Nach § 3 RDG ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das Rechtsdienstleistungsgesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.
Nach § 2 Abs. 1 RDG ist eine Rechtsdienstleistung jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine Prüfung des Einzelfalls erfordert. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfasst diese Vorschrift jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen, die über die bloße schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht. Ob es sich um eine einfache oder schwierige Rechtsfrage handelt, ist unerheblich (BGH, Urteil vom 31. März 2016 – I ZR 88/15 Rn. 23, NJW 2016, 3441).
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Ziel dieser Regelungen ist es einerseits, diejenigen, die in einem nicht spezifisch rechtsdienstleistenden Beruf tätig sind, in ihrer Berufsausübung nicht zu behindern und andererseits, den erforderlichen Schutz der Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rechtsrat zu gewährleisten (BGH, Urteil vom 31. März 2016 – I ZR 88/15 Rn. 32, NJW 2016, 3441; BT-Drucks. 16/3655, S. 51).
Der Architekt hat die Pflicht, die Leistungen zu erbringen, die erforderlich sind, um die mit dem Besteller vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Dieses Aufgabengebiet und damit das Berufsbild des Architekten hat in vielfacher Hinsicht Berührungen zu Rechtsdienstleistungen. So kann es zum Erreichen der vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele notwendig sein, über Kenntnisse des öffentlichen und privaten Baurechts zu verfügen und diese in der Beratung des Bauherrn umzusetzen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Architekt als geschäftlicher Oberleiter, sachkundiger Berater und Betreuer des Bauherrn nicht unerhebliche Kenntnisse des Werkvertragsrechts, des BGB und der entsprechenden Vorschriften der VOB/B besitzen (BGH, Urteil vom 26. April 1979 – VII ZR 190/78, BGHZ 74, 235, 238). Die Tätigkeit des Architekten kann zudem erfordern, dem Bauherrn das planerische, wirtschaftliche und rechtliche Umfeld des Vorhabens zu erläutern und in diesem Zusammenhang öffentlich-rechtliche Vorschriften zum Bauplanungs- und Bauordnungsrecht in seine Beratung einzubeziehen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2021 – I ZR 227/19 Rn. 52, BauR 2021, 990 = NZBau 2021, 259). Insoweit soll der Architekt in seiner Berufsausübung durch das Rechtsdienstleistungsgesetz nicht behindert werden.
Der Architekt ist jedoch nicht einem Rechtsberater des Bauherrn gleichzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2021 – I ZR 227/19 Rn. 53, BauR 2021, 990 = NZBau 2021, 259; Urteil vom 25. Oktober 1984 – III ZR 80/83, NJW 1985, 1692, 1693 zu 2). Eine allgemeine Rechtsberatung wird von dem Berufsbild des Architekten nicht erfasst, da es insoweit an einer hinreichenden juristischen Qualifikation fehlt. Insoweit greift der Zweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes, den Schutz der Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rechtsrat zu gewährleisten.
Bspw geht die Zurverfügungstellung einer der Interessenlage der Klägerin entsprechenden Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern über die typischerweise mit der Verwirklichung von Planungs- und Überwachungszielen verbundenen Aufgaben und damit über das Berufsbild des Architekten hinaus. Denn die Erfüllung einer solchen Pflicht erfordert qualifizierte Rechtskenntnisse, wie sie grundsätzlich nur in der Anwaltschaft vorhanden sind. Es bedarf deshalb des Schutzes des Bauherrn als Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rat (vgl. Keldungs, Festschrift Ulrich Werner, S. 81, 86; Rath, Festschrift Koeble, S. 457, 460). Demgegenüber wird der Architekt in seiner Berufsausübung nicht behindert, da er die mit dem Bauherrn vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele erreichen kann, ohne selbst eine Skontoklausel zur Verfügung zu stellen, die die Interessenlage des Bauherrn im Verhältnis zu den bauausführenden Unternehmern abbildet. Der Architekt muss den Bauherrn nur darauf hinweisen, dass ihm eine solche Tätigkeit nicht erlaubt ist und sich der Bauherr insoweit an einen Rechtsanwalt zu wenden hat (vgl. schon zum Rechtsberatungsgesetz Kniffka, ZfBR 1994, 253, 256; vgl. des Weiteren Kniffka/Jurgeleit – Zahn, Bauvertragsrecht, 4. Aufl., § 650p Rn. 152). Die vom Senat getroffene Auslegung des Rechtsdienstleistungsgesetzes verletzt deshalb den Beklagten nicht in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).
Eine solche Rechtsdienstleistung ist des Weiteren durch Anlage 11 Leistungsphase 7 h) zu § 33 Satz 3 HOAI (2009) weder unmittelbar noch mittelbar erlaubt.
Nach dieser Regelung erhält ein Architekt ein Entgelt für das “Mitwirken bei der Auftragserteilung”. Insoweit wird vertreten, der Architekt sei verpflichtet, Verträge zu entwerfen bzw. sämtliche Vertragsunterlagen zusammenzustellen, die auf die Interessen des Bauherrn abgestellt sind (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 26. September 2002 – 12 U 63/02, BauR 2003, 1751 = NZBau 2003, 684, juris Rn. 24; Locher/Koeble/Frik-Koeble, Kommentar zur HOAI, 15. Aufl., § 34 Rn. 205; Langen, AnwBl. 2009, 436, 438; Bruns, NZBau 2007, 737, 738; Preussner, Architektenrecht, 2. Aufl., Teil D Rn. 84 f.; ähnlich Korbion in Korbion/Mantscheff/Vygen, Kommentar zur HOAI, 9. Aufl., § 34 HOAI Rn. 239; a.A. Scholtissek, HOAI, 2. Aufl., § 34 Rn. 297; Keldungs, Festschrift Ulrich Werner, S. 81, 85 f.; Rath, Festschrift für Koeble, S. 457, 460). Soweit der Verordnungsgeber insbesondere für rechtsbesorgende Tätigkeiten im Rahmen der HOAI eine Vergütung vorgesehen habe, sei damit ein Erlaubnistatbestand im Sinne von § 5 Abs. 1 RDG geschaffen, weil ansonsten eine Leistung vergütet werde, die wegen § 134 BGB nicht wirksam vereinbart werden könne (Locher/Koeble/Frik-Locher, Kommentar zur HOAI, 15. Aufl., Einl. Rn. 209; vgl. zudem Langen AnwBl. 2009, 436, 438).
Ein Erlaubnistatbestand im Sinne von § 5 Abs. 1 RDG kann unmittelbar aus Anlage 11 Leistungsphase 7 h) zu § 33 Satz 3 HOAI (2009) bereits deshalb nicht abgeleitet werden, weil der Verordnungsgeber durch die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in Art. 10 § 1 MRVG nicht ermächtigt wurde, Erlaubnistatbestände für die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen im Sinne von § 3 RDG zu regeln.
Gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der dem Verordnungsgeber erteilten Ermächtigung in dem ermächtigenden Gesetz bestimmt werden. Beachtet die Verordnung diese Grenzen der Ermächtigung nicht, ist sie insoweit unwirksam (vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Juli 1999 – 2 BvF 3/90, BVerfGE 101, 1, juris Rn. 111 ff.; BGH, Urteil vom 24. April 2014 – VII ZR 164/13 Rn. 13 ff., BGHZ 201, 32). Mit Art. 10 § 1 MRVG hat der Gesetzgeber die Bundesregierung ausschließlich ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats eine Honorarordnung für Ingenieur- und Architektenleistungen zu erlassen. Art. 10 § 1 MRVG enthält dagegen über die reinen Honorarregelungen hinaus keine Ermächtigung, das Architekten- und Ingenieurrecht zu gestalten und beispielsweise Erlaubnistatbestände für grundsätzlich unzulässige Rechtsdienstleistungen zu normieren. Dementsprechend ist Anlage 11 Leistungsphase 7 zu § 33 HOAI Satz 3 (2009) verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass diese Regelung keinen Erlaubnistatbestand im Sinne von § 3 RDG enthält.
Aus Anlage 11 Leistungsphase 7 h) zu § 33 Satz 3 HOAI (2009) kann daher auch nicht mittelbar geschlossen werden, eine Vereinbarung über die Zurverfügungstellung einer Skontoklausel, die die Interessen des Bauherrn berücksichtigt, zur Verwendung in den Verträgen mit bauausführenden Unternehmern sei vom Berufsbild des Architekten gedeckt. Eine solche Auslegung verkennt zudem das Verhältnis von formellen und materiellen Gesetzen wie dem Rechtsdienstleistungsgesetz zu bloß materiellen Gesetzen wie der HOAI als Rechtsverordnung.
Die HOAI steht als Rechtsverordnung im Rahmen der Normenhierarchie unter dem Rechtsdienstleistungsgesetz als formellem Gesetz, das deshalb Vorrangwirkung entfaltet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 1981 – 1 BvR 413/80, 768/80, 820/80, BVerfGE 56, 216, juris Rn. 74). Dementsprechend ist nicht das Rechtsdienstleistungsgesetz unter Heranziehung der Honorarregelungen der HOAI auszulegen. Vielmehr ist umgekehrt bei der Frage der Auslegung von Anlage 11 Leistungsphase 7 h) zu § 33 HOAI Satz 3 (2009) zu berücksichtigen, dass es keine Vergütung für eine Verpflichtung geben kann, die nach § 3 RDG in Verbindung mit § 134 BGB nichtig ist.
Schließlich ist eine übernommene unzulässige Rechtsdienstleistung nicht deshalb gerechtfertigt, weil der Architekt sich hinsichtlich der Skontoklausel der Hilfe eines Rechtsanwalts bedient hat. Die Einbeziehung eines Rechtsanwalts als Erfüllungsgehilfen zur Erbringung der Rechtsdienstleistung ändert nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nichts an der Unzulässigkeit der Rechtsdienstleistung und der Nichtigkeit der entsprechenden schuldrechtlichen Vereinbarung (BGH, Urteil vom 30. Juli 2019 – VI ZR 486/18 Rn. 21 m.w.N., NJW-RR 2019, 1524).
Vereinbarungen, die auf die Erbringung einer unerlaubten Rechtsdienstleistung zielen, sind nach § 134 BGB nichtig (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2019 – VIII ZR 285/18 Rn. 58 m.w.N., NJW 2020, 208).