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LG Lübeck zu der Frage, dass ein Werkvertrag nicht deshalb nichtig ist, weil der Unternehmer seine Mitarbeiter "schwarz" bezahlt

vorgestellt von Thomas Ax

1. Ein Vertrag über die Reinigung von (Ferien-)Wohnungen ist als Werkvertrag zu qualifizieren.
2. Die Vergütung ist grundsätzlich bei der Abnahme des Werks zu entrichten und damit fällig. An die Stelle der Abnahme tritt die Vollendung des Werks, wenn nach der Beschaffenheit des Werks die Abnahme ausgeschlossen ist.
3. Verpflichtet sich der Unternehmer dazu, Reinigungsleistungen gemäß einer vom Besteller zu erstellenden Reinigungsliste über eine unbestimmte Anzahl von Ferienwohnungen zu erbringen, ist die Leistung grundsätzlich nicht abnahmebedürftig. Die werkvertraglichen Mängelrechte sind anzuwenden, wenn der Unternehmer die Leistung in Erfüllung seiner gesamten Verbindlichkeit erbracht hat (Anschluss an BGH, IBR 2013, 646).
4. Der Unternehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Vollendung seiner Leistung. Vollendung liegt vor, wenn eine vollständige Fertigstellung der Werkleistung gegeben ist. Hierfür muss der Unternehmer grundsätzlich alle geschuldeten Leistungen erbracht haben. Verbleibende Mängel schließen eine Vollendung nicht aus.
5. Will der Besteller Gewährleistungsrechte geltend machen, muss er substantiiert darlegen, dass ein Mangel an dem von dem Unternehmer fertiggestellten Werk besteht. Dabei kann es ausreichen, wenn der Besteller auf konkrete Symptome hinweist.
6. Ein Werkvertrag ist nicht deshalb nichtig, weil der Unternehmer seine Mitarbeiter “schwarz” bezahlt.
LG Lübeck, Urteil vom 25.07.2024 – 14 S 109/22
vorhergehend:
AG Lübeck, 27.10.2022 – 26 C 312/22


Gründe

I.

Die Parteien streiten über Entgeltzahlungen aus einem Reinigungsvertrag.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Lübeck vom 27.10.2022.

Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung i.H.v. EUR 3.986,51 verurteilt, wobei es einen Zahlungsanspruch i.H.v. EUR 2.534,71 auf unstreitigen Klägervortrag gestützt hat. Soweit der Beklagte darüber hinaus zur Zahlung von EUR 1.451,80 verurteilt wurde, hat das Amtsgericht das Bestreiten des Beklagten für unbeachtlich gehalten. Er habe lediglich pauschal behauptet, die von dem Kläger abgerechneten Leistungen seien nicht erbracht worden. Dies sei vor dem Hintergrund nicht ausreichend, dass der Kläger konkret dargelegt hat, an welchem Tag in welcher Ferienwohnung Reinigungsleistungen durchgeführt worden sein sollen. Der Umfang der Reinigungsleistung und die geschuldete Vergütung ergäben sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag. Für ein beachtliches Bestreiten hätte der Beklagte substantiiert darlegen müssen, woraus sich ergeben solle, dass die abgerechneten Leistungen für die Zeit ab 9.10.2021 tatsächlich nicht erfolgt seien.

Die Berufung wendet gegen die angegriffene Entscheidung ein, das Amtsgericht habe das einfache Bestreiten des Beklagten rechtsfehlerhaft als nicht ausreichend erachtet. In der Klagerwiderung seien die Leistungen des Klägers nach Wohnung und Tag sowie Rechnungsbetrag bestritten worden, da die Leistungen vom Kläger nicht erbracht worden seien.

In der Berufungsinstanz hat der Kläger erstmals den Zeugen ### für die Behauptung benannt, der Kläger habe die von ihm geschuldeten Leistungen nicht erbracht. Zudem hat der Beklagte erstmals bestritten, dass die Reinigungsarbeiten des Klägers von Mitarbeitern durchgeführt werden, die ordnungsgemäß sozialversichert sind und für die Sozialabgaben geleistet werden. Überdies hat der Beklagte die Aufrechnung mit überzahlten Entgelten erklärt, die er aufgrund falscher Abrechnungen an den Kläger gezahlt habe.

Der Berufungskläger beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Lübeck, Az. 26 C 312/22, insoweit abzuändern und die Klage abzuweisen, als der Beklagte verurteilt wird, mehr als 2.534,71 Euro nebst Zinsen in Höhe 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.02.2021 zu zahlen.

Der Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 6.6.2024 hat die Kammer eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet und als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, den 4.7.2024 bestimmt.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht antragsgemäß verurteilt (1.). Dem steht auch das Bestreiten der Einhaltung sozialversicherungsrechtlicher bzw. mindestlohnrechtlicher Regelungen nicht entgegen (2.). Die Forderung des Klägers ist auch nicht durch Aufrechnung mit überzahlten Entgelten erloschen (3.).

1. Dem Kläger steht gegen den Beklagten über von der Beklagtenseite nicht beanstandete EUR 2.534,71 hinaus ein Entgeltanspruch i.H.v. EUR 1.451,80 aus § 631 Abs. 1 BGB i.V.m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag vom 7.7.2019 (Reinigungsvertrag) zu.

Der zwischen den Parteien geschlossene Reinigungsvertrag ist im Wesentlichen hinsichtlich seiner Hauptleistungspflichten als Werkvertrag i.S.v. § 631 BGB einzuordnen, wobei i.R.d. privatautonomen Gestaltung der Parteien unterschiedliche Vertragselemente modifizierbar sind (OLG Köln vom 12.4.2012, Az. 19 U 215/11; OLG Hamm vom 28.11.2017, 24 U 120/16).

a. Der Besteller ist nach § 631 Abs. 1 BGB zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Nach § 5 S. 2 des Reinigungsvertrags erfolgt die Reinigungsliste des Auftraggebers mindestens 4 bis 5 Tage vor Beginn der Ausführungen.

Die gesetzliche Regelung, nach der der Vergütungsanspruch mit Abschluss des Werkvertrags entsteht (Rösch, in: jurisPK-BGB, 10. Aufl. 2023, § 631 Rn. 209), haben die Parteien mit § 5 S. 2 des Reinigungsvertrags dahingehend modifiziert, dass der Anspruch mit Zusendung der Reinigungsliste mit den im Einzelnen zu reinigenden Wohnungen durch den Beklagten an den Kläger entsteht.

Die in den Anlagen K 3 bis K 6 enthaltenen Rechnungen weisen einen Gesamtbetrag i.H.v. EUR 3.986,51 aus. Dass der Beklagte an den Kläger Reinigungslisten zur Durchführung der entsprechenden Arbeiten versendet hat, ist zwischen den Parteien unstreitig.

b. Die in den Rechnungen ausgewiesene Vergütung ist fällig.

i. Die Vergütung ist grundsätzlich nach § 641 Abs. 1 S. 1 BGB bei der Abnahme des Werks zu entrichten und damit fällig. Nach § 646 BGB tritt in den Fällen des § 641 BGB an die Stelle der Abnahme die Vollendung des Werks, wenn nach der Beschaffenheit des Werks die Abnahme ausgeschlossen ist.

Eine Anwendung von § 646 BGB hat der Bundesgerichtshof auf die Durchführung eines Winterdienstvertrags bejaht, weil es Sinn und Zweck des Winterdienstvertrages sei, dass der Auftragnehmer den Winterdienst versieht, ohne dass der Auftraggeber jedes Einsatzergebnis billigen solle. In den Fällen, in denen die Abnahme nach der Natur der Sache ausgeschlossen sei und der Unternehmer die Leistung in Erfüllung seiner gesamten Verbindlichkeit erbracht hat, sei es gerechtfertigt, das Mängelrecht der §§ 634 ff. BGB anzuwenden, wenn die Leistung unvollständig ist (BGH vom 6.6.2013, Az. VII ZR 355/12).

Gleiches gilt grundsätzlich für einen Reinigungsvertrag über eine unbestimmte Anzahl von Ferienwohnungen, mit dem sich der Werkunternehmer verpflichtet, Reinigungsleistungen gemäß einer von dem Auftraggeber zu erstellenden Reinigungsliste zu erbringen. Denn auch in derartigen Fällen ist nicht anzunehmen, dass das einzelne Reinigungsergebnis durch den Auftraggeber überprüft und abgenommen werden soll, soweit nicht abweichende Vereinbarungen vorliegen. Denn gerade in Fällen, in denen ein Auftraggeber mehrere Ferienwohnungen reinigen lässt, ist davon auszugehen, dass er dem Werkunternehmer nicht Wohnung für Wohnung folgt um jede vorgenommene Arbeit zu billigen.

Für das hiesige Verfahren ergibt sich Abweichendes weder aus dem Reinigungsvertrag noch aus der von der Klägerseite vorgelegten Korrespondenz zwischen den Parteien.

Den Werkunternehmer trifft die Darlegungs- und Beweislast für die Vollendung seiner Leistung. Vollendung im Sinne des Gesetzes liegt dabei vor, wenn eine vollständige Fertigstellung der Werkleistung gegeben ist. Hierfür muss der Unternehmer grundsätzlich alle geschuldeten Leistungen erbracht haben. Verbleibende Mängel schließen dabei allerdings eine Vollendung nicht aus. In Zweifelsfällen ist zur Abgrenzung zwischen dem Zeitraum vor Vollendung und dem Beginn von Mängelgewährleistungsansprüchen nach Vollendung auf die (ggf. auch konkludente) Erklärung des Werkunternehmers abzustellen, sein Werk sei nunmehr vollendet (Peters, in: Staudinger BGB, Neubearb. 2019, § 646 Rn. 11; Kögl, in: BeckOGK BGB, Stand 1.1.2024, § 646 Rn. 18).

Eine derartige Vollendungserklärung des Klägers war im hiesigen Fall entbehrlich. Es ergibt sich weder aus dem Reinigungsvertrag noch aus den sonstigen von den Parteien vorgebrachten Umständen, dass der Beklagte eine Vollendungserklärung durch den Kläger für jede einzelne gereinigte Wohnung erwartet hat. Dies ist mit Blick auf die Umsetzung des auf Dauer angelegten Reinigungsvertrags auch nachvollziehbar, weil der Beklagte bei jedem Neubezug ankommender Gäste im Einzelfall hätte feststellen können, ob eine Reinigungsleistung des Beklagten erbracht wurde oder nicht bzw. ob eine erbrachte Leistung mangelhaft war. Hätte er eine unterbliebene oder mangelhafte Leistung festgestellt, hätte er dies vor oder mit Übersendung einer neuen Reinigungsliste gegenüber dem Kläger ansprechen können.

ii. Gemessen daran ist vorliegend eine Vollendung bezüglich der streitgegenständlichen Reinigungsleistungen gegeben. Der Kläger hat schon vor dem Amtsgericht umfangreiche Dokumente wie Emails, WhatsApp-Verläufe, Buchungspläne und Stundenzettel vorgelegt, aus denen sich Korrespondenz der Parteien und weitere Angaben bezüglich der Reinigung einer Vielzahl der streitgegenständlichen Objekte ergeben.

Dem kann der Beklagte nicht damit entgegentreten, dass er schriftsätzlich vorträgt, der Kläger habe

“[an] diesen Tagen […] nachweislich keine Leistungen erbracht.”

Dieses Bestreiten ist – wie das Amtsgericht zutreffend erkannt hat – zum einen nicht hinreichend substantiiert. Zum anderen hat der Beklagte diesen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer fallengelassen und persönlich eingeräumt, Mitarbeiter des Klägers seien durchaus vor Ort gewesen. Dass er hierzu sodann bemängelt hat, die ausgeführten Arbeiten seien unvollständig gewesen und hätten nicht dem vereinbarten Standard entsprochen, ändert sodann an der Annahme der Vollendung im obigen Sinne nichts, sondern eröffnet dem Beklagten allenfalls Gewährleistungsrechte nach § 634 BGB (vgl. dazu sogleich unter c.).

Damit war auch das von einer konkreten Leistung des Klägers losgelöste, schriftsätzlich vorgebrachte Argument des Beklagten hinfällig, der Kläger habe seine Rechnungen – ohne Leistungserbringung – allein nach dem von dem Beklagten übersandten Buchungsplan aufgestellt. Dieses Argument hätte einer Vollendung durch den Kläger aber auch nicht entgegengestanden. Erstens war es der Zweck der von dem Beklagten an den Kläger übermittelten Buchungspläne, dass der Kläger seine Reinigungsleistungen entlang dieser Buchungspläne erbringt. Nach § 5 des Reinigungsvertrags bestimmt sich anhand der Buchungspläne der Leistungsumfang des Klägers. Zweitens trifft die Behauptung des Beklagten auch inhaltlich nicht zu, weil sich mit Blick auf die Buchungspläne kein einheitliches Muster bei der Auswahl einzelner Reinigungstage ergibt. Die Beklagtenseite hat auch hierzu nicht näher vorgetragen.

c. Der Beklagte war nicht zur Minderung der Vergütung des Klägers in Höhe eines Betrags von EUR 1.451,80 nach §§ 634 Nr. 3, 638 BGB berechtigt.

i. Nach §§ 634 Nr. 3, 638 BGB kann der Besteller anstatt zurückzutreten die Vergütung durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer mindern, wenn das Werk mangelhaft ist.

Es kann dahinstehen, ob mit der Vollendung auch ein Übergang der Darlegungs- und Beweislast mit Blick auf die Mangelfreiheit einer Leistung verbunden ist, wie es infolge der Abnahme nach § 640 BGB der Fall ist (ablehnend Voit, in: BeckOK BGB, 68. Ed., § 646 Rn. 7 m.w.N.). Der Beklagte ist jedenfalls seiner Darlegungslast bezüglich etwaiger Mängel nicht nachgekommen.

Will ein Besteller Gewährleistungsrechte geltend machen, muss er substantiiert darlegen, dass ein Mangel an dem von dem Unternehmer fertiggestellten Werk besteht (Genius, in: jurisPK-BGB, 10. Aufl. 2023, § 634 Rn. 65 f.). Dabei kann es ausreichen, wenn der Besteller auf konkrete Symptome hinweist (Genius, a.a.O., Rn. 65).

ii. Der den Beklagten insoweit treffenden Darlegungslast ist er nicht nachgekommen. Weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht oder der Kammer hat der Beklagte einen konkreten Umstand vorgetragen, der als Mangel hätte eingeordnet werden können. Das bloße einfache Bestreiten des Beklagten kann eine Minderung schon deshalb nicht begründen, weil es dem Kläger infolge der völlig substanzlosen Ausführungen der Beklagtenseite nicht möglich war, konkreten Gegenvortrag zu leisten und entsprechend Beweis anzubieten. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer lediglich und erstmals ausgeführt, an den streitigen Tagen seien durchaus Arbeitnehmer des Klägers vor Ort gewesen, sie hätten allerdings “schlampig” gearbeitet und seien zu schnell fertig gewesen. Allein der Umstand, dass die Klägerseite zu schnell gearbeitet haben soll, begründet keine Schlechtleistung. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Reinigungsleistung nach § 2 des Reinigungsvertrags pauschal zu vergüten war. Zu der behaupteten “schlampigen” Arbeit des Klägers hat der Beklagte keine konkreten Tatsachen vorgetragen.

iii. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem ergänzenden Vortrag der Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 8.4.2024 auf den Hinweis der Kammer in dem Beschluss vom 6.3.2024.

(1) In ihrem Beschluss hat die Kammer darauf hingewiesen, dass der Beklagte zur Minderung der vereinbarten Vergütung berechtigt sein könnte, wenn die von dem Kläger erbrachte Leistung mangelhaft gewesen ist und der Beklagte dem Kläger erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. In diesem Zusammenhang hat die Kammer dem Beklagten aufgegeben, im Einzelnen konkrete Reinigungsleistungen des Klägers nebst Umständen zu benennen, die eine Mangelhaftigkeit der Leistung begründen können, und ferner zu damit in Verbindung stehenden Nacherfüllungsverlangen vorzutragen.

(2) Diesen Anforderungen werden die ergänzenden Ausführungen der Beklagtenseite in ihrem Schriftsatz vom 8.4.2024 nicht gerecht.

Zu den behaupteten Mängeln bringt der Beklagte lediglich schlagwortartig einzelne vermeintliche Reinigungsergebnisse unter Angabe eines Abzugswerts an, bspw. “Terrasse nicht gereinigt”, “Kühlschrank dreckig”, “WC dreckig”, “Staub in der Küche” etc. Wenngleich der Beklagte damit erstmals einen Bezug zu einzelnen Wohnungsmerkmalen herstellt, sind die Darstellungen nach wie vor derart pauschal gehalten, dass sie eine Überprüfung kaum zulassen. Insbesondere wird nicht klar, woran der Beklagte die Ergebnisse “nicht gereinigt” oder “dreckig” festmacht. Selbst die Aussage “Staub in der Küche” kann in der Pauschalität keinen Mangel und damit eine Minderung begründen, weil eine Staubfluse allein nicht Beleg einer mangelhaften Reinigungsleistung ist.

Auf die Substanz der weitergehenden Ausführungen der Beklagtenseite kommt es letztlich aber auch nicht an, weil der Beklagte auch im Schriftsatz vom 8.4.2024 nichts dazu vorgetragen hat, wann er den Kläger auf die Mängel hingewiesen und ihn zur Nacherfüllung aufgefordert haben will. Dies wäre mit Blick darauf, dass die Reinigungsleistungen des Klägers vor jeder einzelnen Buchung hätten nachgeholt werden können, jedoch erforderlich gewesen (in Abgrenzung dazu BGH vom 6.6.2013, Az. VII ZR 355/12). Auf diesen Aspekt hat die Kammer mit Beschluss vom 6.3.2024 explizit hingewiesen.

Vor dem Hintergrund war der von dem Beklagten angebotene Zeuge nicht zu hören.

2. Dem Vergütungsanspruch des Klägers steht das Bestreiten der Beklagtenseite, der Kläger rechne seine Mitarbeiter unzutreffend ab, nicht entgegen. Insbesondere ist der zwischen den Parteien geschlossene Reinigungsvertrag nicht nach § 134 BGB nichtig.

Der Beklagte hat keinerlei konkrete Anhaltspunkte zu etwaigen Verstößen des Klägers vorgebracht. Er hat sein Bestreiten überdies im laufenden Verfahren inhaltlich angepasst: Während schriftsätzlich noch bestritten wurde, dass die Reinigungsleistungen des Klägers von Mitarbeitern durchgeführt werden, die ordnungsgemäß sozialversicherungsrechtlich gemeldet sind und für die die entsprechenden Abgaben abgeführt werden, hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung mit Blick auf § 7 des Reinigungsvertrags bestritten, dass der Kläger seine Arbeitnehmer nach Mindestlohn bezahlt.

Nach § 7 Abs. 2 des Reinigungsvertrags verpflichtet sich der Auftragnehmer, Mindestlohnvorschriften und Vorschriften über Mindestbedingungen am Arbeitsplatz einzuhalten.

Beide Aspekte sind mit Blick auf die Vergütungspflicht des Beklagten nicht von Belang. Eine etwaige Schwarzarbeit wirkt sich nur dann nach § 134 BGB auf einen Werkvertrag aus, wenn die Schwarzarbeit beiden Parteien bekannt ist (Nassall, in: jurisPK-BGB, 10. Aufl. 2023, § 134 Rn. 236). Dahin hat sich der Beklagte nicht erklärt. Im Übrigen handelt es sich bei den besonderen arbeitsrechtlichen Bestimmungen um spezialgesetzliche Regelungen im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit eigener Rechtsfolge, wie etwa §§ 3, 13 MiLoG, die § 134 BGB vorgehen (Vossler, in: BeckOGK BGB, Stand 1.12.2023, § 134 Rn. 145 vgl. auch BGH vom 11.10.2018, Az. VII ZR 298/17).

3. Die Forderung des Klägers ist auch nicht durch Aufrechnung des Beklagten mit vermeintlich überzahlten Entgelten aufgrund falscher Rechnungserstellung nach § 389 BGB erloschen. Nach § 533 ZPO war die Aufrechnung zurückzuweisen.

Nach § 533 ZPO ist eine Aufrechnungserklärung nur zulässig, wenn (1) der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und (2) diese auf Tatsachen gestützt wird, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrundezulegen hat.

Zwar hält die Kammer die Aufrechnungserklärung durchaus für sachdienlich i.S.v. § 533 Nr. 1 ZPO. Sie stützt sich jedoch nicht auf Tatsachen, die die Kammer ihrer Entscheidung nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.

Bei den Ausführungen der Beklagtenseite zu einer vermeintlichen Falschberechnung der Reinigungskosten falschen Abrechnung der Klägerseite handelt es sich um neuen Vortrag, der vor dem Amtsgericht nicht erfolgt ist. Die Klägerseite ist diesen Ausführungen substantiiert entgegengetreten, sodass es auf die Zulassung des Vortrags nach § 531 Abs. 2 ZPO ankommt (vgl. BGH vom 23.6.2008, GSZ 1/08).

Nach § 531 Abs. 2 S. 1 ZPO sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nur zuzulassen, wenn sie (1) einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, (2) infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder, (3) im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf eine Nachlässigkeit der Partei beruht.

Die von der Beklagtenseite vorgetragene Falschberechnung der Reinigungsleistungen betrifft einen neuen Aspekt, der von der Beklagtenseite erstmals in der Berufungsinstanz vorgebracht wurde. Sie wäre damit allein unter den Voraussetzungen von § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO zu berücksichtigen gewesen. Die Beklagtenseite hat allerdings nichts dazu vorgetragen, dass die Nichterwähnung in der ersten Instanz nicht auf einer Nachlässigkeit der Beklagtenseite beruht hat. Allein der Umstand, dass der von der Beklagtenseite behauptete Abrechnungsfehler nicht dem Beklagten selbst, sondern seinem Steuerberater bei der Erstellung des Jahresabschlusses aufgefallen ist, steht einer Nachlässigkeit der Beklagtenseite nicht entgegen. Der Vortrag ist überdies nicht hinreichend substantiiert, weil nicht näher dargelegt wird, wann diese Feststellung getroffen und wann sie dem Beklagten mitgeteilt worden sein soll.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Zurückweisung der beklagtenseitigen Hilfsaufrechnung nach § 533 ZPO erfolgt streitwertneutral (vgl. BGH vom 31.7.2001, Az. XI ZR 217/01; OLG München vom 17.6.2010, Az. 7 U 4134/09; Schindler, in: BeckOK Kostenrecht, 45. Ed. Stand 1.1.2024, GKG, § 45 Rn. 29).