Ax Hochbaurecht

OLG Köln zu der Frage, dass Verträge mit Architekten, Bauingenieuren, Statikern u.s.w. zwar in der Regel Werkverträge sind, Abweichendes aber dann gilt, wenn die Aufgabe des Architekten oder der anderen Baufachleute sich auf eine bauleitende, überwachende oder beratende Tätigkeit beschränkt und nicht die Bauführung umfasst

OLG Köln zu der Frage, dass Verträge mit Architekten, Bauingenieuren, Statikern u.s.w. zwar in der Regel Werkverträge sind, Abweichendes aber dann gilt, wenn die Aufgabe des Architekten oder der anderen Baufachleute sich auf eine bauleitende, überwachende oder beratende Tätigkeit beschränkt und nicht die Bauführung umfasst

vorgestellt von Thomas Ax

1. Verträge mit Architekten, Bauingenieuren, Statikern u.s.w. sind zwar in der Regel Werkverträge. Abweichendes gilt dann, wenn die Aufgabe des Architekten oder der anderen Baufachleute sich auf eine bauleitende, überwachende oder beratende Tätigkeit beschränkt und nicht die Bauführung umfasst.
2. Auch der Vertrag mit einem Sachverständigen über die Erstattung eines Gutachtens ist als Werkvertrag zu qualifizieren, da der Gutachter ein geistiges Werk schuldet. Wird der Sachverständige aber über längere Zeit hinweg beratend oder überwachend tätig, liegt ein Dienstvertrag vor.
3. Ein Auftrag über die Dokumentation des Zustands eines Weges hat mit Blick auf den geschuldeten Erfolg werkvertraglichen Charakter. Umfasst der überwiegende Teil der beauftragten und erbrachten Leistungen indes die Beratung des Auftraggebers im Hinblick auf Ursachen und erforderliche Maßnahmen zur Beseitigung von Schäden am Weg, ist im Schwerpunkt kein bestimmter Erfolg oder ein konkretes geistiges Werk geschuldet, sondern eine laufende (beratende) Tätigkeit im Interesse des Auftraggebers.
4. Dem Dienstherrn stehen grundsätzlich keine Gewährleistungsansprüche zu. Insbesondere ist auch eine Minderleistung nicht als “nicht vertragsgemäße” Leistung zu sehen, die den Dienstherrn berechtigen würde, die Vergütung nicht zu zahlen.
5. Der Dienstverpflichtete hat keinen Anspruch auf Vergütung, wenn die erbrachten Dienste infolge einer von ihm zu vertretenden Schlechtleistung für den Dienstherrn ohne Interesse (i.S.v. völlig unbrauchbar) sind. Dann steht dem Dienstherrn ein Schadensersatzanspruch zu, der auf Befreiung von der Vergütungspflicht gerichtet ist.
OLG Köln, Beschluss vom 14.02.2023 – 8 U 193/22
vorhergehend:
LG Aachen, 20.10.2022 – 12 O 169/22
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 06.12.2023 – VII ZR 61/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
OLG Köln, Beschluss vom 20.03.2023 – 18 U 193/22 (Zurückweisungsbeschluss)


Gründe:

I.

Die Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung des Senats keine Aussicht auf Erfolg, weil sie offensichtlich unbegründet ist (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) und die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Zu Recht hat das Landgericht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die zutreffenden Gründe der landgerichtlichen Entscheidung Bezug genommen. Die hiergegen erhobenen Einwände der Berufung rechtfertigen keine andere, für den Beklagten günstigere Beurteilung. Im Einzelnen:

1. Zutreffend ist das Landgericht zunächst davon ausgegangen sein, dass das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis im Schwerpunkt als Dienstvertrag zu qualifizieren ist. Verträge mit Architekten, Bauingenieuren, Statikern u.s.w. sind zwar in der Regel Werkverträge; abweichendes gilt dann, wenn die Aufgabe des Architekten oder der anderen Baufachleute sich auf eine bauleitende, überwachende oder beratende Tätigkeit beschränkt und nicht die Bauführung umfasst (BGH NJW 1982, 438; insgesamt MüKoBGB/Spinner, 9. Aufl. 2023, § 611 Rn. 28). Auch der Vertrag mit einem Sachverständigen über die Erstattung eines Gutachtens ist als Werkvertrag zu qualifizieren (BGH NJW 1995, 392; 2006, 2472), da der Gutachter ein geistiges Werk schuldet. Wird der Sachverständige aber über längere Zeit hinweg beratend oder überwachend tätig, liegt ein Dienstvertrag vor (vgl. MüKoBGB/Spinner, 9. Aufl. 2023, § 611 Rn. 35).

Zwar hat die vom Beklagten beauftragte Dokumentation des Zustands des Weges mit Blick auf den geschuldeten Erfolg werkvertraglichen Charakter. Indes umfasste der überwiegende Teil der beauftragten und erbrachten Leistungen die Beratung des Beklagten im Hinblick auf Ursachen und erforderliche Maßnahmen zur Beseitigung der Schäden am Weg. Insbesondere aus den vorgelegten Rechnungen, Tätigkeitsauflistungen und Unterlagen ergibt sich eine langfristige beratende Tätigkeit. Der Beklagte hat den Kläger für eine Vielzahl von Fragen und Aufgaben im Zusammenhang mit den Straßenschäden in Anspruch genommen (vgl. Bl. 22, 84 ff., 102 ff., 117 f., 216 ff., insbes. Bl. 224 ff. eA LG). Es war daher im Schwerpunkt kein bestimmter Erfolg oder ein konkretes geistiges Werk geschuldet, sondern eine laufende (beratende) Tätigkeit im Interesse des Beklagten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der (streitigen) Behauptung des Beklagten, der Kläger sei auch mit der Prüfung der vorgelegten Statiken beauftragt gewesen. Einen solchen Auftrag unterstellt, beschränkte sich die Tätigkeit des Klägers auch insoweit auf eine Beratung des Beklagten zur Frage, was sich hieraus für die örtliche Situation ergibt, und umfasste keinen Erfolg im Sinne der Erstellung einer “Vergleichs”-Statik bzw. vollständigen Nachberechnung.

2. Ebenfalls zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte den Vertrag nicht wirksam angefochten hat. Eine allenfalls in Betracht kommende arglistige Täuschung nach § 123 BGB liegt bereits deswegen nicht vor, weil sich etwaige Täuschungshandlungen nicht auf den Abschluss des Vertrages zwischen den Parteien gerichtet haben. Auch wenn der Beklagte ausführt, das Verhalten des Klägers sei “von Anfang an darauf ausgelegt” gewesen, den Beklagten zu täuschen, trägt er keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vor, dass es der Kläger mit Blick auf eine beabsichtigte spätere Irreführung bereits vor Vertragsschluss darauf angelegt hätte, den Beklagte zu seiner Beauftragung zu bewegen. Anfechtungstatbestände nach § 119 BGB sind ebenfalls nicht ersichtlich.

3. Der demnach bestehende Vergütungsanspruch des Klägers ist nicht wegen einer vom Beklagten behaupteten Nicht- oder Schlechtleistung gemindert oder durch Aufrechnung erloschen. Aus dem gleichen Grund ist auch der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der bereits geleisteten Vergütung nicht gegeben.

a) Dem Dienstherrn stehen nach den gesetzlichen Bestimmungen des Dienstvertragsrechts grundsätzlich keine Gewährleistungsansprüche zu. Insbesondere ist auch eine Minderleistung nicht als “nicht vertragsgemäße” Leistung zu sehen, die den Dienstherrn nach § 614 BGB berechtigen würde, die Vergütung nicht zu zahlen; ebenso ist ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB nicht gegeben (vgl. insgesamt OLG Frankfurt a. M. MDR 1992, 347; OLG Köln MedR 1994, 199; BeckOK BGB/Baumgärtner, 64. Ed. 1.11.2022, § 611 Rn. 54). Die Rechtsprechung versagt aber dann einen Anspruch auf Vergütung, wenn die erbrachten Dienste infolge einer vom Dienstverpflichteten zu vertretenden Schlechtleistung für den Dienstberechtigten ohne Interesse (i.S.v. völlig unbrauchbar) sind. Dann wird ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB angenommen, der gem. § 249 Abs. 1 BGB (Naturalrestitution) auf Befreiung von der Vergütungspflicht gerichtet ist (OLG Köln MedR 1994, 198; OLG München OLGR 1998, 247).

Eine völlige Unbrauchbarkeit im vorgenannten Sinne ist im Streitfall nicht gegeben. Auch wenn der Beklagte meint, zwingende Hinweise auf eine Korrumpierung des Klägers zu sehen, sind hierfür tatsächliche Anhaltspunkte weder vorgetragen noch ersichtlich. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich vielmehr, dass sich der Kläger mit den Fragen und Aufgaben befasst hat, die ihm der Beklagte aufgetragen hat. Insbesondere sind seine Dokumentationen und Erkenntnisse im einstweiligen Verfügungsverfahren LG Aachen 11 O 348/17 zugunsten des Beklagten verwertet worden. So ist auf dessen Antrag unter dem 22.09.2017 eine einstweilige Verfügung gegen die Bauherrin des Nachbargrundstücks erlassen worden mit dem Inhalt, dass dieser untersagt wurde, ihr Grundstück so zu bebauen und zu vertiefen, dass die Straße des (hiesigen) Beklagten beschädigt wird, sowie für eine genügende Befestigung zu sorgen (Bl. 56 ff. Beiakte 11 O 348/17). Diese einstweilige Verfügung wurde u.a. auch nach Anhörung des Klägers durch Urteil bestätigt. Dabei kam es nicht entscheidend darauf an, in welchem Umfang die Straße vor den Bauarbeiten belastbar war, und dass die Trägerbohlwand ausweislich des vorgelegten Prüfberichts des Prof. Dr. ### für einen Lastfall von 12 t ausgelegt ist. Denn nach den Urteilsgründen sei ihr jedenfalls die erforderliche Stütze genommen worden, weshalb Risse und Absackungen – wie vom Kläger dokumentiert – entstanden sind. Dass sich etwaige Falschangaben des Klägers für den Beklagten nachteilig ausgewirkt hätten, ist daher schon nicht ersichtlich. Zudem ergeben sich aus der Aktenlage keinerlei greifbare Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger gegen die Interessen des Beklagten gearbeitet hätte.

b) Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass dem Beklagten ein sonstiger Schadensersatzanspruch zustehen könnte, der dem klägerischen Anspruch im Wege der Aufrechnung oder der Widerklage entgegen gehalten werden könnte. Mit Blick auf die Ausführungen zu lit. a) lässt sich insbesondere keine Treuepflichtverletzung gemäß § 241 Abs. 2 BGB feststellen. Zudem fehlt es seitens des Beklagten an Darlegungen dazu, welcher konkrete Schaden ihm hinsichtlich einer etwaigen Pflichtverletzung des Klägers entstanden sein soll. Unabhängig von der Frage, ob der Kläger in Anbetracht der vorgelegten Unterlagen – insbesondere des Prüfberichts des SV-Büros ### – überhaupt eine Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann, ist schon nicht ersichtlich, welche konkreten Vermögensnachteile dem Beklagten daraus erwachsen sein sollen. Das einstweilige Verfügungsverfahren ging in erster Instanz zu seinen Gunsten aus und die Trägerbohlwand wurde verstärkt. Dass es infolge einer Pflichtverletzung des Klägers zu einer Vergrößerung des schon vorhandenen Schadens gekommen wäre, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

c) Soweit der Beklagte im Wege der Widerklage eine Schadensersatzpflicht des Klägers feststellen lassen will, fehlt es schließlich – wie bereits das Landgericht zutreffend ausführt – an einem Feststellungsinteresse. Welche Schäden infolge einer Pflichtverletzung noch eintreten oder derzeit noch nicht beziffert werden können, ist nicht dargetan.

II.

Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

III.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 23.224,85 EUR festzusetzen.

BGH zu der Frage, dass ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, wenn es die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch versäumt, den Sachvortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben

BGH zu der Frage, dass ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, wenn es die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch versäumt, den Sachvortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben

vorgestellt von Thomas Ax

1. Ein Sachvortrag ist schlüssig und ausreichend substantiiert, wenn die vorgetragenen Tatsachen in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht zu begründen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden.
2. Ein Gericht verletzt in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch versäumt, den Sachvortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben.
3. Der – unter Beweis gestellte – Vortrag, der bauüberwachende Architekt habe durch konkrete fehlerhafte Anweisungen an den ausführenden Unternehmer einen Mangel (hier: der Lüftungsanlage) mitverursacht, ist hinreichend substantiiert.
BGH, Beschluss vom 24.04.2024 – VII ZR 871/21
vorhergehend:
OLG München, 25.10.2021 – 28 U 3889/21 Bau
LG München I, 21.05.2021 – 24 O 9550/20

Gründe:

I.

1

Die Klägerin begehrt von dem beklagten Architekten im Wege der Teilklage Schadensersatz in Höhe von 500.000 Euro.

2

Die Klägerin beauftragte den Beklagten im Jahr 2012 mit der Erbringung von Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 3 und 5 bis 8 gemäß § 34 HOAI (2009) in Bezug auf den Umbau ihres Wohn- und Geschäftshauses. Sie stützt ihr Schadensersatzverlangen in erster Linie auf eine Baukostenüberschreitung, hilfsweise auf erhöhte Finanzierungskosten und weiter hilfsweise auf im Rahmen der Beseitigung von Mängeln einer Lüftungsanlage entstandene Kosten in Höhe von 11.739,35 Euro.

3

Das Landgericht hat die Klage aufgrund fehlender Bestimmtheit des Klageantrags als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin nach Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, wobei es die Klage nach erfolgter Klarstellung des Klagebegehrens durch ziffernmäßige Aufteilung beziehungsweise durch Erklärung eines Anspruchs zum Haupt- und der übrigen Ansprüche zu Hilfsansprüchen zwar für zulässig, aber für unbegründet erachtet hat. Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit der Beschwerde, mit der sie ihr Klagebegehren weiterverfolgt.

II.

4

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision hat im tenorierten Umfang Erfolg und führt insoweit gemäß § 544 Abs. 9 ZPO zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

5

1. Das Berufungsgericht hat in Bezug auf den von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen Mängeln der Lüftungsanlage ausgeführt:

6

Die Klägerin habe nicht substantiiert dargelegt, warum die behaupteten Mängel der Lüftungsanlage (in vollem Umfang) vom Beklagten zu vertreten seien. Es werde lediglich vorgetragen, der Beklagte habe persönlich den Handwerkern die Anweisung erteilt, die Lüftungsanlage in einer den Regeln der Technik widersprechenden Art und Weise einzubauen. Gleichzeitig habe die Klägerin bereits erstinstanzlich ausgeführt, dass die Planung der Lüftungsanlage nicht vom Beklagten ausgeführt und der Innenausbau gänzlich von einem Dritten betreut worden sei. Außerdem laste die Klägerin dem Beklagten an, Luftauslässe von Klimageräten falsch behandelt zu haben, während weiter vorgetragen werde, das Gewerk Klima- und Kältetechnik werde dem Beklagten nicht zum Vorwurf gemacht. Bei dieser Sachlage sei nicht hinreichend substantiiert dargetan, inwieweit der geltend gemachte Schaden tatsächlich kausal dem Beklagten anzulasten sei. Es erschließe sich schon nicht, inwieweit der Beklagte in Bezug auf die Lüftungsanlage weisungsbefugt gewesen sei. Ferner sei unklar, ob ihm eine Fehlplanung, eine fehlerhafte Überwachung oder eine fehlerhafte Anweisung im Rahmen des Innenausbaus, die nach unbestrittenem Vortrag des Beklagten im Einvernehmen und nach den Wünschen der Klägerin erfolgt sei, angelastet werde.

7

2. Mit dieser Begründung verletzt das Berufungsgericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG.

8

a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 4. November 2020 – VII ZR 261/18 Rn. 13, BauR 2021, 593 = NZBau 2021, 178; Beschluss vom 14. Dezember 2017 – VII ZR 217/15 Rn. 9, BauR 2018, 669; Beschluss vom 16. November 2016 – VII ZR 23/14 Rn. 10, ZfBR 2017, 146; Beschluss vom 20. Mai 2015 – VII ZR 78/13 Rn. 7, BauR 2015, 1528; Beschluss vom 22. August 2012 – VII ZR 2/11 Rn. 14, BauR 2012, 1822). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt dann vor, wenn das Gericht die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch versäumt, den Sachvortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben (vgl. BGH, Beschluss vom 4. November 2020 – VII ZR 261/18 Rn. 13, BauR 2021, 593 = NZBau 2021, 178; Beschluss vom 26. Februar 2020 – VII ZR 166/19 Rn. 14, BauR 2020, 1035 = NZBau 2020, 293; Beschluss vom 14. Dezember 2017 – VII ZR 217/15 Rn. 9, BauR 2018, 669; Beschluss vom 6. Februar 2014 – VII ZR 160/12 Rn. 12, NZBau 2014, 221).

9

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Sachvortrag schlüssig, wenn der Anspruchsteller Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in seiner Person entstanden erscheinen zu lassen (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 4. November 2020 – VII ZR 261/18 Rn. 14, BauR 2021, 593 = NZBau 2021, 178; Beschluss vom 16. November 2016 – VII ZR 314/13 Rn. 22, BauR 2017, 306; Beschluss vom 6. Februar 2014 – VII ZR 160/12 Rn. 12, NZBau 2014, 221).

10

b) Nach diesen Maßstäben beanstandet die Beschwerde zu Recht einen Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG, weil es die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und eine hinreichende Darlegung des Schadensersatzanspruchs gegen den Beklagten wegen eines Mangels der Lüftungsanlage verneint hat.

11

Die Ausführungen des Berufungsgerichts, dass sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht ergebe, welches haftungsbegründende Verhalten dem Beklagten zur Last gelegt werde, sind unzutreffend. Die Klägerin hat vielmehr, worauf sie in ihrer von der Beschwerde in Bezug genommenen Stellungnahme vom 18. Oktober 2021 hingewiesen hat, bereits in der Klageschrift behauptet, dass der von ihr mit Architektenleistungen beauftragte Beklagte in Bezug auf den Einbau der Lüftungsanlage fehlerhafte Anweisungen an den ausführenden Unternehmer erteilt habe. Konkret habe der Beklagte die Anweisungen erteilt, keine Ventile zu verbauen und die Lüftungsschläuche (teilweise) nicht an die Luftauslässe anzuschließen. Dies sei regelwidrig und habe dazu geführt, dass die Lüftungsanlage in einem Teil der Räume so gut wie wirkungslos gewesen sei. Zur Herstellung der Funktionsfähigkeit der Lüftungsanlage seien Kosten in Höhe von 11.739,35 Euro angefallen. Für die Anweisungen seitens des Beklagten hat die Klägerin Beweis durch Vernehmung der Zeugen ###, ### und angeboten. Die Regelwidrigkeit der nach diesen Anweisungen hergestellten Lüftungsanlage wurde durch Sachverständigengutachten unter Beweis gestellt.

12

Nachdem das Berufungsgericht darauf hingewiesen hat, dass – im Hinblick auf weiteren Vortrag der Klägerin – nicht hinreichend substantiiert dargelegt sei, dass der Mangel der Lüftungsanlage (auch) von dem Beklagten zu vertreten sei, hat die Klägerin, wie die Beschwerde zu Recht rügt, in der hierauf erfolgten Stellungnahme vom 18. Oktober 2021 erneut geltend gemacht, dass der Schadensersatzanspruch auf die vorgenannten fehlerhaften Anweisungen des Beklagten gestützt werde. Weiter hat sie auf erläuternden schriftsätzlichen Vortrag verwiesen, wonach der Vertrag mit dem zunächst beauftragten Fachplaner auf Drängen des Beklagten gekündigt worden sei und der Beklagte während der Bauausführung sodann selbst die behaupteten fehlerhaften Anweisungen betreffend den Einbau der Lüftungsanlage erteilt habe. Auch wird erläutert, dass der Umstand, dass die Klägerin dem Beklagten Mängel der Kälte- und Klimatechnik nicht angelastet habe, nicht die Lüftungsanlage, die ein hiervon getrenntes System darstelle, betreffe.

13

Mit diesem Vortrag hat die Klägerin hinreichend substantiiert behauptet und unter Beweis gestellt, dass der Beklagte durch konkrete fehlerhafte Anweisungen an den ausführenden Unternehmer einen Mangel der Lüftungsanlage (mit)verursacht habe. Sie hat ferner auf den Hinweis des Berufungsgerichts erläutert, warum der Beklagte anstelle des Fachplaners die behaupteten Anweisungen zum Einbau der Lüftungsanlage erteilt habe. Auch wenn der Beklagte insoweit seine Befugnisse überschritten haben sollte, führt dies – anders als das Berufungsgericht möglicherweise meint – nicht dazu, dass er für eine fehlerhafte Anweisung, die zu einem Mangel der Lüftungsanlage geführt hat, nicht gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB haftet. Soweit das Berufungsgericht weiter ausführt, dass die Anweisung unstreitig im Einvernehmen mit der Klägerin erfolgt sei, hat dies ebenfalls weder die fehlende Substantiierung noch die Unschlüssigkeit des Klägervortrags zur Folge. Denn Feststellungen dazu, dass die Klägerin in Kenntnis des hierdurch verursachten Mangels der Lüftungsanlage mit den behaupteten Anweisungen des Beklagten zum Einbau einverstanden gewesen wäre, hat das Berufungsgericht nicht getroffen.

14

c) Der angefochtene Beschluss beruht im Umfang der Aufhebung auf diesen Gehörsverstößen. Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einem für die Klägerin günstigeren Ergebnis gelangt wäre, wenn es die Darlegung für ausreichend substantiiert erachtet und – wie erforderlich – die angebotenen Beweise erhoben hätte.

III.

15

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist im Übrigen unbegründet. Sie zeigt insoweit nicht auf, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz ZPO abgesehen.

LG Berlin zu der Frage der Unwirksamkeit der Regelung des § 16 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 VOB/B, wonach sich die Frist für die Fälligkeit des Anspruchs auf Schlusszahlung auf bis zu 60 Tage verlängert, wenn dies vereinbart wurde und aufgrund der besonderen Merkmale der Vereinbarung sachlich gerechtfertigt ist, wenn keine die Fristverlängerung rechtfertigenden Umstände (z.B. die besondere Komplexität des Bauvorhabens) vorliegen

LG Berlin zu der Frage der Unwirksamkeit der Regelung des § 16 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 VOB/B, wonach sich die Frist für die Fälligkeit des Anspruchs auf Schlusszahlung auf bis zu 60 Tage verlängert, wenn dies vereinbart wurde und aufgrund der besonderen Merkmale der Vereinbarung sachlich gerechtfertigt ist, wenn keine die Fristverlängerung rechtfertigenden Umstände (z.B. die besondere Komplexität des Bauvorhabens) vorliegen

vorgestellt von Thomas Ax

1. Die Regelung des § 16 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 VOB/B, wonach sich die Frist für die Fälligkeit des Anspruchs auf Schlusszahlung auf bis zu 60 Tage verlängert, wenn dies vereinbart wurde und aufgrund der besonderen Merkmale der Vereinbarung sachlich gerechtfertigt ist, ist unwirksam, wenn keine die Fristverlängerung rechtfertigenden Umstände (z.B. die besondere Komplexität des Bauvorhabens) vorliegen.
2. Stellt der Auftragnehmer seine Leistung aufgrund eines Zahlungsverzugs des Auftraggebers berechtigter Weise ein, kann er die Stillstandskosten, die ihm dadurch entstehen, dass er seine Mitarbeiter nicht produktiv einsetzen kann, auf der Grundlage seiner Stundenverrechnungsätze abzüglich des kalkulierten Gewinns berechnen.
3. Macht der Auftragnehmer eine Entschädigung nach § 642 BGB geltend, ist die Vorlage einer bauablaufbezogenen Darstellung des Stillstands nur dann erforderlich, wenn die Behinderung auf andere Weise nicht nachvollzogen werden kann.
4. Sofern die Parteien keine abweichende Vereinbarungen getroffen haben, obliegt es dem Auftraggeber nicht, ungünstige Witterungseinflüsse (hier: zu niedrige Umgebungstemperaturen) durch die Beheizung des Objekts abzuwehren (Anschluss an BGH, IBR 2017, 302).
LG Berlin, Urteil vom 07.09.2023 – 12 O 225/20

Tatbestand

Im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung gemäß VOB/A 2016 erhielt die Klägerin auf Ihr Angebot vom 20.4.2017 den Zuschlag der Beklagten gemäß Schreiben vom 7.7.2017. Das Angebot, das auf der Grundlage von Einheitspreisen erstellt war, schloss mit einer Angebotssumme von brutto 475.310,20 Euro. Die Klägerin bot einen Preisnachlass auf die Abrechnungssumme von 3,79 % an. Es galt VOB/B in der Fassung des Jahres 2016. Wegen der Einzelheiten wird auf das Leistungsverzeichnis (K1), auf die besonderen Vertragsbedingungen (K2) auf die zusätzlichen Vertragsbedingungen (K3) und auf ein Letter of Intent (K4) verwiesen.

Ein weiteres Letter auf Intent vom 12.4.2018 enthielt unter anderem die Vereinbarung der Parteien betreffend verbindliche Zwischentermine und ergänzende Vereinbarungen zur Vergütung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf K4 Bezug genommen.

Im Zeitraum zwischen 7.8.2017 und 6.10.2018 erteilte die Beklagte auf der Grundlage von insgesamt neun Nachtragsangebote der Klägerin neun Nachaufträge. Wegen der Einzelheiten der Nachtragsangebote wird auf Anlagen K 83 bis K 92 Bezug genommen.

Die Beklagte nahm die Leistungen der Klägerin am 18.1.2019 ab. Wegen der Einzelheiten des Abnahmeprotokolls wird auf Anlage K5 Bezug genommen.

Mit Datum vom 13.8.2019 legte die Klägerin eine Schlussrechnung, die sie am selben Tag an die Beklagte übergab. Die Schlussrechnung schloss mit einem Bruttorechnungsbetrag von 1.217.073,52 Euro einschließlich Nachlass, nach Abzug der geleisteten Abschlagszahlungen bezifferte die Klägerin ihre Forderung auf 388.928,11 Euro. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Anlage K6 Bezug genommen.

Die Beklagte prüfte die Schlussrechnung auf einen Bruttobetrag von 1.161.213,50 Euro und zahlte weitere 152.390,76 Euro an die Klägerin aus.

Die Klägerin trägt vor: Hier stehe ein weiterer Vergütungsanspruch von 151.316,00 Euro brutto zu. Die Kürzungen der Beklagten seien zum überwiegenden Teil nicht gerechtfertigt. Die von ihr ermittelten Mengen und Massen seien zutreffend. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen der Klägerin in der Klageschrift, dort Seiten 9-25 verwiesen. Der Ansatz für Stundenlohnarbeiten wegen Stillstandskosten (Position 4.1.0.40) sei zutreffend. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlagen K 38 bis K 42 verwiesen. Die 2-K-Personenschleuse sei über die Positionen “Herstellen” gemäß N1.14 mit 47,00 Stück zu vergüten, weil die Schleusen infolge der Umstände auf der Baustelle nach dem Abbau am ursprünglichen Standort, dort komplett hätten abgebaut und an andere Stelle neu aufgebaut werden müssen. Die Nachtragsleistungen habe sie mit den Nachtragsangeboten Nr. 1 bis Nr. 9 in der Zeit zwischen dem 7.8.2017 und dem 6.10.2018 angeboten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 28.2.2022 (II, Blatt 16-18) sowie auf die Anlagen K 83 bis K 92 Bezug genommen. Die Beklagte habe die Leistungen des Nachtrags 09.01 auf Grundlage des von ihr bereits gestellten LV angeboten und im Anschluss gegenüber der Klägerin freigegeben. Im Übrigen habe die Beklagte die Nachtragsleistungen in Auftrag gegeben.

Die Klägerin beantragt:

1. Der Beklagte zu verurteilen, an 151.316,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten seit dem 14.10.2019 zu zahlen.

2. Die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 9179,26 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit dem 18.7.2020 zu zahlen.

3. Die Beklagte zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2802,44 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr die Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die der Klägerin nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss verstorbenen Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) seit dem Zeitpunkt der Einzahlung der Gerichtskosten bei der Gerichtskasse bis zum Tag des Eingangs ihres Kostenfestsetzungsantrages bei Gericht zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet: Die in ihrem Auftrag durch ### vorgenommenen Schlussrechnungsprüfungen seien zutreffend. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Klageerwiderung, dort Seiten 9-21 sie auf Anlagen K 8, B 10 und B 11 verwiesen.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des von der Klägerin benannten Zeugen ### sowie des von der Beklagten benannten Zeugen ###. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Protokolls vom 14.7.2022 II, Blatt 81-88 d.A. verwiesen. Ferner hat sie Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des von der Klägerin benannten Zeugen ### sowie der von der Beklagten benannten Zeugen ###. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Protokolls vom 23.2.2023, dort Seiten 2-11 Bezug genommen. Auch die Vernehmung der Zeugen ### hat die Beklagte verzichtet. Schließlich hat die Kammer Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des von der Klägerin benannten Zeugen ###. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 17.8.2023 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist zum Teil auch in der Sache begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 76.581,22 Euro aus § 631 BGB in Verbindung mit dem Bauvertrag zu.

1. Mengen und Massen

Der Klägerin waren nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme diejenigen Positionen zuzusprechen, die von der Bauleitung ### positiv geprüft worden sind. Die Zeugen ### haben glaubhaft erklärt, dass etwaige Differenzen bei der Bewertung der Mengen und Massen einverständlich aufgeklärt und geregelt worden sind. Nach dem glaubhaften Bericht des Bauleiters der Klägerin, ###, sind auf entsprechende Klärungen Beanstandungen der Beklagten dann durchaus auch fallengelassen worden.

Dementsprechend war für die Kammer maßgeblich, was letztlich im Rahmen der Prüfungen durch die am Bau Beteiligten festgestellt worden ist. Verständlicherweise hatten die Zeugen keine konkrete Erinnerung mehr an die von ihnen festgestellten und dokumentierte Leistungen. Dementsprechend verwiesen sie auf die Aufmaßunterlagen, die Grundlage für die Abstimmungen über die Einsprüche der Klägerin waren. Bereits am 24.1.2019 führten die Parteien, vertreten durch den Bauleiter ### für die Seite der Klägerin sowie Frau ### von den bauleitenden Architekten für die Beklagte durch. Im Rahmen dieses Aufmaßgesprächs haben die Parteien die Aufmaßdifferenzen diskutiert und es sind Festlegungen hierzu getroffen worden. Insoweit kann auf den Inhalt von K 94 verwiesen werden. Auch der Zeuge ### bestätigte dieses Vorgehen. Der Zeuge ### war gemeinsam mit ### der ab September 2019 für die Leistungsprüfung zuständige Mitarbeiter der ###, die von der Klägerin als Projektsteuerin eingesetzt war. ### war für den Zeitraum ab September 2019 für die Prüfung der Abrechnungen zuständig. Er hat glaubhaft bekundet, er habe auf den Einspruch der Klägerin nochmals die Mengen und Massen anhand der vorangegangenen Prüfungen von ### überprüft. Dabei sei er zu den Ergebnissen gelangt, die er in seiner Kommentierung zum Schreiben von Rechtsanwälten ### formuliert habe. Vor diesem Hintergrund waren die Ausführungen des Zeugen ###, die Leistungen seien genau so ausgeführt worden, wie sie in den Aufmaßblättern ausgewiesen seien, nicht überzeugend.

Jedenfalls blieben vernünftige Zweifel. Trotz der zeitnahen Überprüfung der eingereichten Aufmaße konnten die Aufmaßdifferenzen durch die Klägerin gegenüber der Bauleitung nicht hinreichend aufgeklärt werden. Die Bauleitung, die in großen Umfang auch Massenmehrungen anerkannt hat, konnte sie wegen der hier streitige Positionen mangels Leistungsbelegen nicht überzeugen. Ein Gegenaufmaß war der Beklagten nicht möglich, weil sie wegen der Asbestkontaminierung während der Arbeiten bis zur PCB-Freigabe keinen Zugang zu den Schwarzbereichen hatte. Aus den genannten Gründen konnte sich auch die Kammer vom behaupteten Leistungsumfang nicht überzeugen lassen.

Im Einzelnen:

A) Position 1.1.10 (168,81 Euro netto). Die Position ist nicht zu berücksichtigen. Die Leitung (Reinigung der Baustellenfläche) ist doppelt in Ansatz gebracht worden, weil die Beklagte wegen langer Bauzeit eine (zusätzliche) Zwischenreinigung für erforderlich hielt. Gemäß LV durfte eine Reinigung jedoch nur auf Anweisung der örtlichen Bauleitung erfolgen. Eine solche Anweisung hat die Klägerin nicht vorgetragen.

B) Position 1.1.40 (413,56 Euro netto) ist nicht begründet. Nach der Stellungnahme des Büros ### vom 16.10.2019 ist die Position nicht angefallen, weil ausweislich eines Vermerks im entsprechenden Aufmaßblatt die betreffende Entsorgung nicht erfolgt ist. Die Kammer ist nach der Beweisaufnahme nicht davon überzeugt, dass die abgerechneten Entsorgungsbehälter vorgehalten wurden.

C) Position 1.1.50 (1.846,00 Euro netto) ist nicht begründet. Wie vor.

D) Pos. 1.1.80 (147,00 Euro netto). Die Beklagte hat für die behauptete Entsorgung von 0,58 t Kunststoffabfall den Ansatz eines Behälters für bis zu 10 m3 anerkannt. Für eine Entsorgung über den anerkannten Teil hinaus hat die Klägerin keinen Nachweis erbracht. Insoweit konnten auch die vernommenen Zeugen die Kammer nicht überzeugen.

E) Die Pos. 1.1.90 ist in Höhe von 115.80 Euro netto begründet. Gemäß des Letter auf Intent vom 28.3.2018, dort Zfr. 2. lit g) durfte die Klägerin anstelle von Kleincontainern einen Container aufstellen. Es musste somit die gesamte Zeit der Vorhaltung abgedeckt werden. Eine Kürzung ist nicht gerechtfertigt.

F) Pos. 1.1.340 (1.229 Euro netto). Es kann dahinstehen, ob die Klägerin 43,33 Stück Umsetzungen ausgeführt hat. Ausweislich des LV waren Umsetzungen von Baucontainern nur auf Anweisung der Bauleitung vorzunehmen. Die Bauleitung bzw. ### hatte lediglich 16 Umsetzungen vermerkt als von ihr angeordnet.

Diese Umsetzungen hat die Klägerin auch anerkannt. Die Anordnung weiterer Umsetzungen hat die Beklagte schon nicht vorgetragen. Die Aufmaße sind nach Überprüfung mangels Belegen nicht anerkannt worden. Die Beweisaufnahme hat außer des generellen Verweises auf die Aufmaßunterlagen neue Erkenntnisse nicht erbracht. Somit kommt es auf das Vorbringen der Klägerin, sie haben nach dem Letter of Intent große statt kleiner Baucontainer aufstellen dürfen, nicht an.

G) Pos. 1.1.400 (172,21 Euro netto). Die Leistungen sind von ### nach Prüfung in den (Aufmaß)Skizzen 154 und 155 nicht bestätigt worden. Die Klägerin hat die Aufmaßdifferenz nicht zu beweisen vermocht.

H) Pos. 1.1.410 (190,12 Euro netto) + 1.1.420 (48.54 Euro netto). Aus den unter F) genannten Gründen ist die Kammer von der Leistungserbringung nicht überzeugt.

I) Pos. 1.2.340 (66,33 Euro netto). Wie vor. Die Zeugen der Klägerin, namentlich der Zeuge ### haben die Leistung nicht bestätigt.

J) Pos. 2.1.050 (56,00 Euro). Wie vor (aber in Bezug auf Aufmaßblatt 152 und 153).

K) Pos. 2.1.070 (150,00 Euro netto). Wie vor.

L) Pos. 2.1.120 (47,40 Euro netto). Wie vor zu I) (aber Skizze 156).

M) Pos. 2.1,140 (154,45 Euro netto). Wie vor zu I) (aber Skizze 156).

N) Pos. 2.1.190 (8,79 Euro netto). Wie vor zu I) (aber Skizze 157). 0) Pos. 2.1.210 (28,08 netto). Wie vor zu I) (aber Skizze 158).

P) Pos. 2.1.250 (124,80 Euro netto). 2 Leitungen im Steiger Abbruch Rohrleitungen DN 15 – DN 25) Wie vor zu I).

Q) Pos. 2.2.010 (13,35 Euro netto). Der Mengenzuwachs von 3,14 qm gegenüber der (anerkannten) Abrechnung in einer Abschlagsrechnung konnte von der Klägerin nicht nachgewiesen werden.

Die Skizze Nr. 106 ist nicht anerkannt worden. Der Zeuge ### konnte insoweit ebenfalls nur pauschal auf die Aufmaßskizzen und gelegentliche Abrechnungsauseinandersetzungen mit der Bauleitung /IUP verweisen.

R) Pos. 2.2.120 (114,37 Euro netto). Wie vor zu I) (aber Skizze 106).

S) Pos. 2.2.140 (40,00 Euro netto). Wie vor zu l).

T) Pos. 2.2.230 (4,92 Euro netto). Wie vor zu I) und Q) (aber Skizze 65 – 68)

U) Pos. 2.3.340 (17,83 Euro netto). Wie vor zu I) und Q) (aber Skizze 116, 117 und 124) Die Forderungen wegen weiterer Mengen und Massen beziffern sich auf 115,80 netto.

2. Stundenlohnarbeiten wegen eines Leistungsverweigerungsrecht bezüglich Zahlungsverzuges

Die Klägerin kann für die Zeit von 5.2.2018 bis 21.2.2018 (Tagelohnzettel 16 und 17) insgesamt (19.980,00 Euro netto – (19.980,00 x 10 % Gewinnanteile =) 1.998,00 Euro = 17.982.00 Euro netto an Stillstandskosten abrechnen. In dieser Zeit hat sie gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 VOB/B berechtigt ein Leistungsverweigerungsrecht ausgeübt, weil sich die Beklagte in Verzug mit der Begleichung der Abschlagsrechnung befand. Ihre Abschlagsrechnung Nr. 1 datiert vom 12.12.2017. Verzug ist damit gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 VOB/B mit dem 11.1.2017 eingetreten. Die Verlängerung der Nachfrist auf 60 Tage nach Rechnungslegung bis zum Eintritt des Verzuges ist nicht wirksam vereinbart. Diese Klausel verstößt vor diesem Hintergrund gegen §§ 308 Nr. 1 a BGB. Sie ist gemäß § 305 BGB unwirksam. Die Beklagte hat insoweit nicht dargetan, dass besondere Umstände eine solche Verlängerung gerechtfertigt hätten, vergleiche § 16 Abs. 5 Nr. 4 Satz 3 VOB/B. Ausnahmsweise kann sich die Frist nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 VOB/B auf bis zu 60 Tage verlängern. Dies setzt freilich neben einer ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien voraus, dass die Fristverlängerung sachlich gerechtfertigt ist, z.B. durch besondere Komplexität des Bauvorhabens (Staudinger/Peters (2019) BGB § 641, Rn. 85). Eine besondere Komplexität ist vorliegend nicht anzunehmen. Bei der Würdigung hatte die Kammer zu berücksichtigen, dass die Schadstoffsanierung bei den Gewerken an erster Stelle stand, dass also Umbauarbeiten weiterer Gewerke parallel nur eingeschränkt betrieben werden konnten. Das Bauvorhaben ist von der Klägerin in Umfang und Komplexität als durchschnittlich eingestuft worden. Soweit sich die Beklagte darauf berufen hat, die Abrechnung hätten zunächst durch die Bauleitung als auch durch den Projektsteuerer und die ### geprüft werden müssen, ehe sie zur Zahlungsfreigabe an die zuständige Stelle des Beklagten weitergeleitet worden sein, ist nicht ersichtlich, dass dieser Vorgang notwendig länger als 30 Tage in Anspruch nehmen muss. Der Zeuge ### hat glaubhaft erklärt, die Prüfungen durch die Bauleitung habe im Regelfall nur eine Woche benötigt. Die Plausibilitätsprüfung des Projektsteuers und des ### hätten parallel erfolgen können. Ein Zeitbedarf von mehr als drei Wochen bis zur Freigabe durch die zuständige Stelle ist nicht nachvollziehbar.

Eine bauablaufbezogene Darstellung des Stillstandes war entgegen der Ansicht der Beklagten nicht erforderlich. Sie ist nicht in jedem Falle notwendig, sondern nur dann, wenn die Behinderung auf andere Weise nicht nachvollzogen werden kann. Da die Klägerin sich vorliegend wegen des Zahlungsverzuges zu Recht auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen hat, kommt es nicht darauf an, ob sie ihre Mitarbeiter an anderer Stelle hätte einsetzen können. Dass ihre Mitarbeiter in der fraglichen Zeit vor Ort, aber unproduktiv waren, hat die Klägerin durch die entsprechenden Stundenlohnzettel, die bestätigt worden sind, belegt.

Schließlich konnte die Klägerin die stillstandsbedingten Entschädigung auch auf der Grundlage ihrer Stundenverrechnungssätze berechnen. Hierbei war allerdings der kalkulierte Gewinn abzuziehen, den die Kammer zugunsten der Beklagten gemäß § 287 ZPO auf 10 % geschätzt hat. Die Stundenverrechnungssätze repräsentieren neben den Löhnen für die Mitarbeiter auch die sonstigen Mitarbeiterkosten und die allgemeinen Betriebskosten. Sie sind deshalb ein geeignetes Mittel, den Stillstand für bestimmte Mitarbeiter konkret zu beziffern.

3. Stundenlohnarbeiten wegen Baustopp niedrige Umgebungstemperaturen

Stillstandskosten für den Zeitraum 2.12.2017 bis 28.2.2018 im Umfang von 484 Stunden in Höhe von 14.520,00 Euro netto wegen niedriger Umgebungstemperaturen kann die Klägerin nicht aus § 642 BGB beanspruchen. Der Anspruch aus § 642 BGB setzt voraus, dass die Behinderung durch fehlender Mitwirkung des Auftraggebers verursacht worden ist. Eine Mitwirkungsobliegenheit des Auftraggebers ist den vertraglichen Vereinbarungen jedoch nicht zu entnehmen. Eine ausdrückliche Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Aus einer ergänzenden Vertragsauslegung lässt sich eine Pflicht der Beklagten zur Beheizung des Objekts ebenfalls nicht herleiten. Aus § 6 Abs. 2 VOB/B ergibt sich vielmehr die Wertung, dass der Auftragnehmer solche Behinderungen, die sich aus der Vorhersehbarkeit von Witterungsverhältnissen ergibt, einzukalkulieren hat. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass sich eine Pflicht zur Beheizung des Objekts für den Auftraggeber nicht aus den vertraglichen Verpflichtungen herleiten lässt (BGH, Urteil vom 20.4.2017 – VII ZR 194/13 -). Nach den besonderen Vertragsbedingungen (K2) war ursprünglich eine Ausführungszeit von Juni 2017 bis Mai 2018 vorgesehen gewesen. Winterwetter war von der Klägerin daher einzukalkulieren.

4. Stundenlohnarbeiten wegen fehlender PCB-Freigabe

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Vergütung der Stillstandskosten im Umfang von 352 Stunden für den Zeitraum 9.10.2017 bis 23.10.2017 in Höhe von 10.560,00 Euro netto aus § 642 BGB nicht zu. Die Klägerin hat für diesen Zeitraum nicht vorgetragen, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befunden hätte. Ist – wie hier – eine Mitwirkungshandlung des Gläubigers erforderlich, ist Annahmeverzug gegeben, wenn der Schuldner den Gläubiger zur Vornahme der notwendigen Handlung aufgefordert hat, § 295 Satz 2 BGB. Eine solche Aufforderung hat die Beklagte bestritten, weil es einen fertig gestellten Schwarzbereich in der fraglichen Zeit überhaupt nicht gegeben habe. Dieses Vorbringen wird gestützt durch die Behinderungsanzeigen, auf die die Klägerin verweist. So ist weder aus der Behinderungsanzeige Nr. 2 vom 26. September 2017 noch aus der Behinderungsanzeige Nr. 3 vom 20. Oktober 2017 erkennbar, dass es eine Behinderung aufgrund fehlender Freigabemessungen gegeben hat. Eine weitere Aufforderung an die Beklagte, die für den fraglichen Zeitraum in Betracht käme, hat die Klägerin nicht eingereicht.

5. Stillstandskosten PCR-Prüfung 1.12.2017 (480,00 Euro netto)

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf der Vergütung der Stillstandskosten wegen der 480 Euro netto aus § 642 BGB. Ausweislich des Tagelohnzettels Nr. 15 (K 78) beruht die Ausfallzeit auf zu kühler Witterung. Diese Witterungsverhältnisse ergeben sich auch aus dem Bautagebuch Nummer 82. Für die Witterungsverhältnisse trägt die Klägerin das Risiko. Es wird auf die Ausführungen oben unter 3. verwiesen. Da die Klägerin aufgrund der Witterungsverhältnisse ohnehin nicht arbeiten konnte oder wollte, kommt es auf die Frage, ob sie durch eine Freimessung PVB (zusätzlich) behindert worden ist, nicht mehr an.

6. Nachaufträge

Der Klägerin steht wegen der Nachaufträge eine zusätzliche Vergütung von 45.256,17 Euro netto zu.

N 1.10 Brandmeldesockel

Der Anspruch ist nicht gegeben. Das Aufmaßblatt der Klägerin (K 43) weist lediglich 30 Brandmeldesockel aus, die die Beklagte insoweit auch anerkannt hat.

N. 1.12. (Entfernt Kabelrohre/Elektroinstallation, 988,71 Euro)

Die Massenmehrung ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erwiesen. Es wird auf die Ausführungen oben zu 1) verwiesen. Das Aufmaßblatt K 44 ist nicht aussagekräftig, weil es offensichtlich eine andere Leistung (“3 Stück“) betrifft.

N. 1.14

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Vergütung der Nachtragsposition N 1.14 (Herstellen 2 K Personenschleuse) in Höhe von (41.390,80 Euro ./. 44 Schleusen x 40 Schleusen =) 37.627.27 Euro gegen die Beklagte zu. Die Position “Herstellen” ist auch für das Umsetzen der Personenschleusen angefallen, soweit es sich nicht um die Umsetzung einer mobilen Einheit, sondern quasi um eine bauliche Neukonstruktion nach komplettem Abbau an anderer Stelle handelt. Die Behauptung der Klägerin, die mobile Einheit habe nicht im gesamten Bauvorhaben eingesetzt werden können, weil dies baubedingt nicht möglich gewesen sei, hat sich im Rahmen der Beweisaufnahme bestätigt. Danach konnten die mobilen 2-K-Schleusen in vielen Fällen nicht an den neuen Einsatzort verbracht werden, weil sie nicht durch andere Schwarzbereiche transportiert werden konnten. In diesen Fällen sei es erforderlich gewesen, eine Schleuse aus einer Holzlattenkonstruktion mit Folie zu konstruieren. Die Umsetzung einer solchen Konstruktion kann damit der Neuherstellung einer Schleuse gleich. Dieses Vorgehen ist sowohl von dem durch die Klägerin benannten Zeugen ### als auch von dem Zeugen ### bestätigt worden, der durch die Beklagte benannt worden ist.

Ersterer Zeuge war der Bauleiter der Klägerin, der Zeuge ### war Bauleiter der durch die Beklagte beauftragte Bauleitung (für die Schadstoffbeseitigung) IUP. Gemäß Ziff. 2 f) Satz 3 des Letter of Intent vom 12.4.2018 (K 4) haben die Parteien vereinbart, dass bei den 2-K-Personschleusen abrechnungstechnisch zu verfahren werden solle, wie bei der Materialkontaminationseinheit (2-Kammerschleuse). Bei verständiger Würdigung der vorgenannten Vereinbarung ist der Einsatz einer Schleuse, die jeweils am neuen Einsatzort vollständig wieder neu errichtet werden muss, wie die erstmalige Herstellung zu bewerten. Für diese Lesart spricht auch der Umstand, dass die Parteien ursprünglicher an den Einsatz einer mobilen Schleuse, also lediglich auf das Tragen einer geschlossenen Konstruktion an den neuen Einsatzort gedacht hatten. Diese Auslegung wird gestützt durch die Abrechnungspraxis der Parteien. Im Rahmen von Vergleichsgesprächen hat sich nämlich ergeben, dass die Beklagte für die Materialkontaminationseinheiten, die im Falle baulicher Notwendigkeiten ebenfalls am neuen Einsatzort ebenfalls komplett neu konstruiert werden mussten, die Position 1.2.40 anerkannt hat hatte.

Allerdings hat die Beweisaufnahme ergeben, dass die Klägerin die Position 1.2.40 im Rahmen der Nachtragsposition N1. 14 nur insgesamt 40-mal in Ansatz bringen kann. Die Bauleitung ### hatte für diese Position eine Stückzahl von nur 40 anerkannt. Im Rahmen einer Baubesprechung ist diese Stückzahl von den Parteien diskutiert worden mit der Folge, dass letztlich die genannte Stückzahl festgehalten wurde. Die von der Klägerin benannten Zeugen konnten nicht überzeugend begründen, dass weitere sieben Stück ausgeführt worden sind. Der Zeuge ### hatte insoweit ebenso wenig wie der Zeuge ### konkrete Erinnerungen. Beide verwiesen nur auf die Aufmaße und auf die Baubesprechungen mit der ###

NA Nr. 2 (Entfernen Schalter/Steckdosen/Verteilerdose; 801,36 Euro)

Die Leistung ist nicht zu vergüten. Es wird auf die Ausführungen oben zu I) verwiesen. Eine gemeinsame Leistungsfeststellung hat entgegen der Vereinbarung nicht stattgefunden. Es fehlte auch der Beleg des Leistungsumfangs. Die Lichtbilder waren nicht aussagekräftig.

NA Nr. 4 (Massenmehrung zu 1.2.120, Unterdruckhaltegeräte [UHG] Aufbau; 1.190,70 Euro) Die Leistung ist nicht zu vergüten. Es wird auf die Ausführungen oben zu I) verwiesen. Eine Gemeinsame Leistungsverstellung hat entgegen der Vereinbarung nicht stattgefunden. Es fehlte auch der Beleg des Leistungsumfangs.

NA 4.15 (Massenmehrung zu Pos. 1.2.130 UHG Reinigung; 100.- Euro)

Die Klägerin hat gegen das Bestreiten der Beklagten keinen Leistungsnachweis erbracht. Die Kammer muss deshalb davon ausgehen, dass nur 26 Stück Massenmehrungen angefallen sind, weil eine der Massenmehrungen durch einen anderen Unternehmer ausgeführt worden ist.

N 4.16 (Massenmehrung zu Pos. 1.2.140; 475,95 Euro)

Es wird auf die Ausführungen oben zu I) verwiesen. Es fehlte der Beleg des Leistungsumfangs.

N 4.17 (Vorhalten UHG; 8750.-Euro) Wie vor.

N 4.18 (Massenmehrung Pos. 1.2.150; 298,00 Euro) Wie vor.

N 7.5 Zulage Mehraufwand Demontage Leichtbauwand Beplankung; 1.904,45 Euro)

Ein Vergütungsanspruch für die Demontage der Leichtbauwand/Beplankung in Höhe von 1904,45 Euro steht der Klägerin gegen die Beklagte aus N 7.5. nicht zu. Die Kammer folgt insoweit den Ausführungen der Beklagten, wonach diese Arbeit von Position 2.1.240 LV mit erfasst ist. Diese Position beschreibt eine Leichtbauwand nach TRGS 521, die aus einer Wanddämmung sowie einer Unterkonstruktion aus Metall bzw. Holz besteht. Die zusätzliche Holzplatte ist Teil der Leichtbauwand im Sinne der genannten Position. Eine Leichtbauwand im Trockenbau ist nach allgemeiner Definition eine leichte fachwerkähnliche Konstruktion aus Holz oder Metallblech-Profilen mit Beplankungen zum Beispiel aus Gipskarton oder Holzwerkstoffplatten.

Danach ist die Beplankung bereits Teil der Leichtbauwand im Sinne von NA 7.

N 7.6. Abschottung horizontaler Heizungskanäle; 15.55 Euro)

Es wird auf die Ausführungen oben zu I) verwiesen. Es fehlte der Beleg des Leistungsumfangs. Die Heizungskanäle lassen sich dem Aufmaßblatt K 56 nicht entnehmen. Die Bodenkanäle zu Position 2.2.310, in denen sich die horizontalen Heizungskanäle befunden haben, machen ebenfalls 102,85 m aus. Das entspricht dem Prüfvermerk im Aufmaß.

N 7.13 (Massenmehrung Grob-/Feinreinigung; 198,90 Euro)

Es wird auf die Ausführungen oben zu I) verwiesen. Es fehlte der Beleg des Leistungsumfangs. Den Aufmaßblättern lassen sich Leistungsnachweise, wie etwa freigegebene Skizzen oder Reinigungsbestätigungen nicht entnehmen.

N 7.16 und 7.17 (Massenmehrung Zuluftleitungen/-klappen für UHG; 149,00 E + 100,00 E) Es wird auf die Ausführungen oben zu NA 4.15 verwiesen, die hier entsprechend gelten.

N 7.21. (Maximierung zu Position 1.2.320, fahrbare Arbeitsbühne; 500,00 Euro)

Die von der Klägerin behaupteten Ausführungsänderungen, insbesondere parallel auszuführende Putz- und Asbestabbrucharbeiten in verschiedenen Sanierungsbereichen hat die Klägerin gegen das Bestreiten der Beklagten nicht zu substantiierten vermocht. Eine entsprechende Anordnung der Bauleitung ist nicht vorgetragen.

N 7.22. (Massenmehrung zu 1.2.330 LV/PSA für Beschäftigte; 870,96 Euro) und N 7.24 (Demontage PromAsbest – Lüftungskanäle SG; 3953,46 Euro)

Eine Vergütung ist nicht zuzusprechen. Der Preis ist nach § 2 Abs. 6 Nummer 2 VOB/B zu bilden. Die Klägerin hat zur Preisbildung jedoch nichts vorgetragen.

NA 8.2 (Schüttungsdicke 9 cm gemäß Position 2.2.280 LV; 6.630,69 Euro)

Die Klägerin kann eine Zulage für die Schüttungsdicke 9 cm gemäß Position 2.2.280 LV in Höhe von 6.630,69 nicht verlangen. Die Erteilung eines Nachauftrages hat sie gegen das Bestreiten der Beklagten nicht substantiiert vorgetragen. Eine Schüttungsdicke über das in der Zulage gemäß Pos. 2.2.280 LV vorgesehene Maß von insgesamt 6 cm hinaus hat sie nicht zu beweisen vermocht. Die Zeugen ### haben auf die Aufmaße verwiesen, die der Zeuge ### erstellt hat. Dieser Zeuge konnte ebenfalls keine Angaben mehr zu seinen Aufmaßen machen. Soweit die Klägerin darauf verwiesen hat, ein Vergütungsanspruch ergebe sich aus Geschäftsführung ohne Auftrag, ist dies nicht nachvollziehbar vorgetragen.

Insbesondere sind die Voraussetzungen nicht nachvollziehbar, da nicht vorgetragen wurde, wie sich die Preisgrundlagen durch die zusätzliche Schichtdicke verändert haben.

N 09 (Linoleumbelag Podest, Stufen TH P, Stufen TH Q; Treppenkantenprofil, 2.308,40 Euro + 1.848,00 Euro + 1.815,00 Euro + 1.657,50 Euro)

Ein Vergütungsanspruch der Klägerin ist in Höhe von 7 628 90 netto insoweit gegeben. Die Beauftragung ist dem Grunde nach durch die Beklagte erfolgt, wie sich aus der Nachtrag Beurteilung von Fischer + Werner Architekten (K 93) zu NA 09 (Seite 8) ergibt. Ebenso ergibt sich aus diesem Vermerk die Notwendigkeit der Arbeiten, da sie im Leistungsverzeichnis nicht vorgesehen sind. Die Leistungen mussten danach ausgeführt werden. Die Beklagte ist bei der Beurteilung der Mengen und Massen sowie der Angebotspreise stets von der Prüfung und Einschätzung der von ihr mit der Prüfung der Abrechnungen betrauten Architekten und Projektsteuerer ausgegangen. Danach hatte auch die Kammer keine Bedenken, der Beurteilung von ### zu folgen. Diese beanstandeten zwar. dass die Preisbildung nicht nachvollziehbar war.

Gleichzeitig verwiesen sie darauf, dass die Angebotspreise ortsüblich und angemessen seien (vergleiche K 93 Seite 13 oben). Die abgerechneten Mengen und Massen sind insoweit nicht bestritten worden. Auch vorprozessual sind insoweit Mengen und Massen nicht beanstandet worden (vgl. K 8).

7. Dokumentationspauschale

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Vergütung der Dokumentationspauschale in Höhe von 1000.00 Euro netto gemäß Position 3.1.10 LV. Die Behauptung der Klägerin, sie habe die Dokumentationsunterlagen an die Beklagte übergeben und diese hätten auch den Vorgaben der vorgenannten Position entsprochen, hat die Beklagte nicht zu widerlegen vermocht Insoweit trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast. Sie hat die Leistungen der Klägerin am 18.1.2019 abgenommen.

Im Abnahmeprotokoll (K5) fand sich kein Vorbehalt bezüglich der Dokumentationsunterlagen.

8. Der Vergütungsanspruch beziffert sich demnach wie folgt:

Mengen und Massen (Pos. 1.1.90)

115,80 Euro

Stillstandskosten

17.982,00 Euro

Nachträge

45.256,17 Euro

Dokumentenpauschale

1.000.00 Euro

  

Gesamt netto

64.353,97 Euro

MwSt.

12.227.25 Euro

  

Gesamt brutto

76.581,22 Euro


9. Verzugszinsen

Die Zinsansprüche rechtfertigen sich ab dem geltend gemachten Zeitpunkt aus §§ 288 Abs. 2, 286 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB, soweit die Klageforderung begründet ist.

II. Klageantrag zu 2.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zinszahlung in Höhe von insgesamt 9.197,26 E aus §§ 280, 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB zu. Gemäß § 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B tritt der Verzug unabhängig von einer Nachfristsetzung nach Ablauf von 30 Tagen nach Zugang der jeweiligen Rechnung ein. Die verlängerte Verzugsfrist von 60 Tagen, die sich aus den besonderen Vertragsbedingungen ergibt, ist vorliegend nicht in Anwendung zu bringen. Sie ist nicht wirksam vereinbart. Es wird auf die Ausführungen oben zu 2. verwiesen.

Wegen der Einzelheiten zu Fälligkeit der Rechnungen, zum Verzugseintritt, zur Höhe der zu verzinsenden Forderung sowie zur Berechnung wird auf die zutreffenden Ausführungen der Klägerin in der Klageschrift, dort Seiten 57-64, verwiesen, denen sich die Kammer nach der gebotenen eigenen Überprüfung anschließt.

Auch die Verzugspauschalen sind in Ansatz bringen. Dem Hinweisbeschluss des BGH vom 18.1.2018 (III ZR 174/17), auf die die Beklagte verweist, kann nicht mit hinreichender Bestimmtheit entnommen werden, dass Verzugspauschalen auf einen geschuldeten Verzugsschadensersatz anzurechnen sind, wenn Kosten der Rechtsverfolgung begründet sind.

Eine Verzinsung der Zinsansprüche scheidet jedoch aus, § 289 BGB.

III. Klageantrag zu 3. und 4.

Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten fußt auf § 286 Abs. 1 BGB. Er beziffert sich nach einem Wert von bis zu 95.000,00 Euro auf (1.561,00 Euro X 1,3 Geb. + 20,00 Euro Telekommunikationspauschale + Mehrwertsteuer =) 2.438,67 Euro.

Einen verletzungsbedingten Schaden im Sinne von § 286 Abs. 1 BGB stellte auch der eingezahlte Gerichtskostenvorschuss dar, soweit er der Klägerin aufgrund der obsiegenden Klage zu erstatten war. Insoweit ist er zwischen Einzahlung und Erstattung zu verzinsen.

IV. Nebenentscheidungen

Die prozessualen Nebenentscheidungen fußen auf §§ 92 Abs. 1, 709 Sätzen 1 und 2 ZPO. Die Kostenentscheidung spiegelt das jeweilige Obsiegen und Unterliegen wider.

OLG Köln zu der Frage, dass eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen kann

OLG Köln zu der Frage, dass eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen kann

vorgestellt von Thomas Ax

1. Eine Partei kann die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse u. a. daran hat, dass der Zustand einer Person, die Ursache eines Personenschadens und der Aufwand für dessen Beseitigung festgestellt werden, wobei ein rechtliches Interesse anzunehmen ist, wenn die begehrte Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.
2. Der Antragsteller muss die Beweisfragen nicht ausdrücklich formulieren. Es genügt, wenn aus dem Antrag die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden sollen, deutlich hervorgehen. Gleichwohl ist ein Minimum an Substantiierung in Bezug auf die Beweistatsachen zu fordern.
3. Die Beweistatsachen sind jedenfalls dann nicht ausreichend bezeichnet, wenn der Antragsteller in lediglich formelhafter und pauschaler Weise Tatsachenbehauptungen aufstellt, ohne diese zu dem zugrunde liegenden Sachverhalt in Beziehung zu setzen.
OLG Köln, Beschluss vom 12.12.2023 – 4 W 8/23
vorhergehend:
LG Köln, 08.03.2023 – 16 OH 13/21


Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für ein selbständiges Beweisverfahren.

Er hat geltend gemacht, infolge eines von dem Antragsgegner ausgehenden tätlichen Angriffs am 2. September 2019 ein Schädel-Hirn-Trauma mit großen subduralen Hämatomen erlitten zu haben. Wegen dieser Tat sei der Antragsgegner durch das Amtsgericht ### (51 Ls 1/21) wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden (LG-A 3). Der Antragsteller will den Antragsgegner auf Schadenersatz und Zahlung eines Schmerzensgeldes in Anspruch nehmen (LG-A 4).

Mit dem am 21. Dezember 2021 bei Gericht eingegangenen Antrag vom 20. Dezember 2021 (LG-A 2-5) begehrt der Antragsteller unter Bezugnahme auf beigefügte Behandlungsunterlagen (LG-A 19-409) Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens eine sachverständige Begutachtung, um den Umfang seiner durch die behauptete Körperverletzung bedingten Gesundheitsschäden feststellen und überdies klären zu lassen, ob diese kausal und zurechenbar durch den Antragsgegner verursacht worden seien, ob Dauerschäden verblieben seien, und wie und mit welchem Kostenaufwand die Gesundheitsschäden zu behandeln seien (LG-A 5).

Das Landgericht Köln hat den Antrag mit Beschluss vom Beschluss vom 27. Januar 2021 (Pkh-Heft 238) und nach dessen Aufhebung durch den Senat ein weiteres Mal mit Beschluss vom 8. März 2023 (Pkh-Heft 389 f.) zurückgewiesen. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, die Antragsschrift genüge nicht den Anforderungen des § 487 Nr. 2 ZPO.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller vom 10. März 2023 (LG-A 561-563, Eingang beim Landgericht am 14. März 2023 (LG-A 560) sofortige Beschwerde eingelegt.

Das Landgericht hat der Entscheidung nicht abgeholfen und die sofortige Beschwerde dem Oberlandesgericht mit Beschluss vom 14. März 2023 (LG-A 571) zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens und der Anträge der Beteiligten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde, über die das Beschwerdegericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter zu entscheiden hat, weil die angefochtene Entscheidung von einer Einzelrichterin erlassen worden ist (§ 568 Abs. 1 Satz 1 ZPO), ist zulässig; insbesondere ist sie gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1, 576 ZPO statthaft und gemäß § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO fristgerecht eingelegt. In der Sache ist das Rechtsmittel des Antragstellers teilweise begründet. Die Auffassung des Landgerichts, im Streitfall bestehe kein Anspruch auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens, hält den Rügen der sofortigen Beschwerde nicht stand. Diese hat dahin Erfolg, dass Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Durchführung des selbständige Beweisverfahren nicht, wie geschehen, mangels Zulässigkeit des Antrags auf dessen Einleitung zu versagen ist. Nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragsteller gemäß § 115 ZPO ist dem Antragssteller allerdings, wie mit Beschluss vom 19. Oktober 2022 (4 W 6/22 OLG Köln, LG-A 534 ff.), auf den zur Meidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, ausgeführt ist, Prozesskostenhilfe bei monatlicher Ratenzahlung in Höhe von 116 EUR zu gewähren. Im Einzelnen gilt folgendes:

1. Der Antrag auf Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens wäre nach § 485 Abs. 2 ZPO zulässig. Nach dessen Satz 1 kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse u. a. daran hat, dass der Zustand einer Person, die Ursache eines Personenschadens und der Aufwand für dessen Beseitigung festgestellt werden, wobei ein rechtliches Interesse nach Satz 2 anzunehmen ist, wenn die begehrte Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Hierzu ist die Feststellung der Folgen des behaupteten körperlichen Angriffs durch den Antragsgegner im selbständige Beweisverfahren grundsätzlich geeignet. Die ausgebliebene Antragserwiderung im Prozesskostenhilfeverfahren berechtigt nicht zu dem Schluss, dass die Parteien in einem möglichen Hauptsacheverfahren nicht auch darüber streiten werden, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei dem Antragsteller vorliegen, inwieweit diese auf den behaupteten körperlichen Angriff zurückzuführen und mit welchem Aufwand diese möglicherweise zu beseitigen sind. Zur Klärung dieser Fragen ist die beantragte Begutachtung grundsätzlich geeignet.

2. Dass der Antragsteller, was sinnvoll gewesen wäre, Beweisfragen nicht ausdrücklich formuliert hat, ist unschädlich. Ausdrücklich formulierte Beweisfragen sind nämlich nicht zwingend, soweit aus dem Antrag die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden sollen, deutlich hervorgehen (OLG Köln, Beschluss vom 11. Oktober 2018 – 5 W 20/18). Das ist hier der Fall.

3. a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Landgericht allerdings davon aus, dass jedenfalls ein Minimum an Substantiierung in Bezug auf die Beweistatsachen zu fordern ist, auch wenn man berücksichtigt, dass sich aus dem besonderen Charakter des selbständigen Beweisverfahrens und dem mit ihm verfolgten Zweck, einen Rechtsstreit zu vermeiden, möglicherweise niedrigere Anforderungen an die Darlegungslast ergeben und deshalb die Angabe der Beweistatsachen in groben Zügen ausreichen soll. Nur so ist der Verfahrensgegenstand zweifelsfrei abgrenzbar und hat der Sachverständige eine Grundlage für die ihm übertragene Tätigkeit. So sind etwa die Beweistatsachen im Sinne von § 487 Nr. 2 ZPO jedenfalls dann nicht ausreichend bezeichnet, wenn der Antragsteller in lediglich formelhafter und pauschaler Weise Tatsachenbehauptungen aufstellt, ohne diese zu dem zugrunde liegenden Sachverhalt in Beziehung zu setzen (BGH, Beschluss vom 10.11.2015 – VI ZB 11/15, mit weiteren Nachweisen).

b) So liegen die Dinge hier aber nicht. Der beabsichtigte Antrag wird den Anforderungen des § 487 Nr. 2 ZPO gerecht. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers, die der Sachverständige einer Begutachtung unterziehen soll, sind in der Antragschrift (LG-A 3) bezeichnet. Das Krankheitsbild (Schädel-Hirn-Trauma mit großen subduralen Hämatomen) ist offensichtlich der Diagnose aus den Berichten des ###-Hospitals ### über die Notfallbehandlung vom 02.09.2019 (LG-A 38-43) und der ###-Klinik ### vom 09.09.2019 (LG-A 173) entnommen worden. Trotz der ergebnisoffenen Fragestellung (LG-A 5), wonach ein Gutachter sich dazu verhalten soll, welche Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das Verhalten des Antragsgegners zurückzuführen sind, ob eingetretene Gesundheitsbeeinträchtigungen Dauerschäden darstellen, sowie ob und mit welchem Aufwand die Gesundheitsbeeinträchtigungen beseitigt werden können, ist der beabsichtigte Antrag nicht so allgemein gehalten, dass ein Sachverständiger eigenständig alle denkbaren gesundheitlichen Beeinträchtigungen selbst suchen und begutachten müsste, was tatsächlich als Ausforschung auch im selbständigen Beweisverfahren unzulässig wäre (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 3. Juni 2019 – 12 W 17/19). Im Hinblick auf die in Bezug genommenen Diagnosen des ### und der ### ist der beabsichtigte Antrag dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller festgestellt wissen, dass der darin dokumentierte Gesundheitsschaden eines Schädel-Hirn-Traumas mit großen subduralen Hämatomen ohne den körperlichen Angriff des Antragsgegners nicht eingetreten wäre. Der beabsichtigte Antrag zielt danach auf die Feststellung der Kausalität des Verhaltens der Beklagten für die konkret bezeichnete Gesundheitsbeeinträchtigung und damit auf eine zulässige Fragestellung ab. So verstanden handelt es sich um einen nach § 487 Nr. 2 ZPO zulässigen Antrag. Das Beweisersuchen soll zwar im Hinblick auf mit dem Schädel-Hirn-Trauma mögliche weitere im Zusammenhang stehende, bisher nicht bekannte (dauerhafte) Beeinträchtigungen und im Hinblick auf den möglichen Aufwand zur Beseitigung des Personenschadens offen gestellt bleiben. Dies begegnet vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller nicht wissen kann, ob noch weitere, bislang nicht bekannte (dauerhafte) Körperschäden eingetreten sein könnten, indes keinen Bedenken. Bei der Formulierung der Beweisfrage kann – zur Erleichterung der Arbeit des Sachverständigen – auf das von dem Antragsteller konkret behauptete Krankheitsbild Bezug genommen werden nehmen und im Übrigen kann die Beweisfrage offen formuliert werden (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 11. Oktober 2018 – 5 W 20/18).

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

4. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO liegen nicht vor.

Bauprozess: Wann kann der Sachverständige bei und nach Erstellung seines Gutachtens wegen Befangenheit abgelehnt werden?

Bauprozess: Wann kann der Sachverständige bei und nach Erstellung seines Gutachtens wegen Befangenheit abgelehnt werden?

Die absolut erforderliche Unparteilichkeit des Sachverständigen gebietet es, dass sich der Sachverständige während der Zeit der Gutachtenserstattung neutral verhalten muss und dass er an die Beantwortung der Beweisfragen unvoreingenommen und objektiv herangeht. Bereits der durch eine Formulierung verursachte Anschein von Parteilichkeit macht ein Gutachten unbrauchbar, auch wenn es sachlich ohne Mängel ist. Der Sachverständige kann seinen Vergütungsanspruch verlieren, wenn er nach seiner Beauftragung in von ihm zu vertretender Weise nicht auf eine besondere persönliche oder berufliche Nähe zu einer der Prozessparteien und damit seine mögliche Befangenheit in der Sache hinweist (OLG Frankfurt, Beschluss v. 4.5.2017, 18 W 58/17). Hält ein Sachverständiger sich in seiner Vorgehensweise nicht an die Anweisungen des Gerichts, so stellt dies einen möglichen Befangenheitsgrund dar (OLG Bamberg, Beschluss v. 22.9.2022, 8 W24/22). Dies gilt insbesondere, wenn ein Sachverständiger eigenmächtig über die ihm vom Gericht gestellten Beweisfragen hinausgeht. Dabei rechtfertigt nicht jede geringfügige Abweichung von dem gerichtlichen Gutachterauftrag die Annahme der Befangenheit. Die Befürchtung ist aber begründet, wenn sich aus der Abweichung vom Gutachterauftrag eine parteiische Tendenz zugunsten oder zulasten einer Partei ergibt (OLG München, Beschluss v. 5.5.2023, 31 W259/23).

Für die Besorgnis der Befangenheit genügt jede Tatsache, die ein auch nur subjektives Misstrauen einer Partei in die Unparteilichkeit des Sachverständigen vernünftigerweise rechtfertigen kann (BGH NJW 1975, S. 1363; NJW-RR 1987, S. 893; Greger, a. a. O., § 406, Rn. 8). Dies kann der Fall sein, wenn Umstände gegeben sind, die aus der Sicht einer vernünftigen, nüchtern denkenden Partei die Befürchtung rechtfertigen, der Sachverständige habe sich einseitig festgelegt und glaube den Angaben der einen Partei mehr als den Angaben der anderen bzw. halte eine streitige Behauptung zulasten einer Partei für bewiesen (OLG München NJW 1992, S. 1569; OLG Nürnberg VersR 2001, a. a. O.). Gleiches kann gelten, wenn der Sachverständige Beweisthemen umformuliert und substantiierten Vortrag einer Partei gänzlich unberücksichtigt lässt (OLG Bamberg MedR 1993, S. 351; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, Kommentar, 22. Aufl., § 406, Rn. 44) oder seinen Gutachtenauftrag eigenmächtig erweitert und dadurch den Eindruck erweckt, er wolle an Stelle des Gerichts festlegen, welche Punkte beweisbedürftig sind (OLG Celle NJW-RR 2003, S. 135; Thüringer OLG FamRZ 2008, S. 284; OLG Köln NJW-RR 1987, S. 1198; Leipold, a. a. O.). Mangel an Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeiten rechtfertigen für sich allein genommen hingegen nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit, insoweit ist vielmehr der sachliche Gehalt des Gutachtens und dessen Verwertbarkeit betroffen (BGH NJW 2005, S. 1869; GRUR 2012, S. 92; Greger, a. a. O., Rn. 9). Auch das Ausgehen von falschen Grundlagen und/oder die Verkennung des Umfangs des Beweisthemas führen erst dann zu einer Besorgnis der Befangenheit, wenn der Irrtum so schwerwiegend ist, dass er als Anlass für eine vorhandene Voreingenommenheit angesehen werden muss (Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Aufl., Rn. 224). Schließlich können auch unsachliche Äußerungen des Sachverständigen über eine Partei oder ihren Prozessbevollmächtigten die Besorgnis der Befangenheit begründen (OLG Nürnberg MDR 2012, Seite S. 365; Greger, a. a. O., Rn. 7).

Wann muss die Ablehnung erfolgen?

Wenn der Ablehnungsgrund aus dem Inhalt eines Gutachtens oder einem anderen nach Ernennung des Sachverständigen aufgetretenen Umstand hergeleitet wird, ist für einen zulässigen Ablehnungsantrag erforderlich, dass dieser unverzüglich nach Kenntnis des Ablehnungsgrundes gestellt wird (BGH NJW 2005, S. 1869; OLG Nürnberg VersR 2001, S. 391; Greger in Zöller, ZPO, Kommentar, 32. Aufl., § 406, Rn. 11). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Partei schon aus Gründen der Rechtssicherheit wissen muss, welcher Zeitraum ihr zur Prüfung des Gutachtens in jedweder Hinsicht zur Verfügung steht, weshalb die Frist zur Ablehnung des Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit im allgemeinen gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO abläuft, wenn sich die Partei zur Begründung ihres Antrags mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen muss (BGH a. a. O.; OLG Saarbrücken MedR 2007, S. 484; OLG Düsseldorf OLGR 2001, S. 469).

Oberlandesgericht Brandenburg zur Frage der Kündigung des Bauvertrages wegen Verstoßes des Auftragnehmers gegen Kooperationspflicht

Oberlandesgericht Brandenburg zur Frage der Kündigung des Bauvertrages wegen Verstoßes des Auftragnehmers gegen Kooperationspflicht

Beide Parteien des Bauvertrages sind gehalten, auf die berechtigten Belange des jeweils anderen Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Sie sind während der Vertragsdurchführung zur Kooperation verpflichtet. Entstehen während der Vertragsdurchführung Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen über die Notwendigkeit oder die Art und Weise einer Anpassung des Vertrages oder seiner Durchführung an geänderte Umstände, sind die Parteien grundsätzlich verpflichtet, durch Verhandlungen eine einvernehmliche Beilegung der Meinungsverschiedenheiten zu versuchen (vgl. Kniffka in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 8. Teil, Rn. 31 m.w.N.). Die im Bauvertragsrecht geltende Kooperationspflicht gebietet es, gerade bei Meinungsverschiedenheiten die Argumente, Alternativen und Gegenvorschläge der anderen Vertragsseite zumindest zur Kenntnis zu nehmen und zum Gegenstand eines Meinungsaustausches zu machen.

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 13 U 5/10 – Urteil vom 16.03.2011

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten restlichen Werklohn nach vorzeitiger Beendigung eines Bauvertrages. Die Beklagte verlangt widerklagend im Wesentlichen die Rückzahlung unverbrauchter Abschläge sowie die Rückabtretung sicherungszedierter Darlehnsauszahlungsansprüche.

Sie beauftragte die Klägerin durch schriftlichen Bauvertrag (fortan auch: BV) vom 09.09.2005 mit der Errichtung eines Einfamilienhauses nach Maßgabe einer näher bezeichneten Baubeschreibung und zu einem Festpreis von 102.000 € (vgl. A10, 10 GA). Gemäß § 8 BV trat die Beklagte der Klägerin durch Vereinbarung gleichen Datums Auszahlungsansprüche gegen ihre Bausparkasse aus einem Baufinanzierungsdarlehen in Höhe der Bausumme ab (vgl. A30, 30 GA). Auf den Festpreis leistete die Beklagte gemäß vertraglicher Vorauszahlungsvereinbarung Abschläge über insgesamt 28.560 €.

Die Klägerin erbrachte Planungsleistungen und begann mehrere Wochen nach einer Bauanlaufbesprechung vom 23.05.2006 mit der Gebäudeerrichtung. Bei einer Besprechung am 31.07.2006 erörterten die Parteien Mehrleistungen und Fragen im Zusammenhang mit einer Ausführungsplanung, die § 19 der Bau- und Leistungsbeschreibung neben mehreren anderen Leistungen aus dem Leistungsprogramm der Klägerin herausnimmt (vgl. 25 GA). Über die Umsetzung des Besprechungsergebnisses vom 31.07.2006 bestanden hinsichtlich der Mehrleistungen und wegen einer fehlenden Ausführungsplanung Meinungsverschiedenheiten, die Gegenstand einer sich fortsetzenden Korrespondenz waren.

Mit Anwaltsschreiben vom 31.08.2006 ließ die Beklagte den sofortigen fristlosen Rücktritt vom Bauvertrag erklären und sprach ein Baustellenverbot aus (vgl. A47, 47 GA). Das Haus, dessen Bodenplatte und dessen Rohbauwände des Erdgeschosses die Klägerin bis zum 31.08.2006 errichtet hatte, ließ die Beklagte in der Folgezeit anderweitig fertig stellen. Die Klägerin wertete das Schreiben vom 31.08.2006 als freie Kündigung (vgl. K 51, 51 GA) und erstellte und übermittelte am 01.11.2006 eine Schlussrechnung über eine Gesamtbausumme von 45.331,68 € (brutto) – inbegriffen eine Maklerprovision – und über einen noch offenen Restbetrag von 16.771,68 € (brutto) (vgl. A1, A2, 1t, 2 GA). In dieser Höhe bezifferte sie mit Schreiben gleichen Datums (vgl. A8, 8 GA) den ihr zustehenden Darlehensauszahlungsanspruch gegenüber der Bausparkasse.

Die Klägerin hat die Voraussetzungen einer freien Kündigung für gegeben erachtet.

Die Beklagte hat geltend gemacht, die Fortsetzung des Bauvertrages sei ihr unzumutbar gewesen. Sie hat ausgehend von ihren Abschlagszahlungen und der Schlussrechnung der Klägerin zu ihren Gunsten einen Rückzahlungssaldo von 14.059,36 € errechnet, in dieser Höhe sowie wegen einzelner Schadenspositionen Zahlung und im Übrigen die Rückabtretung sicherungszedierter Darlehensauszahlungsansprüche begehrt.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das Landgericht der Klage ganz überwiegend stattgegeben und die Widerklage weitgehend abgewiesen. Der Klägerin stünde in ausgeurteiltem Umfang restlicher Werklohn abzüglich ersparter Aufwendungen nach § 649 S. 1 BGB zu. Der Beklagten stünden keine Gründe für einen Rücktritt oder für eine fristlose Kündigung, als die das Schreiben vom 31.08.2006 auszulegen sei, zur Seite. Hinsichtlich etwaiger Planungsmängel fehle es an einer Nachbesserungsaufforderung und das Verhalten der Klägerin lasse eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien nicht als unzumutbar erscheinen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag sowie ihr abgewiesenes Widerklagebegehren uneingeschränkt weiter. Das Landgericht habe die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung (346 GA) zu Unrecht verneint.

Die Beklagte beantragt neben der Abweisung einer Klageerweiterung um erhöhte Zinsen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen und die Klägerin auf die Widerklage zu verurteilen, an sie die sicherungszedierten Darlehnsauszahlungsansprüche vollständig rückabzutreten und 19.851,16 € zu zahlen nebst 5 %-Punkten über dem Basiszins der EZB seit Zustellung der Widerklage.

Die Klägerin beantragt neben einer Klageerweiterung um erhöhte Zinsen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze sowie auf sein Terminsprotokoll vom 23.02.2011.

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat überwiegend Erfolg.

Die Klägerin hat über die erhaltenen Abschläge hinaus keinen Werklohnanspruch aus § 649 BGB. Sie schuldet der Beklagten in ausgeurteilter Höhe die Rückzahlung erhaltener Abschläge auf Grund der Abschlagsvereinbarung im Bauvertrag.

1. Das Vorbringen zur Klageforderung ist schon nicht in voller Höhe schlüssig aus § 649 BGB.

a) Die Forderung zur Position „Vermittlungsprovision Makler“ hat bereits das Landgericht aberkannt, was die Klägerin hingenommen hat.

b) Darüber ist sie in ihrer Schlussrechnung vom 01.11.2006 (Anlage 1/2 = 1 T, 2 GA) über erbrachte und nichterbrachte Leistungen des vorzeitig beendeten Pauschalvertrags von einem kalkulatorisch unveränderten Werklohn ausgegangen, obwohl hierin unstreitig 4.500 € für Arbeiten zur Bodenverdichtung im Ergebnis lediglich als Eventualposition aufgenommen (vgl. Nr. 18 Baubeschreibung, 25 GA), diese Position mit Erstellung der Bodenplatte bereits dauerhaft weggefallen und der der Abrechnung zugrunde zu legende kalkulatorische Werklohnanspruch entsprechend vermindert waren.

2. Der im Übrigen schlüssig dargestellte Werklohnanspruch aus § 649 BGB scheitert an der Kündigung der Beklagten vom 31.08.2006.

a) Die Erklärung im Schreiben des früheren Beklagtenanwalts vom 31.08.2006 zu einem sofortigen fristlosen Rücktritt mit Baustellenverbot (vgl. A 47, 47 GA) ist mit dem Landgericht als Kündigungserklärung auszulegen, da es der Beklagten ersichtlich nicht auf die Rückabwicklung beiderseits erbrachter Leistungen angekommen ist, sondern auf die sofortige Beendigung des Bauvertrages. In diesem Sinne verstehen zudem auch beide Parteien die Erklärung übereinstimmend (vgl. 1 e, 346 GA).

b) Die Kündigung greift durch. Dass ein Bauvertrag als sogenannter Langzeitvertrag auch nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz – unter Beachtung der gesetzlichen Wertungen zum Rücktrittsrecht und zum Schadensersatzrecht – außerordentlich kündbar ist, entspricht allgemeiner Auffassung, der sich der Senat anschließt.

Danach kommt eine sofortige Kündigung, auch ohne vorherige Abmahnung, in Betracht bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen, die zu einer tiefgehenden Störung der für die Fortsetzung des Vertrages notwendigen Vertrauensbeziehung führen, eine Fortsetzung unzumutbar und eine sofortige Beendigung des Vertragsverhältnisses erforderlich machen. Hierzu können auch Kündigungsgründe nachgeschoben werden, soweit sie objektiv vorlagen und rückblickend eine außerordentliche Kündigung rechtfertigten.

Gemessen hieran standen der Beklagten tragfähige Kündigungsgründe zur Seite.

Die Klägerin hat wiederholt zunehmend und schwerwiegend gegen ihre Kooperationspflicht verstoßen. Beide Parteien des Bauvertrages sind gehalten, auf die berechtigten Belange des jeweils anderen Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Sie sind während der Vertragsdurchführung zur Kooperation verpflichtet. Entstehen während der Vertragsdurchführung Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen über die Notwendigkeit oder die Art und Weise einer Anpassung des Vertrages oder seiner Durchführung an geänderte Umstände, sind die Parteien grundsätzlich verpflichtet, durch Verhandlungen eine einvernehmliche Beilegung der Meinungsverschiedenheiten zu versuchen (vgl. Kniffka in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 8. Teil, Rn. 31 m.w.N.).

aa) Hier bestanden Meinungsverschiedenheiten vor allen Dingen hinsichtlich der am 31.07.2006 besprochenen Mehrleistungen sowie hinsichtlich der Erforderlichkeit einer Ausführungsplanung. Die im Bauvertragsrecht geltende Kooperationspflicht gebietet es, gerade bei Meinungsverschiedenheiten die Argumente, Alternativen und Gegenvorschläge der anderen Vertragsseite zumindest zur Kenntnis zu nehmen und zum Gegenstand eines Meinungsaustausches zu machen. Hiergegen hat die Klägerin schwerwiegend verstoßen, indem sie die Antwortschreiben der Beklagten vom 04.08.2006 (vgl. BA 8, 145, 146 GA) auf die Änderungsvorschläge der Klägerin vom 01.08.2006 zu den Mehrleistungen (vgl. B 7, 143 GA) und zur Ausführungsplanung (vgl. B 7, 144 GA) trotz Einschreiben und Benachrichtigung (vgl. Einlieferungsschein vom 04.08.2006, B 20, 268 GA) nicht einmal abgeholt hat. Darüber hinaus hat sie wegen beider Punkte gesondert am 15.08.2006 gegenüber der Beklagten jeweils eine Baubehinderung ausgesprochen (vgl. B 9, 149 GA, B 21, 271 GA), und zwar, was ihr vorzuwerfen ist, ohne auf die Äußerungen der Beklagten vom 04.08.2006 einzugehen.

Im Rahmen und aus Anlass der Baubehinderungsanzeige wegen der nach Ansicht der Klägerin von der Beklagten zu erbringenden Ausführungsplanung hat die Klägerin der Beklagten darüber hinaus angesonnen, bei fehlender Ausführungsplanung auf alle evtl. Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin bezüglich des Bauvorhabens zu verzichten (vgl. B 21, 271 GA). Dies war in diesem Umfang schlechterdings unannehmbar, für bereits erbrachte Bauleistungen ohne sachlichen Grund und fiel zudem deutlich hinter die Vertragspositionen zurück, die die Klägerin selbst in ihrem Entwurf vom 01.08.2006 noch eingenommen hatte. In diesem Entwurf sollte die Beklagte die Klägerin lediglich von Schadensersatzforderungen entbinden, die sich bei fehlender Vorlage einer Ausführungsplanung insbesondere aus Abweichungen von der geplanten Leistungsausführung ergeben konnten (vgl. B 7, 144 GA).

Weiter fällt auf, dass die Klägerin entgegen ihrer in den Vertragsverhandlungen gegenüber der Beklagten eingenommenen Position Ausführungsplanungen durchaus für geschuldet erachtet und erbracht hat (vgl. Kostenzusammenstellung per 28.08.2006, 56, 57 GA).

bb) Gegen ihre Pflicht, gerade bei Meinungsverschiedenheiten die Argumente, Alternativen und Gegenvorschläge der anderen Vertragsseite zumindest zur Kenntnis zu nehmen und zum Gegenstand eines Meinungsaustausches zu machen, hat die Klägerin abermals massiv verstoßen, indem sie gegenüber der Beklagten deren Nachtragsentwurf zu Mehrleistungen vom 17.08.2006 (vgl. B 10, 150 GA) an diesem Datum unterzeichnete (vgl. A 44, 44 GA), wie sie bereits in der Klageschrift ausgeführt (vgl. 1d GA) und in der mündlichen Verhandlung zur Erläuterung des vereinbarten Leistungsumfangs gegenüber dem Senat nochmals bekräftigt hat, und gleichwohl mit Schreiben vom 22.08.2006 – 5 Tage nach ihrer Unterschrift – zur Grundlage eines Täuschungsvorwurfes an die Beklagte gemacht hat. Abgesehen davon, dass der Täuschungsvorwurf schon auf erste Sicht anhand des Ausstellungsortes offensichtlich aus der Luft gegriffen war, hätte es die Kooperationspflicht zwingend geboten, die Annahme des Angebotes der Beklagten vom 17.08.2006 der Beklagten unverzüglich mitzuteilen.

cc) Abgesehen davon, dass die Baubehinderungsschreiben der Klägerin vom 15.08.2006 aus den dargestellten Gründen bereits für sich eine sofortige fristlose Kündigung tragen, ebenso wie das Schreiben der Klägerin vom 22.08.2006, hat die Klägerin sodann das Schreiben der Beklagten vom 25.08.2006 mit dem – berechtigten – Vorwurf der Kommunikationsverweigerung (vgl. Einlieferungsschein der Beklagten vom 04.08.2006 und Sendestatus hierzu vom 25.08.2006, B 20, 268, 269 GA) und mit dem – gleichfalls berechtigten – Vorwurf des Verlangens eines inakzeptabel umfangreichen Gewährleistungsausschlusses abermals unbeantwortet gelassen und ihre Annahme des Angebotes des Nachtrages der Beklagten vom 17.08.2006 noch immer nicht mitgeteilt. Dies machte eine Fortsetzung des Bauvertrages der Klägerin für die Beklagte abermals unzumutbar.

3. Die Widerklageforderung besteht nur in ausgeurteilter Höhe.

a) Bei einer Vereinbarung über Voraus- oder Abschlagszahlungen in einem BGB-Werkvertrag folgt die vertragliche Verpflichtung des Unternehmers, seine Leistung bei Beendigung des Bauvertrages abzurechnen aus dieser Abrede. Der Besteller hat einen vertraglichen Anspruch auf Auszahlung des Überschusses. Der Rückzahlungsanspruch des Auftraggebers ergibt sich gerade aus der vertraglichen Abschlagsabsprache und ist kein Bereicherungsanspruch (vgl. Kniffka in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 9. Teil, Rn. 10 m.w.N.).

Der Klägerin steht allerdings nur ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 8.839,36 € zu (28.560,00 € – 19.720,64 €).

Ihren Überschuss errechnet die Beklagte auf (vgl. 111 GA) demgegenüber mit 14.059,36 € um 5.220 € übersetzt. Von den erbrachten Leistungen der Klägerin in Höhe von 19.720,64 € (vgl. auch 2 GA) setzt sie unzutreffend eine Gutschrift für eine mangelhafte Bodenplatte in Höhe von 5.220 € zu ihren Gunsten an. Dies ist nicht nachvollziehbar, denn die Bodenplatte war nicht mangelhaft. Vielmehr war nach § 18 der Baubeschreibung vom 15.04.2005 (vgl. 25 GA) als Werklohn für die Verdichtung der Baugrube und Teilauffüllung 4.500 € netto in den Werklohn einkalkuliert (vgl. 25, 29 GA). Diese Leistungen sind zwar nicht in diesem Umfang angefallen; indessen hat die Klägerin auch keine derartigen Leistungen als bei der Gebäudeerrichtung erbracht abgerechnet (vgl. 57 GA).

b) Bei den weiteren Positionen der Widerklage (3.000 € Mietmehrkosten, 962,20 € Bauleitertätigkeit H…; 1.829,60 € vorgerichtliche Anwaltskosten) handelt es sich um Verzugsschäden, die die Beklagte mangels Verzuges nicht beanspruchen kann.

Bereits das objektive Bestehen der Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 Abs. 1 BGB) schließt einen Schuldnerverzug aus (BGHZ 116, 249). Diese Einrede stand, wie im Termin erörtert, der Klägerin hier wegen fehlender Beibringung einer bestätigten Abtretung zu. Die Beibringung der Abtretungsbestätigung durch die Bausparkasse haben die Parteien in § 8 BV in das Gegenseitigkeitsverhältnis gehoben (§§ 133, 157 BGB), indem sie die Bauverpflichtung der Klägerin hiervon abhängig gemacht haben (vgl. 13 GA). Hiergegen bestehen angesichts des durch Abschlagsleistungen lediglich geminderten aber noch immer fortbestehenden Vorleistungsrisikos der Klägerin und im Hinblick auf erfahrungsgemäß nicht auszuschließende mögliche Einwendungen des Darlehnsgebers gegen die Abtretung oder gegen den Darlehnsauszahlungsanspruch keine Bedenken.

Zudem und unabhängig davon hat die Klägerin Kausalität und Schadenshöhe bestritten und die Beklagte ist beweisfällig geblieben.

4. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da ihre Entscheidung von keiner Beantwortung einer höchstrichterlich bisher noch nicht entschiedenen Frage abhängt. Sie gibt auch keine Veranlassung, in den berührten Rechtsgebieten neue Leitsätze aufzustellen, Gesetzeslücken zu füllen oder von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abzuweichen. Die Feststellungen des Senats beruhen auf einer Würdigung der Umstände des Einzelfalles.

Der Gebührenstreitwert wird, wie im Termin erörtert, für die I. Instanz insoweit in Abänderung (§ 63 Abs. 3 S. 1 GKG) des Beschlusses des Landgerichts vom 08.12.2010 auf bis zu 40.000 € festgesetzt und für die Berufung auf bis zu 35.000 €, § 45 Abs. 1 S 1 GKG. Klage und Widerklage betreffen unterschiedliche Teile des nämlichen Gegenstandes. Die Freigabe der Sicherheit wirkt indessen nicht streitwerterhöhend, sondern unterliegt vorliegend wegen wirtschaftlicher Identität neben der gesicherten Forderung einem Additionsverbot (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 8, Rn. 8 m.w.N.).

Wann liegt eine Fertigstellung vor?

Wann liegt eine Fertigstellung vor?

von Thomas Ax

Wann eine Fertigstellung im Sinne des § 14 Nr. 3 VOB/B vorliegt, muss unter Berücksichtigung des mit dieser Regelung verfolgten Zweckes ermittelt werden. Sie liegt vor, wenn der Auftragnehmer die vertraglichen Leistungen erbracht hat. Ihr steht gleich, wenn er weitere Vertragsleistungen, die in eine Schlussrechnung einzustellen wären, nicht mehr erbringen muss, etwa weil der Vertrag gekündigt worden ist, die Leistung unmöglich geworden ist, der Auftragnehmer keine weiteren Leistungen mehr erbringen will oder der Auftraggeber keine weiteren Leistungen mehr verlangt, so dass ein Abrechnungsverhältnis entsteht.

Die Abnahme der Bauleistungen ist ein Indiz für die Fertigstellung; denn regelmäßig erfolgt eine Abnahme, weil die Leistungen im Wesentlichen vertragsgerecht erbracht sind. In diesem Fall steht der Annahme einer Fertigstellung im Sinne des § 14 Nr. 3 VOB/B regelmäßig nichts im Wege. Der Auftragnehmer ist berechtigt, die gesamte abgenommene Leistung in Rechnung zu stellen. Wegen der Mängel oder der Restleistungen hat der Auftraggeber ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 641 Abs. 3 BGB.

Gleiches gilt grundsätzlich auch, wenn die Abnahme erfolgt ist, obwohl wesentliche Restleistungen fehlen; denn mit der Abnahme löst der Auftraggeber in einem VOB-Vertrag die Fälligkeit der Werklohnforderung aus, sobald ihm die Schlussrechnung gestellt wird und die Prüffrist abgelaufen ist. Er akzeptiert die gesamte Leistung als im Wesentlichen vertragsgerecht und muss es daher hinnehmen, dass auch noch nicht erbrachte Teilleistungen in die Schlussrechnung eingestellt werden. Er ist durch das Leistungsverweigerungsrecht ausreichend geschützt.

Es sind jedoch auch Fälle denkbar, in denen die Umstände ergeben, dass der Auftragnehmer trotz der erfolgten Abnahme nicht berechtigt ist, die noch nicht erbrachten Restleistungen in die Schlussrechnung einzustellen. Solche Umstände können sich aus dem Gewicht der noch fehlenden Teilleistungen oder aus den Bauumständen ergeben. Ist das der Fall, liegt eine Fertigstellung der Gesamtleistung im Sinne von § 14 Nr. 3 VOB/B noch nicht vor. In diesem Fall ist zu prüfen, ob die Abnahme der gesamten Leistungen nicht in Wahrheit eine Teilabnahme der erbrachten Leistungen ist. Das wird häufig angenommen werden können. Es liegt in aller Regel fern, dass der Auftraggeber eine noch nicht erbrachte wesentliche Teilleistung abnehmen will, so dass die erklärte Abnahme nicht auf die bereits erbrachte Leistung beschränkt ist. Liegt eine solche Teilabnahme vor, so ist der Auftragnehmer berechtigt, diese Leistung mit einer Teilschlussrechnung abzurechnen, so dass insofern eine Fertigstellung im Sinne des § 14 Nr. 3 VOB/B vorliegt. In der Teilschlussrechnung können und müssen die bisher erbrachten Leistungen und die berechenbaren vergütungsgleichen Ansprüche abgerechnet werden. Abschlagszahlungen können für den teilweise abgenommenen Teil nicht mehr verlangt werden. Eine Teilabnahme kann auch dann angenommen werden, wenn sie für Leistungen erklärt wird, die nicht in sich abgeschlossen sind. § 12 Nr. 2 VOB/B regelt, dass die Teilabnahme zwingend zu erfolgen hat, wenn dies für in sich abgeschlossene Leistungen verlangt wird. Diese Regelung schließt nicht aus, dass die Parteien sich darüber verständigen, nicht in sich abgeschlossene Leistungen abzunehmen.

BGH, Urteil vom 20.08.2009 – VII ZR 205/07

Praxistipp: Abschlagszahlung bei wesentlichen Mängeln?

Praxistipp: Abschlagszahlung bei wesentlichen Mängeln?

von Thomas Ax

Nach Inkrafttreten des § 632a Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. kann auch beim VOB/B-Vertrag nicht mehr davon ausgegangen werden, dass eine Abschlagszahlung bei wesentlichen Mängeln begehrt werden kann (vgl. Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 5. Teil Rn. 270). Zwar enthält § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B keine dem § 632a Abs. 1 Satz. 2 und 3 BGB vergleichbare Regelung, so dass vertreten wird, dass Abschlagszahlungen nach der VOB/B auch verlangt werden können, wenn die Leistung wesentliche Mängel hat (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 1978 – VII ZR 269/77 – NJW 1979, 650; OLG Hamm, Urteil vom 29. Oktober 1998 – 17 U 38/98 NJW-RR 1999, 528; Kandel, in: Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Auflage 2013, § 16 Abs. 1 VOB/B Rn. 22; Messerschmidt, in: Kapellmann/Messerschmidt VOB-Kommentar, Teil NB, 6. Auflege 2018, § 16 VOB/B Rn. 108; Voit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 16 VOB/B Rn. 4) und der Auftraggeber wegen Mängeln auf sein Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB beschränkt ist, weil andernfalls der Auftragnehmer eine Abschlagszahlung immer nur nach gänzlich mangelfreier Teilleistung fordern könnte (vgl. BGH, Urteil vom 21.. Dezember 1978 – VII ZR 269/77 – NJW 1979, 660; Messerschmidt, in: Kapellmann/Messerschmidt VOB-Kommentar, Teil A/B, 6. Auflage 2018, § 16 VOB/B Rn. 108).

Mit § 632a Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. hat der Gesetzgeber aber ausdrücklich geregelt, wie das Leistungsverweigerungsrecht des § 320 Abs. 1 BGB bei Abschlagszahlungen wirkt. Es führt dazu, dass der Anspruch auf Abschlagszahlungen nicht fällig wird, wenn wesentliche Mängel vorliegen (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 26. November 2008 – 4 U 58/08 ; Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 5. Teil Rn. 270; Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2018, § 632a BGB Rn. 6; Voit, in: BeckOK BGB, Bamberger/Roth/Hau/Poseck, Stand: 01.02.2019, § 632a BGB Rn. 7; Diep, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger PK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 632a BGB Rn. 9). Dies muss daher auch für den VOB/B-Vertrag gelten (vgl. Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 5. Teil Rn. 270; Voit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 2. Auflage 2012, § 16 VOB/B Rn. 4; Hummel, in: Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B, 4. Auflage 2016, § 16 Rri. 16; Gothe, NZBau 2014, 270 (275)). Denn für eine mangelhafte Leistung kann der Auftragnehmer vom Grundsatz her keine Vergütung beanspruchen (vgl. Messerschmidt, in: Kapellmann/Messerschmidt VOB-Kommentar, Teil NB, 6. Auflage 2018, § 16 VOB/B Rn. 108).

Überdies steht der Verweis des Auftraggebers auf ein Zurückbehaltungsrecht auch bei wesentlichen Mängeln im Widerspruch zur Wertung des § 12 Abs. 3 VOB/B, da der Auftraggeber dann Anzahlungen auf die Gesamtvergütung leisten müsste, die infolge berechtigter Verweigerung der Abnahme gar nicht fällig wird (vgl. Voit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 2. Auflage 2012, § 16 VOB/B Rn. 4; Hummel, in: Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B, 4, Auflage 2016, § 16 Rn. 16). Auch § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B geht von einer »vertragsgemäßen Leistung” aus, Was in diesem Sinne (noch) als vertragsgemäß gilt, ist auch mit Rücksicht auf die anderen vertraglichen Regelungen zu ermitteln. Wenn also in § 12 Abs. 2 VOB/B geregelt ist, dass die Abnahme wegen wesentlicher Mängel verweigert werden kann, und die Abnahme nach allgemeiner Definition gerade die Billigung des Werks als im Wesentlichen vertragsgemäß darstellt, so legt dies eine Auslegung dahingehend nahe, dass auch im Rahmen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B hinsichtlich Mängel- und Vergütungsfolgen “vertragsgemäß” nur sein soll, was frei von wesentlichen Mängeln ist (vgl. Gothe, NZBau 2014, 270 (275)).

Soweit nach der ab dem 01.01.2018 geltenden Neufassung des § 632a Abs. 1 Satz 2 BGB Mängel dem Anspruch auf Abschlagszahlung nicht entgegenstehen und der Auftraggeber diesem nur ein Leistungsverweigerungsrecht entgegenhalten kann, mag dahinstehen, ob dies dazu führt, dass Jedenfalls ab dem 01.012018 beim VOB/B-Vertrag Abschlagszahlungen auch verlangt werden können, wenn die Leistung wesentliche Mängel hat (vgl. so Voit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 16 VOB/B Rn. 4). Denn für den vorliegenden Fall ist die Regelung des § 632a BGB a.F. maßgebend.

Praxistipp: Ist dem Bauherrn ein Planungsverschulden der Architektin unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens zuzurechnen?

Praxistipp: Ist dem Bauherrn ein Planungsverschulden der Architektin unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens zuzurechnen?

von Thomas Ax

Nach § 254 Abs. 1 BGB hängt, wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat, die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist (vgl. Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 6. Teil Rn. 61). Als Rechtsfolge muss sich der Auftraggeber an den Mängelbeseitigungskosten oder an dem entstandenen Schaden im Umfang seiner Haftungsquote beteiligen (vgl. Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 6. Teil Rn. 61).

Insofern Ist anerkannt, dass der Auftraggeber sich ein Planungsverschulden seines Architekten nach § 278 BGB zurechnen lassen muss, und dass der wegen eines auch auf einer fehlerhaften Planung des Architekten beruhenden Mangels zur Gewährleistung herangezogene Unternehmer berechtigt ist, gegenüber dem Auftraggeber ein Mitverschulden gemäß § 254 BGB einzuwenden (vgl. BGH, Urteil vom 07. März 2002 – VII ZR 1/00 – NJW 2002, 3543; OLG Köln, Urteil vom 02. Juni 2004 – 17 U 121/99 – ).

Praxistipp: Wann sind Kosten für die Beseitigung eines Werkmangels unverhältnismäßig im Sinne des § 635 Abs. 3 BGB?

Praxistipp: Wann sind Kosten für die Beseitigung eines Werkmangels unverhältnismäßig im Sinne des § 635 Abs. 3 BGB?

von Thomas Ax

Unverhältnismäßig im Sinne des § 635 Abs. 3 BGB sind Kosten für die Beseitigung eines Werkmangels dann, wenn der damit In Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg oder Teilerfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalles in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür gemachten Geldaufwandes sieht zur (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2012 – VII ZR 179/11 – NZBau 2013, 9; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 27, März 2015 – 1 U 87/10 -; Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 6. Teil Rn. 97).

Unverhältnismäßigkeit wird in aller Regel anzunehmen sein, wenn einem objektiv geringen Interesse des Auftraggebers an einer mangelfreien Vertragsleistung unter Abwägung aller Umstände ein ganz erheblicher und -deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenüber steht, so dass die Forderung auf ordnungsgemäße Vertragserfüllung ein Verstoß gegen Treu und Glauben ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2008 – VII ZR 214106 – NZBau 2008, 575; OLG München, Beschluss vom 20. März 2014 – 13 U 4423/13 Bau – ; OLG Frankfurt, Urteil vom 11. November 2016 – 4 U 3/11 – ).

Unverhältnismäßigkeit kommt danach vor allem bei Mängeln in Betracht, die den .Wert. oder die Gebrauchsfähigkeit nicht oder nicht erheblich beeinträchtigen (vgl. Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 6. Teil Rn. 97), Das sind insbesondere optische Mängel (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 1987 – VII ZR 330/86 ; Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 6. Teil Rn. 97). Gleichwohl ist auch bei lediglich optischen Mängeln nur in Ausnahmefällen die Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten zu bejahen, selbst wenn die tatsächlich erbrachte Leistung zwar nicht den vertraglichen Vorgaben, aber doch den Regeln der Technik entspricht (vgl. BGH; Urteil vom 22. Februar 2018 – VII ZR 46/17 – ; BGH, Urteil vom 10. April 2008 – VII ZR-214/06 – NZBau 2008, 575).