umfasst – unter Berücksichtigung, dass der 07.06.2012 Fronleichnam und damit ein Feiertag war – insgesamt 52 Werktage.

Der Zeitraum vom 14. bis zum 27.8.2012 ist nicht zu berücksichtigen, denn insoweit fehlte eine Vertragsstrafen-Vereinbarung. Die am 14.08.2012 von der Beklagten erneut eingeräumte Mängelbeseitigung führte nach den §§ 133, 157 BGB nicht dazu, dass die alte Vertragsstrafenvereinbarung wieder in Kraft trat. Denn es entsprach nicht dem auch seitens der Beklagten erkennbaren Interesse der Klägerin, mit der erneut gewährten Mängelbeseitigung sofort parallel die Vertragsstrafe in Gang zu setzen.

52 Werktage x 2.000 Euro = 104.000 Euro.

b. GLT-Fertigstellung

Sachverhalt:

Im Hinblick auf die von der Klägerin nicht geleistete Fertigstellung der Gebäudeleittechnik hat die Beklagte erstinstanzlich (s. GA 709) Ersatzvornahmekosten in aufgrund Rechnungen der Fa. Y. sowie der Streithelferin zu 3. bereits entstandener Höhe von 54.083,60 Euro geltend gemacht. Ein weiterer Auftrag an die Fa. Y. vom 16.10.2013 iHv 5.356,43 Euro (Anlage HK 60) sei noch nicht abgerechnet und gewähre ihr in Höhe von 10.712,86 Euro ein Zurückbehaltungsrecht. Die Klägerin ist dem entgegen getreten.

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat auf eine Aufrechnungs-Forderung der Beklagten iHv 54.711,92 Euro erkannt. Die Rechnungen der ersatzweise tätigen Fa. Y. und der Streithelferin zu 3. sowie der vorgelegte Auftrag für die Fa. Y. beliefen sich insgesamt auf 59.440,03 Euro. Mehr als 5 Jahre nach Auftragserteilung dürfe der an die Fa. Y. erteilte weitere Auftrag abgeschlossen sein. Die Beklagte könne daher kein Zurückbehaltungsrecht mehr geltend machen, vielmehr sei ihre Erklärung dahin auszulegen, dass sie den genannten Betrag ebenfalls hilfsweise zur Aufrechnung stelle. Die Rechnung der Fa. Y. könne entgegen dem Vortrag der Klägerin berücksichtigt werden, denn darin sei von “Restarbeiten an der GLT” die Rede. Die Rechnung der Streithelferin zu 3. sei hingegen zu unspezifisch, so dass diese Arbeiten in Höhe von brutto 4.728,11 Euro nicht als Ersatzvornahmekosten angesehen werden können und von der Gesamtforderung iHv 59.440,03 Euro in Abzug zu bringen seien = 54.711,92 Euro.

Berufungsgegenstand:

Gegen diese Bewertung haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Die Klägerin greift die zuerkannte Beklagten-Forderung in voller Höhe an. Das Landgericht habe es versäumt, die von der Klägerin bestrittene Tatsache aufzuklären, dass die Rechnungen sich zu den zu beseitigenden Mangelpunkten verhielten. Die Beklagte tritt dem entgegen.

Die Beklagte greift mit ihrer eigenen Berufung zum einen die Nichtberücksichtigung des Betrages iHv 4.728,11 Euro an, wobei sie die Forderungshöhe wegen nicht anfallender MwSt auf 3.970,20 Euro reduziert und zum Nachweis des GLT-Bezuges einen dazu gehörigen Auftrag vom 20.03.2015 (GA 1857 f) vorlegt. Zum anderen erhöht sie ihre Hilfsaufrechnungen auf 70.547,09 Euro, da gemäß den nunmehr vorliegenden zwei Schlussrechnungen der Fa. Y. vom 31.12.2017 (GA 1851 ff) Gesamtkosten iHv (65.200,66 Euro + 5.346,53 Euro =) 70.547,09 Euro entstanden seien. Dass das Zurückbehaltungsrecht aufgrund Zeitablaufs entfallen ist, wird auch von der Beklagten nicht angegriffen.

Insoweit bestreitet die Klägerin mit ihrer Berufungserwiderung weiterhin den GLT-Bezug der Rechnung der Streithelferin zu 3. sowie, dass die Beklagte die beiden Schlussrechnungen der Fa. Y. vom 31.12.2017 tatsächlich gezahlt hat und dass die darin aufgeführten Kosten erforderlich waren; zudem rügt sie Verspätung.

Bewertung des Senats:

Der Beklagten steht im Hinblick auf die GLT-Fertigstellung ein zur Aufrechnung gestellter Anspruch gemäß den §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB iHv 59.427,03 Euro zu. Insoweit hat die Berufung der Klägerin keinen und die der Beklagten nur teilweise Erfolg.

Die grundsätzliche Pflicht zur Übernahme von Ersatzvornahmekosten wird von der Klägerin nicht in Abrede gestellt.

Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren ihre Aufrechungsforderung auf 70.547,09 Euro erhöht hat, stellt die Erhöhung zwar gemäß § 264 Nr. 2 ZPO keine Klageänderung im Sinne von § 533 ZPO dar. Da aber die Klägerin die von der Beklagten vorgetragenen neuen Tatsachen bestreitet, liegen neue Angriffs-/Verteidigungsmittel der Beklagten vor, die mangels eines Zulassungsgrundes nach den §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen sind. Insbesondere ist nicht erkennbar, weshalb die auf den 31.12.2017 datierten Schlussrechnungen nicht schon in 1. Instanz bis zur dortigen abschließenden mündlichen Verhandlung am 28.09.2018 vorgetragen wurden.

Gemäß der bereits in 1. Instanz vorgebrachten Tatsachen und vorgelegten Unterlagen beläuft sich der Anspruch der Beklagten auf 59.427,03 Euro. Unstreitig ist, dass die Klägerin die Gebäudeleittechnik nicht fertig gestellt hat, also die Beklagte, die das Haus N01 seit Juni 2012 in Betrieb hatte, Kosten dafür aufbringen musste. Die Klägerin bestreitet zwar, dass die anhand der erstinstanzlich vorgelegten Unterlagen abgerechneten Leistungen die GLT-Fertigstellung beträfen und insoweit erforderlich gewesen sind. Dieses pauschale Bestreiten ist indes unsubstantiiert. Als Auftragnehmerin wusste die Klägerin im Einzelnen, welche Rest-Arbeiten noch zu welchen Konditionen erforderlich waren. Sie war daher in der Lage, konkrete Positionen der mit 15 Seiten sehr detaillierten Rechnung der Fa. Y. iHv 50.110,40 Euro (Anlage HK 59) mit Sachvortrag in Zweifel zu ziehen und durfte sich nicht auf ein bloßes Bestreiten zurückziehen. Zu der Rechnung der Streithelferin zu 3. vom 24.9.2015 (GA 1855f) passt der vorgelegte Auftrag vom 20.03.2015 (GA 1857f) nach Auftragsnummer, Auftragsgegenstand und Betrag. Insoweit macht die Beklagte aber statt 4.728,11 Euro nur noch 3.970,20 Euro geltend. Auch im Hinblick auf den an die Fa. Y. gerichtete Auftrag der Beklagten zur “Aufschaltung EIB Wago Controller auf vorhanden GLT” mit einem Rechnungsbetrag von 5.356,43 Euro (Anlage HK 60) wäre es der fachlich involvierten Klägerin möglich gewesen, konkret vorzutragen, warum eine solche Leistung zur GLT-Fertigstellung nicht erforderlich gewesen sein soll. Die Einzelforderungen addieren sich auf (50.110,40 Euro + 3.970,20 Euro + 5.356,43 Euro =) 59.427,03 Euro.

c. Wandschutz OP- und Warte-Bereich

Sachverhalt:

Die Klägerin hat der Beklagten, die von ihr einen höheren Rammschutz im OP-Bereich gefordert hatte, mit Schreiben vom 07.08.2012 “Rammschutz OP-Bereich” als zusätzlich zu vergütende Leistungen für 48.635,60 Euro angeboten (Anlage HK 63). Die Beklagte rügte daraufhin gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 09.08.2012 (Anlage HK 61), dass der im OP-Bereich installierte Wandschutz für den Bettenverkehr ausgelegt und damit für die dort benutzten Lafetten – die fahrbaren Untergestelle für den Aufsatz der Krankentragen – zu niedrig sei und forderte Abhilfe bis zum 15.08.2012. Im April 2015 ließ die Beklagte den Wandschutz im Wege der Ersatzvornahme durch die Fa. Exakta für 19.160,21 Euro (Anlage HK 62) anbringen.

Weiterhin hatte die Klägerin mit Schreiben vom 09.08.2012 “Rammschutz Wartezonen” als zusätzlich zu vergütende Leistungen für 10.871,66 Euro angeboten (Anlage HK 66). Daraufhin rügte die Beklagte mit Schreiben vom gleichen Tag den im OP- und im Wartebereich notwendigen Wandschutz zum Schutz der Tapeten und Anstriche vor den Anstoß der Stuhllehnen als mangelhafte Werkleistung und forderte Abhilfe bis zum 15.08.2012 (Anlage HK 64). Die Beklagte beauftragte die Fa. D., die die Arbeiten im November 2013 für 9.225,87 Euro ausführten (Anlage HK 65).

LG-Entscheidung:

Die Gesamtforderung der Beklagten iHv 28.386,08 Euro ist begründet. Die Klägerin berufe sich ohne Erfolg pauschal darauf, ein Wandschutz sei von ihr nicht geschuldet. Der Behauptung der Beklagten, wegen der Benutzung von Lafetten im OP-Bereich und zum Schutz der Wände im Wartebereich sei die Anbringung eines Wandschutzes erforderlich, sei die Klägerin nicht entgegengetreten.

Berufungsgegenstand:

Die Klägerin rügt mit ihrer Berufung, die Beklagte habe nicht darzulegen vermocht, dass die Anbringung von Wandschutzmaßnahmen jeweils vertraglich geschuldet gewesen sei, sogar in der Entwurfsplanung seien die Wände ohne Schutzmaßnahmen dargestellt. Entgegen der Ansicht des Landgerichts habe sie die Erforderlichkeit sehr wohl bestritten. Die Beklagte erwidert insoweit, für die Erforderlichkeit spreche bereits, dass die Klägerin selbst einen Wandschutz angebracht hatte, der indes zu niedrig war. Das Bausoll sei nur funktional beschrieben worden und die Klägerin habe insgesamt die Planungsverantwortlichkeit übernommen.

Bewertung des Senats:

Der Beklagten steht der begehrte Anspruch iHv 28.386,08 Euro gemäß den §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB zu. Die Berufung der Klägerin hat insoweit keinen Erfolg.

Der Wandschutz gehörte zu dem von der Klägerin zu erbringenden Vertragssoll. Denn gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 GÜ-Vertrag schuldete die Klägerin “alle Leistungen, die zur schlüsselfertigen, voll funktionsfähigen … Erstellung des gesamten Bauvorhabens … erforderlich sind.” Zu einem funktionstüchtigen OP- und Warte-Bereich gehört in Anbetracht der mobilen Gegenstände und der Vielzahl der Nutzungsvorgänge auch ein Wandschutz. Die Beklagte weist zurecht darauf hin, dass die Klägerin dies ursprünglich auch so gesehen hat, wie sich daraus ergibt, dass sie selbst bezüglich des OP-Bereichs einen – nur nicht ausreichenden, da zu niedrigen – Wandschutz angebracht hatte.

Die erforderlichen Fristsetzungen sind in dem Schreiben vom 09.08.2012 erfolgt. Soweit die darin bis zum 15.8.2012 gesetzte Frist zu knapp bemessen war, hat die Klägerin auch nicht binnen der durch die Fristsetzung ausgelösten angemessenen Frist (vgl. insoweit BGH, Urt. v. 21.06.1985 – V ZR 134/84 = NJW 1985, 2640) nachgebessert. Die Forderungshöhe steht nicht im Streit.

d. Brandschutzmaßnahmen

Sachverhalt:

In Ziff. 2.1 e. der 4. Ergänzungsvereinbarung (Anlage K 5) ist festgehalten, dass Mängel in der “Planung und Umsetzung Brandschutz Übergang Haus N02 / N01” gerügt werden. Die Klägerin führte insoweit keine Maßnahmen aus, sondern stellte einen Nachtrag. Die Beklagte vergab daraufhin die Arbeiten gemäß den als Anlage HK 67 vorgelegten Aufträgen für 147.770 Euro an Dritt-Unternehmen und machte insoweit erstinstanzlich ein (doppeltes) Zurückbehaltungsrecht iHv 295.540 Euro geltend.

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat auf eine berechtigte Aufrechnungs-Forderung iHv 147.770 Euro erkannt. Ein Zurückbehaltungsrecht könne nicht mehr geltend gemacht werden, da die Auftragserteilung bereits 2015 erfolgt und mittlerweile abgerechnet ist. Der Einwand der Klägerin, die erforderlichen Maßnahmen seien von ihr erbracht worden und die Kosten seien weder angefallen noch erforderlich, sei pauschal geblieben und damit unbeachtlich.

Berufungsgegenstand:

Die Klägerin moniert mit ihrer Berufung, es hätten bereits keine Mängel vorgelegen, diese seien von ihr auch stets bestritten worden. Zudem habe die Beklagte nie dargelegt, aufgrund welcher Vereinbarungen die weiterhin auch nicht im Einzelnen erläuterten Maßnahmen geschuldet sein sollen. Entgegen der Einschätzung des Landgerichts habe sie auch stets eingewendet, die Maßnahmen seien nicht erbracht worden und deshalb seien auch keine Kosten angefallen.

Die Beklagte erwidert darauf, Mängel seien im Brandschutzgutachten gerügt, von der Klägerin in der 4. Ergänzungsvereinbarung anerkannt und von ihr – der Beklagten – mit einem Kostenaufwand von insgesamt 135.772,19 Euro beseitigt worden.

Bewertung des Senats:

Der Anspruch der Beklagten ist gemäß den §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB iHv 135.772,19 Euro berechtigt. Die Berufung der Klägerin hat damit teilweise Erfolg.

1. Dass die entsprechenden Brandschutzmaßnahmen zum Leistungssoll der Klägerin gehörten, ergibt sich zweifelsfrei aus der 4. Ergänzungsvereinbarung (Anlage K 5), denn dort ist in Ziffer 2.1 e. der Brandschutz im Übergang Haus N02 / N01 als Mangel bezeichnet und in Ziffer 3.4 bis zur Beseitigung der vorgenannten Mängel bzw bis zur Erbringung der entsprechenden Restleistung ein Mangel-Einbehalt vereinbart. Erläuterungen der Klägerin, weshalb ihre im Rahmen eines Vertrages abgegebene Erklärung, dass ein Mangel – also eine Abweichung des tatsächlichen Zustandes von dem von ihr geschuldeten Zustand – vorliegt, insoweit inhaltlich unzutreffend sein soll, fehlen. Dass nach dem unbestrittenen Beklagtenvortrag die Klägerin selbst das Brandschutzgutachten eingeholt hatte (GA 711), belegt weiterhin, dass Brandschutzmaßnahmen zu ihrem Leistungssoll gehörte.

2. Zudem trifft auch nicht zu, dass das Landgericht die Klägerin hinsichtlich der Erbringung von Maßnahmen falsch verstanden hätte. Die Klägerin hat mit erstinstanzlichem Schriftsatz v. 26.04.2016 (GA 828) vorgetragen, sie habe die Maßnahmen erbracht -und nicht, wie sie jetzt vorbringt, die Maßnahmen seien nicht von dritter Seite erbracht worden. Dieser geänderte Vortrag ist im Berufungsverfahren neu und nach den §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO mangels Zulassungsgrundes nicht zu berücksichtigen. Mit ihrem Vortrag, sie habe die Maßnahmen erbracht, bestätigt die Klägerin indes zusätzlich, dass diese von ihr auch grundsätzlich geschuldet waren.

3. Die erforderliche Fristsetzung ist bereits in Ziffer 3.1 Abs. 1 der 4. Ergänzungsvereinbarung vom 16.05.2012 (Anlage K5) enthalten, denn danach hatte die Klägerin die Mängelbeseitigung und Restleistungen bis zum 30.06.2012 zu erbringen. Soweit die einvernehmliche Mitwirkung der Klägerin der Bewertung als Fristsetzung im Sinne von § 637 BGB entgegensteht, liegt durch die Bestätigung der Erledigungsfrist jedenfalls eine entsprechende Selbstbindung der Klägerin vor, womit es aufgrund besonderer Umstände im Sinne der §§ 637 Abs. 2 iVm 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB nach Fristablauf keiner weiteren Fristsetzung seitens der Beklagten bedurfte.

4. Gemäß den nunmehr von der Beklagten vorgelegten Unterlagen (Anlage B 114) wurden die Arbeiten ab Januar 2016 ausgeführt, also nach Fristablauf.

5. Das Bestreiten der Klägerin zu dem Anfall und zu der Erforderlichkeit der Kosten ist erneut unsubstantiiert, denn aufgrund ihrer in der 4. Ergänzungsvereinbarung anerkannten Leistungspflicht und der in dem Brandschutzgutachten aufgeführten Vorgaben kann die Klägerin im Einzelnen ermessen, welche Maßnahmen mit welchem Kostenaufwand im Einzelnen zur Umsetzung des gebotenen Brandschutzes erforderlich waren. Ihr einfaches Bestreiten ist damit unzureichend. Der Höhe nach sind aber nur die der Beklagten tatsächlich angefallenen Kosten iHv 135.772,19 Euro zuzusprechen.

e. Außenzapfstelle

Die insoweit vom Landgericht zugesprochene Beklagten-Aufrechnung iHv 696,86 Euro wird von der Berufung der Klägerin nicht angegriffen.

f. WC-Besetztanzeigen

Sachverhalt:

Die Personal-WCs waren ohne Vorraum geplant worden, so dass jeder Mitarbeiter, der mit seinem Schlüssel die Tür vom Flur her öffnete, direkt in das WC gelangte, auch wenn dieses besetzt war. Für die Anbringung von Besetztanzeigen macht die Beklagte 6.110,51 Euro gemäß Rechnung der Streithelferin zu 3. (Anlage HK 69) geltend.

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat die Beklagten-Forderung als begründet erachtet. Eine Besetztanzeige sei selbstverständlich. Selbst wenn – was zwischen den Parteien streitig ist -, die Planung von der Beklagten vorgegeben worden sei, hätte die Klägerin diesen Planungsfehler erkennen müssen. Eine Fristsetzung sei wegen der Weigerung der Klägerin entbehrlich gewesen.

Berufungsgegenstand:

Die Berufung der Klägerin rügt, das Landgericht habe verkannt, dass selbst dann, wenn sie ihre Pflicht zum Hinweis auf einen Planungsfehler der Beklagten verletzt haben sollte, die zusätzliche Anbringung der Besetzt-Anzeigen in gleicher Höhe zu vergüten gewesen wäre.

Die Beklagte erwidert darauf, bei einem Hinweis auf Planungsfehler hätte eine kostenneutrale Umplanung der Personal-WCs mit Vorraum erfolgen können.

Bewertung des Senats:

Der zugesprochene Anspruch der Beklagten iHv 6.110,51 Euro ist gemäß den §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB begründet. Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

1. Der Mangel an sich ist prinzipiell unstreitig. Nach dem funktionalen Mangelbegriff musste bei besetztem WC jedenfalls irgendeine Zutrittsbeschränkung geplant werden. Die Klägerin hatte gemäß § 4 des GÜ-Vertrages eine umfassende Planungsverantwortlichkeit. Soweit sie bei ihrer Planung auch auf die Vorgaben der Beklagten einzugehen hatte und sie insoweit vorgetragen hat, eine entsprechende Vorgabe umgesetzt zu haben (GA 829), hat die Beklagte dies bestritten (GA 880), ohne dass die Klägerin zu den behaupteten Vorgaben der Beklagten weiter ausgeführt oder gar Beweis dafür angetreten hätte. Angesichts ihrer grundsätzlichen Planungsverantwortlichkeit ist die Klägerin aber für die Ausnahme einer Beklagten-Vorgabe darlegungs- und beweispflichtig und bleibt daher zumindest beweisfällig.

2. Einer Fristsetzung bedurfte es nicht, denn die Klägerin hat gemäß unbestrittenem Beklagten-Vortrag (GA 713) die Ausführung der Arbeiten abgelehnt und damit die Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigert, §§ 637 Abs. 2 Satz 1 iVm 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

3. Die Kostenhöhe ist im Berufungsverfahren unstreitig. Entgegen der Ansicht der Klägerin liegen auch keine Sowieso-Kosten vor. Denn gemäß § 10 Abs. 1 und 2 GÜ-Vertrag war ein auch die WC-Anlagen erfassender Pauschalfestpreis vereinbart. Die WC-Anlagen zählen zumindest zu den “festen Einbauten zivil”, die nach § 10 Abs. 2 Satz 2 von der Pauschalvergütung umfasst werden.

g. Türantrieb Notfallweg

Die insoweit vom Landgericht zugesprochene Beklagten-Aufrechnung iHv 424,83 Euro wird von der Berufung der Klägerin nicht angegriffen.

h. Filter an Wasserhähnen

Sachverhalt:

Die Klägerin hatte teilweise Wasser-Rohrstücke unzulässigerweise aus C-Stahl gefertigt, was zu Korrosion und Wassertrübungen mit Rost führte. Die Beklagte rügte dies mit Schreiben vom 01.06.2012 (Anlage HK 27) und forderte die Klägerin zur umgehenden Ursachenermittlung und zu Vorschlägen zur Mängelbeseitigung auf. Weiter erklärte die Beklagte in dem Schreiben, dass sie bis zum Vorliegen von Beprobungsergebnissen davon ausgehen müsse, dass das Wasser der betroffenen Hähne keine Trinkwasserqualität habe und sie deshalb als Sofortmaßnahme bereits Wasserfilter bestellt habe, die an allen wichtigen Entnahmestellen eingesetzt werden. In dem weiteren Schreiben vom 29.06.2012 (Anlage HK 28) geht die Beklagte auf ein zwischenzeitliches Bestreiten der Verunreinigungen seitens der Klägerin ein und weist wiederholend auf die erforderlichen Sofortmaßnahmen hin.

Die Klägerin ersetzte sodann bis zu ihrem Schreiben vom 20.12.2012 (Anlage HK 29) die C-Stahl-Rohrstücke durch Edelstahlrohre und beseitigte damit die Ursache für die Korrosion.

Die Beklagte hat vorgetragen (GA 714), sie habe zur Aufrechterhaltung des Betriebs in allen Räumen mit Patientenverkehr durch eigene Mitarbeiter Filter der V. an den Hähnen anbringen lassen müssen. Die dafür angefallenen Kosten iHv 34.490,96 Euro seien ortsüblich und angemessen.

Daraufhin hat die Klägerin vorgebracht (GA 829), die Wassertrübungen stellten keinerlei Gefahr für die Nutzung dar, so dass die Filter-Anbringung nicht zur Aufrechterhaltung des Betriebs notwendig gewesen sei. Zudem bestreite sie Anfall und Erforderlichkeit der Kosten.

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat die Aufrechnungs-Forderung der Beklagten in voller Höhe zuerkannt, insbesondere sei die Anbringung der Filter wegen der von der Klägerin nicht bestrittenen Rost-Wassertrübungen erforderlich gewesen.

Berufungsgegenstand:

Die Klägerin rügt mit ihrer Berufung, die Filter seien nicht geeignet gewesen, rostbedingte Wassertrübungen zu verhindern.

Die Beklagte erwidert, dass die Filter sehr wohl zur krankenhausbedingten Hygiene und Verbesserung der Trinkwasserqualität geeignet gewesen seien.

Bewertung des Senats:

Die Entscheidung des Landgerichts trifft zu. Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Es kann dahinstehen, ob die für eine Ersatzvornahme gemäß den §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB erforderliche – und konkret fehlende – Fristsetzung entbehrlich war, denn der Anspruch der Beklagten ist als Beseitigung eines Mangelfolgeschadens nach den §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 249 BGB erstattungsfähig. Die unstreitig rostbedingten Wassertrübungen betreffen in Form des beeinträchtigten Trinkwassers ein von dem Werk der Klägerin zu unterscheidendes anderes Rechtsgut der Beklagten. Es ist unstreitig, dass es aufgrund eines Ausführungsfehlers der Klägerin zu Wassereintrübungen gekommen ist. Auch wenn damit keine Gesundheitsgefahren verbunden gewesen sein sollten, musste die Beklagte diese nicht hinnehmen, zumal in einem Krankenhaus erhöhte Anforderungen an die auch “optische” Hygiene zu stellen sind. Einer Fristsetzung bedurfte es nicht. Die Klägerin hat sich nicht nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB exkulpiert. Die Beklagte durfte sich angesichts der akuten Lage – in den Patientenzimmer floss getrübtes Wasser aus den Hähnen – und des zögerlichen Verhaltens der Klägerin zur Beseitigung der rostbedingten Wassertrübungen durch den Filtereinbau herausgefordert fühlen.

Dadurch ist der Beklagten ein Schaden in Höhe der Beseitigungskosten entstanden. Die von der Beklagten insoweit angesetzten Kosten iHv 34.490,96 Euro sind als im Sinne von § 249 BGB erforderlich zu erstatten. Das pauschale Bestreiten des Anfalls und der Erforderlichkeit der Kosten seitens der Klägerin ist prozessual unzureichend, denn als vor Ort tätig gewesene und fachlich versierte Unternehmerin ist sie in der Lage, konkrete Einwände gegen Anzahl, Aufwand und Anschaffungskosten zu erheben. Der erstmals im Berufungsverfahren erhobene Vortrag der Klägerin, die Filter seien nicht geeignet gewesen, rostbedingte Wassertrübungen zu verhindern, wird von der Beklagten bestritten, ist somit im Berufungsverfahren neu und mangels Zulassungsgrundes nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen. Zudem wäre auch fraglich, ob die Klägerin mit ihrem Einwand die Erforderlichkeit (§ 249 BGB) der von der Beklagten zur Beseitigung des Mangelfolgeschadens ergriffenen Maßnahmen überhaupt hinreichend angreift.

2. Teil:

(5.) Aus den Rechnungen 2012/550, 2012/579 und 2013/796 steht der Klägerin insgesamt eine Vergütung von – lediglich – 693.306,96 Euro zu, die sich aus einer Werklohnforderung der Klägerin iHv 717.538,25 Euro (s. dazu nachfolgend I.) und einer Aufrechnung der Beklagten iHv 24.231,29 Euro (s. dazu nachfolgend II.) ergibt. Der gemäß dem 1. Teil berechnete Rest-Werklohn von 114.913,10 Euro erhöht sich damit auf (114.913,10 Euro + 693.306,96 Euro =) 808.220,06 Euro.

Hintergrund dieses Forderungskomplexes ist, dass die Klägerin während der Bauphase zum einen einvernehmlich geänderte bzw zusätzliche Leistungen ausführte, zum anderen es diesbezüglich aber auch Unstimmigkeiten gab, insbesondere, ob von ihr als Nachtragsvergütung geltend gemachte Leistungen nicht schon vom Grund-Pauschalauftrag erfasst waren.

Die Klägerin erstellte diesbezüglich unter dem 16.05.2012 die beiden Rechnungen Nr. 2012/550 (Anlage K 19) für “Leistungsänderungen – Anteil Haus N01” iHv 1.588.850,43 Euro und Nr. 2012/579 (Anlage K 20) für “Leistungsänderungen – Anteil Parkhaus” iHv 556.940,19 Euro.

In der Folge kam es zu Verhandlungen der Parteien über die Berechtigung der Einzelforderungen.

Mit der 5. Ergänzungsvereinbarung vom 08.10.2012 (Anlage HK 82) erfolgte “unter Berücksichtigung des jetzigen Verhandlungsstandes” eine Verständigung auf Teilzahlungen der Beklagten auf die Rechnungen Nr. 2012/550 iHv 410.300 Euro und Nr. 2012/579 iHv 208.200 Euro. In der Anlagen HK 83 und HK 84 zu dieser Ergänzungsvereinbarung wurde im Einzelnen die Aufteilung des Gesamtbetrages von 618.500 Euro auf die jeweiligen streitgegenständlichen Positionen vereinbart. § 2 dieser Vereinbarung bestimmt, dass die Parteien ihre Verhandlungen über die überschießenden Rechnungsbeträge fortsetzen werden. Gemäß § 3 ist mit dem Abschluss der Vereinbarung kein Verzicht der Auftragnehmerin auf gegebenenfalls bestehende weitere Zahlungsansprüche verbunden.

Die Beklagte erbrachte in der Folgezeit die vereinbarten Zahlungen von 618.500 Euro.

Am 19.03.2013 erstellte die Klägerin die weitere Rechnung Nr. 2013/796 (Anlage K 21) betreffend “weitere Nachträge Haus N01” über 1.533.157,61 Euro.

Die Verhandlungen über die Berechtigung der zahlreichen Nachträge setzten sich fort. Auf einer Wochenendklausur vom 01.-03.11.2013 in der Kommende K., an der auf Seiten der Klägerin die erstinstanzlich vernommenen Zeugen A., J. und Rechtsanwalt S. und auf Seiten der Beklagten deren Geschäftsführer P., der erstinstanzlich vernommene Zeuge N. sowie Rechtsanwalt H. von der Streithelferin zu 7. teilnahmen, kam es zu intensiven Verhandlungen, denen eine von dem Zeugen J. erstellte Liste (Anlage K 83) zugrunde lag.

Am 08.12.2013, 11.12.2013, 20.02.2014 und 26.02.2014 setzten die Zeugen J. und N. die Gespräche fort.

Im Verfahren stützte sich die Klägerin zunächst auf die Anlage K 22. Mit Schriftsatz vom 10.03.2016 (GA 735) legte sie eine aktualisierte, 60 Positionen umfassende Anlage K 22.1 vor. Sie macht geltend, auf Basis der vom 01.-03.11.2013 getroffenen Absprachen und der weiteren Verhandlungen zwischen den Zeugen J. und N. seien gemäß der Anlage K 22.1 – unter Berücksichtigung eines Finanzierungszuschlages von 3,72% und der 19%igen MwSt – Vergütungsansprüche iHv insgesamt 2.225.997,31 Euro brutto entstanden (vgl. GA 735, 955). Dabei unterscheidet die Klägerin gemäß der Anlage K 22.1 zwischen 3 [Farb-]Gruppen (s. GA 735):

(a.) orange = 205.703,01 Euro brutto aufgrund Schiedsgutachten zu 4 Positionen

(b.) grün = 691.267,68 Euro brutto gemäß Einigung der Parteien über 42 Positionen

(c.) weiß = (gerundet) 1.329.021 Euro brutto bzgl streitiger 14 Positionen

Abzüglich der iHv 618.500 Euro auf einige Forderungs-Positionen erbrachten (Teil-)Zahlungen begehrt die Klägerin eine Rest-Nachtragsforderung iHv (2.225.997,31 Euro – 618.500 Euro =) 1.607.497,31 Euro.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 31.08.2016 (GA 1012 und 1020-1014) in Bezug auf den Honoraranspruch der Klägerin aus den Rechnungen 2012/550, 2012/579 und 2013/796 insgesamt 6 Hilfsaufrechnungen in Gesamthöhe von 211.935,33 Euro erklärt.

I. Im Einzelnen zu der Bewertung der 3 [Farb-]Positions-Gruppen:

(a.) Vergütung auf die [orangen] Schiedsgutachten-Positionen

Hinsichtlich dieser Nachtragspositionen ist eine Vergütung iHv 205.700,52 Euro begründet.

Sachverhalt:

Bezüglich der 4 Nachtragspositionen LÄ 006, 018A, 018B und 026 einigten sich die Parteien anlässlich der Wochenendklausur vom 01.-03.11.2013 darauf, Schiedsgutachten einzuholen. Beide Parteien akzeptierten die daraufhin eingeholten Gutachten-Ergebnisse von 52.226,13 Euro netto für LÄ 006, 20.981,55 Euro netto für LÄ 018A, 60.311,27 Euro netto für LÄ 018B und 33.138,96 Euro netto für LÄ 026.

LG-Entscheidung:

Auf obiger Basis hat das Landgericht der Klägerin eine Vergütung iHv 166.657,94 Euro zuerkannt.

Berufungsgegenstand:

Die Klägerin rügt mit ihrer Berufung, das Landgericht habe den Finanzierungszuschlag iHv 3,72% und die 19%ige Mehrwertsteuer nicht berücksichtigt.

Bewertung des Senats:

Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Bei zutreffender Berechnung ergibt sich eine Brutto-Vergütung iHv 205.700,52 Euro. Der aus den Einzelergebnissen der vier Schiedsgutachten resultierende Gesamt-Nettobetrag von 166.657,91 Euro ist um den in dem Protokoll der Beiratssitzung der Beklagten vom 20.11.2012 (Anlage K 18a) als einvernehmlich bezeichneten Finanzierungszuschlag von 3,72% auf den Nettobetrag von 172.857,58 Euro zu erhöhen. Dem entspricht eine Brutto-Vergütung iHv 205.700,52 Euro. Auf diese Vergütungspositionen sind keine (Teil-)Zahlungen der Beklagten erfolgt.

(b.) Vergütung auf die [grünen] Positionen, von denen die Klägerin behauptet, insoweit seien jeweils endgültige Einigungen erzielt worden

Insoweit ist insgesamt eine Rest-Vergütungsforderung der Klägerin iHv – lediglich – 399.724,44 Euro begründet.

Sachverhalt:

Die Klägerin behauptet, anlässlich der Wochenendklausur vom 01.-03.11.2013 sowie in nachfolgenden Gesprächen zwischen den Zeugen J. und N. am 08.12.2013, 11.12.2013, 20.02.2014 und 26.02.2014 habe man auf Basis der Anlage K 83 in Bezug auf 42 Positionen, die in ihrer Anlage K 22.1 grün dargestellt seien, eine endgültige Einigung über die berechtigte Forderungshöhe der seinerzeit noch streitigen Nachträge erzielt.

LG-Entscheidung:

Aufgrund der zu den Ergebnissen der Einigungsgespräche durchgeführten Beweisaufnahme ist das Landgericht zu der Überzeugung gelangt, dass hinsichtlich sämtlicher auf der Anlage K 22.1 grün hinterlegter Positionen die von der Klägerin behaupteten Teil-Einigungen getroffen worden seien. Soweit erkennbar hat das Landgericht den sich daraus errechnenden Vergütungsanspruch der Klägerin mit 558.322,17 Euro angesetzt und darauf keine Teil-Zahlungen der Beklagten angerechnet.

Berufungsgegenstand:

Insoweit haben beide Parteien Berufungseinwände erhoben.

Die Klägerin rügt auch bei dieser Position, dass das Landgericht die Finanzierungskosten iHv 3,72% und die 19%ige Mehrwertsteuer nicht zutreffend berücksichtigt habe.

Die Beklagte moniert zum einen die Feststellung des Landgerichts, bezüglich sämtlicher auf der Anlage K 22.1 grün hinterlegter Positionen sei bei der Wochenendklausur eine Einigung erzielt worden. Dies sei schon deshalb unrichtig, weil die Anlage K 22.1 auch Grün-Positionen enthalte, die auf der Anlage K 83 nicht wiedergegeben seien. Zum anderen habe das Landgericht nicht alle von ihr erbrachten (Teil-)Zahlungen berücksichtigt und ihre mit Schriftsatz vom 31.08.2016 (GA 1012 und 1020-1014) erklärten 6 Hilfsaufrechnungen in Gesamthöhe von 211.935,33 Euro unberücksichtigt gelassen.

Bewertung des Senats:

Die Berufungseinwände beider Parteien sind berechtigt und führen im Ergebnis dazu, dass die offene Werklohnforderung der Klägerin unter Berücksichtigung einer erfolgreichen Hilfsaufrechnung der Beklagten sich auf 375.493,15 Euro beläuft und somit insgesamt allein die Berufung der Beklagten teilweise erfolgreich ist.

Der Werklohn der Klägerin für die hier streitgegenständlichen Nachträge beläuft sich unter Berücksichtigung bereits geleisteter Zahlungen auf 399.724,44 Euro.

1. Bei der Bewertung der streitgegenständlichen Forderungs-Position ist grundsätzlich von folgenden rechtlichen Parametern auszugehen, wobei – wie den Parteien mit der Vorsitzenden-Verfügung vom 25.11.2020 (GA 2375 ff) bereits ohne nachfolgenden Widerspruch mitgeteilt wurde – in tatsächlicher Hinsicht die von der Beklagten erstellte Anlage HK 85 maßgeblich ist.

a. Sämtliche von der Klägerin behaupteten Teil-Einigungen sind tatsächlich erfolgt.

(1) Im Hinblick auf die in der Anlage K 83 grün hinterlegten 24 Positionen sind die Feststellungen des Landgerichts, dass insoweit anlässlich der Wochenendklausur entsprechende Einigungen erzielt wurden, gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO für den Senat bindend. Insoweit kann also dahingestellt bleiben, ob die Beklagte ihr Bestreiten im Laufe des Berufungsverfahrens nicht ohnehin aufgegeben hat.

Nach dieser Norm hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO liegen hierbei vor, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. BGH, Beschl. v. 21.03.2018 – VII ZR 170/17 = NJW-RR 2018, 651 f.; Beschl. v. 04.09.2019 – VII ZR 69/17 = NJW-RR 2019, 1343 Rz. 11). Konkrete Anhaltspunkte können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem erstinstanzlichen Gericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweisaufnahme unvollständig ist oder die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind. Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung sind ein unrichtiges Beweismaß, Verstöße gegen Denk- und Naturgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze sowie Mängel der Darstellung des Meinungsbildungsprozesses wie Lückenhaftigkeit oder Widersprüche (s. u.a. BGH, Urt. v. 21.06.2016 – VI ZR 403/14 = NJW-RR 2017, 219 Rz. 10; v. 08.06.2004 – VI ZR 199/04 = NJW 2004, 2828 Rz. 13).

Konkrete Zweifel an der Richtigkeit dieser tatsächlichen Feststellungen sind weder vorgetragen, noch erkennbar. Da die Berufung der Beklagten die erstinstanzliche Beweiswürdigung zur endgültigen Einigung bei der Wochenendklausur vom 01.-03.11.2013 nicht im Einzelnen angreift (vgl. GA 1745), werden von ihr keine konkreten Zweifel dargetan. Solche sind aber auch nicht “von Amts wegen” erkennbar. Die Begründung des Landgerichts stützt sich überzeugend auf das seinerzeitige dezidierte Durchgehen jeder einzelnen Nachtrags-Position anhand der Anlage K 83 mit den unterschiedlichen Ergebnissen, das nachträgliche “Leben” der in der Anlage K 83 festgehaltenen Ergebnisse, insbesondere durch die Einholung der vier Schiedsgutachten, die “hochkarätige” Besetzung der Wochenendklausur und kaufmännische Gesichtspunkte. Insbesondere die erstinstanzliche Behauptung der Beklagten, die gefundenen Einzeleinigungen seien nicht verbindlich, da Ziel der Verhandlungen gewesen sei, eine Gesamtlösung zu finden, lässt sich anhand der protokollierten Zeugenaussagen widerlegen. So hat der Zeuge N. zwar – als einziger – bekundet, das ganze Meeting habe nur den Zweck gehabt, eine Gesamtlösung zu finden (GA 1094R, 1095), er räumte aber auch ein: “So genau ist das möglicherweise nicht ausgesprochen worden” und “das war aber allen Beteiligten klar und vor allen Dingen mir und auch Herrn P. klar.” Diese Einschränkungen lassen den naheliegenden Schluss zu, dass zwar die Beklagtenseite nur an einer Gesamteinigung interessiert war, sie dieses Interesse aber nicht ausreichend genug der Klägerseite vermittelt hat, so dass gemäß Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) verbindliche Teil-Einigungen geschlossen wurden.

(2) Im Hinblick auf die übrigen streitgegenständlichen Positionen sind die Feststellungen des Landgerichts nicht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend. Denn entgegen dem weiter gefassten Beweisbeschluss vom 28.03.2017 (GA 1052) ist in der Beweisaufnahme durch entsprechende Befragung der Zeugen tatsächlich allein über die Ergebnisse der Wochenendklausur vom 01.-03.11.2013, nicht aber über den Ausgang der zwischen den Zeugen J. und N. am 08.12.2013, 11.12.2013, 20.02.2014 und 26.02.2014 geführten Gesprächen Beweis erhoben worden. Jedoch hat die Beklagte vor der insoweit seitens des Senates durch Beweisbeschluss vom 10.02.2021 angeordneten Fortsetzung der Beweisaufnahme im Hinblick auf die von der Klägerin zwischenzeitlich eingereichten Anlage BK 32 die von ihr zuvor bestritten Einigungs-Positionen im Termin am 02.06.2021 unstreitig gestellt (GA 2578R).

b. Die Anlage HK 85 enthält unter dem Oberpunkt “a) Aus Sicht der Klägerin “unstreitige” Nachträge” alle von der Klägerin in ihrer Anlage K 22.1 insoweit aufgeführten Vergütungs-Positionen. Soweit in der Anlage HK 85 lediglich 33 der in der Anlage K 22.1 ausgewiesenen 42 [Grün-]Positionen wiedergegeben sind, wirkt sich dies nicht zuungunsten der Klägerin aus, denn die fehlenden 9 Positionen (LÄ 086, 089.1, 090, 091, 093, 094, 109, 114, 116) sind in der Anlage K 22.1 mit dem Betrag “0,00” Euro belegt und weisen somit von vorn herein keinen Vergütungsanspruch der Klägerin aus.

c. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin in ihrer Anlage K 22.1 zu den geltend gemachten [Grün-]Positionen LÄ 022 und 059 Negativ-Beträge eingestellt hat, also sich insoweit bei ihrer Forderungsaufstellung entsprechende Rückforderungsansprüche der Beklagten anrechnen lässt.

d. Es ist die Erfüllungswirkung (§ 362 Abs. 1 BGB) der gemäß der 5. Ergänzungsvereinbarung vom 08.10.2012 (Anlage HK 82) im Einzelnen vereinbarten und von der Beklagten auch tatsächlich erbrachten (Teil-)Zahlungen auf die einzelnen streitgegenständlichen Positionen zu berücksichtigen. Die 5. Ergänzungsvereinbarung enthält insoweit eine den in § 366 BGB normierten Regeln der Leistungsanrechnung vorrangige Tilgungsvereinbarung, die nunmehr beide Parteien bindet (vgl. Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 366 Rz. 8 mwN).

e. Soweit bezüglich der Positionen LÄ 038, 051, 057 und 076 die geleistete Teil-Zahlung die tatsächlich geschuldete Vergütung übersteigt, ist im Hinblick auf den überschießenden Betrag kein Rückforderungsanspruch der Beklagten begründet. Denn aufgrund der in der 5. Ergänzungsvereinbarung vom 08.10.2012 vereinbarten Aufteilung der Teil-Zahlungen auch auf sich letztlich nicht als begründet erweisende Positionen hat die Beklagte ein entsprechendes Anerkenntnis der jeweiligen Position in Höhe der verrechneten Zahlung abgegeben. Dies ergibt sich insbesondere auch aus § 2 dieser Ergänzungsvereinbarung, wonach die Parteien ihre Verhandlungen über die “überschießenden” Rechnungsbeträge fortsetzen, sowie aus § 3, der nur zugunsten der Klägerin klarstellt, dass mit dem Abschluss der Vereinbarung kein Verzicht auf gegebenenfalls weitere Zahlungsansprüche verbunden ist, nicht aber dass – spiegelbildlich – mit der Einigung kein Anerkenntnis seitens der Beklagten verbunden ist.

f. Die Anlage HK 85 berücksichtigt zu jeder der 33 streitgegenständlichen Positionen nicht nur den gemäß dem Protokoll der Beiratssitzung der Beklagten vom 20.11.2012 (Anlage K 18a) geschuldeten Finanzierungszuschlag von 3,72% sowie die 19%ige Mehrwertsteuer, sondern auch die auf die Nachtrags-Position gemäß der 5. Ergänzungsvereinbarung vom 08.10.2012 von der Beklagten geleisteten (Teil-)Zahlungen.

2. Nach Maßgabe vorstehender Ziffer 1. sind der Anlage HK 85 bzgl. der 33 streitgegenständlichen Positionen folgende (den 3,72%igen Finanzierungszuschlag sowie die 19%ige Mehrwertsteuer ggfs bereits berücksichtigende) Ausgangs-Forderungen der Klägerin, Zahlungen der Beklagten und sich daraus ergebende Rest-Forderungen der Klägerin bzw. Rück-Forderungen der Beklagten zu entnehmen:

(…)

In Höhe dieses Saldos von 399.724,44 Euro ist die Rest-Werklohnforderung der Klägerin begründet.

(c.) Vergütung bzgl. der beidseits streitig gebliebenen [weißen] Positionen

Diesbezüglich beträgt die Rest-Vergütungsforderung der Klägerin – lediglich – 112.113,29 Euro.

Sachverhalt:

Hinsichtlich weiterer 14 Leistungsänderungs-Positionen, die mit den 3 Rechnungen Nrn. 2012/550, 2012/579 und 2013/796 geltend gemacht werden, gab es – unstreitig – weder eine Schiedsgutachter-Abrede, noch eine Betrags-Einigung, vielmehr blieben diese vollständig streitig.

Der GÜ-Vertrag vom 19.06.2009 (Anlage K 1) enthält bzgl des Grund-Leistungsumfangs sowie der Behandlung zusätzlicher und geänderter Leistungen folgende Regelungen:

§ 3 Leistungsumfang:

(1) Der Auftragnehmer erbringt nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen alle Leistungen, die zur schlüsselfertigen, voll funktionsfähigen, mängelfreien, klinikbetriebsbereit gereinigten und den anerkannten Regeln der Baukunst und der Technik sowie den öffentlichen-rechtlichen Bestimmungen entsprechenden Erstellung des gesamten Bauvorhabens inklusive aller dazu notwendigen Leistungen in den Bereichen Planung und Bau erforderlich sind. …

(2) Der Auftragnehmer verpflichtet sich bereits jetzt, für die Errichtung des Hauses N01 des Klinikums Q. nebst Parkhaus sämtliche behördlichen Auflagen und Bedingungen aus der zu erteilenden Baugenehmigung zu beachten und durchzuführen. Etwaige hierdurch entstehende Kosten und/oder Schäden trägt der Auftragnehmer, sofern er üblicherweise damit rechnen konnte.

(3) Leistungen, die für die schlüsselfertige, voll funktionsfähige, mängelfreie, klinikbetriebsbereit gereinigte und den anerkannten Regeln der Baukunst und der Technik sowie den öffentlichen-rechtlichen Bestimmungen entsprechende Erstellung des gesamten Bauvorhabens erforderlich sind, aber auf der Grundlage der dem Auftragnehmer zur Verfügung gestellten Unterlagen und sonstigen Angaben nicht, nicht vollständig oder nicht eindeutig beschrieben sind, sind vom Auftragnehmer ohne Anspruch auf Mehrvergütung zu erbringen, wenn er diese bei gebotener Sorgfalt aus dem ihm vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Unterlagen erkennen konnte.

§ 4 Planungsleistungen:

(5) … Die Parteien sind sich darüber einig, dass die vom Auftragnehmer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erbrachten Planungsleistungen noch nicht abschließend sind. … Umplanungen können sich … aus dem nach Vertragsschluss erforderlichen Abstimmungen mit den Nutzern ergeben … . Auch diese Umplanungen erfolgen auf Kosten des Auftragnehmers, sofern sie im vorgegebenen Raumkörper / Kubatur erfolgen und für den Auftraggeber im Rahmen der weiteren Leistungsphasen bis einschließlich Leistungsphase 5 erforderlich sind. …

§ 5 Bauleistungen enthält in den Absätzen 1-3 zunächst umfangreiche Regelungen zu den von der Klägerin zu erbringenden Bauleistungen.

(4) Soweit in diesem Vertrag, den Vertragsgrundlagen und in den Anlagen bestimmte Leistungen nicht vollständig oder nicht eindeutig beschrieben sind, aber für das Bauvorhaben erkennbar erforderlich sind, hat der Auftragnehmer den Auftraggeber auf diese Leistungen unverzüglich nach seiner Kenntnis schriftlich hinzuweisen. Erfolgt der Hinweis nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig, obwohl der Auftragnehmer von diesen Leistungen Kenntnis erlangte, hat er diese Leistungen ohne Anspruch auf Mehrvergütung zu erbringen.

(10) … Leistungsänderungen oder -ergänzungen gegenüber den Vorgaben dieses Vertrages sind nur wirksam, wenn sie vom Auftraggeber schriftlich beauftragt bzw. angeordnet wurden. …

(11) Das vom Auftragnehmer mit seinem letztverbindlichen Angebot … vorgelegte Raumbuch definiert die Mindestvorgaben, insbesondere im Hinblick auf Qualitäten, für die Errichtung des Neubaus des Hauses N01 nebst Parkhaus. Werden im Ergebnis der Ausführungsplanung nach der HOAI Leistungsphase 5 Änderungen am Raumbuch erforderlich, etwa auf Grund der Ergebnisse der Nutzerabstimmungen, hat der Auftragnehmer diese umzusetzen. Eine zusätzliche, über die in § 10 dieses Vertrages geregelte Vergütung ist ausgeschlossen.

§ 8 Leistungsänderungen:

(1) … Der Auftragnehmer hat für eine zusätzliche oder geänderte Leistung, die er für erforderlich hält, bevor er dies erbringt, dem Auftraggeber grundsätzlich unverzüglich schriftlich ein Nachtragsangebot mit Angabe der zu erbringenden Leistungen, Ausführungsfristen und einer Vergütung einzureichen und dieses schriftlich zu vereinbaren. Hierbei hat er auf Grundlage dieses Vertrages die Mehr- und Minderleistungen mit entsprechenden Kosten gegenüber zu stellen.

(2) Sofern in Einzelfällen aus sachlichen Gründen ein Nachtragsangebot nicht unverzüglich schriftlich möglich ist, reicht eine qualifizierte Kostenschätzung des Auftragnehmers aus, um mit der Bauleistung zu beginnen. Ein Nachtragsangebot ist sodann vom Auftragnehmer unverzüglich nachzureichen und darf die qualifizierte Kostenschätzung bei bekannten Leistungsmengen um nicht mehr als 10% übersteigen. Etwaige Kostensteigerungen im Nachtragsangebot, die über die 10% hinausgehen, trägt der Auftragnehmer.

(3) Der Auftragnehmer ist erst dann berechtigt, aus zusätzlichen oder geänderten Bauleistungen Ansprüche herzuleiten, wenn der Auftraggeber dieses schriftlich angeordnet hat. …

Die Klägerin hat bzgl der hier streitgegenständlichen 14 Leistungsänderungs-Positionen erstinstanzlich mit Einzel-Begründungen zu jeder Position eine Gesamtforderung von (Netto-Forderung iHv 1.096.324,10 Euro + 3,72% Finanzierungszuschlag + 19% MwSt =) 1.353.157,60 Euro geltend gemacht, der sich die Beklagte mit Einzel-Vortrag zu jeder Position insgesamt entgegengestellt hat.

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat nur 4 Positionen und dafür lediglich eine Gesamtvergütung von 179.093,83 Euro brutto als begründet erachtet und Mehrforderungen bzgl einzelner anerkannter Positionen sowie einen Werklohn für die restlichen 10 Positionen in voller Höhe verneint.

Im Einzelnen hat es für folgende 4 Positionen folgende Netto-Beträge zuerkannt:

– LÄ 015 iHv 30.236,04 Euro

– LÄ 041 iHv 17.089,20 Euro

– LÄ 061A iHv 92.319,20 Euro

– LÄ 112 iHv 4.456,82 Euro

Bei der Addition ist das LG auf 145.101,26 Euro [rechnerisch zutreffend = 144.101,26 Euro] gelangt und hat unter Berücksichtigung von 3,72% Finanzierungskosten und 19%iger MwSt eine Gesamtvergütung von 179.093,83 Euro ausgewiesen (UA S. 60). Teil-Zahlungen der Beklagten wurden nicht berücksichtigt.

Berufungsgegenstand:

Die erstinstanzliche Entscheidung wird von beiden Parteien mit ihren Berufungen angegriffen, dies aber nicht vollständig bzgl aller für sie jeweils nachteiligen Positions-Entscheidungen, sondern im Einzelnen differenziert.

Die Klägerin begehrt eine weitere Vergütung iHv 526.741,54 Euro. Zudem stützt sie ihre Klageanträge gemäß ihrer zu Protokoll der Sitzung vom 02.06.2021 genommenen Erklärung auch auf die Positionen die das Landgericht zugesprochen hat, “das sind die Nachtragspositionen 15, 41, 47, 61a und 112” (GA 2578R).

Die Beklagte moniert generell, das Landgericht habe die gemäß der 5. Ergänzungsvereinbarung vom 08.10.2012 (Anlage HK 82) im Einzelnen vereinbarten und von ihr auch tatsächlich erbrachten (Teil-)Zahlungen nicht berücksichtigt.

Bewertung des Senats:

Bezüglich der 14 streitigen Positionen ist eine Gesamtvergütung der Klägerin iHv 112.113,29 Euro (inclusive 3,72% Finanzierungskosten und 19%iger MwSt) berechtigt, davon entfallen

– 4.679,33 Euro auf die LÄ 015 Betonplatten,

– 52.562,33 Euro auf die LÄ 061A Ausstattung Patientenzimmer,

– 49.370,72 Euro auf die LÄ 092 Gardinen Patientenzimmer und

– 5.500,91 Euro auf die LÄ 112 Mehrkosten zus. Medizintechnik.

Insoweit hat im Ergebnis allein die Berufung der Beklagten Erfolg, dies aber nur teilweise.

Zu den einzelnen Positionen:

(1.) LÄ 015 (Betonplatten)

Sachverhalt:

Im Anschluss an eine Behinderungsanzeige der Klägerin vom 18.01.2010 (Anlage K 25), dass im Baufeld des Parkhauses unerwartet großflächige Betonplatten aufgefunden worden waren, übersandte die Klägerin der Beklagten am 19.02.2010 (Anlage K 26) eine Kostenschätzung über 24.300,30 Euro. Daraufhin beauftragte die Beklagte unter dem 24.02.2010 (Anlage K 27) die Klägerin mit dem Abbruch und der Entsorgung der Betonplatten dem Grunde nach und wies darauf hin, dass der Nachtrag zunächst auf Basis der Kostenschätzung und endgültig auf Nachweis der Massen erfolge.

Die Klägerin hat unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 10.01.2013 nebst Aufstellung der Mehr-und Minderkosten (Anlage K 28) eine Netto-Vergütung 30.236,04 Euro geltend gemacht, die Beklagte lediglich 4.379,92 Euro zugestanden.

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat diese Forderung auf Basis der geltend gemachten Netto-Forderung von 30.236,04 Euro netto in voller Höhe zugesprochen.

Eine Beauftragung dieser Leistungsänderung sei unstreitig mit Schreiben vom 24.02.2010 erfolgt. Die Klägerin habe mit der vorgelegten Abrechnung die durchgeführten Arbeiten und die jeweiligen Massen nachvollziehbar dargestellt und die Minderkosten in gleicher Weise gegenübergestellt. Der Anspruch sei auch nicht nach § 8 Abs. 2 des GÜ-Vertrages auf 110 % der qualifizierten Kostenschätzung begrenzt, da die tatsächlichen die “bekannten Leistungsmengen” iSv § 8 Abs. 2 Satz 2 des GÜ-Vertrages um das 2-3fache überstiegen.

Berufungsgegenstand:

Gegen diese erstinstanzliche Bewertung richtet sich die Berufung der Beklagten im vollen Umfang. Die Beklagte rügt zum einen, das Landgericht habe übersehen, dass ursprünglich der Bau des Parkhauses in einem überwiegend bewaldeten und mit Bestandsparkplätzen versehenen Bereich geplant gewesen sei, erst infolge einer Orts-Veränderung habe sich die Notwendigkeit der Entfernung von Betonplatten ergeben. Die Klägerin habe sich dadurch die (Minder- und Sowieso-)Kosten für die am Ursprungs-Standort erforderlich gewesene Entfernung von Bäumen und Wurzeln sowie für die Neubegrünung der Bestandsparkplätze erspart. Die von der Klägerin dafür angesetzten Minderkosten würden dem tatsächlich ersparten Aufwand insbesondere mit Blick auf die Ersparnis der bis zu 2m tiefen Baumrodungen nicht gerecht. Zum anderen beruft sich die Beklagte darauf, dass mit Schreiben vom 26.06.2013 (GA 1865f) eine Einigung auf eine Nachtragszahlung iHv 4.379,92 Euro netto = 5.212,10 Euro brutto erfolgt sei, die aufgrund der unstreitig gemäß der 5. Ergänzungsvereinbarung vom 08.10.2012 (Anlage HK 82) auf die Rechnungen Nrn. 2012/550 und 2012/579 geleisteten Zahlungen bereits erbracht worden sei.

Bewertung des Senats:

Die Berufung der Beklagten hat überwiegend Erfolg, denn der Klägerin steht eine Vergütung von – lediglich – 4.679,33 Euro zu.

Zwar ist die von der Klägerin geltend gemachte Forderung (inclusive 3,72% Finanzierungskosten und 19%iger MwSt) iHv 37.319,38 Euro entstanden (dazu 1.), sie ist aber durch eine Teil-Zahlung der Beklagten iHv 32.640,05 Euro bereits teilweise erloschen (dazu 2.).

1. Aufgrund der in der Anlage HK 85 ausgewiesenen Teil-Zahlung iHv 32.640,05 Euro liegt ein Anerkenntnis der Beklagten in dieser Höhe vor (vgl. Ausführungen zu 2. Teil (5) I. (b.) 1. e.). Auch der restliche Anspruch von 4.679,33 Euro ist begründet, denn der Werklohnanspruch der Klägerin beläuft sich auf 37.319,38 Euro. Die Klägerin hat entgegen dem Einwand der Beklagten den Ersparnisaufwand bereits hinreichend dadurch berücksichtigt, dass sie in ihrem Abrechnungs-Schreiben vom 10.01.2013 (Anlage K 28) Minderkosten u.a. iHv 20.769,68 Euro im Hinblick auf das “abtragen und entsorgen von Oberböden bis 130 cm” eingestellt hat. Damit ist nach richterlicher Schätzung gemäß § 287 ZPO eine ausreichende Kostenersparnis eingerechnet worden. Das Schreiben der Beklagten vom 26.06.2013 steht der Gesamtforderung der Klägerin nicht entgegen, denn es gibt allein deren Ansicht, aber keine Einigung wieder.

2. Die in der Anlage HK 85 ausgewiesene und seitens der Beklagten auch tatsächlich geleistete Teil-Zahlung iHv 32.640,05 Euro reduziert die Forderung der Klägerin gemäß § 362 BGB auf 4.679,33 Euro.

(2.) LÄ 041 Umplanung Lungenklinik

Sachverhalt:

Im Laufe des Bauvorhabens entschied sich die Beklagte zur Neuordnung der Ambulanz Lungenklinik ohne die Onkologie, die künftig in Haus 32 in einem onkologischen Zentrum untergebracht werden sollte. Das vereinbarungsgemäß von der Klägerin vorgelegte Angebot zur Leistungsänderung Nr. 041 Umplanung Lungenklinik (Anlage K 77) sah eine Angebotssumme von netto 36.294,71 Euro zzgl. Finanzierungskosten vor. Die Beklagte nahm im Rahmen ihrer Prüfung zahlreiche Kürzungen vor, von denen die Klägerin mit Schreiben vom 27.02.2014 einige akzeptierte und der Beklagten mitteilte, die LÄ-Berechnung “ende nun mit 17.089,20 Euro (netto, ohne Finanzierungskosten)” (Anlage HK 78).

Die Klägerin hat eine Vergütung auf der Basis von 36.294,17 Euro netto begehrt.

LG-Entscheidung:

Aufgrund obigen Sachverhalts hat das Landgericht erkannt, die Parteien hätten sich für die unstreitig beauftragte Umplanung auf einen Betrag von 17.089,20 Euro netto, zzgl. Finanzierungskosten geeinigt.

Berufungsgegenstand:

Die Klägerin hat im Hinblick auf den abgewiesenen Teilbetrag keine Berufung eingelegt.

Die Berufung der Beklagten wendet sich konkret nur gegen die Zusprechung eines Teilbetrages von 3.572,82 Euro netto. Das Landgericht gehe zu Unrecht von einer Einigung iHv 17.089,20 Euro netto aus, denn sie habe gemäß Schreiben vom 11.02.2014 (Anlage B 108, GA 1867ff) nur einen Nettobetrag von 13.516,38 Euro anerkannt.

Bewertung des Senats:

Die Berufung der Beklagten ist erfolgreich, denn der Klägerin steht keine Vergütung mehr zu.

Zwar ist der Klägerin die vom Landgericht zugesprochene Forderung (inclusive 3,72% Finanzierungskosten und 19%iger MwSt) iHv 21.092,65 Euro entstanden (dazu 1.), sie ist aber durch eine Teil-Zahlung der Beklagten iHv 21.595,35 Euro bereits vollständig getilgt (dazu 2.).

1. Ob das erstmals im Berufungsverfahren vorgelegte Schreiben vom 11.02.2014 gemäß den §§ 529 Abs.1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen ist und zu einer anderen Feststellung führt, kann dahinstehen. Denn aufgrund der in der Anlage HK 85 ausgewiesenen Teil-Zahlung iHv 21.595,35 Euro liegt ein Anerkenntnis der Beklagten vor (vgl. Ausführungen zu 2. Teil (5) I. (b.) 1. e.).

2. Aufgrund der seitens der Beklagten auch tatsächlich geleisteten Teil-Zahlung iHv 21.595,35 Euro ist die Forderung der Klägerin gemäß § 362 BGB vollständig erloschen. Diese Teil-Zahlung ist trotz der nur eingeschränkten Berufung der Beklagten gegen die vorliegende Nachtragsposition zu berücksichtigen, denn die Beklagte rügt mit ihrer Berufung grundsätzlich, dass das Landgericht die von ihr auf die 5. Ergänzungsvereinbarung vom 08.10.2012 geleisteten Zahlungen unbeachtet gelassen hat.

(3.) LÄ 047 Zusätzliche Strom- und EDV-Anschlüsse

Sachverhalt:

Die Beklagte übersandte mit Schreiben vom 17.01.2011 (Anlage K 29a) Anmerkungen der Nutzer zu den vorgestellten Plänen. Darin wurde zu den Räumen 3.031, 4.031 und 5.031 um ausreichende Anschlüsse für 4-5 (EDV-)Geräte gebeten. Die Klägerin erstellte daraufhin das Angebot vom 21.03.2011 über 5.606,70 Euro netto zzgl. Finanzierungskosten und MwSt (Anlage K 29b) und erbrachte die angebotenen Leistungen. Die Beklagte lehnte das Angebot mit Schreiben vom 20.11.2013 (Anlage HK 40) ausdrücklich ab.

Die Klägerin hat insoweit vorgetragen, die Räume seien zunächst nur zur Nutzung mit einem Arbeitsplatz vorgesehen gewesen, später sollten dann zwei Arbeitsplätze eingerichtet werden. Sie ist der Ansicht, die Beklagte sei zur Zahlung verpflichtet, weil sie 18 Monate lang nicht widersprochen, sondern die Leistung entgegengenommen habe.

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat diese Nachtrags-Forderung insgesamt zurückgewiesen. Gemäß den §§ 4 (5) und 5 (11) des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009 bestehe kein Anspruch der Klägerin, denn danach erfolgen Umplanungen und Bauleistungen, die sich aus den Abstimmungen mit den Nutzern ergeben, auf Kosten der Auftragnehmerin.

Berufungsgegenstand:

Die Klägerin rügt mit ihrer Berufung, entgegen der Ansicht des Landgerichts fänden die zitierten Vorschriften nicht auf den Umbau von Leistungsbereichen Anwendung, welche bereits als Ergebnis von Nutzerabstimmungen fertig geplant und ausgeführt seien.

Die Beklagte meint in ihrer Berufungserwiderung, die Umplanung beruhe auf Planungsmängeln beim Brandschutz.

Bewertung des Senats:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg, denn ihr steht keine Vergütung mehr zu.

Zwar ist zugunsten der Klägerin eine Forderung iHv 2.384,75 Euro zu berücksichtigen (dazu 1.), sie ist aber durch eine Teil-Zahlung der Beklagten iHv 2.384,75 Euro bereits vollständig erloschen (dazu 2.).

1. Aufgrund der in der Anlage HK 85 ausgewiesenen Teil-Zahlung iHv 2.384,75 Euro liegt insoweit ein Anerkenntnis der Beklagten (vgl. Ausführungen zu 2. Teil (5) I. (b.) 1. e.) und damit eine Vergütungsforderung der Klägerin in dieser Höhe vor. Darüber hinaus hat die Klägerin keinen weiteren Vergütungsanspruch, denn sie ist insoweit beweispflichtig geblieben. Die Beklagte hatte bereits erstinstanzlich auf die Ursache von Planungsmängeln beim Brandschutz hingewiesen (GA 720), ohne dass die Klägerin zu ihrem entgegenstehenden Vortrag tauglichen Beweis angetreten hätte (s. GA 549 f, 832). Im Übrigen wird auf die überzeugende Begründung des Landgerichts Bezug genommen.

2. Aufgrund der seitens der Beklagten auch tatsächlich geleisteten Teil-Zahlung iHv 2.384,75 Euro ist die Forderung der Klägerin gemäß § 362 BGB vollständig erloschen.

(4.) LÄ 052A Mehrkosten ITS

Diese vom Landgericht vollständig abgewiesene Forderung der Klägerin iHv 488.153,16 Euro wird von der Berufung der Klägerin nicht weiterverfolgt.

(5.) LÄ 061A Ausstattung Patientenzimmer

Sachverhalt:

Im Laufe des Bauvorhabens entschied sich die Beklagte zu einer zusätzlichen Ausstattung der Patientenzimmer. Das vereinbarungsgemäß von der Klägerin vorgelegte Angebot zur Leistungsänderung Nr. 061A vom 19.12.2011 (Anlage K 11) sah eine Angebotssumme von netto 103.166,52 Euro vor. Die Beklagte nahm im Rahmen ihrer Prüfung zahlreiche Kürzungen vor, von denen die Klägerin mit Schreiben vom 07.03.2014 einige akzeptierte und der Beklagten mitteilte, die LÄ-Berechnung “ende mit 92.319,02 Euro netto, ohne Finanzierungskosten” (Anlage HK 79).

Die Klägerin hat eine Vergütung auf der Basis von 103.166,52 Euro netto begehrt.

LG-Entscheidung:

Aufgrund obigen Sachverhalts hat das Landgericht erkannt, die Parteien hätten sich auf einen Netto-Betrag von 92.319,02 Euro geeinigt.

Berufungsgegenstand:

Die Klägerin hat im Hinblick auf den abgewiesenen Teilbetrag keine Berufung eingelegt.

Die Berufung der Beklagten wendet sich konkret gegen die Zusprechung eines Teilbetrages auf Basis von 2.555,31 Euro netto. Das Landgericht gehe zu Unrecht von einer Einigung iHv 92.319,02 Euro netto aus, denn die Beklagte habe gemäß Schreiben vom 17.02.2014 (Anlage B 109, GA 1872 ff) nur einen Nettobetrag von 89.763,71 Euro anerkannt.

Bewertung des Senats:

Die Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg, denn der Klägerin steht eine Vergütung von – lediglich – 52.562,33 Euro zu.

Zwar ist die von der Klägerin geltend gemachte Forderung (inclusive 3,72% Finanzierungskosten und 19%iger MwSt) iHv 113.946,41 Euro entstanden (dazu 1.), sie ist aber durch eine Teil-Zahlung der Beklagten iHv 61.384,08 Euro bereits teilweise erloschen (dazu 2.).

1. Ob das erstmals im Berufungsverfahren vorgelegte Schreiben vom 11.02.2014 gemäß den §§ 529 Abs.1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen ist, kann dahinstehen. Denn dieses ist nicht geeignet, die auf das nachfolgende Schreiben der Klägerin vom 07.03.2014 fußende Feststellung des Landgerichts zu erschüttern, so dass der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Einigung der Parteien auf eine Nettoforderung von 92.319,02 Euro gebunden ist. Zuzüglich des 3,72%igen Finanzierungszuschlages und der 19%igen MwSt ergibt sich ein Anspruch iHv 113.946,41 Euro.

2. Die in der Anlage HK 85 ausgewiesene und seitens der Beklagten auch tatsächlich geleistete Teil-Zahlung iHv 61.384,08 Euro reduziert die Forderung der Klägerin gemäß § 362 BGB auf noch 52.562,33 Euro. Diese Teil-Zahlung ist trotz der nur eingeschränkten Berufung der Beklagten gegen die vorliegende Nachtragsposition zu berücksichtigen, denn die Beklagte rügt mit ihrer Berufung grundsätzlich, dass das Landgericht die von ihr auf die 5. Ergänzungsvereinbarung vom 08.10.2012 geleisteten Zahlungen unbeachtet gelassen hat.

(6.) LÄ 062 Panzerrohr Bankomat

Sachverhalt:

Gegenstand dieser Forderungsposition ist die Verlegung des Fernmeldekabels für den Bankomat in einem kunststoffummantelten Panzerschlauch. Die Zuleitung zum Bankomat war im ursprünglichen Leistungssoll enthalten, die Kunststoffummantelung wurde nach einer Abstimmung mit der Sparkasse von der Beklagten angeordnet (Anlage K 32b). Die Klägerin hat daraufhin die Leistungsänderung 062 über 2.778,19 Euro netto erstellt (Anlage K 32a). Ein Jahr später lehnte die Beklagte die entsprechende Vergütung ab.

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat einen Anspruch der Klägerin verneint. Es habe sich um eine Leistung gehandelt, die vom Bausoll des GÜ-Vertrages umfasst gewesen sei. Denn die Klägerin hatte nach § 5 (2) des GÜ-Vertrages ihre Leistungen so zu erbringen, dass sie den anerkannten Regeln der Baukunst und Technik sowie den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen entsprachen. Es könne davon ausgegangen werden, dass der zusätzliche Einbau eines Panzerschlauchs dem Stand der Technik im Jahre 2011 entsprochen habe.

Berufungsgegenstand:

Die Berufung der Klägerin rügt, das Landgericht hätte die streitige Frage, ob der Einbau des Panzerrohres nach den anerkannten Regeln der Baukunst und Technik sowie den öffentlich-rechtlichen Vorschriften geschuldet war, durch Beweisaufnahme klären müssen. Zudem habe es übersehen, dass die streitgegenständlichen Leistungen das nicht von der Klägerin errichtete (Nachbar-)Bestandsgebäude betroffen hätten, für das keine Leistungsverpflichtung der Klägerin bestanden habe.

Die Beklagte weist darauf hin, dass die Verlegung des zunächst im Bestands-Haus N02 befindlichen Geldautomaten in den Neubau N01 Vertragsgegenstand gewesen sei.

Bewertung des Senats:

Die Berufung der Klägerin ist erfolglos, denn ihr steht keine Vergütung mehr zu.

Zwar ist zugunsten der Klägerin eine Forderung iHv 1.653,02 Euro zu berücksichtigen (dazu 1.), sie ist aber durch eine Teil-Zahlung der Beklagten iHv 1.653,02 Euro bereits vollständig erloschen (dazu 2.).

1. Aufgrund der in der Anlage HK 85 ausgewiesenen Teil-Zahlung iHv 1.653,02 Euro liegt insoweit ein Anerkenntnis der Beklagten (vgl. Ausführungen zu 2. Teil (5) I. (b.) 1. e.) und damit eine Vergütungsforderung der Klägerin in dieser Höhe vor. Darüber hinaus hat die Klägerin keinen weiteren Vergütungsanspruch. Sie hat weder den Einwand der Beklagten, die Verlegung des zunächst im Bestands-Haus N02 befindlichen Geldautomaten in den Neubau N01 sei Vertragsgegenstand gewesen und habe daher der pauschal abgegoltenen Leistungspflicht der Klägerin unterlegen, widerlegt, noch Beweis dazu angetreten, dass der Einbau des Panzerrohres nicht bereits nach den anerkannten Regeln der Baukunst und Technik sowie den öffentlich-rechtlichen Vorschriften geschuldet gewesen sei.

2. Die in der Anlage HK 85 ausgewiesene und seitens der Beklagten auch tatsächlich geleistete Teil-Zahlung iHv 1.653,02 Euro hat die Forderung der Klägerin gemäß § 362 BGB vollständig getilgt.

(7.) LÄ 066 Glasausschnitte Türen Lungenintensivstation

Sachverhalt:

Ende des Jahres 2011 forderte die Beklagte von der Klägerin, in die im Bereich der Intensivstation vorhandenen vollflächigen Holztüren jeweils einen Lichtausschnitt und Jalousien einzubauen. Unter dem 19.12.2011 (Anlage K 33) meldete die Klägerin diese Leistung als Leistungsänderung nach § 8 des GÜ-Vertrages zu einer Angebotssumme von 41.372,80 Euro netto an. Die Beklagte teilte daraufhin unter dem 20.12.2011 (Anlage K 34) mit, dass die Türen unbedingt mit Glasausschnitt auszuführen seien, eine zusätzliche Vergütung aber ausgeschlossen sei.

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat diese Forderung zurückgewiesen. Es handele sich um Bauleistungen, die Gegenstand der separat vergüteten Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 (Anlage K 3) zum Bau einer Intensivstation seien. Der Umbau der Türen sei zwar in der Leistungsbeschreibung zu dieser Zusatzvereinbarung nicht ausdrücklich aufgeführt. Allerdings seien in der Anlage 2 zur Zusatzvereinbarung – Pauschalfestpreis – unter der Position “Leistungen Bau – Markgraf” ausdrücklich Änderung/Abbruch/Erneuerung bereits ausgeführter Leistungen sowie Änderung von Qualitäten genannt. Darunter seien auch die Kosten für den Umbau bzw. Austausch der Türen zu fassen. Weiterhin sei davon auszugehen, dass Glasausschnitte in Türen einer Intensivstation zwingend vorgesehen seien, um eine umfassende “intensive” Beobachtung und Überwachung der Patienten zu gewährleisten. Dies folge auch aus der von der Beklagten vorgelegten Empfehlung der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin.

Berufungsgegenstand:

Mit ihrer Berufung rügt die Klägerin, das Landgericht verkenne, dass in den Plänen zur Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 Türen gerade ohne Glasausschnitte dargestellt seien. Die streitige Frage, ob auf der Intensivstation Türen mit Glasausschnitt zwingend erforderlich seien, hätte nach Ansicht der Klägerin durch eine Beweisaufnahme geklärt werden müssen.

Bewertung des Senats:

Die Berufung der Klägerin hat im Ergebnis keinen Erfolg, denn ihr steht keine Vergütung mehr zu.

Zwar ist zugunsten der Klägerin eine Forderung iHv 24.616,82 Euro zu berücksichtigen (dazu 1.), sie ist aber durch eine Teil-Zahlung der Beklagten iHv 24.616,82 Euro bereits vollständig erloschen (dazu 2.).

1. Aufgrund der in der Anlage HK 85 ausgewiesenen Teil-Zahlung iHv 24.616,82 Euro liegt insoweit ein Anerkenntnis der Beklagten (vgl. Ausführungen zu 2. Teil (5) I. (b.) 1. e.) und damit eine Vergütungsforderung der Klägerin in dieser Höhe vor. Darüber hinaus hat die Klägerin keinen weiteren Vergütungsanspruch. Der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 (Anlage K 3) sind keine näheren Vorgaben zur Gestaltung der Türen zu entnehmen. Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass die Patientenzimmer einer Intensivstation nicht mit Türen auszustatten sind, die im geschlossenen Zustand keinen Blick auf den (Zustand des) Patienten gewähren. Diese Einschätzung entspricht auch den – sprachlich nicht sehr gelungenen – Empfehlungen der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin vom 30.11.2010 (S. 25 der Anlage HK 43): “Die Tür zum Patientenzimmer sollte … mit … einem Durchblickfenster … ausgestattet sein. Eine Sichtverbindung zwischen den Patientenzimmern und vom Gangbereich aus muss die Einsicht zu den Patienten mit Durchblickfenstern … ermöglichen.”

2. Die in der Anlage HK 85 ausgewiesene und seitens der Beklagten auch tatsächlich geleistete Teil-Zahlung iHv 24.616,82 Euro hat die Forderung der Klägerin gemäß § 362 BGB vollständig getilgt.

(8.) LÄ 085 Sichtschutzwand Raum 0.024

Sachverhalt:

Der Raum 0.024 sollte für die gleichzeitige Unterbringung mehrerer Patienten zur Beobachtung nach operativen Eingriffen hergerichtet werden. In der Nutzerbesprechung vom 20.08.2010 (s. Anlage K 37, dort Anlage 1) wurde festgehalten: “Der Stellplatz wird mit einem Vorhang oder einer fahrbaren Falttrennwand gegen Einblicke geschützt.” Da bei der Abnahme jeglicher Sichtschutz fehlte, bot die Klägerin unter dem 26.06.2012 (Anlage K 37) eine Sichtschutzwand zu Mehrkosten von 5.094,34 Euro an. Die Beklagte wies die Leistungsänderung mit Schreiben vom 14.08.2012 (Anlage K 36) zurück.

Die Klägerin hat insoweit behauptet, erst bei der Hygieneprüfung am 05.06.2012 sei statt eines Vorhangs eine Falttrennwand gefordert worden.

Die Beklagte hat vorgetragen, es sei bereits am 20.08.2010 besprochen worden, dass in dem betreffenden Raum ein Sichtschutz anzubringen sei, und zwar entweder als Vorhang oder als Falttrennwand. Die Klägerin habe selbst entschieden, eine Falttrennwand anzubringen und sei daher nicht berechtigt, insoweit weitere Kosten abzurechnen.

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat diese Nachtrags-Forderung zurückgewiesen, da es sich um eine nach dem Bausoll geschuldete Leistung handele. Dies gelte auch dann, wenn bei der Hygieneprüfung die Ausführung von Vorhängen abgelehnt worden sei, denn dann gehöre die Falttrennwand zu den Anforderungen an einen funktionsfähigen Klinikbetrieb, die mit dem Pauschalpreis bereits vergütet seien.

Berufungsgegenstand:

Die Klägerin moniert mit ihrer Berufung, das LG verkenne, dass der erforderliche Sichtschutz auch durch einen Vorhang hergestellt werden konnte und dass die Herstellung eines solchen Vorhangs das Ergebnis der Nutzerabstimmung gewesen sei.

Bewertung des Senats:

Die Berufung der Klägerin bleibt erfolglos, denn ihr steht keine Vergütung zu. Unstreitig ist der Sichtschutz für einen funktionsfähigen Klinikbetrieb iSv § 3 (1) und (3) des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009 erforderlich und daher nicht gesondert zu vergüten. Nachdem bei der Abnahme gar kein Sichtschutz vorhanden war, konnte die Klägerin einen solchen nicht kostenpflichtig anbieten. Der Berufungseinwand der Klägerin zur Art des Sichtschutzes ist irrelevant, die Klägerin hatte jedenfalls entweder einen Vorhang oder eine Falttrennwand ohne gesonderte Vergütung anzubringen.

(9.) LÄ 087 Blindabdeckungen Zutrittskontrolle

Sachverhalt:

Da die Beklagte in Erwägung zog, den Neubau eventuell mit einem Zugangskontrollsystem über Kartenleser auszustatten, sah die vertragliche Leistungsbeschreibung entsprechende Leerdosen vor (s. Ziffer 7 der Anlage HK 45). Im August 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass das Zugangskontrollsystem entfalle. Daraufhin wurde ein Verschluss der vorsorglich angebrachten Leerdosen erforderlich. Die Klägerin bot diese Leistung unter dem 29.06.2012 für 11.910,84 Euro netto (Anlage K 39) an. Da sich die Arbeiten aber teilweise aufgrund des im Zuge von Malerarbeiten erfolgten Übertapezierens von Leerdosen erledigten, reduzierte die Klägerin ihr Angebot mit Schreiben vom 15.11.2013 auf 5.222,34 Euro netto (Anlage K 40).

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat die von der Klägerin auf Basis einer Nettoforderung in Höhe von 5.222,34 Euro berechnete Vergütung nicht zuerkannt. Die Klägerin habe insoweit keinen Anspruch, denn entgegen § 8 (1) des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009 sei das Nachtragsangebot erst nach der Leistungserbringung eingereicht worden.

Berufungsgegenstand:

Die Klägerin rügt mit ihrer Berufung, das Landgericht verkenne, dass die Leerdosen unstreitig verschlossen werden mussten, so dass auch eine vorherige Ankündigung den Anfall der Kosten nicht verhindert hätte.

Bewertung des Senats:

Die Berufung der Klägerin bleibt erfolglos, denn ihr steht insoweit keine Zusatz-Vergütung zu. Ihre Nachtrags-Forderung ist schon deshalb nicht berechtigt, weil die entsprechende Verdeckung der Leerdosen zum Bausoll gehörte. Die vertragliche Leistung wurde gemäß Ziffer 7 der Anlage HK 45 ausdrücklich dahingehend beschrieben, dass die Leerdosen zum Zwecke einer “spätere(n) Einführung elektronischer Zugangskontrollsysteme” geschuldet seien. Damit stand bei Auftragserteilung fest, dass die Leerdosen nur vorbereitend anzubringen waren, was für die naturgemäß offen stehende Möglichkeit, dass das elektronische Zugangskontrollsystem zunächst nicht eingeführt werden sollte, bedeutete, dass die Leerdosen zu verdecken waren.

(10.) LÄ 092 Gardinen Patientenzimmer

Sachverhalt:

Für die Anbringung von Vorhängen in den Patientenzimmern macht die Klägerin auf Grund des Nachtragsangebots Nr. 092 vom 17.07.2012 (Anlage K 41b) einen Betrag von 44.239,49 Euro netto geltend. Dies lehnt die Beklagte mit der Begründung ab, es liege eine nach dem Pauschalvertrag geschuldete Leistung vor.

Erstinstanzlich hat die Beklagte die Erforderlichkeit, Angemessenheit und Ortsüblichkeit der Preise bestritten (GA 190), ohne dass die Klägerin nachfolgend Beweis angetreten hat (s. GA 349 f).

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat diese Forderung nicht zuerkannt, da die Vorhänge in den Patientenzimmern zu den nach § 5 GÜ-Vertrag vom 19.06.2009 geschuldeten Bauleistungen gehören. Die Klägerin habe selbst sowohl in den Planunterlagen vom 10.05.2010 (Anlage HK 47) als auch in der Präsentation vom 15.01.2011 (Anlage HK 46) neben der Möblierung auch Vorhänge dargestellt.

Berufungsgegenstand:

Die Klägerin rügt mit ihrer Berufung, das Landgericht verkenne, dass die Ausstattung der Patientenzimmer an sich bereits eine nachträglich von der Beklagten angeordnete Leistungsänderung darstelle, so dass die Beklagte nicht habe davon ausgehen können, die Gardinen kostenlos zu erhalten. Zudem gehörten Gardinen nach § 6 (3) des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009 zu der sog. losen zivilen Ausstattung, die nicht von der Pauschalvergütung umfasst ist.

Bewertung des Senats:

Die Berufung der Klägerin hat überwiegend Erfolg, denn entgegen der Ansicht des Landgerichts hat die Klägerin hinsichtlich dieser Nachtragsposition einen Vergütungsanspruch, der sich der Höhe nach – inclusive 3,72%igem Finanzierungszuschlag + 19%iger MwSt – auf 49.370,72 Euro beläuft.

1. Gemäß der bereits erwähnten Leistungsänderung Nr. 061A vom 19.12.2011 (Anlage K 11) wurde der Klägerin die (weitere) Ausstattung der Patientenzimmer erst nachträglich mit einer Angebotssumme von netto 103.166,52 Euro übertragen. Damit kann nicht auf die den Umfang des Grundauftrages bestimmenden §§ 3 und 5 des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009 zurückgegriffen werden. Soweit man im Hinblick auf den in § 1 der Zusatzvereinbarung vom 25.07.2011 (Anlage K 3) enthaltenen Verweis auf die Regelungen des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009 dessen Grundsätze für anwendbar hält, weist die Klägerin zurecht darauf hin, dass Gardinen zu der sog. losen zivilen Ausstattung zählen, die nach § 6 (3) des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009 gerade nicht von der Pauschalvergütung umfasst ist.

2. Die der Klägerin gemäß § 632 Abs. 2 BGB zustehende übliche Netto-Vergütung ist aufgrund einer richterlichen Schätzung nach § 287 ZPO auf 40.000 Euro festzusetzen. Die Klägerin hat dem Nachtragsangebot Nr. 092 vom 17.7.2012 (Anlage K 41b) zahlreiche Unterlagen zur Preiskalkulation nebst Zulieferer-Angeboten, Auftragserteilungen und Stundenzettel beigefügt, die den von ihr verlangten Betrag von 44.239,49 Euro netto untermauern. Diese werden von der Beklagten nicht im Einzelnen angegriffen und sind auch daher eine ausreichende Schätzgrundlage. Unter Berücksichtigung eines nur geringen (Unwägbarkeits-)Abschlages ist eine Vergütung iHv 40.000 Euro netto begründet. Zuzüglich 3,72%igem Finanzierungszuschlag und 19%iger MwSt ergibt sich eine Gesamtvergütung von 49.370,72 Euro.

(11.) LÄ 103.1 Sichtschutzfolie Fenster ITS

Sachverhalt:

Bei einem Inbetriebnahme-jour-fixe am 06.06.2012 verlangte die Beklagte, die Fenster in den zu den Innenhöfen gelegenen Untersuchungs- und Behandlungs-Räumen mit einer Sichtschutzfolie zu versehen (s. S. 8 der Anlage K 42a). Die Klägerin begehrt insoweit die Zahlung von 12.635,70 Euro für eine mit Nachtragsangebot vom 15.08.2012 (Anlage K 42c) angebotene und auch angebrachte Sichtschutzfolie. Die Beklagte lehnt dies als bereits nach dem GÜ-Vertrag vom 19.06.2009 geschuldete Leistung ab.

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat diese Nachtrags-Forderung nicht zuerkannt, da die Anbringung eines Sichtschutzes zu den nach dem GÜ-Vertrag vom 19.06.2009 geschuldeten Leistungen zähle. Die Klägerin habe ein funktionsfähiges und schlüsselfertiges Krankenhaus zu errichten. Dazu gehöre auch, dass einsehbare Fenster in Räumen, in denen sich Patienten aufhalten, mit einem Sichtschutz ausgestattet sind.

Berufungsgegenstand:

Die Berufung der Klägerin wendet sich gegen die Einschätzung des Landgerichts zur üblichen Beschaffenheit eines Krankenhauses.

Bewertung des Senats:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg, denn der Senat teilt das erstinstanzliche Verständnis. Angesichts der betroffenen Intimsphäre der Patienten, die in Krankenhausräumen untersucht werden oder sich auch nur dort aufhalten, steht außer Frage, dass die geschuldete Funktionsfähigkeit des Krankenhaus-Werkes auch Vorkehrungen gegen Einblicke von außen umfasst, etwa durch die streitgegenständliche Anbringung einer Sichtschutzfolie.

(12.) LÄ 108 Mehrkosten Hubschrauberlandeplatz

Sachverhalt:

Auf dem Dach des Neubaus N01 war ein Hubschrauberlandeplatz zu errichten. Dazu gab es u.a. eine Standortuntersuchung vom 10.04.2007 (Anlage K 43a), einen Plan (Anlage K 43b), ein von der Klägerin erstelltes 29seitiges Brandschutzkonzept vom 23.07.2009 (Anlage K 43c) und einen Antrag auf luftrechtliche Genehmigung vom 13.07.2010 incl. einer 25seitigen Eignungsexpertise der Helipad.consulting (Anlage K 43d).

Von der Bezirksregierung Düsseldorf wurden mit 35seitigem Genehmigungsbescheid nach § 6 LuftverkehrsG vom 13.03.2012 (Anlage K 44) zwingend weitere Leistungen gefordert, insb. ein beheizbarer Landeplatz, ein zweiter Rettungsweg, der dem ersten Rettungsweg gegenüber liegt und die Dimmbarkeit der LED-Lichtleisten (Einzelheiten s. auch Klageschrift GA 45-46).

Die Klägerin führte die erforderlichen Arbeiten aus und unterbreitete der Beklagten sodann am 22.08.2012 ein Angebot LÄ 108 über die Mehrkosten für den Hubschrauberlandeplatz in Höhe von 295.366,15 Euro netto (Anlage K45). Die Beklagte lehnt eine Bezahlung ab, da es sich um bereits nach dem GÜ-Vertrag vom 19.06.2009 geschuldete Vertragsleistungen handele.

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat diese Nachtrags-Forderung aus folgenden drei Gründen nicht zuerkannt:

1. Es lägen schon die Voraussetzungen, unter denen nach § 8 des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009 Ansprüche aus zusätzlichen oder geänderten Bauleistungen bestehen, nicht vor. § 8 (1) bestimme, dass ein Nachtragsangebot einzureichen sei, bevor die Leistung erbracht werde. Vorliegend datiere das Nachtragsangebot aber vom 22.08.2012, also deutlich nach der Leistungserbringung. Die Beklagte habe das Angebot auch nicht genehmigt oder bestätigt.

2. Darüber hinaus stellten die behaupteten Mehrkosten aber auch keine Leistungsänderung dar. Sie gehörten zu dem nach dem GÜ-Vertrag vom 19.06.2009 geschuldeten Leistungsumfang. Aus den von der Klägerin herangezogenen Unterlagen ergäben sich keine genauen Angaben zu den vereinbarten Leistungen. Damit sei im Ergebnis davon auszugehen, dass zum einen die erforderlichen Umplanungen nach § 4 (5) des GÜ-Vertrages auf Kosten der Klägerin erfolgten, die zum anderen nach § 5 (4) die nicht rechtzeitig angezeigten Leistungen ohne Anspruch auf Mehrvergütung zu erbringen hatte.

3. Nach § 3 (2) des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009 habe die Klägerin sämtliche behördlichen Auflagen und Bedingungen aus der Baugenehmigung zu beachten und durchzuführen gehabt. Etwaige hierdurch entstehende Kosten habe die Klägerin zu tragen, sofern sie üblicherweise damit rechnen konnte. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass die von ihr aufgezählten behördlichen Auflagen, die zu den geltend gemachten Kosten geführt haben sollen, im Jahre 2009 noch nicht zu erwarten waren, sondern erst nach dem Jahr 2009 eingeführt wurden. So werde etwa bereits in dem im Auftrag der Klägerin erstellten Brandschutzkonzept die Errichtung von zwei gegenüberliegenden Rettungswegen gefordert (S. 6 der Anlage K 43c).

Berufungsgegenstand:

Die Berufung der Klägerin rügt, das Landgericht verkenne, dass es einer Vorankündigung von Leistungsänderungen nicht bedürfe, wenn zwingende öffentlich-rechtliche Anforderungen an das Bauwerk zu erfüllen seien. Soweit es auf eine vermeintliche Risikoübernahme seitens der Klägerin im Rahmen der vertraglichen Komplettheitsklausel in § 3 GÜ-Vertrag vom 19.06.2009 abstelle, sei diese von der Beklagten gestellte AGB jedenfalls restriktiv auszulegen.

Bewertung des Senats:

Die Berufung der Klägerin bleibt erfolglos. Das Landgericht hat der Klägerin zurecht den begehrten Nachtragsanspruch versagt.

Der Senat schließt sich der überzeugenden Begründung der angegriffenen Entscheidung an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen insgesamt auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug.

Im Hinblick auf das dritte Begründungselement wird ergänzend folgendes vermerkt:

Nach § 3 (2) des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009 hatte die Klägerin als Auftragnehmer “sämtliche behördlichen Auflagen und Bedingungen aus der zu erteilenden Baugenehmigung zu beachten und durchzuführen” und etwaige Kosten zu tragen, “sofern er üblicherweise damit rechnen konnte” und nach § 3 (3) die “Leistungen, die für die … den öffentlichen-rechtlichen Bestimmungen entsprechende Erstellung des gesamten Bauvorhabens nach diesem Vertrag erforderlich sind, … ohne Anspruch auf Mehrvergütung zu erbringen, wenn er diese bei gebotener Sorgfalt aus dem ihm vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Unterlagen erkennen konnte.”

Die danach bestehenden zwei Voraussetzungen für das Vorliegen bereits mit der Pauschalvergütung abgegoltener Leistungen der Klägerin sind erfüllt:

1. Die erste Voraussetzung einer öffentlich-rechtlichen Vorgabe ist aufgrund der unstreitig von der Genehmigungsbehörde zwingend geforderten weiteren Leistungen, auf die ja auch die Klägerin ihren Mehrvergütungs-Anspruch stützt, ohne weiteres gegeben.

2. Für die zweite Voraussetzung der “Erwartbarkeit” weiterer Leistungen trifft die Klägerin nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen die Darlegungslast in der Form, dass sie nachweisen muss, dass die weiteren Leistungen nicht zu erwarten waren. Denn insoweit stellen § 3 (2) und (3) des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009 angesichts der grundsätzlichen Pauschalvergütung für die Klägerin günstige Normen dar.

Dieser Darlegungslast wird die Klägerin nicht gerecht. Vielmehr ergibt sich aus nachfolgenden Unterlagen, dass für die Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 19.06.2009 deutliche Anhaltspunkte für die letztlich von der Genehmigungsbehörde geforderten (Bau-)Maßnahmen bestanden.

a. Bereits in der Standortuntersuchung vom 10.4.2007 (Anlage K 43a), die zunächst nur die Geeignetheit des Dachlandeplatzes auf dem Neubau N01 nach den Kriterien Flächenbedarf, Hindernissituation und Lärmimmissionen (S. 6-7 der Anlage K 43a) untersuchte, heißt es abschließend ausdrücklich: “Nähere und genauere Ausführungen zum Bau … können erst getroffen werden, wenn die Details über Standort, Größe und Höhe des Gebäudes, auf dem der Flugplatz errichtet wird, bekannt sind.” (S. 11 der Anlage K 43a). Der Standortuntersuchung vom 10.4.2007 konnte die Klägerin also keine konkreten Aussagen zu den Anforderungen – auf die sich hätte verlassen können – entnehmen, vielmehr wurden die Details der genauen Ausführung ausdrücklich offen gelassen.

b. Auch das im engen Zeitraum mit dem Abschluss des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009 präsentierte Brandschutzkonzept der Klägerin vom 23.07.2009 (Anlage K 43c) enthält – wie bereits vom Landgericht entdeckt – bereits die Erkenntnis, dass der Hubschrauberlandeplatz nach öffentlich-rechtlichen Bestimmungen über zwei entgegengesetzt liegende Rettungswege verfügen muss (S. 6 der Anlage K 43c). Der Klägerin war also ein maßgeblicher Aspekt der letztlich mit Genehmigungsbescheid vom 13.03.2012 zwingend geforderten Leistungen bereits von Anfang an bekannt. Der Umstand, dass die Klägerin in ihrem Brandschutzkonzept bereits gewisse Vorstellungen zu den beiden Rettungswegen geäußert hatte (s. S. 6/7 der Anlage K 43c), die in der Folge (s. Anlage K 43g) von der Berufsfeuerwehr der Stadt X. nicht als ausreichend erachtet wurden, führt nicht dazu, dass die mit Genehmigungsbescheid vom 13.03.2012 zwingend geforderten Leistungen für sie unerwartet kamen. Denn insoweit ist nicht dargetan, dass die in dem Brandschutzkonzept der Klägerin vom 23.07.2009 behandelten Anfangs-Erwartungen der Klägerin realistisch und damit schutzwürdig waren.

(13.) LÄ 112 Mehrkosten zusätzliche Medizintechnik

Sachverhalt:

Soweit berufungsrelevant umfasst diese Position folgende Leistungsänderungen:

– Während ursprünglich vorgesehen war, im Schlaflabor einen aus dem Bestand der Beklagten stammenden Netzwerkschrank anzuschließen, wurde auf Anordnung der Beklagten ein neuer Netzwerkschrank installiert.

– Weiterhin hat die Klägerin ohne entsprechende Anordnung EDV-Kabel verzogen und Datendosen in den Zimmern in die Deckenversorgungseinheiten eingebaut.

Die Klägerin hat insoweit eine Vergütung auf Basis einer Nettoforderung von 12.034,33 Euro begehrt.

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat der Klägerin einen Zahlungsanspruch (nur) in Höhe von 4.456,82 Euro netto zuerkannt. Diese habe mit der Anlage K 47a [= Prüfbericht der Beklagten auf das Leistungsänderungs-Schreiben der Klägerin vom 22.08.2012 (= Anlage K 47b)] belegt, dass der zusätzliche Netzwerkschrank und die Datenleitungen auf Wunsch der Beklagten installiert worden seien und sie damit einen Anspruch auf Zusatzvergütung habe. In der Anlage K 47b seien die dafür angefallenen Kosten mit 1.763,67 Euro und 2.693,15 Euro beziffert. Die Beklagte sei dem nicht entgegengetreten.

Berufungsgegenstand:

Die Klägerin hat im Hinblick auf den abgewiesenen Teilbetrag keine Berufung eingelegt.

Die Berufung der Beklagten beanstandet, sie sei entgegen der Annahme des Landgerichts sehr wohl der Forderung entgegengetreten, und zwar dahingehend, dass die Leistungen im Rahmen des vereinbarten Pauschalpreises geschuldet gewesen seien. Die Anlage K 47a belege auch nicht den Änderungswunsch der Beklagten, vielmehr habe sie mit Schreiben vom 24.09.2014 (Anlage B 110, GA 1878f) das Angebot der Klägerin zurückgewiesen.

Bewertung des Senats:

Die Berufung der Beklagte hat keinen Erfolg, denn der Klägerin steht eine Vergütung auf Basis einer Nettoforderung von 4.456,82 Euro, zuzüglich 3,72%igem Finanzierungszuschlag und 19%iger MwSt, also iHv 5.500,91 Euro zu.

Der Vorwurf der Beklagten, das Landgerichts nehme zu Unrecht an, sie sei der Forderung nicht entgegengetreten, geht ins Leere, denn das “Nicht-Entgegen-Treten” im erstinstanzlichen Urteil bezieht sich augenscheinlich nur auf die Kosten-Bezifferung.

Ob das erstmals im Berufungsverfahren vorgelegte Schreiben vom 24.09.2014 gemäß den §§ 529 Abs.1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen ist, kann dahinstehen. Denn dieses ist nicht geeignet, die auf das Leistungsänderungs-Schreiben der Klägerin vom 22.08.2012 fußende Feststellung des Landgerichts zu erschüttern, so dass der Senat insoweit gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden ist.

(14.) LÄ 113 Perlatoren

Sachverhalt:

Gegenstand dieser Nachtrags-Position ist der Austausch von 360 Laminarstrahlregler gegen sog. Sternperlatoren an diversen Handwaschbecken. Die Klägerin hat der Beklagten die Umbauarbeiten als Leistungsänderung unter dem 23.08.2012 für 14.124,35 Euro netto angeboten (Anlage K 48), die Beklagte lehnte eine Vergütung ab.

Die Klägerin hat behauptet, im Zuge der Bemusterung seien die Armaturen der Marke Ideal Standard International BVBA zum Einbau festgelegt worden. Die bei diesen enthaltenen Laminarstrahlregler seien für den Einbau in Klinikräumen geeignet. Im Zuge der Abnahmebegehung habe die Hygieneverantwortliche der Beklagten aber den Austausch gegen Sternperlatoren gefordert, was eine Zusatzleistung darstelle.

Die Beklagte hat gemeint, es handele sich dabei um Mangelbeseitigungskosten. Dazu hat sie behauptet, das Gesundheitsamt X. habe zur Auflage gemacht, Perlatoren einzubauen, da die eingebauten Strahlregler mit Sieben gegen die RKI-Richtlinie für Krankenhäuser (Anlage HK 48) verstießen.

Die Klägerin hat insoweit eine Vergütung auf Basis einer Nettoforderung von 14.124,25 Euro begehrt.

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat der Klägerin insoweit keinen Anspruch zuerkannt. Es lägen schon die Voraussetzungen nach § 8 des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009 nicht vor, weil die Leistungsänderung erst mit Schreiben vom 23.08.2012 angezeigt wurde, ohne dass die Klägerin dargelegt habe, wann sie von der Hygienebeauftragten mit dem Austausch beauftragt worden sei. Zudem habe die Beklagte die Leistungsänderung nicht angeordnet, sondern sie unter Bezugnahme auf die sog. RKI-Richtlinie im Sinne einer Mangelbeseitigungsmaßnahme für erforderlich gehalten. Soweit die Klägerin die ursprünglich installierten Laminarstrahlregler für ausreichend gehalten habe, hätte sie die Beklagte darauf im Zusammenhang mit einem rechtzeitigen Nachtragsangebot hinweisen müssen.

Berufungsgegenstand:

Die Klägerin rügt mit ihrer Berufung, das Landgericht habe verkannt, dass die Beklagte die Laminarstrahlregler bemustert und zum Einbau freigegeben hatte. Zudem habe das Landgericht im Verfahren nicht auf den Aspekt der fehlenden Kostenankündigung hingewiesen. Auf einen Hinweis hätte sie vorgetragen, dass ihr Projektleiter, der Zeuge Fuchs, die handelnden Personen der Beklagten darauf hingewiesen hatte, dass die Klägerin die Austauschkosten in Rechnung stellen werde, woraufhin die Beklagte den Einbau forderte.

Die Beklagte wiederholt, dass das Gesundheitsamt X. eine behördliche Auflage gemacht habe, die gemäß § 3 (2) des GÜ-Vertrages von der Klägerin kostenfrei zu erfüllen war.

Bewertung des Senats:

Die Berufung der Klägerin bleibt erfolglos. Ihr steht die geltend gemachte Zusatzvergütung aus formalen Gründen nicht zu. Insoweit tritt der Senat dem Landgericht bei, dass die Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargetan hat, dass die Voraussetzungen nach § 8 des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009 eingehalten wurden.

Folgerungen:

– Gemäß vorstehenden Ausführungen stehen der Klägerin bezüglich der streitigen 14 Nachtrags-Positionen Vergütungen iHv 4.679,33 Euro für die LÄ 015 Betonplatten, 52.562,33 Euro für die LÄ 061A Ausstattung Patientenzimmer, 49.370,72 Euro für die LÄ 092 Gardinen Patientenzimmer und 5.500,91 Euro für die LÄ 112 Mehrkosten zus. Medizintechnik zu, insgesamt also eine Gesamtvergütung von 112.113,29 Euro (inclusive 3,72% Finanzierungskosten und 19%iger MwSt).

– Alle Teilzahlungen, die von der Beklagten gemäß der 5. Ergänzungsvereinbarung vom 08.10.2012 auf die im hiesigen Verfahren streitgegenständlichen Positionen geleistet wurden, sind berücksichtigt. Soweit eine Differenz zu der erbrachten Gesamtzahlung von 618.500 Euro verbleibt, können weitere Teil-Zahlungen im hiesigen Rechtsstreit nicht berücksichtigt werden, da die entsprechenden Nachtrags-Positionen nicht Gegenstand der Klageforderung sind.

– Dass die Klägerin ihre Klageanträge gemäß ihrer zu Protokoll der Sitzung vom 02.06.2021 genommenen Erklärung auch auf die Positionen die das Landgericht zugesprochen hat, “das sind die Nachtragspositionen 15, 41, 47, 61a und 112” (GA 2578R) stützt, wirkt sich rechtlich nicht aus. Die aus den Nachtragspositionen LÄ 015, 041, 061a und 0112 der Klägerin zustehenden Forderungen sind bereits vorstehend berücksichtigt. Im Hinblick auf die weiter genannte Position LÄ 047 steht der Klägerin bereits kein Vergütungsanspruch zu.

II.

6 Hilfs-Aufrechnungen der Beklagten

In Bezug auf die in dem erstinstanzlichen Schriftsatz der Beklagten vom 31.08.2016 erklärten sechs Hilfsaufrechnungen steht der Beklagten – lediglich – ein den Restwerk-lohnanspruch der Klägerin nach § 389 BGB reduzierender Anspruch iHv 24.231,29 Euro zu, ihre Berufung hat insoweit weitgehend keinen Erfolg.

1. Soweit die Beklagte bezüglich der Nachtragspositionen LÄ 038, 051, 057 und 076 wegen überschießender Zahlungen Rückforderungsansprüche geltend macht, sind diese gemäß den Ausführungen zu 2. Teil (5) I. (b) 1. unbegründet, denn in Höhe der erbrachten Teilzahlungen hat die Beklagte die jeweilige Leistungsposition zugleich anerkannt.

b. Gleiches gilt für die die Nachtragsposition LÄ 075 betreffende Rückzahlungsforderung der Beklagten iHv 3.615,45 Euro. Zwar stand der Klägerin insoweit gemäß ihrem Schreiben vom 07.05.2014 (Anlage HK 100) nur eine Vergütung von 1.026,65 Euro netto ohne Finanzierungskosten, also iHv 1.221,71 Euro brutto zu. Gemäß der Anlage HK 85 hat die Beklagte aber auf diese Position 3.615,45 Euro gezahlt. In Höhe der Überzahlung von 2.393,74 Euro liegt nach den Ausführungen zu 2. Teil (5) I. (b) 1. e.) ein Anerkenntnis der Beklagten vor, so dass diese den überschießenden Betrag nicht zurückfordern kann.

c. Die im Hinblick auf die Nachtragsposition LÄ 031 (Entfall Laminar Air-Flow-Decke) erklärte Aufrechnung iHv 179.904,52 Euro ist nur in Höhe von 24.231,29 Euro erfolgreich.

Nach dem unstreitigen Sachverhalt schuldete die Klägerin gemäß dem Grundauftrag für alle fünf OPs sog. Raumluftdecken. Die Beklagte verzichtete sodann für vier OPs auf diese Decken, woraufhin die Klägerin mit Schreiben vom 30.09.2010 der Beklagten als LÄ 031 einen Gutschrift-Betrag von 40.724,85 Euro zzgl MwSt anbot (Anlage HK 96). Mit Schreiben vom 21.11.2013 (Anlage HK 97) forderte die Klägerin davon abweichend wegen Leistungsänderungen einen Vergütungs-Betrag von 34.580,27 Euro netto. Dem trat die Beklagte mit Schreiben vom 25.11.2013 und 19.02.2014 (Anlage HK 98) entgegen und forderte ihrerseits eine Gutschrift von 179.904,52 Euro.

In rechtlicher Hinsicht haben sich die Parteien als Ausgleich für die weggefallene Leistung auf eine der Beklagten zustehende Gutschrift von 40.724,85 Euro zzgl MwSt = 48.462,57 Euro brutto geeinigt. Dafür spricht auch die von der Klägerin nicht in Zweifel gezogene Beklagten-Aufstellung HK 85, die die in der 5. Ergänzungsvereinbarung vom 08.10.2012 vereinbarte 50%-Zahlung hinsichtlich der Position “31 Entfall Laminar Airflow Decke” dahingehend umsetzt, dass ein Zahlbetrag von “-24.231,29 Euro” – also 50% von 48.462,57 Euro – vermerkt ist. Von dieser Verständigung konnten nachfolgend weder die Klägerin durch ihre Vergütungs-Forderung von 34.580,27 Euro netto, noch die Beklagte durch ihre Gutschrift-Forderung von 179.904,52 Euro einseitig abweichen.

Somit ist dem Grunde nach ein Anspruch der Beklagten iHv 48.462,57 Euro gegeben. Allerdings ist dieser in Höhe von 24.231,29 Euro bereits dadurch ausgeglichen, dass in der Aufstellung HK 85 zugunsten der Beklagten in der Rubrik “Forderung” ein Zahlbetrag von “-24.231,29 Euro” verbucht und im Saldo berücksichtigt worden ist. Es verbleibt somit ein aufrechenbarer Rest-Anspruch der Beklagten von 24.231,29 Euro.

Die für die Nachtragspositionen-Rechnungen 2012/550, 2012/579 und 2013/796 begründete Rest-Werklohnforderung der Klägerin iHv 717.538,25 Euro reduziert sich somit um 24.231,29 Euro auf 693.306,96 Euro, § 389 BGB.

Einschließlich der aus der Rechnung Nr. 2012/548 verbliebenen Werkvergütung von 114.913,10 Euro beläuft sich der Gesamt-Anspruch der Klägerin auf 808.220,06 Euro.

3. Teil:

(6.) Mehraufwendungen der Klägerin gemäß LÄ 122.1 im Hinblick auf eine infolge von Sandeinspülungen im Trinkwassernetz eingetretene Bauzeitverlängerung

Insoweit steht der Klägerin kein Anspruch gegen die Beklagte zu.

Sachverhalt:

Im Zuge der Ende März 2012 von der Beklagten verweigerten Abnahme des Werkes wurde am 30.03. und 01.04.2012 seitens der Klägerin eine komplette Desinfektion des Trinkwassernetzes des Hauses N01 durchgeführt und dabei auf allen Ebenen erstmals sog. Sandeinspülungen vorgefunden. An einer geringen Anzahl von Entnahmestellen zeigten sich zunächst geringfügige Sandeinspülungen, am 05.04.2012 wurde sodann ein verstärktes Aufkommen von Verunreinigungen an der Nordseite des Neubaus und später auch Sandeinspülungen an der Südseite des Ringnetzes festgestellt.

Die Verantwortlichkeit dafür war streitig, u.a. wurde die sog. Havarie vom 28.09.2009 als mögliche Ursache in Betracht gezogen. Insoweit hatte die Streithelferin zu 4. am 28.09.2009 für die Klägerin Arbeiten an Trinkwasserleitungen auf dem Klinikgelände durchgeführt. Während der Bauphase war es zur Baufeldfreimachung notwendig, eine auf dem Baufeld befindliche Trinkwasserleitung zu entfernen sowie zunächst eine provisorische Leitung zur Weiterversorgung der Bestandsklinik zu verlegen (vgl. Skizze GA 1137). Bei der erforderlichen Demontage eines Schieberkreuzes kam es zu einer Überschwemmung einer Baugrube.

In der Zeit von Anfang März 2011 bis zum 08.12.2011 wurde die Trinkwasserinstallation des Hauses N01 durch Anschluss an das bestehende Trinkwassernetz (sog. Bestandsnetz, vgl. Skizze GA 1136) fertig gestellt. Dies erfolgte in der Weise, dass die Bestandleitungen durch Neurohre sowohl im Norden, als auch im Süden zu dem Neubau hin verlängert wurden (s. Skizze GA 1138). Dabei wurden die Leitungen im Kellergeschoss des Hauses N01 durch die Außenwand geführt.

Nach Bemerken der Sandeinspülungen erstellte der TÜV Rheinland im Auftrag der Streithelferin zu 2. am 18.06.2012 ein “Gutachten über Maßnahmen zur Reinigung eines mit Sand verunreinigten Trinkwassernetzes des Neubaus Haus N01 im Krankenhaus X.-Q. und Laboruntersuchungen der vor Ort entnommenen Sandproben” (Anlage HK 24). Das TÜV-Gutachten befasst sich u.a. mit der Probe Nr. 6 und enthält insoweit das Bild 118 nebst Größen-Maßstab.

Gemäß LÄ 122.1 vom 12.11.2013 (Anlage K 49) macht die Klägerin für den Zeitraum vom 31.03.-15.05.2012 erhöhte Aufwendungen aus verlängerter Bauzeit in Gesamthöhe von 1.969.885,19 Euro netto (= 2.344.163,38 Euro brutto) geltend. Davon entfallen 546.356,09 Euro netto auf “Zusätzliche Kosten aus der Trinkwasserqualität”, 53.163,30 Euro netto auf “Aufwendungen für Sachverständige und Beratungen” sowie 1.156.328 Euro netto auf “Aufwendungen aus verlängerter Bauzeit”; zudem wurde ein Projektleitungs- und GÜ-Zuschlag von 214.037,80 Euro netto angesetzt.

Die Klägerin hat insoweit behauptet, die Verunreinigungen stammten aus dem Bestandsnetz der Beklagten. Bereits Anfang April 2012 habe es Anzeichen für Undichtigkeiten im Bestandsnetz gegeben, denn nach Spülmaßnahmen seien Durchfeuchtungen des Erdreichs im Bereich mehrerer Hydranten aufgetreten. Auch das im Auftrag der Klägerin eingeholte Gutachten der E. vom 09.08.2012 (Anlage K 17) sei zu dem Ergebnis gekommen, dass wenigstens ein Teil der vorgefundenen Verschmutzungen in Form von größeren Rostpartikeln sowie Bleibestandteilen aus dem Bestandsnetz in das neue Netz gelangt sei. Die Klägerin hat bestritten, dass Ursache der Sandeinspülungen die sog. Havarie vom 28.09.2009 gewesen sei.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat behauptet, die im April 2012 festgestellten Sandeinspülungen seien auf Fehler der Klägerin in der Bauausführung zurückzuführen. Die Klägerin habe die infolge der sog. Havarie vom 28.09.2009 eingetretene Vollschlämmung des Bestandsnetzes nicht bzw. nicht vollständig durch Spülungen beseitigt, was schließlich zu den Sandeintragungen in das neue Leitungsnetz des Hauses N01 geführt habe. Zudem sei infolge der späteren Baumaßnahmen an der Bestandsleitung Erdreich aus der unmittelbaren Umgebung in die Leitung eingetragen worden. Dies folge aus dem Gutachten des TÜV Rheinland vom 18.06.2012 (Anlage HK 24).

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat nach Erhebung von Sachverständigen- und Zeugenbeweis zu der Ursache der Trinkwasserverunreinigung im März/April 2012 einen Anspruch der Klägerin verneint. Die Klägerin habe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht den ihr obliegenden Beweis erbracht, dass die Sandeinspülungen, die zu der eingetretenen Verzögerung geführt und die abgerechneten weiteren Leistungen veranlasst haben sollen, von der Beklagten zu vertreten sind. Das Landgericht hat insoweit festgestellt, dass eine Verunreinigung des Trinkwassernetzes des Hauses N01 in der Form vorlag, dass das Trinkwasser Fest- und Schwebstoffe, hauptsächlich Rostpartikel, Kies, Steine, Sand und Schluff enthielt. Die in der Probe Nr. 6 enthaltenen Partikel seien teilweise größer als 105 Mikrometer. Dieser Zustand beruhe nicht auf der sog. Havarie vom 28.09.2009. Die Verunreinigungen seien aber von der Klägerin im Zuge der im Jahr 2011 erfolgten Baumaßnahmen verursacht worden. Auch dann, wenn man aufgrund der Aussage des Zeugen R. den Einbau eines vorgeschriebenen Trinkwasserfilters, der Partikel mit einer Größe von mehr als 105 Mikrometer zurückhalte, unterstelle, gebe es den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Z. folgend nur zwei, jeweils in den Aufgabenbereich der Klägerin fallende Erklärungen für die Anfang April 2012 aufgetretenen Sandeinspülungen: Entweder sei der Trinkwasserfilter zu spät eingebaut worden oder die beim Einbau verlegten Leitungen seien von vornherein mit Sand und Schlamm verunreinigt gewesen.

Berufungsgegenstand:

Gegen diese Forderungszurückweisung haben die Streithelferinnen zu 1. und 2. in voller (Brutto-)Höhe von 2.344.163,38 Euro und die Streithelferin zu 5. nur in (Netto-)Höhe von 1.969.858,19 Euro Berufung sowie die Klägerin Anschlussberufung hinsichtlich eines Betrages in konkret beschränkter Höhe von 785.582,07 Euro eingelegt.

Die Streithelferinnen zu 1. und 2. sowie zu 5. rügen, die Verschmutzungen könnten schon deshalb nicht mit den Neuleitungen eingebracht worden sein, weil es sich dabei um PE-Kunststoff-Leitungen handele, die keine Blei- oder Rostpartikel abgäben. Zudem hätte das Landgericht den Einbau des Filters durch Vernehmung der Zeugen L. und F. klären müssen.

Die Streithelferinnen zu 1. und 2. monieren des Weiteren, soweit das Landgericht den Schluss ziehe, vorgefundene Verunreinigungen sprächen für das Fehlen eines Filters, werde außer acht gelassen, dass nach den Angaben des Sachverständigen Dipl.-Ing. Z. auch ein eingebauter Filter ca. 10% der festgestellten Sand- und Rostpartikel durchgelassen hätte. In rechtlicher Hinsicht habe das Landgericht zu ihrer Ansicht, das Trinkwasser sei ein von der Beklagten beizubringender und damit zu verantwortender Stoff iSv § 645 BGB, nicht Stellung bezogen; aufgrund dieser Vorschriften sei die Verantwortung zumindest zu teilen.

Die Streithelferin zu 5. beanstandet zudem, das Landgericht habe der Klägerin zu Unrecht vor der Abnahme die generelle Verantwortlichkeit zugeschrieben. Dies widerspräche der streitgegenständlichen Sondersituation, dass der Anschluss an ein Bestandsnetz erfolgt und die Klägerin für dessen Zustand nicht verantwortlich gewesen sei.

Mit ihrer Anschlussberufung macht die Klägerin gemäß ihrer Übersicht (GA 2090 f) neben den “Zusätzliche(n) Kosten aus der Trinkwasserqualität” iHv 546.356,09 Euro netto noch Bewachungskosten iHv 90.210 Euro netto nebst 3,72 Euro Finanzierungskosten und 19% MwSt, insgesamt 785.582,07 Euro brutto geltend. Die Klägerin rügt, das Landgericht hätte die von ihr benannten Zeugen L. und YL. dazu vernehmen müssen, dass in dem Zeitraum von dem Anschluss des Hausnetzes an die Wasserversorgung und der Befüllung der Leitungen bis zum Auftritt der Verunreinigungen ununterbrochen ein ordnungsgemäßer Trinkwasserfilter installiert gewesen sei.

Zudem erhebt die Klägerin Angriffe gegen die Anknüpfungstatsachen der Sachverständigen-Begutachtung. Die herangezogenen Proben Nrn. 4-6 seien nicht verwertbar, insbesondere nicht die von dem Sachverständigen und dem Landgericht als maßgeblich erachtete Probe Nr. 6. Diese stamme nicht aus dem Warmwasser-Südstrang, sondern vom Fußboden eines Technikraumes. Zudem ergäbe sich aus dem – erstinstanzlich mit nicht nachgelassenem Schriftsatz der Klägerin vom 27.11.2018 (GA 1397 ff) vorgelegten – Privatgutachten des Dr.-Ing. NE. vom 21.11.2018 (Anlage K 166) zur Genauigkeit der Ermittlung von Korngrößen anhand der im Gutachten des TÜV Rheinland vom 18.06.2012 (Anlage HK 24) enthaltenen Fotos, dass diese keine zweifelsfreien Anknüpfungstatsachen für die Größe der Partikel mit mehr als 105 Mikrometern lieferten.

Die Beklagte erwidert auf die Rechtsmittelbegründungen insbesondere, auf die Frage des Trinkwasserfiltereinbaus komme es gar nicht an. Für den Fall, dass ein Filter eingebaut gewesen sei, bleibe weiterhin die Möglichkeit, dass die Verunreinigungen bereits in den neu hergestellten PE-Leitungen vorhanden gewesen seien. Falls im Hinblick auf das Trinkwasser § 645 BGB Anwendung finde, hätte die Klägerin jedenfalls ihre Prüf- und Hinweispflichten nicht eingehalten. Die sog. Havarie vom 28.09.2009 wird von der Beklagten nicht mehr als mögliche Ursache der Sandeinspülungen in Betracht gezogen.

Bewertung des Senats:

Es besteht kein Schadensersatzanspruch der Klägerin gemäß den §§ 631, 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB, denn:

I. Im Hinblick auf die Berufungen der Streithelferinnen, die die erstinstanzlich von der Beklagten begehrte Forderung gemäß der LÄ 122.1 vom 12.11.2013 (Anlage K 49) in (Brutto-)Höhe von 2.344.163,38 Euro (Streithelferinnen zu 1. und 2.) bzw in (Netto-)Höhe von 1.969.858,19 Euro (Streithelferin zu 5.) weiter verfolgen, ist generell zu beachten, dass der Anspruch oberhalb der von der Anschlussberufung der Klägerin in Höhe von 785.582,07 Euro weiterverfolgten Forderung bereits nicht schlüssig vorgetragen ist.

Wie bereits in den Ausführungen zur Berechtigung der Vertragsstrafe iHv 2.196.051,96 Euro im 1. Teil zu (1.) im Einzelnen dargelegt wurde, fiel die vom 31.03.2012 bis zum 16.05.2012 verzögerte Abnahme in den Verantwortungsbereich der Klägerin, denn es fehlte die erforderliche öffentlich-rechtliche Bauabnahme und es lag eine Vielzahl wesentlicher Baumängel vor. Soweit mit der LÄ 122.1 vom 12.11.2013 (Anlage K 49) für den identischen Zeitraum vom 31.03.2012 bis zum 15.05.2012 erhöhte Aufwendungen aus verlängerter Bauzeit begehrt werden, ist im Hinblick auf die Kosten, die sich nicht speziell auf “Zusätzliche Kosten aus der Trinkwasserqualität” beziehen, schon nicht hinreichend die Ursächlichkeit der streitgegenständlichen Sandeinspülungen für die reklamierte Bauzeitverzögerung dargetan.

II. Auch in Höhe der von der Anschlussberufung der Klägerin weiterverfolgten Forderung von 785.582,07 Euro sind die Rechtsmittel nicht begründet. Die Klägerin trägt bei dem von ihr geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen Verzögerung der Bauausführung die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die hindernden Umstände aus dem Bereich der Beklagten stammen (vgl. Werner/Pastor-Frechen, a.a.O. Rz. 2313, 2318). Sie hat also darzulegen und zu beweisen, dass die Beklagte für die Trinkwasser-Verunreinigung, auf der die Klägerin eine verzögerte Bauausführung stützt, verantwortlich ist.

1. Daran ändert sich auch nichts aufgrund des rechtlichen Einwands der Streithelferinnen zu 1, 2. und 5., nach § 645 BGB habe zumindest eine Aufteilung der Verantwortlichkeiten zu erfolgen. Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB sind nicht gegeben. Zwar erscheint es vertretbar, das Trinkwasser – oder genauer: die vorhandenen Trinkwasserleitungen – im Streitfall als ein Stoff iSv § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB zu bewerten, denn Stoffe iSv § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB sind alle Gegenstände, aus denen, an denen oder mit deren Hilfe das Werk herzustellen ist, zB auch die vorhandene Bausubstanz einer zu erweiternden Halle (s. BGH, Urt. v. 16.12.2004 – VII ZR 16/03 = NJW-RR 2005, 669). Dies kann aber dahin stehen, denn weder das Trinkwasser, noch die Trinkwasserleitungen waren gemäß § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB mangelhaft. Mangelhaftigkeit liegt nur dann vor, wenn der Stoff für die vertragsgemäße Erstellung des Werkes nicht ausreicht, aber nicht schon dann, wenn das Werk mit diesem Stoff nur unter erschwerten Bedingungen, insbesondere zu erhöhten Kosten, erstellt werden kann (Staudinger-Peters, BGB, Neubearbeitung 2019, § 645 BGB, Rz. 14). Im Streitfall sind keine erschwerten Bedingungen bzw. höheren Kosten angefallen, denn nach einhelliger Ansicht aller Beteiligten war der Einbau des DIN-vorgegebenen Trinkwasserfilters von vornherein von der Klägerin zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Werkes zu leisten. Was zur Werkherstellung geschuldet wird, stellt keine erschwerten Bedingungen dar.

2. Entgegen der Ansicht der Streithelferin zu 5. ist auch nicht aus allgemeinen Gesichtspunkten zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass der Anschluss an ein Bestandsnetz erfolgte, für dessen Zustand die Klägerin nicht verantwortlich gewesen sei. Da der Bauunternehmer durch den Werkvertrag die Erreichung des Erfolgs verspricht, trifft ihn bei einem Anschluss seines Werkes an von dem Bauherrn zur Verfügung gestellten Bauteilen eine Prüfungs- und Hinweispflicht dahingehend, dass diese zur Herstellung eines mangelfreien Werkes geeignet sind (s. nur BGH, Urt. v. 14.09.1999 – X ZR 89/97 = NZBau 2000, 196 ff). Damit war die Klägerin insoweit gerade nicht aus ihrer Verantwortlichkeit entlassen.

III. Die Klägerin ist beweisfällig geblieben. Es kann dahin stehen, ob der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Feststellung des Landgerichts, die Klägerin selbst sei für die Sandeinspülungen verantwortlich, gebunden ist (dazu 1.). Selbst wenn man von einer Bindung ausgeht, ist keine weitere Beweiserhebung seitens des Senats geboten, denn nach der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ist die Frage, wer die Trinkwasser-Verunreinigung zu vertreten hat, ungeklärt, so dass zu Lasten der beweispflichtigen Klägerin ein non liquet besteht (dazu 2.).

1. Das Landgericht hat nach durchgeführter Beweisaufnahme positiv eine Verantwortlichkeit der Klägerin für die – in ihrem Auftrag seitens der Streithelferin zu 1. bzw seitens der von dieser weiter beauftragten Streithelferin zu 5. – ausgeführten Wasserinstallationsarbeiten festgestellt. Gegen die dem zugrundeliegenden Feststellungen des Landgerichts könnten sich gemäß folgenden Erwägungen konkrete Zweifel iSv § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ergeben:

a. Das Landgericht hat – erstens – festgestellt, dass eine Verunreinigung des Trinkwassernetzes des Hauses N01 in der Form vorlag, dass das Trinkwasser Fest- und Schwebstoffe, hauptsächlich Rostpartikel, Kies, Steine, Sand und Schluff enthielt, die gemäß der Probe Nr. 6 teilweise größer als 105 Mikrometer waren. Es hat – zweitens – festgestellt, dies habe die Klägerin zu verantworten, da entweder der in ihren Aufgabenbereich fallende erforderliche Trinkwasserfilter, der Partikel mit einer Größe von mehr als 105 Mikrometer zurückhalte, zu spät eingebaut worden sei oder die beim Einbau verlegten Leitungen von vornherein mit Sand und Schlamm verunreinigt gewesen seien.

b. Gemäß den bereits dargestellten Grundsätzen des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO [s. 2. Teil (5) I. (b) 1. a. (1)] besteht dann keine Bindung an die erstinstanzlichen Feststellungen, wenn konkrete Zweifel an deren Richtigkeit und Vollständigkeit vorliegen, insbesondere weil die Beweisaufnahme oder die Beweiswürdigung fehlerhaft sind.

(1) Nach diesen Maßstäben bestehen keine konkreten Zweifel gegen die erste Feststellung der Verunreinigung des Trinkwassernetzes mit Fest- und Schwebstoffen mit einer teilweisen Größe von mehr als 105 Mikrometer. Diese Feststellung hält insbesondere auch den konkreten Angriffen der Rechtsmittelführer bzgl. der von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. Z. bewerteten Anknüpfungstatsachen stand.

(a) Die Proben Nrn. 4 und 5 hat der Sachverständige gemäß seiner Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 28.09.2018 (GA 1372R) bei seiner Einschätzung zur Ursache der Verunreinigungen unberücksichtigt gelassen. Dem ist auch das Landgericht auf Seite 73 des Urteils gefolgt. Dort ist zunächst ausgeführt, der Sachverständige stütze sich nicht auf die Probe Nr. 5, weil diese nicht aus dem Trink-, sondern dem Löschwasserbereich entnommen worden sei. Weiter heißt es in dem Urteil sodann “Auch die Probe 5” sei nicht in die Beurteilung des Sachverständigen einbezogen worden, da Zweifel bzgl. Entnahmedatum und Entnahmestelle aufgekommen seien. Bei der (Doppel-)Angabe “Auch die Probe 5” handelt es sich offenkundig um ein Schreibversehen, gemeint ist die Probe Nr. 4. Dies ergibt sich aus dem TÜV-Gutachten vom 18.06.2012 (Anlage HK 24), denn in der Tabelle auf der dortigen Seite 10 ist als Probeentnahme-Datum die “KW 14” angegeben. Dies umfasst den Zeitraum vom 02.-08.04.2012 und damit einen Zeitraum, in dem die Probe jedenfalls nicht seitens des TÜV entnommen worden sein konnte, so dass sich die vom Landgericht genannten Zweifel bzgl. des Entnahmedatums und in der Folge auch bzgl. der Entnahmestelle ergeben hatten.

(b) Soweit die Klägerin bezüglich der Probe Nr. 6 vorträgt, diese sei keine taugliche Anknüpfungstatsache, da sie entgegen der Angabe in der Tabelle auf S. 10 des TÜV-Gutachten vom 18.06.2012 nicht aus dem Trinkwassernetz, sondern vom Fußboden eines Technikraumes stamme und die anhand der TÜV-Bilder ermittelte Größe der darin enthaltenen Partikel mit mehr als 105 Mikrometern nicht sicher feststehe, sind diese Einwände nach § 531 Abs. 2 ZPO im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen.

Dieser Vortrag aus der Anschlussberufung entspricht zwar dem erstinstanzlichen Vorbringen der Klägerin in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 27.11.2018 (GA 1397 ff), ist aber auch unter diesem Aspekt neu iSv § 531 ZPO (vgl. Zöller-Heßler, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 531 Rz. 21). Die Beanstandung eines Sachverständigengutachtens durch das Vorbringen inhaltlicher Einwendungen gegen dessen Richtigkeit zählt zudem zu den neuen Angriffs- und Verteidigungsmitteln (s. KG, Beschl. v. 06.06.2006 – 12 U 138/05 = MDR 2007, 48 Rz. 8).

Die Klägerin hat zu einem Zulassungsgrund nach § 531 Abs. 2 ZPO nichts vorgetragen und insbesondere – entgegen der sie treffenden Darlegungslast (vgl. Zöller-Heßler, a.a.O., Rz. 33) bzw Entlastungspflicht (vgl. Thomas/Putzo-Seiler, ZPO, 42. Aufl. 2021, § 531 Rz. 16) – nicht dargetan, dass ihr verspäteter Vortrag nicht auf Nachlässigkeit beruht (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO):

– Im Hinblick auf ihr Vorbringen, die Probe Nr. 6 sei vom Fußboden eines Technikraumes genommen worden, fehlt jedwede Erläuterung, wann die Klägerin die entsprechende Kenntnis von dieser Tatsache erlangt hat, insbesondere ist die insoweit in Bezug genommene eidesstattliche Versicherung des Herrn YL. (Anlage K 164) nicht datiert.

– Das TÜV-Gutachten vom 18.06.2012 und damit die darin enthaltenen Angaben zur Probe Nr. 6 waren der Klägerin bereits bei Klageerhebung bekannt. Weiterhin war das TÜV-Gutachten auch von Anfang an Gegenstand der Beweisaufnahme, denn in dem erstinstanzlichen Beweisbeschluss vom 28.03.2017 ist es als eine der Grundlagen der Sachverständigen-Begutachtung genannt (GA 1053). Auf Seite 3 seines Gutachtens vom 10.01.2018 weist der Sachverständige ausdrücklich darauf hin, dass er die in dem TÜV-Gutachten vom 18.06.2012 aufgeführten Fakten nicht mehr überprüfen könne und als gegeben annehmen müsse (GA 1122). Auch in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 29.08.2018 erläutert der Sachverständige an mehreren Stellen (s. etwa GA 1281, 1283, 1286), dass seine Aufgabenstellung die Bewertung des TÜV-Gutachtens sei. Aufgrund dieser deutlichen Anhaltspunkte war die Bedeutung der in dem TÜV-Gutachten enthaltenen Angaben der Klägerin nicht nur von Anfang an bekannt, diese wurde auch mehrfach durch Äußerungen der Kammer und des Sachverständigen betont und damit der Klägerin ins Gedächtnis gerufen.

Es ist auch nicht erkennbar, dass sich der konkrete Bedarf für die von der Klägerin aufgenommene Ermittlung zu den in dem TÜV-Gutachten mit Größen-Maßstab dokumentierten Partikeln erst anlässlich der mündlichen Verhandlung am 28.09.2018 und der dortigen Anhörung des Sachverständigen Dipl.-Ing. Z. ergeben hat. Denn der Sachverständige Dipl.-Ing. Z. hatte bereits in seinem Gutachten vom 10.01.2018 das Fehlen des DIN-vorgeschriebenen Trinkwasserfilters mit einer Maschenweite zwischen 80 und 150 Mikrometer als Ursache der Sandeinspülungen ins Spiel gebracht (GA 1133 ff) und das Fehlen des Trinkwasserfilters in seiner Anhörung vom 30.08.2018 damit begründet, dass in dem Gebäude in großer Menge und großer Körnung Sandeintrag gefunden wurde (GA 1292). Damit war die konkrete Bedeutung der zu der Probe Nr. 6 in dem TÜV-Gutachten ausgewiesenen Informationen, zu denen auch das Bild 118 nebst Größen-Maßstab gehört, offensichtlich. In der Folge war es in prozessualer Hinsicht nachlässig, die später durchgeführten Privatermittlungen nicht bereits bis zur mündlichen Verhandlung vom 28.09.2018 in die Wege zu leiten. Da der Privatgutachter NE. nach seiner Beauftragung vom 16.11.2018 (s. Seite 1 der Anlage K 166) zur Gutachtenerstellung bis zum 21.11.2018 – also innerhalb von sechs Tagen – in der Lage war, hätte die Klägerin die entsprechenden Ermittlungen auch bereits in dem Zeitraum zwischen den Sitzungen vom 30.08.2018 und 28.09.2018 durchführen und die sich daraus ergebenden Erkenntnisse rechtzeitig vortragen können.

(2) Es könnten aber konkrete Zweifel gegen die zweite Feststellung des Landgerichts zur Verantwortlichkeit der Klägerin für die Sandeinspülungen bestehen. Insoweit hat das Landgericht alternativ festgestellt, entweder seien der Trinkwasserfilter zu spät eingebaut worden oder die beim Einbau verlegten Leitungen von vornherein mit Sand und Schlamm verunreinigt gewesen.

Insoweit mag die Beweisaufnahme deshalb unvollständig geblieben sein, weil eine Vernehmung der mit Schriftsatz der Streithelferinnen zu 1. und 2. vom 13.09.2018 (GA 1338) erstinstanzlich noch rechtzeitig benannten Zeugen L. und F. zu der Tatsachenbehauptung angezeigt war, dass seit dem Anschluss des Hausnetzes an die Wasserversorgung und der Befüllung der Leitungen bis zum Auftritt der Verunreinigungen ununterbrochen ein ordnungsgemäßer Trinkwasserfilter installiert gewesen sei. Diese Behauptung war insoweit erheblich, als bei Bestätigung des Beweisthemas die erste vom Landgericht festgestellte Verantwortlichkeits-Alternative entfallen wäre.

2. Selbst wenn man aufgrund der vorstehend erörterten Anhaltspunkte konkrete Zweifel an der Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen befürwortet, sind keine weiteren Feststellungen seitens des Senats im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO geboten.

a. Bereits nach dem Wortlaut des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sind neue Feststellungen nur dann notwendig, wenn die Tatsachen, auf die sich die Zweifel beziehen, entscheidungserheblich sind.

b. Die Tatsache, ob seit dem Anschluss des Hausnetzes an die Wasserversorgung ununterbrochen ein ordnungsgemäßer Trinkwasserfilter installiert war, ist aber nicht entscheidungserheblich. Denn wenn man dies zugunsten der Klägerin unterstellt, ändert sich nichts an dem auch vom Landgericht vertretenen Ergebnis, dass “[d]ie Klägerin … den ihr obliegenden Beweis nicht erbracht (hat), dass die Sandeinspülungen … von der Beklagten zu vertreten sind” (Seite 70 des Urteils). Denn es bleibt die Alternative, wonach die von der Klägerin verlegten Rohre bereits von vorn herein verunreinigt gewesen sind, bestehen.

(1) Diese mögliche Ursache ist trotz der Einwände der Rechtsmittelführer nicht von der Hand zu weisen.

(a) Der Sachverständige Dipl.-Ing. Z. hat in seinem Gutachten vom 10.01.2018 die Möglichkeit, dass beim unsachgemäßen Verlegen Verunreinigungen in die neuen PE-Rohrleitungen gelangten, nicht generell ausgeschlossen (GA 1131). Auch soweit er diese Ursache in seiner Anhörung am 30.08.2018 für weniger wahrscheinlich bzw. sehr unwahrscheinlich bezeichnet hat (GA 1292), bleibt sie jedenfalls mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erhalten. Denn auch das von der Klägerin selbst eingeholte und im hiesigen Rechtsstreit vorgelegte Gutachten der E. vom 09.08.2012 (Seite 27 der Anlage K17) schließt einen Fremdeintrag im Zuge der Errichtung des neuen Grundleitungsnetzes nicht aus. Einen solchen hätte aber die Beklagte nicht zu vertreten.

(b) Soweit die Streithelferinnen zu 1., 2. und 5. darauf hinweisen, dass die Verschmutzungen schon deshalb nicht mit den Neuleitungen eingebracht worden sein können, weil es sich dabei um Kunststoff-PE-Leitungen gehandelt habe, die keine – ebenfalls vorgefundenen – Rost- oder Bleipartikel abgeben könnten, übersehen sie, dass nicht ausgeschlossen ist, dass die PE-Leitungen selbst – aus welchem Grund auch immer – vor dem Einbau in das Haus N01 mit entsprechenden Rost- oder Bleipartikel verunreinigt worden waren.

(c) Der Einwand der Streithelferinnen zu 1. und 2., dass nach den Angaben des Sachverständigen Dipl.-Ing Z. ein Trinkwasser-Filter bis zu 10% Sand mit größerer Körnung durchlässt, spricht nicht dagegen, dass die konkreten Sandeinspülungen auf die Verlegung verunreinigter Rohre zurückzuführen sind. Denn der Sachverständige hat in seiner Anhörung vom 30.08.2018 insbesondere auch auf den Sandeintrag “in großer Mengung und großer Körnung” (GA 1292) verwiesen, womit die vorgefundene Menge bei weitem oberhalb des von dem Sachverständigen benannten “10%-Anteil” lag. Allein aufgrund der Möglichkeit, dass der Trinkwasser-Filter Sandeinspülungen nicht vollständig verhindert, wird die Möglichkeit des Sandeintrags aufgrund der Verlegung verunreinigter Rohre nicht entkräftet.

(2) Bei Anwendung des für die Gewinnung einer Überzeugung nach § 286 ZPO anerkannten Beweismaßes, wonach zur Wahrheits-Überzeugung ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen, genügt (Thomas/Putzo-Seiler, a.a.O., § 286 Rz. 2 mit Rspr-Nw), kann nicht die Überzeugung gewonnen werden, dass die Sandeinspülungs-Ursache aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten stammt. Die weitere Alternativen der Verlegung verunreinigter Rohre ist ebenso gut möglich. Die Beweisaufnahme hat kein eindeutiges Ergebnis, es liegt ein non liquet vor, womit zu Lasten der beweispflichtigen Klägerin nicht feststeht, dass die Beklagte für die Trinkwasser-Verunreinigung, auf der die Klägerin eine verzögerte Bauausführung stützt, verantwortlich ist.

4. Teil:

(7.)(a.) Von der Klägerin begehrter Zinsschaden iHv 313.939,97 Euro wegen der Verschiebung des Abnahmetermins infolge der Sandeinspülungen im Trinkwasser

Dieser Anspruch ist nicht begründet.

Sachverhalt:

Aufgrund des bereits im 3. Teil dargestellten Sachverhaltes leitet die Klägerin wegen der infolge der verzögerten Abnahme auch verspätet erfolgten Zahlungen der Beklagten gemäß ihrer Aufstellung LÄ 123.1 (Anlage K 51) einen Zinsschaden wegen “Übernahmeverzug” iHv 313.939,97 Euro her.

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat einen Anspruch der Klägerin verneint, da die verzögerte Abnahme von ihr selbst zu vertreten sei.

Berufungsgegenstand:

Dagegen haben – allein – die Streithelferinnen zu 1. und 2. Berufung eingelegt, die Beklagte ist dem entgegengetreten.

Bewertung des Senats:

Die Berufungen bleiben erfolglos, denn das Landgericht hat den Anspruch zurecht zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch hier die Beweislast dafür, dass die verzögerte Abnahme aus dem Bereich der Beklagten stammt (vgl. Werner/Pastor-Frechen, a.a.O., Rz. 2318). Insoweit bleibt die Klägerin beweisfällig, denn zum einen beruht die verzögerte Abnahme auf der von ihr zu vertretenden fehlenden öffentlich-rechtlichen Bauabnahme und der Vielzahl wesentlicher Baumängel (s. Ausführungen zum 1. Teil (1)) und zum anderen steht nicht fest, dass die Beklagte die Sandeinspülungen verursacht hat (s. vorstehende Ausführungen zum 3. Teil).

4. Teil:

(7.)(b.) Von der Klägerin begehrter Zinsschaden iHv 975.923,76 Euro wegen verspäteten Rechnungsausgleichs.

Der Klägerin steht ein Anspruch von – lediglich – 5.442,70 Euro zu.

Sachverhalt:

Mit dieser Position macht die Klägerin aufgrund des bereits im 3. Teil dargestellten Sachverhaltes gemäß ihrer Aufstellung LÄ 123.1 (Anlage K 51) ausgerechnete Verzugszinsen nach § 288 Abs. 2 BGB für die Zeit bis zum 03.11.2014 geltend (GA 65).

LG-Entscheidung:

Das Landgericht hat Verzugszinsen iHv 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß §§ 286, 288 Abs. 2 BGB als berechtigt erachtet. Es hat aber keinen ausgerechneten Zinsbetrag zugesprochen, sondern abstrakt Verzugszinsen aus dem von ihm als begründet bewerteten Vergütungsbetrag seit dem 13.06.2012 tenoriert.

Zur Begründung hat es ausgeführt, nach § 11 des GÜ-Vertrages vom 19.06.2009 habe die Zahlung der vollständigen Vergütung vier Wochen nach Eingang der prüfbaren Rechnung zu erfolgen. Aufgrund der Rechnungen vom 16.05.2012 sei damit der 13.06.2012 maßgeblich. Verzugszinsen seien aber nur im Hinblick auf die zugesprochene Forderung gerechtfertigt. Soweit in der von der Klägerin vorgelegten Auflistung (Anlage K 51) weitere, nicht streitgegenständliche Teilrechnungen aufgeführt seien, sei ein Zinsanspruch nicht ausreichend dargelegt.

Berufungsgegenstand:

Beide Parteien haben beschränkt Berufung eingelegt.

Die Klägerin nimmt hin, dass das Landgericht keinen ausgerechneten Zahlbetrag, sondern abstrakte Verzugszinsen tenoriert hat. Ihre Berufung richtet sich gegen die Versagung von Verzugszinsen aus vier der Teil-Rechnungen, die das Landgericht wegen unzureichender Darlegung nicht berücksichtigt hat. Insoweit verfolgt sie die Verzugszins-Beträge in Gesamthöhe von 12.833,23 Euro aus den Rechnungen Nr. 2013/695 iHv 1.707,72 Euro, Nr. 2012/570 iHv 1.416,18 Euro, Nr. 2012/578 iHv 2.318,80 Euro und Nr. 2012/579 iHv 7.390,53 Euro weiter. Die Klägerin rügt eine Verletzung der Hinweispflicht und trägt im Einzelnen vor, was sie auf entsprechende Hinweise erstinstanzlich im Einzelnen vorgebracht hätte (GA 1672-1674).

Die Berufung der Beklagten beanstandet, das Landgericht habe entgegen § 308 Abs. 1 ZPO der Klägerin Zinsen nicht erst ab dem beantragten Zinsdatum 04.11.2014, sondern bereits seit dem 13.06.2012 zugesprochen.

Bewertung des Senats:

I. Die auf den Zinsbeginn begrenzte Berufung der Beklagten ist unbegründet. Die der Klägerin aus der berechtigten Werklohnforderung in Gesamthöhe von 808.220,06 Euro gemäß den §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 Abs. 2 BGB und § 11 (1) GÜ-Vertrag vom 19.06.2009 zustehenden Verzugszinsen iHv 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sind seit dem 13.06.2012 begründet. Die dem folgende Tenorierung entspricht auch dem gemäß § 308 Abs. 1 ZPO bindenden Antrag der Klägerin. Diese hatte zwar als abstraktes Zinsdatum den 04.11.2014 beantragt, aber in der Hauptforderung bereits einen ausgerechneten Zinsbetrag für die Zeit ab dem 12.06.2012 eingerechnet. Mit der Tenorierung abstrakter Zinsen seit dem 13.06.2012 wird der Klägerin nicht mehr als beantragt zugesprochen.

II. Die Berufungseinwände der Klägerin sind – nur – teilweise begründet.

1. Kein Zinsschaden-Zahlungsanspruch besteht bzgl der Rechnung Nr. 2012/579, aus der die Klägerin Verzugszinsen iHv 7.390,53 Euro für die Zeit vom 16.06.2012 – 23.11.2012 herleitet, denn diese Rechnungsforderung ist Gegenstand der Hauptforderungs-Klage. Da das Landgericht bzgl der insoweit berechtigten Hauptforderung bereits abstrakte Verzugszinsen ab dem 13.06.2012 zugesprochen hat, kann die Klägerin für den – aus der Anlage K 51 ersichtlichen – Zeitraum vom 13.06.2012 bis zum 03.11.2014 nicht zusätzlich ausgerechnete Verzugszinsen verlangen.

2. Hinsichtlich der drei übrigen Rechnungen in Gesamthöhe von 5.442,70 Euro, die nicht Gegenstand der Hauptforderungs-Klage sind, sind die begehrten Verzugszinsansprüche gemäß den §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 Abs. 2 BGB und § 11 (1) GÜ-Vertrag vom 19.06.2009 begründet.

Gemäß § 11 (1) GÜ-Vertrag war die vollständige Vergütung in einem Betrag nach Abnahme aller Leistungen vier Wochen nach Eingang der prüfbaren Rechnung zahlbar. Damit lag eine kalendermäßig berechenbare Zeit zur Leistungserbringung im Sinne von § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB vor, nach deren Ablauf die Beklagte ohne weitere Mahnung in Verzug geraten ist. Die Klägerin hat die jeweils maßgeblichen Tatsachen bzgl. Rechnungslegung, Restforderung, Verzugseintritt und Zahlungseingang im Einzelnen in ihrer Berufungsschrift vorgetragen, ohne dass die Beklagte dies in ihrer Berufungserwiderung (GA 1980) bestreitet. Damit ist das Vorbringen der Klägerin nicht neu im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO und damit unabhängig von der Frage, ob das Landgericht seine Hinweispflichten verletzt hat, im Berufungsverfahren zu berücksichtigen und ihre Forderung insoweit begründet.

Wie bereits von dem Berufungsantrag der Klägerin in Rechnung gestellt (GA 1652), löst diese Zahlungsforderung iHv 5.442,70 Euro wegen des Zinseszinsverbots (§ 289 BGB) nicht noch zusätzlich abstrakte Verzugszinsen aus.

C.

I.

Die Streitwertfestsetzung berücksichtigt Hilfsaufrechnungen der Beklagten iHv 211.935,33 Euro (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG) und beruht bzgl der Nebeninterventionen u.a. auf folgenden Parametern:

Der Streitwert für die Nebeninterventionen bestimmt sich gemäß § 3 ZPO jeweils nach dem von den Streithelferinnen verfolgten Interesse, also nach dem Umfang ihrer Beteiligung am Prozess (vgl. BGH, Beschl. v. 12.01.2016 – X ZR 109/12 = NJW-RR 2016, 831). Insoweit sind folgende Einzelheiten zu beachten:

– Die Streithelferinnen zu 1., 2., 3. und 6. unterstützen die Klägerin bezüglich der von dieser eingelegten Berufung iHv 1.698.136 Euro – nebst Hilfsaufrechnungen der Beklagten iHv 211.935,33 Euro – und von ihr erhobenen Anschlussberufung iHv 807.292,59 Euro jeweils im vollen Umfang.

– Im Hinblick auf die Berufung der Beklagten unterstützen die Streithelferinnen zu 1. und 2. die Klägerin in voller Höhe der Beklagten-Berufung von 3.057.399,63 Euro und die Streithelferinnen zu 3. und 6. diese nur in Höhe des Vertragsstrafenanspruchs von 2.196.051,96 Euro.

– Aufgrund ihrer eigenen Berufung verfolgen die Streithelferinnen zu 1. und 2. zudem in Höhe des den Wert der Anschlussberufung übersteigenden Betrages von 1.872.521,28 Euro ein weiter zu berücksichtigendes Interesse.

– Die Streithelferinnen zu 4. und 5. unterstützen die Klägerin – wie bereits zutreffend auf den Seiten 76 und 77 des angegriffenen Urteils ausgeführt – nur im Hinblick auf die von ihnen ausgeführten Arbeiten an der Trinkwasserleitung. Dies betrifft die Berufung der Klägerin in Höhe von 21.710,52 Euro (GA 1651 f, 1658 f) und deren Anschlussberufung in voller Höhe von 807.292,59 Euro. In Bezug auf die Berufung der Beklagten ist der Betrag von 2.196.051,96 Euro für die begehrte Vertragsstrafe betroffen.

– Aufgrund ihrer eigenen Berufung verfolgt die Streithelferin zu 5. zudem in Höhe des den Wert der Anschlussberufung übersteigenden Betrages von 1.162.565,60 Euro ein weiter zu berücksichtigendes Interesse.

– Die Streithelferin zu 7. unterstützt die Beklagte sowohl im Hinblick auf die beiden Rechtsmittel der Klägerin, als auch im Hinblick auf die eigene Berufung der Beklagten. Das rechtliche Interesse ist aber auf den Betrag des Vertragsstrafenanspruchs von 2.196.051,96 Euro beschränkt, denn allein insoweit ist die Streitverkündung erfolgt.

II.