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AG München: Bedenkenhinweispflicht auch bei Lieferung mit Aufbauverpflichtung

vorgestellt von Thomas Ax

1. Übernimmt der Unternehmer neben der Lieferung auch eine Aufbauverpflichtung (hier: für eine Duschkabine), hat er bei erkennbaren Ausführungshindernissen rechtzeitig Bedenken mitzuteilen.
2. Eine Bedenkenhinweispflichtverletzung kann nur angenommen werden, wenn der Unternehmer augenfällige Ausführungshindernisse nicht erkennt.
3. Ohne besonderen Anlass muss der Unternehmer vor Beginn der Arbeiten keine umfassende, über die Sichtkontrolle hinausgehende Prüfung des Materials auf Mängel durchführen.
AG München, Urteil vom 26.10.2023 – 191 C 10665/23

Tatbestand:

Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen der Montage einer “spiegelverkehrten” Duschwand.

Der Kläger hat über das Internet bei der Beklagten eine aus Glas gefertigte Eck-Dusche bestellt (Preis: 1.726,00 Euro). Dabei hat der Kläger bei der Bestellung die festen und beweglichen Teile falsch bestellt, so dass die Dusche nicht so wie geplant eingebaut werden kann, vielmehr hat er die Bauteile “spiegelverkehrt” bestellt. Weiter hat der Kläger die Beklagte mit der Montage der bestellten Duschkabine beauftragt, was diese als Option angeboten hatte.

Der von der Beklagten entsandte Monteur hat mit dem Aufbau begonnen, bis festgestellt wurde, dass der geplante Aufbau mit der gelieferten Ware (weil falsch bestellt) nicht möglich ist. Der Kläger leitet daraus einen Schadensersatzanspruch ab, weil der Monteur nicht schon früher (unmittelbar nach Beginn seiner Arbeit) darauf hingewiesen habe, dass die gelieferte Duschwand sich so, wie vom Kläger gewünscht, gar nicht einbauen lässt (weil “spiegelverkehrt”).

Der Kläger meint, dass er nach §§ 280 Abs. 1 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB so zu stellen ist, wie er stünde, wenn der Bedenkenhinweis in dem Zeitpunkt erteilt worden wäre, in dem die Ungeeignetheit für den Monteur erkennbar wurde. Dies sei bereits vor Montage der Fall gewesen. Der Kläger trägt weiter vor, dass er bei einem rechtzeitigen Hinweis auf die Spiegelverkehrheit der Seitenwand nicht zu den nunmehr vorhandenen Bohrlöchern in den Wandpaneelen gekommen wäre. Deren Setzen macht er als Schaden geltend (773,05 Euro; Ankauf am 29.01.2022 zu einem Gesamtpreis von 796,96 EUR; Anlage K 8). Die Duschelemente seien gar nicht erst montiert worden, weshalb auch noch ein Abbauschaden von 100,00 Euro hinzukomme.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 873,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 14.07.2022 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet eine Pflichtverletzung und einen Schaden des Klägers.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Das Gericht vermag sich insbesondere nicht davon zu überzeugen, dass dem Kläger ein Vermögensschaden entstanden ist (§ 287 ZPO).

I.

1. Das Gericht vermag dem Vortrag des Klägers schon nicht zu entnehmen, dass der Monteur der Beklagten schon vor dem Setzen der ersten Bohrlöcher auf die “Seitenverkehrtheit” der vom Kläger bestellten und ihm gelieferten Dusche hätte hinweisen müssen (§§ 276 Abs. 1, 278 BGB).

Allerdings ist dem Kläger im Ansatz zu folgen, dass die Beklagte in Ausführung ihrer Aufbauverpflichtung den Besteller auf Ausführungshindernisse hätte hinweisen müssen und insoweit den Kläger auch auf Bedenken beim gewünschten Aufbau der Dusche hätte hinweisen müssen.

Vorliegend war aber die Duschkabine nur “seitenverkehrt” und ihr Aufbau nur insoweit nicht fachgerecht möglich, als sich die transparente, unsichtbare oder kaum sichtbare Versiegelung wegen der falschen Bestellung dann nicht auf der Innenseite, sondern auf der Außenseite der Dusche befinden würde. Eine Prüfung der Dusche vor deren Aufbau, welche die Maße erfasst, hat also kein Ausführungshindernis ergeben, vielmehr war die Dusche montierbar. Eine Pflichtverletzung kann also nur daraus abgeleitet werden, dass auch die Beschichtung und damit die Spiegelverkehrtheit der angelieferten Teile schon vor dem Setzen des ersten, zweiten etc Bohrlochs vom Monteur hätte feststellt werden müssen.

Dieser “Fehler” der angelieferten Duschwand war aber nicht augenfällig. Auch vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass die Beklagte auf die Beschichtung vor Beginn der Arbeiten besonders hätte achten müssen, nachdem die erste Sichtprüfung zu den Maßen keine Bedenken wecken musste. Die Bohrlöcher wurden daher gesetzt, ohne dass die Beklagten vorher auf ein Ausführungshindernis hätte hinweisen müssen.

2. Zudem fehlt es an der erforderlichen Kausalität des eingeklagten Schadens, selbst wenn man einen früheren Hinweis der Beklagten auf das Aufbauhindernis annehmen wollte.

Der Kläger trägt dazu vor, dass es bei einem rechtzeitigen Hinweis auf die Spiegelverkehrheit nicht zu den nunmehr vorhandenen Bohrlöchern in den Wandpaneelen gekommen wäre (773,05 Euro Ankauf am 29.01.2022 zu einem Gesamtpreis von 796,96 EUR; Anlage K 8). Dieser Vortrag zur hypothetischen Entscheidung des Klägers wird von der Beklagten bestritten. Die Beklagte führt dazu aus, dass die Montage, so wie vom Monteur vorgenommen wurde, in der gegebenen Situation letztlich die einzig vernünftige Option war. Dem ist zu folgen.

Nach der mündlichen Verhandlung vermag sich das Gericht nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger die Montage aufgegeben hätte. Eine neu bestellte Dusche im Wert von über 1.700 Euro wegzuwerfen, erscheint dem Gericht als wirtschaftlich unsinnig. Ein Rückgaberecht stand dem Kläger nicht zu, die Möglichkeit eines Weiterverkaufs (der Maßanfertigung) war unrealistisch und wurde nicht einmal versucht. Ohne eine Montage der Dusche war wiederum das Bad nicht sinnvoll zu nutzen.

Der Kläger hätte im Falle eines früheren Hinweises also entweder eine andere Duschwand bestellen und einbauen müssen oder doch die gelieferte Dusche verwenden müssen. Der Vermögensaufwand einer Ersatzbeschaffung übersteigt den Schaden an der Wand bei weitem, zumal die von der Beklagten gesetzten Bohrlöcher möglicherweise dann sogar wieder benötigt werden könnten. Vor allem kann die gelieferte Dusche durchaus in das Bad des Klägers eingebaut werden, nur muss das eine Seitenteil so eingebaut sein, dass die wasserabweisende Beschichtung (sinnwidrig) an der Außenseite sich befindet (als Folge der spiegelbildlichen Falschbestellung). Ergänzend hätte auf der Innenseite eine Versiegelung angebracht werden können. Der Blick auf die Alternative einer Neubestellung, die der Kläger nach eigener Aussage bis heute nicht veranlasst hat, zeigt, dass letztlich die durchgeführte Montage die einig vernünftige Lösung war, die ausschließlich dem Kläger zufallende Falschbestellung noch sinnvoll zu verwerten. Dann sind aber auch die Bohrlöcher notwendig und stellen keinen Schaden dar.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung fußt auf § 3 ZPO.