vorgestellt von Thomas Ax
OLG München, Urteil vom 11.09.2024 – 27 U 6864/22 Bau
Gründe:
I.
Die Parteien streiten über Kostenvorschuss- und Schadensersatzansprüche aufgrund behaupteter Werkmängel bei der Errichtung eines Einfamilienhauses.
Die Parteien schlossen am 04.03.2003/14.03.2003 einen Vertrag über die Errichtung eines Einfamilienhauses unter Geltung des Werkvertragsrechts (Anlage K1). Hierbei erkannten die Kläger die Allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten an.
§ 8 Ziff. 1 der Allgemeinen Vertragsbedingungen regelt zur Gewährleistung der Beklagten:
“Unmittelbar nach Fertigstellung des vertraglich vereinbarten Lieferumfanges findet eine förmliche Abnahme statt. Mit der Abnahme beginnen die Gewährleistungspflichten von … gemäß (Anlage Gewährleistungsgarantie). Ausgenommen sind Gewerke und Materialien, die einem natürlichen Verschleiß unterliegen.”
Die “Anlage Gewährleistungsgarantie” liegt als Anlage K 1 vor und enthält für die Gewerke auszugsweise folgende Regelung zur Gewährleistungsfrist:
“Konstruktion für Außenwände, Innenwände, Deckenkonstruktion Dachkonstruktion: 40 Jahre”
Die Leistungsbeschreibung (zum Vertrag Nr. …) enthielt auf Seite 2 eine Regelung dahingehend, dass die Gewährleistungsfristen betragen sollen (vgl. Klageerwiderung vom 18.07.2018, S.1 = Bl. 24):
“40 Jahre für die statische Grundkonstruktion und
5 Jahre für die Ausgangsgewerke gemäß BGB”
Das Einfamilienhaus wurde am 16.03.2004 abgenommen.
Die Verfugung der Eckbereiche des Wintergartens wurde nicht von der Beklagten, sondern von den Klägern vorgenommen.
Bereits 2007 bemerkten die Kläger Feuchtigkeit im Bereich des Dachs des Wintergartens bzw. der Decke des Wohnzimmers. Anfang 2008 erbrachte die Beklagte Nachbesserungsarbeiten, nach denen sich jedoch immer noch Wasserspuren an der Decke des Wohnzimmers abzeichneten, worüber die Kläger die Beklagte mit E-Mail vom 14.02.2008 informierten (Anlage K3). Im Juli 2008 informierten die Kläger die Beklagte über Wassereintritt unterhalb der inneren Fensterleisten des Wintergartens (Anlage K4). Die Beklagte erbrachte Nachbesserungsarbeiten, indem sie Silikon aufbrachte und an den waagerechten Leisten der Wintergartenverglasung Aluwinkel aufklebte. Die Kläger nahmen die Nachbesserungsarbeiten im Juli 2008 ab.
Im Juni 2017 kam es zu einem erheblichen Feuchtigkeitseintritt an der Decke des Wintergartens. Außerdem hatte die Holzkonstruktion des Wintergartens begonnen, von außen zu verrotten. Die Kläger zeigten dies der Beklagten an. Nach E-Mail-Verkehr mit der Beklagten forderten die Kläger diese schließlich mit E-Mail vom 28.11.2017 unter Berufung auf die vierzigjährige Garantie dazu auf, die Verpflichtung zur Mängelbeseitigung bis 06.12.2017 schriftlich anzuerkennen, bis 20.12.2017 mit der Mängelbeseitigung zu beginnen und die Mängel bis 17.01.2018 zu beseitigen. Mit E-Mail vom 03.12.2017 lehnte die Beklagte eine Nacherfüllung ab und berief sich auf Verjährung.
Die Beklagte behauptet, die Verrottungen am Wintergarten seien nicht auf mangelhafte Arbeiten der Beklagten und auch nicht auf einen Feuchtigkeitseintritt vom Bereich des Flachdachs zurückzuführen, sondern vielmehr darauf, dass die von den Klägern selbst hergestellte Terrasse aus Holz völlig unfachmännisch an das Hauptgebäude angeschlossen worden sei. Die Kläger hätten weder die erforderlichen Abdichtungsmaßnahmen ausgebildet noch die erforderlichen Abstände eingehalten, um den konstruktiven Holzschutz zu gewährleisten.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Sie ist der Auffassung, die Mängelrechte der Kläger seien verjährt. Die vierzigjährige Gewährleistungsgarantie für die Konstruktion für Außenwände, Innenwände, Deckenkonstruktion und Dachkonstruktion bedeute lediglich, dass die Bauteile für sich genommen 40 Jahre “aushalten” sollten. Dies sei hinsichtlich aller von der Beklagten verwendeter Konstruktionshölzer der Fall. Die Gewährleistungsfrist für den Dachbelag erfasse lediglich die Ordnungsmäßigkeit der verwendeten Baustoffe, nicht jedoch Ausführungsfehler.
Das Erstgericht hat der auf Vorschusszahlung zur Mängelbeseitigung und Feststellung der Ersatzpflicht über den Vorschussbetrag hinausgehenden Schäden gerichteten Klage überwiegend stattgegeben, wobei es die Ansprüche sämtlich auf die Gewährleistungsgarantie gestützt hat, genauer auf die dort enthaltenen Gewährleistungsfristen betreffend die Konstruktion für Außenwände Innenwände Deckenkonstruktion Dachkonstruktion.
Das Erstgericht legte die Gewährleistungsgarantie als Haltbarkeitsgarantie in der Form aus, dass das Werk der Beklagten die vereinbarte Garantiefrist ohne Mängel oder Schäden an den jeweils genannten Gewerken überstehe. Die Beklagte als Herstellerin des Werks habe eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht zusätzlich zur gesetzlichen Gewährleistung übernommen.
n den Punkten Konstruktion für Außenwände, Innenwände, Deckenkonstruktion, Dachkonstruktion legt das Erstgericht die Reichweite der Gewährleistungsgarantie dahingehend aus, dass sich diese nicht nur auf die “statische Grundkonstruktion” beziehe, sondern jeweils das gesamte Gewerk (so etwa das gesamte Dach) umfasse.
Das Erstgerichts hat sich vom Vorhandensein folgender Mängel überzeugt:
a) Das Flachdach weist aufgrund von Feuchtigkeit hohle Stellen auf und ist nicht fachgerecht abgedichtet. Zum einen fehle es an einer Abdeckungshochführung entlang dem unteren waagerechten Fensterblendrahmen der auf die Dachterrasse hinausführenden Fenster. Der Anschluss sei dort nicht dicht ausgeführt. Ein Maßstab könne in die unverschlossene Fuge eingeführt werden. Zum anderen werde die Anschlusshöhe der Abdichtungshochführung von mindestens 15 cm weder an den Fenstern noch an den Wandhochführungen erreicht. Darüber hinaus sei das obere Ende der Klemmschienen aus Blech nicht regensicher verwahrt und der maximal zulässige Schraubenabstand von 7,5 cm zum Ende der Klemmschiene werde teilweise überschritten. Für sich allein sei die Klemmschiene nicht hinreichend regensicher.
b) Die Außenwand im Bereich der auf die Dachterrasse hinausführenden Fenster ist nicht fachgerecht abgedichtet. Im Bereich der Rollladenführungsschiene fehle eine Abdichtung sowohl zur Fensterleibung als auch zum Fensterblendrahmen. Zwischen der Führungsschiene und dem WDVS-Oberputz der Fensterleibung bestehe ein etwa 2 cm tiefer Spalt. Zwischen Bordstückoberseiten und dem Aufstand des Fensterleibungsputzes bestehe keine Dichtungseinlage.
c) Die Holzkonstruktion des Wintergartens weist Feuchteschäden auf und ist nicht ausreichend durch konstruktive Maßnahmen gegen Feuchte geschützt. Die tragende Holzkonstruktion des Wintergartens in dem Auflager und der Eck-Konstruktionsfuge sei physikalischen Einwirkungen ungeschützt ausgesetzt. Der Fußpunkt müsse so ausgebildet werden, dass die Konstruktion vor Niederschlagswasser geschützt sei. Eine zwischen Holzkonstruktion und Unterkonstruktion bestehende Fuge müsse überdeckt werden, um Feuchtigkeitseintritt zu verhindern, sowie einen wirksamen Tropfüberstand aufweisen. Dies sei hier nicht erfolgt. Die auf die Kellerdecke auflagernden waagerechten Lagerhölzer wiesen deutliche Feuchteschäden auf, das Ständerholz am Fußende sei aufgerissen, der Dichtstoff in den Fugen aufgelöst und die weiße Farbe rissig und teilweise abgelöst. Auch die Kellerwand sei infolgedessen durchfeuchtet. Im Bereich der Festverglasung fehle es an einer fachgerechten Niederschlagsableitung. Der Tropfüberstand der Leichtmetall-Profile reiche nicht aus, um die Holzkonstruktion vor Niederschlagswasser zu schützen. Die Dichtstofffugen seien weder fachgerecht geplant noch ausgeführt.
Im Termin vom 26.07.2022, auf welchen hin das angefochtene Urteil erging, hatte das Erstgericht der Beklagtenpartei eine Stellungnahme zu den im Termin sachverständigenseits genannten DIN-Normen und Regelwerken bis 15.09.2022 erteilt. Mit Schriftsatz vom 15.09.2022 legte der Beklagtenvertreter das Leistungsverzeichnis (als Anlage B 6) vor. Das Vorbringen der Beklagtenpartei zur Leistungsbeschreibung hat das Erstgericht bei der Auslegung der Reichweite der Gewährleistungsgarantie unter Bezugnahme auf § 296a ZPO insgesamt unberücksichtigt gelassen.
Mit ihrer Berufung beantragt die Beklagte,
das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 25.10.2022, Az. 36 O 656/18 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Dabei wendet sich die Beklagtenpartei in erster Linie gegen die vom Erstgericht vorgenommenen Auslegung der Reichweite der Gewährleistungsgarantie. Die Berufung rügt hier zunächst, dass das Landgericht unstreitigen Parteivortrag zum Inhalt der Garantievereinbarung schlicht übersehen habe. Die Voraussetzungen der Präklusion des Vorbringens zum Leistungsverzeichnis gem. § 296a ZPO seien nicht gegeben. Die Beklagte habe auf Seite 1 ihrer Klageerwiderung den Inhalt der Gewährleistungsgarantie nach den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen klargestellt. In der Klageerwiderung habe die Beklagte auch vorgetragen, dass sie ausweislich der Leistungsbeschreibung nichts anderes als eine Gewährleistungsgarantie für die “statische Grundkonstruktion” gewährt habe. Demzufolge sei die Feststellung auf Seite 17 der Entscheidungsgründe, die Beklagte habe “mit Schriftsatz vom 15.9.2022 erstmals” vorgetragen, aus dem Leistungsverzeichnis ergebe sich, dass die Gewährleistungsgarantie sich nur auf die “statische Grundkonstruktion” beziehe, in der Sache falsch. Der Inhalt des Leistungsverzeichnisses sei schon durch das erste Vorbringen der Beklagten Bestandteil des der Entscheidung zugrunde zu legenden Streitstoffs geworden. Es handle sich insoweit auch um unstreitiges Vorbringen. Die Kläger seien selbst im Besitz des Leistungsverzeichnisses. Entgegen ihrer Pflicht aus § 138 ZPO zu vollständigem Vortrag hätten sie dieses nicht zusammen mit den anderen Vertragsunterlagen zu den Akten gereicht. An keiner Stelle hätten sie aber den Vortrag der Beklagten zur Leistungsbeschreibung bestritten. Hätte das Landgericht den Vortrag der Beklagten nicht übersehen, sondern lediglich für unsubstantiiert gehalten, hätte es hierauf hinweisen müssen. Nach feststehender Rechtsprechung hat das Gericht gemäß § 139 ZPO darauf hinzuwirken, dass sich ein Verfahrensbeteiligter über alle erheblichen Tatsachen vollständig erklärt. Demzufolge sei ein Berufungsgrund aufgrund Verstoßes gegen die Hinweispflicht gem. § 139 Abs. 2 ZPO gegeben, wenn das Gericht den bisherigen Sachvortrag als nicht hinreichend substantiiert betrachtet und dies den Parteien nicht mitteilt. Selbstverständlich hätte die Beklagte die Leistungsbeschreibung anderenfalls vor der mündlichen Verhandlung vorgelegt.
Aus der eindeutigen Formulierung im Leistungsverzeichnis auf S. 2 unter Ziff. 2 ergebe sich, dass sich die vierzigjährige Gewährleistungsgarantie nur auf die “statische Grundkonstruktion” und damit ausschließlich auf das Tragwerk bezog. Darauf, dass die Leistungsbeschreibung bereits zum Streitstoff gemacht worden war, komme es jedoch noch nicht einmal an. Auch unabhängig davon ergebe sich im Wege der Auslegung, dass sich die von der Beklagten gewährte Gewährleistungsgarantie lediglich auf das Tragwerk bezog. Die Berufung rügt insoweit einen Verstoß gegen die Auslegungsgrundsätze der §§ 157, 133 BGB.
Ohne die Annahme eines Garantiefalles hätte das Landgericht die Klage infolge Verjährung der Gewährleistungsansprüche abweisen müssen. Das Einfamilienhaus wurde am 16.04.2004 abgenommen. Die Klage wurde im Jahr 2018 erhoben und damit ohne jeden Zweifel nach dem Eintritt der Verjährung gemäß § 634a Nr. 2 BGB.
Die Beklagte wendet sich (vorsorglich) zudem gegen die Feststellung der uneingeschränkten Schadensersatzpflicht in Ziff. 2 des angefochtenen Urteils. Insoweit rügt die Beklagte die rechtsfehlerhafte Ablehnung eines Mitverschuldens der Klagepartei sowie die Verkennung des Inhalts der vereinbarten Garantie. Indem es aus der Vereinbarung nicht nur eine Nachbesserungspflicht abgeleitet habe, sondern auch einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch bezüglich sämtlicher Mangelfolgeschäden, weiche das Landgericht ohne Begründung von der feststehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Verwendung des Wortes “Konstruktion” im allgemeinen Sprachgebrauch ergebe, dass damit die sinnvoll geplante Zusammensetzung mehrerer Baustoffe zu einem funktionstüchtigen Bauwerk gemeint sei. Gerade daran fehle es nach den eindeutigen und wiederholt bekräftigten Darlegungen des Sachverständigen. Im Sinne des vorstehend wiedergegebenen Verständnisses werde der Begriff der Konstruktion regelmäßig auch in der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung verwendet (so OLG Dresden vom 28.7.2016, Az. 10 O 1106/14 – NZB mit Beschluss des BGH vom 21.6.2017 zurückgewiesen, IBR 2017, 569).
8Gerade die Kombination dieser Begrifflichkeiten belege, dass eine Begrenzung auf Standsicherheit und Tragwerk gerade nicht gewollt sein kann, denn es sei bereits allgemein bekannt, dass nicht jede Innenwand einen Beitrag zur Standsicherheit des Gebäudes leiste. Die Berufungsklägerin habe das streitgegenständliche Anwesen schlüsselfertig erstellt. Planung und Ausführung lagen in ihrem Verantwortungsbereich. Die Berufungsklägerin sei verpflichtet gewesen, eine Konstruktion der Außenhülle des Gebäudes zu planen und auszuführen, die ein Eindringen von Feuchtigkeit entsprechend der fachlichen Anforderungen verhindere.
Im Übrigen wird gemäß § 540 ZPO auf die Feststellungen des Ersturteils Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage.
Die nach § 529 ZPO dieser Entscheidung zugrunde zu legenden Feststellungen zu den am Gewerk (Fertighaus) vorhandenen Mängeln rechtfertigen keine Ansprüche aus der beklagtenseits gewährten “Gewährleistungsgarantie”.
1. Die vom Erstgericht erfolgte Auslegung der Reichweite der “Gewährleistungsgarantie” betreffend die “Konstruktion für Außenwände, die Konstruktion für Innenwände, die Deckenkonstruktion sowie die Dachkonstruktion” weist Rechtsfehler auf.
Bei zutreffender Auslegung der “Gewährleistungsgarantie” sind Gewährleistungsansprüche der Kläger in Bezug auf die festgestellten Mängel verjährt, da die “Gewährleistungsgarantie” diese konkreten Mängel nicht umfasst.
a) Zu Unrecht hat das Erstgericht das Vorbringen der Beklagtenpartei zur Leistungsbeschreibung nach § 296 a ZPO unberücksichtigt gelassen. So hätte das Erstgericht das unbestritten gebliebene Vorbringen in der Klageerwiderung berücksichtigen müssen. Die relevante Passage aus der Leistungsbeschreibung ist in der Klageerwiderung wörtlich wiedergegeben (dort S.1 = Bl. 24 d.A.). Unabhängig davon ist das Vorbringen der Beklagtenpartei unter Bezugnahme auf die Leistungsbeschreibung im Schriftsatz vom 15.09.2022 mangels Bestreitens seitens der Klagepartei im Berufungsrechtszug nach § 529 Abs. 2 ZPO zugrunde zu legen (vgl. BGH GS NJW 2008, 3434).
b) Unter Einbeziehung der Leistungsbeschreibung gelangt der Senat im Wege der Auslegung zu dem Ergebnis, dass die vierzigjährige “Gewährleistungsgarantie” betreffend Konstruktion für Außenwände, die Konstruktion für Innenwände, die Deckenkonstruktion sowie die Dachkonstruktion nur die “statische Grundkonstruktion” umfasst.
Was Gegenstand des Bauvertrags bzw. hier des Fertighausvertrages ist, muss im Einzelfall durch Auslegung der Vertragsunterlagen und gegebenenfalls weiterer Absprachen festgestellt werden, wobei nach ständiger Rechtsprechung der Vertrag als sinnvolles Ganzes unter Berücksichtigung aller Vertragsunterlagen nach den §§ 133, 157 BGB auszulegen ist (vgl. BGH, NZBau 2008, 437, 439 m. w. N.; OLG Koblenz, NZBau 2010, 562, 563; KG, NJW 2020, 343 Rn. 24).
Zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört es, dass die Auslegung in erster Linie den von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarung und den diesem zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen zu berücksichtigen hat (vgl. BGH, NJW 2001, 144). Bei der Auslegung dürfen dabei grundsätzlich nur solche Umstände berücksichtigt werden, die bei Zugang der Erklärung dem Empfänger bekannt oder für ihn erkennbar waren (vgl. BGH, NJW 1988, 2878, 2879; BGH, NJW-RR 2007, 529). Zudem darf der Empfänger der Erklärung nicht einfach den für ihn günstigsten Sinn beilegen. Er ist vielmehr nach Treu und Glauben verpflichtet, unter Berücksichtigung aller Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat (vgl. BGH, NJW 2008, 2702 Rn. 30; Grüneberg/Ellenberger, BGB, 84. Auflage 2024, § 133 Rn. 9). Das gilt insbesondere dann, wenn erkennbar eine von zwei möglichen Auslegungen für den Erklärenden wirtschaftlich wenig Sinn macht (vgl. BGH, NJW 2008, 2702 Rn. 30).
Die klägerische Rechtsauffassung, die Verwendung des Wortes “Konstruktion” im allgemeinen Sprachgebrauch “die sinnvoll geplante Zusammensetzung mehrerer Baustoffe zu einem funktionstüchtigen Bauwerk” (vgl. BB S. 3) verbiete ohne eindeutige Erklärung eine Beschränkung dahingehend, nur für die Eignung des Tragwerks bzw. der Statik haften zu wollen, geht am Wortsinn vorbei. So ist ausdrücklich von “statischer Grundkonstruktion” die Rede.
Auch der Einwand, dass gerade die Kombination dieser Begrifflichkeiten (Konstruktion für Außenwände und Innenwände, Dachkonstruktion, Deckenkonstruktion) belege, dass eine Begrenzung auf Standsicherheit und Tragwerk gerade nicht gewollt sein konnte, da es allgemein bekannt sei, dass nicht jede Innenwand einen Beitrag zur Standsicherheit des Gebäudes leistet, greift nicht. Aufgrund der Beschränkung auf die statische Grundkonstruktion scheiden Innenwände ohne entsprechenden statischen Beitrag – wie Innenwände aus Gipskarton – selbstredend aus. Vor allem legt die klägerische Auffassung eine den Klägern einseitig günstige Auslegung zugrunde. Eine solche einseitige Auslegung würde auch zu einer für den Erklärenden (hier Verkäufer/Bauunternehmer) wirtschaftlich wenig sinnhaften überproportionalen Ausdehnung seiner Gewährleistungspflicht führen. So würde die im Vertrag erwähnte reguläre fünfjährige Verjährungsfrist nicht nur um das achtfache auf vierzig Jahre verlängert, sondern inhaltlich bei Lichte besehen nahezu das gesamte Werk umfassen.
Würde man die Sichtweise der Kläger, dass die Beklagte verpflichtet war, eine Konstruktion der Außenhülle des Gebäudes zu planen und auszuführen, die ein Eindringen von Feuchtigkeit entsprechend der fachlichen Anforderungen und eine damit verbundene Beeinträchtigung der Standsicherheit verhindert, weiterverfolgen, so müssten konsequenterweise auch der Dachbelag und die Flachdachfolie, Gesims-, Trauf- und Holzschalung, Fenster samt Rolläden und auch Flaschnerarbeiten einer vierzigjährigen Verjährung unterliegen, da auch diese Gewerke/Bauteile die Grundkonstruktion ebenfalls vor Feuchtigkeit schützen und damit als “bestandserhaltend” anzusehen sind. Eine solche Auslegung wäre aber nicht nur wirtschaftlich bedenklich, sondern findet bereits im Wortlaut keinen Rückhalt. So erfolgte die “Gewährleistungsgarantie” sprachlich betrachtet gerade nicht für die gesamte “Gebäudehülle” o. Ä., sondern wurde auf die “statische Grundkonstruktion” beschränkt. Schon nach dem allgemeinen sprachlichen Verständnis (Grundkonstruktion) liegt insoweit eine einschränkende Konkretisierung vor, die sich auf grundlegende statisch relevante Teile bezieht und damit auf die tragende Grundkonstruktion. Mit einer “Gewährleistungsgarantie” für eine Dachkonstruktion, so wie sie ein Zimmermann herstellt, wird nach einem objektiven Maßstab aus Empfängersicht nichts anderes versprochen als das Einstehenwollen für die Standfestigkeit, die Verwendung der geeigneten Materialien und die fachgerechte Verbindung der Hölzer zu einem belastbaren Tragwerk. Auch der Begriff “Konstruktion für Außenwände” kann nach dem objektiv zu beurteilenden Verständnis auf nichts Anderes als auf das Tragwerk der Holzständerwand bezogen werden. Demgemäß sind bei einer Garantie für die statische Grundkonstruktion gerade nicht die Abdichtung, Fugen oder Schienen und Verblechungen einbezogen.
Auch aus der von den Klägern zitierten Entscheidung des OLG Dresden (Urteil vom 28. Juli 2016 – 10 U 1106/14 -) ergibt sich nichts Gegenteiliges. So stand in dem dortigen Fall die Planung eines Lichtdaches durch einen Architekten im Streit. Der Architekt darf in seiner Planung eines Lichtdaches in der Tat nur eine Konstruktion vorsehen, von der er völlig sicher ist, dass sie den an sie zu stellenden Anforderungen genügt, insbesondere gegen eine – gefahrenträchtige – Abdichtung gegen Feuchtigkeit. Dies ist aber mit der vorliegenden Streitfrage nicht vergleichbar: Die Frage einer mangelhaften Konstruktion des Lichtdachs durch den Architekten kann mit der Frage, wie weit eine Haftung für die statische Grundkonstruktion eines Daches geht, nicht verglichen werden, insbesondere wenn die “Gewährleistungsgarantie” gerade für andere Teilgewerke des Daches – wie ausgeführt – andere Gewährleistungsfristen vorsieht.
c) Die gewährte “Gewährleistungsgarantie” eröffnet darüber hinaus die Frage, ob die Garantiefrist grundsätzlich als Verjährungsfrist, als widerlegliche Vermutung des Vorhandenseins des während der Frist aufgetretenen Mangels bereits bei Gefahrübergang oder aber als Haltbarkeitsgarantie verstanden werden musste.
Diese Frage muss der Senat jedoch angesichts der Feststellungen zu den Mängeln nicht beantworten, weil die Mängel sämtlich bei Gefahrübergang vorlagen und eine Haftung auch bei Auslegung der “Gewährleistungsgarantie” als bloße Regelung zur Verjährungsfrist zu keinem abweichenden Ergebnis käme.
d) Nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen verbleiben keine Zweifel daran, dass die vierzigjährige “Gewährleistungsgarantie” jeweils nur solche Mängel umfasst, die in der statischen Grundkonstruktion des jeweils angeführten Gewerks einschließlich deren Ausführung ihren Ursprung haben.
Hierfür streitet nicht nur der Wortlaut “für die einzelnen Gewerke” in der “Gewährleistungsgarantie, sondern auch die Systematik der Regelung mit einer Abschichtung der Fristen. Andernfalls würde – wie ausgeführt und wiederum den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen folgend – die zeitlich gestaffelte “Garantie” für einzelne Gewerke ihres Sinnes enthoben (so etwa, wenn nach über 30 Jahren eine fehlende Dichtheit des Daches zu Mängeln an der statischen Grundkonstruktion führen würde).
Damit sind die vom Erstgericht festgestellten Mängel betreffend die fehlende Dichtigkeit des Flachdachs ebenso wie diejenigen betreffend die nicht fachgerechte Abdichtung der Außenwand im Bereich der auf die Dachterrasse hinausführenden Fenster nicht von der “Gewährleistungsgarantie” betreffend die Gewerke Konstruktion für Außenwände, Konstruktion für Innenwände, Deckenkonstruktion sowie die Dachkonstruktion erfasst.
Nichts anderes gilt nach Auffassung des Senats für die vom Erstgericht festgestellten Mängel an der Holzkonstruktion des Wintergartens. Diese haben ihre Ursache nicht in einer fehlerhaften bzw. fehlerhaft ausgeführten (statischen) Grundkonstruktion. So beschränken sich die insoweit festgestellten Mängel darauf, dass die Holzkonstruktion des Wintergartens im Bereich des Anschlusspunktes der Außenwand zur Kellerdecke nicht über die baukonstruktiv notwendigen Maßnahmen zur Vermeidung einer Feuchteeinwirkung im Sockelbereich von Wänden in Holzbauweise (Gutachten vom 26.06.2021 unter Ziff. 2.9.4 = Bl. 182 d.A. bzw. unter Ziff. 2.10.1. = Bl. 183 d.A.) verfügt: Es fehlt ein fachgerechter Feuchteschutz der Holzkonstruktion des Wintergartens außen; stattdessen sind die Fugen zwischen dem waagrechten Konstruktionsholz und der senkrecht aufgehenden Stütze lediglich mit dauerelastischem Material versehen worden. Die bereits eingetretene Holzfäule (Gutachten Ziff. 2.12. = Bl. 185 d.A.) ist mithin (denklogisch) nur der nicht fachgerechten Niederschlagsableitung (Gutachten Abb. 06 = Bl. 180 d.A.) und mitnichten der Konzeption und Ausführung der statischen Konstruktion selbst geschuldet. Dies wird darin offensichtlich, dass der Sachverständige für den Senat überzeugend als Problemlösung für den Schutz der Holzkonstruktion des Wintergartens eine Blechabdeckung als Bauteilschutz vorschlägt (vgl. Ergänzungsgutachten vom 19.01.2022, dort auf S. 23 ff., 24 = Bl. 242 ff. d.A., insbes. Skizze S. 24), mithin ein “Zusatz”-Gewerk (Flaschner/Spengler), das nicht der statischen Grundkonstruktion selbst, sondern dessen Schutz dient.
Dafür, dass die statische Grundkonstruktion des Wintergartens mithin dessen Stand- und Tragfestigkeit in Planung bzw. Ausführung selbst mangelbehaftet wäre, ergeben sich weder auf Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen in Gutachten/Ergänzungsgutachten und dessen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 26.07.2022 greifbare Anhaltspunkte noch wurde die statische Ausführung des Wintergartens selbst klägerseits in Frage gestellt.
Auf die Frage, ob der Wintergarten überhaupt von der statischen Grundkonstruktion des Fertighauses erfasst wird, nachdem es sich schlicht um einen – (wie etwa aus Foto Nr. 01 des Gutachtens vom 26.06.2021 = Bl. 141 d.A. ersichtlich) auch nachträglich anbringbaren – Anbau – in gleicher Weise möglich auch an ein Haus in Massivbauweise – handelt, kann damit offenbleiben. Dagegen spricht jedenfalls, dass das Verkaufsargument einer vierzigjährigen Garantie für die Statik eines Fertighauses aus Empfängersicht nur darauf abzielen kann, die (möglichen) statischen Nachteile eines solchen gegenüber Häusern in Massivbauweise aufzufangen.
2. Die festgestellten Mängel betreffend die fehlende Dichtigkeit des Flachdachs sind auch nicht etwa von der Regelung der “Gewährleistungsgarantie” zur Dichtigkeit von “Dachbelag, Betondachplatten und Flachdachfolie” gedeckt. Die Bezugnahme auf die Herstellerangaben für die Länge der Gewährleistungsfrist (20 bzw. 30 Jahre) lässt auch aus der für die Auslegung maßgeblichen Empfängersicht keine Zweifel daran, dass die “Gewährleistungsgarantie” insoweit nur für das Material und gerade nicht für die Ausführung der Abdichtungsarbeiten greifen sollte.