vorgestellt von Thomas Ax
1. Die Unzumutbarkeit von Immissionen (Lärm, Gerüche, Licht etc.) im Sinne des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots knüpft an den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG an. Es gibt kein baurechtliches Rücksichtnahmegebot, das etwa dem Verursacher von Umwelteinwirkungen mehr an Rücksichtnahme zugunsten von Nachbarn gebieten würde, als es das Bundes-Immissionsschutzgesetz gebietet. Dieses Gesetz hat vielmehr die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht allgemein bestimmt.
2. Unter welchen Voraussetzungen gemessen am Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen von schädlichen Umwelteinwirkungen auszugehen ist, wird durch die entsprechenden Verordnungen zum BImSchG näher konkretisiert, hinsichtlich von Lärmimmissionen durch Sportanlagen insbesondere durch die Bestimmungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV).
3. Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt ihr, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und – auch durch Verweise auf andere Technische Regelwerke – das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt.
4. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der Sportanlagenlärmschutzverordnung nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften und Bewertungsspannen Spielräume eröffnet.
5. Sind die Verordnungen zum BImSchG, insbesondere die Sportanlagenlärmschutzverordnung oder die TA Lärm nicht (unmittelbar) anwendbar und gilt für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Geräuschimmissionen der zur Genehmigung beziehungsweise Vorbescheidung gestellten Anlage auch kein anderes normatives Regelwerk, wie z.B. die TA Lärm (6. BImSchV), bindend, bleibt die Beurteilung der Zumutbarkeit von Geräuschen gerade von atypischen, wegen ihrer Vielgestaltigkeit in ihren Lärmauswirkungen schwer greifbaren Anlagen weitgehend der tatrichterlichen Wertung im Einzelfall vorbehalten.
VG Münster, Urteil vom 09.10.2024 – 2 K 3097/22
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer dem Beigeladenen vom Beklagten erteilten Baugenehmigung vom 14. Oktober 2022 über die Änderung von Nutzungszeiten einer Schulsportanlage.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung M. Flur 000, Flurstück 000 mit der postalischen Anschrift N.———-straße 0, 00000 M. (klägerisches Grundstück / Klägergrundstück). Das Grundstück liegt westlich der N.———-straße , die östlich unmittelbar an das Grundstück der Beigeladenen, Gemarkung M. , Flur 000, Flurstück 000 mit der postalischen Anschrift N.———-straße 0, 00000 M. (Vorhabengrundstück) grenzt. Auf dem Vorhabengrundstück befinden sich neben den Gebäuden der ehemaligen H. -Schule (Gesamtschule M. /U. ) ein Tartanspielfeld (Basketballfeld), ein Kleinspielfeld und eine Pumptrack-Anlage. Letztere beruht auf einer Baugenehmigung aus dem Jahre 2019.
Pumptrack-Anlagen dienen grundsätzlich dazu, mit speziellen Fahrrädern befahren zu werden, wobei es den Fahrerinnen und Fahrern darauf ankommt, die vorhandenen Hindernisse ohne in die Pedale zu treten durch Schwungnehmen mit dem eigenen Körpergewicht (vom englischen “to pump”) zu befahren. Praktisch werden Pumptrack-Anlagen gelegentlich auch von Inline-Skates-, Scooter-, Skateboard- oder Longboardfahrenden genutzt. Der Kläger nutzt sein Grundstück selbst zu Wohnzwecken. Sowohl das klägerische als auch das Vorhabengrundstück liegen nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Ca. 100 m nordwestlich der vorbezeichneten Grundstücke verläuft die P. Straße, westlich und südwestlich verläuft eine Bahnlinie.
Hinter dem Vorhabengrundstück schließt sich in östlicher Richtung ebenfalls die N.———-straße an, sodann liegen dort der katholische Kindergarten St. N1. und der Friedhof St. N1. . In dem nordwestlich der verfahrensgegenständlichen Grundstücke gelegenen Geviert zwischen P. Straße, Bahnlinie und der N.———-straße befinden sich Wohnbebauung, der Gewerbebetrieb B. Bau (P. Straße 00) und die Fahrschule G. (P. Straße 28a). Auf dem Grundstück P. Straße 00 befindet oder befand sich ausweislich der online verfügbaren Bildaufnahmen einmal eine Bäckerei und Konditorei. Wegen der weiteren Einzelheiten der örtlichen Belegenheiten wird auf die nachfolgenden Abbildungen Bezug genommen.
(Abbildung 01: Auszug aus tim-online.nrw.de)
(Abbildung 02: Auszug aus tim-online.nrw.de)
Am 21. Juli 2022 stellte die Beigeladene beim Beklagten einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Änderung der Nutzungszeiten der vorgenannten Anlagen. Der Inhalt des Antrags bestand unter anderem darin, einheitliche Nutzungszeiten für alle drei auf dem Vorhabengrundstück vorhandenen Felder zu bestimmen.
Unter dem 14. Oktober 2022 genehmigte der Beklagte einheitliche Betriebszeiten für alle drei Anlagen. An Werktagen sollen diese in den Zeiten von 10.00 Uhr bis 21.00 Uhr, an Sonn- und Feiertagen in den Zeiten von 11.00 Uhr bis 20.00 Uhr liegen (Auflage Nr. 4 der Baugenehmigung). Darüber hinaus verfügte der Beklagte Auflagen zu den mit den Anlagen verbundenen Schallimmissionen:
Nach Auflage Nr. 1 sind “die Sportanlagen” schalltechnisch so zu errichten und zu betreiben, dass die von diesen Anlagen ausgehenden Geräuschimmissionen auch unter Berücksichtigung und Einberechnung der von anderen Sportanlagen ausgehenden Geräuschimmissionen einschließlich der jeweils zugehörigen Nebeneinrichtungen (Parkplatz, Lüftungsanlagen, Lautsprecher…) u.a. am Immissionsort auf dem Grundstück des Klägers werktags außerhalb der Ruhezeit zwischen 8.00 Uhr und 20.00 Uhr 55 dB(A), innerhalb der Ruhezeit von 6.00 Uhr bis 8.00 Uhr 50 dB(A) und innerhalb der Ruhezeit von 20.00 Uhr bis 22.00 Uhr 55 dB(A) sowie an Sonn- und Feiertagen außerhalb der Ruhezeit von 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr und von 15.00 Uhr bis 20.00 Uhr 55 dB(A) sowie innerhalb der Ruhezeit von 7.00 Uhr bis 9.00 Uhr 50 dB(A) und von 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr sowie 20.00 bis 22.00 Uhr 55 dB(A) nicht überschreiten. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen sollen die Immissionsrichtwerte tags um nicht mehr als 30 dB(A) überschreiten. Grundlage der Bewertung und Messung der Immissionsrichtwerte ist ausweislich der Auflage Nr. 1 die 18. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) vom 18. Juli 1991, zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 1. Juni 2017.
Nach Auflage Nr. 2 ist die Pumptrack-Anlage schalltechnisch so zu errichten und zu betreiben, dass die von dieser Anlage ausgehenden Geräuschimmissionen an u.a. am Immissionsort auf dem klägerischen Grundstück an Werktagen außerhalb der Ruhezeit zwischen 8.00 Uhr und 20.00 Uhr 55 dB(A) und innerhalb der Ruhezeit zwischen 6.00 Uhr und 8.00 Uhr sowie 20.00 Uhr und 22.00 Uhr 50 dB(A), an Sonn- und Feiertagen außerhalb der Ruhezeit zwischen 9.00 Uhr und 13.00 Uhr sowie 15.00 Uhr und 20.00 Uhr 50 dB(A) und innerhalb der Ruhezeit zwischen 7.00 Uhr und 9.00 Uhr, 13.00 Uhr und 15.00 Uhr sowie 20.00 Uhr und 22.00 Uhr 50 dB(A) nicht überschreiten. An Sonn- und Feiertagen gelten insoweit tagsüber in der Zeit von 7.00 Uhr bis 22.00 Uhr durchgängig die Immissionsrichtwerte der Ruhezeit, als Nacht gilt die Zeit von 22.00 Uhr bis 7.00 Uhr. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte für den Tag um nicht mehr als 20 dB(A) und den Immissionsrichtwert für die Nacht um nicht mehr als 10 dB(A) überschreiten. Grundlage der Bewertung und Messung der Immissionsrichtwerte ist ausweislich der Auflage Nr. 2 der Runderlass des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW “Messung, Beurteilung und Verminderung von Geräuschimmissionen bei Freizeitanlagen” – V-5-8827.5 vom 23. Oktober 2006, zuletzt geändert durch Runderlass vom 13. April 2016 (Freizeitlärmrichtlinie NRW) und in Verbindung mit der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) vom 26. August 1998. Wegen der weiteren Einzelheiten, Auflagen und Hinweise wird ergänzend auf den Bescheid des Beklagten vom 14. Oktober 2022 Bezug genommen.
Am 14. November 2022 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er wie folgt aus: Die erteilte Baugenehmigung sei rechtswidrig und verletze ihn in seinen Rechten. Sie sei ihm gegenüber bauplanungsrechtlich rücksichtslos, weil sie die von dem streitgegenständlichen Vorhaben ausgehenden Lärmimmissionen unzureichend betrachte und hierauf beruhe. Die Beklagte habe mit einem Schutzanspruch für ein faktisches Allgemeines Wohngebiet einen unzutreffenden Beurteilungsmaßstab angelegt, weil das klägerische Grundstück in einem faktischen reinen Wohngebiet liege. Auch erwiesen sich die vom Beklagten eingeholten Schallimmissionsgutachten als unrichtig und unvollständig. Es fehle insbesondere an einer Lärmimmissionsberechnung, welche die gesamte Freizeitanlage als Ganze betrachte. Eine solche umfassende Betrachtung sei aber erforderlich gewesen. Der ursprünglich für die Genehmigung der Errichtung der Spielfelder (nicht der erst im Jahre 2019 hinzugekommenen Pumptrack-Anlage) eingeholte schalltechnische Bericht der KÖTTER beratenden Ingenieure vom 12. Februar 1996 (KÖTTER 1996) befasse sich nur mit den Immissionen dieser Felder. Die Schallimmissionsprognose der RP Schalltechnik vom 30. September 2019 (RP 2019) beziehe sich ausschließlich auf die Pumptrack-Anlage. Die schalltechnische Stellungnahme der KÖTTER Consulting Engineers vom 25. Mai 2022 (KÖTTER 2022) nehme eine neue Beurteilung der Frage der Einhaltung der Immissionsrichtwerte für ein Allgemeines Wohngebiet unter dem Gesichtspunkt der Änderung der 18. BImSchV vor und beziehe sich ausschließlich auf den schalltechnischen Bericht aus dem Jahre 1996.
Die Schallimmissionsprognose RP 2019 betrachte die Geräuschvorbelastung durch die Nutzung der Kleinspielfelder nicht, weil analog zur TA Lärm für die Pumptrack-Anlage der Irrelevanznachweis mit einer Richtwertunterschreitung um mindestens 6 dB(A) geführt worden sei. Diese Annahme sei nicht haltbar, weil der Gutachter verkannt habe, dass der an den Immissionsorten resultierende Beurteilungspegel sich aus dem äquivalenten Dauerschallpegel und Zuschlägen für die Impulshaltigkeit und die Informationshaltigkeit der Geräusche zusammensetze. Diese zwingend anzusetzenden Zuschläge fehlten bei der Schallimmissionsprognose RP 2019. Die fehlende Ermittlung der Gesamtbelastung schlage auch auf die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung durch, weil sich bei einer zutreffenden Ermittlung auch am Tage Richtwertüberschreitungen am Immissionsort auf dem klägerischen Grundstück ergäben. Die vorbezeichneten Gutachten L. 2022 und S. 2019 seien auch deshalb fehlerhaft, weil sie auf einer nicht einschlägigen Rechtsgrundlage beruhten, nämlich der nicht relevanten Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV).
Maßgeblich sei die strengere Freizeitlärmrichtlinie NRW. Die Schallimmissionsprognose S. 2019 weise außerdem Ungenauigkeiten und Unklarheiten auf. In Kapitel 7 der Prognose “Berechnungsmethodik und Darstellungsarten” sei die Angabe enthalten, dass die Berechnung für den Sonntag als stärkster belasteter Wochentag mit den höchsten Zuschlägen und strengsten Richtwerten durchgeführt worden sei; es sei unklar, welche Zuschläge gemeint seien, weil weder die Freizeitlärmrichtlinie NRW noch die 18. BImSchV Ruhezeitenzuschläge vorsähen. Auch finde sich keine Erklärung, warum die Berechnungsergebnisse nach der 18. BImSchV und nach der Freizeitlärmrichtlinie eine Differenz von 3 dB(A) aufwiesen. Dieser Unterschied lasse sich nicht allein mit den unterschiedlichen Berechnungsmethoden erklären. Ferner sei die Schallimmissionsprognose S. 2019 auch hinsichtlich der mittelbar mit der Nutzung der Sportanlage verbundenen Beeinträchtigungen unvollständig. Ein etwaiger anlagenbezogener PKW-Verkehr finde in der Schallimmissionsprognose keine Berücksichtigung. Auch fehlten Emissionsquellen, wie beispielsweise Bluetooth-Boxen zur Musikwiedergabe, die häufig während der Nutzung derartiger Freizeitanlagen verwendet würden. Zur weiteren Begründung dieser Rügen reicht der Kläger eine Stellungnahme der X. & H1. Akustik und Immissionsschutz GmbH vom 25. Oktober 2022 (X1. & H2. 2022) ein. Zuletzt verletze die Baugenehmigung vom 14. Oktober 2022 den Kläger auch deshalb in seinen Rechten, weil durch die erteilten Auflagen nicht hinreichend sichergestellt sei, dass die beauflagten Nutzungszeiten in der Praxis auch jederzeit eingehalten würden. Zwar sei das Aufstellung von Hinweisschildern an deutlich sichtbaren Stellen beauflagt (Auflage Nr. 5), jedoch keine Einrichtung einer Überwachung der Einhaltung insbesondere hinsichtlich einer nächtlichen Überschreitung der Immissionsrichtwerte. Auch dies führe zu einer Rücksichtslosigkeit des Vorhabens gegenüber dem Kläger.
Der Kläger beantragt,
die der Beigeladenen von dem Beklagten unter dem 14. Oktober 2022 erteilte Baugenehmigung zur Änderung der Nutzungszeiten der Schulsportanlage auf dem Grundstück Gemarkung M. , Flur 000, Flurstück 000 mit der postalischen Anschrift N.———-straße 0, 00000 M. (Az. 63-880-2846.2022), zugestellt am 21. Oktober 2022, aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung tritt er dem klägerischen Vortrag entgegen und legt eine Stellungnahme seiner Kreispolizeibehörde vom 1. Februar 2023 zu den am Vorhabengrundstück erfolgten polizeilichen Einsätzen im Jahre 2022 und bis zum Datum der Stellungnahme, vor, sowie eine ausführliche immissionsschutzrechtliche Stellungnahme seiner Immissionsschutzbehörde vom 3. März 2023. Auf den Inhalt dieser Stellungnahmen wird umfassend Bezug genommen. Nach der kreispolizeilichen Stellungnahme vom 1. Februar 2023 sei es im Jahre 2022 am Vorhabengrundstück zu 17 Einsätzen gekommen. Das Gebiet werde regelmäßig bestreift. Ein Großteil der Einsätze erfolge zwischen April und August, zumeist wegen Ruhestörungen. Vermehrte Einsätze seien im Jahr 2022 nicht zu verzeichnen gewesen, es könnten keine signifikanten Besonderheiten im Vergleich zu anderen Örtlichkeiten festgestellt werden, eine Beeinträchtigung der objektiven Sicherheitslage sei nicht festzustellen. Die Immissionsschutzbehörde des Beklagten führt in ihrer Stellungnahme vom 3. März 2023 u.a. wie folgt aus: Mit der angefochtenen Baugenehmigung würden im Interesse der Anwohner, auch des Klägers, für die Gesamtanlage (Kleinspielfelder und Pumptrack-Anlage) einheitliche, vollziehbare Nutzungszeiten festgelegt, die sich innerhalb der ermittelten, schallimmissionstechnisch zulässigen Nutzungszeiten bewegten. Die Einwände des Klägers gegen diese Baugenehmigung griffen aus immissionsschutzrechtlicher Sicht nicht durch. Die prägende nähere Umgebung des klägerischen und des Vorhabengrundstücks sei als faktisches Allgemeines Wohngebiet (WA), nicht als Reines Wohngebiet (WR) einzuordnen. Die in erster Reihe an der P. Straße angesiedelten gewerblichen Nutzungen wirkten sich insoweit prägend auch auf das klägerische und das Vorhabengrundstück aus. Auch die Einwendungen zur Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der eingeholten Schallimmissionsgutachten griffen nicht durch. Die seit den 1990er Jahre genehmigten Kleinspielfelder seien als Sportanlagen im Sinne der 18. BImSchV (Sportanlagenlärmschutzverordnung) zu qualifizieren. Genehmigt seien ausdrücklich zwei Kleinspielfelder als “Sportanlagen”, und zwar eines für Basketball und Tennis und eines für Fußball, Handball, Volleyball etc. Es handle sich hier – anders als bei der zuletzt hinzugekommenen Pumptrack-Anlage, nicht um Freizeitanlagen im Sinne der strengeren Freizeitlärmrichtlinie NRW. Die Spielfeldgröße des Basketballfelds entspreche den Maßgaben der einschlägigen Sportverbände. Es handle sich, anders als der Kläger ausführt, nicht um ein Streetball-Feld, eine Trendsportart, die auf einem wesentlich kleineren quadratischen Feld und nur auf einen Korb gespielt werde. Auch das andere Kleinspielfeld sei für Fußball, Handball, Volleyball etc. ausgeprägt und nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) zu beurteilen. Denn Letzteres sei ebenfalls mit einer Tartan-Oberfläche ausgeführt. Es enthalte an den Längsseiten eine zusätzliche Sicherheitszone von mindestens einem Meter und an den Stirnseiten von zwei Metern über die aufgebrachten Markierungen hinaus. So ergebe sich ein Multifunktionsspielfeld der Größe 40 m x 20 m innerhalb der Markierungen, zuzüglich der Sicherheitsstreifen mithin eine Tartanfläche von insgesamt 44 m x 22 m. Diese Maße entsprächen der einschlägigen DIN-Normung für Kleinspielfelder als Anlagen für den Wettkampfsport (DIN-Normung 18035:2018-09, Sportplätze – Teil 1, 5. Anlagen für den Wettkampfsport, 5.1.3 Kleinspielfelder). Es enthalte ferner die von der Internationalen Handballföderation vorgegebene Größe und Markierungen für Wettkampfhandball und sei für verschiedene Varianten des Fußballspiels (6 gegen 6, 8 gegen 8) und für das Volleyballspiel im Sinne eines vielfältigen Sportangebots inner- und außerhalb des Schulsports ausgestaltet und geeignet. Die Pumptrack-Anlage stelle hingegen eine Freizeitanlage im Sinne der Freizeitlärmrichtlinie NRW dar. Sie sei dementsprechend nach Behördenbeteiligung im Genehmigungsverfahren anhand der Freizeitlärmrichtlinie NRW prognostisch betrachtet worden. Eine Ermittlung der Gesamtbelastung sei aufgrund der unterschiedlichen Regelwerke mit abweichenden Immissionsrichtwerten und unterschiedlichen Rechenvorschriften nicht möglich. Nach den einschlägigen Regelwerken seien die beiden rechtlich zu unterscheidenden Lärmarten isoliert zu betrachten. Auch eine fehlende Berücksichtigung der Impulshaftigkeit von Lärm stelle keinen Mangel der Begutachtung dar. Weder nach der 18. BImSchV noch nach der Freizeitlärmrichtlinie NRW habe ein Impulszuschlag bei Geräuschen durch die unverstärkte menschliche Stimme anzuwenden. Insoweit verweist der Beklagte auf die Freizeitlärmrichtlinie und Nr. 1.3.3 des 1. Anhangs der 18. BImSchV. Zu den gerügten Ungenauigkeiten und Unklarheiten führt der Beklagte aus, aus seiner Sicht sei anzunehmen, dass mit der Wendung “dass die Berechnung für den Sonntag als stärkster belasteter Wochentag mit den höchsten Zuschlägen und strengsten Richtwerten durchgeführt wurde” gemeint gewesen sein dürfte, dass bei einer vergleichenden Betrachtung nach 18. BImSchV und nach RdErl.
Freizeitlärm NRW für Sonn- und Feiertage zum einen die strengsten Richtwerte nach dem Beurteilungswerk RdErl. Freizeitlärm gelten, da danach die reduzierten Immissionsrichtwerte für die sog. Ruhezeiten ganztags einzuhalten sind und im Vergleich gegenüber der 18. BImSchV für den Beurteilungszeitraum “Ruhezeiten” entsprechend um 5 dB(A) reduzierte “strengere” Immissionsrichtwerte i.S.v. “strengsten Richtwerten” innerhalb der mittäglichen und abendlichen Ruhezeit zu berücksichtigen sind. Hinsichtlich des Einwands die 3 dB(A) Unterschied bei gleichen Emissionsdaten vermutet der Beklagte, dass es sich um eine unterschiedliche Behandlung von Impulszuschlägen handeln könnte, die die von Gutachterbüros verwandten Programme teils automatisch vergäben. Die Verwendung von Bluetooth-Boxen sei bei der Begutachtung zurecht außer Betracht geblieben, weil missbräuchliche Nutzungen einer Anlage nicht Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens sein könnten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Stellungnahme Bezug genommen.
Die Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie nichts aus.
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung am 9. Januar 2024 übereinstimmend erklärt, auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung zu verzichten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht konnte aufgrund Einzelrichterbeschlusses vom 31. Oktober 2023 gemäß § 6 Abs. 1 VwGO durch den Berichterstatter als Einzelrichter und gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 9. Januar 2024 übereinstimmend auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet haben.
II. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Sie ist unbegründet.
Im Rahmen einer Drittanfechtungsklage kommt dem Gericht nur ein begrenzter Prüfungsmaßstab zu. Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer erteilten Baugenehmigung haben Nachbarn wie der Kläger nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung derselben darüber hinaus voraus, dass der Nachbar durch die Baugenehmigung zugleich in eigenen (Nachbar-)Rechten, d.h. in einem Recht, welches zumindest auch dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt ist, verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Vgl. nur BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 – 4 C 39.86 -, und vom 6. Oktober 1989 – 4 C 14.87 -; Beschluss vom 16. August 1983 – 4 B 94.83 -; Urteil vom 23. August 1974 – IV C 29.73 -.
In Betracht kommt insoweit in erster Linie eine Verletzung des Klägers in drittschützenden, ihn in ihren Schutzkreis einbeziehenden, Vorschriften des öffentlichen Bauplanungs- und des öffentlichen Bauordnungsrechts. Eine derartige Verletzung drittschützender Vorschriften liegt jedoch nicht vor.
Insbesondere ist der Kläger nicht in seinem allein geltend gemachten normativ im – hier vorliegenden – Fall eines unbeplanten Innenbereichsgrundstücks an § 34 Abs. 1, Abs. 2 BauGB angeknüpften Recht auf Einhaltung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme verletzt.
Das Gebot der Rücksichtnahme soll einen angemessenen Interessenausgleich im Nachbarschaftsverhältnis gewährleisten. Der Umfang der für jedes Vorhaben geltenden öffentlich-rechtlichen Pflicht, auf andere Rücksicht zu nehmen, hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalles ab. Das Rücksichtnahmegebot beinhaltet, dass umso mehr an Rücksichtnahme verlangt werden kann, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt; umgekehrt braucht derjenige, der ein Vorhaben verwirklichen will, umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm verfolgten Interessen sind. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten und andererseits dem Rücksichtnahmebegünstigten nach Lage der Dinge zuzumuten ist.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Februar 1977 – IV C 22/75 -; vom 23. September 1999 – 4 C 6/98 -, und vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5/12 -; OVG NRW, Urteil vom 4.5.2016 – 7 A 615/14 -.
Die Unzumutbarkeit von Immissionen (Lärm, Gerüche, Licht etc.) im Sinne des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots knüpft damit an den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG an. Hierbei handelt es sich um Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Es gibt kein baurechtliches Rücksichtnahmegebot, das etwa dem Verursacher von Umwelteinwirkungen mehr an Rücksichtnahme zugunsten von Nachbarn gebieten würde, als es das Bundes-Immissionsschutzgesetz gebietet. Dieses Gesetz hat vielmehr die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht allgemein bestimmt.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. September 1983 – 4 C 74/78 -; OVG NRW, Beschluss vom 26. Februar 2003 – 7 B 2434/02 -.
So wird ein möglichst umfassender Gleichlauf zwischen baurechtlicher Zumutbarkeit bzw. Gebietsverträglichkeit und immissionsschutzrechtlicher Bewertung sichergestellt. Hierbei ist ein objektivierter Maßstab anzulegen, nämlich das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, nicht die individuelle Einstellung eines besonders empfindlichen Nachbarn.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. September 2020 – 8 A 1161/18 -, m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 22. Juli 2022 – 8 B 1880/21 -.
Unter welchen Voraussetzungen gemessen am Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen von schädlichen Umwelteinwirkungen auszugehen ist, wird durch die entsprechenden Verordnungen zum BImSchG näher konkretisiert, hinsichtlich von Lärmimmissionen durch Sportanlagen insbesondere durch die Bestimmungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV). Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt ihr, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und – auch durch Verweise auf andere Technische Regelwerke – das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der Sportanlagenlärmschutzverordnung nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften und Bewertungsspannen Spielräume eröffnet.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. November 1994 – 7 B 73/94 -; ergänzend zur TA Lärm BVerwG, Urteile vom 29. November 2012 – 4 C 8/11 -, und vom 29. August 2007 – BVerwG 4 C 2.07 -, jeweils m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 5. Juli 2017 – 7 A 2432/15 -.
Die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) gilt gemäß § 1 Abs. 1 18. BImSchV für die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb von Sportanlagen, soweit sie zum Zwecke der Sportausübung betrieben werden und einer Genehmigung nach § 4 BImSchG nicht bedürfen. Diese Beschreibung des Anwendungsbereichs der Verordnung sowie die in ihrem § 3 vorgesehenen Maßnahmen (z.B. zu Lautsprecheranlagen, Zuschauern, lärmgeminderten oder lärmmindernden Ballfangzäunen, Bodenbelägen, Schallschutzwänden und -wällen etc.) lassen erkennen, dass sich der Verordnungsgeber am Leitbild einer Sportanlage orientiert hat, die dem Vereinssport, Schulsport oder vergleichbar organisiertem Freizeitsport dient.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2003 – 7 B 88/02 -.
Sportanlagen im vorgenannten Sinne sind nach § 1 Abs. 2 18. BImSchV ortsfeste Einrichtungen, die zur Sportausübung bestimmt sind; zu ihnen zählen auch Einrichtungen, die mit der Sportanlage in engem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen, § 1 Abs. 3 Satz 1 18. BImSchV. Obwohl der immissionsschutzrechtliche Sportbegriff weder durch den Gesetz- noch den Verordnungsgeber definiert ist, ist gleichwohl anerkannt, dass sich “Sport” in diesem Sinne durch bestimmte Wesensmerkmale definiert, insbesondere körperliche Bewegung, Wettkampf- und Leistungsstreben, das Vorhandensein von Regeln und Organisationsformen und die Betätigung als Selbstzweck ohne produktive Absichten. Je nach Erscheinungsform der Sportart kommt den genannten Kriterien ein unterschiedliches Gewicht zu, auch müssen nicht alle gleichzeitig erfüllt sein. Insbesondere im Bereich des Breiten- und Freizeitsports etwa ist der Wettkampf- und Leistungscharakter unterzugewichten. Weiter muss die Zweckbestimmung der Anlage nicht ausschließlich die Sportausübung sein, ausreichend ist vielmehr, wenn sie auch sportlichen Zwecken zu dienen bestimmt ist.
Vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 24. August 2007 – 22 B 05.2870 -; VG Ansbach, Urteil vom 28. Oktober 2021 – AN 17 K 20.00907 -; Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 95. EL Mai 2021, § 1 18. BImSchV Rn. 27.
Sind die Verordnungen zum BImSchG, insbesondere die Sportanlagenlärmschutzverordnung oder die TA Lärm nicht (unmittelbar) anwendbar und gilt für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Geräuschimmissionen der zur Genehmigung beziehungsweise Vorbescheidung gestellten Anlage auch kein anderes normatives Regelwerk, wie z.B. die TA Lärm (6. BImSchV), bindend, bleibt die Beurteilung der Zumutbarkeit von Geräuschen gerade von atypischen, wegen ihrer Vielgestaltigkeit in ihren Lärmauswirkungen schwer greifbaren Anlagen weitgehend der tatrichterlichen Wertung im Einzelfall vorbehalten. Diese Einzelfallwertung richtet sich maßgeblich insbesondere nach der durch die Gebietsart und die tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit; dabei sind wertende Elemente wie Herkömmlichkeit, soziale Adäquanz und allgemeine Akzeptanz ebenso mitbestimmend wie eine etwaige tatsächliche oder rechtliche Vorbelastung. Zu berücksichtigen sind darüber hinaus die einzelnen Schallereignisse, ihr Schallpegel und ihre Eigenart (zum Beispiel Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) sowie ihr Zusammenwirken.
Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2003 – 7 B 88.02 -, Urteile vom 30. April 1992 – 7 C 25.91 – und vom 24. April 1991 – 7 C 12.90 -; OVG NRW, Urteil vom 6. September 2011 – 2 A 2249/09 -.
Im Rahmen der solchermaßen vorzunehmenden Gesamtabwägung können technische Regelwerke, die der Erfassung der Geräuschcharakteristik und des daraus folgenden Störgrads der jeweils zur Beurteilung anstehenden Anlage am nächsten kommen, als Orientierungshilfe beziehungsweise “grober Anhalt” herangezogen werden. Hat der Gesetzgeber diese Regelwerke nicht in seinen Regelungswillen aufgenommen, erzeugen sie für Behörden und Gerichte jedoch keine Bindungswirkung und dürfen nicht schematisch angewandt werden, sondern sind nur ein Parameter unter mehreren innerhalb der Gesamtabwägung.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. September 2011 – 2 A 2249/09 -.
Eine solche, der richterlichen Rechtsanwendung im Einzelfall Anhalt bietende Bedeutung ist auch der sogenannten Freizeitlärmrichtlinie NRW (Runderlass des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz Landwirtschaft und Verbraucherschutz – V-5 – 8827.5 vom 23. Oktober 2006) in der aktuell geltenden Fassung zuzumessen.
Gemäß Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 der Freizeitlärmrichtlinie NRW sind Freizeitanlagen Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 oder Nr. 3 BImSchG, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu werden. Grundstücke gehören zu den Freizeitanlagen, wenn sie nicht nur gelegentlich zur Freizeitgestaltung bereitgestellt werden (Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 der Freizeitlärmrichtlinie NRW). Nr. 1 Abs. 2 der Freizeitlärmrichtlinie NRW zählt beispielhaft Anlagenarten auf, die insbesondere zu den Freizeitanlagen gehören wie Grundstücke, auf denen in Zelten oder im Freien Volksfeste und ähnliche Traditionsveranstaltungen, Musikdarbietungen, Zirkusveranstaltungen, regelmäßige Feuerwerke oder ähnliches stattfinden, Freilichtbühnen, Freizeitparks oder Vergnügungsparks. Während die TA Lärm auf Anlagen zugeschnitten ist, die überwiegend dem Arbeitsleben zuzurechnen sind, will die Freizeitlärmrichtlinie NRW dem Umstand Rechnung tragen, dass Konflikte aufgrund von Geräuschen durch Freizeitanlagen in der Regel dann auftreten, wenn ein Teil der Bevölkerung in der Freizeit (in den Abendstunden, an Wochenenden und Sonn- und Feiertagen) Entspannung durch Ruhe sucht, ein anderer sich dagegen durch Aktivitäten in Freizeitanlagen erholen will (vgl. Nr. 3 der Freizeitlärmrichtlinien NRW). Daher werden die von Freizeitanlagen verursachten Geräuschimmissionen zwar grundsätzlich nach der TA Lärm bewertet, von deren Bewertungsmaßstäben allerdings mit Blick auf die Besonderheiten des Freizeitlärms durch die Vorgabe bestimmter Ruhe- und Beurteilungszeiten Ausnahmen gemacht werden sollen (vgl. Nr. 3.1 und Nr. 3.3 der Freizeitlärmrichtlinie NRW).
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. September 2011 – 2 A 2249/09 -.
In Anwendung der vorstehenden Maßgaben erweist sich die angefochtene Baugenehmigung des Beklagten vom 14. Oktober 2022 gegenüber dem Kläger nicht als rücksichtslos. Der Beklagte ist insbesondere von zutreffenden Immissionsrichtwerten ausgegangen (1.) und hat seine Genehmigung auf geeignete gutachtliche Prognosen gestützt (2.). Die Baugenehmigung leidet auch nicht an mit Blick auf die tatsächliche Vollziehung ihrer Auflagen defizitären Nebenbestimmungen (3.).
1. Der Beklagte ist zutreffend von den in den vorbezeichneten Technischen Regelwerken und Erlassen bestimmten, für Allgemeine Wohngebiete geltenden Immissionsrichtwerten ausgegangen.
Zur Bestimmung der für das klägerische Grundstück und das Vorhaben maßgeblichen Immissionsrichtwerte ist in Anwendung von § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB der Gebietscharakter der in der näheren Umgebung vorzufindenden Bebauung zu bestimmen (sog. faktisches Baugebiet). Denn das klägerische und das Vorhabengrundstück liegen im unbeplanten Innenbereich im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
Die Eigenart der näheren Umgebung des klägerischen Grundstücks entspricht im Sinne von § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB einem allgemeinen Wohngebiet. Zur näheren Umgebung im Sinne der Vorschrift gehört die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. Dabei ist die nähere Umgebung für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen.
In der Regel ist der Umkreis der zu beachtenden Bebauung weiter zu fassen, soweit es – wie hier – um den maßgeblichen Gebietscharakter, die Art der baulichen Nutzung, geht als wenn das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung oder der überbaubaren Grundstücksfläche maßgeblich ist. Maßgeblich ist aber immer eine Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2014 – 4 B 38.13 -, BVerwG, Urteil vom 19. September 1969 – IV C 18.67 -.
Die hier maßgebliche nähere Umgebung mit Blick auf die Bestimmung des Gebietscharakters (die Art der baulichen Nutzung) umfasst die Bebauung im Winkel zwischen den trennenden Elementen der südwestlich des klägerischen Grundstücks und des Vorhabengrundstücks verlaufenden Bahntrasse und des Straßenzugs der nordwestlich verlaufenden P. Straße. In östlicher und südöstlicher Richtung reicht der gebietscharakterisierende Bebauungszusammenhang bis an das Ende des faktischen Bebauungszusammenhangs, den Außenbereich, heran. Er schließt das (ehemalige) Schulgebäude, den Kindergarten St. N2. und den daran unmittelbar angrenzenden Friedhof ein.
Die Eigenart der so bestimmten näheren Umgebung entspricht einem Allgemeinen Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO. Dort finden sich eine Reihe von Wohngebäuden (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO), allerdings auch einzelne nicht störende Handwerksbetriebe (B. Bau an der P. Straße sowie – sofern noch vorhanden – die Bäckerei und Konditorei) im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO sowie nicht störende Gewerbetriebe wie die Fahrschule, die im Allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise (§ 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) zulässig sind, ohne, dass die für Mischgebiete typische Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit der Nutzungsmischung,
vgl. Bönker/Bischopink/Wahlhäuser, Baunutzungsverordnung, BauNVO § 6 Rn. 25,
erreicht wird. Darüber hinaus sind mit der Schule eine Anlage für kulturelle Zwecke und dem Kindergarten eine Anlage für soziale bzw. kirchliche Zwecke vorhanden (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO)
Vgl. Bönker/Bischopink/Vietmeier, Baunutzungsverordnung, BauNVO § 4 Rn. 36, 42, 50.
Die vorstehenden Nutzungen wären – abgesehen von dem Kindergarten St. N1. – in einem reinen Wohngebiet (WR), dessen immissionsschutzrechtliches Niveau der Kläger in Anspruch nehmen will, bauplanungsrechtlich unzulässig (§ 3 BauNVO). Dies gilt eingedenk der zwischenzeitlichen Schließung der Gutenbergschule am dortigen Standort.
Vgl. Bönker/Bischopink/Vietmeier, Baunutzungsverordnung, BauNVO § 3 Rn. 73 (Kindergärten und ähnliche Kindertageseinrichtungen).
2. Der Beklagte hat seine Genehmigung auch auf geeignete gutachtliche Prognosen gestützt.
Bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit baurechtlicher Genehmigungen mit Blick auf zu erwartende Immissionen kommen im Zuge des Genehmigungsverfahrens angefertigten Gutachten besondere Bedeutung zu. Solche Gutachten im Vorfeld von Bauvorhaben stellen jedoch lediglich Prognosen dar, die das Gericht nur darauf zu prüfen hat, ob diese mit den im maßgebenden Zeitpunkt verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Das Gericht überprüft insoweit die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrundeliegenden Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Ferner ist zu fragen, ob die mit jeder Prognose verbundene Ungewissheit künftiger Entwicklungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Eingriffen steht, die mit ihr gerechtfertigt werden sollen. Es ist hingegen nicht Aufgabe des Gerichts, das Ergebnis einer auf diese Weise sachgerecht erarbeiteten Prognose als solches darauf zu überprüfen, ob die prognostizierte Entwicklung mit Sicherheit bzw. größerer oder geringerer Wahrscheinlichkeit eintreten wird oder kann.
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 22. Februar 2017 – 7 A 2289/15 – und vom 28. März 2018 – 10 B 163/18 -.
Die vom Beklagten im hier streitgegenständlichen Baugenehmigungsverfahren zugrunde gelegten Gutachten leiden in Anwendung der vorstehenden Maßstäbe nicht an durchgreifenden Mängeln, die ihre Plausibilität in Frage stellen. Die der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugrunde gelegten immissionsschutzrechtlichen Stellungnahmen sind im Ergebnis durch den eingehenden klägerischen Vortrag nicht durchgreifend in Zweifel gezogen. Sie liegen zur Überzeugung des erkennenden Gerichts (vgl. § 108 Abs. 1 VwGO) letztendlich noch “auf der sicheren Seite”.
a) In den eingeholten Gutachten sind die vorhandenen Kleinspielfelder – anders als dies vor der umfassenden und eingehenden Ergänzung des Beklagtenvortrags zu den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Multifunktionsspielfeld für Handball, Fußball und Volleyball vom Einzelrichter angenommen wurde – zutreffend nach der 18. BImSchV (Sportanlagenlärmschutzverordnung) und die Pumptrack-Anlage nach der Freizeitlärmrichtlinie NRW beurteilt worden. Zu dieser Überzeugung kommt das Gericht nach einer umfassenden Prüfung und Gesamtabwägung aller für diese Einordnung relevanten Umstände des konkreten vorliegenden Einzelfalls trotz der eingehenden Ausführungen und gehaltvollen Gesichtspunkte, die der Kläger dagegen ins Feld geführt hat.
Die Kleinspielfelder (das Tartan-Basketballspielfeld und das ebenfalls in Tartan ausgeführte Multifunktionsspielfeld für Handball, Fußball und Volleyball) sind immissionsschutzrechtlich nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung zu beurteilen, denn es handelt es sich um Anlagen, die zwar heute faktisch überwiegend für der Freizeit zuzuordnende Aktivitäten von Kindern und Jugendlichen genutzt werden mögen, jedoch ursprünglich auch für den Schulsport gedacht waren und hierfür auch zukünftig wieder genutzt werden können und insbesondere – was für das Gericht in der Abwägung mit allen anderen relevanten Gesichtspunkten letztlich den Ausschlag gibt – nach ihrer objektiven Gestaltung für Schul- und organisierten Freizeitsport geeignet und konzipiert sind.
Vgl. zu diesen Maßstäben der Einordnung schon oben BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2003 – 7 B 88/02 -.
Das vom Beklagten als “Basketball- und Tennisfeld”, vom Kläger als “Streetballfeld” bezeichnete Kleinspielfeld wurde zurecht auf Grundlage der Sportanlagenlärmschutzverordnung begutachtet. Wie der Beklagte in seiner immissionsschutzrechtlichen Stellungnahme ausführlich dargelegt hat, entspricht es den Maßen und Anforderungen des Basketballverbands zur Nutzung für nach Verbandsregeln durchgeführte Basketballspiele.
Insoweit wird auf die ausführliche Stellungnahme der Immissionsschutzbehörde des Beklagten vom 3. März 2023 Bezug genommen. Auf Seite 8 der Stellungnahme (Bl. 66 d.A.) führt die Immissionsschutzbehörde – in der Sache unbestritten – insoweit aus:
“Beim Basketball hingegen spielen i.d.R. 5 gegen 5 Spieler und es gibt ein festes Regelwerk. Die Spielfeldgrößen variieren geringfügig nach den jeweiligen Verbänden; nach FIBA beträgt die Spielfeldgröße 28 m x 15 m, nach NBA beträgt die Spielfeldgröße 28,65 m x 15,24 m. Das Kleinspielfeld an der N.———-straße verfügt (mit Umrandung) über eine bauliche Größe von 30 m x 16 m. Die Spielfeldfläche selbst ist durch die Markierungen entsprechend der v.g. Angaben für eine Nutzung durch die Sportart “Basketball” ausgewiesen.”
Hierin liegt insbesondere ein wesentlicher Unterschied zu der Einordnung eines für Basketball benutzten Spielfelds, die das Verwaltungsgericht Aachen in einer in der Literatur zitierten Fallkonstellation vorgenommen hatte, bei der es an entsprechenden Markierungen fehlte und insbesondere auch keine Basketballkörbe angebracht waren. Dies waren seinerzeit maßgebliche Einzelfallumstände, auf die das Verwaltungsgericht bei seiner Einordnung des dortigen “Basketballspielfelds” als Freizeitanlage und nicht als Sportanlage abgestellt hatte.
Vgl. VG Aachen, Urteil vom 30. Oktober 2015 – 6 K 1111/15 -; Landmann/Rohmer UmweltR/Reidt/Schiller, 102. EL September 2023, 18. BImSchV § 1 Rn. 32, dort insbesondere Ausführungen zu Basketball und Street(basket)ball, m.w.N., hinsichtlich letzterer wird dieselbe Differenzierung vorgenommen.
Auch das Multifunktionsfeld für Handball, Fußball und Volleyball ist zurecht auf Grundlage der 18. BImSchV (Sportanlagenlärmschutzverordnung) begutachtet worden. Auch bei diesem Kleinspielfeld handelt es sich um eine Anlage, die ihrer objektiven Ausgestaltung nach über die bloße unorganisierte körperlich-spielerische Aktivitäten von Kindern ohne Schiedsrichter oder Sportaufsicht hinaus für organisierte sportliche Aktivität – sei es auch im Freizeitbereich – geeignet ist.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2003 – 7 B 88/02 -; VG Aachen, Urteil vom 30. Oktober 2015 – 6 K 1111/15 -.
Hierfür spricht, dass die auf dem in Tartan – also einem für Sportanlagen besonders geeigneten, federnden, rutschfesten und widerstandsfähigen Kunststoff – ausgeführten Kleinspielfeld die von der Internationalen Handballvereinigung für regelkonformes Wettkampfhandballspiel vorgesehenen Markierungen in den richtigen Abmessungen (Spielfeld von 40 m x 20 m zzgl. Sicherheitsrand) aufgebracht sind. Für diese Einordnung spricht auch, dass das Kleinspielfeld in Abmessungen und Ausgestaltung der für Kleinspielfelder als Anlagen für den Wettkampfsport geltenden DIN-Normung 18035:2018-09 “Sportplätze – Teil 1: Freianlagen für Spiele und Leichtathletik – Planung und Maße”, Nr. 5.3.1 entspricht, denn hieraus lässt sich ableiten, dass es bei seinem Bau Genehmigung als Sport- nicht als reine Freizeitanlage konzipiert wurde.
Nicht erforderlich ist nach den obenstehenden Maßgaben in der erforderlichen Gesamtabwägung, dass die Kleinspielfelder ausschließlich für geregelten beziehungsweise organisierten Sport praktisch genutzt werden.
Es genügt vielmehr, wenn sie auch zu sportlichen Zwecken dienen. Je nach Erscheinungsform der Sportart kommt den Kriterien der körperlichen Bewegung, dem Wettkampf- und Leistungsstreben, dem Vorhandensein von Regeln und Organisationsformen und der Betätigung als Selbstzweck ohne produktive Absichten ein unterschiedliches Gewicht zu, auch müssen nicht alle gleichzeitig erfüllt sein. Insbesondere im Bereich des Breiten- und Freizeitsports etwa ist der Wettkampf- und Leistungscharakter unterzugewichten.
Vgl. BayVGH, Urteil vom 24. August 2007 – 22 B 05.2870 -; VG Ansbach, Urteil vom 28. Oktober 2021 – AN 17 K 20.00907 -; Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 95. EL Mai 2021, § 1 18. BImSchV Rn. 27.
Auch unter Beachtung dieser Maßgaben im Zuge der Einzelfallprüfung, mithin hinsichtlich der tatsächlichen Zweckbestimmung der Anlagen, erweist sich die Einordnung als Sportanlage im Sinne der 18. BImSchV (Sportanlagenlärmschutzverordnung) zur Überzeugung des Gerichts als zutreffend. Die Kleinspielfelder wurden ausweislich der Stellungnahme der Beigeladenen vom 2. August 2024 bis zur Restrukturierung des Schulgeländes am Standort N.———-straße 0 für viele Jahre auch zum Zwecke des Schulsports genutzt.
Nach Abschluss der aktuell noch laufenden baulichen und organisatorischen Restrukturierung ist die Weiternutzung zum Schulsport im Wege einer Mitnutzung durch die am Standort neu angesiedelte Michael-Ende Schule von Seiten der beigeladenen Gemeinde konkret beabsichtigt. Dass sie darüber hinaus auch von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in deren Freizeit genutzt werden, führt insbesondere angesichts ihrer objektiven Ausgestaltung (s.o.) im Zuge der Einzelfallprüfung nicht zwingend zu einer Einordnung als Freizeitlange im Sinne der sogenannten Freizeitlärmrichtlinie NRW. Denn auch von Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach Regeln, aber ohne organisatorischen Überbau und Ligabetrieb oder Schiedsrichter betriebenes Handball-, Basketball-, Fußball- oder Volleyballspiel, Spielen, die allesamt olympische Disziplinen sind und organisierten Vereinssport kennen, kann nach den vorstehenden Maßgaben Sport – Freizeitsport – im Sinne der Sportanlagenlärmschutzverordnung sein und grenzt sich nach seiner Ausgestaltung und einer auch in der bewussten körperlichen Ertüchtigung liegenden Zwecksetzung von nur auf kleinräumigen Feldern betriebenem Ballspiel von Kindern erkennbar ab. Dies gilt auch dann, wenn sich bei einer zukünftigen Nutzung überwiegend Jugendliche in ihrer Freizeit auf den Kleinspielfeldern sportlich betätigen werden, weil auch deren reine Freizeitsportnutzung auf den für regelkonformes Handball oder 6 vs. 6 bzw. 8 vs. 8-Fußball, Volleyball-, beziehungsweise Tennis- oder Basketballspiel objektiv geeigneten Kleinspielfeldern zur Überzeugung des Gerichts im hier vorliegenden Einzelfall (§ 108 Abs. 1 VwGO) einer sportlichen Betätigung kraft des Vorhandenseins von Regeln (z.B. Spielfeldaus, Zählen von Toren, Foulspiel mit Straf- und Freistoß etc.), des Zwecks der körperlichen Ertüchtigung Jugendlicher und der Ausgestaltung als Selbstzweck ohne produktive Absichten einer sportlichen Betätigung näher kommt als einer reinen Freizeitbetätigung. Soweit der Kläger anführt, die Anwendung derartiger allgemein anerkannter Regeln insbesondere des Fußballspiels erfolge auch – aber eben unter spielerischer Abwandlung (“drei Ecken – ein Elfer”) auf Bolzplätzen und genüge nicht, um die sportliche Betätigung über den Bereich der Freizeitbetätigung hinauszuheben, folgt das Gericht dem nach umfassender Prüfung und Abwägung aller Umstände des Einzelfalls insbesondere mit Blick auf die objektiv für organisierten Sport geeignete Ausgestaltung der Kleinspielfelder nicht. Insofern wird aufgrund der nachfolgend zum richterlichen Hinweis aus März 2024 zur Gerichtsakte gereichten, eingehenden ergänzenden Informationen zur objektiven Ausgestaltung des Multifunktionsfeldes an der im Hinweis zum Ausdruck gebrachten Auffassung nicht festgehalten.
Zutreffend ist auch die Einordnung der Pumptrack-Anlage als nach der Freizeitlärmrichtlinie NRW zu beurteilende Freizeit-, nicht Sportanlage i.S.d. 18. BImSchV. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Stellungnahme der Immissionsschutzbehörde des Beklagten Bezug genommen. Die auf Pumptrack-Anlagen erfolgenden körperlichen Betätigungen gehören nicht zu einem olympischen oder im weiteren Sinne organisierten Verbandssport und erfolgen auch nicht nach einem in vergleichbarer Weise zu reinem, wettkampffernen Freizeithandball, -volleyball oder -fußball ausgestaltetem Regelwerk. Sie sind daher der reinen, bewegungsorientierten Freizeitgestaltung zuzuordnen.
b) Der Umstand, dass das Gutachten S. 2019 weder anlagenbezogenen PKW-Verkehr noch die Verwendung von Bluetooth-Boxen zur Beschallung der Freizeitaktivität auf der Pumptrack-Anlage als Emissionsquellen in Rechnung gestellt hat, stellt die Plausibilität der Prognose nicht durchgreifend in Frage.
Soweit es die Nutzung von “Ghettoblastern” oder Bluetooth-Boxen zum lauten Musik hören auf dem Vorhabengrundstück betrifft, war diese bei Erstellung der Prognose nicht zugrunde zu legen. Maßgeblich für die Erstellung einer Schallimmissionsprognose im Baugenehmigungsverfahren kann nur die rechtmäßige bzw. bestimmungsgemäße Nutzung der beantragten Anlage sein (vgl. Nr. 1.1 Sportanlagenlärmschutzverordnung: “Den Sportanlagen sind folgende bei bestimmungsgemäßer Nutzung auftretende Geräusche zuzurechnen (…)”, Hervorhebung des Gerichts). Einer missbräuchlichen Nutzung der streitgegenständlichen Anlagen etwa durch permanente laute Musikbegleitung der Freizeitbewegung oder des Sports ist bei Vorliegen der Voraussetzungen von klägerischer Seite analog § 1004 BGB mit den Mitteln des baurechtlichen Unterlassungsanspruchs bzw. durch den Beklagten mit den Mitteln des Ordnungsrechts zu begegnen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. September 2023 – 10 B 812/23 -.
Sie wirkt sich nicht auf die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung aus.
Auch mit Blick auf die Einbeziehung etwaigen Verkehrslärms erweist sich die gutachtliche Prognose, dass die für ein Allgemeines Wohngebiet einzuhaltenden Immissionsrichtwerte eingehalten werden können, nicht als unplausibel im Sinne der vorstehenden Maßstäbe.
Soweit es sich bei den streitbefangenen Anlagen um Sportanlagen i. S. d. Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) handelt, also hinsichtlich der Kleinspielfelder, regelt diese die Berücksichtigung von Verkehrsimmissionen in ihrem Anhang 1 Nr. 1.1 d) und Nr. 1.1 Abs. 2. Demnach sind den Sportanlagen bei bestimmungsgemäßer Nutzung auftretende Geräusche, die von Parkplätzen auf dem Anlagengelände ausgehen, zuzurechnen. Verkehrsgeräusche einschließlich der durch den zu- und Abgang der Zuschauer verursachten Geräusche auf öffentlichen Verkehrsflächen außerhalb der Sportanlage durch das der Anlage zuzuordnende Verkehrsaufkommen sind bei der Beurteilung gesondert von den anderen Anlagengeräuschen zu betrachten und nur zu berücksichtigen, sofern sie nicht im Zusammenhang mit seltenen Ereignissen auftreten und im Zusammenhang mit der Nutzung der Sportanlage den vorhandenen Pegel der Verkehrsgeräusche rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen.
Mit Blick auf die geringe Größe der Anlagen und deren praktische Nutzung für Freizeitsport sowie ggf. im Zuge des Schulsports erscheint es plausibel, dass im Gutachten (L. 1996, S. 11, 16 f., vgl. Bl. 42, 44 VV) die von den Anlagen zuzuordnenden Parkplätzen ausgehenden Lärmimmissionen mit betrachtet worden sind, nicht aber darüberhinausgehende Lärmimmissionen im Sinne der Nr. 1.1 Absatz 2 des Anhangs 1 der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV). Dies gilt insbesondere, weil nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) die einer – damals noch regelmäßig vorhandenen – schulischen Nutzung zuzurechnenden Teilzeiten im Sinne von Nr. 1.3.2.3 des Anhangs 1 außer Betracht zu lassen sind. Dies schließt nach der systematischen Stellung der Nr. 1.3.2.3 des Anhangs 1 die mit der schulischen Nutzung verbundenen, insoweit mit zu betrachtenden Parkplatz- und Verkehrsimmissionen ein.
Auch mit Blick auf die Schallimmissionsprognose zur nach der Freizeitlärmrichtlinie NRW zu beurteilenden Pumptrack-Anlage (S. 2019) ergibt sich mit Blick auf etwaige Verkehrsgeräusche nichts Anderes. Zwar stellt die Freizeitlärmrichtlinie auch insoweit strengere Voraussetzungen auf als die Sportanlagenlärmschutzverordnung, indem sie unter Nr. 3 Freizeitlärmrichtlinie NRW mit gewissen Einschränkungen auf die TA Lärm (6. BImSchV), dort insbesondere Nr. 7.4 verweist.
Nach Nr. 7.4 TA Lärm sind insbesondere Fahrzeuggeräusche auf dem Betriebsgrundstück sowie bei der Ein- und Ausfahrt, die in Zusammenhang mit dem Betrieb der Anlage entstehen, der zu beurteilenden Anlage zuzurechnen und zusammen mit den übrigen zu berücksichtigenden Anlagengeräuschen bei der Ermittlung der Zusatzbelastung zu erfassen und zu beurteilen. Vor dem Hintergrund, dass auf dem “Betriebsgrundstück” selbst – hier dem Vorhabengrundstück – bei bestimmungsgemäßer Nutzung, also insbesondere nicht etwa bei missbräuchlicher Nutzung des Pumptracks unter Verwendung von Mopeds oder Motorrollern, keine Fahrzeuggeräusche zu erwarten sind (vgl. S. 2019, Abschnitt 2, Einleitung und Abschnitt 6, Berechnungsgrundlagen, Bl. 61R und Bl. 64, 64R VV), erscheint es plausibel, dass der Gutachter diese nicht in seine Prognose einbezogen hat. Selbst wenn man die beim Einparken auf den unmittelbar an die öffentliche Straße angrenzenden Parkplätze auf dem Vorhabengrundstück als Fahrzeuggeräusche auf dem Betriebsgrundstück wertete, stellt deren Nichtberücksichtigung nicht ernstlich in Frage, dass das Gutachten sich “auf der sicheren Seite” befindet, mithin plausibel ist. Denn die errechneten Beurteilungspegel liegen auch am Immissionsort auf dem Grundstück des Klägers ca. 10 dB(A) unter den hierfür maßgeblichen Immissionsrichtwerten.
Geräusche des An- und Abfahrtsverkehrs hat der Gutachter plausibler Weise nicht in seine Prognose einbezogen, weil darauf gestützte Maßnahmen organisatorischer Art schon deshalb nicht greifen konnten, weil unmittelbar mit dem Abfahren von den auf dem Vorhabengrundstück unmittelbar an der Grundstücksgrenze liegenden Parkplätzen eine Vermischung mit dem übrigen Verkehr erfolgt.
c) Der Umstand, dass das Gutachten S. 2019 bei der Erstellung der Schallimmissionsprognose keine Vorbelastung durch die vorhandenen Kleinspielfelder berücksichtigt hat, zieht die Tauglichkeit der Prognose zur Überzeugung des Gerichts ebenfalls nicht durchgreifend in Zweifel.
Nach der zur Prognose von Immissionen durch die Pumptrack-Anlage maßgeblichen Freizeitlärmrichtlinie sind die Bestimmungen der TA Lärm (6. BImSchV) unter Berücksichtigung der besonderen Maßgaben der Freizeitlärmrichtlinie anzuwenden. Diese enthält in Nr. 3.2.1 Sätze 2 und 3 und am Ende der Nummer das im Gutachten – zutreffend – angewandte sog. Irrelevanzkriterium. Nach den vorstehenden Ausführungen zu den einbezogenen Emissionsquellen ist die gutachtliche Annahme auch im Sinne des obenstehenden Maßstabs plausibel, dass die Voraussetzungen des Irrelevanzkriteriums im vorliegenden Fall vorliegen, da die nach der vorstehenden Prüfung plausibel prognostizierten Beurteilungspegel die Immissionsrichtwerte der Freizeitlärmrichtlinie NRW für Allgemeine Wohngebiete an den betrachteten Immissionsorten auf dem klägerischen Grundstück um mehr als 6 dB(A) unterschreiten, nämlich um mindestens 8,4 dB(A) und höchstens 10,7 dB(A).
d) Auch die geltend gemachten “Ungenauigkeiten und Unklarheiten” führen nach den vorstehenden Maßstäben nicht dazu, dass das Gutachten S. 2019 für die Prognose der zu erwartenden Lärmimmissionen ungeeignet wäre. Das Gutachten befindet sich gerade auch mit Blick auf die nach Vorstehendem errechneten erheblichen Unterschreitungen der Immissionsrichtwerte vielmehr so deutlich “auf der sicheren Seite”, dass eine Überschreitung mit der nach § 108 Abs. 1 VwGO maßgeblichen für das praktische Leben genügenden, Zweifeln ohne sie ganz auszuschließen Schweigen gebietenden Gewissheit ausgeschlossen werden kann.
3. Die der Beigeladenen vom Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 14. Oktober 2022 ist auch nicht deshalb gegenüber dem Kläger rücksichtslos, weil sie mit Blick auf die tatsächliche Vollziehung ihrer Auflagen defizitäre Nebenbestimmungen enthielte.
Die Frage der Vollziehung der Auflagen zu Nutzungszeiten wirkt sich nicht unmittelbar auf die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung aus. Inhalt der Baugenehmigung muss grundsätzlich nur die immissionsschutzrechtlich zutreffende und nach plausiblen Gutachten praktisch realisierbare Beschränkung zulässiger Immissionen einschließlich etwaiger Nutzungszeiten sein, soweit dies erforderlich ist, um schädliche Umwelteinwirkungen auf die Nachbarschaft auszuschließen. Die streitgegenständliche Baugenehmigung enthält entsprechende Auflagen.
Maßnahmen zur Einhaltung dieser (vollstreckbaren, vgl. § 36 VwVfG NRW) Auflagen sind nicht Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens, sondern etwaiger (allgemeiner oder baurechtlicher) Ordnungsverfahren.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. September 2023 – 10 B 812/23 -.
Es obliegt auch grundsätzlich der Beigeladenen, nach eigenem Ermessen sicherzustellen, dass die entsprechenden Maßgaben der Baugenehmigung eingehalten werden. Dabei ist es unschädlich, wobei es nicht zwingend rechtlich erforderlich sein dürfte, wenn die Baugenehmigung insoweit – wie hier mit der Aufstellung von Hinweisschildern für die zulässigen Nutzungszeiten – bereits Vorgaben enthält. Wie bereits ausgeführt, können bei wiederholter missbräuchlicher Nutzung der genehmigten Anlagen von der Beigeladenen in entsprechender Anwendung von § 1004 BGB bei Vorliegen der Voraussetzungen des Anspruchs weitere Vollziehungsmaßnahmen wie etwa die Beauftragung eines Sicherheitsdienstes – soweit nicht schon erfolgt – etc. verlangt werden.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. September 2023 – 10 B 812/23 -.
Auf die hier allein streitgegenständliche Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung wirkt sich eine mögliche missbräuchliche und von der Genehmigung nicht erfasste Nutzung hingegen nicht aus.