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OLG Stuttgart zu der Frage der Werbung mit Installateur- und Heizungsbauleistungen nur bei Eintragung

vorgestellt von Thomas Ax

Nach § 1 Absatz 1 Satz 1 HandwO ist der selbständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen Personen gestattet. Was wesentliche Tätigkeiten sind, ist in der Handwerksordnung nicht definiert und lässt sich auch nicht eindeutig aus den Prüfungs- und Ausbildungsordnungen heraus feststellen; diesen kommt hinsichtlich der “wesentlichen Tätigkeiten” allenfalls Indizwirkung zu. Außerdem gewichten gerade sie in ihrem Wortlaut nicht nach “wesentlichen” und “unwesentlichen” Tätigkeiten (OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 58). Die “wesentlichen Tätigkeiten” werden vielmehr mit dem sog. Kernbereichskriterium bestimmt (OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 59). Dabei ist der Begriff der wesentlichen Tätigkeit nicht quantitativ zu verstehen. Es kommt nicht darauf an, wieviel derartige Tätigkeiten in dem Betrieb anfallen, sondern welcher Qualität die anfallende Tätigkeit ist. Wesentliche Tätigkeiten müssen daher nicht mehr oder vielfältige Aktivitäten beinhalten. Bereits eine einzige wesentliche Tätigkeit begründet die Zulassungspflicht (OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 74). Wer als wesentliche Tätigkeit das Installateur- und Heizungsbauerhandwerk ausübt, ohne mit dem Installateur- und Heizungsbauhandwerk in der Handwerksrolle eingetragen zu sein, darf nicht mit den Begriffen Klempnernotdienst, Sanitärnotdienst, Rohrbruchnotdienst, Heizungsnotdienst und/oder Wasserschadenssanierung werben.
OLG Stuttgart, Beschluss vom 06.05.2024 – 2 U 70/23

Gründe

A.

Der Kläger, ein Wettbewerbsverband, verlangt vom Beklagten die Unterlassung von Werbung für handwerkliche Leistungen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht den Beklagten dazu verurteilt, es zu unterlassen, für die Ausführung wesentlicher Tätigkeiten des Installateur- und Heizungsbauhandwerks mit den Begriffen Klempnernotdienst, Sanitärnotdienst, Rohrbruchnotdienst, Heizungsnotdienst und/oder Wasserschadenssanierung zu werben, ohne mit dem Installateur- und Heizungsbauhandwerk in der Handwerksrolle eingetragen zu sein. Ferner hat es den Beklagten zur Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 387,60 Euro nebst Zinsen verurteilt.

Zur Begründung führt das Landgericht aus, dass der Beklagte ein Gewerbe für Gebäudemanagement betreibe und im Internet mit den genannten Begriffen werbe. Er sei bei der Handwerkskammer für bestimmte Gewerke eingetragen, jedoch nicht für das Installateur- und Heizungsbauhandwerk. In der Werbung mit den genannten Begriffen und der Durchführung entsprechender Tätigkeiten liege eine unzulässige Handlung gem. § 3 Absatz 1 i.V.m. § 3a UWG, §§ 1, 7 HwO. Dass der Beklagte mit den genannten Tätigkeiten im Rahmen eines “Notdienstes” geworben habe, stehe dem Unterlassungsanspruch nicht entgegen. Es führe auch nicht zu einer anderen Beurteilung, soweit der Beklagte geltend mache, wesentliche Tätigkeiten des Installateur- und Heizungsbauhandwerks nicht konkret zu bewerben, sondern die Kunden auf entsprechende Nachfrage an eingetragene Handwerksbetriebe zu verweisen. Die Werbung sei bereits dadurch irreführend, dass der Beklagte den Eindruck vermittle, die Leistungen selbst zu erbringen.

Mit der Berufung bringt der Beklagte vor, er führe im Rahmen des Notdienstes keine Tätigkeiten durch, die den Kernbereich des Installateur- und Heizungsbauerhandwerks ausmachten. Die vom Beklagten erbrachten Tätigkeiten könnten ausschließlich § 2 Ziff. 12 der Meisterprüfungsverordnung für das Installateur- und Heizungsbauerhandwerk zugeordnet werden (Fehler- und Störungssuche durchführen, Maßnahmen zur Beseitigung von Fehlern und Störungen beherrschen, Ergebnisse bewerten und dokumentieren), und dies nur für die Teilbereiche der Systeme der Entsorgung von Wasser, der Versorgung mit Wärme einschließlich sanitärer Einrichtungen. Insoweit erbringe der Beklagte im Rahmen seines Notdienstes nur einen sehr geringen Teilbereich der Meisterprüfungsverordnung. Der Kläger habe nicht den ihm obliegenden Beweis erbracht, dass der Beklagte zur Eintragung in die Handwerksrolle verpflichtet sei. Die Tätigkeiten führten nicht zu einer Eintragungspflicht, weil sie im Sinne von § 1 Absatz 2 HwO keine längere Zeit zum Erlernen benötigten. Der Beklagte kontrolliere lediglich den Wasserdruck der Heizungen und fülle, wenn nötig, Wasser nach. Weiter messe er die Stromversorgung an Pumpen oder den Platinen bei den Heizungsanlagen. Die letztgenannten Tätigkeiten seien unter die Ausübungsberechtigung des Elektrotechnikers zu subsumieren, zu der der Beklagte die Zulassung besitze. Zulassungsfrei seien gemäß der Auskunft der Handwerkskammer A. weitere Tätigkeiten im Bereich des Sanitär-Notdienstes wie die Auswechslung defekter Siphons bei Badewannen oder Waschbecken, der Einsatz neuer Füllventile an WCs oder der Einbau neuer Spülglocken oder Dichtungen.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 17.01.2023 verkündeten Urteils des Landgerichts Ulm (Aktz. 10 O 28/22 KfH) die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger führt aus, es gehe nicht um die konkret ausgeübte Tätigkeit, sondern um die Werbung. Wer Klempnerleistungen anbiete, biete eine Tätigkeit an, welche nur bei Eintragung in der Handwerksrolle erlaubt sei. Entsprechendes gelte für jemanden, der Sanitärleistungen anbiete. Der Beklagte werbe mit Oberbegriffen, die begriffsimmanent dem Installations- und Heizungsbauerhandwerk zugeordnet seien. Aus der Werbung ergebe sich auch nicht, dass der Beklagte nur ein Minderhandwerk ausübe. Das Wort “Notdienst” vermittle nicht, dass es sich dabei nicht um eine Maßnahme handele, die nicht dem Kernbereich eines Handwerks zugeordnet seien. Es bedeute auch nicht zwingend nur provisorische Maßnahmen. Die Gefahrenlage einer defekten, notbehelfsmäßig reparierten Heizung sei nicht deswegen geringer, weil es sich um eine Notmaßnahme handele. Der Beklagte bewerbe auch Leistungen, die über provisorische Maßnahmen hinausgingen (Anlagen K 10, BK 1).

B.

Der Senat ist einstimmig der Auffassung, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die §§ 1, 7 HandwO Marktverhaltensregeln im Sinne des § 3a UWG darstellen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. April 2020 – 2 U 10/20). Weiter hat das Landgericht überzeugend festgestellt, dass der Beklagte mit den streitgegenständlichen Werbeangaben und der Durchführung der entsprechenden Tätigkeiten gegen § 1 HandwO verstoßen hat. Nach § 1 Absatz 1 Satz 1 HandwO ist der selbständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen Personen gestattet. Insbesondere hat das Landgericht die zwischen den Parteien streitige Tatbestandsvoraussetzung, dass im Betrieb des Beklagten Tätigkeiten ausgeübt werden, die für das Gewerbe des Installateur- und Heizungsbauerhandwerks wesentlich sind, zutreffend festgestellt. Was wesentliche Tätigkeiten sind, ist in der Handwerksordnung nicht definiert und lässt sich auch nicht eindeutig aus den Prüfungs- und Ausbildungsordnungen heraus feststellen; diesen kommt hinsichtlich der “wesentlichen Tätigkeiten” allenfalls Indizwirkung zu. Außerdem gewichten gerade sie in ihrem Wortlaut nicht nach “wesentlichen” und “unwesentlichen” Tätigkeiten (OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 58). Die “wesentlichen Tätigkeiten” werden vielmehr mit dem sog. Kernbereichskriterium bestimmt (OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 59). Dabei ist der Begriff der wesentlichen Tätigkeit nicht quantitativ zu verstehen. Es kommt nicht darauf an, wieviel derartige Tätigkeiten in dem Betrieb anfallen, sondern welcher Qualität die anfallende Tätigkeit ist. Wesentliche Tätigkeiten müssen daher nicht mehr oder vielfältige Aktivitäten beinhalten. Bereits eine einzige wesentliche Tätigkeit begründet die Zulassungspflicht (OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 74).

Nach diesen Maßstäben führt der Beklagte eine “wesentliche Tätigkeit” des Installateur- und Heizungsbauerhandwerks aus. Der Beklagte räumt selbst ein, dass die von ihm ausgeübten Tätigkeiten unter § 2 Ziffer 12 der Meisterprüfungsverordnung für das Installateur- und Heizungsbauerhandwerk fallen. Gerade die Fehler- und Störungssuche sowie das Ergreifen von entsprechenden Maßnahmen und die Bewertung der Ergebnisse prägen das Installateur- und Heizungsbauerhandwerk. Richtig weist das Landgericht darauf hin, dass sich aus Tätigkeiten im Rahmen eines Notdienstes keine Einschränkung ergibt. Dies trifft umso mehr zu, als sich aus der in der Berufungsinstanz vorgelegten Anlage BK 1 ergibt, dass der Beklagte ausweislich seiner Werbung nicht nur die Fehlersuche übernimmt, sondern auch die schnelle Reparatur der Heizungsanlage. Unter diesen Umständen liegt auch die Annahme eines Minderhandwerks im Sinne von § 1 Absatz 2 HandwO fern.

Folgerichtig hat das Landgericht ausgeführt, dass der Verstoß im Sinne von § 3a UWG spürbar ist (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 79) und auf Grund des Erstverstoßes die erforderliche Wiederholungsgefahr vorliegt.

Aus diesen Erwägungen hat der Beklagte die in der Entscheidungsformel des Landgerichts genannte Werbung zu unterlassen und die Aufwandspauschale des Klägers zu ersetzen.

C.

Die Berufung hat nach alledem keine Aussicht auf Erfolg, weshalb sie gemäß § 522 Absatz 2 ZPO mit der Kostenfolge aus § 97 Absatz 1 ZPO zurückzuweisen sein wird. Es wird angeregt zu überlegen, ob die Berufung nicht aus Kostengründen zurückgenommen wird.