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KG zur Frage der Einordnung eines typengemischten Vertrages und des Anspruchs auf Bauhandwerkersicherheit

vorgestellt von Thomas Ax

§ 650f BGB findet auf einen typengemischten Vertrag Anwendung, wenn er jedenfalls seinem Schwerpunkt nach ein Bauvertrag ist. Für die Abgrenzung von Kauf- und Werklieferungsverträgen einerseits und Werkverträgen andererseits ist maßgeblich, auf welcher der Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liegt. Liegt der Schwerpunkt des Vertrags auf der mit dem Warenumsatz verbundenen Übertragung von Eigentum und Besitz, liegt ein Kauf- oder Werklieferungsvertrag vor. Liegt der Schwerpunkt des Vertrags dagegen nicht auf dem Warenumsatz, sondern schuldet der Unternehmer die Herstellung eines funktionstauglichen Werks, ist ein Werkvertrag anzunehmen (BGH, Urteil v. 30.08.2018 – VII ZR 243/17 – Rn. 25). Je mehr die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz der zu montierenden Sache auf den Vertragspartner im Vordergrund steht und je weniger dessen individuelle Anforderungen und die geschuldete Montage- und Bauleistung das Gesamtbild des Vertragsverhältnisses prägen, desto eher ist die Annahme eines Kaufvertrags mit Montageverpflichtung geboten (BGH, Urteil v. 19.07.2018 – VII ZR 19/18 – Rn. 19). Dass der Warenwert einem Vielfachen der Montagekosten entspricht, steht der Annahme eines Werkvertrags bei der gebotenen Gesamtbetrachtung aber nicht entgegen (BGH, Urteil v. 30.08.2018, a.a.O., Rn. 30: Werkvertrag, auch wenn Warenwert dem Vierfachen der Montagekosten entspricht). Richtet sich in einem Vertrag mit Elementen von Kauf- und Werkvertrag die Vergütung des Leistungserbringers – insbesondere ihre Fälligkeit – nach dem Werkvertragsrecht, so spricht dies dafür, auch den Sicherungsanspruch des Bauunternehmers aus § 650f auf den Vertrag anzuwenden.
KG, Beschluss vom 29.10.2024 – 21 U 52/24
Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit nach § 650f BGB.

Die Parteien schlossen am 28.04.2021 einen als “Werkvertrag über Bauleistungen als Pauschalvertrag” bezeichneten Vertrag über die Elektroinstallation in einem Hochhaus-Neubau mit einem Pauschalfestpreis von 1.950.000,00 EUR netto. Nach dem zugrundeliegenden Leistungsverzeichnis gehörten zum Leistungssoll auch Elektrobauteile. Hierzu zählten unter anderem Beleuchtungsanlagen mit einem Nettopreis von 700.257,35 EUR, wovon auf 255 Stehlampen ein Betrag von 506.530,- EUR netto entfiel, sowie Niederspannungsinstallations-Geräte mit einem Preis von 404.567,43 EUR netto.

Die Parteien streiten insbesondere über die rechtliche Einordnung des Vertrags verbunden mit der Frage, ob die Vergütungsansprüche der Klägerin über § 650f BGB sicherbar sind.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Berlin II vom 07.03.2024 Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage auf Erbringung der Bauhandwerkersicherheit nach § 650f BGB stattgegeben. Der streitgegenständliche Vertrag sei bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung als Werkvertrag einzustufen, weil der Schwerpunkt auf der Herstellung einer funktionsfähigen Elektroinstallation nebst Beleuchtungsanlage und nicht auf dem bloßen Erwerb von Beleuchtungsmitteln und Elektrobauteilen liege. Dieser Werkvertrag sei zudem als Bauvertrag im Sinne von § 650a Abs. 1 Satz 1 BGB einzuordnen, weil die Elektroinstallationsarbeiten zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Neubaus erforderlich und von wesentlicher Bedeutung seien. Die Klägerin könne deshalb für die nicht gezahlte Vergütung aus dem streitgegenständlichen Bauvertrag Sicherheit nach § 650f BGB verlangen. Die von der Beklagten im Rahmen der Schlussrechnungsprüfung vorgenommenen Abzüge seien unberechtigt. Der Beklagten stehe kein Anspruch auf Zahlung einer Umlage wegen Baustellenkoordination in Höhe von 1 % der Nettoabrechnungssumme zu. Die in Ziff. IV.3. enthaltene Regelung verstoße als von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung (nachfolgend: AGB) gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und sei unwirksam. Die Beklagte sei mangels Anspruchsgrundlage auch nicht berechtigt, einen Abzug wegen nicht vorgelegter Bautenstandsberichte vorzunehmen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.

Die Beklagte rügt:

Der streitgegenständliche Vertrag sei nicht als Bauvertrag zu qualifizieren, so dass § 650f BGB keine Anwendung finde. Der Vertrag erweise sich vielmehr bezüglich des bloßen Erwerbs und der Lieferung von Leuchtmitteln als reiner Kaufvertrag gemäß § 433 Abs. 1 BGB. Mit Blick auf die Installation und Montage von Elektrokleinbauteilen handele es sich um einen Kaufvertrag mit Montageverpflichtung gemäß § 433 Abs. 4 BGB. Das Landgericht habe diesen typengemischten Vertrag fehlerhaft insgesamt als Werkvertrag angesehen. Richtigerweise seien aber die miteinander kombinierten Vertragstypen jeweils getrennt zu betrachten und unterfielen den jeweilig geltenden Regelungen. Die Lieferung von Beleuchtungsanlagen und Niederspannungsgeräten mache einen Anteil von 1.104.824,70 EUR und mithin über die Hälfte des Pauschalpreises von 1.950.000,- EUR aus. Die Umlage wegen Baustellenkoordination sei keine AGB, weil sie zwischen den Parteien ausgehandelt worden sei. Dies ergäbe sich aus den handschriftlichen Eintragungen im Verhandlungsprotokoll. Ferner unterliege die Regelung gemäß § 307 Abs. 3 BGB keiner Inhaltskontrolle. Darüber hinaus sei die Regelung für die Klägerin nicht nachteilig. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten habe das Landgericht nicht zusprechen dürfen, weil die Klägerin eine Zahlung nicht nachgewiesen habe und die Beklagte nicht in Verzug gewesen sei.

Die Beklagte beantragt in der Berufungsinstanz,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin II vom 7. März 2024 zum Az. 28 O 127/23 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat von einer näheren Berufungserwiderung abgesehen, nachdem der Senat mit Beschluss vom 17.07.2024 darauf hingewiesen hat, dass er die Berufung zurückzuweisen beabsichtige.

Der Senat hat die Beklagte durch Beschluss vom 17. Juli 2024 nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO unter Einräumung einer Gelegenheit zur Stellungnahme binnen sechs Wochen nach Zustellung darauf hingewiesen, dass und aus welchen Gründen er beabsichtigt, die Berufung zurückzuweisen. Der Beklagten ist auf ihren Antrag hin eine Fristverlängerung bis zum 16. September 2024 bewilligt worden. Sie hat durch ihre Prozessbevollmächtigten mit Schriftsätzen vom 16. September 2024 und vom 09. Oktober 2024, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, zu dem Hinweis des Senats Stellung genommen.

II.

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Berlin II vom 07.03.2024, Aktenzeichen 28 O 127/23, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

A.

Zur Begründung wird auf den Hinweis des Senats vom 17.07.2024 Bezug genommen, in dem unter anderem heißt:

1. Rechtliche Einordnung des Vertrags

Das Landgericht hat den streitgegenständlichen Vertrag zutreffend als Bauvertrag gemäß § 650a Abs. 1 BGB eingeordnet.

a. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Abgrenzung zwischen Kauf-, Werklieferungs-, Kaufvertrag mit Montageverpflichtung und Werkvertrag nach dem Schwerpunkt der geschuldeten Leistung vorzunehmen.

Für die Abgrenzung von Kauf- und Werklieferungsverträgen einerseits und Werkverträgen andererseits ist maßgeblich, auf welcher der Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liegt. Liegt der Schwerpunkt des Vertrags auf der mit dem Warenumsatz verbundenen Übertragung von Eigentum und Besitz, liegt ein Kauf- oder Werklieferungsvertrag vor. Liegt der Schwerpunkt des Vertrags dagegen nicht auf dem Warenumsatz, sondern schuldet der Unternehmer die Herstellung eines funktionstauglichen Werks, ist ein Werkvertrag anzunehmen (BGH, Urteil v. 30.08.2018 – VII ZR 243/17 – Rn. 25). Je mehr die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz der zu montierenden Sache auf den Vertragspartner im Vordergrund steht und je weniger dessen individuelle Anforderungen und die geschuldete Montage- und Bauleistung das Gesamtbild des Vertragsverhältnisses prägen, desto eher ist die Annahme eines Kaufvertrags mit Montageverpflichtung geboten (BGH, Urteil v. 19.07.2018 – VII ZR 19/18 – Rn. 19). Dass der Warenwert einem Vielfachen der Montagekosten entspricht, steht der Annahme eines Werkvertrags bei der gebotenen Gesamtbetrachtung aber nicht entgegen (BGH, Urteil v. 30.08.2018, a.a.O., Rn. 30: Werkvertrag, auch wenn Warenwert dem Vierfachen der Montagekosten entspricht).

Nach diesen Maßgaben ist hier im Rahmen einer Gesamtwürdigung von einem Werkvertrag auszugehen wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Nach dem Vertragsinhalt lag der Schwerpunkt des Vertrags nicht in einem Warenumsatz, sondern in der funktionstauglichen Errichtung der Elektroinstallation unter Lieferung der Einzelteile inklusive der Beleuchtungsmittel. Der Einbau der Elektroinstallation stellt sich auch nicht als bloße Ergänzung zu der geschuldeten Lieferung der Endgeräte dar. Denn die Beklagte hatte die den Vertrag prägende Aufgabe, die Elektroinstallation funktionsfähig und vollständig in dem Neubau vom Erdgeschoss bis zum 4. OG zu errichten. Laut Leistungsverzeichnis (nachstehend: LV; Anlage K2, Seite 12) betrifft die Elektroinstallation den Mietbereich x und enthält alle Leistungen, um die weiteren Mietbereiche y und z zu einem späteren Zeitpunkt mit einzubinden, so dass die gesamte Einheit als Ganzes funktionsfähig ist. Das LV geht weit über die bloße Lieferung und Eigentumsverschaffung von Einzelteilen hinaus.

Eine Aufsplittung des Vertrags mit der Folge einer partiellen Anwendung der Regelungen zum Kaufvertrag, ggf. mit Montageverpflichtung einerseits und Werkvertragsrecht andererseits, ist auch bei einer wertmäßigen Betrachtung der jeweiligen Positionen des Leistungsverzeichnisses (im Folgenden: LV) nicht veranlasst. Gegenüber der erfolgsorientierten Verpflichtung treten die kaufvertraglichen Elemente des Vertrags zurück, auch wenn die hierauf bezogenen Angebotspreise mit einem nicht unbeträchtlichen Anteil in den Pauschalpreis von 1.950.000,- EUR eingeflossen sein mögen. So entfiel auf die Lieferung von Stehlampen ein Angebotspreis von 506.530,- EUR, auf Beleuchtungsanlagen (Tisch-, Decken, Feuchtraumleuchten) ein Angebotspreis von 770.257,35 EUR und auf die die zu liefernden und zu montierenden Niederspannungsgeräte (Bodentanks, Steckdosen, Bewegungsmelder) ein Angebotspreis von 404.567,43 EUR. Bei dem wertmäßigen Vergleich der jeweiligen Positionen des LVs ist jedoch zu beachten, dass die Eventualpositionen für besondere Arbeitsleistungen im unverpreisten LV (Anlage K 2, Seite 84) mit “NEP” – nur Einheitspreis – und im verpreisten LV (Anlage K2a, Seite 5) nicht wertmäßig in das Pauschalangebot eingeflossen sind. Der Anteil für Personalkosten im Zuge der Herstellung des Werks ist deshalb bereits in den Einheitspreisen inkludiert. Dies betrifft auch die in die Gesamtleistung zu integrierenden Einzelteile, so dass allein aus dem Wert von Positionen des verpreisten LVs nicht auf den Charakter des Vertrags geschlossen werden kann.

Der Senat folgt der Ansicht der Beklagten nicht, dass die Klägerin mit dem Hinweis in ihrem Angebot, wonach die aktuellen Starkstrompläne x beizulegen sind, ihre Leistung auf die reine Lieferung bzw. Lieferung und Montage von Komponenten beschränkt hat. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag erweist sich eindeutig als Werkvertrag, weil die Klägerin gerade eine funktionsfähige Elektroinstallation als Gesamtleistung schuldete.

b. Völlig zu Recht ist das Landgericht bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung des maßgeblichen Gepräges des Vertrags von einem Bauvertrag gemäß § 650 a BGB ausgegangen. Auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.

2. Keine Abzüge

Die Beklagte ist nicht berechtigt, Abzüge wegen der Umlage für die Baustellenkoordination vorzunehmen, weil Ziff. IV.3 des Vertrags gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB verstößt. Der Senat hat die Ausführungen der Beklagten in der Klageerwiderung vom 10.08.2023 (Seite 5) sowie im Schriftsatz vom 22.09.2023 (Seite 6 ff) bei dieser Würdigung berücksichtigt.

a. Die streitgegenständliche Umlageregelung stellt eine AGB im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Das Landgericht hat ausführlich begründet, weshalb die AGB als von der Beklagten gestellt anzusehen ist (Seite 9 ff des Urteils). Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an.

Die Darlegungs- und Beweislast, dass die vertraglichen Regelungen zwischen den Parteien inhaltlich und der Höhe nach individuell verhandelt wurden, trägt die Beklagte als Verwenderin (vgl. BGH, Urteil v. 20.03.2014 – VII ZR 248/13 – Rn. 27).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfordert Aushandeln gemäß § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB mehr als Verhandeln. Von einem Aushandeln in diesem Sinne kann nur dann gesprochen werden, wenn der Verwender zunächst den in seinen AGB enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt, also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung ändernden oder ergänzenden Bestimmungen, inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Er muss sich also deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung einzelner Klauseln bereit erklären. In aller Regel schlägt sich eine solche Bereitschaft auch in erkennbaren Änderungen des vorformulierten Textes nieder. Allenfalls unter besonderen Umständen kann eine Vertragsklausel auch dann als Ergebnis eines Aushandelns gewertet werden, wenn es schließlich nach gründlicher Erörterung bei dem gestellten Entwurf verbleibt (BGH, Urteil v. 22.11.2012 – VII ZR 222/12 – Rn. 10).

Dass die Höhe der Pauschale für eine Kostenbeteiligung an der Beseitigung von Bauschutt durch eine handschriftliche Ergänzung des vorgedruckten Textes festgelegt wurde, nimmt der Klausel nicht ihren Charakter als AGB (vgl. OLG Brandenburg, Urteil v. 20.08.2020 – 12 U 34/20 -).

So liegt der Fall hier. Zwar können nachträgliche Änderungen im Vertragstext ein Indiz für eine Individualvereinbarung sein. Vorliegend sind in Ziff. 11.2-4 auch handschriftliche Streichungen und Änderungen eingetragen (Anlage B 1, Seite 7). Die in Rede stehende Umlage für Baustellenkoordination ist aber gerade nicht handschriftlich verändert. Vor diesem Hintergrund vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass die Beklagte diese Regelung vollumfänglich zur Disposition gestellt und mit der Klägerin ausverhandelt hat. Dies erscheint zwar möglich, weil die benachbarten Regelungen abgeändert wurden. Hierauf lässt sich aber nicht zwingend schließen. Den handschriftlichen Änderungen an anderer Stelle kann ebenso gut die indizielle Bedeutung zukommen, dass die unveränderten Textpassagen zwischen den Parteien gar nicht angesprochen wurden. Weitergehenden Tatsachenvortrag, auf dessen Grundlage ein Aushandeln gemäß den höchstrichterlichen Vorgaben festzustellen wäre, hat die Beklage nicht gehalten. Sie hat über die Vorlage des Verhandlungsprotokolls hinaus auch keinen Beweis angetreten.

b. Die Regelung ist als AGB auch inhaltlich gemäß §§ 307 ff. BGB überprüfbar.

Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nur Bestimmungen in AGB, die keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen enthalten, von der Inhaltskontrolle ausgenommen. Das gilt insbesondere für vertragliche Vereinbarungen betreffend Leistung und Gegenleistung, die von den Vertragsparteien nach dem im Bürgerlichen Recht geltenden Grundsatz der Privatautonomie frei bestimmt werden können. Allerdings führt nach der Rechtsprechung des BGH die bloße Einstellung einer Klausel in ein Regelwerk, das Preise für Einzelleistungen bei der Vertragsabwicklung festlegt, noch nicht dazu, dass die einzelne Klausel als unselbständiger Bestandteil einer “Gesamtpreisabsprache” jeder Kontrolle entzogen ist. Der klare Wortlaut des Gesetzes (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB) verlangt auch dann eine Prüfung, ob die Klausel lediglich deklaratorische Wirkung hat oder ob sie Rechtsvorschriften ergänzt, indem sie etwa ein Entgelt festlegt, obwohl eine Leistung für den Vertragspartner nicht erbracht wird. Der Begriff der Leistung steht nicht zur Disposition des Verwenders von AGB. Daher ist ohne Rücksicht auf die Preisstruktur insgesamt und die Beschaffenheit der sonstigen Einzelpreise zu überprüfen, ob der streitigen Klausel eine echte (Gegen-)Leistung zugrunde liegt oder ob es sich um eine kontrollfähige (Preisneben-)Abrede handelt, die zwar (mittelbare) Auswirkungen auf Preis und Leistung hat, an deren Stelle aber, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt, dispositives Gesetzesrecht treten kann (BGH, Urteil v. 22.11.2012 – VII ZR 222/12 – Rn. 16 m.w.N.; BGH, Urteil v. 11.07.2019 – VII ZR 266/17 – Rn. 19; BGH, Urteil v. 18.01.2017 – VIII ZR 263/15 – Rn. 27 f).

Bei Anwendung dieser Grundsätze unterliegt die Klausel der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle. Auf die Ausführungen der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.

c. Die Regelung der Kostenbeteiligung in Ziffer IV.3. des Verhandlungsprotokolls hält einer Inhaltskontrolle nicht stand, vielmehr ist eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin anzunehmen. Auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung wird verwiesen. Die pauschale Behauptung der Beklagten in der Berufungsbegründung, die Klägerin erhielte durch die Regelung wirtschaftliche Vorteile, kann der Senat nicht nachvollziehen. Denn die Regelung weicht von den wesentlichen Grundgedanken aus § 634 BGB bzw. § 13 Abs. 5 VOB/B ab und belastet die Klägerin mit einem Pauschalabzug unabhängig von ihrem Verursachungsbeitrag (vgl. OLG Brandenburg, Urteil v. 20.08.2020 – 12 U 34/20 -).

d. Zu dem in erster Instanz streitigen Abzug wegen nicht vorgelegter Bautenstandsberichte verhält sich die Berufungsbegründung nicht. 

3. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte auch zur Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt, §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB.

Gegen die Würdigung der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme durch das Landgericht ist nichts zu erinnern. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ausgesagt hat, von S bezahlt worden zu sein, ist dies in Anbetracht des Beweisthemas “Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten durch die Klägerin” nur als Zahlung der Klägerin zu verstehen. Denn S ist der Geschäftsführer der Klägerin. Aus dem Gesamtzusammenhang der Aussage des Klägervertreters im Rahmen seiner Vernehmung als Zeuge ergibt sich, dass es ausschließlich um eine Zahlung für die Klägerin ging.

Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt für die Frage des Verzugs nicht auf das Datum der Schlussrechnung an. Die Klägerin konnte die Sicherheit gemäß § 650f BGB jederzeit nach Vertragsschluss beanspruchen. Die Klägerin hatte die Beklagte hierzu unter Fristsetzung bis zum 16.05.2023 aufgefordert. Nach fruchtlosem Fristablauf befand sich die Beklagte in Verzug.”

B.

Auch die Ausführungen in der Gegenerklärung mit Schriftsätzen vom 16. September 2024 sowie vom 9. Oktober 2024 geben zu einer Änderung der rechtlichen Würdigung keinen Anlass.

Der Senat führt insoweit aus:

1. Der Senat hält nach erneuter Prüfung unter Einbeziehung der von der Beklagten herangezogenen Argumentation an der rechtlichen Einordnung des Vertrages fest. § 650f BGB findet auf den Vertrag insgesamt Anwendung.

Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt der Beklagten, wonach der vorliegende Vertrag als typengemischter Vertrag anzusehen ist.

Sofern in einem Vertrag unterschiedliche Leistungen vereinbart sind, ist die Frage, welche Rechtsnormen auf die aufgrund selbständiger Verpflichtungen erbrachten Leistungen anzuwenden sind, nach den Grundsätzen für gemischte oder zusammengesetzte Verträge zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil v. 13.09.2007 – I ZR 207/04 -). Haben die Vertragsparteien keine ausdrückliche Abrede darüber getroffen, welche Rechtsvorschriften auf die einzelnen Teile ihrer vertraglichen Abreden anzuwenden sind, ist bei der Beurteilung maßgeblich auf die besonderen Umstände des Einzelfalls, auf die Interessenlage der Vertragsparteien sowie auf Sinn und Zweck der vertraglichen Vereinbarungen abzustellen (BGH, a.a.O.; vgl. BGH, Urteil v. 21.11.1985 – VII ZR 366/83 -; BGH, Urteil v. 05.04.1979 – VII ZR 308/77 -; vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 26.11.2019 – 21 U 4/19 -; BeckOK BGB/Gehrlein 71. Ed. 1.8.2024, BGB § 311 Rn. 21). Nichts anderes besagt die von der Beklagte herangezogene Entscheidung des OLG München (Urteil v. 09.04.2024 – 9 U 4221/23 Bau -).

Die Würdigung dieser Aspekte führt im vorliegenden Fall dazu, dass auf den gesamten Vertrag Werkvertragsrecht anzuwenden ist.

a. Die Vereinbarungen der Vertragsparteien sind hier nicht so zu verstehen, dass es sich bei der Verpflichtung, die Elektroinstallation im Neubau für die gesamte Einheit funktionsfähig und vollständig zu erstellen, und der Verpflichtung zur Lieferung von Leuchtmitteln um abgrenzbare und selbstständig zu behandelnde Vertragsteile handelt. Aus dem Vertrag lässt sich gerade nicht herleiten, dass die Klägerin unabhängig von ihrer Werkleistung eine weitere selbstständige Hauptleistung übernahm. Vielmehr war die Lieferung von Material und Leuchtmitteln lediglich die Voraussetzung dafür, dass die Klägerin ihren werkvertraglichen Pflichten nachkommen konnte, die in der funktionsfähigen Neuerrichtung der Elektroinstallation in einem Neubau vom Erdgeschoss bis zum 4. OG bestand. Um zu bestimmen welche der beiden Leistungen – Neuerrichtung der Elektroinstallation einerseits und die Lieferung von Leuchtmitteln andererseits – entscheidend für die Vertragsnatur ist, kommt es nicht auf eine quantitative Bewertung der unterschiedlichen Vertragsbestandteile an (soweit sie anhand der Preisvereinbarung überhaupt möglich ist), sondern auf eine qualitative Beurteilung. Bei dieser hat die Erreichung des funktionalen Werkerfolgs den Vorrang. Denn die Klägerin verpflichtete sich zur Erstellung der Elektroinstallation nicht unabhängig von der Lieferung der Leuchtmittel. Vielmehr war die Neuerrichtung der Elektroinstallation so auszurichten, dass die Einbindung der zu liefernden Leuchtmittel in der ganzen Einheit funktionstüchtig gewährleistet war. Der Schwerpunkt der Leistung liegt deshalb in der Herstellung eines funktionstüchtigen Werks.

Nach Auffassung des Senats entspricht es deshalb im vorliegenden Einzelfall nach dem Sinn und Zweck der vertraglichen Vereinbarung der Parteien ihrem mutmaßlichen Willen, den Vertrag als einheitliches Ganzes dem Werkvertragsrecht zu unterstellen. Es besteht nicht ein einziger objektiver Anknüpfungspunkt dafür, dass die Parteien auf die jeweiligen Leistungspflichten unterschiedliche Rechtsvorschriften anwenden wollten.

b. Die Interessen der Klägerin als Auftragnehmerin sind vorliegend nicht gewahrt, wenn kaufvertragliche Elemente aus dem einheitlichen Vertrag herausgelöst und insoweit die Anwendung werkvertraglicher Regelungen versagt werden. Hierdurch würden die Interessen der beklagten Auftraggeberin einseitig in nicht angemessener Weise privilegiert. Denn nach den Vereinbarungen der Parteien ist die gesamte Zahlung dem Werkvertragsrecht und der VOB/B unterstellt, so dass eine Zahlung – auch für die kaufvertraglichen Bestandteile des Vertrags – erst mit der Abnahme bzw. der Erteilung einer prüffähigen Schlussrechnung fällig wird, §§ 641, 650g Abs. 4 BGB, §§ 14, 16 VOB/B. Eine Teilabnahme haben die Parteien gerade nicht vereinbart. Im Gegensatz dazu sehen die Regelungen des Kaufvertragsrechts gemäß § 433 Abs. 1 und 2 BGB eine Zahlungspflicht Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung sowie die Möglichkeit eines Eigentumsvorbehalts gemäß § 449 BGB vor. Es ist nach dem Vertrag nicht ersichtlich, dass die Parteien für irgendeinen Leistungsteil abweichende Zahlungsmodalitäten zu den im Übrigen geltenden Regelungen vereinbaren wollten. Es entspricht nach den vertraglichen Regelungen ganz offenbar nicht dem Interesse des Auftragnehmers, auf die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts und den Schutz des § 650f BGB hinsichtlich eines wertmäßig beträchtlichen Teils des Pauschalpreises zu verzichten. Bei der Abwägung der wechselseitigen Interessenlagen wird auch durch die vereinbarte Vorauszahlung in Höhe von 10 % der Nettoauftragssumme und die Möglichkeit von Abschlagszahlungen kein angemessener Ausgleich zugunsten des Auftragnehmers hergestellt, weil diese Zahlungen im Gegensatz zu einer Kaufpreiszahlung lediglich vorläufig sind. Das Interesse des Auftraggebers, für die Vergütung der kaufvertraglichen Elemente des Vertrags keine Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB leisten zu müssen ist nicht schutzwürdig, wenn es sich wie hier um einen einheitlichen Pauschalfestpreis handelt, bei dem die Personalkosten im Zuge der Herstellung des Werks in den Einheitspreisen enthalten sind. Beide Teile des Vertrages sind schon aus kalkulatorischen Gründen untrennbar. Das Gesamtgepräge des Vertrags stellt ein einheitliches Ganzes dar und kann deshalb bei der rechtlichen Beurteilung nicht in seine verschiedenen Bestandteile zerlegt werden.

c. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass die Lieferung und der Erwerb der Stehlampen für die Herbeiführung des Werkerfolgs im Übrigen nicht erforderlich gewesen sei, trifft dies nicht zu. Denn die Parteien haben gerade vereinbart, dass die Leistungspflicht der Klägerin in der Elektroinstallation unter Einbindung dieser Leuchtmittel bestand. Das von der Klägerin geschuldete funktionstüchtige Elektroinstallationssystem war auf die Integration dieser Bestandteile ausgerichtet.

2. Das Landgericht hat im Rahmen der Beweiswürdigung die Vorgaben des § 286 Abs. 1 ZPO beachtet. Es ist nicht festzustellen, dass das Landgericht die Zeugenaussage des Klägervertreters in unzulässiger Weise umgedeutet oder ausgelegt hat, vielmehr ist die Beweiswürdigung von der protokollierten Zeugenaussage gedeckt.

§ 286 ZPO verpflichtet das Gericht zu einer umfassenden Würdigung der Ergebnisse der Beweisaufnahme, wobei es die erforderliche Überzeugung aus dem Inbegriff der mündlichen Verhandlung zu schöpfen hat und nicht durch die Art und Weise der Protokollierung begrenzt ist (vgl. BGH, Urteil v. 14.10.1981 – IVa ZR 152/80 -; vgl. BGH, Urteil v. 18.12.1984 – VI ZR 56/83 -).

Nach dieser Maßgabe geht die Annahme der Beklagten, das Landgericht habe nicht protokollierte Umstände der Zeugenaussage bei seiner Beweiswürdigung nicht berücksichtigen dürfen, bereits im Ansatz fehl. Das Landgericht hat die Aussage des Zeugen ausweislich der Urteilsgründe dahin verstanden, dass die Klägerin die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten gezahlt hat. Ein Widerspruch zu der protokollierten Zeugenaussage ist nicht ersichtlich. Ausgehend von der Beweisfrage, ob die Rechnung vom 24.05.2023 von der Klägerin beglichen worden sei, hat der Zeuge zunächst allgemein ausgeführt, wie er die Rechnungslegung gegenüber seinen Mandanten handhabe. Die protokollierte Passage “Ich habe dann eine Rechnung gelegt. Und mir ist aufgefallen, dass das Angenehme an S ist, dass die Rechnungen dann auch zeitnah beglichen werden. Hier war es ebenfalls so.” ist nicht anders zu verstehen, als dass eine Rechnungslegung an die Mandantin, hier die Klägerin, erfolgt ist und nicht an deren Geschäftsführer S persönlich. Gleiches gilt für das Verständnis des Landgerichts, dass die Zahlung dieser an die Klägerin gerichteten Rechnung auch für die Klägerin erfolgte. Das Landgericht hielt die Aussage des Zeugen im Sinne der Bestätigung der Beweisfrage ganz offensichtlich für ausreichend. Dieses Verständnis des Inhalts der Zeugenaussage lässt sich auch auf deren Niederschrift stützen, ohne dass Zweifel oder Interpretationsspielräume verbleiben. Eine vom Wortsinn abweichende Auslegung der Zeugenaussage durch die Beklagte hat sich zudem keine der Parteien zu eigen gemacht.

Eine erneute Vernehmung des Zeugen durch den Senat ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht veranlasst. Gemäß § 529 Abs. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen schon dann vor, wenn aus Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (BGH, Urteil v. 15.07.2003 – VI ZR 361/02 -). Die erneute Vernehmung eines Zeugen ist unter anderem eröffnet, wenn das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit eines Zeugen anders beurteilen will als die Vorinstanz oder wenn es die protokollierten Angaben eines Zeugen für zu vage und präzisierungsbedürftig hält oder die protokollierte Aussage eines Zeugen anders verstehen will als der Richter der Vorinstanz (BGH, Urteil v. 29.01.1991 – XI ZR 76/90 -, m.w.N; BGH, Urteil v. 17.07.2002 – VIII ZR 151/01 -, m.w.N.; vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 34. Aufl., § 529, Rn. 12; vgl. BGH, Urteil v. 24.04.2001 – VI ZR 258/00 -). Der Senat hat indes keinen Anlass, die protokollierte Aussage des Zeugen in einem vom Verständnis des Landgerichts abweichenden Sinn aufzufassen.

Die von der Beklagten gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage und die Glaubwürdigkeit des Zeugen herangezogenen Indizien vermögen die vom Landgericht getroffene Beurteilung nicht zu erschüttern. Der Zeuge hat sich auf Nachfrage des Beklagtenvertreters auch zu dem Thema eines urkundlichen Zahlungsnachweises geäußert. Der Umstand, dass der Beklagtenvertreter bei einer Einsicht in die Geschäftsunterlagen der Beklagten keine Unterlagen aufgefunden hat, die eine Zahlung der Klägerin an ihren Bevollmächtigten belegen, reicht nicht aus, um die Voraussetzungen für eine Wiederholung der Beweisaufnahme anzunehmen. Es kann deshalb dahinstehen, ob dieses neue Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO überhaupt zulässig ist. Die Richtigkeit und Zulässigkeit dieser Behauptung unterstellt, stellt dies keinen Anknüpfungspunkt dar für die Annahme, die erstinstanzlichen Feststellungen hätten keinen Bestand.