vorgestellt von Thomas Ax
1. Gemäß § 6 Nr. 7 VOB/B 2006 kann jeder
Vertragsteil nach einer länger als drei Monate andauernden Unterbrechung den
Vertrag schriftlich kündigen. Die Kündigung erfordert keine Fristsetzung.(Rn.125)
2. Von einer
Unterbrechung ist auch dann auszugehen, wenn die Leistung zum vorgesehenen
Zeitpunkt nicht begonnen werden kann.(Rn.125)
3. Verzögert sich der Baubeginn, weil es an einer
Baugenehmigung für die geänderte Bauausführung fehlt, hat der Auftragnehmer
Anspruch auf eine Nachtragsvereinbarung, die der Änderung der Bauausführung
sowie der nicht mehr einzuhaltenden Fertigstellungsfrist mit all ihren
Konsequenzen Rechnung trägt.(Rn.127)
4. Bis zur Klärung der Vertragsanpassung ist es
Auftragnehmer unzumutbar, mit irgendwelchen Arbeiten zu beginnen.(Rn.128)
5. Fordert der Auftraggeber gleichwohl die „vollumfängliche“
Erfüllung des Bauvertrages, ohne dass die zur Überwindung der Bauunterbrechung
notwendige Vertragsanpassung erfolgt ist, berechtigt dies den Auftraggeber zur
Kündigung gemäß § 9 Nr. 1 Buchst. a VOB/B 2006.(Rn.132)
Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt 1. Zivilsenat
|
Entscheidungsdatum:
|
05.04.2016
|
Aktenzeichen:
|
1 U 115/15
|
Gründe
I.
Randnummer1
Der Kläger war einziger Kommanditist der P. GmbH & Co.
KG (im Folgenden Gesellschaft) und alleiniger Gesellschafter der
Komplementärin, Solarpark A. GmbH. Wegen der Einzelheiten der
gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse wird auf die Anlagen B1 und B2 Bezug
genommen. Über die Gesellschaft hatte der Kläger vor, auf einem ehemaligen
Deponiegelände in M. eine Photovoltaikanlage errichten zu lassen. Hierzu trat
die Gesellschaft im Juni 2009 an die Beklagte zu 1. heran, bei deren
Komplementärin es sich um die Beklagte zu 2. handelt.
Randnummer2
Die Beklagte zu 1. sollte die Photovoltaikanlage in den
hierfür notwendigen vier Monaten bauen. Die Beklagte zu 1. gab hierzu am
25.6.2009 zwei sog. Proforma-Angebote AN-20000519 und AN 20000520 nebst
Kraftwerksschemata mit Maximalleistungen von 4.102,92 kWp und 3.809,295 kWp ab
(Anlagen B12 und B13). In beiden Angeboten heißt es:
Randnummer3
“Bei Bau der Anlage ab Anfang August 2009 erfolgt die
Fertigstellung Ende November 2009 spätestens jedoch Einspeisung der gesamten
Anlage 31.12.2009”.
Randnummer4
Hierauf kam es der Gesellschaft bzw. dem Kläger an, da im
Jahr 2010 die durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geregelte
Mindestvergütung des Solarstroms durch die Netzbetreiber sinken sollte. Die
notwendige Baugenehmigung war zu diesem Zeitpunkt bereits durch die
Gesellschaft, deren Projektleitung das Ingenieurbüro St. übernommen hatte,
beantragt.
Randnummer5
Als Zahlungsbedingungen sahen die Angebote 15% Vorauszahlung
bei Auftragsbestätigung und 15% Vorauszahlung bei Lieferbereitschaftsanzeige,
Rest nach Baufortschritt und Teilabnahmen vor. Dies zu akzeptieren war die
Gesellschaft nicht bereit. Die Beklagte zu 1. wollte allerdings ebenso wenig in
Vorleistung treten. Die Parteien konnten die Bonität des jeweils potentiellen
Vertragspartners nicht einschätzen.
Randnummer6
Die Beklagte zu 1. beauftragte ihrerseits einen Fachplaner,
den Zeugen R. V. , als Subunternehmer mit der technischen Auslegung des
Grundstücks für die beabsichtigte Anlage und mit der Überprüfung der bisherigen
Pläne. Der Zeuge stellte sich auf den Standpunkt, dass die im Bauantrag
vorgesehene Statik der Fundamente die auf dem Deponiegelände anzutreffenden
Hangrutschkräfte nicht ausreichend berücksichtigte, sodass die geplanten
Streifenfundamente unzureichend seien. Man empfahl der Gesellschaft zu gießende
Plattenfundamente, was in der Sache allgemeine Billigung erfuhr. Es war in
dieser Beziehung ebenso klar, dass die zur Baugenehmigung eingereichte Planung
mit dieser Entscheidung eine Änderung erfahren bzw. eine bereits erteilte
Baugenehmigung angepasst werden musste. Hierüber sprach man am 1.7.2009 in W.
und einigte sich auf die Verwendung anderer Modulfundamente und –tische.
Gleichwohl übersandte das Ingenieurbüro St. am 10.7.2009 dem Zeugen V. die
statische Berechnung der ursprünglich geplanten Fundamente und Gestelle (K40).
Randnummer7
Am 13.7.2009 schlossen die Gesellschaft und die Beklagte zu
1. einen Werkvertrag über die Herstellung einer Solarstromanlage auf dem
Gelände der Deponie A. in M. mit einer Leistung von 3.807 kWp (K2 – I/23-31).
Obwohl der Vertrag in § 1 Nr. 2 vorsah, dass sämtliche in Nr. 1
vorgesehenen Anlagen beizufügen und zu unterzeichnen waren, fehlte zumindest
die Anlage 6 “Akkreditiv”. Vom vereinbarten Festpreis sollten jeweils
ca. 1/3 nach Fertigstellung und Netzanschluss eines
Megawatts nebst Teilabnahme auf Grund prüffähiger Rechnungen der Beklagten zu
1. fällig werden. In § 3 “Höhe und Fälligkeit der Vergütung”
findet sich in Nr. 6 folgende Vertragsbestimmung:
Randnummer8
“Nach Vertragsabschluss erhält der Auftragnehmer ein
Akkreditiv über die anfängliche Gesamtvergütung. Die Höhe verringert sich
ratierlich entsprechend der geleisteten Zahlungen. Wegen der Einzelheiten wird
auf die Anlage 5 verwiesen”.
Randnummer9
Gemäß § 4 Nr. 1 S. 1 des Vertrages war die
Solarstromanlage bis zum 30.11.2009 abnahmefähig herzustellen. Überschreitungen
des Fertigstellungstermins, auf dessen Wichtigkeit in § 4 Nr. 1
ausdrücklich hingewiesen wurde, waren vertraglich sanktioniert (vgl. § 5).
§ 9 Nr. 1 des Vertrages sah für den Fall vereinbarter Änderung an
Planung und/oder Spezifikation einen Nachtrag vor.
Randnummer10
Die zum Vertrag gehörende Funktionsbeschreibung vom
13.7./20.7.2009 führt eingangs aus (K11 – I/49 ff.):
Randnummer11
“…Die Funktionsbeschreibung beinhaltet auch die
Festlegungen der Bietergespräche und hieraus folgende Detailfestlegungen:
Randnummer12
…Bei der Angebotserstellung sind durch den Angebotsersteller
nachstehende Kenndaten des Grundstücks bzw. Vorgaben des Bauherrn
berücksichtigt.
Randnummer13
Das Angebot beinhaltet die Planung und Errichtung der
gesamten Anlage unter Berücksichtigung der nachstehenden Vorgaben bzw. Hinweise
zum Baugrundstücke…
Randnummer14
– Durch die FA. O. (= Beklagte zu 1.) wird eine PV-Sol
Berechnung unter Zugrundelegung der vorgenannten Komponenten (SMA
Wechselrichter Typ 630 HE) erstellt.
Randnummer15
– Erstellung aller Gründungsbauteile, inkl. Erstellung der
Statischen Berechnung. …
Randnummer16
– Die Photovoltaik-Anlage muss in 2009 an das öffentliche
Netz angeschlossen werden…”.
Randnummer17
Mit der ursprünglich geplanten Gründung der Anlage befasste
sich der Prüfbericht der G. mbH (G. ) vom 9.7.2009 (K38). Darin wurde die
Gründung als geotechnisch ausreichend bezeichnet. Das betraf auch die
ausreichende Sicherheit gegen Gleiten. Der Prüfbericht des Prüfingenieurs H.
vom 16.7.2009 äußerte in statischer Hinsicht keine Bedenken gegen die
Ausführung mit Fertigteilstreifenfundamenten (K39). Das Ingenieurbüro St.
übersandte dem Zeugen V. am 14.7.2009 den Prüfbericht der G. . In der E-Mail
(K41) heißt es u.a.:
Randnummer18
“… wie soeben besprochen übersende ich Ihnen als Anhang
die‚ geotechnische Beratung‘ der Fa. G. . Sollten Sie eine andere Gründung
vorsehen wie die geplante und Ihnen zugesendete, ist diese mit dem Bauherren
und Herrn K. von G. abzustimmen. Die zulässige Einbindetiefe ins Erdreich ist
ebenfalls mit G. abzustimmen…
Randnummer19
Weiter bitten wir bei der Erstellung der Modultischpläne
bzw. der Ausführungsplanung nachstehende Punkte zu beachten …”.
Randnummer20
Am 27.7.2009 wandte sich die Beklagte zu 1. an den Kläger
(B22). Es ging um die Bestellung der Module und deren Lieferzeiten. Die
Beklagte zu 1. wies auf eine immer kritischer werdende Situation mit Blick auf
die Lieferzeiten (und den Preis) hin. Bei den wichtigsten Lieferanten sei ein
Akkreditiv angekündigt und von diesen auch akzeptiert. Die E-Mail endete mit
der Frage, wie weiter verfahren werden solle.
Randnummer21
Dem ließ die Beklagte zu 1. eine an den Kläger und die
Geschäftsführerin der Gesellschaft gerichtete E-Mail vom 29.7.2009 folgen
(B21). Dort heißt es:
Randnummer22
“…ich sitze gerade mal wieder vor den Unterlagen zu A.
. Wir haben momentan wieder eine schwebende Situation. Einerseits haben Sie
eine Exitmöglichkeit aus dem Werkvertrag, andererseits müssen wir bis Ende
November errichtet haben.
Randnummer23
Ich kann derzeit aber keine Ware bestellen, da die
Finanzierung noch nicht steht. Wir haben die Ausstellung eines Akkreditivs
vereinbart und den Moduleinkauf gemeinsam abzuwickeln. Folgende Entscheidungen
müßten nun kurzfristig getroffen werden bzw. Fragen müssen beantwortet werden:
Randnummer24
1) Modulbestellung:
Randnummer25
Die angebotene Ware ist nicht reservierbar und überall wird
jetzt Ware geordert, da der Knoten zu platzen beginnt. Wir müssen nun
bestellen…
Randnummer26
2) Lieferzeiten der Komponenten:
Randnummer27
Ich werde täglich über die Lieferzeiten informiert und
stelle fest, daß sie täglich länger werden. …
Randnummer28
3) Fertigstellung:
Randnummer29
Wir haben die Fertigstellung der Anlage bis 30.11.2009
vereinbart. Dies vor dem Hintergrund, Anfang August mit dem Bau zu beginnen.
Ist das noch realistisch?
Randnummer30
4) Wie ist der Stand bzgl. der Baugenehmigung?
Randnummer31
5) Gutachten:
Randnummer32
Frau J. ist bereits am Arbeiten und hat alle notwendigen
Info’s bekommen. Den neuen Aufstellungsplan benötigt sie hierfür nicht. Frau J.
hat aber noch keinen Auftrag. Den erwartet sie von mir. Ich brauche
hierfür aber dringend Ihre Freigabe! …
Randnummer33
6) Finanzierung:
Randnummer34
Bis wann ist realistischerweise mit dem Akkreditiv zu
rechnen? Wir können doch erst nach Erhalt des Dokumentes scharf stellen.
Randnummer35
Herr B. (Geschäftsführer der Beklagten zu 1. – der Senat)
ist ab Montag im Urlaub (14 Tage), wir sollten diese Fragen daher schnell
klären…”.
Randnummer36
Der Zeuge V. fertigte auf der Grundlage der vorgesehenen
Gründung mit Plattenfundamenten einen Modulaufstellungsplan (B14a). Diesen Plan
übergab die Beklagte zu 1. anlässlich eines ersten Baustellentermins am
11.8.2009 an das Ingenieurbüro St. . Die Einzelheiten zu diesem Treffen vor Ort
sind zwischen den Parteien streitig.
Randnummer37
Die Baugenehmigung zum ursprünglich vorgesehenen Vorhaben,
vorgelegt durch D. R., wurde am 12.8.2009 unter Auflagen erteilt (K10 –
I/44-48).
Randnummer38
Am 24.8.2009 schrieb der Geschäftsführer der Beklagten zu 1.
dem Kläger (B20):
Randnummer39
“…ich möchte mich aus meinem Urlaub zurückmelden und
leider schon mit unangenehmen Nachrichten aufwarten. Ich war eigentlich nach
meiner Mail vom 30.07. der Meinung, dass wir wie geplant Angang August auf der
Baustelle beginnen können. Jetzt ist es Ende August und die Baustelle kann
nicht mal eingerichtet werden.
Randnummer40
Ich konnte bis jetzt meinen Bautrupp durch Urlaubsabbau und
Restarbeiten beschäftigen, ab nächstem Monat stehen die weitestgehend ohne
Arbeit da, da ich neben unserem Großprojekt in TBB und Ihrem keine weiteren
angenommen habe.
Randnummer41
Davon abgesehen, dass wir bereits von SMA die Information
bekommen haben, dass sich die Lieferzeit auf bis zu 10-12 Wochen verlängern
kann. Was wiederum bedeutet, dass auch meine Leute in der Fertigung ohne
Beschäftigung dastehen.
Randnummer42
Hierdurch entstehen uns nicht unerhebliche Kosten und die
komplette Planung ist in Frage gestellt.
Randnummer43
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich nicht 40-50
Mitarbeiter grenzenlos bereithalten kann. Wir wirken schon bei den Lieferanten
unglaubwürdig und wenn ich ehrlich bin habe ich bereits heute, trotz des guten
Eindrucks in Sie und Ihren Mitarbeitern, den Glauben an die Realisierung des
Parks verloren.
Randnummer44
Das Gießen von hunderten von Fundamenten mit
Trocknungszeiten, das Montieren von Gestellen und Modulen und Vorfertigen von
Schaltschränken ist bei der Größe des Projektes nicht in einer Woche zu
schaffen.
Randnummer45
Ich möchte Sie bitten mir mitzuteilen, bis wann mit einem
fixen Baubeginn (das heißt auch das Vorliegen sämtlicher vertraglich
festgelegter Vereinbarungen) zu rechnen ist…”.
Randnummer46
Die Parteien traten anschließend oder bereits davor in
Nachtragsverhandlungen ein, die der Kläger (für die Gesellschaft) über seinen
Rechtsanwalt S. aus E. führen ließ.
Randnummer47
Anfang September 2009 wurde der Beklagten zu 1. vom
Rechtsanwalt des Klägers ein erster Entwurf übermittelt. Mit diesem Entwurf war
die Beklagte zu 1. aus einer Vielzahl von Gründen teilweise nicht
einverstanden, was in einer E-Mail vom 11.9.2009 gegenüber Herrn S. , dem
Kläger und der Gesellschaft zum Ausdruck gebracht wurde (B15). Im Kern ging es
um die Bestellungen, Zahlungen und Sicherheiten.
Randnummer48
Am 28.9.2009 trafen sich die Vertragsparteien in B. zu einem
Gespräch. Auch hierzu sind die Einzelheiten streitig. Von der Beklagten zu 1.
wurde jedoch zumindest das immer noch nicht vorliegende Akkreditiv
angesprochen.
Randnummer49
Die Gesellschaft übermittelte der Beklagten zu 1. daraufhin
mit E-Mail vom 30.9.2009 (16:35 Uhr) einen ersten Akkreditiventwurf der Bremer
Landesbank mit der Bitte um Prüfung, um so über das Einverständnis oder
Änderungen die endgültige Ausstellung betreiben zu können (K7 – I/37-40). Die
beigefügte Ausführungsanzeige stellte auf die vertragliche Fälligkeitsregelung
ab und sah für die Auszahlung der Vergütungsteile u.a. jeweils unterzeichnete
Rechnungen und von den Geschäftsführern der Gesellschaft sowie einem Vertreter
der Stadtwerke M. unterschriebene Fertigstellungsanzeigen mit Fertigstellungs-
und Abnahmebestätigung vor. Darüber hinaus waren Abzüge für
Terminüberschreitungen und Unterschriftsproben vorgesehen.
Randnummer50
Die Beklagte zu 1. lehnte ab, was sie der Gesellschaft
wenige Minuten später um 16:52 Uhr per E-Mail mitteilte (K8 – I/41). Neben der
Beanstandung der falschen Firmenbezeichnung der Beklagten zu 1. erklärte ihr
Geschäftsführer gegenüber der Geschäftsführerin der Gesellschaft:
Randnummer51
“…2. Fertigstellungsanzeige ist so nicht akzeptabel.
Mit dieser zeigen wir an, dass wir fertiggestellt haben. Wenn wir
fertiggestellt haben muß ich sichergestellt haben, dass ich auch die
Vorlieferanten bezahlen kann.
Randnummer52
Das hat mit den Stadtwerken M. nichts zu tun, das wäre die
Einspeisebereitschaftsanzeige.
Randnummer53
Das Akkreditiv, das Ihre und Herrn B. s Unterschrift zur
Auszahlung benötigt, ist keine valide Zahlungsabsicherung. Wenn Sie aus welchem
Grund auch immer die Unterschrift verweigern steht das Projekt, weil keiner der
Vorlieferanten mehr liefert oder in Betrieb nimmt.
Randnummer54
3. Fertigstellungstermin bis zum ist leer, hier wird sicher
nicht der 31.12. stehen. Wie im Vertrag festgehalten verschiebt sich ja auch
die Bonus/Malus Regelung entsprechend.
Randnummer55
4. Kosten für das Akkreditiv übernehmen wir nicht.
Randnummer56
Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir auch gestern keinen
Fertigstellungstermin zugesagt haben. Wir haben vereinbart, die Verfügbarkeit
und die Machbarkeit zu prüfen, wenn wir das Akkreditiv vorliegen haben. Hierbei
haben wir detailliert erörtert, was die Risiken des Projektes sind…”.
Randnummer57
Dem folgte am 3.10.2009 eine Behinderungsanzeige der
Beklagten (B14e). Als behindernde Umstände für den Beginn der Arbeiten gab die
Beklagte an:
Randnummer58
“… 1. Es liegen nach wie vor aufschiebende Bedingungen
vor.
Randnummer59
2. Es liegt uns keine Bestätigung einer Bank vor, dass eine
Finanzierung zustande gekommen ist.
Randnummer60
3. Die vertraglich zugesagten Akkreditive zur
Zahlungsabsicherung liegen uns nicht vor.
Randnummer61
4. Die geänderte Baugenehmigung und Prüfstatik wie beim
Vor-Ort-Termin besprochen liegen uns nicht vor.
Randnummer62
Bedingt durch Lieferbereitschaft von Vorlieferanten und
Subunternehmern, sowie der zu erwartende Witterung und die Baubedingungen auf
einer Mülldeponie, verschiebt sich der vereinbarte Fertigstellungstermin und
die Bonus/Malus Regelung nach § 4 Abs. 2 und 5 unseres Vertrages. Das
wurde ausgiebig anlässlich unseres Treffens in B. am 28.9.2008 erörtert…. Wegen
der genannten Hindernisse haben wir unsere Planungen und Beauftragungen von
Vorlieferanten und Subunternehmern eingestellt und bitten im Fall der Hindernisbeseitigung
um Mitteilung …”.
Randnummer63
Am 7.10.2009 sprachen der Rechtsanwalt des Klägers bzw. der
Gesellschaft und die Beklagte zu 1. über die weitere Durchführung des
Vertrages. Man nahm eine Nachtragsvereinbarung in Aussicht. Den wesentlichen
Inhalt des Gesprächs fasste Rechtsanwalt S. gegenüber der Beklagten zu 1. im
Schreiben vom 8.10.2009 (K15 – I/56/57) zusammen. Danach sollte der
Fertigstellungstermin auf den 31.3.2010 verschoben werden. Die Beklagte zu 1.
war nicht mehr zur Beschaffung der Module verpflichtet. Unter Anpassung des Preises
erfolgte deren Bereitstellung “bauseits”. Die Sanktion verspäteter
Fertigstellung (Bonus-Malus-Regelung) entfiel. Darüber hinaus war beabsichtigt,
alle weiteren strittigen Punkte im Nachtrag abschließend zu regeln. Kurzfristig
werde der Beklagten zu 1., so Rechtsanwalt S. , ein Vorschlag für den
Vertragsnachtrag zugehen.
Randnummer64
Die Beklagte zu 1. bekundete am Folgetag ihr grundsätzliches
Einverständnis (K16 – I/58/59) und übersandte dem Ingenieurbüro St. am
15.10.2009 einen Bauzeitenplan (K42).
Randnummer65
Der Geschäftsführer der Gesellschaft wandte sich mit E-Mail
vom 16.11.2009 an die Beklagte zu 1. mit der Bitte um Kontaktaufnahme. Es ging
ihm um die Fertigstellung bis zum 31.3.2010. Hierzu müsse auch nach Wegfall der
Module ein Nachtrag vereinbart werden, der für beide Seiten realisierbar sei.
Außerdem müsse die vorliegende Baugenehmigung geändert und die Finanzierung
angepasst werden (B17).
Randnummer66
Dies nahm die Beklagte zu 1. am 17.11.2009 zum Anlass, um
bei Rechtsanwalt S. anzufragen, mit wem man denn nun verhandeln solle. Außerdem
sei nicht erklärlich, wieso im Nachtrag doch wieder die Abwicklung per
Akkreditiv auftauche, obwohl der Geschäftsführer der Beklagten zu 1. einen
Zahlungsplan haben wolle, was unwidersprochen geblieben sei. Abschließend heißt
es in der E-Mail (B17):
Randnummer67
“…Wir könnten noch dieses Jahr beginnen, möchten dies
also nun endgültig geklärt wissen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, daß wir
das mit einem Ansprechpartner klären möchten um schneller voran zu
kommen…”.
Randnummer68
Der Entwurf eines Vertragsnachtrages ging der Beklagten zu
1. von Rechtsanwalt S. am 19.11.2009 (K17 – I/60; B16) zu. Die Module wurden
aus dem Leistungsprogramm der Beklagten zu 1. herausgenommen. Mit den Arbeiten
sollte beim Vorliegen der geänderten Baugenehmigung und eines Akkreditivs
begonnen werden. § 4 enthielt nunmehr einen Zahlungsplan unter Stellung
einer Vorauszahlungsbürgschaft durch die Beklagte zu 1. Die
Vertragsbestandteile wurden klargestellt und man war sich über die Änderung der
Baugenehmigung einig, die von der Gesellschaft in Abstimmung mit der Beklagten
zu 1. nebst deren Zuarbeit beizubringen war. Rechtsanwalt S. bat um
kurzfristige Rückäußerung.
Randnummer69
Am 23.11., 26.11. und 1.12.2009 wandte sich Rechtsanwalt S.
an die Beklagte zu 1. mit Fragen zum Nachtragsentwurf und zum weiteren Ablauf
sowie mit der Bitte um Zuarbeiten und Rücksprachen (K18-20 – I/61-63). Dies
gipfelte in dem Vorwurf des unkooperativen Verhaltens und dem Inaussichtstellen
von Regressansprüchen. Zumindest am 2.12.2009 äußerte sich die Beklagte zu 1.
(K21-I/64) und verwies auf die immer noch offene Vertragslage,
Nachverhandlungsversuche des Klägers, nicht zu billigende zusätzliche Leistungen
(Hr. St. ) und die noch immer nicht sichergestellte Finanzierung. Unter diesen
Umständen könne die Beklagte zu 1. nicht mit der Ausführung beginnen.
Randnummer70
Dem ließ die Gesellschaft eine Abmahnung folgen (K22 –
I/65-67). Der Beklagten zu 1. wurde vorgehalten, eine ernsthafte Mitwirkung am
Abschluss des Vertragsnachtrages zu verweigern. Das betreffe vor allen Dingen
auch die abgesprochene Kostenbeteiligung der Beklagten zu 1. an der notwendigen
Änderung der Baugenehmigung. Die an Herrn St. nicht gelieferten Zuarbeiten der
Beklagten ließen einen ändernden Bauantrag nicht zu, was weiter zu
Verzögerungen führe. Es sei zudem nicht ersichtlich, woran der Baubeginn scheitere.
Falls die Beklagte zu 1. nicht zum Vertrag zurückkehre, müsse sie mit einer
Kündigung rechnen. Der Beklagten zu 1. wurde eine Frist zur Rückantwort bis zum
8.12.2009 gesetzt.
Randnummer71
Die Beklagte zu 1. erwiderte mit einem Fax vom 8.12.2009 (K6
– I/36):
Randnummer72
“…bezugnehmend auf Ihr Schreiben von gestern, weisen
wir die Abmahnung entschieden zurück. Wie Sie wissen haben wir bereits am
24.08.2009, am 04.09.2009 und erneut am 04.10.2009 Behinderungsanzeige
gestellt.
Randnummer73
– Wir haben keine abweichende Anordnung der Modultische
vorgesehen. Die Änderung der Ausführung der Fundamentierung ergab sich aus
technischer Notwendigkeit und wurde gemeinsam beim Vor-Ort Termin vereinbart.
Dies führte dazu, dass die Baugenehmigung geändert werden muß. Sämtliche
Informationen die Herr St. hierzu benötigt wurden von uns mitgeteilt.
Randnummer74
– Die Behauptung Ihrer Mandantin, wir hätten Mails nicht
ordnungsgemäß beantwortet widersprechen wir ebenso, wie der Behauptung wir
hätten die ernsthafte Mitwirkung am Abschluss des Vertragsnachtrages
verweigert. Ich habe nicht nur persönlich mit Ihnen den Nachtrag verhandelt,
sondern Ihnen auch per Mail mitgeteilt, dass der Nachtrag nach Ihrem Urlaub mit
kleinen Anpassungen so unterschrieben werden kann.
Randnummer75
– Die Behinderung ergibt sich aus den bereits in den
Behinderungsanzeigen erwähnten Gründen.
Randnummer76
…In Bezug auf § 6.7 werden wir unsererseits den Vertrag
kündigen, sollten die Behinderungsgründe nicht bis heute abend 8.12.09
beseitigt sein …”.
Randnummer77
Das beantwortet die Gesellschaft noch am gleichen Tag (K23 –
I/68-72):
Randnummer78
“…nach Ihrem Fax von heute Vormittag gehen wir nicht
davon aus, dass ein Vertragsnachtrag noch erreicht werden kann. Sie ließen und
lassen jede Kooperation vermissen. Es soll daher beim Werkvertrag vom
13.07.2009 bleiben, der von Ihnen vollumfänglich zu erfüllen ist. In der Anlage
übersenden wir Ihnen daher noch einmal einen aktuellen Entwurf eines
Akkreditivs der Bremer Landesbank und bitten um Mitteilung, ob dieser so
akzeptiert wird. Das Akkreditiv entspricht insoweit den vertraglichen
Vereinbarungen im Werkvertrag vom 13.07.2009, insbesondere in Hinblick auf dort
vereinbarte Teilabnahmen. Erst danach wird die Vergütung fällig. Mehr muss
unsere Mandantin auch nicht im Akkreditiv gewähren. Sofern Sie den Entwurf
akzeptieren, wird die Bremer Landesbank umgehend ein entsprechendes Akkreditiv
eröffnen. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Stellung dieses
aktuellen Entwurfs kein Präjudiz dafür darstellt, dass Ihnen in der
Vergangenheit kein vertragskonformes Akkreditiv zur Verfügung gestellt wurde.
Ihre diesbezüglichen Behinderungsanzeigen werden nochmals ausdrücklich
zurückgewiesen. Wir bitten um Mitteilung bis zum 09.12.2009, 14:00 Uhr ob
dieser Entwurf durch Sie akzeptiert wird. Gleichzeitig bitten wir um
Mitteilung, wann Sie mit den Arbeiten beginnen und wann diese beendet werden.
Wegen Eilbedürftigkeit ist eine längere Fristsetzung nicht möglich…”.
Randnummer79
Die Beklagte zu 1. widersprach und kündigte den Vertrag vom
13.7.2009 “auf Basis von § 9.1 a. VOB/B wegen Annahmeverzuges”
(K4 – I/34). Die Gesellschaft wies die Kündigung mit Schreiben vom 9.12.2009
zurück und erklärte ihrerseits die außerordentliche Kündigung des Werkvertrages
(K5 – I/35).
Randnummer80
Der Kläger verlangt im vorliegenden Rechtsstreit nach
endgültigem Scheitern des Projektes, Auflösung der Gesellschaft und am
27.12.2012 erfolglos bei der Öffentlichen Rechtsauskunfts- und Vergleichsstelle
der Freien und Hansestadt Hamburg eingeleitetem Güteverfahren (vgl. Anlagen
K31, K32 – I/97/98) aus abgetretenem Recht (vgl. K1 – I/22) Schadensersatz
wegen entgangenen Gewinns in Millionenhöhe, von dem er einen Teilbetrag von
500.1 EUR erstinstanzlich geltend gemacht und hierzu behauptet hat:
Randnummer81
Das Scheitern des Vertrages und des Projektes der
Solarstromanlage beruhe allein auf dem Verschulden der Beklagten zu 1., für
deren Schadensersatzverbindlichkeit die Beklagte zu 2. als Komplementärin
hafte. Die Beklagte zu 1. sei nie wirklich am Fortgang des Vorhabens
interessiert gewesen, weil sie sich bei den von ihr angenommenen Aufträgen
übernommen habe. Stattdessen habe die Beklagte zu 1. mit verschiedenen Mitteln
das Bauverhoben verzögert und letztlich torpediert. Nichts habe einem
sofortigen Baubeginn nach Erteilung der Baugenehmigung am 12.8.2009
entgegengestanden. Insbesondere sei der Beklagten zu 1. vorzuwerfen:
Randnummer82
o Ohne technische Notwendigkeit habe sie zur Verringerung
ihres Aufwandes die geplante Gründung von Streifenfundamenten auf
Plattenfundamente geändert, weshalb eine Änderung der erteilten Baugenehmigung
erforderlich gewesen sei. Die hierzu notwendigen Unterlagen (statische
Berechnung, geänderter Modulaufstellungsplan) habe die Beklagte zu 1. nicht
erstellt bzw. erstellen lassen, obwohl sie hierzu nach dem Vertrag (siehe u.a.
die Funktionsbeschreibung) verpflichtet gewesen sei. Außerdem habe die Auftragnehmerin
dem Ingenieurbüro St. nicht die für die Änderung des Bauantrages notwendigen
Unterlagen und Zuarbeiten (u.a. Gründungsart und Gesamtgewichte der
Trafostationen; statische Berechnung der Modultische mit Angabe der
Auflagekräfte, Protokolle der Abstimmung mit der G. zur maximalen Bodenpressung
und zur Einbringtiefe der Gründung der Modultische im Plateau und Hangbereich,
Bestätigung des Lageplans vom 4.8.2009 oder Übersendung eines überarbeiteten
Planes) zur Verfügung gestellt, obwohl der Zeuge St. dies mehrfach am 20.11.,
30.11. und 2.12.2009 (K12-K14 – I/52-55) und zuvor telefonisch verlangt habe.
Randnummer83
o Die in der erteilten Baugenehmigung als Auflage
vorgesehene Beschreibung der Bauausführung habe die Beklagte zu 1.
pflichtwidrig nicht erstellt. Denn auch dieser Punkt sei sinnvollerweise mit
der von der Beklagten zu 1. veranlassten Planänderung auf diese übergegangen.
Randnummer84
o Entgegen ihrer vertraglichen Pflicht habe die Beklagte zu
1. das von der Gesellschaft ordnungsgemäß zur Verfügung gestellte, also die
vereinbarten Fälligkeitsvoraussetzungen nachzeichnende Akkreditiv nicht als
ordnungsgemäße Zahlungssicherheit akzeptiert.
Randnummer85
o Die von der Beklagten zu 1. im September 2009 initiierte
Vertragsanpassung, insbesondere zu den Zahlungsmodalitäten und zur Übernahme
des Modulerwerbs durch die Gesellschaft, welche zu dem abgestimmten Entwurf vom
19.11.2009 (B16) geführt habe, sei grundlos abgebrochen worden.
Randnummer86
Die Verzögerungen der Beklagten zu 1. seien dafür
ursächlich, dass die Anlage nicht mehr am 31.12.2009 habe an das Stromnetz
angeschlossen werden können. Dies sei jedoch unbedingte Voraussetzung für einen
wirtschaftlichen Betrieb gewesen. Selbst der Fertigstellungstermin 31.3.2010
hätte zum Zeitpunkt der Kündigung der Beklagten zu 1. nicht mehr gehalten
werden können. Der Kläger habe sich deshalb für die Aufgabe und den Verkauf des
Projektes (für 300.000 EUR) entscheiden müssen. Die Bremer Landesbank als finanzierendes
Geldinstitut habe die ursprüngliche Finanzierungszusage für das Projekt bei
Errichtung durch einen anderen Generalunternehmer im Jahr 2010 aus
Risikogründen (höhere Errichtungskosten bei Wechsel des Unternehmers und
geringere Einspeisevergütung im Jahr 2010) nicht mehr aufrechterhalten.
Randnummer87
Die durch den Projekterwerber an gleicher Stelle errichtete
Anlage sei mit der hier geplanten nicht zu vergleichen, sodass sich hieraus
jeder Rückschluss auf die Machbarkeit des Projektes verbieten würde.
Randnummer88
Den auf entgangenen Gewinn gerichteten Schadenersatzanspruch
habe der Kläger als letzten Vermögensgegenstand in Vollmacht der Gesellschaft
am 16.12.2010 auf sich übertragen (K1 – I/22). Bei fristgerechter Errichtung
der Anlage sei die Gesellschaft bis zum Jahr 2039 in der Lage gewesen, einen
Gewinn von 7.597.551 EUR zu erzielen, der bei Wahrung der Frist 31.3.2010 immer
noch 5.567.170 EUR betragen hätte (vgl. Wirtschaftlichkeitsberechnungen der F.
GmbH vom 13.12.2012 und 1.6.2015 – K30, K59 – I/88-96, III/23-34).
Randnummer89
Der Kläger hat in erster Instanz zuletzt beantragt,
Randnummer90
die Beklagten zu verurteilen, an ihn als Gesamtschuldner
500.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Randnummer91
Die Beklagten haben beantragt,
Randnummer92
die Klage abzuweisen.
Randnummer93
Sie haben die Abtretung des Schadensersatzanspruches und
deren Wirksamkeit bestritten. Dem Kläger habe zumindest die notwendige
Vertretungsmacht bzw. Befugnis zur Übertragung der Forderung gefehlt.
Randnummer94
Außerdem sei ein Schadensersatzanspruch mit Ablauf des
31.12.2012 verjährt (Zustellung des Güteantrages erst am 23.5.2013 und damit
nicht mehr “demnächst”).
Randnummer95
Soweit sich der Kläger auf die Verletzung von
Vertragspflichten durch die Beklage zu 1. berufe, fehle es hierfür mangels
Einigung bereits an der notwendigen vertraglichen Grundlage.
Randnummer96
Die Beklagte zu 1. sei ferner auf Grund des ausgebliebenen
Beginns des Bauvorhabens zur Kündigung berechtigt gewesen. Sie habe mangels
Baugenehmigung nicht mit der Errichtung der Anlage beginnen können. Die von der
Gesellschaft ursprünglich vorgesehene Gründungsvariante sei angesichts der
speziellen Verhältnisse einer Deponie nicht ausreichend gewesen. Deshalb habe
die Beklagte zu 1. Bedenken angemeldet, die die Auftraggeberseite gebilligt
hätte. Letztere sei es dann auch gewesen, die die notwendige Herbeiführung der
Änderung der Baugenehmigung habe herbeiführen müssen. Soweit erforderlich habe
die Beklagte zu 1. zugearbeitet (vgl. E-Mail vom 15.10.2009 – B14d). Mehr habe
sie von Beginn an nicht geschuldet oder später übernommen.
Randnummer97
Schon die Baugenehmigung vom 12.8.2009, deren Auflagen
(Standsicherheitsnachweis, Beschreibung der Bauausführung) von der Gesellschaft
ebenso wenig erfüllt worden seien, habe es nicht erlaubt, zum zunächst
vereinbarten Zeitpunkt fertig zu werden.
Randnummer98
Außerdem sei zu keiner Zeit die Finanzierung sichergestellt
gewesen. Das zur Vorfinanzierung der Materialbeschaffung und der Subunternehmer
der Beklagten zu 1. vereinbarte Akkreditiv habe die Gesellschaft nie übergeben
oder auch nur angekündigt. Der erste Entwurf vom 30.9.2009 sei mit Blick auf
den vereinbarten Fertigstellungstermin viel zu spät gekommen. Damit habe selbst
unter Vernachlässigung der baurechtlichen Hindernisse für die Beklagte zu 1.
kein Anlass bestanden, mit den Arbeiten zu beginnen.
Randnummer99
Hinzu kämen die Nachtragsverhandlungen über Preis,
geänderten Leistungsumfang, Fertigstellungsfristen und Zahlungsbedingungen, mit
Blick darauf der ursprüngliche Vertrag als gescheitert bzw. überholt betrachtet
werden müsse. Die Verhandlungen seien von der Gesellschaft ausgegangen. Die
Beklagte zu 1. habe sich im Interesse der Realisierung des Bauvorhabens hieran
beteiligt. Zum Entwurf vom 19.11.2009 habe der Zeuge Sch. wenige Tage später
per E-Mail eine Äußerung abgegeben (B18) und grundsätzlich Abschlussbereitschaft
signalisiert. Hierauf habe Rechtsanwalt S. mit der E-Mail vom 26.11.2009 (K19)
geantwortet. Die Abmahnung durch die Gesellschaft habe danach jeder Grundlage
entbehrt.
Randnummer100
Alles in allem sei es die Gesellschaft selbst, die das von
Anfang an nicht ausgereifte und unzureichend geplante Projekt habe scheitern
lassen. Der Kläger habe nicht einfach wieder auf den zunächst geschlossenen
Vertrag zurückkommen können.
Randnummer101
Letztlich seien im Zusammenhang mit einem aus Anlass
streitiger Provisionsansprüche der T. GmbH (einer Gesellschaft der Ehefrau des
Klägers) geführten Rechtsstreit alle vermeintlichen Ansprüche der
Auftraggeberseite gegen die Beklagten aus dem Projekt A. abschließend geregelt
worden, selbst wenn die hierzu am 17.8.2012 unterzeichnete Urkunde (B7) etwas
anderes verlautbare.
Randnummer102
Der für das Projekt erzielte Kaufpreis gehe weit über die
vom Kläger zugestandenen 300.000 EUR hinaus.
Randnummer103
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 22.7.2015 (als
unzulässig) abgewiesen. Hiergegen richtet sich unter Wiederholung des
erstinstanzlichen Vorbringens die Berufung des Klägers.
Randnummer104
Das Landgericht überspanne die an eine Teilklage zu
stellenden Bestimmtheitsanforderungen. Der Kläger mache ersichtlich einen
einheitlichen und sich nicht aus selbständigen Rechnungsposten
zusammensetzenden Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns geltend. Die
notwendige Anrechnung des Veräußerungserlöses sei Teil der Berechnung des
Gesamtschadens und stehe dem verlangten Teilbetrag von 500.000 EUR nicht
entgegen.
Randnummer105
Die Beklagte habe mit den Arbeiten beginnen können. Nichts
habe nach Erteilung der Baugenehmigung einem sofortigen Baubeginn
entgegengestanden. Die notwendige Tektur habe es zumindest gestattet, mit
Vorbereitungen, wie Materialbestellung, Planung des Bauablaufs,
Baustelleneinrichtung, und mit den Fundamenten zu beginnen.
Randnummer106
Die von der Beklagten zu 1. gewünschte Ausführungsänderung
(keine Ringfundamente, sondern Modulaufstellplan von 72,5-Watt-Modulen nebst
Fundamentrahmen zu 75-WattModulen auf Fundamentplatten) sei schon am 1.7.2009
besprochen worden. Dabei sei zwischen den Beteiligten klar gewesen, dass eine
Änderung des Bauantrages erforderlich sein würde, zu dem die Beklagte zu 1.
kurzfristig ihre statischen Berechnungen habe anpassen sollen. Das habe sie
nicht getan. Für diesen Fall habe die Gesellschaft klargestellt, dass dann eine
Änderung der Baugenehmigung erfolgen müsse. Insoweit sei zu Lasten der
Beklagten zu 1. vereinbart worden, sämtliche für eine Änderung bzw. Ergänzung
der Baugenehmigung notwendig werdenden Vorarbeiten und Unterlagen zu erbringen
und der Gesellschaft für das Genehmigungsverfahren schnellstmöglich zur
Verfügung zu stellen. Eine Bestätigung dessen sei am 11.8.2009 anlässlich der
Bauberatung erfolgt. Dies bringe die auf der Grundlage dieser Vereinbarung
erarbeitete Funktionsbeschreibung deutlich zum Ausdruck.
Randnummer107
Der Kläger beantragt,
Randnummer108
unter Abänderung des am 22.7.2015 verkündeten Urteils des
Landgerichts Magdeburg werden die Beklagten verurteilt, an den Kläger als
Gesamtschuldner 500.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Randnummer109
Hilfsweise stellt er den Antrag auf Zurückverweisung an das
Landgericht.
Randnummer110
Die Beklagten beantragen,
Randnummer111
die Berufung zurückzuweisen.
Randnummer112
Sie verteidigen das Urteil des Landgerichts unter
Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Es handele sich gerade nicht
um einen einheitlichen Schadensersatzanspruch. Der Kläger beanspruche die
Vergütung des Stroms für verschiedene Jahre mit zumindest zwei
unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen (Einspeisevergütung nach dem EEG für
die ersten 20 Jahre und ab dem 21. Jahr nach dem am Markt erzielbaren Preis).
Auch sei der in die Wirtschaftlichkeitsberechnung eingeflossene Kapitalwert der
Photovoltaikanlage etwas anderes als die Einspeisevergütung.
Randnummer113
Insgesamt habe die Anlage so oder so nicht mehr vor dem Jahr
2010 errichtet werden können, sodass der gesamte Schadensersatzanspruch
unschlüssig dargelegt sei.
Randnummer114
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird
auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Sitzungsniederschriften beider
Instanzen verwiesen.
II.
Randnummer115
Die zulässige Berufung des Klägers hat im Ergebnis keinen
Erfolg. Zwar offenbart die angefochtene Entscheidung eine Rechtsverletzung und
gelangt deshalb fehlerhaft zur Unzulässigkeit der Klage. Aus den nach
§ 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen lässt sich jedoch kein
Schadensersatzanspruch des Klägers aus §§ 8 Nr. 3 II S. 2; 6
Nr. 6 S. 1 VOB/B oder §§ 280 I, III; 281 I S. 1, II BGB
herleiten, sodass die Klage unbegründet ist. Die Beklagte zu 1. hat nicht
pflichtwidrig die Erfüllung des Vertrages ernsthaft und endgültig verweigert,
als sie am 9.12.2009 gegenüber dem von der Gesellschaft beauftragten
Rechtsanwalt die Kündigung des Werkvertrages erklärte. Sie nahm zutreffend die
Kündigungsrechte aus §§ 9 Nr. 1 Bst. a), Nr. 2 VOB/B sowie analog
§§ 314 I bis III; 323 II Nr. 1 BGB wahr. Dies führt ohne Verstoß
gegen das Verschlechterungsverbot des § 528 ZPO zur Zurückweisung der
Berufung.
Randnummer116
1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Klage
zulässig.
Randnummer117
a) Die Kammer hat ausgeführt:
Randnummer118
Der Klage fehle die hinreichende Bestimmtheit. Die erhobene
Teilklage lasse nicht erkennen, welcher Teil des mit Hilfe einer
Wirtschaftlichkeitsberechnung für die Jahre 2009 bis 2039 dargelegten
entgangenen Gewinns von 7.597.551 EUR Gegenstand der gerichtlichen
Auseinandersetzung sei. Es sei nicht ersichtlich, welche Jahre betroffen seien,
zumal die Parteien über die nach dem Vertrag der Schadensberechnung zugrunde zu
legende Laufzeit der Anlage stritten. Der auf den Hinweis der Kammer
unternommene Klarstellungsversuch des Klägers, wonach mit dem Jahr 2009
beginnend der älteste Schadensbetrag geltend gemacht sei, führe zu keinem
anderen Ergebnis. Nach wie vor werde nicht dargelegt, welcher Teil des Schadens
streitgegenständlich sei. Zudem müsse sich der Kläger den Erlös der
Weiterveräußerung des Projektes anrechnen lassen. Insoweit (zumindest 300.000
EUR) mache er nicht deutlich, ob der Abzug von dem geltend gemachten oder dem
übrigen Teil der Forderung vorzunehmen sei.
Randnummer119
Dies hält aus den von der Berufung dargelegten Gründen einer
Überprüfung durch den Senat nicht stand.
Randnummer120
b) Gemäß § 253 II Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs
bezeichnen. Dies kann es zur Bestimmung des Streitgegenstandes sowie der
Reichweite der materiellen Rechtskraft und der Verjährung erforderlich machen,
wie das Landgericht im Ausgangspunkt noch richtig erkennt, bei einer auf
Schadensersatz gerichteten Teilklage zu verdeutlichen, wie sich der geltend
gemachte Betrag auf einzelne Schadenspositionen verteilt, oder zumindest die
Reihenfolge anzugeben, in welcher die Schadensteile bis zum Erreichen der
Klageforderung zu prüfen sind. Dies gilt aber nur für solche
Schadensersatzforderungen, die sich als Summe selbständiger prozessualer
Ansprüche darstellen (BGH, Urteil vom 6.5.2014 – II ZR 217/13; BGH NJW 1990,
2068, 2069; 2008, 3142, 3143; 2012, 3439, 3443). Bei dem entgangenen Gewinn,
wie ihn der Kläger geltend macht, handelt es sich in Abgrenzung zu anderen
Schadensgruppen bzw. –arten um einen einheitlichen selbständigen prozessualen
Anspruch (BGH, Urteil vom 22.5.1984 – VI ZR 228/82; BGH, Urteil vom 19.6.2000 –
II ZR 319/98; BGH, Beschluss vom 26.2.2015 – III ZR 53/14). Er setzt sich nicht
aus verschiedenen Ansprüchen zusammen. Seine Berechnungsgrundlagen (hier die
einzelnen Jahre) sind nur unselbständige Rechnungsposten (BGH, Urteil vom
13.3.2003 – VII ZR 418/01; vgl. Bacher, in: BeckOK-ZPO, Stand: 1.12.2015, Rdn.
55 f.).
Randnummer121
Der Kläger verlangt von den Beklagten nach der
Differenzmethode Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages,
indem er unter Berücksichtigung aller Kosten die Vermögens- insbesondere
Ertragslage der Gesellschaft mit und ohne errichteter Solarstromanlage
vergleicht. Von dem danach während der Laufzeit der Anlage mit
Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Gewinn kann der Kläger unproblematisch
500.000 EUR zum Gegenstand einer hinreichend bestimmten Klage machen. Klage,
Rechtskraft und Hemmung bzw. Neubeginn der Verjährung beschränken sich auf
diesen Teilbetrag des entgangenen Gesamtgewinns. Einer Prüfungsreihenfolge
bedarf es für eine solche Entscheidung des Gerichts nicht (BGH, Urteil vom
19.6.2000 – II ZR 319/98; BGH NJW 2008, 3142, 3143; BGH NZG 2012, 711, 712). Es
kommt auf den Gesamtanspruch an, von dem dann ggf. 500.000 EUR dem Kläger
zuzusprechen wären.
Randnummer122
2. Eine Zurückverweisung nach § 538 II S. 1
Nr. 3 ZPO ist gleichwohl nicht erforderlich. Die Klage ist unbegründet,
was der Senat ohne Verstoß geben das Verschlechterungsverbot des § 528 ZPO
aussprechen kann (§ 538 I ZPO; Wulf, in: BeckOK-ZPO, Stand: 1.12.2015,
§ 538 Rdn. 22; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 12. Aufl., § 538 Rdn. 25;
§ 528 Rdn. 18). Das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts verleiht
dem Kläger keine zu schützende Rechtsposition (BGH NJW 1989, 393, 394).
Randnummer123
3. Die Parteien haben ihren Vertrag vom 13.7.2009
ausdrücklich als Werkvertrag bezeichnet und die VOB/B in der Fassung 2006 in
das damit begründete Rechtsverhältnis einbezogen (§ 1 Nr. 1 des
Vertrages). Sie begriffen die geschuldete Leistung der Beklagten zu 1. offenbar
als ein Bauwerk. Schon in seiner Entscheidung vom 20.2.2014 hat der Senat
darauf hingewiesen, dass ortsfeste, d.h. dauerhaft mit dem Boden verbundene
Photovoltaik-Freianlagen im Unterschied zu den oft erheblich kleineren und weniger
aufwändigeren Auf-Dach-Anlagen unzweifelhaft als Bauwerke zu betrachten sind
(Senat NJW-RR
2014, 842, 843 m.w.N.). Die Beklagte zu 1. traf daher eine echte
Herstellungsverpflichtung i.S.v. § 631 I BGB in Form einer Bauleistung,
was die Einbeziehung der VOB/B in den Vertag zuließ.
Randnummer124
4. Der Kläger hat gegen die Beklagten, insbesondere die
Beklagte zu 1. als Vertragspartnerin der Gesellschaft, keinen wegen des
Scheiterns des Vorhabens auf das Erfüllungsinteresse gerichteten
Schadensersatzanspruch nach §§ 8 Nr. 3 II S. 2, I S. 1; 5
Nr. 4 VOB/B oder 280 I, III; 281 I S. 1, II; 314 IV BGB als Folge der
Entziehung des Auftrages oder einer ansonsten aus wichtigem Grund veranlassten
außerordentlichen Kündigung. Die Beklagte zu 1. hat den Vertrag vom 13.7.2009 zu
Recht gekündigt, ohne damit eigene Pflichten verletzt zu haben. Die Kündigung
der Gesellschaft ging daraufhin ins Leere. Wie mit den Parteien im Verlaufe der
mündlichen Verhandlung erörtert, verkennt der Kläger in diesem Zusammenhang
bereits den Richtungswandel, den die E-Mail des Vertreters der Gesellschaft vom
8.12.2009 (K23) in ihrer Rechtsverfolgung der Beklagten zu 1. auslöste.
Randnummer125
a) Im Fax vom 8.12.2009 (K6) nahm die Beklagte zu 1. auf
§ 6 Nr. 7 VOB/B Bezug. Danach kann jeder Teil nach einer länger als
drei Monate andauernden Unterbrechung den Vertrag schriftlich kündigen. Von
einer Unterbrechung ist auch dann auszugehen, wenn die Leistung zum
vorgesehenen Zeitpunkt (hier August 2009) nicht begonnen werden kann (BGH BauR
2007, 1285, 1286). Einer Fristsetzung, wie sie der Kläger unter
Angemessenheitsgesichtspunkten mit Blick auf § 9 Nr. 2 S. 2
VOB/B diskutiert, war danach keine Kündigungsvoraussetzung. Trotz der als
ungerechtfertigt empfundenen Abmahnung räumte die Beklagte zu 1. der
Gesellschaft die Möglichkeit ein, die ihrer Auffassung nach bei der Bestellerin
liegenden Behinderungs- eher Unterbrechungsgründe zu beseitigen. Das ist für
sich genommen erst einmal nicht unkooperativ, sondern mehr als der Vertrag in
der damaligen Situation von der Beklagten zu 1. mit Blick auf die angedrohte
Kündigung verlangte. Unterbrechungsgründe gab es einige.
Randnummer126
aa) Die Beklagte zu 1. konnte, entgegen der in der Abmahnung
von der Gesellschaft offensichtlich unrichtig aufgestellten Behauptung, wonach
nicht ersichtlich sei, woran der Baubeginn scheitere, bekanntermaßen deshalb
nicht mit der Errichtung des Werkes beginnen, weil es an einer Baugenehmigung
für die unstreitig geänderte Ausführung fehlte. Gemäß § 58
I BauO LSA a.F. bedurfte die Errichtung der Anlage der Baugenehmigung. Die
am 12.8.2009 erteilte Baugenehmigung erfasste das Vorhaben der Gesellschaft,
insbesondere im Fundamentbereich, nicht mehr vollständig und musste geändert
werden. Die gewählte neue Gründung der Modulaufsteller war nicht Gegenstand des
ursprünglichen Bauantrages, damit des Baugenehmigungsverfahrens und in der
Folge auch nicht der Baugenehmigung. Eine dem Vorhaben angepasste
Baugenehmigung lag unstreitig (noch) nicht vor, sodass gemäß § 71
VI Nr. 1 BauO LSA a.F. mit dem Bau nicht begonnen werden durfte. Die
erteilte Baugenehmigung war zudem nur solange außerhalb eines völlig neuen
Baugenehmigungsverfahrens im Wege der sog. Tektur abänderbar, wie der
ursprüngliche Antrag noch nicht in Anspruch genommen, also der Bau noch nicht
begonnen wurde.
Randnummer127
bb) Damit verbunden und dem Leistungsbeginn ebenso
entgegenstehend war der sich aus § 9 Nr. 1 des Vertrages und
§ 242 BGB ergebende Anspruch der Beklagten zu 1. auf einen Nachtrag, der
der Änderung der Bauausführung sowie der nicht mehr einzuhaltenden
Fertigstellungsfrist mit all ihren Konsequenzen Rechnung trug. Gläubiger und
Schuldner sind verpflichtet, im Zusammenwirken die Voraussetzungen für die
Durchführung des Vertrages zu schaffen und Erfüllungshindernisse zu beseitigen
(Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rdn. 32). Die nach dem
Geschehensablauf nahezu unumgänglichen Verhandlungen wurden sogar geführt,
hatten nur noch nicht ihren Abschluss gefunden. Damit standen die Bedingungen,
unter denen die Beklagte zu 1. zu leisten hatte, nicht fest, zumal der am
19.11.2009 übersandte Nachtragsentwurf (K17; B16) die Rechte und Pflichten der
Bestellerin und der Beklagten zu 1. in wesentlichen Teilen modifizierte. Eine
sich auf dieser Grundlage ergebende Abschlusspflicht der Beklagten zu 1. nimmt
der Kläger nicht für die Gesellschaft in Anspruch. Ebenso wenig lässt sich bis
zum 8.12.2009 ein Abbruch der Vertragsverhandlungen durch die Beklagte zu 1.
erkennen. Noch am 17.11.2009 hatte die Beklagte zu 1. um Klarstellung des
Verhandlungspartners gebeten. Zu nachfolgenden ablehnenden Äußerungen der
Beklagten zu 1. war es nicht gekommen.
Randnummer128
Bis zur Klärung der Vertragsanpassung war es der Beklagten
zu 1. nicht zuzumuten, mit irgendwelchen Arbeiten zu beginnen. Das hat sie auch
der Gesellschaft gegenüber zum Ausdruck gebracht, wie sich u.a. aus dem
Schreiben vom 2.12.2009 (K21) ergibt. Damit war die Einrede der
Vertragsanpassung erhoben, die sich zumindest aus § 242 BGB oder analog
§ 273 I BGB herleiten lässt (Finkenauer, in: MünchKomm.-BGB, 6. Aufl.,
§ 313 Rdn. 125).
Randnummer129
cc) Hinzu kam das bis zur Kündigungsandrohung der Beklagten
zu 1. entgegen § 3 Nr. 6 des Vertrages nicht ausgehändigte
Akkreditiv. Nach Vertragsabschluss sollte die Beklagte zu 1. ein solches
abstraktes Schuldversprechen einer Bank erhalten. Gerade mit der damit
verbundenen Zahlungsfunktion, wie sie der Kläger im nicht nachgelassenen
Schriftsatz vom 29.3.2016 hervorhebt, bezweckten die Parteien die
Sicherstellung des geschuldeten Werklohns, bevor die Beklagte zu 1. ihre
aufwändige Leistung unwiederbringlich auf dem Baugrundstück erbrachte. Das
Akkreditiv gehörte damit zur allgemeinen Bereitstellungspflicht der
Gesellschaft und war für die Durchführung des Vertrages von so erheblicher
Bedeutung, dass die fehlende Übergabe bis zum 8.12.2009 der Beklagten zu 1. ein
Leistungsverweigerungsrecht verlieh (§ 320 BGB). Gerade derartige
Mitwirkungspflichten des Gläubigers können in das Gegenseitigkeitsverhältnis
mit der Folge einbezogen sein, dass der Schuldner die Leistung bei Störung der
Mitwirkung nach § 320 BGB verweigern kann (Staudinger/Roland Schwarze,
BGB, Neubearb. 2015, § 320 Rdn. 21).
Randnummer130
Davon hat die Beklagte zu 1. Gebrauch gemacht, indem sie
immer wieder auf das fehlende Akkreditiv hinwies und deutlich machte, sich vor
Übernahme der Haftung durch eine Bank nicht in der Lage zu sehen, mit der
Ausführung der Leistung zu beginnen. Davon war natürlich auch die
Baugenehmigungsplanung betroffen, wenn die Behauptung des Klägers, die Beklagte
zu 1. habe diese übernommen, zuträfe. Die Beklagte zu 1. war von Anfang an
nicht bereit, ohne Sicherstellung ihrer Vergütung in Vorleistung zu treten.
Randnummer131
Auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die Beklagte zu 1.
den erst am 30.9.2009 übersandten ersten Akkreditiventwurf hätte akzeptieren
müssen, kommt es nicht an. Die Gesellschaft hat damals nicht etwa die Einwände
der Beklagten zu 1. als unberechtigt zurückgewiesen und auf eine Billigung des
Akkreditivs durch Übersendung des Originals bestanden. Sie äußerte sich bis zum
8.12.2009 nicht. Damit stand der Beklagten zu 1. das geschuldete Akkreditiv
nicht zur Verfügung. Die erst im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29.3.2016
(ergänzt durch den Schriftsatz vom 31.3.2016) neu und nachlässigerweise (vgl.
insoweit § 531 II S. 1 Nr. 3 ZPO) behauptete Mitteilung der
Finanzierungsbereitschaft durch die Bank ersetzte das Akkreditiv weder nach dem
Vertrag der Parteien noch auf Grund einer auch nur annähernden
Gleichwertigkeit. Aus einer signalisierten grundsätzlichen
Finanzierungsbereitschaft erwuchsen der Beklagten zu 1. keine Direktansprüche
gegen die Bank.
Randnummer132
b) Ob die Beklagte zu 1. verpflichtet gewesen wäre, das mit
Fax der Gesellschaft bzw. ihres Vertreters vom 8.12.2009 im Entwurf übersandte
Akkreditiv zu billigen und/oder die der Gesellschaft eingeräumte Frist zur
Beseitigung der Behinderungsgründe angemessen auszugestalten, bedarf im
Ergebnis keiner Klärung. Die mit der Forderung auf “vollumfängliche”
Erfüllung des Vertrages vom 13.7.2009 verbundene Reaktion der Gesellschaft
brachte einen neuen Kündigungsgrund mit sich, auf den sich die Beklagte zu 1.
im Kündigungsschreiben vom 9.12.2009 (K4) nachfolgend berief und berufen
konnte, nämlich § 9 Nr. 1 Bst. a) VOB/B. Die Gesellschaft hat mit dem
Schreiben vom 8.12.2009 die Verhandlungen mit der Beklagten zu 1. über den
notwendigen Nachtrag abgebrochen, ohne dass die Forderung der Beklagten zu 1.
nach Beseitigung von Leistungshindernissen oder die (nur) angedrohte Kündigung
hierzu Anlass boten.
Randnummer133
Der Nachtrag gehörte zu den notwendigen Maßnahmen der
Vertragsparteien, um die Unterbrechung zu überwinden. Schon der Ausgangspunkt
der Gesellschaft, wonach nicht davon ausgegangen werden könne, dass ein
Nachtrag noch zu erreichen sei, war angesichts der vorausgegangenen Erklärung
der Beklagten zu 1., bereits mitgeteilt zu haben, dass der Nachtrag mit kleinen
Anpassungen unterschrieben werden könne, nicht gerechtfertigt. Stattdessen
brachte nunmehr die Gesellschaft zum Ausdruck, keinen Nachtrag mehr zu wollen
und nunmehr vollumfängliche Erfüllung des Vertrages zu verlangen. Dies
vermittelte der Beklagten zu 1. aus Empfängersicht unmissverständlich und
eindeutig, dass die Nachtragsverhandlungen beendet waren und von ihr ohne jede
Einschränkung etwas verlangt wurde, was zeitlich nicht mehr möglich war,
mangels Baugenehmigung nicht zu beginnen war und von dem beiden Seiten bekannt
war, dass es ohne Änderungen in den vertraglichen Grundlagen nicht reibungslos
durchgeführt werden konnte. Dies machte es der Beklagten zu 1. unzumutbar, an
der vertraglichen Beziehung zur Gesellschaft festzuhalten, gerade weil sie
weitere Auseinandersetzungen zur Leistungszeit, zum Leistungsinhalt, zur
Planung, zu den Mehrkosten und in der Konsequenz zur Bezahlung befürchten
musste. Das Kündigungsrecht des § 9 Nr. 1 Bst. a) VOB/B ist auf
solche Fälle sinngemäß anzuwenden, in denen sich der Auftraggeber dem
berechtigten Verlangen des Auftragnehmers auf Anpassung des Vertrags
verschließt (Ingenstau/Korbion/Joussen/Vygen, VOB, 19. Aufl., vor §§ 8 u.
9 VOB/B Rdn. 14; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl., Rdn. 2962).
Randnummer134
Einer Fristsetzung nach § 9 Nr. 2 S. 2 VOB/B
bedurfte es angesichts des als letztes Wort aufzufassenden Schreibens der
Gesellschaft nicht. Es handelte sich um eine ernsthafte und endgültige
Weigerung, die Vertragsverhandlungen fortzusetzen. Damit war auch der
Annahmeverzug der Gesellschaft herbeigeführt. Das Schreiben der Beklagten zu 1.
vom 8.12.2009 enthielt ferner für den objektiven Empfänger sogar ein erneutes
Angebot zum Abschluss eines Nachtrages.
Randnummer135
Daneben kommt die Kündigung aus wichtigem Grund nach
§§ 314 I bis III; 323 II Nr. 1 BGB zum Tragen. Die bereits
dargelegten Umstände, einschließlich des erheblichen Zeitablaufs seit dem
ursprünglich geplanten Baubeginn und der seither nur dürftigen Entwicklung, die
das Vorhaben genommen hatte, machten es der Beklagten zu 1. ohne Zweifel
unzumutbar, sich weiter durch einen Vertrag an die Gesellschaft zu binden. Wie
unzuverlässig die Gesellschaft der Beklagten zu 1. erscheinen musste, zeigt –
ohne dass es entscheidend darauf ankäme – das jetzt vorgelegte Schreiben der
Bremer Landesbank vom 9.9.2009. Danach stand trotz des Vertragsschlusses vom
Juli 2009 und dem beabsichtigten Baubeginn (August 2009) erst Anfang September
2009 eine Bank bereit, um (nur) ihren grundsätzlichen Finanzierungswillen zu
bestätigen.
Randnummer136
5. Soweit § 6 Nr. 6 VOB/B auch i.V.m. § 5
Nr. 4 VOB/B einen Schadensersatzanspruch wegen von einer Vertragsseite zu
vertretender hindernder Umstände vorsieht, bezieht sich dies auf den
aufrechterhaltenen Vertrag bzw. den Verzögerungsschaden bei fortbestehendem
Interesse an der Durchführung des Vorhabens und meint nicht den vom Kläger
verlangten Nichterfüllungsschaden (BGH NJW 1967, 2262; Berger, in:
Beck-VOB-Komm., 3. Aufl., § 6 Nr. 6 VOB/B Rdn. 9.;
Ingenstau/Korbion/Döring, § 6 VI VOB/B Rdn. 1, 9; Kapellmann/Messerschmidt/Markus,
VOB, 5. Aufl., § 6 VOB/B, Rdn. 94 f.). Vollen Schadensersatz wegen
Nichterfüllung bei Gesamtliquidation des Vertrages kann der Auftraggeber nur
unter den Voraussetzungen des § 8 Nr. 3 II 2 VOB/B verlangen (BGH NJW
1974, 646, 647).
Randnummer137
6. Die nicht nachgelassenen Schriftsätze des Klägers sind,
soweit sie neue Tatsachen enthalten, nach §§ 525 S. 1; 296a ZPO nicht
mehr zu berücksichtigen. Sie geben auch keinen Anlass, erneut in die mündliche
Verhandlung einzutreten (§§ 296a; 156 ZPO). Verfahrensfehler i.S.v.
§ 156 II Nr. 1 ZPO sind dem Senat nicht unterlaufen. Zum Sachverhalt
ist von den Parteien – auch in rechtlicher Beziehung – umfangreich vorgetragen
und es gibt keinen Anhaltspunkt für entscheidungserhebliche Sachverhaltslücken
oder übersehene oder vom Senat im Vergleich zu den Parteien anders beurteilte
Gesichtspunkte.
III.
Randnummer138
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO. Die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10; 711 S. 1,
2; 709 S. 2 ZPO.
Randnummer139
Die Revision lässt der Senat nicht zu. Die Sache wirft keine
entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf und weder
die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der
Rechtsprechung verlangen nach einer Entscheidung des Revisionsgerichts.
Randnummer140
Der Streitwert ist nach §§ 47 I S. 1; 43 I; 48 I
S. 1 GKG; § 3 ZPO festgesetzt.